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Ex LlBRlS
STANFORD
LIBRARIES
In Memory of
Allan Alorgan Standish
DER INDEX
DER
VERBOTENEN BÜCHER.
EIN BEITRAG
ZUR KIRCHEN- UND LITERATURGESCHICHTE
VON
DR FR. HEINRICH REÜSCH,
PKOFESROK AN DER irNIVERSiTÄT ZC BONN.
ERSTER BAND.
BONN
VERLAG VON MAX COHEN & SOHN (FH. COHEN)
1883.
^,1
Das Ke(;ht der Uebprsetzunpf behalten sich Verfasser und
Verleger vor.
Vorwort.
Die Aufgabe, welche ich mir bei dicüeni Werke gesetzt,
ist iu dem eiuleitendeu Paragraphen ausführlich charakterisirt.
In dem vorliegenden Bande geben die grösser gedruckten Par-
tieen eine zusammenhangende Uebersicht der Entwicklung der
kirchlichen Gesetzgebung bezüglich des Bücherwesens bis zum
Ende des 16. Jahrhunderts. In kleinerm Druck ist die Begrün-
dung und weitere Ausführung dieser Skizze beigefügt. Auch
diese kleiner gedruckten Partieeu sind, wie ich glaube, zum
grössten Theile für einen weitern Leserkreis verständlich und
interessant; von einigen aber verkenne ich selbst nicht, dass
die darin zusammengestellten Einzelheiten vorwiegend nur für
solche ein Interesse haben, die sich mit literar- oder re-
formationsgeschichtlichen Studien beschäftigen. Es gilt dieses
namentlich von einem Theile der kleiner gedruckten Partieen
der §§ 3. 10-12. 14-16. 22-25. 40 und 50 (S. 518-527).
Ich habe diese Details nicht unterdrücken zu dürfen geglaubt,
einerseits weil durch sie der Index in der S. 4 angedeuteten
Weise für die Literaturgeschichte nutzbar gemacht wird, ander-
seits und hauptsächlich darum, weil die in den grösser ge-
druckten Partieen über die Entstehung der einzelnen Indices
und ihr Verhältniss zu einander vorgetragenen Sätze grossen-
theils so neu sind und theilweise so auffallend klingen, dass ich
eine jeden Widerspruch ausschliesseude Begründung derselben
geben zu müssen glaubte.
Wenn es mir gelungen ist, eine genauere Geschichte der
Entstehung des Kömischen Index und damit eine zuverlässigere
Grundlage ttir die Würdigung desselben zu liefern als meine
Vorgänger, so hat das seinen Grund hauptsächlich darin, dass
es mir möglich gewesen ist und dass ich mich die Mühe nicht
IV Vorwort.
liabe verdricssen lassen, fast sämmtliciie Indices des IG. Jahr-
hunderts einzeln genau zu untersuchen und mit einander und
mit den Werken von Gesner, Frisius u. a. und den Messcatalogen
zu vergleichen. Die einzigen Indices von einiger Bedeutung,
die ich nicht zu Gesicht bekommen, sind der Pariser von 155G
(S. 148) und der nicht publicirte Clemens' VIII. von 1593 (S. 532).
Wer diese benutzen kann, wird meine Darstellung vielleicht in
einigen Punkten vervollsUindigen, aber schwerlich in einem
wichtigen Punkte berichtigen können.
Dass ich fast sämmtliche Indices des 16. Jahrhunderts,
auch die nur noch in wenigen Exemplaren existirenden, und
manche andere seltene Bücher habe benutzen können, dafür
habe ich den Vorstunden der beiden Münchencr und mehrerer
anderen deutschen und ausländischen Bibliotheken meinen herz-
lichen Dank auszusprechen. Auch Freunde und Gollegen haben
mich durch Beantwortung von Anfragen und durch Mittheilung
von Notizen aus Büchern und Archivalien unterstützt. Vor allem
muss ich die Förderung dankend erwähnen, welche mein
hochverehrter Lehrer Döllingcr durch Mittheiluug seiner Col-
lectanea zur Geschichte des Index, durch Nachweisen und Leihen
seltener Bücher und namentlich während meines wiederholten
längern Aufenthalts in München fast täglich durch mündliche
Belehrung meiner Arbeit hat zu Theil werden lassen.
Das Material für die Geschichte des Index bis zur Gegen-
wart habe ich i)ereits fast vollständig gesammelt und geordnet
und theilweise schon bearbeitet, so dass hoffentlich in einem
Jahre der zweite Band wird erscheinen können.
Bonn im September 1883.
Keusch.
Inhalt.
Seite
1. Einleitung 1
2. Bücherverbote in der alten Kirche 8
3. Bücher verböte im Mittelalter 14
4. Das Verbot des Talmud und anderer jüdischer Bücher , 45
5. Verordnungen über Bücherwesen aus der Zeit von Erfin-
dung der Buchdruckerkunst bis zum Beginne der Re-
formation 53
6. Bücherverbote aus derselben Zeit 58
7. Die ersten päpstlichen Erlasse gegen die Schriften der
Reformatoren 65
8. Die Bulla Coenae Domini 71
9. Verordnungen über Bücherwesen in Deutschland 1521
-1555 80
10. Verordnungen über Bücherwesen und Verzeichnisse ver-
botener Bücher in England 152t) — 1555 87
11. Verordnungen über Bücherwesen in den Niederlanden.
Bücherverbote Karls V. 1521—1550 98
12. Die Löwener Indices von 1546 und 1550 113
rj, Verordnungen der Kölnischen Synoden von 1549 und
1550 . 128
14. Verordnungen über Bücherwesen und Bücher verböte in
Spanien 1521 — 1551. Der erste Index des Valdes . 131
15. Verordnungen über Bücher wesen und Bücher verböte in
Frankreich 1521—1551 140
16. Indices der Sorbonne 1543—1551. Index des Inquisitors
Becanis von Toulouse 146
17. Die Errichtung der Römischen Inquisition 1542 . . . 169
18. Strengere Durchführung der Bestimmungen über verbotene
Bücher in päpstlichen Verordnungen seit 1550 . . . 179
19. Der Index des Senates von Lucca vom J. 1545 . . . . 190
20. Verhandlungen auf dem Trienter Concil 1546 . . . . 194
21. Der zweite Index des General-Inquisitors Valdes 1554 . 199
22. Der Index des päpstlichen Nuncius Casa, Venedig 1549 . 204
23. Die Indices von Florenz 1552, Mailand und Venedig 1554 214
24. Der Löwener Index vom J. 1558 248
25. Der Index Pauls IV 258
YI Inhalt
Seite
26. Aufnahme des Index Pauls IV. Edict des General-Inqui-
sitors Card. Ghislieri vom J. 1561 294
27. Der Index des spanischen General-Inquisitors Valdes vom
J. 1559 300
28. Verhandlungen auf dem Trienter Concil 1562. 1563 . . 312
29. Der Index Pius' IV. vom J. 1564 321
30. Die Regeln des Trienter Index 330
31. Keception des sog. Trienter Index 342
32. Erasmus im Index 347
33. Erasmianer im Index 355
34. Nicolaus von Cl^manges, Savonarola und Geiler von
Kaisersperg 367
35. Italienische Reformation sliteratur 373
36. Nichttheologische italienische Schriften 386
37. Das Consilium de emendanda Ecclesia. Italienische Theo-
logen im Index 396
38. Verordnungen über Bücherwesen in Belgien 1560—1570 401
39. Der Lütticher Index von 1569 404
40. Die Antwerpener Appendix zum Trienter Index von 1570 405
41. Der Antwerpener Index expurgatorius von 1571 . . . 423
42. Errichtung der Index-Congregation 429
43. Pius V. und Gregor XIII 435
44. Der Inquisitionsprocess gegen den Erzbischof Carranza . 455
45. Verordnungen über Bücher wesen in Baiern 1561 — 1579 . 466
46. Der Mtinohener Index vom J. 1582 472
47. Der portugiesische Index vom J. 1581 481
48. Die Indices des si>anischen General-Inquisitors Uuiroga
von 1583 und 1584 490
49. Das Enchiridion ecclesiasticum des F. Gregorius Capucci-
nus von 1588 498
50. Der Index Sixtus' V. vom J. 1590 501
51. Der Index Clemens* VIII. vom J. 1596 532
52. Die Instruction Clemens' VIII 539
53. Keception des Index Clemens' VIII 543
54. Der Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis . . . 549
55. Katholische Schriftsteller im Index Clemens* VIII. . . 560
56. Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens'
VIII 580
57. Verbote spanischer Bücher 583
58. Protestantische Censur im 16. Jahrhundert 595
59. Schluss 598
Berichtungen uyd Nachträge 603
Register 606
üebersicht der besprochenen Indices.
I. Verzeichnisse von verbotenen Büchern :
1. in England 1526-1555, S. 87.
2. in Edicten Karls V. 1524—1540, S. 111.
3. von der Kölner Synode 1549, S. 128.
4. von der Sorbonne 1543, S. 146.
5. in Luoca 1545, S. 190.
0. von dem Inquisitor Bicanis, S. 167.
II. Catalogi librorum prohibitorum :
1. Löwener 1546, 1550 und 1558, S. 113. 248.
2. Löwener 1550 mit Zusätzen der spanischen Inquisition 1551,
S. 131.
3. Pariser 1544, 1547, 1551 und 1556, S. 147.
4. von Giov. della Casa, Venedig 1549, S. 204.
5. von Gr. A. Arcimboldi, Mailand 1554, S. 215.
C. von der Inquisition zu VenedijEr 1554, S. 219.
7. von Ferd. Valdes 1559.
m. Indices librorum prohibitorum:
1. von Paul IV. 1557 und 1559 und Abdrücke desselben
1559—1560, S. 258.
2. von Pius IV. 1564 (Trient«r Index), 8. 320.
Abdrücke desselben 1564—1593, S. .342.
üebersetzung desselben : Catalogue . . . Eheims, 1573, S. 343.
3. Trienter Index mit Zusätzen:
a. München 1569, S. 466.
b. Lüttich 1569, S. 404.
c. cum Appendice, Antwerpen 1570, S. 405.
d. mit Catalogo dos livros etc. Lissabon 1581, S. 481.
e. München 1582, S. 472.
4. von Uuiroga 1583, S. 490.
ö. von Sixtus V. 1590, S. 501.
6. von Clemens VIII. 1596, 8. 532.
Abdrücke desselben 1596—1603, S. 543.
Abdruck cum Appendice, Venedig 1766, S. 547.
rV. Indices expurgatorii :
1. Antwerpen 1571, S. 423.
2. Lissabon 1581, s. o. III, 3, d.
Vin üebersicht der besprochenen Indiccs.
3. von Ciuiroga 1584, Ö. 490.
4. von J. M, Brasichcllensifi 1607, S. 549.
6. kleinere IndiceR expurgatorii :
a. Censura generalis über BibelauRgaben, Pinciae 1554 (Ve-
nedig 1562). S. 199.
b. Censura in glossas etadditiones jnris canonici, Eom 1572
(Köln 1572), S. 440.
c. Censura in notas marginales etc. Rom 1573, S. 441.
d. Index expurg. in libros Henrici Harphii, Paris 159-^,
S. 310.
e. Censura in omnes additiones . . . Caroli Molinaci, Rom
1602, S. 443.
V. Private Indices:
1. Encbiridion (Institntiones) Gregorii Capuccini, Ven. l.')88.
1597, S. 498.
2. Index generalis von Thomas James, Oxford 1627, S. 4.
VI. Verzeichnisse empfohlener oder erlaubter Bücher:
1. Löwener 1546 und 1550, S. 115. 116.
2. Kölner 1550, S. 129.
3. Münchener 1566 und 1569, S. 466.
4. Mainzer Index libromm (katholischer Messcatalog) 1606 ff.,
S. 479.
Die wichtigsten Schriften über den Index.
Gretfier, Jac, S. J., De jure et more prohibendi, expurgandi et abo-
lendi libros haereticos et noxios. Ingoist. 1603. 4. Supple-
mentum duplex pro duobus libris de jure etc. 1604. Beide
abgedr. in Opera, Ratisb. 1734, T. 13, p. 1.
Raynaud, Theophilus, S. J., Erotemata de malis ac bonis libris de-
que justa aut injusta eorum confixione. Lugd. 1653. Von
demselben; Petri a Valle Clausa De immunitate authorum
Cyriacorum a censura, . Lugd. 1662, abgedr. in der Ent-
gegnung von Jo. Casalas, 0. P., Candor lilii s. Ordo Praedica-
torum a calumniis Petri a Valle Clausa vindicatus. Par. 1664.
Francus, Daniel, Disquisitio aeademica de papistaruni Indicibus li-
brorum prohibendorura et expurgandorum. Lipsiae 1684. 4.
Scboettgen, Christianus, Commentationes de Indicibus librorum pro-
hibitoruni et expurgandorum eorumque naevis. Dresdae
1732—35. 4.
Thesaurus bibliographicus ex Indicibus librorum prohibitorum et ex-
purgandorum. Pensum I — VIII. Dresdae (1742?) — 1747.4.
Seabra Silvius, Jos. de, Deductio chronologica et analytica . . . lati-
nitate donavit Ant. Pereria Figueredus. Olisipone 1771.
Fritsch, Bern., Dissertationes de censura librorum et propositionum
in negotÜR religionis. Vratisl. 1775. 4.
Zaccaria s. S. 3.
Peignot, G., Dictionnaire critique, litteraire et bibliographique des
principaux livres condamnes au feu, supprimis ou censur^s.
^ Paris 1806. 2 vol. 8.
Mendham s. S. 3. 1836 ist ein Supplement und 1844 eine Third
Edition erschienen. Beide waren mir nicht zugänglich.
Heymans, A., De ecclesiastica librorum aliorumque scriptorum in
Belgio prohibitione disquisitio. Brux. 1849. 8.
Hoffmann, F. L., Des Index prohibitifs et expurgatoires, in dem
Annuaire de la Biblioth^que Rovale de Belgique par le
Baron de Reiffenberg, Ann^e X. (l849). Vgl. Bulletin du
Bibliophile Beige, Tom. XIII (2. Serie, Tom. IV, 1857),
p. 145.
X Die wichtigstcu bchrifteu über den Index.
Fessler, Jos., Das kirchliche Bücherverbot. Wieu 1858. Abge-
druckt in der Sammlung vermischter Schriften. Freib. 1869
(S. 125—183: Censur und Index).
Petzholdt, J., Bibliotheca bibliographica, 1866, gibt S. 133 ein reich-
haltigeres, aber viele unbedeutende und antiquirte Schriften
enthaltendes Verzeichniss der Literatur über den Index, und
S. 136 ein chronologisches Verzeichniss der Indices. A'gl.
dazu Keusch, Die Indices librorum prohibitorum et expur-
gandorum des 16. Jahrhunderts, im N. Anzeiger für Biblio-
graphie 1880, H. 8. 9.
Erklärung einiger Abkürzungen.
Alex. = Index Alexanders VII. 1664; s. S. 1.
Antw. App. = Antwerpener Appendix zum Trienter Index 1570; 8. S. 405.
Antw. Exp. = Antwerpener Index expurgatorius 1571; s. S. 423,
Ben. = Index Benedicts XIV. 1758; s. S. 2.
Bras. = Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis ; s. S. 540.
Liss. 81 und 1624 = Lissaboner Index von 1581 (s.S. 481) nnd von 1624
(8. S. 2).
Lov. 46. 50. 58 = Löwener Index von 1546, 1550 (s. S. 113) und 1558
(s. S. 248).
Med. = Mailänder Index von 1554; s. S. 214.
Mon. = Münchener Index von 1582; s. S. 472.
P. = Index Pauls IV.; s. S. 258.
Par. 48. 44. 51 = Pariser Index von 1543, 1544, 1551; s. S. 146.
Q. = Index Quiroga's 1583. 1584; s. S. 490.
Sand. = Index Sandovals 1612; s. S. 2.
Sot. = Index Sotomayors 1640; s. S. 2.
Tr. = Index Pius' IV. von 1564 (Trienter Index); s. S. 321.
V. 51. 54. 59. = Index des Valdes von 1551 (S. 131), 1554 (S. 199), 1559
(S. 300).
Ven. =s Venetianischer Index von 1554; s. S. 214.
d. c. = donec corrigatur (S. 3).
Die mit * bezeichneten Indices (und sonstigen Bücher) habe ich
selbst in Händen gehabt. Bei den besonders seltenen Indices ist die Biblio-
thek angegeben, wo ich sie gefunden.
A. D. B. == Allgemeine Deutsche Biographi«.
A. J. P. = Analecta Juris Pontificii, Rom 1855 ff.
Albit. = Albitius, De inconstantia s. S. 434.
Arg. = C. du Plessis d'Argentre, Collectio judiciorum de novis erroribus,
Paris 1765.
Archiv (für Geschichte) des D(eut8chen) Buchh(andels).
XII Erklärung einiger Abkürzungen.
Baumg. = (S. J. Baumgarten), Nachrichten von einer hallischen Bibliothek
1748—52.
Bocca, Catalogo (No. 12) di libri di novatori e riformatori, Rom 1879.
Bull. = BuUarium Romanum, wenn nichts anderes bemerkt wird, die
Luxemburger Ausgabe.
Clement, D., Bibliothöque curieuse 1750—60.
Dommer, A. v., Autotyi>en der Reformationszeit, Hamb. 1881.
Eym. = Nie. Eymerici Directorium, s. S. 4.
Fontanini, 6., Bibliotheca della eloquenza italiana con le annotazioni del
S. Apostolo Zeno. Parma 1804.
F. S. = Forgesetzto Sammlung; s. u. U. N.
Freytag, Fr. G., Anal(ecta literaria 1750); App(aratu8 literarius 1752 — 55).
Fris. = Bibliotheca instituta et collecta primum a Conr. Gesnero . . .
amplificata per Joh. Jac. Frisium. Tiguri 1583.
G. = Bibliotheca universalis . . . authore Conrado Gesnero. Tig. 1545.
GA. = Appendix Bibliothecae Gesneri. Tig. 1555.
GP. = Partitiones theologicae, Pandectarum universalium Conradi Ges-
neri liber ultimus. Tig. 1649.
Guicciardini, Catalogo della CoUezione Guicciardiniana.
K.-L. = Freiburger Kirchenlexicon (die beiden ersten Bände n^ch der
2. Auflage).
Kuczynski = Thesaurus libellorum historiam reformationis illustrantium.
Lpz., T. 0. Weigel 1870.
Lutz. = Bern. Lutzenburgii Catalogus haereticorum ; S. 14.
Nie. = Niceron Memoires (die französische Ausgabe, wenn nicht die deutsche
ausdrücklich angegeben wird).
Nund. 64 = Frankfurter Messcatalog von 1564 u. 8. w.; S. 410.
Placcius, Yinc, Theatrum anonymorum Hamb. 1708.
R.-E. = Realencyclopaedie für prot. Theol. 2. Aufl.
Rosenthal, Antiquarische Cataloge.
Schelh. = Schelhom, Am(oenitates) lit(erariae); Am(penitates) hist(oriae
eccl.); Samml(ung) für Gesch(ichte) ; Erg(ötzlichkeiten).
U. N. 3s Unschuldige Nachrichten von alten und neuen theol. Sachen
1702 — 20, dann Fortgesetzte Sammlung 1720—50, Neue Beiträge
u. s. w. 1751—61.
Weller, E., Repertorium typographicnm. Nördl. 1864: Supplement 1874.
1. Einleitung.
Im J. 1559 unter Paul IV. erschien zu Rom ein „Ver-
zeiehniss von Schriftstellern und Bttchern, — Index autorum
et librorum, — vor denen die Römische und allgemeine Inqui-
sition unter Androhung vonCensnren und Strafen allen Christen
sich zu hüten gebietet/' Das Verzeichniss ist alphabetisch ge-
ordnet, aber so dass bei den einzelnen Buchstaben zuerst die
Schriftsteller verzeichnet werden, deren sämmtliche Werke als
verboten angesehen werden sollten, — seitdem gewöhnlich Aue-
tores primae classis genannt, — dann einzelne mit den Namen
ihrer Verfasser erschienene, zuletzt anonyme Schriften. Von einer
Commission des Trienter Concils wurde in den Jahren 1562— G3
dieser Index überarbeitet und zehn allgemeine Verordnungen
über Bücherwesen, die sog. Regulae Indicis, beigefügt. Dieser
neue Index, gewöhnlich der Trienter genannt, wurde als Index
librorum prohibitorum 1564 von Pius IV. publicirt. Eine be-
deutend vermehrte und theilweise modificirte Ausgabe desselben
wurde 1590 unter Sixtus V. gedruckt, nach dem Tode des Papstes
(27. Aug. 1590) aber unterdrückt und 1596 unter Clemens VIII.
durch eine andere ersetzt, in welcher der Index Pius' IV. un-
verändert reproducirt, aber den drei Classen desselben bei den
einzelnen Buchstaben eine Appendix beigefügt wurde, deren
Inhalt grösstentheils aus dem Index Sixtus' V. entnommen ist.
Seitdem sind zu Rom von Zeit zu Zeit neue Ausgaben
publicirt worden, — im Ganzen etwa 40, — - in welchen die
mittlerweile durch päpstliche oder Decrete der Index- Congre-
gation, der Inquisition oder anderer Congregationen verbotenen
Bücher beigefügt wurden. Unter diesen späteren Ausgaben sind
besonders bemerkenswerth die von Alexander VII. 1664 pnbli-
Renaob, Index. 1
2 Einleitung.
cirte, in welcher die drei Classen in ein einziges Alphabet ver-
einigt wurden, — eine Einrichtung, welche in allen folgenden
Ausgaben beibehalten wurde, — und die von Benedict XIV.
vom J. 1758, in welcher die zahllosen Fehler und Ungenauig-
keiten der frtlheren Ausgaben grossentheils verbessert und neue
allgemeine Verordnungen über das Btlcherwesen beigefügt wurden.
Ausserhalb Roms erschienen mehrere Abdrücke des Index
Pius' IV., einige derselben mit selbständigen Vermehrungen.
Von letzteren sind besonders die zu Antwerpen 1570, zu Lis-
sabon 1581 und zu München 1582 erschienenen Ausgaben zu nennen,
deren Zusätze grösstentheils von Sixtus V. und Clemens VIII.
in den Römischen Index aufgenommen wurden. Uie nach der
Pablication des Index Clemens' VIII. ausserhalb Roms erschie-
nenen Ausgaben, deren Zahl hundert übersteigt, sind mit wenigen
Ausnahmen einfache Abdrücke der Römischen Ausgaben.
Unabhängig von den Römischen Indices, wenn auch zum
grossen Theile inhaltlich mit ihnen übereinstimmend, sind die
von der spanischen Inquisition vom J. 1551 bis zum J. 1844
publicirten Indices. Die ersten und für die Vergleichung mit
den Römischen Indices wichtigsten sind die von den General-
inquisitoren Vald^s (1551 und 1559), Quiroga (1583) und San-
doval (1594) herausgegebenen; von den späteren ist der von Soto-
mayor (1640) der wichtigste. Eine ähnliche Stellung gegenüber
den Römischen Indices, wie die spanischen, ninmit der portu-
giesische vom J. 1624 ein.
Vor dem ersten päpstlichen Index vom J. 1559 wurden
mehrere Verzeichnisse von verbotenen Büchern, — nicht unter
dem Namen Index, sondern Catalog, — ausserhalb Roms pub-
licirt, namentlich von der Löwener Universität 1546, 1550 und
1558, von der Pariser Sorbonne 1544, 1547 und 1551, von dem
päpstlichen Legaten Giovanni della Casa zu Venedig 1549, von
dem Erzbisohof Arcimboldi zu Mailand 1554 und von der Vene-
tianischen Inquisition 1554. Kleinere Verzeichnisse von ver-
botenen Büchern kommen noch früher vor, namentlich in Belgien
in Erlassen Karls V. und in England unter Heinrich VIII., ein-
zelne Bücherverbote noch früher, auch schon in der Zeit vor der
Reformation und vor der Erfindung der Bnchdruckerkunst bis
in das 4. Jahrhundert hinauf.
Einleitang. 3
In dem Index Pias' IV. und in den folgenden werden
manche Bücher nicht unbedingt verboten, sondern mit Formeln
wie „donec corrigatur" oder dergleichen, d. h. der Gebrauch der
Blicher wird gestattet unter der Bedingung, dass einzelne Stellen
in den vorhandenen Ausgaben getilgt oder mit der Feder cor-
rigirt, in neuen Abdrücken weggelassen oder modificirt, dass
die Bücher, wie der technische Ausdruck lautet, expurgirt werden.
Bücher, in denen die Expurgationen für mehr oder weniger viele
Bücher angegeben werden, heissen, im Unterschiede von den
Indices librorum prohibitorum oder prohibitorii, Indices expur-
gatorii. In Rom ist, abgesehen von Expurgationen einzelner
Bticher, nur ein einziger Index expurgatorius erschienen, im J.
1607, von dem Magister Sacri Palatii Giovanni Maria da Bri-
sighella (Brasichellensis) bearbeitet. Vorher erschien ein im
Auftrage des Herzogs von Alba ausgearbeiteter Index expurga-
torius zu Antwerpen 1571. Der spanische Generalinquisitor Qui-
roga Hess seinem Index librorum prohibitorum vom J. 158«3 im
nächsten Jahre einen Index librorum expurgatorum folgen. Die
späteren spanischen Indices heissen alle Index librorum prohi-
bitorum et expurgatorum. Auch die beiden portugiesischen In-
dices sind beides.
Manche Schriftsteller, namentlich französische, nennen alle
Indices, welche bedingte und unbedingte Bücherverbote enthalten,
namentlich die Römischen Indices librorum prohibitorum, im
Gegensatze zu anderen Indices, z. B. bibliographischen Bücher-
verzeichnissen, Index expurgatorius. Der gewöhnliche und rich-
tige Sprachgebrach ist aber, diesen Namen auf die Indices
librorum (prohibitorum et) expurgatorum zu beschränken und also
die Römischen Indices mit Ausnahme des von Brisighella und
die ihnen ähnlichen Index librorum prohibitorum oder kurzweg
Index zu nennen.
Es gibt viele Bücher, welche von den kirchlichen Bücherver-
boten überhaupt und speciell von den Indices handeln, meist im pole-
mischen oder apologetischen Interesse. Die umfangreichsten und
bedeutendsten darunter sind die von dem italienischen Jesuiten
Francescantonio Zaccaria zu Rom 1777 veröffentlichte „Storia
polemica delle proibizioni de' libri'S und das Buch des angli-
canischen Geistlichen Joseph Mendham : „The Literary Policy
4 Einleitung.
of the Church of Rome exhibited in au account of her damna-
tory Catalogues or Indexes, both prohibitory and cxpurgatory'*,
London 1826, 2. Auflage 1830.
In dem Buehe von Zacearia ist die Polemik gegen die
Tadler der kirehlieheu, speciell der Römischen Bücherverbote
das Vorwiegende; die geschichtliehe Darstelluug ist bezüglich
der llltern Zeit am eiujgehendsten, bezüglich der ludices vielfach
lückenhaft. Mendhams Buch ist hinsichtlich der Bibliographie
der Indices fast vollständig und durchgängig zuverlässig: er
hat die meisten wichtigen Indices selbst in Händen gehabt
und beschreibt sie im allgemeinen genau und in guter über-
sichtlicher Ordnung. Aber neben dieser äussern Geschichte der
Indices tritt die innere, das Eingehen auf den Inhalt derselben
und die Charakteristik der verbotenen Bücher, sehr zurück. Und
doch ist dieses, freilich der schwierigere, aber auch der wich-
tigere und interessantere Theil der Aufgabe einer Geschichte
des Index. Es ist zwar eine starke Uebertreibung und Einseitig-
keit, wenn Thomas James ^) meint, man könne aus den Indices
die werth vollen Bücher kennen lernen; aber das darf man sagen:
sehr viele in den Indices stehenden Bücher gehören zu den in
irgend einer Hinsicht, und grösstentheils nicht bloss wegen ihrer
1) Index Generalis Librorum prohibitorum a Pontificiis una cum
I<Mitionibu8 expurgatis vel expurgandis juxta Beriem litcrarum et tripliccm
classem. In UBum Bibliothecae Bodleianae, et Curatoribus c^jusdem spocia-
liter designatus. Per Tho. James, S. Theol. I). . . . Oxoniac 1627. —
James sagt in der Vorrede, sein Buch solle den Gelehrten, Rpocioll den
Curatoren der Bodleyanischen Bibliothek ans Herz legen, die im Index
stehenden Bücher und Ausgaben zu beachten, aufzubewahren und vor-
kommenden Falls anzuschaffen, da die Bücher durchgängig werthvoll,
namentlich aber die (nicht expurgirten) Ausgaben werthvoller seien als die
späteren (expurgirten). — Speciell von den Indices expurgatorii sagt der
anglicanische Bischof Barlow: „Es sind sehr gute Nachschlagebücher^ mit
deren Hülfe wir leicht finden können, was die darin verzeichneten Schrift-
steller den Papisten Unangenehmes gesagt haben. Man braucht nur einen
solchen Index nachzuschlagen, um die Stellen nach Buch, Capitel und Zeile
angegeben zu finden, wo gegen irgend einen Irrthum oder Aberglauben
Roms gesprochen wird, so dass derjenige, welcher solche Indices besitzt,
wenn er nicht faul oder unwissend ist, um Zeugnisse gegen Rom nicht in
Verlegenheit sein kann". Mendham p. 5.
Einleitung. 5
Seltenheit interessanten Blichern, und eine Geschichte des Index,
welche auch auf den Inhalt desselben eingeht, liefert einen nicht
unbedeutenden Beitrag zur Literaturgeschichte, und zwar nicht
bloss, wenn auch vorwiegend zur theologischen Literaturge-
schichte.
Was die protestantisch - theologische Literatur betrifft,
so bestimmt zwar die zweite Regel des sog. Trienter Index,
die noch heute in Kraft ist, dass alle Schriften von häre-
tischen Verfassern, welche ex professo über religiöse Dinge
handeln, selbst wenn sie nicht ausdrücklich im Index stehen,
verboten sind, und die Geschichte des Index hat in dieser Hin-
sicht nur zu zeigen, mit welcher Consequenz oder vielmehr mit
welcher Inconsequenz und Ungeschicklichkeit diese Regel von
den Herausgebern der Indices durchgeftihrt worden ist. Es sind
aber von Anfang an nicht nur auch viele Schriften von häre-
tischen Verfassern, welche nicht ex professo über religiöse Dinge
handeln, sondern auch viele Schriften von katholischen Ver-
fassern in den Index gesetzt worden, und seit dem Anfang des
17. Jahrhunderts tritt das Verbieten von protestantisch-theolo-
gischen Schriften gegenüber dem Verbieten von Schriften der
beiden genannten Kategorieen in den Hintergrund und greift
die Index-Congregation, theils durch die von ihr selbst ausge-
henden Verbote, theils durch das Einregistriren der von den
Päpsten oder von der Inquisition erlassenen Verbote, in die zahl-
reichen und wichtigen, die Lehre und die Verfassung der katho-
lischen Kirche und ihr Verhältniss zu den anderen Confessionen
und zur Staatsgewalt betrefi^enden Streitigkeiten innerhalb der
katholischen Kirche mächtig ein, so dass sich die Geschichte
des Index seit dem Anfange des 1 7. Jahrhunderts zu einer Ge-
schichte dieser Streitigkeiten, so weit sie sich in der Literatur
abspiegeln, gestaltet.
Es übersteigt freilich die Kräfte Eines Mannes, alle im Index,
auch nur alle im Römischen Index stehenden Bücher zu charakteri-
siren ; es ist schon unmöglich, sie alle zu Gesieht zu bekommen,
auch nicht wohl für einen einzelnen möglich, alle zugänglichen auch
nur zu durchblättern. Aber das ist möglich, — und das ist der
mühevollste Theil meiner Jahre langen Vorarbeiten gewesen, —
auf Grund eigener Anschauung oder zuverlässiger Berichte, —
6 Einleitung.
letzterer gibt es viele, aber »ic fiudeu »ich iu vielcu BUeherii,
oft an schwer aufliiidbareu Stellen zerstreut^ — die wichtigsten
im Index stehenden Bücher und eine erkleckliche Anzahl der
an sich weniger wichtigen, theilweise an sich ganz unbedeu-
tenden, genau genug kenneu zu lernen, um die Gesichtspunkte
angeben zu können, welche bei den Verboten massgebend ge-
wesen sind, und die sonstige Literatur vollständig genug kennen
zu lernen, um nachweisen zu können, welchen Einfluss die Ver-
bote auf die Entwicklung derselben geübt haben, ein Einfluss,
der bedeutender gewesen ist, als man ohne eine specielle Kennt-
niss der Geschichte des Index anzunehmen geneigt sein dürfte.
In der Geschichte des Index sind nach dem Gesagten zwei
Hauptperioden zu unterscheiden: in der ersten, die bis zur Voll-
endung des sog. Trienter Index mit seinen Appendices, also bis
zum Ende des 16. Jahrhunderts geht, tritt die Bekämpfung der
Reformation in den Vordergrund; in der zweiten handelt es
sich vorwiegend um die innerkirchlichen Bewegungen. In dieser
zweiten Periode bildet der Index Benedicts XIV. vom J. 1758
einen Incidenzpnnkt.
Wenn es sich in einer Geschichte des Index auch vor-
zugsweise um den Römischen Index handelt, so ist doch nament-
lich in der ersten Periode eine eingehendere Besprechung der
ausserhalb Roms erschienenen Indices schon darum nicht zu
umgehen, weil manche von diesen auf die Gestaltung des Rö-
mischen einen bedeutenden Einfluss geübt haben. Es wird sich
zeigen, dass die Römischen Indices des 10. Jahrhunderts ihrem
Hauptinhalte nach nur Compilationen, theilweise recht unge-
schickte Compilationen anderer Indices sind. So wird die Frage,
warum ein Buch im Römischen Index stehe, vielfach durch die
andere Frage ersetzt werden müssen, warum es in einem Löwener
oder einem spanischen oder einem andern Index stehe, ans
welchem die Compilatoren des Römischen den Titel abge-
schrieben ; ja in manchen Fällen wird sich nur durch ein Zurück-
gehen auf die von diesen Compilatoren benutzten Quellen die
Frage beantworten lassen, welches Buch denn eigentlich ge-
meint seL
Ein Zurückgehen auf die Quellen und Httlfsmittel, die bei
der Ausarbeitung der Römischen und der ihnen zu Grunde
Einleitung. 7
liegenden Indices benutzt wurden, wird denn auch das anschei-
nend so schwierige Problem, welches die mehr als tausend Namen
enthaltende erste Klasse des Komischen Index darbietet, sehr
vereinfachen. Der grösste Theil dieser vielen Namen steht
einfach darum in der ersten Classe, weil nicht gerade alle,
aber doch die meisten Leute — Männer darf ich nicht sagen,
denn es sind auch ein paar Frauen darunter, — in die erste Classe
eingereiht worden sind, die in den verschiedenen Ausgaben des
grossen bibliographischen Werkes von Conrad Gesner oder in
Frankfurter Messkatalogen als protestantische Schriftsteller,
vielfach nur als Verfasser einiger Predigten, einer Dissertation
oder einer andern ephemeren Prodnction, verzeichnet sind oder
verzeichnet zu sein schienen; denn es ist auch nicht ausgeblieben,
dass man einige sehr eifrige Katholiken, durch missverständ-
liche bibliographische Angaben irregeführt, in die 1. Classe ge-
setzt hat, wo sie — was schärfern Tadel verdient — noch jetzt
zu finden sind.
Auch ein Theil der in der 2. und 3. Classe stehenden
Buchertitel ist, wie sich nachweisen lässt, mechanisch aus Gesner,
den Messkatalogen u. dgl. abgeschrieben; das gilt aber bei diesen
Classen nur von der Minderzahl.
Seit dem Erscheinen des Index Clemens' VIII. im J. 1596
ist die 1. Classe im Römischen Index nicht weiter vermehrt
worden (anders ist es bei dem spanischen Index) und hat man
sich im allgemeinen auf das Verbieten bestimmter einzelner
Schriften beschränkt. Darum findet das eben über die Quellen
des Index Gesagte auf die zweite Periode keine Anwendung.
Da die Trienter Regeln einen integrirenden Theil des
Römischen Index bilden, so wird auch über die in ihnen ent-
haltenen, im wesentlichen wenigstens in der Theorie noch jetzt
in der katholischen Kirche zu Recht bestehenden allgemeinen
Restimmungen über das Bücherwesen und über die allmäkliche
Entstehung und theilweise spätere Modification dieser Bestim-
mungen eingehend zu handeln und nebenbei auch über die im
16. Jahrhundert darüber erlassenen staatlichen Verordnungen und
über das Verfahren in protestantischen Kreisen zu handeln sein.
Dass ich meine Darstellung nicht erst mit der Reformation
oder der Erfindung der Buchdruckerkunst beginne, hat seinen
8 Bücherverbote der alten Kirche.
guten Grnnd. Die niittclalterlicheii Bücherverboie sind grössten-
theils aucli dem Index einverleibt worden nnd darum in einer
Geschichte des Index nicht zu umgehen, und die Bücherverbote
der alten Kirche lassen sich auf so wenigen Blättern behandeln,
dass ich diesen Abschnitt schon der Vollständigkeit halber bei-
fügen zu müssen glaube; er ist aber darum auch interessant,
weil er zeigt, wie weit man in der spätem Zeit von der Praxis
der alten Kirche abgewichen ist.
2. Bficberverbote in der alten Kirche.
In manchen Ausgaben des Römischen Index findet sich
als Motto die Stelle Apg. 19, 19, wo berichtet wird, dass zu
Ephesus „Viele, welche vorwitzige Dinge (Zaubereien) getrieben,
die Bücher zusammenbrachten und öffentlich verbrannten", oder
auch ein Titelkupfer, welches die Scene darstellt mit jener Stelle
als Unterschrift (so noch in der Ausgabe von 1819). Es ist
aber doch ein Unterschied zwischen dem, was damals in Ephesus
geschah, als diejenigen, welche Zaubereien getrieben, durch die
Predigt des h. Paulus und die Zeichen, welche sie begleiteten,
bekehrt und von der Nichtigkeit und Sündhaftigkeit ihres Treibens
überzeugt, freiwillig ihre Zauberbücher verbrannten, und dem,
was die spätere kirchliche Gesetzgebung vorschreibt, dass die
von den Päpsten oder päpstlichen Behörden durch allgAneine
Regeln oder specielle Erlasse für glaubens- oder sittengefährlich
erklärten Bücher von niemand ohne eine ausdrückliche Erlaubniss
der kirchlichen Oberen gelesen, vielmehr diesen abgeliefert und
verbrannt werden sollen.
Seit jenem Vorfalle in der apostolischen Zeit hat die kirch-
liche Gesetzgebung über gefUhrliche Bücher grosse Wandlungen
durchlaufen.
Dass ein Christ das Lesen solcher Bücher zu meiden hat,
von denen er weiss, dass ihre Leetüre ihm in religiöser oder
sittlicher Hinsicht schädlich sein würde, ist ein Grundsatz, der
seit den Zeiten der Apostel immer gegolten. Aber dieser Grund-
satz ist in den ersten Jahrhunderten von den kirchlichen Oberen
Bücherverbote der alten Kirche. 9
nur dnrcb Belehrung und Ermahnung zur Geltung gebracht
worden. Dass kirchliche Behörden bestimmte Bücher als solche
bezeichneten, welche von den Gläubigen im allgemeinen nicht
gelesen werden dürften, davon finden sich in dem ersten Jahr-
tausend, und zwar erst seit dem 4. Jahrhundert, nur einige Bei-
spiele, und davon, dass das Lesen eines in dieser Weise ver-
botenen Buches von einer speciellen Erlaubniss der kirchlichen
Oberen abhängig gemacht und sonst mit kirchlichen Strafen be-
droht worden wäre, nur allenfalls eins, aus dem J. 787.
Kirchliche Bücherverbote kommen erst vor, nachdem die
christliche Religion durch Constantin den Grossen Staatsreligion
geworden. Das Concil von Nicaea (325) verbot*) die Thalia
des Arius; darauf erliess Constantin ein Edict, worin er ver-
ordnete: wie die gottlosen Bücher des Porphyrius gegen die
christliche Religion vernichtet worden seien, so sollten auch die
Schriften des Arius verbrannt werden; wer dieselben verberge
und nicht sofort zum Verbrennen abliefere, solle mit dem Tode
bestraft werden*). Eine ähnliche Verordnung erliess Arcadius
398 bezüglich der Bücher der Eunomianer: wer sie nicht ab-
liefere, heisst es am Schlüsse derselben, solle velut noxiorum
codicum et maleficii crimine conscriptorum retentator mit dem
Tode bestraft werden*); es werden also auf die häretischen
Bücher in verschärfter Form die Strafbestimmungen des Römi-
schen Rechts bezüglich der magischen Bücher angewendet:
libros magicae artis apud se neminem habere licet, et si penes
quoscunque reperti sint, bonis ademtis ambustisque his publice
in insulam deportantur, humiliores capite puninntur^).
Die beiden genannten Verordnungen sind ohne Zweifel aus
Veranlassung der Beschlüsse der beiden ersten allgemeinen Con-
cilien, vielleicht auf Ersuchen derselben erlassen worden. Von
der Synode von Ephesus vom J. 431 ist uns ein Schreiben er-
halten, worin der Kaiser Theodosius gebeten wird, dafür zu
sorgen, dass die Irrlehre des Nestorius aus den Kirchen ent-
1) dir€Kf|puS€v. Soor. 1, 9, ed. Val. p. 30. Sozom. 1, 21, p. 435.
2) Soor. 1, 9, p. 32.
3) Cod. Theod. 1. 16, tit. 6, 1. 34.
4) Jul. Paulns, Receptae sent. 1. 5, tit. 23, § 12.
10 Bücher verböte der alten Kirche.
fernt und seine Bücher überall verbrannt würden ^). Der Kaiser
verordnete darauf 435 : die Bücher des Nestorius dürfe niemand
besitzen, lesen oder abschreiben, dieselben seien vielmehr sorg-
fältig aufzasuchen und zu verbrennen *). In einem andern Edicte
des Theodosius wird befohlen, die Bücher des Porphyrius und
anderer gegen die christliche Religion und die Schriften, welche
mit der Lehre der Synoden von Nicaea und Ephesus und des
Cyrillus von Alexandrien nicht übereinstimmten, namentlich die
des Nestorius zu verbrennen. Wer sie behalte und lese, habe
«die äusserste Strafe "* zu erwarten'). In dem Edicte von 435
wird Vermögens-Confiscation, in einem ähnlichen nach dem
Goncil von Chalcedon (451) erlassenen Edicte über die Bücher
der Eutychianer Und Apollinaristen Deportation auf Lebenszeit
angedroht*). Dass eine dieser Strafen oder gar die Todes-
strafe wirklich verhängt worden sei, davon wird kein Fall be-
richtet; es scheint bei der Androhung derselben sein Bewen-
den gehabt zu haben.
Diese und einige andere Beispiele^) zeigen, dass es in den
ersten Jahrhunderten nach Constantin Praxis war, dass die Gon-
cilien häretische Lehren verdammten und dann die Kaiser die
betreffenden Bücher verboten und ihre Verbrennung anordneten.
Noch die Synode von Constantinopel von 536 beschränkte
sich auf die Erklärung, die Bücher des Severus seien zu ver-
brennen, und bat den Kaiser Justinian, die Verbrennung anzu-
1) Mansi IV, 1240.
2) Cod. Theod. 1. 16, tit. 5, 1. 66.
3) Cod. Just. 1. 1, tit. 1, n. 3: ^Wir verordnen, alles was Por-
phyrius . . . oder irgend ein anderer gegen die christliche Religion ge-
schrieben, bei wem es auch gefunden werden mag, zu verbrennen. . . Da
es uns zu Ohren gekommen, dass Einige Lehren aufgeschrieben, die zwei-
deutig sind und nicht genau mit dem orthodoxen Glauben übereinstimmen,
der von der h. Synode der zu Nicaea und zu Ephesus zusammengekommenen
h. Väter und von Cyrillus dargelegt worden, ... so befehlen wir, der-
artige vordem oder jetzt verfasste Schriften, namentlich die des Nestorius,
zu verbrennen und der gänzlichen Vernichtung preiszugeben, so dass sie
niemand mehr zu Gesicht kommen können. Wer solche Schriften fortan
besitzt und liest, hat die äusserste Strafe (iax&Tr\)f Tl^UJp{av) zu erwarten."
4) Cod. Just. 1. 1, tit. ö, 1. 6.
5) Boehmer, Jus eccl. prot. 1. V, tit. 7, § 92. 98.
Bücherverbote der alten Kirche. 11
ordnen, was denn dieser auch anter Bezugnahme auf die älteren
derartigen kaiserlichen Verordnungen that ^).
Das erste rein kirchliche Bücherverbot kommt um 400
in dem Origenisten-Streite vor : auf einem unter dem Vorsitz
des B. Theophilns von Alexandria 399 gehaltenen Concil wurde
verordnet, niemand dürfe die Bücher des Origenes „lesen oder
haben''. Gegen dieses Verbot, berichtet Sulpicius Severus*),
hätten ägyptische Mönche opponirt, indem sie sagten, man dürfe
nicht Schriften, die viel Gutes enthielten, um des Tadelns-
werthen willen, welches darin stehe und welches auf Inter-
polationen durch die Häretiker beruhe, verdammen, da die Leser
leicht das Gute und das Schlechte von einander unterscheiden
könnten; dagegen hätten die Bischöfe geltend gemacht, es gebe
mehr als genug von der Kirche gut geheissene Bücher, darum
sei das Lesen solcher zu unterlassen, die den Ununterricbteten
mehr schaden als den Unterrichteten nützen könnten; es sei
darüber zu ärgerlichen Streitigkeiten gekommen und die Bischöfe
hätten schliesslich den bedenklichen Schritt gethan (scaevo
exeniplo), zur Durchführung der kirchlichen Disciplin die Hülfe
des Präfecten anzurufen.
Im J. 446 schritt Leo I. zu Rom gegen die Manichäer ein
und Hess eine grosse Zahl von Büchern derselben verbrennen^).
Wenn Prosper, der dieses berichtet, beifügt, viele Bischöfe im
Orient hätten die industria des Papstes nachgeahmt, so ist da-
mit wahrscheinlich nicht speciell das Verbrennen von Büchern,
sondern überhaupt das Einschreiten gegen die Manichäer ge-
meint. Im folgenden Jahre schrieb Leo an den spanischen
1) Mansi VIII, 1153: „Wir verbieten allen, von diesen Büchern
irgend eines zu besitzen; und wie es nicht gestattet ist, die Bücher des
Ncstorius abzuschreiben oder zu besitzen, weil die Kaiser vor uns in ihren
Verordnungen befohlen haben, sie gleich den Schriften des Porphyrius
gegen die Christen zu behandeln, so soll auch das, was Scverus gesagt
und geschrieben, bei keinem Christen bleiben, . . . vielmehr von den Be-
sitzern verbrannt, . . • und fortan von niemand abgeschrieben werden. . . .
Wer seine Schriften abschreibt, soll durch Abhauen der Hand bestraft
werden".
2) Dial. I, 6. 7.
3) Prosper, Chron. ed. Paris 1711. p. 749.
12 Bücherverbote der alten Kirche.
Bischof Turibius: die von den Priscillianiöten gefälschten Bibel-
handschriften dürften nicht bei den kirchlichen Lesnngen ge-
braucht werden, ihre apokryphischen Schriften aber seien nicht
nur zu verbieten, sondern zu verbrennen; einen Bischof, der
nicht verbiete, die Apokryphen im Hause zu haben, oder gestatte,
die von den Priscillianisten verfälschten Codices als biblische zu
lesen, mtisse man als Ketzer ansehen; auch derjenige, welcher
die priscillianistischen Schriften des Dictinnius gebrauche, die
nicht nur von der katholischen Kirche, sondern auch von ihrem
Verfasser selbst nach seiner Bekehrung verdammt worden seien,
sei nicht als Katholik anzusehen 0-
Die erste allgemeine Synode, welche selbst die Verbren-
nung der (ihr vorliegenden Exemplare der) von ihr verdammten
Schriften, -— darunter der Briefe des Papstes Honorius, — an-
ordnete, war die dritte allgemeine Synode von Constantinopel
im J. 681*), Die TruUanische Synode von 692 verordnete das
Verbrennen von erdichteten Martyrergeschichten ^).
Die zweite allgemeine Synode von Nicaea (787) befahl, die
Schriften gegen die Bilder Verehrung in der Amtswohnung des
Bischofs von Constantinopel mit den Büchern der übrigen Häre-
tiker aufzubewahren, und bestimmte : wer überwiesen werde,
dass er dieselben verberge, solle, wenn er ein Bischof, Priester
oder Diakon sei, abgesetzt, wenn er ein Mönch oder Laie sei,
excommunicirt werden^). Etwas früher, auf dem Römischen
Concil im J. 755, wurde von den Bischöfen beantragt, die von
dem Concil verdammten Schriften des Adelbert zu verbrennen;
Papst Zacharias erklärte es aber für zweckmässiger, sie im
Römischen Archiv aufzubewahren ad reprobationem et ad per-
petuara ejus confusionem ^).
Als der älteste Index verbotener Bücher wird gewöhnlich
das 496 auf einem Römischen Concil publicirte (auch in das
1) Ep. 15 n. 15. 16.
2) Mansi XI, 582: »Und wir bcschlicssen, dass diese Schriften als
gottlos und seelenverderblich sofort znr ganzlichen Vernichtung dem Feuer
übergeben werden sollen. Und sie wurden verbrannt".
3) Mansi XI, 972.
4) Mansi Xm, 430.
5) Mansi XII, 379.
Bticherverbote der alten Kirche. 13
Decretum Gratiani c. 3 D. 15 aufgenommene) sog. Decretum Ge-
lasianura bezeichnet ^). Es werden darin zunächst die von der
Römischen Kirche recipirten patristischen Schriften aufgezählt;
dann heisst es: ^Caetera, quae ab haereticis sive schismaticis
conscripta vel praedicata sunt, nullatenus recipit catholica et
apostolica Komana ecelesia'^, und nach einem langen Verzeich-
niss von Apokryphen und Schriften häretischer und als hetero-
dox angesehener Schriftsteller: „Haec et omnia his similia . . .
non solum repudiata, verum etiani ab omni Romana catholica
et apostolica ecclesia eliminata atque cum suis auctoribus au-
ctorumque sequacibus sub anathematis indissolubili vinculo in
aetcrnum confitemur esse damnata.'' Das Decret ist offenbar
kein Index im spätem Sinne, da es nur eine Verwerfung und
Verdammung der betreffenden Schriften, nicht ein allgemeines
Verbot des Lesens derselben ausspricht.
Bellarmin*) macht sich, nachdem er zu beweisen versucht,
dass die Bücher der Ketzer mit Recht verboten und verbraunt
würden, die Einwendung: nach Eus. H. E. 7, 6 habe Dionysius
von Alexandria, als er wegen des Lesens häretischer Bücher ge-
tadelt wurde, sich auf eine Vision berufen; nach Soor. 6, 15 habe
Theophilus von Alexandria, als man ihn darüber tadelte, dass
er die Schriften des Origenes lese, geantwortet, er entnehme
daraus das Gute und verwerfe das Schlechte; Hieronymus sage
(Ep. 119, 11), er lese häretische Schriften, um das Gute daraus
zu entnehmen, obschon er wisse, dass einige darüber murrten,
und Gelasius sage de vinc. anath., die Bücher der Ketzer seien
theils anzunehmen, theils zu verwerfen, und citire dabei das
Schriftwort: Prüfet alles, das Gute behaltet. Auf diese Ein-
wendung antwortet Bellarmin: Aus den ersten Stellen gehe her-
vor, dass es auch in der alten Kirche Sitte gewesen, ketzeri-
sche Bücher nicht zu lesen, da sonst niemand jene Väter ge-
tadelt haben würde. Das Lesen ketzerischer Bücher sei aber
den Bischöfen und vielen anderen gestattet gewesen, wie es
auch jetzt gestattet werde; darum hätten die Patriarchen Dio-
nysius und Theophilus und der gelehrte Hieronymus sie lesen
1) Hefele, Conc-Gesch. II. §. 217.
2) Controv. de mombris Eccl. mil. 3, 20.
14 Bücherverbote im Mittelalter.
dürfen. Es habe bezüglich des Lesens ketzerischer Bücher,
abgesehen von den Büchern des Arius, damals vielleicht (!)
noch nicht, wie jetzt, ein allgemeines kirchliches Gesetz, son-
dern nur eine Gewohnheit bestanden. — Dass niemand, auch
nicht ein Patriarch und ein Gelehrter, ohne Erlanbniss des
Papstes ketzerische Bücher lesen dürfe, war jedenfalls in der
alten Kirche weder Gesetz noch Gewohnheitsrecht.
3. Bücherrerbote im Mittelalter.
Von den zahlreichen mittelalterlichen Bücherverboten sind
hier diejenigen zu besprechen, welche entweder für die Ent-
wicklung der kirchlichen Gesetzgebung von Bedeutung sind oder
in den Indices des 16. Jahrhunderts Berücksichtigung gefunden
haben.
In grösserer Zahl wurden mittelalterliche Schriftsteller zuerst
im Med. und Ven., dann von Paul IV. in den Index aufgenommen.
Die Compilatoren dieser Indices entnahmen die Xamen zum grössten
Theile aus dem Ketzer-Catalog des Bernard Lutzenburg *), der seiner-
seits hauptsächlich das Directonum des Nicolaus Eymeric ^) als
Quelle benutzt hat. Wenn nicht im Folgenden das Gegentheil erwähnt
wird, stehen die hier besprochenen mittelalterlichen Schriftsteller
im Rom. Ind. und sind sie aus Lutz, dorthin gekommen. Es sei
aber hier gleich erwähnt, dass manche mittelalterliche Häretiker
seit P. in der 1. GL, also unter denjenigen stehen, deren sämmtliche
Schriften verboten sind, welche nichts geschrieben oder von denen
keine Schriften erhalten sind.
1. Im 9. Jahrhundert wurden Claudius von Turin, Ago-
bardus von Lyon, Gottschalk und andere wegen ihrer Lehren
verfolgt; aber von ftirmlichen Verboten ihrer Schriften wird
nichts berichtet. Claudius und Agobardus starben als Bisch()fe
um 840, Gottschalk als Excommunicirter 868 oder 869.
Claudius von Turin steht seit P. in der 1. Cl., — er ist der
älteste Schriftsteller in dieser Classe, — seit Tr. mit dem Zusätze
„qui scripsit de imaginibus". Von den Werken des Agobardus wurde
die 1605 erschienene £ditio princeps von Papirius Masson sofort
1) Fr. Bernardi Lutzenburgii Catalogus haereticorum. S. 1. et a.
1522*. Ich citire nach der Ed. V., Köln 1537.
2) Nie. Eyraerici Directorium Inquisitorum cum commentariis Fran-
oisci Pegnae. Ven. 1607.
Claudius von.Turiu. Agobardus. Berengar. Erigena. 15
6. Dec. 1605 verboten, aber, wie es scheint, obscbon das Verbot
unbedingt lautet, nur der Zuthaten des Herausgebers wegen; denn
die Ausgabe von Baluze 1666 und andere Ausgaben wurden nicht
verboten. In den spanischen Indices (Sand. Sot.) und im Liss. 1624
wird verordnet, in der Vorrede Massons eine Stelle, in seiner Synopsis
de vita Agobardi ejusque doctrina zwei Stellen und den ganzen
Paragraphen de imaginibus zu streichen; der Text des Agobardus
darf unverändert bleiben, nur soll bei zwei Stellen ein „Caute lege"
am Rande beigefügt werden '). — Grottschalk steht (nicht bei Lutz,
und) in keinem Index.
2. Auf der Synode zu Vercelli 1050 wurde die Abend-
mahlslehre des Berengar von Tours verdammt und ein älteres
Buch über das Abendmahl zerrissen, welches dem Johannes
Scotus Erigena zugeschrieben wurde'), aber wohl das von
Ratramnus von Corbie (t um 870) verfasste Buch de corpore
et sanguine Christi war. Berengars Lehre wurde noch mehrere
Male verdammt und er selbst geuöthigt. auf einer Synode zu
Rom 1059 seine Vertheidigungsschrift zu verbrennen und 1079
ein seine Lehre ausschliessendes Glaubensbekenntniss abzulegen.
Von Scotus Erigena wurde auf einer Synode zu Sens 1225 das
Buch de divisione naturae verworfen. Honorius lU. bestätigte
dieses Urtheil und verordnete, die Schrift ttberall aufzusuchen,
unter Androhung der Excommunication zur Abliefening derselben
binnen 15 Tagen aufzufordera und sie öffentlich zu verbrennen
oder nach Rom zu schicken, damit sie dort verbrannt werde').
Berengar steht seit Tr. in der 1. Cl. als Berengarius Diaconus
Andegavensis ; P. hatte, wahrscheinlich weil Berengar mit der
Kirche ausgesöhnt gestorben*), Berengarii opera in die 2. Cl. ge-
setzt*). — Erigena steht nicht in den älteren Indices; erst 16B5
wurde die Oxforder Ausgabe der Bücher de divisione naturae ver-
1) Po&sevin in seinem Apparatus (1608) bezeichnet ihn als Sanctus
Agobardus (er wird in Lyon als Heiliger verehrt) und spricht von der
Ausgabe von Masson, ohne das Verbot zu erwähnen. Bellarmin de scr.
occl. erwähnt weder Claudius noch Agobard.
2) Hefele IV, 712. Mansi XIX, 774.
3) Hefele V, 838. Mansi XXII, 1212.
4) Sein Widerruf (bei Eym. p. 246) beginnt: Ego Berengarius,
indignus S. Mauritii Andegavensis ecclesiae diaconus.
5) Lutz. : Berengarius . . . orrorem revooavit, . . . ideo inter haere-
üoos non ponitur, quia postea non fuit relapsus, sed doctrina ejus fuit
haeretica.
16 Bücliervorbote im Mittelalter.
boten. Man könnte loannes PhilologuB im Ven. für einen Schreib-
fehler für loanneR Philosophus halten, unter welchem Namen Erigena
bei Lutz, erwähnt wird*). Es ist aber vielmehr ein Schreibfehler
für lonas Philologus, den Yen. bei G. fand. P. nahm aus Ven. den
verschriebenen und aus Gr. den richtigen Namen in die 1. Cl. auf; sie
stehen noch heute beide unter einander. Das Buch des Ratramnus
wurde als Bert rami liber de corpore et sanguine Domini zuerst zu
Köln (Zürich?) 1532') und dann wiederholt gedruckt. Es kam
durch P. in die 2. Cl. Es wurde von katholischen Gelehrten im
16. Jahrh. vielfach als eine Fälschung, gewöhnlich des Oecolampadius
bezeichnet (noch Sot. p. XXI nennt es librum pestilentissimum Oe-
colampadii; auch Th. Raynaud, Erot. p. 204, meint, es sei von
Oecolampadius gemacht oder verfälscht, sagt dann aber p. 205, es
sei von Ratramnus). In dem Antw. Exp. p. 54 steht ein Gutach-
ten der Universitüt Douay, welches darauf hinausläuft, das Buch
möge freigegeben werden mit Ausmerzung einiger Stellen, die viel-
leicht von den Häretikern, wel<;he die oben genannten Ausgaben be-
sorgt, beigefügt seien; aber Possevin s. v. Bertramus sagt, es möge
niemand denken, wegen jenes Gutachtens sei das Buch erlaubt. Es
steht in der That noch heute im Index. Es erschienen aber viele
Ausgaben desselben, eine von Jacques Boileau 1712 mit einer Ab-
handlung, worin er die Orthodoxie des Verfassers gegen Hardouin
vertheidigt ') ; diese ist nicht auf den Index gekommen.
3. Abaelard wurde 1120 auf der Synode zu Soissons ge-
nöthigt, seine Introductio in theologiam zu verbrennen, und
InnocenzIII. befahl 1140, ihn und Arnold von Brescia in Klöster
einzusperren und ihre Bücher zu verbrennen^).
Das« Arnold (1155 in Rom gehängt) nicht im Index steht,
könnte man natürlich finden, da er kein Schriftsteller war; aber
der auf der Synode zu Pisa 11.35 verurthcilte Petrobrusianer Hein-
rich von Lausanne*) steht als Henricns Tolosanus in der 1. Cl.,
obschon von ihm ebenso wenig Schriften existiren (P. hatte ihn
aus Ven., dieser aus Lutz, aufgenommen, im Tr. wurde er ge-
strichen, von S. Cl. aber wieder eingesetzt). Auch Abaelard steht
seit P. in der 1. Cl. , obschon Sot. • ausführlich demonstrirt :
1) loannes Philosophus, qui transtulit libros Dionysii, et ejus libcr,
quem feeit de eucharistia, damnatus est in concilio Yerccllensium ... et
non est Scotus ordinis Minorum (Duns Scotus).
2) Pestalozzi, Bullinger S. 630.
3) Liber de corp. et sang. Dom. Ratramno seu Bertramo, 0. Bon.,
presb. Corbejensi assertus et ab haercsis Calvinianae suspicione vindicatus.
Par. 1712. 8. — Vgl. A. J. P. 15, 769. R. Gibbings, An exact reprint of
the Roman Ind. exp. p. XLIV.
4) Ilefele V, 431.
5) Hefele V, 379.
Abaelard. Oilbertus Porretanns. Amalrich. 17
wenn er auch diesen Platz verdient habe, da er nicht nur ein
Häretiker, sondern gewissermassen ein Häresiarch gewesen, so sollte
er doch eigentlich wegen seiner Ahschwöning und Bekehrung und
seines erbaulichen Todes (1142) in die 2. Cl. versetzt werden*).
4. Von Gilbert de la Porree (gestorben als Bisehof von
Poitiers 1154) wird berichtet: Eugen III. habe auf der Synode
zu Reims 1148 vier capitula aus seinem Gommentar zu Boe-
thius de trinitate verdammt, districte prohibens, ne eundem
librum legere vel transscribere quis änderet, nisi prins eum Ro-
mana Ecclesia correxisset; Gilbert habe sich erboten, das Buch
selbst nach dem Verlangen des Papstes zu corrigiren, dieser
habe das aber abgelehnt. „Eine solche Correctur", sagt Hefele,
— es ist das erste Beispiel, dass eine solche förmlich vorge-
schrieben wird, — „scheint nicht erfolgt zu sein; wenigstens
enthält der Text, wie wir ihn jetzt haben, noch die alten Irr-
thümer'^ Im Index steht Gilbert nicht, obschon Lutz, ihn hat.
5. Eine Pariser Synode von 1209 oder 1210 excommuni-
cirte den 1204 gestorbenen Amalrich von Bena and Hess seine
Gebeine aus dem Gottesacker ausgraben; seine Lehre wurde
auch von dem Lateran-Concil von 1215 verdammt. Dieselbe
Pariser Synode Hess auch Schriften von David von Dinant ver-
brennen, verbot bei Strafe der Excommunication die Bücher des
Aristoteles de metaphysica — Gregor IX. bestätigt dieses 1231
mit dem Zusätze: bis sie geprüft seien, — und befahl, „in ro-
mauo^' (in romanischer d. i. französischer Sprache) geschriebene
theologische Bücher denDiöcesanbischöfen abzuliefern *). Mehrere
Anhänger des Amalrich, welche die Synode verurtheilt hatte,
wurden im Dec. 1210 auf Befehl Philipp Augusts verbrannt,
u. a. ein Goldschmied Wilhelm.
Amalrich steht als Almaricus bei P., wurde aber von Tr.
gestrichen ; dagegen hat sich in der 1. Cl. bis heute behauptet Gui-
lelmus Aurifex! Das Verbot der Bücher des Aristoteles hängt
1) Sot. gibt eine Expurgation der Pariser Ausgabe des Abaelard von
1616: es sollen nicht nur in der Vorrede des Frangois d'Amboise und in
den Noten von Quercetanus (Duchesne), sondern auch in Abaelards Werken
manche Stellen, einige Briefe ganz, gestrichen, bei anderen Stellen „Vide
censuram Parisiensem hoc loco" oder „caute lege" oder dgl. beigefügt
werden.
2) Arg. I a 129.
Beiueb, Index. 2
18 ßücherverbote im Mittelalter.
»
mit der Verdammung Amalrichs und Davids von Dinant zuBammen.
Der gleichzeitige Chronist Rigordus, Mönch von St. Denis, berichtet
darüber: „Zu jener Zeit wurden zu Paris Schriften über Metaphysik
gelesen, angeblich von Aristoteles verfasst, die von Constantinopel
herübergebracht und . aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt
waren. Da sie durch ihre subtilen Sätze nicht nur zu der Ketzerei
Amalrichs Anlass gaben, sondern auch zu neuen Ketzereien Anlass
geben konnten, wurde von dem Concil verordnet, sie alle zu ver-
brennen, und bei Strafe der Excommunication verboten, sie abzu-
schreiben, zu lesen oder zu behalten **. — Im J. 1215 verordnete der
päpstliche Legat, Card. Robert de Corleon, der die Universität reor-
ganisirte : ^Die Bücher des Aristoteles de metaphysica et de na-
turali philosophia und summae de iisdem oder über die Lehre des
David von Dinant oder des Ketzers Amalrich oder des Mauritius
Hispanus sollen nicht gelesen werden". Am 5. April 1231 schrieb
Gregor IX. an die Universität: „DieMagistri artium sollen die libri
naturales, welche von dem Provinoialconcil verboten worden, nicht
gebrauchen, bis dieselben geprüft und von jedem Verdacht des Irr-
thums gereinigt worden sind". Das Verbot war nicht lange in
Kraft »).
6. Die vierte Lateran- Synode von 1215 erklärte in cap. 2:
„Wir verdammen und verwerfen die Schrift oder den Traetat,
den der Abt Joachim [von Fiore in Calabrien t 1202] gegen
den Magister Petrns Lombardus herausgegeben hat"; — ein
besonderer libellas seu tractatus der Art existirt nicht; es ist
eine scharfe Aenssemng Joachims gegen Petrus Lombardus die
Trinitätslehre betreffend gemeint, wovon das Beeret des Concils
ausführlich handelt; — „wenn jemand die Lehre des besagten
Joachim in diesem Punkte zu vertbeidigen oder zu billigen wagt,
soll er als Ketzer von allen zurückgewiesen werden*. Damit
solle aber, wird beigeftlgt, in keiner Weise dem von Joachim
gegründeten Kloster zu Fiore zu nahe getreten werden, zumal
Joachim in einem Briefe sein Festhalten an dem Glauben der
Römischen Kirche betheuert und angeordnet habe, alle seine
Schriften sollten dem apostolischen Stuhle zur Approbation
eventuell zur Correctur vorgelegt werden *). Joachims mystisch-
1) Jo. Launoi, Varia Aristotelis in acad. Paris, fortuna, c. 1,4, 6, 8,9.
Arg. I a 132. 288.
2) Das Decret steht bei Eym. p. 1 und bei Arg. I a 120; hier auch
die anderen betreffenden Documente. Vgl. Döllinger, der Woissagungs-
glaube und das Prophetenthum in der christlichen Zeit, im Histor. Taschen-
buch 1871, S. 319.
Aristoteles. Joachim von Fiore. 19
prophetische Schriften sind in Rom nie verdammt worden, wohl
aber eine von Gherardino da Borgo San Donnino verfasste Ein-
leitung zu einer Sammlung von drei Schriften Joachims, Intro-
ductorius in Evangelium aeternum.
In dem von der Lateran-Synode erwähnten merkwürdigen
Briefe vom J. 1200 sagt Joachim: er habe, wie man aus einem
Briefe ClemenB* III. (1187—91) ersehen könne, im Auftrage der
Päpste Lucius' IIL (1181—85) und Urbans III. (1185-87) einiges
geschrieben, mit dem Vorbehalte, dass die Schriften dem apostoli-
schen Stuhle vorgelegt werden sollten, nämlich einen Über Concor-
(liae in 5 Büchern [Concordantia N. et V. T. s. Conc. veritatis],
eine Auslegung der Apokalypse in 8 Theilen, das Psalterium decem
chordarum in 3 Theilen und einige kleine Schriften gegen die Juden
und gegen die Gegner des katholischen Glaubens ; von diesen Schrif-
ten habe er bis jetzt nur die erste dem apostolischen Stuhle vor-
legen können ; wenn er sterbe, ehe er die anderen vorlegen könne,
sollten seine Ordensgenossen sie vorlegen und in seinem Namen die
Correctur derselben annehmen.
Die Cistercienser, welche gegen Joachim erbittert waren, weil
er sich mit der von ihm gestifteten Congregation von ihrem Orden
getrennt hatte, suchten die Verdammung des Ijlannes oder doch
seiner Schriften zu erwirken und beuteten auch das Decret des
T-iateran-Concils gegen ihn aus. Honorius III. (1216 — 27) nahm
aber in zwei Schreiben an die calabrischen Bischöfe*) die Congre-
gation Joachims in Schutz und erklärte unter Hinweisung auf den
Schluss des Lateranensischen Decretes, er halte Joachim für einen
katholischen Mann. Als solcher ist er auch später in Rom immer
angesehen worden*). Benedict XIV. (De beatif. 1. 2 c. 33 n. 11)
führt das zweite Schreiben Honorius' III. an und sagt : In vita vir-
tutibus et in vita et post obitum miraculis damit et in loco, ubi
sepultus est, cultum publicum obtinet, quemadmodum comproba-
runt Bolland. ad d. 29. Mail. Wenn ein Buch des Abtes Gregorius
de Laude oder de Lauro, B. loannis loachim abbatis et Florensis
ordinis institutoris Hergasiarum alethia apologetica s. mirabilium
veritas defensa (Neapel 1660, fol.) 1663 d. c. auf den Index ge-
setzt wurde, so war der Grund wohl nur, dass der Verfasser be-
hauptet , von dem libellus gegen Petrus Lombardus habe dem
Lateran-Concil ein von Joachims Gegnern interpolirter Text vorge-
1) Das eine vom J. 1216 steht beiPossevin, App. 1,808, das andere
vom J. 1221 bei Eym. p. 6, Arg. I a 121.
2) Dante sagt von ihm (Par. 12, 139):
und hier an meiner Seite
Erglänzt Abt Joachim, der Calabrese,
Der mit prophetischem Geiste war begäbet.
20 Bticherverbote im Mittelalter.
legen und das Concil habe durch die Verdammung des libellus zwar
nicht in quaestione iuris, aber in quaestione facti geirrt ').
Um die Mitte des 13. Jahrh, vereinigte der Miiiorit Gherar-
dino da Borgo San Donnino*) die oben genannten drei Schriften
Joachims zu einem Ganzen unter dem Titel Evangelium aeter-
num und schrieb dazu eine Einleitung, Introductorius, welche von
den meisten Anhängern Joachims als eine Verzerrung seiner Lehre
angesehen wurde. Das "Werk wurde von dem Bischof von Paris
dem P. Innocenz IV. denuncirt und im Auftrage seines Nachfolgers
Alexander IV. von drei Cardinälen geprüft^). Gleichzeitig denun-
cirten Pariser Minoriten Sätze aus der Concordantia. Alexander IV.
schrieb' darauf 1255 und 1256 dem Bischof von Paris: Der Intro-
ductorius sei zu vernichten (abolendus), desgleichen gewisse Sche-
dulae (die von den Minoriten zusammengestellten Sätze), in quarum
nonnullis multa, quae in libello non continebantur eodem, neqniter
sibi 'adscripta fuisse dicuntur; der Bischof solle unter Androhung
der Excommunication zur Ablieferung des Introductorius und der
Schedulae auffordern, um sie zu vernichten, und befehlen, dass nie-
mand dergleichen (Schedulae) verfassen oder behalten solle.
Also nur der Introductorius wurde in Rom verdammt, — Ghe-
rardino*wurde zu lebenslänglicher Haft verurtheilt und starb nach
18 Jahren im Kerker, — nicht die Schriften Joachims, obschon sie
vieles enthalten, woran man in Rom Anstoss nehmen konnte *),
Nur ein Concil von Arles unter dem Erzbischof Florentinus, der
sich 1255 in Rom vergebens für die Verdammung bemüht hatte,
verdammte 1260 auch libros Concordantiarum et alios libros loachi-
miticos und verbot unter Androhung der Excommunication, ne tali-
bus utantur et ea ultra recipiant*).
In der Mitte des 13. Jahrhunderts erschienen auch unter Joa-
chims Namen Commentare zu Isaias und Jeremias, von italienischen
Minoriten verfasst, in seinem Geiste und nach seiner Methode, aber
doch hinsichtlich des Tones und Urtheils bedeutend von Joachims
Schriften verschieden •).
Paul IV. setzte in den Index: loachimi Abbatis liber contra
Petrum Lombardum. Dieses wurde von Tr. gestrichen; S. nahm
es wieder auf und fügte bei : Item Commentaria in Jeremiam '') ; von
1) Arg. I a 122.
2) Nach Eym. u. a. der Minoriten - General Johann von Parma.
Im Anhang des Yen. steht: Evang. aet. edidit Fr. Petrus loannis ord. min.
3) Ihr Gutachten Arg. I a 163.
4) Döllinger S. 321. 325. W. Preger, Das Evangelium aeternum und
Joachim von Floris, Abh. der bist. Cl. der Ak. za München XIF, 3, 21,
hält die drei Schriften für unecht.
6) Arg. la 166.
6) Döllinger S. 822. 328.
7) Die Interpretatio in Jeremiam war 1525 zu Venedig mit päpst-
lichem Privileg gedruckt; sie enthält starke Stellen über die ecclesia car-
Evangolium actemum. Guil. de S. Amore. 21
Cl. wurde aber beides wieder gestrichen. Dagegen blieb seit P. in
der 3. Cl. Evangelium aeternum, wobei aber wohl nur an den In-
troductorius gedacht ist.
6. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts finden sich mehr-
Cach Verdammungen von Bttchem, die von Päpsten ausgesprochen
werden mit der ausdrücklichen Bemerkung, das betreffende Buch
sei von einigen Gardinälen — wie das eben erwähnte Buch des
Gherardino — oder von Gardinälen und Theologen geprüft
worden, — ein Vorbild der später errichteten Congregationen
der Inquisition und des Index. Unter dem 5. Oct. 1256 erliess
Alexander IV. eine Bulle gegen den Tractatus brevis novissi-
morum temporum (Über de periculis nov. temp.) des Pariser
Theologen Wilhelm von Saint Amour, welcher ein düsteres
Bild von dem Zustande der Kirche entwirft und sich sehr scharf
gegen die neuen Bettelorden wendet'). Der Papst sagt: er
verwerfe auf den Rath von vier Gardinälen, die er mit der Prü-
fung des dem apostolichen Stuhle zur Anzeige gebrachten Buches
beauftragt, kraft apostolischer Autorität das Buch als ein ver-
brecherisches und abscheuliches und gebiete allen, die dasselbe
besässen, bei Strafe der Excommunication, es binnen acht Tagen
zu verbrennen. Wilhelm übersandte Glemens IV. sein Buch
umgearbeitet unter dem Titel: GoUationes catholicae et cano-
nicae scripturae ad instructionem . . . contra pericala imminentia
ecclesiae per hypocritas pseudopraedicatores. Von einem Urtheile
des Papstes über diese Umarbeitung ist nichts bekannt^). Wil-
helm blieb übrigens im Amte.
P. setzte G-uilelmus de Sancto Amore in die 1. GL; er wurde
aber von Tr. gestrichen').
nalis, die Päpste u. s. w. (Weller), Altes und Neues, 1762, I, 322. In
Venedig erschienen auch, von dem Augustiner Silvester Meuoci edirt,
£xpo8itio in Apoc. 1527, Psalterium decem chordarum 1527 (mit Privileg
Clemens' VII.), Liber concordiae N. ac V. T. 1519 (Preger S. 16), — schon
1515 mit einem Privileg des Papstes und mit Approbation des Patriarchen
und des Inquisitors Abbas Joachim magnus propheta, worin eine Vita
Joachims und mehrere mittelalterliche prophetische Schriften abgedruckt
sind, auch der Tract. de Septem statibus Ecclesiae von Ubertino da Casale.
1) Bull. I, 112. Arg. la 168. DöUinger S. 830.
2) Nur ein vorläufiges Schreiben des Papstes. Arg. la 172.
3) Als 1633 zu Paris eine Ausgabe seiner Werke erschien, wurde sie
22 Bücherverbote im Mittelalter.
Bei dem späteren Streite des Erzbischofs Kichardus Radulphi
(Fitz-Kalph) von Armagh mit den Bettelmönchen handelte es sich
zunächst um die Frage, ob die österliche Beichte bei dem Pfarrer
abzulegen sei oder auch bei einem Mönche abgelegt werden könne.
Richard wurde von Innocenz VI. 1357 nach Avignon citirt und
starb 1360 vor der Beendigung des Processes. Benedict XIV. sagt
von ihm : ^Theophil Raynaud und mehrere von ihm angeführte
Autoren zählen ihn unter die Ketzer; aber Innocenz VI. hat 1857
die Entscheidung der Streitfrage suspendirt (später ist sie wieder-
holt zu Gunsten der Mendicanten entschieden worden) und Boni-
facius IX. (1389 — 1404) hat eine remissoria für Richard erlassen,
quia oppositiones ejus deprehensae fuerunt a bono zelo provenientes
nee non de eins sanctitate et miracuHs fama vigebat^ ^). Er steht
als Armacanus (bei Lutz, und) im Med. und Ven., aber in keinem Rom.
Ind. Bellarmin (de scr. eccl. 1350) sagt von Richard: caute valde
legendus est, und verwirft besonders auch Stellen in der Summa con-
tra ArmenoSy welche viele Irrthümer über die Gewalt der Priester,
die Armuth Christi und den Status religiosorum mendicantium ent-
hielten, deutet sogar an, dass Wycleff einiges von Richard ent-
lehnt habe*).
7. Veranlasst durch ein Schreiben F. Johannes' XXL,
veröffentlichte der Bischof Stephan Templer von Paris 1276 nach
Berathung mit anderen Prälaten und Theologen eine Gensnr
ttber 219 Sätze, über die in den Schalen disputirt wurde unter
dem Vorgeben, sie seien „nach der Philosophie wahr, aber nicht
nach dem katholischen Glauben^'; zugleich verdammte er ver-
schiedene Bttcher ttber Zaubereien, Nekromantie und Teufels-
beschwömng und gebot unter Androhung der Excommunication,
dieselben binnen sieben Tagen abzuliefern®). — Im J. 1325 er-
licss Johann XXII. eine Bulle gegen Teufelsbeschwörungen und
dgl. und gebot unter Androhung der Excommnnication und an-
von dem königlichen geheimen Rath verboten, weil das Buch de periculis
noviss. temp. von Alexander IV. 1256 verdammt worden sei. Arg. I, XLI.
1) De beatif. 1. 2 c. 30 n. 2. Vgl. Arg. I a 378.
2) Seine in Avignon gehaltene Vertheidigungsrede und die Anklage-
schrift seines Hauptgegners, des Franciscaners Roger Conway, Dcfensiones
curatorum contra privilegiatos a Rieh. Arm. et privilegiatorum seu men-
dicantium contra Armachanum a Rogerio Chonnoe, wurden 1496 u. s.
gedruckt (auch in Browns Fasoioulus II 466), die Summa s. libri 19 adv.
Armenos nebst drei Predigten gegen die Bettelmönche Paris 1511. R.
Simon, Lettres I, 152, bespricht letzteres Buch ausführlich und sagt: 11
n'est pas eloigne des principes des protestants.
3) Arg. I a 175.
RicharduB ArmachauuB. Zauberbücher. 28
derer Strafen, alle Schriften, „die etwas von den vorbesagten
verdammten Irrthümern enthielten", binnen acht Tagen zu ver-
brennen *).
Der Bischof Tempier verdaramt librum de amore s. de Deo
amoris, librum necromantiae und libros rotulos eeu quaterniones ni-
gromanticos [siel aut continentes experimenta Bortilegornm, invoca-
tiones daemonum sive coniurationes impiarum [oder in periculum]
animarum. — Eymeric berichtet*), um 1290 seien von den Bischöfen
von Paris und Sens und dem Inquisitor aus dem Dominicsaner-Orden
nach Anhörung von Theologen verdammt worden omnes libri divi-
nationum et sortium, sc. libri necromantiae, geomantiae, pyromantiae,
hydromantiae, chiromantiae, speciell libri decem annulorum Yeneris,
quatuor speculorum, imaginum Thobiae Bantricat (Beniricat), imagi-
num Ptolemaei, Hermetis magi ad Aristotelem. An einer andern
Stelle erwähnt Eymeric als Zauberbüoher, die er selbst confiscirt
und öffentlich verbrannt habe, eins mit dem Titel Clavicula Salo-
monis und einen dem Nekromanten Honorius zugeschriebenen
Thesaurus necromantiae *). Aus Eymeric sind die libri decem annu-
lorum und die folgenden bis zu dem des Honorius in den Anhang
des Yen. übergegangen; daraus hat sie P. in die 3. Cl. (unter
Liber und Clavicula) aufgenommen. Tr. behielt nur die Clavicula
und die Libri Hermetis bei, aber S. Cl. setzten auch die anderen
wieder ein..
Das verbreitetste unter diesen Zauberbüchern scheint die Cla-
vicula Salomonis (eine Sammlung von Beschwörungsformeln, die dem
König Salomo zugeschrieben werden) gewesen zu sein. Sie wird
auch in einem Process zu Barcelona im J. 1440 erwähnt*) und
wurde früh und oft gedruckt*), und Albitius, De inconstantia (1683)
p. 313 sagt, sie komme in den Processen der Inquisition oft vor.
— Auch der Nekromant Honorius spielt, später als Papst Honorius,
in der magischen Literatur eine grosse Rolle. Noch 1804 wurde
auf den Index gesetzt: Le Grremoire fgrimoire = Zauberbuch J du
Pape Honorius (ementitum nomen) avec un recueil des plus rares
secrets. Rome (falsa loci annotatio) 1800. Querard II, 307 er-
n Bull. I, 204.
2) F. 2 q. 29, p. 317, abgedruckt bei Arg. la 263.
3) P. 2 q. 48, p. 838: Liber qui Tabula (Yariante: Clavicula) Salo-
monis intitulatur, super quo jurant daemones advooati de dioenda veri-
tate, flicut nos Christiani super quatuor Dei evangelia et Judaei super
legem Dei, in quo libro potestas Luciferi et aliorum daemonum menda-
citer est inserta et orationes nefariae a daemonibus revelatae Luoifero et
aliis daemonibus exhibendae. Apparet etiam in libro, qui Honorio ne-
croroantico inscribitur, qui Thesaurus necromantiae appellatur.
4) M. Mencndcz Pelayo, Hist.de losHeterodoxos espafioles, 1880, 1, 603.
ö) 8. 1. et a. 48 S. 4 ; vgl. Freytag, Anal. 802.
24 Bticherverbote im Mittelalter.
wähnt mehrere von einander abweichende Ausgaben, u. a. eine
Kom [_?] 1670, 136 S. 12 '), Graesse auch ein lateinische« Grimo-
rium verum vel probatissimum. Salomonis Clavicula etc. und Le
grand Grimoire avec la grande Clavicule de Salomon. S. 1. et a.
7. Im J. 1300 wurde Gherardo Segarelli aus Parma,
der Stifter der Apostelbrüder, verbrannt, 1307 sein Nachfolger
FraDolcino. Auf Betreiben der FraDciscaner in der Provence
Hess ihr General Johannes de Murro die Leiche des Fraticellen
Petrus Johannes von Oliva aasgraben und sammt seinen
Schriften verbrennen. Das Concil vonVienne 1311 verdammte
einige Sätze von ihm. Johannes XXII. Hess seine Postilla in
Apocalypsin, das Lieblingsbnch der Spiritualen, auf Ersuchen
der Franciscaner durch nenn Theologen, worunter Guilelmus
de Lauduno, Lector oder Magister Sacri Palatii, prüfen und
verdammte sie dann in publice consistorio'). Sixtus IV. (1471
—84), selbst Minorit, Hess seine Schriften nochmals untersuchen
und für rechtgläubig erklären, da man alles für anstössig ge-
haltene auch in gutem Sinne erklären könne ^).
In der 1. Cl. stehen seit P. Gerardus Segarelli Pergamen
(erst Ben. hat Parmensis corrigirt), Dulcinus (Ven. Durianus) No-
variensis und Petrus loannes de Villa Sereiatum (Oliva war aus
Serignan in Languedoc), femer Hermannus Italus (Pongilupus
aus Ferrara), ein Fraticelle, dessen Leiche auf Befehl Bonifacius* VUI.
1297 ausgegraben wurde*). Einer der bedeutendsten Schriftsteller
der Spiritualen, Ubertino da Casale, ist nicht verurtheilt worden,
obschon er in seinem 1305 verfassten Hauptwerke ,Arbor vitae
crucifixae^ Bonifacius VIII. und Clemens V. für falsche Päpste er-
klärt. Er steht auch nicht im Index, obschon jenes Werk zu Ve-
nedig 1485 gedruckt war, während Öliva's Postille noch nicht ge-
druckt ist*). Dagegen steht wieder im Index als Henri cus Se-
nensis (P., von Tr. gestrichen, von S. Cl. wieder eingesetzt) der
Fraticelle Henricus de Ceva, gegen den Johannes XXU. 1318 eine
1) Querard führt Beispiele daraus an, z. B. Poor marcher sans se,
lasser, eorivez sor trois billets: Oaspard, Melchior, Balthazar etc.
2) Arg. I a 226.
3) Döllingcr S. 334, der dafür Suppl. ad Bull. Franc, Rom 1778
p. 52 citirt. Zaccaria p. 87 polemisirt gegen Wadding, der dieses auch
berichtet, und hält ihm vor, dass ein solches Gegenüberstellen von zwei
Päpsten keinen andern Nutzen habe, als den Freidenkern und Protestanten
Anlass zu Spöttereien zu geben.
4) Arg. I a 270.
6) Döllinger S. 333.
P. J. de Oliva. Marsilius v. Padua. Occam. 25
Bulle erliess *). — Der Minorit Johannes de RupescisBa, — de
Kochetaille, nach Pelayo aus Peratalliada in Catalonien, — der Ver-
faseer von apokalyptischen Schriften im Sinne Joachims (Ostensor,
Vademecum in tribulatione), war 1356 wegen angeblicher Prophe-
zeiungen in Haft^). £r steht nicht im Index.
8. Im J. 1327 erliess Johaunes XXII. eine Bulle, worin
er zwei der hervorragendsten Spiritualen, welche auf Seiten
Ludwigs des Baiern standen^), Marsilius von Padua and
Johannes von Jandun für Häretiker erklärt und das von ihnen
verfasste Buch Defensor pacis, das er durch Gardinäle und Prä-
laten, Theologen und Kanonisten habe prüfen lassen, sowie
quamcunqne aliam scripturam continentem eosdeni articulos (die
vorher in der Bulle austtihrlich kritisirten Sätze) verdammte^).
1328 verhängte er den Bann über den Minoriten - General
Michael von Gesena, überWilhelm von Occam und den
Bruder Bonagratia von Bergamo, und 1329 erliess er gegen
Michael von Ceseua die Bulle Quia vir reprobus*).
In der 1. Cl. stehen seit P. Marsilius Paduanus — seit Ben.
(wie bei Bayle): Menandrino (de) seu Menandrinus, Marsilius, Pa-
tavinus, was keine Verbesserung zu nennen, — und Michael de
Caesena, in der 2. Cl. Gruilelmi Occam Opus nonaginta dierum,
item DiaJogi et scripta omnia contra lohannem XXII®).
1) Arg. la 290.
2) Arg. I a 374. Pelayo I, 500. Gedruckt wurde von ihm eine alchy-
mistische Schrift, Libri II de consideratione quintac cssentiao omnium
rerum, Basel 1561 u. f. Das Vademecum steht in Browns Fasciculus.
3) S. Riezler, Die literarischen Widersacher der Päpste zur Zeit
Ludwig des Baiers, 1874.
4) Arg. I a 804.
5) £ine merkwürdige Kritik dieser Bulle von Bellarmin mit Gegen-
bemerkungen von Fr. PeQa bei Laemmer, Mel. Rom. Mantissa p. 69.
6) Vgl. Riezler S. 242. Ein interessanter Brief über Occam von
J. A. Thuanus steht in Virorum clarorum ad M. Goldastum Epistolae,
Frkf. 1688, p. 32. Er meint, den Erörterungen Bellarmins über die Ge-
walt des Papstes gegenüber müsse, „um mit Vermeidung falscher Extreme
dem christlichen Volke die richtige und legitime Gewalt des apostolischen
Stuhles klar zu machen**, eine neue Ausgabe der Werke Occams über die
kirchliche und staatliche Gewalt veranstaltet werden, zu der er einen aus-
führlichen Prospectus entwickelt. Occams Werken sollten beigefügt wer-
den die Schrift des Richard von Armagh sammt der Entgegnung Roger
Conway's (s. o. S. 22) und die Apologie des Picus von Mirandula für Sa-
26 Bücher Verbote im Mittelalter.
0. In einer Bulle Johannes* XXII. vom J. 1329 wurden
28 Sätze, welche der Dominicaner Meister Eckart in Predigten
und Schriften vorgetragen, nach vorheriger Prüfung durch Theo-
logen verdammt, und zwar 17 als ketzerisch, II als verdächtig
und übelklingend, mit der Angabe, er habe 26 Sätze vor seinem
Tode (1327) widerrufen*). Eckarts Lehre wurde 1430 auch von
der Heidelberger theologischen Facultät verdammt. — 1848 ver-
dammte Clemens VI. eine Reihe von philosophischen und theolo-
gischen Sätzen des Pariser Theologen Nicolaus de Ultricuria
(deAutricourt); er wurde angehalten, sie zu widerrufen und den
Tractat, aus dem sie entnommen waren, zu verbrennen ^).
Beide stehen nicht im Index, obschon Eckarts Verdammung
von (xesner erwähnt wird.
10. Im J. 1374 wurden von Gregor XL auf Grund einer
Prüfung durch einige Cardinäle, Theologen und Juristen 14 Ar-
tikel des Sachsenspiegels „als falsch, temerär, ungerecht, theil-
weise ketzerisch und schismatisch und gegen die guten Sitten
verstossend verdammt und für null und nichtig erklärt".
Die Untersuchung des Sachsenspiegels in Rom wurde veran-
lasst durch das dem Papste überreichte Decadicon contra 21 errores Spe-
culi Saxonum des Augustiners Job. Kienkok, Professors in Erfurt.
Die Bulle von 1374 ist an die Erzbischöfe von Mainz, Köln, Bre-
men, Magdeburg, Prag und Riga gerichtet. Dem Kaiser Karl IV.
empfahl der Papst in einem besondern Schreiben die Publication
und Befolgung der Bulle. Die Bulle hat noch einige Streitschriften
über die darin verdammten Artikel hervorgerufen, weiter aber keine
Folgen gehabt*), nicht einmal die, dass der Sachsenspiegel in den
Index gekommen.
11. Gregor XL verdammte in Folge einer Dennnciation
des Inquisitors Nicolans Eymeric in einer Bulle vom J. 1376
mehr als 200 Sätze in 20 Schriften des Raymnndns Lullus.
Diese Bulle wurde aber von einem päpstlichen Legaten in Spa-
nien im J. 1419 als erschlichen und der Fälschung dringend
vonarola. Die Ausgabe ist nicht erschienen. Goldast druckte aber Occams
Schriften in der Monarchia II, 993 ab.
1) Arg. la 312. Vgl. A. Lütolf, über den Prooess und die Unter-
werfung M. Eckarts, Tüb. Q.-S. 1876, 678. A. D. B. 5, 618.
2) Arg. I a 355.
3) Raynaldus 1374, 12. Zacc. p. 123. Vgl. üomeyer, Job. Kienkok wider
den Sachsenspiegel, Abb. der Berl. Akad. 1855, 377.
Meister Eckart. Sachseuspiegel. Raymundus LuUus. 27
verdächtig bezeichnet. Seitdem ist vielfach und lebhaft über die
Frage gestritten worden, ob Raynmnds Schriften verdammt und
verdammlich seien oder nicht, ein Streit, bei welchem nament-
lich Franciscauer und Spanier für Raymand, Dominicaner für
ihren Ordensgenossen Eymeric Partei ergriffen haben. Paul IV.
setzte Raymand in die 2. Cl. des Index ; er wurde aber in Trient
gestrichen. In den Jahren 1580—1620 wurde in Rom wieder
darüber verhandelt, ob er auf den Index zu setzen sei; es unter-
blieb aus Rücksicht gegen den spanischen Hof, der sich für
Raymund lebhaft interessirte.
Eaymundus Lullus ist nicht zu verwechseln mit einem andern
Raymundus aus Tarrega in der Diöcese Solsona, der, aus einer jü-
dischen Familie stammend, als elfjähriger Knabe getauft wurde und
darum vielfach Raymundus Neophytus genannt wird. Dieser
wurde 1368 von Eymeric processirt und starb vor Beendigung des
Processes 1371 im Gefängniss, nach einigen durch Selbstmord.
Gregor XI. verdammte ein Buch von ihm de invocatione daemonum
und eine Reihe von Sätzen, die er gelebi*t. Man schreibt ihm auch
Tractate de secretis naturae. de alchymia u. s. w. zu, und vielleicht
sind einige alchymistisehe Schriften, die unter dem Namen des
Raymundus LuUu^i gehen, von ihm *).
Raymundus Lullus (RamonLuU), geboren 1235 zu Palma auf
Mallorca, wurde 1315 zu Tunis von den Muhammedanem ermordet*).
Er war Laie, wird aber von den Franciscanern als Tertiarier ange-
sehen und von ihnen und auf Mallorca seit alter Zeit als Märtyrer
verehrt.
Bei Eymeric^) steht ein Schreiben Gregors XI. vom J. 1376
an den Erzbischof von Tarracona und seine Suffraganen, worin es
heisst: Eymeric habe 20 Schriften des Raymundus Lullus als he-
terodox denuncirt; dieselben seien durch den Cardinal-Bischof Petrus
von Ostia und mehr als 20 Theologen untersucht und von ihnen
mehr als 200 irrige und häretisch klingende (haereticales) Sätze
gefunden worden, die der Papst ihrem Gutachten entsprechend ver-
damme (die Sätze werden nicht mitgetheilt). Da nach Eymerics
Angabe in Aragonien, Valencia und Mallorca noch andere Schriften
von Raymund verbreitet seien, die wahrscheinlich dieselben und
andere Irrthümer enthielten, so sollten die Bischöfe zux Ablieferung
1) Eym. P. 2 q. 27, p. 314 (Arg. I a 394). Pelayo, Heterodoxos
espafioles I, 496.
2) Pelayo 1, 513. A. J. P. II» 2465. Arg. I a 246. Acta äanot. Jun.
y , 633 ; p. 69 1 eiue Diss. de orthodoxia et iibris Raymundi Lulli genuinis
ac snppositis von J. B. Sollier, p. 697 Catalogus operum aus Nicolas An-
tonio mit Berichtigungen und Anmerkungen.
3) P. 2 q. 26, p. 311 (Arg. I a 256).
28 Büchervcrbotu im Mittelalter.
derselben innerhalb eines Monats auffordern und dieselben nach
Avignon schicken und bis auf weiteres die Lehre und den Gebrauch
(doctrinam seu dogmatizationem et usuni) dieser Bücher verbieten.
Ein weiteres Urtheil des Papstes ist damals nicht erfolgt, und die
Bulle vom J. 1376 ist von den Anhängern Lulls als von £ymeric
erdichtet oder als erschlichen bezeichnet oder behauptet worden,
man habe Raymund Lull mit Raymundus Neophytus verwechselt.
Benedict XIV. (De beatif. 1. 1 c. 40 n. 4) zeigt aber, dass es durchaus
unwahrscheinlich sei, dass die Bulle von Eymeric fabricirt worden
oder sich auf Raymundus Neophytus beziehe, und Bremond, der
Herausgeber des Bullarium Dominicanum, sagt, das Original der
Bulle befinde sich zu Girona, eine authentische Abschrift im Archiv
der Dominicaner in Rom ^). Dem Verdammungsurtheil von 1376
stellen die Anhänger Lulls ein anderes Decret gegenüber: 1419
beauftragte Cardinal Alamanni, Legat in Spanien, den Bischof von
Civitas Castelli, die Sache zu untersuchen, und dieser erliess eine
Sentenz, worin er auctoritate apostolica die Bulle von 1376 als er*
schlichen und der Fälschung dringend verdächtig bezeichnet ^).
Es ist eine Menge von Schriften für und gegen Lull erschie-
nen, und der Streit nahm einen eigenthümlichen Charakter an, weil
die Franciscaner für Lull, die Dominicaner gegen ihn und für Ey-
meric Partei ergrifi^en und die Spanier mit den Franciscanem sich
für die Anerkennung Lulls als eines Heiligen interessirten. Der an
charakteristischen Momenten reiche Verlauf der Verhandlungen bei
der Curie mag der Uebersichtlichkeit wegen gleich hier dargestellt
werden.
Eymeric verzeichnet (p. 255) von den (von ihm denuncirten)
Irrthümem Lulls 100 und gibt bei jedem die Schriften an, woraus
er sie entnommen; an einer andern Stelle (p. 313) verzeichnet er die
20 von ihm denuncirten Schriften (Lulls berühmtestes Werk, Ars
magna, ist nicht darunter). Dieses Verzeichniss wurde in den Med.
und Ven. aufgenommen; P. setzte in die 2. Cl. Raimundi Lulli
opera per Gregorium XI. damnata, — Raymundus Neophytus steht
bei ihm und in allen folgenden Indices in der 1. Cl. — Bei den
Verhandlungen über den Index in Trient^) machten die Spanier
Opposition gegen diesen Satz im Index Pauls IV., — Ludwig Joh.
Vileta erklärte die Bulle von 1376 für unecht*) — und am 1. Sept.
1563 beschloss die Trienter Commission, Lull im Index zu streichen^).
Er steht denn auch nicht im Tr. — Unter Gregor XIII. kam die
Sache in Rom wieder zur Verhandlung, wie es scheint, weil 1578
in Rom eine neue Ausgabe von Eymerics Directorium von Franz
1) A. J. P. 2, 2480.
2) Arg. I a 260.
3) Der unten zu erwähnende Aroe (bei Pelayo I 788) sagt: Con-
sanguinei Raimundi ex regno Cataloniac recurrerunt ad Sacrum Conoilium.
4) Arg. la 261.
5) Albit. p. 522.
Raymundus Lnllus. 29
Pefta mit Approbation des Magister Sacri Palatii und einem Privi-
leg Gregors XIII. erschien, und in Folge einer Besehwerde der
LuUisten, dass der Mag. S. Pal. die Bücher Lulls als verbotene be-
handle, — Bzovius sagt, sie seien auch zu seiner Zeit, um 1616,
in Italien supprimirt worden, während sie in Spanien als nicht ver-
boten angesehen worden seien ^). Die Index-Congregation beschloss
9. Febr. 1583, non esse permittenda Raimundi Lulli opera*), und
der Papst wollte Lull nun wieder auf den Index setzen, unterliess
es aber wegen der Opposition der Spanier.
Unter Sixtus V. beantragte nochmals der Mag. S. Pal. unter
Berufung auf die Bulle Gregors XI., Lull auf den Index zu setzen.
Der Jurist Juan Arce de Herrera überreichte aber der Index-
Congregation im Auftrage Philipps II. eine Apologie Lulls ^). Eine
andere ausführlichere Apologie sandte damals an Sixtus Y. und
Philipp II. der Canonicus Antonio Belver von Mallorca*).
Als an dem Index Clemens' VIII. gearbeitet wurde, wurde in
der Index-Congregation 3. Juni 1594 wieder die Frage aufgeworfen,
ob Lull auf den Index zu setzen sei, und namentlich mit Kücksicht
auf die Remonstration des Königs von Spanien verneint *). Am
11. Juni wurde dann auf den Antrag des von dem spanischen Ge-
sandten geschickten Procurators beschlossen, den Papst zu bitten,
er möge die Bischöfe von Barcelona und Mallorca auffordern, alle
Schriften Lulls und die ihn betreffenden Acten zu sammeln und
nach Rom zu schicken, „damit endlich die Sache juridisch zu Ende
geführt werden könne"*. Es geschah aber vorläufig nichts. Unter
dem 4. März 1 595 wird gemeldet, die Index-Congregation habe noch-
mals beschlossen. Lull solle „aus dem Index gestrichen werden*^ und
1) Bei Bzovius ad a. 1372 n. 16 ff. ist eine 1583 der Inquisition über-
reichte Informatio abgedruckt, worin die für und gegen Lull vorgebrach-
ten Argumente erörtert, die ersteren widerlegt werden. In dieser heisst
es (p. 140S), als Cardinal Sirlet Präfcct der Index -(Kongregation ge-
worden, hätten die Lullisten eine Petition eingereicht, ne M. S. P. libros
Raimundi sibi oblatos interdiceret.
2) Albit. p. 525 (A. J. P. 2 2469).
8) abgedruckt bei Pelayo I, 785.
4) Apologia Lullianae dootrinae adv. Nie. Eymerici calumnias ad S.
D. N. Sixtum V. et Philippum II. Hispaniarum ac novi orbis monarcham,
nach Pelayo I, 588 ein Manuscript von zwei Quartbänden.
5) Albit. p. 526 (A. J. P. 2, 2470): In Congr. Ind. praesentibus Card.
Maroo Ant. Columna, Fr. Toleto et aliis, leoto memoriali pro Raimundo
Lnllo et Omnibus consideratis, quae proponebantur, praesertim quoniam
super hoc Catholici Regis literae ad suum oratorem in Urbe habebantur,
decretum fuit, ut in novo Indioe Lullus non reponatur; oisdem de causis,
quibus deputati in S. Conc. Trid. eundem Raimundum ex Indice sus-
tulerunt.
30 Bücherverbote im Mittelalter.
die fraglichen Schreiben sollten baldigst abgehen, und unter dem
11. März, dieselben seien expedirt worden. Heber den Erfolg der-
selben wird nichts gemeldet *).
Unter Paul V. wurde aus Sardinien eine Denkschrift einge-
sandt, worin von den 100 nach Eymeric durch Gregor XI. ver-
dammten Sätzen nachgewiesen werden sollte, dass sie zum Theil in
Lulls Schriften nicht enthalten seien*). Es wurden — allem An-
scheine nach von der Inquisition, die jetzt die Sache in die Hand
nahm, — mit der Prüfung beauftragt der Benedictiner Michael von
Neapel, der Dominicaner Lemos, der Augustiner Gregor Nuftez und
der Jesuit Bened. Giustiniani ; diese Hessen die Sätze, von denen
behauptet wurde, sie seien nicht von Lull, bei Seite; die übrigen
erklärten sie für novae, impropriae, periculosae, temerariae, sapien-
tes haeresim, einige für aperte erroneae in fide vel etiam proprio
haereticae. Der Defensor Majorchinus, der für Lull bestellte Ver-
theidiger, — der Franciscaner Juan de Riera, — suchte diese Sätze
orthodox zu deuten und beantragte eine Prüfung der angefochtenen
20 Schriften von Lull. Man Hess diese aus Spanien kommen, und
sie wurden zur Prüfung unter die vier erwähnten und die neu er-
nannten Censoren, den Generalvicar der Dominicaner, den Conven-
tualen Magister Bonaventura von Nola und Johannes Camerotta, ver-
theilt '). Die Censuren, welche alle nicht günstig für Lull aus-
fielen, wurden ohne Nennung der Verfasser dem Vertheidiger vor-
gelegt, und dieser schrieb eine ausführliche Entgegnung.
Cardinal Bellarmin verfasste nun ein Referat für die Inquisi-
tion, welches mit dem Votum schliesst: Lulls Lehre sei mindestens
unnütz und geföhrlich und müsse darum verboten werden, bis sie
corrigirt und die Correctur von der Inquisition approbirt werde.
Er fügt die charakteristische Bemerkung bei : Haue conditionem
addo, ut minus displiceat sententia damnationis, sed credo nunquam
corrigendam hanc doctrinam. Bellarmin referirte auch über die
Gutachten der Censoren .in der unter dem Vorsitze des Papstes
29. Aug. 1619 gehaltenen Sitzung. In dieser wurde beschlossen,
1) Albit. p. 625.
2) Bzovius a. 1892 p. 1411 : Memoriale collationis 100 articulorum
ab Eymerico compilatorum cum libis R. LuUi factae.
3) Albit. p. 523 ff. Es werden zwölf Bände ca talonische und fünf
kleinere Bände lateinische Schriften erwähnt. Die Prüfung der catalo-
nischen Schriften wurde dem Generalvicar der Dominicaner und dem P.
Lemos übertragen. Ersterer erklärte, er habe nicht alles darin verstanden
und nichts Irriges darin gefunden, aber multa levia et ridicula et parum
digna gravitate theologica. — Auch aus der Ars brevis und der Probatio
articulorum fidei per necessarias rationes wurden um diese Zeit Sätze ex-
cerpirt und zwölf ^Jualificatoren vorgelegt, welche dieselben für impro-
priae, temerariae, erroneae in fide . . . haereticales erklärten. Albit.
p. 526.
Raymundus Lullus. 31
zunächst zu warten, bis nochmals eine Entscheidung gefordert werde,
dann aber dem Nuncius in Spanien die Censur zu schicken und ihn
zu beauftragen, mit dem Könige und dem spanischen Grossinquisi-
tor darüber zu sprechen und ihnen begreiflich zu machen, dass nach
dieser Censur die Bücher Lulls verboten werden müssten; er solle
beifügen, diejenigen, welche die Bücher früher geprüft (und unver-
fänglich gefunden), möchten nicht alles gelesen haben. — Es wird
dann weiter noch berichtet: „im Namen des Königreichs Mallorca",
also von dem oben erwähnten Defensor Majorchinus sei der Antrag
auf correctio librorum Eaimundi wiederholt worden; der Papst habe
aber 6. Aug. 1620 befohlen, ihm zu antworten, ut tandem requies-
cat. Am 30. Aug. 1620 schrieb dann Bellarmin an den Commissar
der Inquisition : er schicke ihm im Auftrage des Papstes die 20 im
J. 1619 von den Censoren verworfenen (riprovati) Bücher Lulls und
eine früher censurirte Denkschrift ; die Papiere, die er seit dem An-
fange der Controverse von der Inquisition, von dem Sekretär der
Index-Congregation und von den Censoren erhalten, habe er ihm
schon in der letzten Sitzung gegeben; er solle alles zusammen in
eine Kiste legen, damit man es vorkommenden Falls leicht finden
könne.
Also: unter Paul V. ist eine neue Untersuchung angestellt
worden, die zu dem Ergebniss geführt hat, dass wenigstens ein
grosser Theil von Lulls Büchern grobe Irrthümer enthalte; aber es
ist aus Rücksicht gegen den spanischen Hof kein Urtheil publicirt
worden. Bellarmin, der bei dieser Untersuchung die Hauptrolle ge-
spielt, sagt in seinem Buche de scriptoribus eccl.: die Controverse
scheine von dem apostolischen Stuhle noch nicht entschieden zu
sein, da einerseits Eymerics Directorium, anderseits ein gegen das-,
selbe 'gerichtetes Buch*) nicht verboten seien. — Auch die Ver-
theidigungsschrift des Franciscaners Kiera wurde 1627 gedruckt und
nicht verboten^).
1) Sententia definitiva in favorem Lullianae doctrinae juris ordine
et apostolica auctoritate lata (die oben erwähnte Sentenz von 1419) et in
veritatis triumphum inque gloriosae vindicationis memoriam denuo im-
pressa et principalibus resoriptis munita, Palma 1604 (vermehrte Ausgabe
Paris 1676).
2) Transumptum memorialis in causa pii eremitae et martyris Rai-
mundi Lulli, quae nunc Romae vertitur coram Sanctissimo, per P. lo.
Rieram, 0. Franc. Theologum et Reg^i Balearum Syndicum in Rom. Curia
hanc causam agente. Palma 1627. So Arg. I a 262. Tractatus in quo
respondetur omnibus quae hucusque objecta sunt Raimundo, Palma 1627,
fol., bei Pelayo I, 688 wird wohl nur ein anderer Titel desselben Buches
sein. — Im Gegensatze zu Bellarroin haben mehrere spätere Jesuiten ent-
schieden für Lull (gegen die Dominicaner) Partei ergriffen, so Sollier (s. o.
S. 27), Salelles, Custurerius (Arg. I a 262), Th. Raynaud.
82 Biicherverbote im Mittelalter.
Im J. 1662 erschien zu Paris eine französische üebersetznng
einer Schrift von Lull; auf dem Titelblatt war er als Heiliger und
Märtyrer bezeichnet'). Das veranlasste den Provincial der Domini-
caner in Belgien, bei der Congregation der Riten anzufragen, ob
diese Bezeichnung zulässig sei. Franz de ßubeis gab für die Con-
gregation ein Gutachten ab, worin es heisst: Raymundus Lullus
stehe zwar unter dem 26. März im Martyrologiura der Franciscaner;
gleichwohl glaube er, dass man nicht nur die fragliche Bezeich-
nung vermeiden, sondern auch auf eine sorgfältige Revision von
Lulls Schriften dringen müsse, damit nicht, wenn dieselben Irrthü-
mer enthalten sollten, diese durch üebersetznng der Schriften weiter
verbreitet würden. — Es scheint aber damals weder von der Riten-
Congregation noch sonst etwas geschehen zu sein. Aber am 20. Juni
1690 verbot die Inquisition ein Buch des Domherrn Bennazar von
Mallorca, welches nach dem Titel zu urtheilen*) die Anschauung
der LuUisten sehr kräftig zum Ausdruck gebracht haben muss.
Ausser diesem Buche ist nur noch im Jahr 1755 eine Schrift von
Sebastian Kreuzer, Cursus theologiae scholasticac per principia Lul-
liana cum principiis aliarum scholarum comparata, auf den Index
gekommen, sonst keine der zahlreichen Streitschriften, auch nicht die
von Ivo Salzinger veranstaltete grosse Gesammtausgabe : B. Ray-
mundi LuUi Doctoris illuminati et Martyris opera, Mainz 1721 — 42,
10 Folio-Bände 3).
Benedict XIV. (De beatif. 1. 1, c. 40, 4) sagt, nachdem er Schrif-
ten pro et contra verzeichnet, das ürtheil über die Frage, ob Ray-
mund ein Heiliger sei, sei zu suspendiren, bis der h. Stuhl ent-
scheide. Pius IX. approbirte 1847 ein Officium des ,^seligen Ray-
Qiundus Lullus" für das Königreich Mallorca, wo er, wie es darin
heisst, seit unvordenklichen Zeiten und mit Gutheissung Leo's X. als
Seliger verehrt werde, und erlaubte 1858 dem Minoritenorden, all-
jährlich am 27. Nov. das Fest des sei. Raymundus zu feiern*).
1) Le triomphe de l'amour et Pcchelle de la gloire ou la medecine
universelle des ames faite par Saint Raymond Lulle, Martyr et Hermit«
du Tiers Ordre de S. FranQois. Vgl. Albit. p. 521.
2) Der Titel wird in den älteren Index- Ausgaben so angegeben (seit
Ben. ist er stark abgekürzt): Doctoris Petri Bennazar, almae sedisMajori-
carum canonici, breve et compendiosum rescriptum nativitatem, vitam,
martyrium, cultum immemorabilcm pii Eremitae ac venerabis Martyris Ray-
mundi Lulli Baleatis Tertii Ord. S. Franc, Doctoris coelitus illustrati,
approbationes, commendationes Lullianae doctrinae et juridicas vindica-
tiones a calumniis quibuslibet praefatae doctrinae dolose impositis ingenti
brevitate complectens. Majoricis 1688.
3) In den spanischen Indices wird Lull nur erwähnt unter Henricns
Cornelius Agrippa, dessen Common tar zu Lulls Ars brevis verboten wird.
4) A. J. P. 8, 812. In der Petition des Minoriten-Generals wird u.a.
von Raymnnd gesagt: immaculatum Deiparae conceptum operibus caelesti
Arnold von Villanova. 33
Gleichwohl wurde noch 1857 in einer in Rom mit Approbation des
Magister S. Palatii erscheinenden Zeitschrift am Schlüsse einer
langen Abhandlung über Lull behauptet: wenn sein Name auch nicht
im ßömischen und trotz der Ermahnungen Pauls V. auch nicht im
spanischen Iudex stehe, so sei doch das Verbot Gregors XI. noch
in Kraft und auf Grund der 1. Regel des Index das Lesen und
Behalten der Bücher Lulls als verboten anzusehen^).
12. Eymeric berichtet ausführlich über die Häretiker,
welche im 14. Jahrhundert von den Inquisitoren in Aragonien
und Gatalonien, einige von ihm selbst, verurtheilt wurden ^). Von
mehreren derselben erwähnt er gar keine Schriften, von anderen
sind die Schriften nicht erhalten oder doch nicht gedruckt. Sie
stehen gleichwohl fast alle im Römischen Index. — Von dem
Arzt Arnold von Villanova (in Gatalonien), einem eifrigen
Joachimiten und Spiritualen (f um 1310), wurden 1316 durch
die Inquisition in Tarragona 14 theils lateinische, theils cata-
lonische Schriften verurtheilt und unter Androhung der Excom-
munication verordnet, sie binnen zehn Tagen abzuliefern ^).
Die Titel der 1316 verbotenen Schriften, die nicht gedruckt
sind, stehen, aus Eymeric abgeschrieben, im Med. und Ven. P. setzte
darauf Arnold in die 1. Cl. ; hier wurde er von Tr. gestrichen.
S. setzte nach dem Vorgange von Liss. 81 und Q. in die 2. Cl.
Arnoldi de V. opera, und Cl. fügte ein d. c. bei. Dieses Verbot
bezieht sich nicht auf die 1316 verbotenen, sondern auf die zu Lyon
1504 und sonst wiederholt gednickten medicinischen Schriften Ar-
nolds. Q. und die anderen span. Indices und Bras. verordnen,
in der Sammlung 7 Tractate zu streichen, die von Behexung, Traum-
deutung u. dgl. handeln. — Mit Opusculi scholae Salemitanae de
conservanda bona valetudine scholia et annotationes, die S. mit d. c.
sapicntia refertis asseruit. In der Lection des von Pius IX. approbirten
Officiums heisst es: Adco coelesti sapicntia est imbutus, ut. qui rudis
antea fuerat, optime de rebus divinis loqueretur.
1) A. J. P. 2, 2480.
2) P. 2 c. 11, p. 265. Vgl. Pelayo, Heterodoxos espafioles, I, 449.
8) P. 2 c. 28, p. 316 (Arg. la 268). Das ürtheil mit ausführlicher
Kritik der Schriften bei Villanueva, Viaje leterario 19, 321 und bei Pelayo
I, 777. — Eine Auslegung von Träumen der Könige Jakob II. von Ara-
gonien und Friedrich III. von Sicilien ist unter dem Titel: Collocutio
Friderici regis Siciliae et nostra Amoldi de V. lecta et communicata Sedi
apostolicae bei Flacius, Catal. testium veritatis, 1562, App. p. 1 — 14 und
mit mehreren anderen uncdirtcn Schriften von Arnold und Documenten,
die ihn betreffen, bei Pelayo I, 720—781.
Bcnsch, Index. 3
34 Bücherverbote im Mittelalter.
verbot, die aber von Gl. gestrichen wurden, ist wahrscheinlich ge-
meint: Scholae Sal. Über de con«. . . . valetudine, cum Arnoldi
Villanovani in singula capita exegesi, Lyon 1577. 16. — Die spani-
schen Häretiker, von denen Eymeric*) gar keine Schriften erwähnt,
die aber gleichwohl im Med. und Yen., meist auch in den Römi-
schen Indices stehen, sind: Petrus Olerii aus Mallorca (in allen
Indices) und ein Priester Frater Bouonatus (nur Med. Ven.), Duran-
dus de Baldach aus Gerunde und Jacobus Justi (beide bei P.,
von Tr. gestrichen, von S. Gl. wieder eingesetzt), der Cistercienser
Berengarius de Montefalcone (nur Med. Yen.), der Minorit Arnol-
dus Montaner! (Med. Yen. de Monte Averni, seit P. Montanii,
erst seit Ben. Montanerii). — Yon einem Gondisalvus aus der Diö-
cese Guenca berichtet Eymeric^), er habe, daeraone ei visibiliter
apparente et docentc, seinem Anhänger Xicolaus de Galabria 1357
ein Buch dictirt, welches sie Yirginale nannten und welches Eymeric
verbrennen Hess. Um dieselbe Zeit Hess Eymeric ein dickes Buch
voll Teufelsbeschwörungen u. dgl. in sieben Theilen verbrennen,
welches Liber Salomonis hiess, in quo erant scripta sacrificia, orationes,
oblationes et nefaria quamplurima fieri daemonibus consultAta. — In
allen Eömischen Indices stehtNicolaus de Galabria in der 1., Liber
virginali 8 in der 3. GL, bei P. auch Gondisalvus in der 1., Liber Salo-
monis magicis superstitionibus refertus in der 3. Gl. — 1363 wurden
zwei libelli de ad ventu Antichrist! von Bart hole maeusJanovesius
aus Mallorca verbrannt (die Ankunft des Antichrists war darin für 1360
angekündigt). Bartholomaeus steht in allen Indices, aber, wohl weil
er abgeschworen^), in der 2. Gl.
13. In Italien wurden 1310 Petrus de Abano (Apone)
und 1328 Cecco d'Ascoli wegen Magie von der Inquisition zum
Tode verartheilt; letzterer wurde mit seinem Buche de spbaera
und anderen Bttchern verbrannt.
Nur Schriften des Petrus de Abano stehen seit Paul lY. im
Index. Er ist der Stifter der Averroisten-Schule in Padua *), Ein
anderer Arzt soll ihn aus Neid bei der Inquisition wegen Irrglau-
bens und Zauberei verklagt haben •''). Er starb während des Pro-
cesses; die Leiche sollte verbrannt werden, wurde aber von Freun-
den bei Seite geschafft; er wurde darauf in effigie verbrannt. Seit
P. stehen von ihm in der 2. Gl. Geomantia (Yenedig 1541 u. s.),
Heptameron seu Elementa magica (in Henr. Gorn. Agrippae Opera
1) F. 2 c. 11, p. 265. Pelayo I. 492.
2) P. 2 q. 28 p. 816 (Arg. I a 376). Pelayo I, 494.
8) Lutz.: Libellus fuit igni traditus, Bartholomaeo pocnitcnte et er-
rores publice abjurante. Vgl. Eym. P. 2 q. 11 n. 10, p. 266 (Arg. I a 380).
4) Werner, Thomas von Aquin 8, 127.
5) Burckhardt, Cultur der Renaiss. II, 9. Ausführlich handelt Bayle
über ihn. •
Petrus de Abano. Wycleff. Hus. 36
I, 455) et de omni genere divinationis opera. Das Heptameron ent-
hält eine Anweisung zur Teufelsbeschwöning für jeden Tag der
Woche'). — Sein Conciliator difFerentiarum philosophorum et me-
dicorum (Yen. 1548. 1596) steht nicht im Rom. und span. Index,
wird aber im Liss. 1624 expurgirt.
In dem Urtheil der Inquisition von Florenz, wodurch Cecco
d'Ascoli als relapsus zum Tode verurtheilt wurde ^), wurde auch
angeordnet^ „das abergläubische, thörichte und nigromantische (sie)
Buch de sphaera und ein anderes italienisches Buch voll Bitterkeiten
und ketzerischer G-rundsätze mit all seihen Werken, Schriften und
Lehren zu verbrennen." — Cecco's Commentar zu der Sphaera des
Jo. de Sacrobosco ist Ven. 1499 u. s., sein Gedicht L'acerba sehr
oft im 16. Jahrh. gedruckt worden. Albizzi nennt (1683) die Werke
des Petrus de Abano und des Cecco d'Ascoli neben denen Agrippa's
als die besonders oft in den Inquisitionsprocessen wegen Magie
u. dgl. vorkommenden^).
14. Bezüglich der Bücher Johann Wycleffs bestimmte
das Concil von Constanz im J. 1415: es dürfe sie niemand lesen,
lehren, erklären oder citiren, ausser nm sie zu widerlegen, bei
Strafe . der Excommunication, und die Bischöfe sollten sie unter
Androhung von Censuren und Strafen einsammeln und verbren-
nen lassen. Dasselbe Concil verdammte alle Schriften von Job.
Hus, „seien sie lateinisch oder böhmisch von ihm herausgegeben
oder in irgend eine andere Sprache von irgend jemand über-
setzt^. Es verordnete ferner, sie sollten in Gonstanz und ander-
wärts (öffentlich verbrannt werden und die Bischöfe sollten sie
aufsuchen und verbrennen *). — In England hatte schon 1387
Richard II. unter Androhung von Gefängnissstrafe und Vermc)-
gensconfiscation verboten, die häretischen Schriften von Wycleff
und Nicolaus Hereford zu kaufen oder zu verkaufen, und be-
fohlen, sie zu confisciren *), und 1408 die Convocation unter
1) Thiers, Traite des superstitions II, 323, nennt es ein abominable
livre. Baumg. II, 323 führt daraus folgende Formel an: Venite ergo in
nomine Adonay Zebaoth, Adonay Amioram, venite, venite, quid tardatis?
Festinate. imperat vobis Adonay. Rex regum, El, Aty, Titeip, Azia, Hyn,
Jen, . . . Hy, Hau, Va etc. Aohnliche Dinge werden uns freilich spater
in approbirten Exorcismenbüchem begegrnen.
2) Le Bret, Magazin 8, 542. Riv. Eur. 1879, vol. 15, C06; 16, 11.
8) De inconst. p. 813.
4) Hefele, Conc-Gesch. 7, 118. 207.
5) Wö^kins Conc. M. Brit. III, 204.
36 ßncherverbote im Mittelalter.
dem Vorsitze des Erzbisehofs Thomas Arundel verordnet: es
solle keine von Wycleff oder einem andern zu seiner Zeit oder
seitdem verfasste Schrift gelesen oder danach gelehrt werden,
wenn sie nicht zuvor von den Universitäten Oxford oder Cam-
bridge oder von wenigstens zwölf von einer dieser Universitäten
im Einvernehmen mit dem Erzbischof bestellten Censoren ge-
prüft und einstimmig gut geheissen und von dem Erzbischof
approbirt worden sei ')• Seit dem J. 1400 wurde einer grossen
Zahl von Wycleffiten und Lollarden der Process gemacht und
manche hingerichtet. — Im J. 1459 befahl Pius II. unter An-
drohung der Inquisition die im Sinne Wycleffs gehaltenen
Schriften des Bischofs Reginald Pecock von Chichester abzu-
liefern und zu verbrennen.
Pecock widerrief 1457 die ketzeriflchen Ansichten, die er in
verschiedenen (lateinißchen und englischen) Schriften vorgetragen,
forderte die Besitzer derselben auf, sie nicht mehr zu lesen, son-
dern an den Erzbischof von Canterhiiry abzuliefern, und erklärte
sich damit einverstanden, dass sie öffentlich verbrannt würden^).
Er wurde abgesetzt und in ein Kloster geschickt. Im J. 1459
schrieb dann Pius IT. an den Erzbischof und zwei andere englische
Bischöfe: es habe sich herausgestellt, dasa Pecock nicht, wie er an-
gegeben, seine ketzerischen Schriften sämmtlich abgeliefert (er
scheint sie weiter verbreitet zu haben) ; es solle also eine Unter-
suchung eingeleitet und Reginald, wenn schuldig befunden, nach
Rom gesandt werden ; alle, welche Abschriften von seinen Büchern
hätten, seien unter Androhung der Excommunication aufzufordern,
sie abzuliefern, damit sie öffentlich verbrannt würden "*).
Reginald steht nicht im Index, wohl aber ausser Wycleff
selbst seit P. in der 1. Cl. eine Reihe von Wycleffiten*): aus
Lutz, abgeschrieben, Guilelmus Sartoris (Sawtre oder Sautry, der
erste, der in England wegen Ketzerei verbrannt wurde, 1400),
1) Wilkins m, 314. 2) Wilkins, DI, 576.
3) Raynaldus 1459, 29. Reginald heisBt hier (und bei Zacc. p. 131)
Reginaldus Pecoli. Ueber seine Schriften s. Oudin III, 2692. Sein Haupt-
werk, The RepresBor of over mach blamig the clergy, ist von Babington,
Lond. 1859, 2 vol. herausgegeben, A Treatise proving Scripture to bc the
rule of faith von H. Wharton, Lond. 1688.
4) Die Namen die in den älteren Indice« vielfach stark corrumpirt
sind, gebe ich, wie sie Ben. berichtigt hat. Ueber die Persönlichkeiten vgl.
Lechler, Joh. von Wiclif, 1873, 2. Band, an den im Register angegebenen
Stellen und R.-E. 8, 739.
Wycleffiteu, Uusiten. 37
femer aus Gesner: Jo. Ashwarby, Jo. Astone (Ashton), Ni-
colaus Herforde s. Herefordius, Jo. Oldencastel s. Oldcastel (Sir
John Oldcastle , Lord Cobham), Jo. Purvey, Gull. Taylour und
Kicli. Wick 8. Wichius (Wyche; er wird auch mit Eichardus An-
glicus gemeint sein, der — aus Lutz. — im Ven. steht). Dazu
kamen noch (aus Gesner resp. Frisius) durch S. Cl. Petrus Clarke,
Petrus Pateshull, Nie. Upton (in den älteren Indices Opton) und
Guil. White (in älteren Indices Witte). Auch der angebliche Stifter
der LoUarden steht seit P. als Lollardus (seit Ben. als Waltherus
Lollardus) ebenso wohl in der 1. Cl. wie Petrus Waldus. — Die
neben Hus und Hieronymus von Prag in der 1. Cl. stehenden
Husiten sind fast alle von P. aus Med. Yen., von diesen aus Lutz,
abgeschrieben. Es sind folgende: drei der Vertreter der Böhmen
auf dem Baseler Concil, Jo. de Rochezana s. Rockyzana, Petrus
Payne Anglus (Ven. wie Lutz. Petrus de Anglia) und Nie. de
Pelhrzimow s. Pelhizimow, Thaborensium pseudo-episcopus *), femer
Jac. Misnensis s. de Misa, alias Jacobellus, Jo. de Lukawetz, Petrus
Dresdensis ^), endlich Job. Przibram, obschon dieser nie mit Rom
brechen wollte, gegen die Taboriten schrieb — ein Tractat von
ihm und Rokyzana ist in der Historia Hussitica von Cochlaeus ab-
gedruckt — und von Possevin zu den katholischen Schriftstellern
gezählt wird.
In der 3. Cl. stehen seit P. (aus dem Ven.) Processus con-
sistorialis nmrtyrii Jo. Huss (cum correspondentia legis gratiae ad
jus papisticum) etc. ^) und eine Historia de iis quae loanni Huss
in Constantiensi Concilio evenerunt, seit S. Cl. Liber egregius de
unitate Ecclesiae, cujus auctor periit in Concilio Constantiensi^), seit
1) Gewöhnlich Nie. Pilgram Biskupec genannt. Bei Lutz, (und
Aencas Sylvius, Hist. Bob. c. 49) und danach im Ven. heisst er Nie.
Galücus. P. behielt diesen Namen bei, nahm aber aus der sog. Chronica
Abbatis Urspergensis auch Nie. Pelhrzimow auf, so dass er unter zwei
Namen in der 1. Cl. steht. Im Ven. stehen noch (aus Lutz.) Jo. de Praga,
wohl der frühere Prämonstratenser Johannes, der 1422 in Prag hinge-
richtet wurde (Palacky lU, 2, 183. 279), Mathias Bohemus und Ulricus
de Moravia piatthias Lauda, Hauptmann von Pisek, und Ulrich von Znaim,
Pfarrer zu Kaslau, die beide in Basel waren).
2) Bei den böhmischen Chronisten Petrus de Drasdian, Drasdausky;
8. Rauke, D. Gesch. im Zeitalter der Ref. (WW. 11), 16. Von ihm ist
vielleicht Planctus ruinae £cclesiae, Memmingen c. 1482 (Ros. 84, 2104).
3) S. l. et a., von Otto Brunfels, herausgegeben (mit Holzschnitten).
Brunfels besorgte auch die erste Ausgabe der Werke von Hus, s. 1. et a.,
3 vol. 4; 8. Literar. Wochenbl., Nürnb. 1770, I, 105. 111. Ueber andere
alte Ausgaben derselben s. Baumgarten I, 438.
4) S. 1. 1520; vielleicht von Hütten bei Schöffer in Mainz edirt;
Baumgarten I, 409. Am Schlüsse steht: Explicit tractatus Mag. lo. Huss.
38 Büüberverbote im Mittelalt43r.
Ben. mit dem Zusätze Opus Jo. Huss, ferner Confessio Walden-
siuni, ohne Zweifel die von Flacius Basel 1568 edirte, wahrschein-
lich von Johann von Lukawetz verfasste Confession der Taboriten'),
und eine Historia Hussitarum (diese aus Liss. Sl).
15. Von dem Baseler Concil warde in der 22. Sitzung,
15. Oct. 1435 ein Buch des Augustinus Favorini, gewöhnlich
Augustinus de Roma genannt, — er war seit 1411) Gcneral-
prior der- Augustiner -Eremiten, seit 1431 Erzbischof von Naza-
reth bei Barletta, t 1443, — worllber der Cardinal Torquemada
referirte, als „eine nicht gesunde und im Glauben irrige Lehre
enthaltend" sammt seinen Vertheidigungsschriften verdammt und
verboten, die darin enthaltene Lehre vorzutragen und zu ver-
theidigen. Augustinus appellirte an den Papst Eugen IV., und
dieser ernannte eine Untersuchungscommission, — worUber das
Concil sich beschwerte und was Veranlassung zu dem Verbote
der Appellation von dem Concil an den Papst wurde-)« Ueber
das Ergebniss der Untersuchung wird nichts berichtet; sie ist
aber wohl nicht günstig für Augustinus ausgefallen, da sein
Buch — es ist nicht gedruckt, — seit P. auf dem Index steht.
Im Ven. steht einfach Aug. de Roma Archiep. Nazarenus.
P. setzte ihn aber nicht in die 1. Ol, sondern in die 2. mit An-
gabe der drei Tractate, die das Buch enthielt : Tractatus de sacra-
mento divinitatis [vielmehr unitatis] Jesu Chr. et Ecclcsiae [s. de
Christo integroj, — de Christo capite et ejus inclyto principatu, —
de charitate Christi erga electos et de ejus infinito amore.
Die Angabe, Eugen IV. habe den unfläthigen Herniaphroditus
des Antonio Beccadelli (Panormita) verboten ^), scheint unrichtig zu
sein. Richtig ist, dass der h. Bernardinus von Siena und Roberto
da Lecoe gegen das Buch predigten und es zu Bologna, Ferrara und
quem collegit a. 1413 et est prouunciatus publice in civitate Prag. — Hus'
Schrift De ccclesia erschien auch unter dem Titel De causa Boemica.
Paulus Constantius ... S. 1. et a. 97 Bl. Baumg I. 426.
1) Clement IV, 457. Sie steht auch in den Waldeusia ed. Balth.
Eydius, Roterdam 1616, 2 vol. 8. als lo. Lukawitz Waldensis Confessio
Taboritarum contra Rokenzauam (gegen den bei Cochlacus abgedruckten
Tractat) et Papistas Prageuses. Baumg. I, 544. Die Sammlung von
Lydius steht nicht im Index.
2) Lederer, Joh. von Torquemada S. 90. 108. Mansi 30, 1068. Das
Urtheil bei Arg. I b 371, Sätze aus dem Buche bei Nat. Alex. 17, 191.
3) Zacc. p. 130. Gregorovius, Gesch. der St. Rom 7, 544.
AugustiuuB de Roma. Alphonsus Tostatus. 39
Mailand öffentlich verbrannten ^). Es steht nicht im Index ( es
wurde erst 1791 und 1824 gedruckt).
16. Als Eugeu IV. auf der Rückkehr von Florenz nach
Rom zu Siena verweilte, fand dort 21. Juni 1443 eine öffent-
liche Disputation statt zwischen dem gelehrten spanischen Theo-
logen Alphonsus Tostatus (Abulensis), der wahrscheinlich zu
diesem Zwecke vorgeladen war> und dem Cardinal Torquemada.
Es handelte sich dabei um einige Sätze von Tostatus, die Tor-
quemada in einer Schrift angegriffen hatte und die von einer
Commission von drei Cardinälen und mehreren Theologen und
Juristen als temerariae, scandalosae, falsae, erroneae et haere-
ticae qualificirt worden waren"). Eugen scheint durch Tosta-
tus' Erklärung zufrieden gestellt worden zu sein.
In den Römischen Indices kommt sein Name nicht vor; aber
in Spanien und Portugal sind die Werke des Tostatus, eines der
gelehrtesten Theologen der Halbinsel, von Expurgationen nicht ver-
schont geblieben.
Bei Sand. (1612) werden nur drei Stellen in den Randnoten
der Ausgabe Venedig 1530 gestrichen, mit dem Bemerken, diese
Randnoten seien nicht von Tostatus. Im Liss. 1624 steht eine
5 Folioseiten lange Expurgation der Ausgabe Venedig 1530 und
der als „correcter^ bezeichneten Köln 1613, und hier werden nicht
nur Randnoten gestrichen, sondern auch einige Sätze im Texte mit
einem „Caute lege* versehen, andere gestrichen oder geändert, z. B.
gestrichen : Deus non colitur auro etc., Papa non potest dispensare
cum monacho, ut proprium habeat, Non cuilibet regi obediendum;
zu dem Satze: Homo per fidem efficitur filius dei wird inchoate
beigefügt; hinter den Worten: Papa non potest mutare wird ge-
strichen neque dispensare circa eam (legem), und hinter Papa potest
concedere wird gestrichen sed male facit. — Der Index von Zapata
von 1632 scheint diese Expurgation abgedruckt zu haben, bei Sot.
(1667) aber wird mitgetheilt : der Inquisitions-Rath habe nach noch-
maliger Anhörung von Censoren und nach Einsicht einer von dem
Bartholomaeus-Colleg zu Salamanca eingesandten Vertheidigungs-
schrift für Tostatus beschlossen, die in dem Index von 1 632 stehende
Expurgation zu beseitigen. Zur Motivirung dieses Beschlusses wird
zunächst Tostatus sehr gerühmt — er könne den Kirchenvätern an
1) Nie- 9, 56.
2) Lederer, S. 170. Es handelt sich boi den Sätzen um die abso-
lutio a culpa et a poena, um den Tag der Einsetzung des Abendmahls,
und um die Ansicht. Christus sei nicht am 25. März, sondern am 8. April
gestorben. S. Defensoriura triam conciusionum in Tostati Opuscula, Yen.
1615. Arg. 1 b 240. Pelayo I, 545.
40 Bücherverbote im Mittelalter.
die Seite gestellt werden u. s. w., — und bemerkt, e« dürfe auf ihn
die 1. Regel des Kömischen Index angewendet werden, wonach in
den Büchern alter katholischer Schriftsteller nur die durch die
Schuld der Ketzer oder der Buchdrucker eingedrungenen Fehler zu
corrigiren seien ; dann wird beispielsweise von einigen Stellen nach-
gewiesen, dass sie einer orthodoxen Deutung fähig seien. Wenn
Tostatufl z. B. (zu Matth. 17) sage: lacobum fuisse Petro maiorem
in concilio illo lerosolymitano, et solum lacobum locutum definitive
velut totius Ecclesiae Organum et quolibet de assistentibus maiorem,
so habe er doch sicher die orthodoxe Ansicht gehabt, dass Petrus,
der Statthalter Christi, der dem allgemeinen Concil zu Jerusalem
präsidirt habe, dem Jakobus als dem Ortsbischof von Jerusalem die
Verkündigung des von dem Concil gefassten Beschlusses aufge-
tragen. Tostatus, wird beigefügt, habe lauge vor Luther und Cal-
vin gelebt, sonst würde er sich vorsichtiger ausgedrückt haben.
17. Unter dem 26. April 1463 erliess Pius IL (Aencas
Sylvias) seine an die Universität Köln gerichtete Bulle In
minoribus agentes*): er nimmt darin den um 1440 der Univer-
sität übersandten Liber dialogorum de auctoritate concilii ge-
neralis ac de gestis Basilensium et Eugenii Papae contradi-
ctione*), den er schon in einem Schreiben an den Rector d. d.
Köln 13. Aug. 1447 retractirt hatte*), nochmals zurück, entwickelt
seine jetzige Anschauung vom Primate und fordert die Kölner
auf: „Wenn ihr etwas diesem Widersprechendes in unseren
Dialogen oder in unseren Briefen, deren wir mehrere veröfifent-
licht haben, oder in anderen Schriften von uns, — denn in un-
seren jungen Jahren haben wir vieles geschrieben, — findet, so
weiset es zurück und verdammt es."
In den Rom. Ind. kam durch Paul IV. statt des in der Bulle
genannten, damals noch nicht gedruckten Liber dialogorum ein
anderes 1522 gedrucktes Werk von Aeneas Sylvius, Commenta-
riorum de concilio Basileensi 11. duo. Im Med. Ven. und danach
bei P. in der 2. Cl. steht nämlich Aeneae Sylvii de actis et gestis
concilii Basileensis, was auf die erste Ausgabe jenes Werkes passt*).
1) Harduin IX, 1449.
2) Gedruckt in KoUarii AnalectaMon. Vindob. II, 685-790. G.Voigt,
Enea Silvio de' Piccolomini I, 238.
3) Epistola rctractationis ad Mag. Jordanum, Rectorem Uuiv. scholae
Colon, bei C. Fea, Pius II. P. M. a calumuiis vindicatus, Rom 1823, p. 1 ;
8. Voigt I, 415.
4) Commentariorum Aeneae Sylvii Piccolomini Senensis de Concilio
Aeneas Sylvius. Gregor von Heimburg. 41
Tr. änderte dieses in: In Actis Aeneae Sylvii prohibentur ea
[S. errata ea] quae ipse in Bulla retractationis daninavit, Ben. in:
riccolomineus, Aeneas Sylvius, Commentariorum de concilio Basil.
11. 2. Corrigantur ea quae ipse in B. r. d. So steht noch jetzt im
Index, denn eine corrigirte Ausgabe ist nie erschienen. — Die
Briefe und andere Schriften Piccolomini's, welche manche wenig er-
bauliche Dinge enthalten, sind von den Indices verschont geblieben,
obschon er als Papst wenigstens seine erotischen Schriften auch
desavouirt hatte ^).
Sand, hat hinter der Notiz des Römischen Index noch die
Vorschrift: an die Spitze der Werke des Aeneas Sylvius solle die
Notiz geschrieben werden : „Caute legenda opera A. S., ipse enim
in Bulla retractationis nonnulla quae scripserat daninavit". Liss. 1624
hält für nöthig zu bemerken, das verbotene Buch sei nicht das zu Rom
1584 gedruckte Pii II. P. M. rerum memorabilium quae temporibus
suis contigerunt comm. 11. 12, — die zweite, curialistische Geschichte
des Baseler Concils ^). — Sand, schreibt auch vor, in neuen Aus-
gaben die Bulle beizudrucken, und Sot. constatirt, dass dieses in den
Baseler Ausgaben von 1551 und 1571 bereits geschehen sei.
18. Von anderen mit den Reformconcilien zusammen-
hangenden Schriften, die im Index stehen, wird später die Rede
sein; im 15. Jahrhundert wurde in Rom keine derselben ver-
dammt. Merkwürdiger Weise wird vom J. 1439 aus Sieben-
bttrgen berichtet, der dortige Bischof sei gegen die Verbreitung
von Schriften und Briefen der Anhänger des Baseler „Concilia-
bulums" eingeschritten, welche Kaufleute von Basel mitgebracht
hatten^). Gregor von Heimburg, der 1460 von Pius IL in
einem Breve und dann in der Bulla Coenae 1461 von Pius IL,
1468 von Paul IL neben den Wycleffiten und Husiten und an-
Basilcae cclebrato 11. 2 olim quidem scripti, nunc vero impressi, s. 1. ot a.
(Köln oder Basel 1521 oder 22), von dem Kölner Juristen Jacob Sobius,
nach einer Handschrift des Hermann von Neuenaar herausgegeben. Baumg.
II, 492. Clement VHI, 258.
1) Ep. 395: De araore quae scripsimus olim juvencs, coutcmnite, o
mortalcs; sequimini quae nuncdicimus. et scui magis quam juvcni credite.
Nee privatum hominem pluris facite quam pontiliccm. Aeneam rejicite,
Pium suscipite.
2) Voigt II, 322.
3) Arch. f. Gesch. des D. Buchh. II, 18. In dem Erlass des Hischofs
(S. 26) heisst es: Intelligimus dari nonnullos in partibus illis mercatores,
qui ex Basiliensium oris reduccntes [rcdeuntes?] sub specie mcrcatus certa
scripta et literas per fautores et autores illius Bas. conciliabuli concinnatas
spargere pergunt.
42 . Bücherverbote im Mittelalter.
deren Ketzeru nameiitlicb exconiiuuDicirt wurde*), steht (nicht
l)ci Lutz, und) in keinem Index, obschon einige seiner Streit-
schriften gegen den Papst schon 1555 gedruckt waren*).
19. Im J. 1479 wurde Pedro Martinez de Osnui (Petrus
Oxomensis), Professor in Salamanca, von dem Erzbischof Carillo
von Toledo mit Ermächtigung Sixtus' IV. wegen einer Schrift
de confessione (Über Busswesen und Ablass) processirt. Er
schwor zu Alcala seine Irrthümer ab (starb im folgenden Jahre).
Sein Buch wurde verbrannt. Der Erzbisehof verordnete auch,
binnen drei Tagen seien alle Exemplare zu verbrennen, und
forderte die Universität „mit apostolischer Autorität" auf, binnen
neun Tagen alle dort vorgefundenen Exemplare feierlich zu ver-
brennen. Sixtus IV. bestätigte das Urtheil durch eine Bulle
vom 10. Aug. 1480**). — In demselben Jahre wurde zu Mainz
von den Inquisitoren Gerhard Elten von Köln und Jakob Sprenger
der Doctor Johann Ruchrath von Oberwesel, gewöhnlich Jo-
hannes de Wesalia genannt, frUher Professor in Erfurt, da-
mals Prediger in Worms, processirt. .\nlass boten „Paradoxa",
die er in seinen Predigten ausgesprochen haben sollte und welche
von Dominicanern denuncirt worden waren. In dem Verhör
1) Voigt III, 382. 407. 413. Ullmann, Reformatoren II, 214. Die
Bulla Coenae von 1468 bei E. S. Cyprianus, Tabularium Ecol. Rom. p. 38.
Nach den Wycleffiten und Husiten excommunicirt der Papst üeorgium,
regni Bohomiao occupatorem . . ., ejusdem ülium, . . . Jo. Rochezanam pro
administratore Ecclesia^e Pragensis nulla suffultum auctoritate sc gereutem,
und damnatac hacresis defensorem, Gregorium de Heymburg, qui sicut
alias justo judicio haereticus declaratus est.
2) In der Antilogia Papae von Wolfg. a Wissenburg; vgl. Fascic.
rcrum expet. ed. Brown II, 114. Schulte, Gesch. II, 372.
3) Arg. I b 298. Pelayo I, 548. Die iucriminirte Schrift ist nicht
erhalten, aber eine andere, aus der Osma's Ansichten zu erkennen sind,
abgedruckt bei Pelayo I, 788. Er trug u. a. folgende Sätze vor : die
specielle Beicht ist nicht göttlichen, sondern nur kirchlichen Rechtes (de
ratione praecepti, non sacramenti) ; die Kirche kann nicht direct die zeit-
lichen Sündenstrafen, sondern nur die Kirchenstrafen nachlassen, also der
Papst keine Ablässe für Verstorbene ertheilen; der Papst kann nicht von
allgemeinen Kirchengesetzen dispensiren ; über Glaubenssachen kann nur
die Gesammtkirche entscheiden, die Römische Kirche kann irren und
einige Päpste sind Ketzer gewesen.
Peter von Oüma. Job. von Wesel. Bibelübersetzungen. 48
werden Tractate vou Wesalia über die kirchliche Gewalt, die
Verbindlichkeit menschlicher Gesetze, Ablass, Fasten u. a. er-
wähnt. Da er widerrief, wurde er nicht zum Tode, sondern zu
lebenslänglicher Haft verurtheilt (er starb 1481); seine Bücher
wurden verbrannt^).
Peter von Osma steht in keinem Index, dagegen Jo. de We-
salia seit P. in der 1. Cl. (schon im Ven. aus Lutz.), ausserdem in
der 3. Cl. (aus Lov. 58) Liber inscriptus De auctoritate, officio et
potestate pastorum ecclesiasticorum, eine Schrift Wesalia's, die von
Melanchthon herausgegeben wurde-).
20. Bezüglich des Lesens von Bibelübersetzungen
und des Bibeliesens der Laien finden sich bis zum Ende des
12. Jahrhunderts keinerlei Verordnungen. Im 13. Jahrhundert
wurden in Frankreich von einzelnen Synoden theologische
Bücher in der Volkssprache überhaupt, also auch Bibelüber-
setzungen, verpönt und den Laien das Lesen von theologischen
Büchern oder speciell der Bibel mit Ausnahme der Psalmen
verboten. Diese Verordnungen scheinen aber nicht dauernd in
Geltung gewesen zu sein. In England wurden im Anfange des
15. Jahrhunderts nur Wycleffitischc oder nicht approbirte Bibel-
übersetzungen verboten. Nur in Spanien waren seit dem. Ende
des 13. Jahrhunderts spanische Bibelübersetzungen durch könig-
liche Verordnungen allgemein verboten. Dieses unbedingte Ver-
bot findet sich auch in den spanischen Indices des 16. Jahr-
hunderts, in den Römischen nur eine, allerdings einem Verbote
nahe kommende Einschränkung.
Die französischen Verordnungen wurden durch die Waldenser
und Albigenser veranlasst. 1190 führte der Bischof von Metz bei
Innocenz III. Klage darüber, dass Laien in seiner Diocese sich die
Evangelien, die Paulinischen Briefe, das Psalterium, Gregors des
Grossen Moralia in Job und mehrere andere Bücher ins Französi-
sche hätten übersetzen lassen und diese Bücher in geheimen Zu-
1) Die Proccssacten wurden zuerst gedruckt im Anbange der
oben erwähnten ersten Ausgabe der Commeutare von Aeneas Sylvius, dann
in dem Fasciculus von Ortuiu Gratiua 1535 fol. 163 (in der Ausgabe von
E. Brown I, 325). danach bei Arg. Ib 291. Einige Schriften bei Wslch,
Monimenta medii aevi, vol. III. Ullmann, Reformatoren l, 282. 416.
2) Ullmann I, 354. 417. Seit Ben. steht sie unter A. mit voUstän-
digerm Titel : De auct eccl. et quatcnus sint audiendi, e sacris
literis declaratio, aber noch immer ohne Angabe des Verfassers.
44 Bücherverbote im Mittelalter.
sainmenkünften läsen. Der Papst forderte den Bischof zum strengen
Einschreiten gegen die betreffenden Personen auf, erwähnt aber die
Bücher nicht weiter *). — Die Pariser Synode von 1209 oder 1210
gebot, alle theologischen Bücher in französischer Sprache den
Bischöfen abzuliefern (s. o. S. 17). Die Provincialsynode von
Toulouse 1229 verordnete : Laien sollen nicht die Bücher des Alten
und Neuen Testaments haben; nur das Psalterium oder das Brevier
oder die Horae B. M. V. dürfen sie als Erbauungsbücher benutzen,
aber auch diese nicht in Uebersetzungen in der Volkssprache be-
sitzen ^). Eine Synode von Beziers 1246 erliess ein Statut für die
Inquisitoren der Provinz, worin diesen die Bestimmung eingeschärft
wurde, dass Laien gar keine theologischen Bücher, Kleriker keine
theologischen Bücher in der Volkssprache haben dürften ^).
Jacob I. von Arragonien verordnete um 1276: niemand solle
Bücher des A. oder N. T. in spanischer Sprache (in romanico)
haben; wer solche besitze, solle sie dem Bischof abliefern; widrigen-
falls er, er möge Geistlicher oder Laie sein, als der Ketzerei ver-
dächtig werde angesehen werden *). Eine Synode von Tarragona
1317 verbot den Mitgliedern der dritten Regel des h. Franciscus,
theologische Bücher in der Volkssprache zu besitzen*). — Die Ver-
ordnung Jacobs I. wurde von späteren Königen erneuert und von
Paul II. (1464—71) bestätigt«). Ferdinand und Isabella (1474-
1516) verboten unter Androhung schwerer Strafen, die Bibel in die
Volkssprache zu übersetzen oder solche Uebersetzungen zu be-
sitzen ').
Die zu Oxford 1408 gehaltene Provincialsynode von Canter-
bury verordnete: „es solle fortan niemand eigenmächtig (auctoritate
8ua) irgend einen Text der h. Schrift in Büchern oder Tractaten
(per viam libri, libelli aut tractatus) in die englische oder eine an-
dere Sprache übersetzen, und bei Strafe der grössern Excommuni-
cation solle niemand solche Bücher und Tractate (mit Bibelstellen),
die zur Zeit Wyclefifs oder seitdem geschrieben seien oder in Zu-
kunft würden geschrieben werden, ganz oder theilweise, öffentlich
1) Innocentii III. Epistolac 2, 141, ed. Baluze I, 432. Es klingt
doch etwas sehr übertrieben, wenn Reinerus (contra Waldenses c. 3. 5;
Biblioth. Patr. Col. 1618, t. 13, p. 299. 300) berichtet: Ich habe einen un-
gebildeten Bauern (unter den Waldenscrn) gehört und gescheu, der das
Buch Job wörtlich hersagte, und mehrere, die das ganze Neue Testament
auswendig wussten . . . Das N. T. und einen grossen Theil des Alten wissen
sie auswendig.
2) Mansi 23. 194. Hefele Conc-Gesch. 5, 875.
3) Mansi 23, 715. Hefele 5, 1019.
4) Le Long, Biblioth. sacra I, 361.
5) Mansi 25, 627. Hefele 6, 525. 6) Pallav. 6, 12, 5.
7) Alph. de Castro, Adv. haer. 1, 13.
Verbot des Talmud. 46
oder privatim lesen dürfen, bis die Uebersetzung von dem Bischof
oder von dem Provinzialconcil gutgeheisseu sei" ^). Das Decret be-
zieht sich also nicht eigentlich auf Bibelübersetzungen. Jedenfalls
waren nicht diese allgemein verboten. Sir Thomas More sagt, er
habe selbst alte Bibeln gesehen, die von dem Bischof gesehen waren
und in den Händen von gut katholischen Laien gelassen wurden ^).
Thatsächlich ist aber seit diesem Decrete bis auf Tyndall (1525)
kein Theil der Bibel übersetzt worden ^).
4. Das Verbot des Talmud und anderer
jüdischer Bücher.
Im Mittelalter wurde von Crregor IX. und anderen Päpsten
1239 — 1320 wiederholt die Verbrennung des Talmud verordnet*).
In der ersten Hälfte des IC. Jahrhunderts herrschte in Rom in
diesem Punkte eine mildere Anschauung ; aber Julius III. und
die folgenden Päpste verordneten wieder die Verbrennung des
Talmud. Er steht auch seit Paul IV. im Index; die mildernden
Bestimmungen, die im Trieuter Index beigefügt sind, wurden von
Clemens VIII. wieder aufgehoben.
In Folge der Demmeiationen eines getauften Juden Nicolaus
(Donin) de Rupella, welcher die in den talniudischen Büchern ent-
haltenen Irrthünier und ßlasphemieen in 25 Artikeln zusammen-
gestellt hatte, verordnete Gregor IX. 1239 in Brevcn an die Könige
und die Erzbischöfe von Frankreich, England, Spanien und Portu-
gal, an einem bestimmten Tage jene Bücher überall zu confisciren
und den Dominicanern und Minoriten abzuliefern, damit sie, wenn
1) Wilkins III, 317. Ilefele 6, 847.
2) Blunt, Reform of the Ch. of Engl., 1878, I, 505.
3) R. W. Dixon, Ilist. of tho Ch. of Engl. 1878, I, 450.
4) Graetz, Gesch. der Juden 7, 112. 462. Die Actenstücko bei Arg.
I a 146. Es handelt sich von Anfang an nicht um die Mischna, sondern
um die Gcmara, und zwar, da die von Jerusalem wenig Anstössiges ent-
hält und bei den Juden in geringerm Ansehen steht, um die Gcmara
von Babylon, oder genauer gesagt, um die Mischna in Verbindung mit
der babylonischen Gemara. Es heisst schon in einem Gutachten aus dem
13. Jahrh. (Arg. I a 146): Sciendum quod in qualibet macecta (Tractat)
primo ponitur mysna, et est quasi thcma s. matoria, quac in illa ma-
cecta prosequenda est aut tractanda, et illud, quod super hoc texitur aut
constituitur. Talmut proprio dici solet.
46 Verbot des Talmud.
sie wirklich die von Nicolaus angegebenen Sachen enthielten, ver-
brannt würden. Die Breven wurden durch Nicolans dem Biflchof
von Paris zur Weiterbeförderung überbracht. Der Befehl scheint
nur in Frankreich ausgeführt worden zu sein. In Paris wurden
unter dem Vorsitze des päpstlichen Legaten Card. Odo von Tuscu-
lum die Bücher von Pariser Theologen und Canonisten mit Hülfe
von zwei des Hebräischen kundigen Uebersetzern untersucht, auch
vier Rabbinen vernommen, und dann an einem Tage 14, an einem
andern 6 Wagenladungen hebräischer Bücher, welche aus ganz
Frankreich nach Paris gebracht worden, verbrannt. — Innocenz IV.
forderte 1244 den König Ludwig IX. auf, den Talmud in seinem
ganzen Reiche verbrennen zu lassen *), wies dann auf die Bitte der
französischen Juden aber den Card. Odo an, ihre Bücher nochmals
untersuchen zu lassen und so weit es ohne Verletzung der christ-
lichen Religion geschehen könne, sie den Juden zu lassen und zu-
rückzugeben. Nach einer neuen Untersuchung durch 40 Gelehrte
(unter denen Albert der Grosse), verfügte Odo im Mai 1248 noch-
mals die Verbrennung des Talmud und behielt sich die Verfügung
über andere noch nicht abgelieferte oder noch nicht geprüfte Bücher
vor. Im December 1254 schärfte Ludwig IX. nochmals die Ver-
brennung des Talmud und der anderen Bücher, welche Blasphemieen
enthielten, ein. Auch eine Synode von Beziers 1255 erliess darüber
eine Verordnung *-). — Im J. 12()7 übersandte Clemens IV. durch den
Dominicaner Paulus Christianus, einen getauften Juden, dem Erz-
bischof von Tarragona und seineu Sulfraganen ein Breve, worin er
sie aufforderte, sich die Bücher, der Juden, namentlich librum quem
vocant Talmutz, abliefern, sie durch Miuoriten und Dominicaner und
andere geeignete Männer, speciell durch den üeberbringer, untersuchen
zu lassen, die unverfänglichen zurückzugeben, die anderen bis auf
weitere Verfügung des apostolischen Stuhles aufzubewahren. —
Honorius IV. ermahnte 1286 den Erzbischo** von Canterbury und
seine Suffraganen zu strengen Massregeln gegen die Juden ; er
spricht dabei auch sehr scharf über den Talmud, sagt aber nichts
von Confiscation desselben. — Johannes XXTI. gab 1320 dem Erz-
bischof von Bourges und seinen Suffraganen dieselben Weisungen
wie Clemens IV., nur verordnete er, die schädlichen Bücher zu ver-
brennen '). — Eine allgemeine Verordnung erliess Benedict XIII.
(Petrus de Luna) in einer langen Bulle vom J. 1415: die talmudi-
schen Bücher seien binnen einem Monat an die Bischöfe abzuliefern
und von diesen bis auf weitere Verfügung des apostolischen Stuhles
aufzubewahren; andere Bücher, welche Schmähungen gegen die
christliche Religion enthielten, dürfe kein Jude behalten*).
In den letzten Decennien des 15. und in den ersten des 16.
Jahrhunderts standen in Rom die kabbalistischen Studien in grossem
1) Eym. App. p. 4. 2) Hefele 6, 46.
8) Die drei Actenstücke bei Raynald 1320, 2r).
4) Döllinger, Beitr. H, 393.
Der Talmud. 47
Ansehen; die Agitation gegen die jüdischen Schriften in Deutsch-
land, weiche den Reuchlin'schen Handel hervorrief, fand dort wenig
Beifall; der Minorit Petrus Galatinus gah sein im Sinne Heuchlins
gehaltenes Buch De arcanis catholicae veritatis 11. 12 im J. 1516
im Auftrage des Cardinais Lorenzo Pucci und einiger anderen Car-
dinal e *) und des Kaisers Maximilian heraus und spricht in der Wid-
mung an den Kaiser von dem Wohlwollen Leo's X. für Reuchlin ;
nicht nur die Mischna und der Talmud von Jerusalem wurden wie-
derholt in Italien gedruckt, auch der babylonische Talmud erschien
1520 — 22 zu Venedig bei Daniel Bomberg in zwölf Bänden mit
einem päpstlichen Privilegium, und nochmals 1 546 ^).
Unter Julius III. (1550 — 55) Hess die Inquisition zu Rom die
talmudischen Bücher in den Häusern der Juden confisciren, sie durch
Theologen untersuchen, auch Rabbinen darüber verhören, und 9. Sept.
1553 (am jüdischen Neujahrstage) auf dem Campo di Fiore ver-
brennen. Am 12. Sept. publicirte sie dann, von Julius III. vivae
vocis oraculo autorisirt, ein Edict, worin alle Fürsten, Bischöfe und
Inquisitoren die Weisung erhielten, den Talmud von Jerusalem und
von Babylon zu confisciren und zu verbrennen ; den in christlichen
Ländern wohnenden Juden wurde bei Strafe der Grttterconfiscation
befohlen , die talmudischen Bücher abzuliefern, und den Christen
unter Androhung der Excommunicatio latae sententiae verboten, sie
zu lesen oder zu behalten oder die Juden bei dem Abschreiben oder
Drucken derselben mit Rath und That zu unterstützen ^). Unter
dem 29. Mai erliess dann Julius III. eine Bulle, worin zunächst
das Edict der Inquisition über die Verbrennung des Talmud — er
wird hier noch deutlicher volumen Ghemarot Thalmud (also nicht
die Mischna) genannt, — erwähnt, dann weiter verordnet wird: da
dem Vernehmen nach noch andere Bücher existiren, welche Blasphe-
mieen und Schmähungen auf Christus enthalten, so sollen alle 'Ju-
dengemeinden unter Androhung von Strafen , eventuell der Todes-
strafe aufgefordert werden» binnen vier Monaten solche Bücher ab-
zuliefern; wegen anderer Bücher sollen sie nicht belästigt werden*).
Die Römische Inquisition schickte, wie sich aus den Briefen
des Girolamo Muzio'^) ergibt, den Local-Inquisitoren ein Verzeichniss
der zu verbrennenden Bücher. Am 16. Dec. 1553, schreibt er an
den General-Commissar der Inquisition, Padre Michele (Ghislieri)
Alessandrino (später Pius V.), habe auf dem Markte in Pesaro
1) Das sagt er in dem Briefe an Reuchlin bei L. Geiger, J. Rench-
lins Briefwechsel, 1875, S. 243. Das Buch ist übrigens meist aus Raymund
Martini und Porchetns de Sylvaticis abgeschrieben; s. lo. Morini Exercit.
bibl. p. 9.
2) Wolf, Biblioth. hebr. II, 883. 892. 896.
3) Eym. App. 119. Albit. p. 295.
4) BuU. I, 813.
5) Lettere catholicho, Ven. 1571, p. 171—186.
48 Verbot des Talmud.
Tholocausto del Talmud und der anderen in dem Verzeicliniss
stehenden Bücher stattgefunden; die Bücher seien aus dem ganzen
Herzogthum dorthin zusammengebracht und von dem Sachverstän-
digen, den man ihm auf seine Bitte von Koni gesandt, KxiphaeHe,
sortirt worden ; über einige habe sich dieser mit den Juden nicht
einigen können, da diese behaupteten, sie ständen nicht in dem Ver-
zeichnisse, während er sage, es ständen ganze Stücke (Citate) aus
dem Talmud darin; diese Bücher habe er vorläufig an sich genom-
men und er lege ein Verzeichniss derselben bei ; Raphaelle sage
übrigens, auch in vielen exegetischen Büchern der Juden ständen
verdammliche Sachen; der Herzog habe einmal geäussert, man solle
den Juden nur die Bibel lassen. Muzio klagt gleichzeitig, dass man
an manchen Orten, obschon der Kirchenstaat ein so schönes Beispiel
gebe, lässig sei, und hält es für nöthig, dass das h. Officium seine
Commissare anfeuere. In Ancona sei noch nichts geschehen; der
Cardinal von Fano solle das Edict missbilligt haben ; man mache
die Einwendung, die Lutheraner würden die Bücher neu drucken
und übersetzen, und in der Levante könne man sie ohnehin nicht
verbrennen; vielfach sage man, die Sache werde einschlafen, und
die Juden streuten aus, das Edict sei suspendirt. Di^ Juden be-
mühten sich in der That, eine Zurücknahme oder Abänderung des
Edictes zu erwirken, und eine kleine Milderung enthielt ja auch
die Bulle vom J. 1554^). — Im Venetianischen Gebiete wurden 15r)3
auf Befehl der Richter des Tribunale della Bcstemmia „zahllose
Bücher" verbrannt ^). Ausserhalb Italiens scheint das Edict der
Inquisition nicht ausgeführt worden zu sein.
Durch Paul IV. kam 1559 der „Talmud der Juden sammt
allen Glossen, Anmerkungen, Interpretationen und Auslegungen
desselben" auf den Index. In demselben Jahre ordnete Ghislieri,
jetzt Cardinal und General-Fnquisitor, nochmals die Verbrennung der
talmudischen Bücher an. Sixtus von Siena wurde nach Cremona
im Mailändischen gesandt, wo damals eine berühmte jüdische Schule
und eine grosse Niederlage von Talmud-Exemplaren war^). Er
rühmt sich, dort 12000 Bücher verbrannt zu haben *). Sixtus sagt
auch, es seien in den letzten Jahren (sein Buch erschien 1566) durch
ein Decret der Inquisition alle „zur Kabbala gehörenden Bücher** ver-
dammt worden.
In dem Index Pius' IV. ist dem Verbote Pauls IV. beigefügt:
„wenn dieselben ohne den Namen Talmud und ohne Injurien und
Schmähungen gegen die christliche Religion erscheinen, werden sie
geduldet werden"^). Mit diesem Zusätze steht das Verbot auch bei
1) Graetz 9, 359. 2) Albit. p. 296.
3) Graetz 9, 381.
4) Bildioth. 1. 2 s. v. Traditioncs p. 125; 1. 4 hinter Z p. 318. 314.
5) L. 1 s. V. Esdras p. 72.
6) Graetz 0, 391 erzählt, die jüdischen Gemeinden hätten im Oct.
1563 [1562] „zwei Deputirte gewählt [um dahin zu wirken], dass der
Der Talmad. 49
S. und Cl. Sixtus V. verbot, — was ja die Gesetzgebung eigent-
lich nicht änderte, — in der 11. Regel seines Index lateinische und
andere Uebersetzungen von solchen „Büchern der Juden, Muham-
medaner, Saracenen und anderer dergleichen Feinde der christlichen
Religion, welche irgend etwas gegen den katholischen Glauben und
die Gebräuche und Disciplin der Kirche enthahen". Aber Cle-
mens yill. verbot in der Bulle vom 28. Febr. 1592*) die talmudi-
schen, kabbalistischen und anderen von seinen Vorgängern verdamm-
ten gottlosen Bücher, femer alle in hebräischer oder einer andern
Sprache geschriebenen oder gedruckten oder zu schreibenden oder
zu druckenden Schriften, welche Häresien oder Irrthümer gegen das
A. T., Schmähungen gegen die christliche Lehre, gegen kirchliche
Gebräuche, gegen Geistliche oder Neophyten oder schmutzige Er-
zählungen enthalten. Alle diese Bücher, fügte er bei, dürften die
Juden auch nicht unter dem Vorwande behalten, lesen, kaufen oder
verbreiten, dass dieselben expurgirt seien (auch nicht vorläufig be-
halten, bis sie expurgirt werden würden), auch nicht unter dem
Vorwande, dass sie mit verändertem Titel oder mit Erlaubniss oder
mit Vorwissen des Sekretärs oder irgend eines Mitgliedes des Trien-
ter Concils oder auf Grund der Bestimmung des Index Pius' IV.
oder eines päpstlichen Indultes oder einer Erlaubniss von Cardi-
nälen, Legaten, Nuncien, Bischöfen oder Inquisitoren neu gedruckt
seien. Zugleich nahm er alle von seinen Vorgängern oder irgend
jemand anders für bestimmte oder unbestimmte Zeit ertheilten Er-
mächtigungen zum Behalten der^ Bücher zurück, verbot, solche Er-
mächtigungen zu ertheilen, und verordnete, die Bücher in Rom in 10
Talmud und die übrigen anfechtbaren jüdischen Schriften nicht in den
Index aufgenommen oder dass mindestens das Urtheil, ob das jüdische
Schriftthum verboten sei. der päpstlichen Curie allein überlassen werden
sollte. Das letztere scheine gelungen zu sein, und der Papst habe — für
Geld — später eine Bulle (vom 24. März 1564) erlassen, dass der Talmud,
wenn der Name wegbliebe und er von den angeblich christenfeindlichen
Stellen gesäubert, d. h. censirt worden, erscheinen dürfe". In der frag-
lichen Bulle, — es ist die, durch welche der sog. Trienter Index publicirt
wurde, — steht natürlich keine Silbe vom Talmud ; aber, dass man nicht
in Trient, sondern nachträglich in Rom in dem Index die Bestimmung
Pauls IV. über den Talmud geändert habe, ist möglich. Wenigstens be-
richtet der Erzbischof von Prag, der Vorsitzende der Index-Commission
in Trient, am 3. Febr. 1563 (Buchholtz, Gesch. Ferdinands I. 9, 686) an
den Kaiser: Hebraei voluerunt repurgatum suum Talmud a deputatis
(den Mitgliedern der Index-Commission) sibi rcstitui, sed repulsam passi
sunt merito suo. Mitto petitionem corum oblatam nobis et copiam fabu-
larum et blasphemiarum quarum myriades in Talmud inveniuntur, et a
quibusdam theologis haec obiter excerpta sunt.
1) Bull. III, 27.
Bensch, Index. 4 .
50 Verbot des Talmud.
Tagen, anderwärts in zwei Monaten abzuliefern und sofort zu ver-
brennen, unter Androhung der Vermögenscoufiscation und noch här-
terer zeitlicher Strafen, und für Christen auch der Exconimunicatio
latae sententiae.
Ein Auszug aus dieser Bulle wurde in dem Index Clemens' VI fl.
1596 hinter den Regeln abgedruckt. Damit war die Milderung in
dem Index Pius' IV. aufgehoben; diese wurde denn auch in späteren
Ausgaben des Index weggelassen. Seit Ben. steht das Verbot des
Talmud überhaupt nicht mehr in dem Alphabete des Index, wo es
ja auch, da es hinter den Regeln steht, nicht mehr nöthig ist.
In der Bulle Clemens' VIII. wird auf Ausgaben des Talmud
hingewiesen, die (expurgirt) mit Erlaubniss von kirchlichen Behör-
den erschienen seien. Unter Gregor XTII. beschäftigte man sich
in der That mit Expurgation jüdischer Bücher, und der gelehrte
Marco Marino aus Brescia, Canonicus regularis S. Salvatoris, wurde
nach Rom berufen, um dem Cardinal Sanctorius, einem Mitgliede
der Inquisition, dabei zu helfen ^). Marino expurgirte auch den
Talmud, und nach seinen Angaben wurde derselbe — mit Weg-
lassung des Tractats Aboda sara und vieler einzelner Stellen —
bei Ambrosius Frohen in Basel 1578—80 gedruckt^).
Unter Sixtus V. 1586 bemühten sich einige Juden-Gemeinden
in Italien die Erlaubniss zum Druck einer weniger stark expurgir-
ten Ausgabe des Talmud zu erlangen, und Sixtus beauftragte wirk-
lich die Inquisition, mit Hülfe getaufter Juden die Expurgation zu
besorgen. Nach dem Tode des Pajistes wurde der Plan aufgegeben,
und schon 13. April 1591 schrieb die Inquisition an den Nunoius
zu Turin, der unter Sixtus V. gemachte Versuch habe gezeigt, dass
eine Expurgation des Talmud unmöglich sei^). Das in der Bulle
Clemens VIII. ausgesprochene unbedingte Verbot des Talmud wurde,
1) M. Marini Brixiani Annott. in Ps. %ß. J. A. Mingarolli 1748, I,
p. XV. XVII.
2) Frohen druckte 1600 Exemplare für Simon Jud zum Gambs in
Frankfurt a. M., der sie hauptsächlich in Polen verkaufte. In dem Vertrage
war bestimmt, es solle die Ausgabe Venedig 1547 abgedruckt werden, mit
Ausscheidung dessen, „was vermög des Concilii Tridentini als der christlichen
Religion zuwider durch den Herrn Marcum Marinum als Inquisitoren darin
corrigirt und herauszulassen vor nothwendig zu achten sei". Nachträglich
entstand ein Process, weil Simon nicht nur den Druck schlecht und in-
correct, sondern auch die Aenderung zu stark fand. „Die Theologi zu
Basel hätten selbst gesagt, es sei dem Buch zu viel geschehen*^. Kaiser
Rudolf II. verlangte von dem Rath zu Basel 1579, er solle den Druck
verbieten, weil der Talmud gegen den christlichen Glauben sei. Der Rath
antwortete, die Censur und die Universität hätten nichts gegen den Druck
einzuwenden. Arch. f. den D. Buchh. VII, 44.
3) Albit. p. 295.
Andere jüdische Bücher. 51
soweit der Arm der Inquisition reichte, strenge durchgeführt, und
man hemühte sich, es auch ausserhalb Italiens zur Geltung zu
bringen: 1628 verlangte der Nuncius in Polen, man solle die in
Lublin gedruckten talmudischen Bücher verbieten und die bethei-
ligten Juden bestrafen, und 1629 erhielt Cardinal Palotto in Wien
von der Inquisition die Weisung, den Kaiser in der Absicht, die
Bulle durchzuführen, zu bestärken ^).
Von den jüdischen Büchern, welche Clemens VIII. ausser dem
Talmud verbot, weigerte sich die Inquisition trotz wiederholter An-
träge von Local-Inquisitoren ein Verzeichniss aufzustellen; darum ent-
hält auch der Index nichts näheres darüber. Dem Nuncius zu Turin
schrieb sie 1592, nach dem Wunsche des Papstes sollten die Juden
keine anderen Bücher behalten als die Bibel; man solle sie aber
wegen grammatischer Bücher nicht belästigen^). In einem nach
1593 erlassenen Breve gestattete aber Clemens VIII. ausdrücklich,
auch andere rabbinische Bücher, wenn sie nichts Anstössiges ent-
hielten oder davon gesäubert seien, zu dulden. — Ueber ein Buch
steht seit 1596 eine besondere Verordnung in den Index- Ausgaben
hinter der über den Talmud: „Die Bischöfe und Inquisitoren
sollen wissen, dass das Buch Magazor (Machsor), welches einen
Theil der Officien und Ceremonien der Hebräer und der Synagoge
enthält*), in portugiesischer, spanischer, französischer, deutscher, ita-
lienischer und jeder andern Volkssprache schon lange durch ein
besonderes Decret verboten ist. Sie sollen also darauf achten, dass
es nur in hebräischer »Sprache gestattet oder geduldet werden darf".
Auch die Expurgation irgend welcher jüdischen Bücher vor-
zunehmen oder Expurgatoren zu bestellen oder eine von den Juden
selbst vorgenommene Expurgation ausdrücklich zu approbiren, leimt«
die Inquisition seit Clemens VIII. grundsätzlich ab. Inquisitoren,
welche eine expurgirte Ausgabe genehmigten oder von einem ex-
purgirten Exemplare eines Buches bescheinigten, dass sie es geprüft
und zulässig befunden *), erhielten Verweise. Man tiberliess es den
Juden, ihre Bücher von allem Anstössigen zu säubeni, und behielt
sich vor, nach Belieben jedes Buch zu untersuchen und wenn es
nicht hinlänglich gesäubert schien, den Besitzer zu strafen. Fand
man nichts Anstössiges in dem Buche, so wurde es zurückgegeben,
aber mit der ausdrücklichen Erklärung, dass diese Zurückgabe nicht
die Bedeutung einer Approbation habe und eine nochmalige Unter-
1) Dass Card. Franc. Maria Medici die Widmung des dritten Theiles
der Ausgabe der Mischna mit lateinischer Uebersetzung von W. van Suron-
huysen (Amst. 1688—1703) annahm (Baumg. IV, 40), steht nicht in Wider-
sprach mit dem Verbot des Talmud, bekundet aber doch eine mildere
Anschauung.
2) Albit. p. 296. 298. 3) K.-L. 6, 720.
4) Wolf II, 940 spricht von Exemplaren, die mit der Feder expur-
girt sind und die Unterschrift eines Inquisitors haben.
52 Verbot des Talmud.
sQohung und eine Bestrafung, falls sich bei dieser Anstössiges finde,
nicht ausschliesse ').
Noch im J. 1775 wurde für den Kirchenstaat ein Edict pu-
blicirt, worin die Bullen voninnocenz IV., Julius III. und Clemens VIII.
in Erinnerung gebracht werden und eingeschärft wird : kein Jude,
auch kein Rabbiner darf talmudische, kabbalistische oder andere
Bücher, welche „Irrthümer gegen die h. Schrift oder das A. T." oder
Schmähungen gegen die chriBtliche Lehre u. s. w. enthalten, in hebräischer
oder in einer andern Sprache lesen, besitzen u. s. w., bei Strafe
der Vermögensconfiscation und anderen arbiträren köq)erlichen und
schweren Strafen; kein Christ darf einem Juden zur Erlangung
solcher Bücher verhelfen, bei denselben Strafen und ausserdem der
Excommunicatio latae sententiae; die Juden dürfen keine hebräi-
schen oder von Juden oder Christen aus dem Hebräischen über-
setzten Bücher kaufen oder sonst irgendwie erwerben, ohne sie zu-
vor in Rom dem Magister S. Palatii, an anderen Orten dem Bischof
oder Local-Inquisitor vorgelegt zu haben, bei Strafe von 100 Scudi
und 7 Jahren Gefangniss ^).
Bezüglich der im Index stehenden rabbinischen Bibelcommen-
tare erklärte die Inquisition 1596, es seien nur diejenigen als ver-
boten anzusehen, welche von den Ketzern, namentlich Conradus
[Pellicanus] und Paul Fagius corrumpirt seien; im übrigen seien
sie, wenn sie gemäss der Bulle von 1593 expurgirt seien, gestattet.
Das bezieht sich auf folgende durch S. und Cl. in den Index ge-
kommenen Bücher: Paraphrasis Cornelii chaldaica in sacra Biblia
(erst Ben. hat diesen unsinnigen Titel corrigirt und unter Fagius
gesetzt: Thargum h. e. Paraphrasis Onkeli chald. in s. Biblia, [in
lat. versa] additis in singula fere capita succinctis annotationibus
[Strassb. 1546]; S. hat den Titel mit dem Schreibfehler Cornelii
statt Onkeli [V. 59 Conrelii] aus Q. abgeschrieben), — und: Com-
mentaria Rabi Salomonis et Chimi et Rabini Hierosolymitani et simi-
lium super V. T., tam scripta hebraice quam latine translata per
Conr. Pellicanum et Paulum Fagium haereticos (von S. wörtlich aus
Liss. 81 abgeschrieben, wo noch die Motivirung dabei steht: ubi
multa continentur nostrae fidei contraria, maxime super prophetas).
Ben. hat dafür substituirt R. David Kimhi Comm. in V. T. tam
hehr. etc. Damit sind die Commentare von R. Salomo (Jarchi)
u. a. kurzer Hand aus dem Index entfernt.
Was die spanischen Indices angeht, so verbietet Valdis 1559
,alle in hebräischer oder einer andern Sprache geschriebenen
Bücher, welche jüdische Ceremonien enthalten**, und „alle in hebräi-
scher oder in einer andern [sie] Volkssprache geschriebenen Bücher,
welche von dem alten Gesetze handeln (que sean de la ley vieja)".
Quiroga erklärt in der 4. Regel seines Index von 1583 : „Verboten
sind die Bücher von Juden und Muhammedanern (Moros), welche
ihrem Hauptinhalte nach gegen den katholischen Glanben . . . ge-
1) Albit. p. 296. 298.
2) Das Edict ist abgedr. A. J. P. 4, 1422.
Andere jüdische Bücher. 53
richtet sind oder in denen sie de projjosito ihre jüdische oder mu-
hammedanische Secte lehren. Indess können diese Bücher und einige
Rabhinen, die über die h. Schrift schreiben, gelehrten Männern durclj
eine ausdrückliche schriftliche Erlaubniss der Inquisitoren gestattet
werden, aber in keiner Weise der Talmud und die Commentare,
Glossen und Anmerkungen zu demselben. Nicht verboten ist das
Targum, d. i. die chaldäische Paraphrase." Aehnlich die folgenden
Indices; nur werden seit Öandoval (1612) ausser dem Talmud auch
pdie Kabbalisten und die anderen gottlosen und schändlichen Bücher
der Juden " unbedingt verboten, das Magazor in hebräischer Sprache
gestattet und verordnet, an den Anfang aller Exemplare des Tar-
gum loco antidoti eine Bemerkung beizufügen des Inhalts : das Tar-
gum sei an vielen Stellen durch jüdische Fabeln und talmudistische
Possen entstellt, enthalte Lobpreisungen des jüdischen Volkes, miss-
deute nicht wenige Stellen der h. Schrift, mische zuweilen falsche
Dogmen ein und weiche mitunter von der wahren und echten Les-
art und von der durch die Kirche approbirtQn Uebersetzung ab,
und sei darum nicht hochzuschätzen und nicht geeignet, triftige Ar-
gumente daraus zu entnehmen, vielmehr überall mit Vorsicht und
Kritik zu lesen. — Seit Bot. werden die nicht theologischen jüdi-
schen Schriften, auch die von Buxtorf und Seb. Münster herausge-
gebenen oder übersetzten, auch der Doctor dubitantium des Moses
Maimonides ausdrücklich freigegeben.
Im portugiesischen Index von 1581 wird auch Commentaria
Zoar in Beresit, also ein Theil des Buches Sohar, verboten, welches
bei den christlichen Kabbalisten in hohem, bei den Juden in schlech-
tem Ansehen stand, unter Paul IV. mit Krlaubniss der Inquisition
gedruckt und bei dem Verbrennen der jüdischen Bücher in Italien
verschont wurde; Sixtus von Siena sagt, er habe in Cremona 2000
Exemplare, welche die spanischen Soldaten hätten verbrennen wollen,
gerettet *).
5. Verordnungen über Bücherwesen ans der Zeit
Yon Erfindung der Buchdruckerkunst bis zum Beginne
der Reformation.
Durch die Erfindung der Buchdruckerkunst wurde die
Verbreitung von schlechten wie guten Büchern wesentlich er-
leichtert und dadurch eine schärfere Beaufsichtigung des Bücher-
wesens von Seiten der kirchlichen Behörden veranlasst. Zu
1) Biblioth. p. 3t5. Vgl. K.-L. 10, 238. Graetz 9, 338. Den Sohar
„ein Schosskind des Papstthum" zu nennen, ist eine Graetz'sche Ucber-
treibung.
54 Verorduuugen 1479—1517.
einer solchen bot sich jetzt ein Mittel dar in der Einführung
der vorherigen Prüfung der zu druckenden Bücher, der Präventiv-
Censur.
Der erste auf den Bücherdruck bezügliche päpstliche Er-
lass ist die Bulle Inter multiplices Alexanders VI. vom 1. Juni
1501^). Es heisst darin:
Die Buchdruck er kun 8 t ist sehr nützlich, sofern sie die Ver-
vielfältigung bewährter und nützlicher Bücher erleichtert ; sie würde
aber sehr schädlich werden, wenn sie zum Drucken verderblicher
Schriften raissbraucht würde. Darum müssen die Drucker durch ge-
eignete Mittel angehalten werden, das Drucken solcher Schriften zu
unterlassen, welche dem katholischen Glauben zuwider oder geeignet
sind, den Grläubigen Anstoss zu geben. Da nun Wir, die Wir dessen
Stelle auf Erden vertreten, der vom Himmel herabkam, um die Ge-
müther der Menschen zu erleuchten und die Finsterniss der Irrthü-
mer zu zerstreuen, äurch zuverlässige Berichte erfahren haben, dass
in verschiedenen Gegenden, namentlich in den Kirchenprovinzen
Köln, Mainz, Trier und Magdeburg sehr viele Bücher und Tractate,
welche verschiedene Irrthümer und verkehrte Dogmen, auch solche,
die der heiligen christlichen Religion feindselig sind, enthalten, ge-
druckt worden sind und noch fortwährend gedruckt werden, und da
Wir einem so abscheulichen Uebel ohne weitern Verzug entgegen-
wirken wollen, wie Wir nach dem Uns von oben anvertrauten Hirteu-
amte verpflichtet sind: so verbieten Wir kraft apostolischer Auc-
torität durch gegenwärtiges allen in den besagten Kirchenprovinzen
wohnenden Druckern und ihren Gehülfen bei Strafe der Excommu-
nioatio latae sententiae und bei einer von Unseren ehrwürdigen
Brüdern, den Erzbischöfen von Köln . . . oder ihren Generalvicaren
oder Officialen je für ihre Provinz festzusetzenden und für die apo-
stolische Kammer einzuziehenden Geldstrafe, fortan Bücher, Tractate
oder Schriften irgendwelcher Art zu drucken oder drucken zu lassen
ohne vorherige Befragung der besagten Erzbischöfe, Generalvicare
oder Oftioiale und ohne eine von diesen unentgeltlich zu ertheilende
specielle und ausdrückliche Erlaubniss, wobei Wir es letzteren zur
Gewissenspflioht machen, ehe sie eine solche Erlaubniss ertheilen,
die zu druckenden Bücher sorgfältig zu prüfen oder von kundigen
und katholischen Männern prüfen zu lassen und dafür zu sorgen,
dass nichts gedruckt werde, was dem orthodoxen Glauben zuwider,
gottlos oder ärgemissgebend ist. Und weil es nicht genügen würde,
gegen zukünftige Drucke Vorsorge zu treffen, wenn nicht auch die
schon gedruckten irrthüm liehen, gottlosen und ärgernissgebenden
Schriften unterdrückt werden, so beauftragen Wir kraft der vorbe-
sagten Auctorität dieselben Erzbischöfe, Vicare und Officiale, je in
ihrer Kirchenprovinz kraft Unserer Auctorität alle und jegliche
1) Sie steht nicht im Bullarium, aber bei Raynaldus 1501 n. 36, ab-
gedruckt bei Zacc. p. 133.
Bullen Alexanders VI. und Leo's X. 55
Drucker und anderen Personen, in was immer für einer Würde,
Stande, Grade und Stellung sie sein mögen, zu ermahnen und auf-
zufordern, innerhalb einer von ihnen zu bestimmenden Frist Ver-
zeichnisse von allen gedruckten Büchern vorzulegen und die ge-
druckten Bücher und Tractate, von welchen die besagten Erzbischöfe,
Yicare oder Officiale urtheilen oder erklären, dass darin etwas
dem katholischen Glauben Widersprechendes, Gottloses, Aergemiss-
gebendes oder Uebelklingendes enthalten sei, ohne Rückhalt und
Betrug abzuliefern, gleichfalls bei Strafe der Excommunicatio latae
sententiae und einer von ihnen, wie oben gesagt, festzusetzenden
Geldstrafe. Sie sollen sich angelegen sein lassen, dass auch die
anderen so gedruckten Bücher [die anderen Exemplare?], soweit
ihnen dieses zweckmässig scheint, ihnen gebracht und verbrannt
werden, und kraft Unserer Auctorität unter ähnlichen Censuren und
Strafen das Lesen und Behalten derselben verbieten, auch nicht
unterlassen, nachzuforschen, auf wessen Anordnung solche Bücher
gedruckt sind und aus welchem Grunde dieses zum Schaden des
katholischen Glaubens, zu dem sie sich doch bekennen, angeordnet
worden und ob diejenigen, die es angeordnet, selbst irgend welcher
Ketzerei verdächtig sind. Dabei sollen sie diejenigen, welche sich
ungehorsam oder widersetzlich zeigen, welchen Standes oder Ranges
sie auch sein mögen, auch alle Genossenschai'ten, Universitäten und
CoUegien durch Excommunication, Suspension und Interdict und
andere kirchliche Sentenzen, Censuren und Strafen, die auch ver-
schärft und nochmals verschärft werden dürfen und bei- denen die
Appellation ausgeschlossen sein soll, zwingen, nöthigen Falls auch
den weltlichen Arm anrufen, dem Wir, damit er williger Hülfe
leiste, die Hälfte der von ihm beigetriebenen besagten Geldstrafe
zuwenden. (Folgt die Aufhebung aller entgegenstehenden früheren
Verordnungen und aller früher den Druckern verliehenen Privile-
gien.) Wir ermahnen ausserdem dieselben Erzbischöfe, Vicare und
Officiale, den Eifer des Glaubens und das Heil der Seelen vor Augen
habend, in dieser Sache sich so sorgsam und eifrig zu erweisen, dass
ihnen der Lohn des ewigen Lebens und von Uns gebührender Dank
zu Theil werde.
Während diese Verordnung nur für die genannten deutschen
Kircbenprovinzen erlassen war, bestimmte Leo X. in der auf
dem 5. Lateran-Concil 3. Mai 1515 verkündigten Bulle Intef
solicitudines ^) nach einer ähnlichen Motivirung über Nutzen und
Schaden der Buchdruckerkunst „mit Zustimmung des Goncils'^ ^)
Folgendes :
Es soll fortan auf ewige Zeiten niemand ein Buch oder eine
1) Labbe XIV, 257.
2) Ein Bischof, Alexius von Melfi, stimmte dagegen mit der Er-
klärung: placet de uovi» operibus, non autcm de antiquis. Labbe XIV, 257.
56 Verordnungen 1479—1617.
Schrift in Unserer Stadt oder in irgendwelchen anderen Städten
und Diücesen zu drucken oder drucken zu lassen wagen, wenn sie
nicht in Rom durch Unsern Vicar und den Magister Sacri Palatii,
in anderen Städten und Diöcesen durch den Bischof oder einen andern
in der Wissenschaft der zu druckenden Schrift bewanderten, von
dem Bischof zu beauftragenden Mann und durch den Inquisitor der
Stadt oder Diöcese, worin das Buch gedruckt werden soll, sorgfältig
geprüft und durch ihre eigenhändige Unterschrift, — die bei Strafe
der Excommunication unentgeltlich und ohne Verzug zu geben ist,
— gutgeheissen worden. Wer dem zuwiderhandelt, soll, ausser dem
Verlust der Bücher und der öffentlichen Verbrennung derselben und
der Zahlung von hundert Ducaten an die Fabrik des Apostelfürsten
in Rom ohne Hoffnung auf Nachlass, sowie der Suspension der Aus-
übung der Druckerei auf ein Jahr, der Excommunication verfallen
sein, und wenn er hartnäckig ist, von seinem Bischof, rücksichtlich
von Unserm Vicar mit allen rechtlichen Mitteln so gezüchtigt wer-
den, dass andere nach seinem Beispiele ähnliches zu versuchen nicht
wagen.
Schon vor diesen päpstlichen Bullen waren an einzelnen
Orten Verordnungen über den Bticherdruck erlassen worden,
namentlich in Köln, Mainz und einigen anderen deutschen Orten,
in Spanien und in Venedig.
Unter dem 17. März 1479 ermächtigte Sixtus IV. den Rector
und Decan der Kölner Universität, mit kirchlichen Censuren gegen
Drucker, Käufer und Leser häretischer Bücher einzuschreiten').
Diese Ermächtigung wurde von Alexander VI. bestätigt. Die Kölner
Buchhändler bestellten im J. 1501 einen Sachwalter, um in Rom
dagegen zu remonstriren *).
Dass die Kölner Universität eine Censur übte, zeigt die That-
sache, dass in einer Anzahl von theologischen und nichttheologischen
Büchern, die zu Köln in den siebenziger und achtziger Jahren ge-
druckt wurden (die meisten 1479 — 83, eins 1475, mehrere s. a.)
der Vermerk steht : Admissum (oder Temptatum oder Examinatum
admissumque) ac approbatum ab alma Universitate studii civitatis
Coloniensis, de consensu et voluntate . . pro tempore rectoris ejus-
^em^). — Im J. 1480 erschien auch zu Venedig ein Nosce te ip-
sum mit vier Approbationen *) und zu Heidelberg ein Buch mit einer
Approbation des Patriarchen von Venedig ''),
Im Januar 1486 erliess der Erzbischof von Mainz, Berthold
Graf von Henneberg, ein Mandat für seine Kirchenprovinz, worin er
1) Hartzheim, Prodromus Bist. Univ. Col. p. 8.
2) A. D. B. 11, 640.
3) A. Kirchhoff, Beitr. zur Gesch. des D. Buchh. 1861, I, 42.
4) Grässe, Lit.-Gesch. HI, 1, 317.
5) Mendham p. 13.
Verordnungen in Deutschland. 57
verordnete, es Kollten fortan keine Uebersetzungen von griechischen,
lateinischen und anderen Büchern in der Volkssprache gedruckt
werden, ohne zuvor von den von ihm bestellten Censoren, — je
einem Magister aus jeder der vier Facultäten der Erfurter Univer-
sität, — approbirt zu sein; die in Frankfurt feilzubietenden Bücher
sollten von dem Pfarrer und einem oder zwei von dem Frankfurter
Consulat zu bestellenden Doctoren oder Licentiaten geprüft werden ').
Motivirt wird dieser Erlass durch das Erscheinen von Büchern,
welche „falsche und irrige Lehren enthalten und falsche Titel haben
und von deutschen Uebersetzungen des Messbuches und anderer
liturgischer Bücher, der Bibel und solcher theologischen und juristi-
schen Bücher, die sich zur Uebersetzung und Verbreitung unter dem
Volke nicht eignen"^). — Unter dem 17. Mai 1517 bestellte Erz-
bischof Albrecht von Mainz, wohl auf Grund des Lateran-Decretes
von 1515, seinen Weihbischof, Paulus Bischof von Ascalon, zu
seinem „Commissar für die Prüfung der zu druckenden Bücher und
Schriften'* und denselben und den Canonicus Jodocus Trutfetter zu
Erfurt zu Inquisitoren (mit dem Auftrage, gegen der Ketzerei Ver-
dächtige, ,,auch unter Anwendung der Folter**, vorzugehen und) mit
dem Rechte, auch den Kauf und Verkauf schlechter Bücher zu ver-
bieten *).
Nicht Approbationen, sondern nur Privilegien gegen Nach-
druck scheint Jakob Oessler J. U. D. ausgefertigt zu haben, der
sich in den in Strassburger Büchern 1498 — 1517 vorkommenden
Privilegien als per Imperium Komanum impressorius censor et super-
attendens generalis bezeichnet. 1520 fertigte der kaiserliche Historio-
graph Joh. Stabius Bücherprivilegien aus, mit der Formel: sacra
auctoritate Romana censura sibi a quondam Caes. Maj. divo Maxi-
miliano concessa*).
In Augsburg bestand schon 1515 die Praxis, die Buchdrucker
vor dem Rathe schwören zu lassen, „dass sie ohne Wissen und
Willen desselben nichts drucken noch einigen Druck ausgehen lassen
1) Bei Gudenus, Cod. diplom. IV, 469 steht das Mandat, die Er-
nennung der Censoren und ein Schreiben an die Sufifraganbischöfe.
2) In dem Schreiben an die Suffraganbischofe heisst es: missarum
aliorumque divinorura officiorum libri literaeque sacrae et intellectu dif-
ficiles, in dem Mandate selbst: Vidimus libros de divinis officiis et apici-
bus religionis nostrae e latina in germanicam linguam traductos non »ine
religionis dedecore versari per mauas vulgi. Quid donique de sacrorum
cauonum legumque praeceptis? etsi a jareconsultis limatissime scripta
sint, tarnen scientia ipsa habet nodositatem. Die Censoren werden ange-
wiesen, Bücher nicht zu approbiren, si forte ad rectum sensum non facile
traduci poterunt aut errores et scandala magis pariunt aut pudicitiam
laedunt. Jede Approbation musste von zwei Censoren unterzeichnet sein.
3) Gudenus IV, 589.
4) Archiv f. Gesch. des D. Buchh. IV, 98. V, 22.
58 Bücherverbote 1491—1517.
wollten, der jemand zu Schand oder zu Schmach gereiche** 0. — In
Strassburg verbot schon 1504 der Senat, irgend etwas zu drucken,
was gegen den Papst, gegen den Kaiser, gegen Fürst und Staat oder
gegen die guten Sitten gerichtet schiene, und beauftragte drei Män-
ner mit der Ausführung dieser Anordnung. 1513 wurden diese drei
zum zweiten Male bestellt. 1515 und 1516 wurden Lieder gegen
die Würtemberger und Schweizer confiscirt und verbrannt*).
In Spanien Hessen Ferdinand und Isabella zu Toledo 8. Juli
1502 eine Ordonnanz publiciren, welche die Präsidenten der Kanz-
leien von Valladolid und Ciudad Real (Granada), die Erzbischöfe von
Toledo, Sevilla und Granada und die Bischöfe von Burgos, Sala-
manca und Zamora mit der Prüfung und der Ueberwachung des
Druckes, der Importation und des Verkaufes der Bücher beauf-
tragte®).
Die älteste Censurverordnung, die wir aus Italien kennen, ist
eine „Constitution", welche der Bischof Niccolo Franco von Treviso
als päpstlicher Legat für das Gebiet der Venetianischeu Republik
1491 in Venedig feierlich publiciren Hess: „Da dem Vernehmen
nach die Buchdrucker einige nach Ketzerei schmeckende Bücher,
nicht ohne die grösste Gefahr für das Seelenheil der Gläubigen,
veröfFentliciien , so erachtet sich der Legat für verpflichtet, diesem
Uebel zu steuern, und verordnet denigemäss, dass fortan niemand
Bücher, welche vom katholischen Glauben oder von kirchlichen
Dingen handeln, ausser den gewöhnlichen, ohne ausdrückliche Er-
laubniss des Bischofs oder Generalvicars des betreifenden Ortes
drucken oder drucken lassen soll. Wer dagegen zu handeln wagt,
soll ohne weiteres der Excommunication verfallen sein"* *).
6. Bücherverbote aus derselben Zeit.
Die eben erwähnte Constitution des Nie. Franeo vom
J. 1491 ist aueh darum bemerkenswerth, weil sie das älteste
Verbot von gedruckten Büchern enthält: „Diejenigen, welche
die Monarchia des Antonio Roselli und die Thesen des
Pico von Mirandola gedruckt haben oder haben drucken
lassen, gekauft haben oder wie immer besitzen, ermahnen wir
unter Androhung der Excommunication, dieselben binnen 14
Tagen in der Domkirche ihrer Stadt oder Diöcese durch Ver-
brennen zu vernichten (comburant ita quod non sint). Auch soll
1) Archiv VI, 251. 2) Archiv V, 22. 24.
3) Llorente, Eist. deP Inq. I, 282.
4) Mansi, SuppL Conc. VI, 681.
Ant. Rosclli. Pico de Mirandola. P. Pomponatius. 59
fortan niemand dieselben drucken oder drucken lassen, kaufen
oder sonstwie erwerben und behalten".
Antonio Roselli, ProfcHsor der Rechte in Siena, war von Mar-
tin V. nach Rom berufen worden und hatte längere Zeit in Eugens IV.
Diensten gestanden; von 1438 bis zu seinem Tode war er Professor
in Padua. Seinen anticurialistischen Tractat Monarchia s. de po-
testate imperatoris et papae et de materia conciliorura, dem Dogen
von Venedig, Francesco Foscari gewidmet, soll er aus Verdruss
darüber geschrieben haben, dass man ihn trotz seiner Thätigkeit in dem
Streit mit dem Baseler Concil nicht zum Cardinal machte. Das Buch
wurde zu Venedig 1483 und 1487 gedruckt*). Es steht in allen
römischen Indices, seit Tr. mit d. c.
Dass Giovanni Pico de Mirandola nicht im Index steht, er-
klärt sich aus Folgendem: Er hatte 1487 mit Erlaubniss Inno-
cenz' VIII. 900 Thesen veröffentlicht, die er gegen jedermann ver-
Iheidigen wolle. Auf die Denunciatiou hin, dass unter den Theseu
häretische seien, ordnete der Papst eine Prüfung derselben durch
eine Commission von Bischöfen, Theologen und Juristen an. Die
Commission erklärte 13 Thesen für verdächtig und nach Ketzerei
schmeckend und der Papst verbot, obschon Pico in einer Apologie
diesen Thesen eine orthodoxe Deutung zu geben suchte, das Lesen
der 900 Thesen, jedoch mit der Erklärung, dieses Verbot solle für
Pico, der von Anfang an seine Bereitwilligkeit, sich dem Urtheile
des Papstes zu unterwerfen, sogar eidlich betheuert hatte, keine
Kränkung seiner Reputation sein. Später leitete der Papst gegen
Pico einen Process ein, weil er durch die Herausgabe der Apologie
seinen Eid gebrochen. Alexander VI. Hess die Sache nochmals
durch drei Cardinäle und den Magister Sacri Palatii untersuchen und
erklärte in einem an Pico gerichteten Breve vom 18. Juni 1493,
mit Rücksicht auf die von ihm bekundete gute und gläubige Ge-
sinnung und Devotion gegen den heiligen Stuhl solle der Process
niedergeschlagen sein, Pico werde von jedem Verdacht der Ketzerei
freigesprochen und es solle ihn niemand weiter belästigen*).
In ähnlicher Weise rücksichtsvoll wie Pico von Mirandola
wurde etwas später Pietro Pomponazzi (Pomponatius, 1462 — 1524)
in Rom behandelt. Er leitete bekanntlich aus der aristotelischen
1) Tiraboschi VI, 601. Schulte, Gesch. ll, 303. Das Buch wurde
noch einmal 1499 zu Venedig gedruckt, aber mit einer Widerlegung:
Tract. de pot . . . Autonii de Roscllis. Una cum rcplica Inquisitoris
Germaniac Fr. Hcnrici Institoris. S. Schelhorn, Am. lit. III, 139. Bossuct»
Defens. Dccl. App. 1. 2 c. 3 citirt Stellen von Roselli (nach dem Abdruck
bei Goldast, Monarchia T. I). lu dem Antw. Exp. p. 95 steht eine Ex-
pnrgation (4 Stellen, eine von 4 Spalten sollen gestrichen werden), welche
von Q. und den anderen spanischen Indices, aber nicht von Bras. aufg^e-
nommen wurde.
2) Arg. I b, 320.
60 Bücherverbote im Mittelalter.
Philosophie Lehrsätze ab, welche dem christlichen Glauben direct
widersprachen, und wollte diese als philo8oj)hi8che Wahrheiten fest-
halten, dabei aber zugleich als theologisch falsch angesehen haben.
In diesem Sinne behandelte er die Lehre von der Unsterblichkeit
der Seele in dem 1516 zu Bologna gedruckten Buche De immor-
talitate animae. Das Buch wurde von Mönchen dem Patriarchen
von Venedig denuncirt und von diesem Pomponazzi als Häretiker
erklärt und das Buch verbrannt, auch an Bembo, den Secretär
Leo's X., geschickt, damit auch der Papst es verdamme. Leo X.
that dieses nicht, beauftragte aber Augustinus Niphus aus Sessa,
dasselbe zu widerlegen. Pomponazzi schrieb gegen diese Wider-
legung ein Defensorium, bat aber den mit ihm befreundeten Domi-
nicaner Chrysostomus Javellus, seinem Buche eine Widerlegung der
in dem Defensorium vorgebrachten Argumente für die Sterblichkeit
der Seele beizufügen, und erhielt nun von dem Generalvicar des
Erzbischofs und dem Inquisitor von Bologna die Erlaubniss, sein
Buch mit Beifügung aller darauf bezüglichen Schriften neu drucken
zu lassen^).
Im Index steht von Pomponatius nur De incantationibus (seit
Ben. De naturalium effectuum admirandorum causis s. de ine. über),
und zwar erst seit S. (1590), obschon das Buch seit 1556 ge-
druckt war^).
Im J. 1512 wurde im Haag ein niederländischer Priester,
Mag. Hermann von Rijswijck mit seinen Büchern als Ketzer
verbrannt; er ist hier zu erwähnen, weil er in der 1. Cl. des
Römischen Index steht, obschon von seinen Schriften nichts er-
halten ist Der wichtigste Bücherprocess in der Zeit unmittelbar
vor der Reformation ist der über Johannes Reuchlins (1455
—1522) „Augenspiegel", der erst 1520 zu Ende ging und in
Folge dessen mehrere Bücher Reuchlins auf den Index kamen.
1) Der Titel des 1519 erschienenen Werkes lautet: Pelri Pomponatii
liber de immortalitate animae. Tres Apologiae. Tractatus Niphi. Pompo-
natii Defensorium. Epistolae Pomponatii ad Javcllum et Javelli ad Pom-
ponatium. Solutiones rationum animae mortalitatem probantium, quae in
Dcfensorio contra Niphum a Pomponatio formantur. — Vgl. Quetif II,
105. Tiraboschi VH, 419. Stöckl, Gesch. der Phil, des M.-A. III, 213. K.
Werner, Thomas v. Aquin III, 129.
2) In der Ausgabe der Opera des Pomp., Basel 1567, sagt Guil.
Gratarolo, er habe jenes Buch schon vor zehn Jahren herausgegeben.
Vgl. Baumg. VI, 459. Delrio, Disq. mag. 1, 3 sagt, erwandere sich, dass
das Buch so lange „von der Kirche geduldet** und so spat auf den Index
gesetzt worden sei. Zacc. p. 209 zählt es zu den Büchern der Atheisten
und Materialisten.
Herrn, von Rijswijck. Reuchlin. 61
Im März 1517 verdammte Leo X. durch ein besonderes Breve
die Epistolae obscurorum virorum; sie sind sonderbarer
Weise erst 1590 in den Römischen Index aufgenommen worden.
Rijswijck wurde im J. 1502 von der Inquisition zu lebens-
länglicbem Gefängniss verurtheilt ; die ihm zugeschriebenen articuli
haereticales klingen ganz unchristlich: unter Berufung auf Aristo-
teles und Averroes leugnet er die Unsterblichkeit der Seele, die
Gottheit, ja die göttliche Sendung Christi u. s. w. Es gelang ihm,
ans der Haft zu entkommen; er verbreitete wieder seine Irrthümer,
wurde wieder eingefangen und am 14. Dec. 1512 von dem Inqui-
sitor Jakob Hogstraten und dem Decan Jakob Ruysch als Delegirten
des Bischofs von Utrecht als haereticus relapsus verurtheilt und
darauf mit den von ihm eigenhändig geschriebenen Büchern ver-
brannt *). Gedruckt ist von diesen Schriften nichts, — wie es scheint,
auch keine Abschrift erhalten; gleichwohl steht Rijswijck (aus Lutz,
entnommen) seit Med. in allen Indices, — in manchen ist der Name
arg corrumpirt: Med. Ven. Hiszuuich, S. Kesuwik, — bei S. sogar
unter den Häresiarchen, wahrscheinlich weil Gabriel Prateolus eine
Secte der Rysvicani hat.
Ueber Reuchlins „Augenspiegel^, zuerst 1511 s. 1. et a. ge-
druckt, sprachen sich 1513 die Universitäten Löwen, Köln, Mainz
und Erfurt ungünstig aus, 1514 auch die Universität Paris, diese
mit der Erklärung: das Buch enthalte „viele frJsche, . . . nach
Ketzerei schmeckende und einige ketzerische Sätze*' und sei zu ver-
brennen, der Verfasser zum Widerruf anzuhalten^). Jakob Hog-
straten leitete 1513 zu Mainz einen Inquisitionsprocess gegen Reuchlin
ein ; Reuchlin appellirte aber an den Papst, und dieser übertrug die
Sache dem Bischof von Speyer, welcher 24. April 1514 Reuchlin
freisprach und erklärte, der Augenspiegel mit der demselben bei-
gefügten Erklärung dürfe von jedermann gelesen und veröffentlicht
werden*). Nun appellirte Hogstraten, und der Papst bestellte die
Cardinäle Dominions Grimani und Pietro degli Accolti (Anconi-
tanus) als Richter. 22 Theologen, welche 2. Juli 1516 Gutachten
abgaben, sptachen sich alle zu Gunsten Reuchlins aus, mit Ausnahme
des Magister Sacri Palatii Sylvester Prierias; durch ein päpstliches
mandatum de supersedendo wurde die Fällung des Urtheils ver-
hindert. So blieb das Speyerer Urtheil vorläufig in Kraft. 1518
wurde die Sache in Rom wieder aufgenommen und die Cardinäle
Accolti und Dominions Giacobazzi als Richter bestellt. Hogstraten
erwirkte Anfang 1520 eine Ungültigkeitserklärung des Speyerer
Urtheils. Von Franz von Sickingen gezwungen, bat aber der Pro-
vincial der Dominicaner, Eberhard von Cleve, im Namen der deut-
1) Lutz. 8. V. Hermannus Ryswick. Vgl. Moll, Studien I, 57. Hagen,
Deutschlands lit. und rcl. Yerh. im Ref.-Zeitaltcr, lU, 106.
2) Arg. I b, 350. Sainjore (R. Simon), Bibl. crit. I, 527.
3) Arg. I b, 351. L. Geiger, J. Reuchlins Briefwechsel, 1875, S. 211.
62 Bücberverbote 1491—1517.
sehen Dominicaner den Papst, er möge die Cassirung des Speyerer
Urtheils zurücknehmen und beiden Theilen Schweigen auflegen. Am
23. Juni 1520 wurde aber das Speyerer Urtheil cassirt, der Augen-
spiegel als ein ärgerliches, für fromme Christen anstössiges, den
Juden unerlaubt günstiges Buch verboten und zu vernichten befohlen
und Reuchlin ewiges Stillschweigen aufgelegt'). Dieses Urtheil
scheint in weiteren Kreisen nicht bekannt geworden zu sein. Die
belgischen Theologen behaupten, wie wir sehen werden um 1570,
Reuchlin sei in Rom freigesprochen-).
Im Ven. steht loannes Reuclin ohne weitern Zusatz, so dass
also alle seine Schriften verboten werden, bei P. in der 2. Cl. lo.
Reuclini Speculum oculare, De verbo mirifico und Ars cabbalistica,
obschon die beiden letzteren Schriften nicht Gegenstand des Pro-
cesses gewesen waren*). So auch die folgenden Indices; seit Ben.
wird sonderbarer Weise der Titel des „Augensi)iegels", der deutsch
gedruckt war und in Rom in lateinischer Uebersctzung vorlag,
französisch angegeben: Miroir oculaire contre un libelle faux et
diffamatoire publik par Pfefferkoni.
In dem Antw. Exp. von 1571 stehen unter Capnion p. 58
merkwürdige Gutachten der Thnversität Douay über die drei im
Römischen Index verbotenen Schriften; von dem zweiten und dritten
Gutachten wird ausdrücklich gesagt, sie seien von den Censoren,
die den Index exp. herausgaben, approbirt; das erste haben sie da-
durch, dass sie es ohne Bemerkung in ihren Index aufnahmen, in-
direct approbirt. Das erste Gutachten bezieht sich auf den Augen-
spiegel : das Buch sei nicht lateinisch, sondern lingua suevica ge-
schrieben, werde (in Belgien) kaum irgendwo gefunden und solle
nicht neu gedruckt werden. Uebrigens habe das Trienter Concil
definirt, was im Augenspiegel behauptet werde: dass der Talmud
nicht zu verbrennen, sondern zu gestatten sei; dieselbe Ansicht habe
Petrus Galatinus in den 10 Büchern von den talmudischen Ge-
heimnissen, die er auf Befehl Leo's X., der Cardinäle und des
Kaisers Maximilian geschrieben*). Leo X. habe Reuchlins Buch
gutgeheissen und verboten, es zu verdammen. Wenn darum auch
vielleicht einige nicht genügende Argumente darin vorkämen, so sei
doch das ganze Buch, so wie es gedruckt sei, frei zu geben. „Wir
zweifeln nicht daran", erlauben sich die Douayer Professoren bei-
zufügen und die Antwerpener Censoren drucken zu lassen, „dass
der Trienter Index, wie auch in dem Vorworte gesagt wird, sich
einfach an den Index angeschlossen hat, der auf Befehl Pauls IV.
1) L. Geiger, Joh. Reuchlin, 1871, S. 451.
2) Arg. I b, 352 sagt, es sei in Rom kein definitives Urtheil gefällt
worden.
3) De verbo mirific?o zuerst s. 1. et a. (Basel 1494). Do arte cabba-
listica 11. 3 Leoni X. dicati, Hagenau 1517 (80 Bl. fol.). Geiger, J. Reuch-
lin S. 179. 185.
4) S. ob. S. 47; von einem Befehle Leo*s X. sagt Galatinus nichts.
Heuchlin. Epistolae obac. virorum. 68
von den Ordensgenossen (symmystae) derjenigen angefertigt worden
ist, die vormals den von ihnen verdammten Augenspiegel trotz des
Verbotes Leo's X. verbrannt haben".
In dem zweiten Gutachten wird gesagt, die Bücher de verbo
mirifico seien ohne Streichungen frei zu geben. Wenn darin paradoxe
Dinge und hebräische Träumereien vorkämen, so könne man das
aus dem in dem ersten Gutachten angegebenen Grunde, mit Rück-
sicht auf die Erklärung des Trienter Index bezüglich des Talmud
passiren lassen. Was im dritten Buche über das Verhältniss der
Namen Jesus und Jehova gesagt werde, sei allerdings ein nicht zu
vertheidigender grammatischer oder vielmehr talmudischer Irrthum,
aber doch eher ein frommer (religiosus) als ein Aergerniss gebender
oder verderblicher Irrthum.
In dem dritten Gutachten wird gesagt, die Bücher de arte
cabbalistica könnten, da die ähnlichen Schriften von Pico von Mi-
randola und Archangelus von Borgonuovo nicht verboten seien,
freigegeben werden, entweder unbedingt, da der Verfasser sich
selbst bei Leo X., dem das Werk gewidmet sei, genügend erklärt
habe, oder doch mit Beifügung eines antidotum in der Form folgen-
der Vorbemerkung : „In diesem Buche spricht Reuchlin nicht überall
ßelbst, sondern führt auch andere redend ein, und in deren Reden
kommen allerdings Irrthümer vor". — Diese Remonstrationen sind
allerdings in Rom nicht beachtet, aber merkwüdiger Weise, so viel
wir wissen, auch nicht gerügt worden.
Im Liss. 81 und den folgenden spanischen Indices stehen von
Reuchlin auch die Comoediae, die ja allerdings einige Spöttereien
über Mönche, Reliquienkram u. dgl. enthalten *).
Bemerkenswerth ist, dass in den Löwener Indices von 1546,
50 und 58 von Reuchlin nichts steht, wohl aber in dem ihnen bei-
gefügten Anhange von (nieder-)deutschen Büchern, der auch in die
folgenden belgischen und seit Valdes (1559) in alle spanischen In-
dices übergegangen ist, Der Joeden Biecht, ohne Zweifel Jakob
Pfefferkorns antisemitisches Pasquill „Ich haiss ein büchlin der Juden
peicht", wovon 1508 neben zwei oberdeutschen auch zwei nieder-
deutsche Ausgaben erschienen^).
In dem Breve Leo's X. vom 15. März 1517 (es ist von Ja-
cobus Sadoletus unterzeichnet) gegen die Epistolae obscurorum viro-
rum^) heisst es: „In diesem Buche werden unter anderm gegen
Professoren der h. Theologie, namentlich aus dem Predigerorden,
und gegen die Kölner und Pariser Magister der Theologie, deren
einige mit Namen genannt werden, so viele Schmähungen und Be-
schimpfungen ausgesprochen und wird in so schmutziger und
frecher Weise gegen sie losgezogen, — wobei auch Stellen der h.
Schrift zu Possenreissereien verwendet werden, — dass zur Ehre
1) Geiger, J. Reuchlin S. 79. 2) Geiger S. 212.
3) Es steht in den Lamentationes obsc. virorum, Opp. Hutteni ed.
Boecking M, 335.
64 Bücherverbote 1491—1517.
der christlichen Religion so bald wie möglich das Lesen des Baches
als eine pestbringende Seuche verboten nnd gegen die Urheber
dieses scandalösen Greschwätzes mit der gebührenden Strafe vorge-
gangen werden muss. Darum ermahnen Wir kraft apostolischer
Autorität ^ durch Gegenwärtiges alle Christgläubigen beider Ge-
schlechter und jeden Ranges und befehlen ihnen bei Strafe der Ex-
communicatio latae sententiae, binnen drei Tagen, nachdem sie von
Gegenwärtigem Eenntniss erlangt, sich von dem Lesen des besagten
Buches und der Exemplare desselben für immer zu enthalten nnd
diese zu verbrennen.'*
Merkwürdiger Weise wurden die Epistolae erst in den Lö-
wener Index von 1558 und von Paul IV., der diesen sonst fast
vollständig seinem Index einverleibte, ohne Zweifel durch ein Ver-
sehen, nicht aufgenommen. Erst aus dem Antwerpener Anhang zu
dem Abdruck des Trienter Index von 1570 sind sie durch S. Cl.
in den Rom. Index gekommen.
Ein eigen thümlicher Streit entstand in Rom unter Leo X. über
die mit einem Privilegium von ihm zu Venedig 1516 gedruckte
erste Ausgabe des päpstlichen Rituale oder Pontificale, einer
Zusammenstellung der bei den vom Papste vorzunehmenden oder
auf ihn bezüglichen Acten zu beobachtenden Rubriken und zu
sprechenden Gebete und Formeln *). Diese Zusammenstellung hatte
Augustus Patricius Piccolomini, Bischof von Pienza, 1488 unter Inno-
cenz VIII. gemacht. Als das Buch erschienen war, beklagte sich
der päpstliche Ceremonienmeister Paris de Grassi (de Crassis) bitter,
erst bei den Cardinälen, dann bei dem Papste: er beschuldigte den
Herausgeber Marcelli des Plagiates, weil er den Verfasser, Picco-
lomini, nicht genannt, wies ihm allerlei Versehen und Ungenauig-
keiten nach, erklärte die Bekanntmachung der in dem Buche ent-
haltenen Dinge durch den Druck für etwas sehr Bedenkliches *) und
1) Der vollständige Titel des Buches (bei Clement Vll, 26) ist:
Rituum ecclesiasticorum s. sacrarum ceremoniarum Rom. Ecclesiac libri III
non ante impressi . . . Est in fronte operis Rev. et doctissimi Corcyrensis
Archiep. Christoph. Marcelli ad S. D. N. Leonem X. Epistola cum indice.
Diris Pontificiis interdictum, ut non praedictum dicas manoeps, librarie,
ne quis infra quinqucnnium praeter nos cxcudat. Quare caveas ne lucri
cupiditas transversum te actum et graviore poena viventem afficiat et
mortuum barathro aeternum addicat. Vgl. Mabillon, Museum It. II,
p. V. 687.
2) Grassi sagt in seiner Eingabe an Leo X. (Mabillon p. 588) : Novit
jam pridem Sanctitas Tua, omnera Rom. Pontificis auctoritatem, omnem
majestatem hujus sacrosanctae sedis pendoro ox animis opinionibusque
principum et praelatorum. Dum enim ilii summos pontifices non tanquam
mortales homines, sed tanquam deos in terris existimant et credunt, illis
»e sponfp aus subjiciunt, illis parent, illos suspiciunt ac venerantur et
Päpstliche Erlasse gegen die Reformatoren. 65
beantragte, das Buch sammt dem Herausgeber zu verbrennen oder
doch diesen letztern zurecht zu weisen und zu züchtigen. Es wurde
am 11. März 1517 im Consistorium über die Sache verhandelt, und
Leo X. beauftragte drei Cardinäle mit der Untersuchung des Buches.
Was damals beschlossen wurde, ist nicht bekannt. Clemens VII.
soll das Buch unterdrilckt und den Neudruck verboten haben. Es
wurde jedoch in Köln und in Venedig nochmals gedruckt.
Bei den Verhandlungen des Concils von Trient berief man
sich im Dec. 1546 zur Begründung des Antrages, in den Decreten
das Concil als universalem Ecclesiam repraesentans zu bezeichnen,
auch darauf, dass in jenem mit Approbation Leo's X. erschienenen
Rituale gesagt werde : wenn der Papst auf einem allgemeinen Concil
selbst zugegen sei, würden dessen Decrete als vom Papste sacro
approbante concilio erlassene stilisirt; sei aber der Papst nicht zu-
gegen, so laute der Anfang der Decrete, wie in Basel: Sacros. ge-
neralis synodus in spiritu s. legitime congregata, generale concilium
faciens et universalem repraesentans Ecclesiam. Die Legaten ant-
worteten, jenes BucK könne keine Autorität beanspruchen und Leo X.
habe es nicht approbirt, sondern nur ein Privileg gegen Nachdruck
verliehen *).
7. Die ersten päpstlicheii Erlasse gegen die Schriften
der Reformatoren.
Am 9. August 1518 citirte der Auditor der apostolischen
Kammer, Bischof Hieronymus vonAscoli, den LeoX. beauftragt
hatte, unter Assistenz des Magister Sacri Palatii, Sylvester
Frier ias, Luthers Sache zu untersuchen, diesen nach Rom'^). Die
Citation wurde bekanntlieh indireet dadurch zurückgenommen,
dass der pilpstliche Legat Cardinal Thomas de Vio von Gaeta
(Cajetanus) den Auftrag erhielt, Luther zu verhören. Der Cardinal
wurde beauftragt, Luther, wenn er sich nicht füge, zu verhaften;
etiam adorant . . . Quodsi sacroram arcana pandantur et sacrao publi-
oentur cercmoniae, illico futurum est, ut omnis opinio minuatur, ut pon-
tificia auctoritas clangucscat necesso est.
1) Pallav. 8, 18, 3. — Das Buch wurde auch in der protestantischen *
Polemik vielfach verwerthet: Vergerio spricht wiederholt davon und Wenc.
Linck von Colditz gab 1539 heraus: ^Bapsts gepreng auß dem Cerimonien
Buch« etc. SaliglV, 176.
2) Pallav. 1, 6. 7.
Bensoh. Index. 5
a^ t'äpBtliche flrlasse gegen die fteformatoren.
wenn er seiner nicht habhaft werden könne, ihn und seine An-
hänger und Vertheidiger zu excoramuniciren und die Orte, wo
er Aufnahme finde, mit dem Interdict zu belegen'). Nach den
erfolglosen Verhandlungen in Augsburg geschah jedoch nichts
der Art. In der an Cardinal Cajetan gerichteten Bulle vom 9.
Nov. 1518, welche über die Lehre vom Ablass handelt*), wird
Luther nicht einmal genannt. Erst am 15. Juni 1520 wurde die
Bulle Exurge^) publicirt, worin der Papst „nach wiederholter
Berathung mit den Cardinälen und mit Oberen der Orden und
mehreren andcrenTheologen und Juristen" 41 Sätze als „respective
häretisch oder ärgernissgebend oder falsch oder tllr fromme
Ohren verletzend oder für Einfältige irreführend und der katho-
lischen Wahrheit widersprechend" verdammt und unter An-
drohung der Excommunicatio latae sententiae und anderer Strafen
zu behaupten, zu lehren und zu vertheidigen verbietet, und dann
fortfährt:
„Und weil die vorbesagten und mehrere andere Irrthämer in
den Büchern oder Schriften Martin Luthers enthalten sind, verdam-
men und verwerfen Wir die besagten Bücher und alle Schriften
oder Predigten des besagten Martinus, mögen sie sich in lateinischer
oder in irgend einer andern Sprache vorfinden, . . und verbieten
kraft des heiligen Gehorsams und unter den vorbesagten Strafen,
denen die Uebertreter von selbst verfallen sollen, allen Gläubigen,
dergleichen Schriften, Bücher, Predigten oder Blätter oder Abschnitte
derselben, welche die vorbesagten Irrthümer enthalten, zu lesen, zu
behaupten, zu predigen, zu loben, zu drucken, zu veröffentlichen
oder zu vertheidigen, selbst oder durch andere, direct oder indirect,
schweigend oder ausdrücklich, öffentlich oder heimlich, oder sie im
eigenen Hause oder an anderen öffentlichen oder privaten Orten
irgendwie zu haben; sie sollen vielmehr bei den oben angedrohten
Strafen sofort nach der Publication des gegenwärtigen überall von
den Ortsbischöfen und den anderen vorbesagten Oberen sorgfältig
gesammelt und öffentlich und feierlich in Gegenwart der Geistlich-
keit und des Volkes verbrannt werden."
Weiterhin werden Luther und seine Anhänger aufgefordert,
binnen 60 Tagen den besagten Irrthümern zu entsagen und alle
sie enthaltenden Schriften zu verbrennen, — Luther, die Irr-
thümer förmlich zu widerrufen und binnen weiteren 60 Tragen
1) Pallav. 1, 9, 8. Die Ekshtheit des betreffenden Actenstücks (Le
Fiat, Mon. II, 6) wird bestritten, vertheidigt von Köstlin, Luther I, 228.
2) Le Plat II, 21. 3) Bull. I, 610.
Bullen gegen Luther. 67
den Widerruf einzusenden, — widrigenfalls sollen sie als noto-
rische und hartnäckige Ketzer behandelt werden. Ferner wird
allen Christgläubigen verboten, „die Bücher, welche von dem
besagten Martinus verfasst oder herausgegeben worden oder
verfasst oder herausgegeben werden werden, auch wenn sie die
besagten IrrthUmer nicht enthalten, — als von einem dem ortho-
doxen Glauben feindseligen und darum dringend verdächtigen
Menschen ausgehend, und damit sein Andenken aus der Gesell-
schaft der Christgläubigen gänzlich vertilgt werde, — zu lesen
. . . und zu behalten".
In der Bulle Decet Romanum Pontificem vom 3. Jan. 1521 ^)
wird constatirt, dass einige Anhänger Luthers sich bekehrt und
dass an einigen Orten in Deutschland seine Schriften öffentlich
verbrannt worden seien, Luther selbst aber mit seinen Anhängern
und Beschützern der Excommunication und den anderen in der
ersten Bulle angedrohten Strafen verfallen erklärt und den
Rischöfen geboten, dieses zu publiciren.
Ueber die Bulle Exurge wurde vom 21. Mai bis 1. Juni 1520
viermal im ConsiHtorinm verhandelt und namentlich darüber dificu-
tirt, oh die 41 Artikel in genere (in globo, wie man später sagte)
oder in specie zu verdammen «eien, d. h. ob von jedem einzelnen
Artikel gesagt werden solle, dass er häretisch, oder dass er ärger-
nissgebend u. s. w. sei, oder ob, wie wirklich geschah, nach An-
führung aller Artikel die verschiedenen Qualificationen mit respective
beizufügen seien. Namentlich behufs Qnalüication der Artikel wur-
den in dem Consistorium vom 23. Mai, — dem auch Cardinal
Cajetan, obschon unwohl, beiwohnte, — die Ordensgenerale, der Ma-
gister Sacri Palatii und mehrere Theologen, darunter auch Eck,
gehört *). — Die Bulle war von dem Cardinal Accolti concipirt.
Card. Pucci, damals Datar, legte einen andern Entwurf vor; aber
der Entwurf Accolti's wurde nach lebhaften Discussionen mit eini-
gen Aenderungen angenommen').
Die theologischen Facultäten zu Köln und Löwen hatten schon
am 29. Aug. resp. 7. Nov. 1519 ein 488 Seiten starkes Buch von
Luther — nach dem, was darüber gesagt wird, war es ein Sammel-
band, der die 95 Thesen, die darauf bezüglichen Schriften und die
Sermonen über die ßusse, den Bann, den Ablass und die würdige
Bereitung zu dem hochwürdigen Sacrament enthielt, — censurirt und
„doctrinaliter judicirt", das Buch sei zu verbieten und zu verbren-
1) Bull. I, 614.
2) Laemmef, Melet. Rom. Mantissa, 1875, p. 195.
3) Pallav. I, 20, 3. C. Bromato, Storia di Paolo IV., 1748, I, 78.
68 Päpstliche Erlasse geg^en die Reformatoren.
nen, der Verfasser zum Widerruf anzuhalten. Die Lowener sagen
dabei, sie hätten schon im vorigen Jahre den Verkauf des Buches
an der Universät verboten. Eine ganz ähnliche, nur noch ausführ-
licher motivirte Censur publicirte die Sorbonne über Schriften von
Luther 15. April 1521, ohne die Bulle zu erwähnen*).
In der Sitzung der Wiener theologischen Facultät beantragte
14. April 1520 der Decan, die Facultät möge, da sie pravitatis
baereticae inquisitrix sei, gegen die scandalösen und gegen den
christlichen Glauben verstossenden Schriftchen, die in Wien gedruckt
würden, einschreiten. Die Facultät beschloss, zunächst den Bischof
und den „Consulatus" anzugehen; wenn diese nichts thun wollten,
werde die Facultät gemäss dem ihr von dem apostolischen Stuhle
übertragenen Amte einschreiten und den Druck und Verkauf solcher
Schriften unter kanonischen Censuren verbieten *). Es scheint nichts
weiter geschehen zu sein. Unter dem 14. Oct. 1520 übersandte
Eck der Wiener Universität die Bulle gegen Luther mit der Auf-
forderung, sie ihren Untergebenen zu publiciren und diesen zu be-
fehlen, Luthers Schriften zum Verbrennen abzuliefern. Die Univer-
sität scheint nun bei dem Kaiser angefragt zu haben; denn Alean-
der meldet 25. Febr. 1521, der Kaiser habe ihr geantwortet, sie
solle sofort die Bücher verbrennen^). 1521 gebot denn auch Fer-
dinand I. das Verbrennen^).
In Ingolstadt wurden auf Ecks Antrag schon am 29. Oct. 1520
Luthers Schriften von dem Rector verbrannt*). Luther verbrannte
darauf 10. Dec. 1520 die Bulle, das Jus canonicum und Schriften
von Eck und Emser. Ein ähnliches Autodefe wurde in Leipzig und
an einigen anderen Orten veranstaltet. — Aleander bewirkte die
Verbrennung der Schriften Luthers, die er „für eine sehr heilsame
und nützliche Sache hielt und für ein besseres Mittel, ihre Ver-
dammung bekannt zu machen» als die blosse Publication der Bulle",
an mehreren Orten in Belgien und im westlichen Deutschland. „Ich
verfuhr, rühmt er sich, Anfangs (in Belgien) mit solcher Gewandt-
heit, dass der Kaiser und seine Räthe die Verbrennung der Bücher
eher sahen, als es ihnen zum Bewusstsein kam, dass sie mir wirk-
lich das Mandat gegeben. Ebenso wurde in Köln, fast ehe jemand
1) Arg. I b 358. 366. Aleander Hess sie in Worms drucken, obschon
er nicht ganz damit zufrieden war, weil der Primat des Papstes gar nicht
darin erwähnt war. Er meint, das sei geschehen per la causa antica della
scola parisina super Pontifice et Concilio; er wolle, wenn er nach Paris
komme, die Pariser Doctoren zu bestimmen suchen, sich in diesem Punkte
den anderen Schulen anzuschliessen und eine zweite Censur zu machen.
Friedrich, Die Briefe Aleanders (Abh. der Münchener Akad. XI, 3), S.126.
2) Th. Wiedemann, Gesch. der Ref. und Gegenref., 1879, I, 11.
3) Friedrich S. 112.
4) Archiv f. österr. Gesch. 50, 216.
5) Wiedemann, J. Eck, S. 163. Prantl, Gesch. der L.-M.-Univ. I, 146.
Verbrennung der Schriften Luthers. 69
daran dachte, eine schöne Execution in Scene gesetzt." Auch der
Cardinal von Mainz Hess sich trotz des Abrathens vieler angesehener
Männer bestimmen, die Verdammung der Bücher unter Trommel-
Bchall im ganzen Lande bekannt zu machen und das Volk zur feier-
lichen Verbrennung derselben einzuladen. Vor der Ankunft Luthers
in Worms erwirkte Aleander auch ein kaiserliches Mandat, Luthers
Bücher in ganz Deutschland an die Obrigkeiten abzuliefern ; den Be-
fehl, sie zu verbrennen, konnte er nicht durchsetzen *)• — In dem
Wormser Edict von 1521 sagt Karl V., die Bulle sei an verschie-
denen Orten in Deutschland publicirt und auf seinen Befehl nicht
nur zu Löwen, sondern auch zu Köln, Trier, Mainz und Lüttich
exequirt worden. Auch zu Halberstadt, Meissen und Merseburg
wurden Luthers Bücher verbrannt*). Zu Köln suchte Aleander
auch Friedrich den Weisen zu bestimmen, Luthers Bücher verbren-
nen und ihn selbst hinrichten zu lassen oder gefangen nach Rom
zu schicken'). p
In England weigerte sich Cardinal Wolsey, auf die Bulle
Exurge hin die Verbrennung der Schriften Luthers anzuordnen, da sie
ihn dazu nicht autorisire. Er wurde dann durch ein Breve vom
16. April 1521 dazu ange wieset). Der Papst schickte ihm zugleich
ein Exemplar von Luthers Buch von der babylonischen Gefangen-
schaft, mit dem Bemerken, nicht das Buch, sondern der Verfasser
verdiene verbrannt zu werden. Er erklärte übrigens, es sei nicht
seine Absicht gewesen, das Lesen der Bücher Luthers denjenigen
zu verbieten, welche die fromme Absicht hätten, sie zu widerlegen;
solchen dürfe Wolsey die Erlaubniss ertheilen. Daraufhin ordnete
Wolsey als Legat „mit Zustimmung des Königs und nach Hnck-
sprache mit dem Erzbischof von Canterbury und anderen Prälaten*^
die Verbrennung an*).
Ueber die Ausführung der Bullen in Spanien und Fran-
kreich s. u.
In Rom fand die feierliche Verbrennung der Schriften Luthers
am 12. Juni 1521 statt; es wurde zugleich Luther selbst in effigie
mit verbrannt*).
1) Friedrich S. 90. 113. 122.
2) Pallav. 1, 23, 10.
3) Schlottmann, Erasmus redivivus p. 271.
4) Wilkins III, 690. Blunt, Ref. of the Ch. of Engl. I, 81. Bei
Gelegenheit der Verbrennung der Luthcr'sohen Schriften in London hielt
der Bischof John Fisher von Rochester die Predigt. The Engl. Works
of John Fisher, coli, by J. E. B. Mayor, 1876, I, 311.
5) Lutzenburg, Catal. 1. 5 p. 8: Neo practereundum est qnod fac-
tum est Romao a. 1521. 12. Junii hora X. secundum nostrum horologium
in campo agonis coram infinita ferme multitudiuc hominum ntriusquo sexns,
ubi erecta erat machin a : ab una parte fuit depictus Martinus in habitu
monachi, ab altera parte fuit scriptum in tabellis: Martini Lutheri hae-
70 Päpstliche Erlasse gegen die Reformatoren.
Dass in streng kirchlichen Kreisen das Verbot der Schriften
Luthers beachtet wurde, zeigt sein 1521 herausgegebener (in diesem
Jahre in 8 Ausgaben erschienener, „Unterricht der Beichtkinder über
die verbotenen Bücher" *) und die Thatsache, dass Erasmus, wohl
nicht so sehr zur Beruhigung seines eigenen Gewissens, als um
nicht angefochten zu werden, — nam hodie sycojjhantarum et Cor-
cyraeorum plena sunt omnia, und nolim enim dari ansam TOi^ ttovti-
poig oubevog äXXou beofievoi^, sagt er in dem betreffenden Briefe
vom J. 1521*), — Paolo Bombasio bat, ihm vom Papste die Er-
laubniss zum Lesen der Bücher Luthers zu erwirken, nachdem ihm
der Legat Aleander, an den er sich zuerst gewendet, gesagt hatte,
er könne ohne specielle Vollmacht des Papstes die Erlaubniss nicht
ertheilen.
Unter dem 12. Juli 1520 erliess Leo X. ein (von J. Sadolet
unterzeichnetes) Breve an den Cardinal« Albrecht, Erzbischof von
Mainz'*), worin er sagt: es sei ihm ein von einem gewissen Ulrich
Hütten verfasstes oder aufgefundenes Buch zu Gesicht gekommen,
welches in der Vorrede Schmähungen gegen den h. Stuhl enthalte;
die Ueberbringer hätten gesagt, sie hätten noch andere, noch schlechtere
Bücher von diesem Hütten ; derselbe sei ein familiaris des Erzbischofs
und die Bücher seien in Mainz gedruckt. Er, der Papst, könne
nicht wohl annehmen, dass unter den Augen des Erzbischofs in
seiner Residenz von einem seiner Hausgenossen ohne sein Vorwissen
etwas so verbrecherisches habe herausgegeben werden können; er
möchte gern glauben, dass der Erzbischof nichts davon wisse, er-
mahne ihn aber einzuschreiten. Der Cardinal antwortete: er habe
die schlechten Schriften Huttens, die veröffentlicht worden seien,
ehe er auch nur die leiseste Ahnung davon gehabt, zu unterdrücken
gesucht und mehrere Personen, deren schlechte Gesinnung gegen
resiarchac doctrina haeretica dcclarata et reprobata; et passini libri ejus
fucrunt affixi. Et coram hac machina prachabita fuit oratio et declaratio
sententiae per venerabilem Patrem Cyprianum Ord. Praed., S. Theol.
Doctorem, lectorem legen tom in Sapientia, de domo vicarii papao. Iguis
quoquo cum maohina compositus fuit et accensus per byrros et familiäres
inferiores vicarii papae, et sie libri cum imagine autoris adusti sunt. Is. 1,
3 1 : Erit fortitudo vestra ut favilla stuppae et opus vestrum quasi scintilla,
et succendetur utrumque simul.
1) Erl. 24, 204—9. 2) Ep. 594.
3) Vgl. Kampschulte, Erfurt II, 82. Gerdes, H. Ref. II, Mon. p. 11.
Der Cardinal erhielt das Breve am 25. October 1520 gleichzeitig mit vier
anderen : eins bezog sich auf die Unterdrückung der Lutherischen Ketzerei,
zwei auf die Mission Aleanders und Caracciolo's, in dem vierten zeigte
ihm der Papst an, er übersende ihm die goldene Rose, novo exemplo,
da sie sonst nur weltliche Fürsten erhielten.
Hütten. Walram von Naumburg. 71
Seine Heiligkeit er erkannt , sofort aus seiner Umgebung entfernt,
darunter auch Hütten, der ihm früher sehr theuer gewesen, sobald
er von dessen Schrift gegen den Cardinal Cajetan erfahren
habe. Erst nach seiner Eückkehr aus der Magdeburger Diöcese
habe er erfahren, dass derselbe abscheuliche Sachen durch einen
Mainzer Bürger habe drucken lassen. Gegen Hütten könne er nichts
thuen, da sich derselbe auf einer sehr festen Burg befinde und, wie
er höre, eine starke Eeiterschaar sammeln und so ihm selbst bei-
nahe furchtbar werden könne. Den Drucker aber habe er novo
exemplo trotz der Fürsprache angesehener Leute einkerkern lassen
und das Kaufen und Verkaufen von dergleichen schmählichen und
gegen den h. Stuhl gerichteten Schriften und zugleich der Luther-
schen Schriften, obschon er diese schon im vorigen Jahre strenge
verboten, in seinen Diöcesen untersagt.
Das fragliche Buch ist: De unitate ecclesiae conservanda
et schismate, quod fuit inter Henrichum IV. Imp. et Gregorium VII.
P. M., cujusdam ejus temporis liber in vetustissima Fuldensi biblio-
theca ab Hutteno inventus nuper, Mainz 1520, mit einer Zuschrift
an Erzherzog Ferdinand, die allerdings starke Ausfälle gegen Rom
enthält*). Als Verfasser der um 1100 veröffentlichten Schrift wird
von den meisten Walram, Mönch von Hersfeld, 1089 von Hein-
rich IV. zum Bischof von Naumburg berufen, angesehen, der mit
mehreren gut geschriebenen Abhandlungen und offenen Briefen den
Bestrebungen Hildebrands und seiner Partei entgegentrat*). — Die
Schrift steht als Liber de unitate eccl. seit P. im Index.
8. Die Bnlla Goenae Domini.
Bulla Coenae (oder in Coena) Domini (im Deutschen ge-
wöhnlich Nachtmahlsbnlle genannt, die richtige Uebersetzung
wäre Grtindonnerstagsbulle) heisst bekanntlich eine Bulle, welche
früher in Rom alljährlich am Gründonnerstage feierlich ver-
lesen wurde. Sie ist eine Zusammenstellung von Excommuni-
cationen, welche im Laufe der Zeit von den Päpsten über be-
stimmte Classen von Personen verhängt worden ; mitunter wurde
1) Baumg. I, 413.
2) Wattenbach, Deutschi. Gesohichtsqu. H, 62. 379. Helmsdörfer,
Wilhelm von Hirschau S. 26, meinti die Schrift sei nicht von Walram,
sondern in Hersfeld verfasst. Neueste Ausgabe: Waltrami ut videtur 1.
de Unit. Eccl. cons., rec. W. Schwenkenbecher, Hann. 1888. 8 (in den
Scriptores rer. germ.).
72 Die Bulla Coenae.
die Excommunication einzelner Personen darin eingeschoben
(s. 0. S. 41). In ihrer ersten Fassung rührt sie von Urban V.
(1364) herO; ihre spätere Fassung erhielt sie durch Julius IL
imJ. 1511, aber mehrere folgende Päpste haben sie im einzelnen
modificirt und mehrfach erweitert.
In dem die Häretiker betreffenden Passus nennt Julius II.
eine Anzahl von mittelalterlichen häretischen Parteien, auch „die
Wiclefiten oder Husiten"«). Hadrian VI. fügte 1524 bei:
„und Martin Luther und diejenigen, welche die Bücher dieses
Martinus oder irgendwelcher anderer derselben Secte ohne Unsere
und des apostolischen Stuhles Autorität irgendwie lesen oder in
ihren Häusern haben, drucken oder irgendwie vertheidigen, aus irgend
einem Grunde, öffentlich oder heimlich, aus irgend welcher Absicht
oder unter irgend welchem Vorwande"').
In der Redaction Pauls IIL vom 13. April 1536 (dieses ist
die in dem Index Pauls IV. erwähnte Bulla Coenae Domini)
lautet der Passus:
,,Wir excommuniciren und anathematisiren . . alle Häretiker,
die Katharer, Patarener . . ., auch diejenigen, welche der von
Leo X. verdammten gottlosen und abscheulichen Ketzerei Martin
Luthers anhangen und diesen irgendwie begünstigen, damit er nicht
bestraft werden könne, und alle Häretiker, wie sie auch heissen
mögen, und alle ihre Begünstiger und Beschützer und diejenigen,
welche die Bücher jenes Martinus" u. s. w., wie oben*).
In der Bulle Gregors XIII. vom 4. April 1583 wurde dieser
Passus in folgender Weise modificirt und in dieser Fassung
wurde er ohne nennenswerthe Aenderungen in den späteren
Bullen beibehalten:
„Wir excommuniciren . . . alle Husiten, Wiclefiten, Lutheraner,
Zwinglianer, Calvinisten, Hugenotten, Anabapstisten , (Anti-)Trini-
tarier (von Paul V. wurde 1610 beigefügt: „und die vom christ-
lichen Glauben Abgefallenen") und alle Häretiker, wie sie auch
1) Bull. I, 261.
2) Bull. I, 507 : omnes haereticos, Gazaros (so im Bull., zu lesen ist
CatharoB, wie in der Bulle Nicolaus' III. von 1280, Bull. I, 156, aus
welcher diese Ketzernamen entnommen siud), Patarenos, Paupores de Lug-
duno, Amaldistas, Spcronistas, Passagenos, Wiclefitas seu Hussitas, Frati-
cellos de Opinione nuncupatos et quoscumquc alios haereticos ac omnes
fautores, receptatores et defensores eorundem.
3) Zaccaria p. 139. Die Bulle Hadrians steht nicht im Bullarium.
4) Bull. I, 718.
Die Bulla Coenae. 73
•
beissen und zu welcher Secte sie auch gehören mögen, und ihre An-
hänger (eorum credentcB). Beschützer und Gönner und überhaupt alle
ihre Vertheidiger und diejenigen, welche ihre Bücher, die eine
Ketzerei enthalten oder über Religion handeln, ohne Unsere und
des apostolischen Stuhles Autorität wissentlich lesen oder behalten
oder drucken oder irgendwie vertheidigen, aus irgend einem Grunde
u. 8. w., auch die Schismatiker und diejenigen, welche sich dem Ge-
horsam gegen Uns und den zeitigen Römischen Papst hartnäckig
entziehen" *).
Seit Julius IL ist in der Bulle vorgeschriebeD, alle Bischöfe
sollten dieselbe wenigstens einmal jährlich feierlich publicireu,
seit Gregor XIII . auch, alle Pfarrer, Seelsorger und Beichtväter
sollten eine Abschrift oder einen Abdruck der Bulle besitzen
und fleissig studiren. Die jährliche feierliche Publication der
Bulle hat wohl auch im 16. Jahrhundert ausserhalb Italiens nur
an wenigen Orten stattgefunden, — wo sie publicirt wurde, ge-
schah es in der Regel, wie in Rom, am Gründonnerstage in der
Kathedrale ; — seitdem Pius V. eine Reihe von Excommunica-
tionen beitügte, welche die Rechte der Kirche, wie er sie ver-
stand, den weltlichen Regierungen gegenüber zur Geltung bringen
sollten, wurde auch von katholischen Regenten die Publication
verboten und von ihnen und von vielen Theologen und Kano-
nisten die Bulle als in ihren Ländern nicht verbindlich ange-
sehen. In Rom aber und von den curialistischen Theologen und
Canonisten ist die Bulle immer als ihrem ganzen Inhalte nach
für die ganze Kirche rechtskräftig angesehen worden. Am 20.
Sept. 1657 erklärten die Qualificatoren der Inquisition den Satz,
die Bulle sei nach der wahrscheinlichen Meinung vieler in Belgien
nicht recipirt, einstimmig für „falsch, verwegen, irrig, die Au-
torität des h. Vaters beeinträchtigend und den Weg zum Schisma
bahnend" 2), und wenn auch weder damals noch später eine
diesem Gutachten entsprechende Erklärung publicirt worden ist,
so gibt dasselbe doch unzweifelhaft die Römische Anschauung
richtig wieder.
Wenn seit dem J. 1770 in Folge einer Anordnung Clemens'
XIV. die alljährliche Publication der Bulle auch in Rom nicht
1) Bull. U, 496. Die Bulle von Paul Y. steht III, 281, die von
ürban VIII. vom 1. April 1627 V, 126.
2) Albit. p. 316.
74 Die Bulla Coenae.
mehr stattÜDdet, so i»t darnm die Bulle nicht aufgehoben.
Clemens XIV. beabsichtigte allerdings auch, die Bulle zu refor-
rairen, er hat diesen Plan aber nicht ausgeitlhrt *). Erst durch
die Bulle Pius' IX. vom 12. Oct. 1869 «) ist eine Anzahl von
Bestimmungen der Grtindonnerstagsbulle aufgehoben oder modi-
ficirt worden. Die auf die Häretiker und ihre Bücher bezügliche
Bestimmung hat folgende Fassung erhalten:
„Der in besonderer Weise dem Papste reservirten Excommuni-
catio latae sententiae erklären Wir für verfallen : 1 . alle vom cbrist-
licben Glauben Abgefallenen und alle und jegliche Häretiker, wie
sie auch heissen und welcher Secte sie auch angehören mögen, und
diejenigen, welche ihnen glauben, sie aufnehmen, begünstigen oder
in irgend welcher Weise vertheidigen ; 2. alle und jegliche, welche
ohne Autorität des apostolischen Stuhles wissentlich Bücher der Ab-
gefallenen oder Häretiker, welche die Häresie vertheidigen, oder
Bücher irgend eines Schriftstellers, welche durch apostolische Schrei-
ben namentlich verboten sind, lesen, behalten, drucken und in irgend
welcher Weise vertheidigen."
Die Excommunicatio, welche in den das Bücherwesen betref-
fenden Verordnungen angedroht wird, ist in der Regel wie in der
Bulla Coenae die E. maior, welche nicht bloss, wie die E. minor,
die Ausschliessung von den Sacramenten und die Unfähigkeit, ein
Amt zu erlangen, sondern auch die Ausschliessung von dem öffent-
lichen Gottesdienste, die Versagung des kirchlichen Begräbnisses,
den Verlust der Jurisdictionsrechte u. s. w. zur Folge hat*). Die E.
ist ferner in der Hegel latae (nicht ferendae) sententiae oder ipso
facto incurrenda, d, h. wer die betreffende Verordnung übertritt, ver-
fällt damit von selbst, ohne dass es eines Urtheils bedürfte, der
Excommunication.
Die Excommunicationen der Bulla Coenae gehören endlich zu
den dem Papste reservirten, d. h. zu denjenigen, von welchen nur
der Papst selbst oder ein von ihm Bevollmächtigter lossprechen
kann. Special! modo reservirt heissen diejenigen, bei welchen diese
Vollmacht nur für jeden einzelnen Fall ertheilt wird, während bei
den anderen vielfach Bischöfe generell ermächtigt werden, im Namen
des Papstes loszusprechen. Nur ein Sterbender kann von jedem
Priester von allen Excommunicationen losgesprochen werden*).
1) Theiner, Clemens XIV., I, 470.
2) Constitutio S. D. N. Pii IX., qua numerus oensurarum latae sen-
tentiae restringitur, anfangend mit den Worten Apostolicae Sedis modera-
tioui, abgedruckt in Acta et decreta Concilii Yaticani, Freib 1871, p. 77.
Vgl. dazu K.-L. I, 1125, und P. Avanzini, Erklärungen zur Constitution
Ap. Sedis, übers, v. H. Kömstedt, Münster 1873.
3) Schulte, Lehrbuch S. 370.
4) In der Bulle Julius' II. heisst es : a quibus oxcommuuicationibus
Die Bulla Coenae. 75
Der Jesuit Faure*) sagt: Die Censuren latae sententiae seien
in älterer Zeit sehr selten gewesen, noch im Decrete Gratians komme
kaum die eine oder andere vor, aber seit dem 1 3. Jahrhundert seien
sie immer zahlreicher, zuletzt so gewöhnlich geworden, dass man
sagen könne, nach dem Curialstil schliesse ein kirchliches Decret
ebenso regelmässig mit der Clausel, worin die £xc. latae sent. an-
gedroht werde, wie ein .Psalm im Brevier mit dem Gloria Patri etc.
oder einer Oration mit Per Dominum nostrum J. C. — Vor der
Publication der Bulle Pius' IX. zählten die Canonisten 110 £xcom-
municationes 1. s.; in dieser Bulle werden ausdrücklich noch 37,
darunter 12 dem Papste speciell, 18 einfach reservirte, aufrecht er-
halten, daneben aber noch manche, die nicht speciell verzeichnet
sind*).
Ein charakteristisches Beispiel der ausgedehnten Anwendung
der Exe. 1. s. ist ein Privilegium, welches vor der von Philipp
Beroaldus besorgten Editio princeps der fünf ersten Bücher der
Historiae des Tacitus vom J. 1516 steht: Leo X. verbietet den
Nachdruck derselben unter Androhung der Excommunicatio latae
sententiae; der Mailänder Drucker Alessandro Minuziano, welcher
sich die Aushängebogen des Werkes verschaffte und es in dem-
selben Jahre nachdruckte, wurde nach Rom citirt, die Sache aber
durch Vermittlung der Mailänder Behörden beigelegt. Solcher Privi-
legien wurden in der Folge mehrere verliehen; denn im J. 1582
erliess Carl Borromeo für seine Kirchenprovinz eine Verordnung,
worin der Nachdruck derjenigen Bücher verboten wurde, denen der
Papst ein Privilegium unter Androhung der Excommunication ver-
liehen *).
Die Ansichten der Casuisten über das Bücherverbot der Bulla
Coenae werden gut zusammengefasst von Ferraris*): Um durch
das Lesen eines Buches der durch die Bulle verhängten Excommu-
nication zu verfallen, muss 1. das Buch von einem Häretiker ver-
fasst sein, nicht etwa von einem üngetauften oder von einem Ka-
tholiken, der nur aus Unvorsichtigkeit oder Unwissenheit eine
Ketzerei ausgesprochen; 2. das Buch muss eine Häresie enthalten
oder über Religion handeln; 3. der Leser muss wissen, dass das
Buch von einem Häretiker verfasst ist und eine Häresie enthält oder
über Religion handelt; 4. er muss das Buch ohne Erlaubniss des
. apostolischen Stuhles lesen ; 5. er muss so viel lesen, wie zu einer
Todsünde genügt. Wie viel das ist, darüber sind die Casuisten nicht
nullus per alium quam per Rom. Pont., nisi duntaxat in mortis articulo
oonstitutus, absolvi possit, nee etiam tunc, nisi de stando S. Rom. Ecclesiae
mandatis satisfactione vel sufficienti cautione praestitis.
1) Commentarium p. 79, s. u. §. 17.
2) K.-L. I, 1125. 26.
3) Documenti inediti o rari delle relazioni fra lo Stato e la Chiesa,
Rom 1881, I, 85.
4) Promta Biblioth. s. ▼. libri prohibiti n. 27; vgl. Albit. p. 287.
76 Die Bulla Coenae.
einig : zu »trenge, meint Ferraris, sei die Meinung des Toletus, dass
eine bis zwei Zeilen geniigen würden, zu lax die Meinung von
Sanchez, Sa u. a., es müsse so viel sein, dass es für sich ein Buch
ausmachen würde ; andere meinen : eine Seite. Ferraris selbst ist
der Ansicht, es lasse sich keine allgemeine Regel aufstellen; einige
Zeilen zu lesen, die Ketzereien enthalten, sei schlimmer, als ganze
Seiten zu lesen, die nichts Ketzerisches enthalten. Die Meinung,
dass einzelne gedruckte Briefe, Fredigten u. dgl. nicht als Bücher
im Sinne der Bulle anzusehen seien, entbehrt nach Ferraris nicht
der Probabilität »).
Durch die Bulle Pius' IX. erleiden diese Bestimmungen einige
Modificationen. Avanzini (a. a. 0. S. 13) gibt folgende Erläute-
rungen : Man verfällt jetzt der dem Papste reservirten Excommuni-
cation durch das Lesen von Büchern, welche a. von Apostaten oder
Häretikern verfasst sind, b. die Häresie enthalten und c. dieselbe
vertheidigen, also nicht durch das Lesen von „Wochenschriften oder
Tagesblättern, so lange sie in sich abgeschlossene Blätter bleiben,
da sie nicht zu den Büchern zählen, auch nicht durch das Lesen
von Büchern, welche die Häresie einfach lehren, ohne dieselbe zu
vertheidigen, oder welche von Anhängern der Häretiker, die nicht
formell zu ihrer Secte gehören; verfasst sind, wohl aber durch das
Lesen von Büchern zur Vertheidigung der Häresie, die von Katho-
liken verfasst sind, welche Freidenker, Ungläubige, Religionslose,
Rationalisten, Spiritisten u. dgl. geworden sind, da diese als Apo-
staten gelten.* — Einige weitere Bestimmungen werden später bei
den Regeln des Index zu besprechen sein.
Die Ansicht, dass man in denjenigen Ländern, in welchen die
Bulla Coenae (und der Trienter Index) gar nicht oder nicht ihrem
ganzen Umfange nach recipirt sei, der auf das Lesen verbotener
Bücher gesetzten Strafe nicht verfalle, wird u.a. von Gretser( 1604)
vorgetragen : Ein Gesetz, sagt Navarrus, verpflichtet nicht, so lange
es nicht von dem grössern Theile des Gemeinwesens (civitas), zu
welchem der Uebertreter gehört, recipirt ist; denn es wurde doch,
wie es scheint, unter der Voraussetzung promulgirt, dass es wenig-
1) Der Jesuit Jak. Gretser (De jure et more prohibendi etc. Opera
13, 97) meint: da die Bulle nur vom Lesen ketzerischer Bücher spreche,,
so verfalle derjenige nicht der Excommunication, der einen andern
ein solches Buch vorlesen höre; nur dürfe er diesen nicht dazu veranlasst
haben, denn wenn Jemand sich durch seinen Bedienten ein Buch vor-
lesen lasse, so sei das so gut, als wenn er es mit eigenen Augen lese.
Alphons Liguori (Homo apost. Tr. 19, a 2, p. 3. n. 59) erklärt sogar die
Ansicht für probabel, dass derjenige, welcher zuhöre, wenn ein anderer
„auf seinen Befehl^ ein solches Buch vorlese, nicht der Excommunication
verfalle, sogar nicht einmal sündige, falls keine Gefahr da sei, dass er
von dem Anhören Schaden nehme. Ob der vorlesende Bediente in diesem
Falle sündige und der Excommunication verfalle, davon sagt er nichts.
Die Bulla Coenae. 77
stens von der Mehrheit angenommen werde. Zweitens ist eine
üehertretnng eines menschlichen Gesetzes keine Sünde, wenn ein ge-
rechter Grund dafür vorhanden ist; man hat aher einen gerechten
Grand, ein Gesetz nicht zu heohachten, wenn man sieht, dass es
von anderen nicht heohachtet wird und von Anfang an nicht beob-
achtet worden ist; denn da ein Gesetz den gemeinen Nutzen be-
zweckt, ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber einen einzelnen nicht
verpflichten will, das zu beobachten, was seine Mitunterthanen von
Anfang an nicht beobachtet haben. So Navarrus, fügt Gretser bei,
und das ist wohl zu beachten als ein Heilmittel gegen viele Scru-
pel*). — Der Card. Albizzi führt noch andere curialistische Theo-
logen und Canonisten an, welche dieselbe Ansicht vertreten, Sanchez,
Becanus, Carena u. s. w. Er selbst aber — und er darf wohl als
ein authentischer Zeuge für die Anschauung der Curie angesehen
werden, — lehrt: alle päpstlichen Constitutionen verpflichteten alle
Gläubigen, sobald sie vom Papste promulgirt und ihnen bekannt
geworden, auch wenn sie in den einzelnen Provinzen nicht publicirt
worden seien ; das gelte auch von der Bulla Coenae, zumal die-
selbe alljährlich in Rom vor einer grossen Menschenmenge aus allen
Theilen der Welt publicirt werde*). Die Bulle selbst enthält auch
die Bestimmung, dass sie in Eom an den Thüren der Laterankirche
u. s. w. angeheftet werden solle, damit niemand sich damit entschul-
digen könne, dass ihm ihr Inhalt nicht bekannt geworden, „da es
nicht wahrscheinlich ist, dass das unbekannt bleiben sollte, was so
offen allen publicirt wird*'.
Wenn darüber gestritten wurde, ob die Bulle in gewissen
katholischen Ländern publicirt oder recipirt sei, so ist dabei zu be-
merken, dass Albizzi und andere sich für die Bejahung dieser
Frage auf die Thatsache stützten, dass die Bulle von den Bischöfen
publicirt oder den Beichtvätern zur Nachachtnng mitgetheilt sei und
von den geistlichen Behörden in praxi, wenigstens in foro conscien-
tiae als verbindlich angesehen werde ^), während die regalistischen
1) 1. c. Opp. 13, 98.
2) De inconst. p. 315. Die Ansicht von Gretser u. a., dass man in
Deutschland u. s. w. der auf das Lesen verbotener Bücher gesetzten Excommu-
nication nicht verfalle, wird noch von K. Martin, Moral, 4. Aufl. S. 320,
u. a. vorgetragen. Im K.-L. I, 1127 wird aber bemerkt, nach der Pro-
mulgation der Bulle Pius' IX. von 1869 sei diese Ansicht jedenfalls nicht
mehr haltbar.
3) Der Erzbischof Hermann von Wied von Köln publicirte sie im
J. 1515 in Folge einer speciellen Auflbrderung Leo's X. Hartzheim Conc.
VI, 142. Zts. f.Ph. und kath. Th. 1839, 11.29, 151. — Auf der Diöcesan-
synode zu Worms 1610 wurde verordnet, die literae processus die Coenae
Dom. quotannis edi solitae sollten in den Beichtstühlen hangen, die Seel-
sorger sollten die Bulle studiren und zweimal im Jahre in der Predigt
die Hauptpunkte derselben erläutern, namentlich die Exoommunication der-
78 Die Balla Coenae.
Theologen und Canonisten behaupteten, die Bulle habe in den be-
treifenden Ländern keine rechtliche Geltung, weil sie nicht von den
Regenten angenommen und ihre Publication angeordnet oder förm-
lich gestattet, vielmehr gegen die Bulle überhaupt oder gegen ein-
zelne Bestimmungen derselben protestirt worden sei. Nicht erst im
18. Jahrhundert, als der Streit über die Bulle sehr lebhaft wurde,
sondern auch schon um 1600 wurde von spanischen und neapoli-
tanischen Eegalisten, und zwar, wie Albizzi „mit Schaudern" con-
statirt, nicht nur weltlichen, sondern auch geistlichen Standes, die
Reception der Bulle in ihren Ländern geleugnet. So, wie es in der
Bulle vorgeschrieben wird, alljährlich und feierlich, ist sie wohl
ausserhalb Italiens überhaupt nicht und auch in einem grossen
Theile von Italien nicht publicirt worden.
Vereinzelte Massregeln der Staatsregierungen gegen die Bulle
kommen schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor: 1536
wurde ein Commentar des französischen Juristen Pierre Rebuff über
die Bulle confiscirt, und die Gens du Roi bemerken in ihrem Be-
richt an den Kanzler du Bourg, die Bulle enthalte vieles, was mer-
veilleusement etrange sei *); 1551 verbot Karl V., die Bulle in
Spanien zu drucken*). Aber die systematische Opposition begann
erst unter Plus V. Die Bulle in der Fassung, welche sie durch
diesen im J. 1568 erhielt, wurde von Philipp II. „retinirt*', d. h.
der König verbot vorläufig ihre Publication, mit der Erklärung, er
werde dem Papste Vorstellungen machen und ihn um Zurücknahme
oder Abänderung der Bulle bitten, — was aber nur die in Spanien
übliche Form der Verweigerung des Exequatur war').
Auch in Neapel wurde die Publication verboten und wurden
den Bischöfen, die sie trotz des Verbotes publicirten, die Tempo-
ralien gesperrt. Bei einigen wurde die Sperre wieder aufgehoben,
als sich herausstellte, dass sie vor dem Verbote und nicht die Bulle
von 1568, sondern die von 1567 publicirt hatten; auch einige
Drucker und Buchhändler, die wegen Verkaufs der Bulle verhaftet
worden, wurden wieder freigelassen, weil sie nur die Bulle von
1567 verkauft hatten. Der Papst Hess die Bulle den Beichtvätern
aus den Orden durch ihre Generale zustellen*).
In Mailand und in den zur Kirchenprovinz Mailand gehören-
jenigen, welche die kirchliche Jurisdiction verletzen und das „Erbtheil
Christi angreifen*', dabei aber auch gegen Wucherer und Blutschänder
„losziehen". Aehnlich die Diöcesansynode von Sitten 1626. Hartzheim VIII,
384. IX, 109.
1) Preuves des lib. de l'E. gall. I, 149.
2) V. de la Fuente, Hist. eccl. de Espafia V, 318. Als Hadrian VI.
1522 die Charwoche in Zaragoza feierte, Hess er die Bulle dort feierlich
verlesen.
8) Vgl. M. Philippson in Hist. Zts. 1878, 39, 275. 312. 421.
4) Seabra II, 577.
Die Bulla Coenae. 79
den Bisthümern wurde die Bulle 1566 durch Carl Borromeo publi-
cirt. Es wurden zwei Senatoren nach Spanien geschickt, um bei
dem Könige dagegen Vorstellungen zu machen; dieser gab ihnen
aber anheim, dem Papste ihre Bedenken vorzutragen. 1568 wurde
die Bulle in Gegenwart des Governatore, des Senats und der höch-
sten Beamten zu Mailand publicirt. Diese scheinen freilich vorher
nicht gewusst zu haben, worum es sich handelte. 1569 gestattete
Pius V. Borromeo, die Bulle nur in Gegenwart der Pfarrer und
Beichtväter zu publiciren, weil die Publication im J. 1568 „zu allerlei
Deutungen Anlass gegeben", und 1573 wurde Borromeo anheim-
gegeben, wenn die Publication auf Schwierigkeiten stosse, den Beicht-
väteni Abschriften zu übersenden. Die Publication fand jedoch in
Mailand und den anderen Diöcesen 1573 und in den folgenden Jahren
statt. Auf den von Borromeo gehaltenen Provincialsynoden von
1565, 1576 und 1578 wurde angeordnet, die Bulle in allen Beicht-
stühlen anzuheften. Einige Abschnitte der Bulle wurden alljährlich
auch italienisch publicirt. Die Regierung hat alles dieses nicht ge-
nehmigt, aber geduldet ').
In Venedig publicirte Casa 1549 seinen Index mit der Er-
klärung, wer die darin verbotenen Bücher lese etc., verfalle der in
B. C. ausgesprochenen Excommunication. Den Index Pauls IV.,
welcher die gleiche Bestimmung enthält, Hess der Inquisitor zu Ve-
nedig dort 1559 unter Beifügung eines Auszuges aus der B. C. von
1558 abdrucken. Als aber die Bulle von 1568 erschien, verbot
1569 der Senat die Publication derselben und zeigte dieses dem
Nuncius an; 1570 erklärte er, er würde die Publication gestattet
haben, wenn der Bulle ein Breve über die Rechte der Fürsten bei-
gefügt wäre. Am 19. April 1576 gestattete der Rath der Zehn, die
Bulle am Gründonnerstag in den Domkirchen zu einer Zeit, wo nie-
mand es höre oder darauf achte, zu verlesen. Die Publication fand
aber an manchen Orten mit aller Feierlichkeit statt*).
Der König Sebastian von Portugal bat Gregor XIII. um eine
Erklärung, dass die in seinem Lande bestehenden Gesetze von der
B. C. nicht berührt werden sollten. Der Papst verlangte 1574 einen
genauem Bericht über die Gesetze, gestattete aber vorläufig, die-
selben, vorausgesetzt dass sie nicht den Trienter Decreten wider-
sprächen, zu handhaben, ohne den Censuren der B. C. zu verfallen.
Dabei wird es sein Bewenden gehabt haben. Philipp II. verbot
1582 die Publication der Bulle auch für Portugal*).
Im J. 1586 Hess der Nuncius die Bulle in Prag publiciren und
an den Kirchenthüren anheften und veranlasste den Erzbischof, sie
drucken zu lassen. Kaiser Rudolf II. verbot darauf, die Bulle in
Böhmen, Mähren und Schlesien zu publiciren. In Frankreich wurde
die Publication 1580 verboten*).
1) Documenti inediti o rari delle relazioni fra lo Stato e la Chiesa
I, 284. 289. 259. 269.
2) Cecchetti, La Rep. di Ven. c la Corte di Roma I, 448.
8) Seabra II, 83. 89. 4) Preuves I, 158.
80 Deutsche Verordnungen 1621—1555.
9. Verordnungen fiber Bficherwesen in Deutschland
1521—1555.
Das kaiserliche Edict, datirt „Worms S.Mai 1521"'), ver-
bietet, die von dem Papste verdammten Schriften Luthers und
alle anderen von ihm in lateinischer, deutscher oder einer ande-
ren Sprache bis jetzt verfassten oder noch zu verfassenden
Schriften als schlechte, verdächtige und von einem notorischen
und überaus hartnäckigen Ketzer ausgehende Schriften zu
kaufen, zu verkaufen, zu behalten, zu lesen, abzuschreiben, zu
drucken . . . oder zu vertheidigen, befiehlt den Fürsten und
Beamten, dieselben überall zerreissen und verbrennen zu lassen
und den apostolischen Ntincien und ihren Commissaren zu dem-
selben Zwecke auf Verlangen beizustehen. Das Verbot wird
ausgedehnt auf Luthers Schriften oder schlechte Auszüge aus
denselben, welche anonym oder unter einem andern Namen ver-
öffentlicht werden, und auf andere Bücher, Blätter und Bilder,
welche dem orthodoxen Glauben, den guten Sitten und den Ge-
bräuchen der Römischen Kirche zuwider sind, sowie auf Schmäh-
schriften gegen den Papst, die Prälaten, Fürsten, Universitäten,
Facultäten und anständige Personen. Schliesslich wird unter
Androhung des Bannes und Interdictes — ähnlich wie von dem
Lateran-Concil 1515; eine ausdrückliche Bezugnahme auf dieses
hatte Aleander nicht durchsetzen können*), — verordnet, es solle
fortan niemand Schriften, welche, wenn auch nur nebenbei, von
der Bibel oder dem katholischen Glauben handeln, ohne Er-
1) Der Titel ist: „l^^^^ Römischen Kaiserlichen Maiestat Edict
wider Martin Luther Bücher vnd lere seyne anhenger Enthalter vnd nach-
volger vnnd Etlich ander schmclichc schrififten. Auch Gesetz der Druckerey''.
Am Schlüsse: „Wurmbs 8. Mai 1521". Lateinisch bei Le Plat II, 116. Das
Edict ist in Wirklichkeit erst 2G. Mai zu Stande gekommen (der Entwurf
ist von dem päpstlichen Legaten Aleander) und nicht den Ständen in
ihrer Versammlung, sondern nur den vier damals noch anwesenden Kur-
fürsten vorgelegt und auf den 8. Mai zurückdatirt worden, wo der Reichs-
tag noch ziemlich vollzählig war. Ranke, D. Gesch. (WW.) I, 341.
2) Friedrich S. 143.
Das Wormser Edict. Verordnungen der Reichstage. 61
laobniss des Ortsbiscbofs oder seines Stellvertreters und der
theologischen Facultät einer benachbarten Universität für den
ersten Druck, Bücher über andere Gegenstände, Zettel und Bilder
ohne Erlaubniss wenigstens des Bischofs oder seines Stellver-
treters drucken oder verkaufen lassen.
Das Wormser Edict wurde nur in einem Theile von
Deutschland beachtet; die allgemeine Durchführung konnte
das Reichsregiment, welches seit der Entfernung des Kaisers
an der Spitze des Reiches stand, nicht erreichen 0. Der Reichs-
tag zu Nürnberg 1523 beschränkte sich schon darauf, 6. März
zu verordnen, bis zu dem von ihm verlangten Coneil sollten
die Stände, so viel an ihnen liege, in ihren Gebieten dafür
sorgen, dass keine neuen Schriften gedruckt und verkauft
würden, die nicht zuvor von dazu verordneten verständigen
Männern geprüft und gutgeheissen seien; andere Schriften,
namentlich Schmachschriften (libelli famosi) zu drucken oder
zu verbreiten solle unter schweren Strafen verboten werden*).
Der päpstliche Nuncius Chieregati hatte vergebens die Ein-
schärfung des Wormser Edicts und der Bestimmung des Late-
ranconcils verlangt, dass kein Buch ohne Gutheissung des Orts-
bischofs oder seines Stellvertreters gedruckt werden dürfe*).
Der Nürnberger Reichstag von 1524 bestimmte zwar, die Reichs-
stände sollten dem Edict von Worms, „so viel wie möglich"
nachzukommen suchen, wiederholte aber im übrigen nur den
Beschluss von 1523. Clemens VII. beklagte sich über den Be-
schluss von 1523 bei dem Kaiser (auch bei den Königen von
England und Frankreich), und Karl V. bestand in einem Schreiben
vom 15. Juli 1524 auf der Durchführung des Wormser Edictes*).
Aber auf dem Reichstag zu Speyer 1526 Hess er dieses fallen,
und es wurde 27. Aug. beschlossen, dass bis zu dem in Aus-
sicht genommenen Coneil jeder Reichsstand in Bezug auf das
Wormser Edict „für sich also leben, regieren und sich verhalten
solle, wie er es vor Gott und dem Kaiser hoffe und ver-
traue zu verantworten"*). Auch der Speyerer Reichstag von
1) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref., 1680, I, 219.
2) Le Plat II, 162. 3) Le Plat II, 209.
4) Le Plat II, 222. 237. 5) Maarenbrecher S. 262.
Beiuoh, Iudex. ß
Ö2 Deutschr Verordnunpfen 1521—1566.
1529 bestätigte binsiehtlich des Bucherwesens im wesentlichen
nur die Nürnberger Beschlüsse*).
Vor dem Reichstag von Augsburg 13. Mai 1530, übergab
Campeggio dem Kaiser eine Denkschrift, worin empfohlen wurde:
das Wormser Decret und die Bulle Leo's X, solle durchgeführt
und durch kaiserliche Verordnungen unter Androhung von Strafen
befohlen werden, alle seit dem Beginne der lutherischen Häresie
zu Gunsten derselben herausgegebenen Bücher abzuliefern; die-
selben sollten verbrannt und der Neudruck derselben verboten,
denjenigen, welche die Besitzer verbotener Bücher anzeigten,
solle eine Belohnung und Geheimhaltung ihrer Namen versprochen
werden 2). Aber der Reichstagsabschied vom 19. Nov. 1530
ging in seinen Bestimmungen über das Bücherwesen nur in so-
fern über die früheren Beschlüsse hinaus, als er verordnete, es
dürfe nichts gedruckt werden ohne Angabe des Druckers und
Druckortes; wer die Verordnungen übertrete, solle durch die
Obrigkeit an Leib und Gut gestraft werden, und wo eine Obrig-
keit hierin lässig befunden werde, solle der kaiserliche Fiscal
gegen sie einschreiten'^).
Die Regensburger Reichstage von 1541 und 1548 wieder-
holten die Verordnungen gegen Schmähschriften; letzterer be-
stimmte noch : die Bücher seien vor dem Druck von der „ordent-
lichen Oberkeit eines jeden Orts" zu prüfen, ob sie der Lehre
der christlichen Kirche und den Reichstagsabschieden gemäss
seien; es sei nichts zu approbiren, das „aufrührisch und schmäh-
lich oder der katholischen allgemeinen Lehre der h. christ-
lichen Kirche ungemäss und widerwärtig sei" ; ausser dem Namen
des Druckers und dem Druckorte sei auch der Name des „Au-
thors oder Dichters des Buchs" zu nennen; eventuell sei gegen
diesen vorzugehen; gegen die säumigen Obrigkeiten solle der
kaiserliche Fiscal einschreiten; die schon gedruckten schädlichen
Bücher seien zu unterdrücken*).
Seit dem Augsburger Religionsfrieden (1555) konnte von
1) Le Plat II, 305.
2) Maurenbrecher, Carl V., S. 15*.
3) Le Plat II, 490. Böhmer, Jus eccl. IV, 938 ff.
4) Böhmer 1. c. Ludw. Hofmann, Gesch. der Büchercensur, 1813, S. 67.
Ausführung des Wormser Edicts. 88
einer Durchführuug der päpstlichen Bücberverbote nur noch in
katholischen Territorien die Rede sein.
Der Reichstag zu Speyer 1570 verordnete noch; Buch-
druckereien sollten nur in Residenz-, UniversitUts- und ansehn-
lichen Reichsstädten bestehen und jeder Drucker zuvor auf die
Reichstagsabschiede vereidet werden*).
Die Bestimmungen der Reichstage wurden in der Reichs-
polizei-Ordnung von 1577 wiederholt, aber statt der oben ange-
führten Bestimmung der Regensburger Reichstage gesetzt: „nichts,
so der christlichen allgemeinen Lehre und zu Augspurg auflf-
gerichten Religionfrieden ungemäss und widerwertig** 2).
Ueher die Ausführung des Wormser Edictes berichtet Coch-
laeus^): König Ferdinand und die katholischen Fürsten hätten die
Ablieferung des Neuen Testaments und anderer SchrKten von Luther
befohlen, und an vielen Orten sei ihnen gehorcht und seien die
Bücher öffentlich verhrannt worden; der Kaiser und die katholi-
schen Fürsten hätten auch den Druck und Verkauf von lutherischen
Schriften verboten, aber die Beamten (magistratus et scnatores),
denen die Durchführung dieses Verbotes obgelegen, hätten aus böRcr
Gesinnung connivirt oder die Sache als etAvas gehässiges ungern
und nachlässig betrieben. Die Buchhändler hätten, mitunter von
den Beamten unter der Hand gewarnt, die lutherischen Schriften
verborgen und heimlich, und dann zu einem hohem Preise, verkauft.
CochlaeuR klagt dabei, dass die Drucker die lutherischen Schriften
gern und auf ihre Kosten, dagegen die katholischen nur ungern,
nicht leicht auf ihre Kosten und in der Regel schlecht ausgestattet
druckten und dass die Verleger katholischer Schriften auf der Frank-
furter Messe und sonst verhöhnt würden.
In einem langen Breve Hadrians VI. vom 30. Nov. 1522,
welches der Nuncius Chieregati von Nürnberg aus den Bürger-
meistern und dem Rathe von Bamberg übersandte*), heisst es u.a.:
„Wir finden es sehr auffallend, dass Luther in unserer deutschen
Nation . , . fast unzählige beiderlei Geschlechts hat finden können,
welche seine und seiner Anhänger höchst verderbliche, mit Gift an-
gefüllte . . . Schriften, auch nachdem sie auf Grund des apostoli-
schen Urtheilsspruches und des kaiserlichen Edictes oft an verschie-
denen Orten verbrannt worden sind, um die Wette kaufen, begierig
lesen, geni anhören. . . . Wir fordern euch kraft des heiligen Ge-
1) Hofmann, S. 77. 2) Hofmann S. 80.
3) De actis Lutheri a. 1522, f. 54. 55.
4) Lc Plat n, 149. Bamberg ist nicht der Ort, wo besondere viele
lutherische Schriften gedruckt wurden. Vielleicht ist dasselbe Breve auch
an andere Städte gesandt worden.
64 Deutsche Verordnungen 1521— 15ß5.
horsams und unter Hinweisung auf das göttliche Gericht auf, mit
allen Mitteln dafür zu sorgen, dass dergleichen Bücher bei euch und
in dem Gebiete euerer Stadt nicht mehr verkauft oder gedruckt
werden, und diejenigen, welche sich in euerer Stadt finden, gemäss
dem Urtheile des apostolischen Stuhles und dem kaiserlichen Edicte
verbrennen zu lassen. Wenn ihr die Verkehrtheit euerer Drucker,
welche, wie anzunehmen, mit Geld von den Lutheranern bestochen,
wie wir hören, Werke der Lutheraner sehr bereitwillig drucken,
die von Katholiken zu Gunsten der Wahrheit geschriebenen Werke
aber nicht drucken wollen, zu steuern unterlasst, so kündigen Wir
euch an, dass ihr der göttlichen, und zwar einer furchtbaren Rache,
wenn ihr auch im übrigen noch so christlich seid, nicht entgehen
werdet."
Bezüglich der Ausführung des Wormser Edictes sind folgende
Einzelheiten von Interesse. Herzog Georg von Sachsen publicirte
dasselbe sofort und schärfte es 1523 und 1524 ein, Hess auch
wiederholt in den Leipziger Buchläden nach „lutherischen Läster-
schriften" suchen *). Im Breisgau wurden nach der Publication des
Edictes Haussuchungen angeordnet und zu Freiburg an 200 Bücher
auf dem Münsterplatze durch den Scharfrichter verbrannt-). In
Wien beschloss die theologische Facultät 15. Jan. 1522, den Buch-
druckern und Buchhändlern bei Strafe der Excommunication den
Druck und Verkauf verdächtiger Bücher zu untersagen. Ferdinand I.
verbot 12. März 1523, die Schriften von Luther, Oecolampadius,
Zwingli und „anderer dergleichen neuer verführerischer Lehrer Bücher"
zu lesen, zu verkaufen u. s. w.'), und verordnete 24. Juli 1528, Buch-
drucker und Buchführer der sectischen verbotenen Bücher, die in
den österreichischen Erblanden betreten würden, stracks am Leben
mit dem Wasser zu strafen, ihre verbotenen Waaren aber mit Feuer
zu verbrennen*). In demselben Jahre setzte er auch eine aus fünt
Mitgliedern, worunter der Bischof von Wien und der Bürgermeister
Trew, bestehende Censurbehörde ein. Im J. 1548 forderte der
Bischof Nausea „aus Meinung königlicher Majestät, auch von
bischöflichen Amts wegen**, die Buchhändler auf, Verzeichnisse ihrer
Bücher vorzulegen. Vom J. 1551 haben wir einen Bericht Nau-
sea's über eine im Auftrage der Regierung bei den Buchhändlern
vorgenommene Visitation. Auch später wurde die Censur über geist-
liche und weltliche Bücher in Oesterreich im Namen des Landes-
herrn geübt*). — Hans Oehl, der wegen Verbreitung von Schriften
Luthers um 1525 aus Regensburg ausgewiesen worden, wurde wegen
desselben Vergehens 1528 zu Muer in Steiermark enthauptet •). —
1) Arch. des D. Buchh. I, 22. 2) Stintzing, U. Zasius S. 241.
3) Wiedemann, Reform. I, 26. 31. Archiv f. österr. Gesch. 50, 216.
4) Kink, Gesch. der Univ. Wien I 1, 249. A. Dimitz, Gesch. Krains
n, 197.
5) Arch. f. österr. Gesch. 50, 215.
6) Kirchhofif, Beitr. I, 72.
Ausführung des Wormser Edictes. 86
König Ludwig von Ungarn verbot 9. März 1524 den Verkauf von
Luthers Schriften, der Erzbischof von Gran 15. August 1524 den
Verkauf von Spottliedern auf den Papst und die Geistlichkeit und
von Schriften und Tractaten über Luthers Ketzerei; beide ordneten
das Verbrennen der betreffenden Bücher an *).
Strenge durchgeführt wurde das Wormser Edict in Baiern.
Das Keligionsedict vom 5. März 1522 verbot, die vom Papste und
von Kaiser und Reich verworfene lutherische Lehre anzunehmen
oder über sie zu disputiren, und gleich darauf Hess die Universität
Ingolstadt bei den Buchhändlern auf lutherische Schriften fahnden;
es wurde diesen gestattet, zwei oder drei Exemplare solcher Schrif-
ten an die Universität zu schicken, aber strenge verboten, solche zu
verkaufen*). Der Prokanzler Albert Hunger rühmt in einer 1559
gehaltenen Rede, die Universität habe zur Zeit Ecks (f 1543) nicht
selten Buchhändler wegen Verbreitung von Schriften Luthers und
anderer Sectirer einkerkern lassen, zwei nicht nur aus der Stadt,
sondern mit Erlaubniss des Herzogs Wilhelm aus ganz Baiern ver-
bannt *). 1548 wurden in Ingolstadt sogar bei dem 1547 von der
Universität privilegirten Buchhändler Alex. Weissenhorn verdächtige
Schriften gefunden; der Verkauf mehrerer Schriften von Melanch-
thon und Corn. Agrippa wurde ihm verboten; über einige andere,
wie Erasmus' Colloquia und Melanchthons Declamationes, wurde die
Entscheidung vorbehalten *). Ein Religionsmandat vom 15. Juli 1548
verordnete, Bücher und Schriften, so von päpstlicher Heiligkeit und
dem Stuhl zu Rom als verführerisch erkannt und sonst unserm
christlichen Glauben, heilsamen Lehren und Satzungen des h, Con-
cilii zugegen sein möchten, nicht in den Häusern zu dulden und zu
verkaufen ; wer dagegen handle, solle als Verächter der christlichen
Kirche, der kaiserlichen Majestät und des Landesfürsten an Leib und
Gut gestraft werden*).
Der Erzbischof von Köln, Hermann von Wied, verordnete auf
einem 1536 gehaltenen Provincialconcil : es dürfe kein neues Buch
gedruckt oder verkauft werden ohne vorher ^von unseren dazu be-
stellten Commissaren" geprüft worden zu sein; auch müsse der
Name des Druckers und des Druckortes angegeben werden; Zu-
widerhandelnde sollten, ausser mit Confiscation der Bücher, nach
den Gesetzen und der „Augsburger pragmatischen Constitution** be-
straft werden*). Wesentlich dieselbe Verordnung wurde 1549 auf
1) Archiv VI, 8. 50. 59. 2) Prantl I, 148. 152.
3) Schelhorn, Erg. II, 280.
4) In dem Visitationsprotocoll findet sich die Randbemerkung: In-
doctus suffraganeus dixit, (|uod nollet obolum oxponero pro omnibus om-
nium authorum neotericorum libris; sufificero sibi S. Thomam, et prae-
tcrea nihil. Prantl I, 163. Archiv I, 181.
5) Archiv II, 5.
6) Hartzheim, Conc. Germ. VI, 304. Vgl. Geschichtl. Erörterung des
^ Ileotsche Verordnungen loJl — 1565.
ciufiT ProviDcial«jno«ii; zu Mainz and auf einer Di«>i;e>an»ynode zn
Straf^ffburf? {»ubiicirt : nar wird hier. — wie mittlerweile anch in dem
De^-rete des Trienter Concil» von 1546 veroninet war is. u. § 2*.»),
welches aber nicht citirt wird, — auch Xennung^ des Verfassers
eine« Buches verlanct';- ^on einer Kölner Syn'>«Je T«jn 154C*,
welche die Bucher einer grossem Zahl von S^rhriftstellem veiidetet,
wird unten die Hede sein.
Der Rath von Augsburg hatte schon 1520 den Druckern be-
fohlen. ,in den Irrungen, die sich haben zwischen den Geistlichen
und Df^frtoren der h. Geschrift, desgleichen in Schmach und Ver-
letzung der Ehren Sachen ohne Winsen und Willen eines erbaren
(Käthes) nichts femer zu drucken". 1523 wurden die Drucker ver-
eidet, das« sie „kein schmachbar Lied oder andere;» Gedicht drucken
oder ausgehen lassen; was sie sonst drurken lassen, dazu müssen
sie der Bürgermeister Erlaubniss nehmen und dann nichts drucken,
es sei dann des Dichters oder dessen Namen, der solch Buch in
Druck gegeben, desgleichen des Druckers Namen hinzu gedruckt** *L
Auch der Kath von Strassbnrg beschränkte sich 1524 darauf, zu
verordnen, es sollten nicht ..gegen des Kaisers jüngst ausge^nirenes
Mandat (das von Nürnberg 1524) Schmach- und Lasterbüchlein" ge-
druckt werden, und wer etwas drucken lassen wolle, solle es in der
Kanzlei vorlegen. 1535 wurde auch für die zu verkaufenden Bücher
eine Censur eingeführt und zwei Censoren übertrairen ^:.
Dass die Censur anch in protestantischen Stielten mitunter
strenge gehandhabt wurde, zeigt die Klage eines katholischen Geist-
lichen, dass ein von ihm 1543 verütf entlichtes philosophisches Werk
auf Geheiss des Nümberges Käthes besonders an denjenigen
Stellen verstümmelt worden sei, welche die lutherische Lehre zu
berühren schienen*).
In vielen Mandaten dieser Zeit werden sj>eciell - Schmach-
bücher" oder „Famoss-Schriften* verpönt. ,Nach dem kaiserlichen
Kecht, sagt Luther darüber, heisst ein Schmachbuch oder famos
libell, darin mit Namen jemand insonderheit jreschmäht winl in seiner
Ehre und der Schreiber seinen Namen nicht anzeigt. In Kaisers
Kechten haben solche Uebelthäter den Kopf verwirkt mit allen, die
sie lesen, hören und behalten.^ ^I>azu gehören meine Bücher nicht"^,
fügt er bei *). Aber es ist erklärlich, dass seine und seiuer An-
hänger polemische Schriften katholischerseits und ähnliche Schriften
gcmi;inen und besondem Ccnsur-Rechtes in der Erzd. Köln, Zts. f. Philoe.
und kath- Theol. 29, 152.
1) Uartzh. VI, 592. 528. 2) Archiv VI, 251.
3) Archiv V. 86.
4) Stieve, Das kirchl. Polizeiregiment in Baieru S 18.
5) Ein Unterricht der Beichtkinder über die verbotenen Bücher
1521. Erl. 24, 208. Vgl. A. Kirchhoff, Die Famos?-Schriftcn, Arch V, 156;
über die Gesetze der njmischen Kaiser seit Augustus gegen libelli famosi
s. Ludw. llofmann, Gesch. der Bucbercensur, S. 8.
Verordnungen und Bücherverbote in England. 87
Beiner Gegner proteBtantischeräeitH vielfach als FamoBBchriften be-
handelt wurden.
Die oft wiederholte Verordnung, dass kein Buch ohne Namen
des VerfaKsers und Druckers veröffentlicht werden Bolle, sollte es
den Behörden möglich machen, wegen einer strafbaren Schrift gegen
eine bestimmte Person, vorzugehen. Sie wurde 1538 auch in Eng-
land erlassen, zu Trient 1546 auch zu einer kirchlichen Verord-
nung gemacht (s. u. § 20). Sie hatte zur Folge, dass in der zwei-
ten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Zahl der Pseudonymen Schriften
mit fingirten Druckorten grösser wurde*).
10/ Verordnungen über Biicherwesen und Verzeich-
nisse verbotener Bücher in England 1526—1555.
Heinrich VIIL (1509—1547) erliess eine Reihe von Ver-
ordnungen über ketzerische Bücher, meist im Einverständnisse
mit den Bischöfen resp. der Convocation; selbständige Verord-
nungen von Bischöfen kommen nur in der ersten Zeit nach dem
Auftreten Luthers vor. Bemerkenswerth ist, dass Heinrich VIIL
das Lesen der Bibel in der Volkssprache anfangs (1530) für
bedenklich und ohne Erlaubniss der Oberen unzulässig erklärte,
später frei gab, zuletzt (1543) nur den höheren Ständen gestattete.
— Unter Heinrich VIIL wurden neun Verzeichnisse von ver-
botenen Büchern veröffentlicht, die man als Indices bezeichnen
kann, wenn man davon absieht, dass die Bücher nicht in alpha-
betischer oder einer andern Ordnung verzeichnet werden und
dass die Verzeichnisse nicht als besondere Schriften erschienen.
Das älteste dieser Verzeichnisse ist um 1526 veröffentlicht, das
zweite, welches 85 Bücher enthält, 1529, in demselben Jahre,
in welchem Karl V. den ersten, viel weniger umfangreichen,
derartigen Index veröffentlichte. In den festländischen, nament-
lich den Römischen Indices sind diese englischen Verzeichnisse
nicht berücksichtigt worden. Wenn Schriftsteller, die in diesen
vorkommen, auch im Römischen Index stehen, so stammen sie
hier aus anderen Quellen, die meisten aus Gesner und Frisius.
— Auch unter Maria der Katholischen wurde 1555 ein ähnlicher
1) Weiler, Falsche und fingirte Druckorte S. V. Archiv V, 26.
88 Verordnungen und Bücherverbote in England.
Index publicirt, 1556 auch die Bestimmungen der Bulla Coenae
und des 5. Lateran-Concils über das Bücherwesen promulgirt,
deren Geltung dann freilich schon 1558 mit dem Tode der
Königin wieder aufhörte.
Im März 1521 schrieb der Erzbisohof 'Williain Warham von
Canterbury an den Cardinal WoUey; die Universität Oxford wünsche,
dass, nachdem die Bücher Luthers von Wolsey als Legaten, von
ihm selbst als Kanzler für alle verboten worden, die nicht die Er-
laubniss hätten, sie zu lesen, um sie zu bekämpfen, auch die Namen
der Anhänger Luthers verzeichnet und der Universität übersandt
werden möchten mit dem Verbote auch ihrer Schriften *). Ein in-
teressantes Beispiel einer solchen Erlaubniss , verbotene Bücher zu
lesen, haben wir in einem Briefe vom 7. März 1527, in welchem
der Bischof Cuthbert Tonstall von London Sir Thomas More bittet,
in englischer Si)rache gegen diejenigen zu schreiben, welche wy-
cleffitische und lutherische Bücher ins Englische übersetzten ; er
schickt ihm einige derartige Schriften und einige von Luther und
schliesst: „zu dem Ende ertheilen wir dir die Erlaubniss, derartige
Bücher zu behalten und zu lesen" ^).
Das Verzeichniss der Anhänger Luthers, von welchem War-
ham spricht, scheint nicht aufgestellt worden zu sein. Aber 1526
beauftragte Warham seine Suffraganbischöfe, die Gläubigen aufzu-
fordern, die Uebersetzung des N. T. von William Tyndall abzu-
liefern ^). — Seit dem J. 1529 tritt aber die Thätigkeit der Bischöfe
bezüglich der ketzerischen Bücher ganz in den Hintergrund gegen
die Thätigkeit des Königs.
In einer Proclamation vom J. 1530 „gegen die verdammlichen
Ketzereien, welche von den Schülern Luthers und anderen Ketzern
im Lande ausgestreut werden", wird das Importiren, Verkaufen,
Annehmen und Behalten von gedruckten oder geschriebenen Büchern
„gegen den katholischen Glauben , gegen die (xesetze und Ge-
bräuche der h. Kirche oder gegen den König, seinen Rath oder
das Parlament** verboten und die Ablieferung derselben an den
Bischof und die Anzeige der Besitzer derselben geboten. Die Be-
amten sollten sich eidlich verpflichten, die Ketzerei auszurotten und
die Bischöfe dabei zu unterstützen^).
In einer zweiten, im J. 1530 nach Berathung mit dem Pri-
mas, mit Theologen der beiden Universitäten u. s. w. erlassenen
1) J. H. Bluut, The Reform of the Ch. of Engl. 1878, I, 74.
2) Wilkins, Conc. M. Brit. UI, 711.
3) Bei Wilkins III, 706 steht das Mandatum des Erzbischofs an den
Bischof von Exeter; gleichlautende Schreiben ergingen ohne Zweifel an
die anderen Bischöfe. Strype, Eccles. Memorials I, 1, 254 erwähnt das
Edict des Bischofs von London an seine Archidiakoueu.
4) Wilkins UI, 739. Calendar of State Papers. Henry VÜI. IV, C402.
Verordnungen Heinrichs VIII. Bibellesen. 89
Proclamation kommen — ausser dem speciellen Verbote einiger im
Auslande gedruckten englischen Bücher und einer Verordnung über
das Bibellesen, worüber unten, — folgende Bestimmungen vor:
Alle im Auslande gedruckten englischen Bücher werden verboten
und sind binnen 14 Tagen an die Bischöfe abzuliefern. Neue eng-
lische Bücher, welche die h. Schrift betreffen, dürfen nicht ohne
Gutheissung des Bischofs und nicht anonym gedruckt werden*).
In einer Proclamation vom J. 1538 und in Verordnungen vom
J. 1539 -) wird bestimmt: Niemand soll ohne Erlaubniss des Königs
englische Bücher verkaufen, bei Strafe der Vermögensconfiscation
und Gefangniss während einer vom Könige zu bestimmenden Zeit;
niemand soll englische Bücher [oder Bibeln] mit Anmerkungen und
Vorreden drucken oder importiren, wenn nicht die Bücher von
dem Geheimen Rathe oder anderen vom Könige bestellten Per-
sonen geprüft sind ; es soll kein übersetztes Buch ohne Angabe des
Namens des Uebersetzers gedruckt, widrigenfalls der Drucker als
üebersetzer angesehen, eventuell bestraft werden ; niemand soll eine
englische Uebersetzung eines biblischen Buches drucken, ohne dass
dieselbe von dem König oder von einem Mitgliede des Geheimen
Eathes oder einem englischen Bischof, dessen Namen anzugeben ist,
geprüft worden ist, bei Strafe der Vermögensconfiscation und Ge-
fängnissstrafe. — In den Verordnungen von 1539 werden noch die
Bücher von Sacramentirem und Anabaptisten verboten und ihre
Verkäufer mit strengen Strafen bedroht^). — Im letzten Regierungs-
jahre Heinrichs VIII., 1546, wurde nochmals verordnet, es dürfe
ohne ausdrückliche Erlaubniss kein auswärts gedrucktes englisches
Buch über die christliche Religion eingeführt werden*).
Bezüglich des Lesens der Bibel in englischer Sprache sagt
Heinrich VIII. in der Proclamation von 1530: die von ihm be-
fragten Prälaten u. s. w. seien der Ansicht, es sei nicht nöthig, dass
die Bibel ins Engliche übersetzt werde und in den Händen des ge-
wöhnlichen Volkes sei; das Lesen derselben müsse von der Erlaub-
niss der Oberen abhängig gemacht werden. Wenn einmal die Ge-
fahr der Verbreitung ketzerischer Meinungen vorüber sei, solle die
Bibel übersetzt werden; jetzt aber sollten alle die englischen, fran-
zösischen und niederdeutschen (dutch) Bibeln abliefern mit Aus-
nahme derjenigen, denen der König und die Bisohöfe die Correctur
1) Wilkins HI, 740. R. W. Dixon, Eist, of thc Ch. of Engl. I, 34.
2) Wilkins III, 777. 847. Die Proclamation gehört dem J. 1538 an.
Dixon, I, 241. H, 165.
3) In einem Schreiben des Königs an den Erzbischof von Canter-
bury vom 1. Oct. 1538 wird derselbe aufgefordert, die Schrifton der Ana-
baptisten zu confisciren und zu verbrennen.
4) Wilkins IV, 1.
dO Verordnungen und Bücher verböte in England.
derselben auftrage *). — Tyndalls Uebersetzung, die einzige, die vor
1535 gedruckt wurde, wurde wiederholt verboten, sowohl wegen
der Uebersetzungsfehler als namentlich wegen der Anmerkungen
und umfangreichen Prologe*). — 1534 beantragte die Convocation
von Canterbury, der König möge die Bibel durch geeignete Personen
übersetzen lassen und das Lesen dieser Uebersetzung gestatten ').
Der König bestellte keine Uebersetzer; aber von 1535 an er-
schienen neue englische Bibeln (s. u ), und 1536 und 1538 wurde
von dem Generalvicar Cromwell verordnet, von einer Bibelüber-
setzung von Coverdale ein Exemplar in grossem Format in jeder
Kirche (angekettet) aufzulegen, damit die Gläubigen sie lesen könn-
ten^). Aber schon 1539 klagte Heinrich über die Weise, wie seine
Erlaubniss, die Bibel zu lesen, missbraucht werde, 1542 wurde in
der Convocation über die Mängel der recipirten Bibel verhandelt
und mit der Ausarbeitung einer neuen Uebersetzung begonnen, 1543
durch den König Tyndalls Bibel nochmals verboten und angeordnet,
aus allen anderen Bibeln und Neuen Testamenten die Anmerkungen
zu entfernen, und weiter bestimmt: die niederen Stände (lower Or-
ders, vorher sind genannt die Beamten, die gentry und die Kauf-
leute) sollten, da sie das Privilegium, die Bibel zu lesen, so viel
missbraucht hätten, auch die nicht verbotenen Uebersetzungen nicht
mehr lesen dürfen ohne eine Erlaubniss vom Könige^).
Die Bestimmungen der Bulla Coenae und des 5. Lateran-
Concils wurden für England publicirt in den „Reformationsdecreten"
des päpstlichen Legaten Cardinal Pole vom J. 1556. In diesen
wurde auch verordnet, bei den bischöflichen Visitationen auch darauf
zu achten, ob die Buchhändler ketzerische oder andere verbotene Bücher
verkauften^). Eine Proclamation aus dem letzten Regierungsjahre
Maria's 1558 bestimmt: da verschiedene Bücher voll Ketzerei, Auf-
ruhr und Verrath aus fremden Ländern eingeschleppt und heimlich
im Lande gedruckt und verbreitet würden, wodurch nicht nur Gott
verunehrt, sondern auch der L^ngehorsam gegen die rechtmässigen
Fürsten und Obrigkeiten befördert werde, so solle jeder, in dessen
Besitz fortan solche gottlose und aufrührerische Bücher gefunden
würden oder der sie, wenn er sie finde, nicht sofort, ohne sie an-
deren zu zeigen oder vorzulesen, verbrenne, als Rebell angesehen
und nach dem Martialgesetz bestraft werden ').
1) Wilkins III, 741.
2) Blunt I, 506. 514 etc. Dixon I, 451.
3) Wilkins III, 776.
4) Wilkins III, 815. 832. 856. Dixon I, 454. II, 74.
5) Blunt, I, 544. Dixon II, 285. 325.
6) Decr. 2 und 12. Wilkins IV, 794. 805. Labbe XIV, 1736.
7) Strype III, 2, 130. Mendham p. 21.
Euglieche Indices. 91
Die englischen Indices, wenn man sie so nennen will, sind
folgende :
I. Ein Verzeichniss von 18 Büchern, die um 1526 verboten
wurden, enthält einige Schriften von Luther, je eine von Hus (in
Oseam), Zwingli und Brenz, vier anonyme (vom Festlande impor-
tirte) lateinische und mehrere englische Schriften *).
II. Aus dem J. 1529 haben wir ein Verzeichniss von 85 „Büchern
der lutherischen Secte, die von Anhängern der Secte nach London
importirt worden** *). Es enthält loannis Wicleffi viri piissimi Dia-
logorum libri quatuor (s. 1. 1525 gedruckt), Schriftf^n von Job.
Wessel und Job. von Goch, 22 von Luther, 9 von Oecolampadius,
11 von Zwingli u. s. w.
IIL In der oben erwähnten zweiten Proclamation von 1530
werden von den im Ausland gedruckten englischen Büchern, die
verboten werden, 5 namentlich aufgeführt. In einem vom 24. Mai
1530 datirten Documente einer von dem König berufenen Versamm-
lung von Prälaten, Geistlichen und hohen Beamten (offenbar der in
der Proclamation erwähnten) werden die Irrlehren in jenen 5 und
drei anderen englischen Schriften zusammengestellt^).
IV. Hinter der Proclamation steht bei Wilkins ein Verzeich-
niss von 16 verbotenen Büchern, welches aus derselben Zeit stam-
men mag^).
V. In einer am ersten Adventssonntage 1531 bei St. PauFs
Gross in London ])ublicirten Proclamation wird das Kaufen , Ver-
kaufen und Lesen von 30 englischen Büchern verboten^).
VI. . In einem Decrete oder dem Entwürfe eines Decretes
eines Provincialconcils, welches allem Anscheine nach aus der Zeit
von 1530 bis 1538 stammt, werden ungefähr 70 engliche und fest-
ländische Bücher verboten**). Das Actenstück gehört nicht, wie
1) Wilkins III, 707. Strype I, 1, 254. Calendar of State Papers.
Henry VIII. IV, 2607. — lieber Confiscationcu von vcrbotonen Büchern
bei einer Visitation der Diöceso London im J. 1527 und bei Processen
gegen einzelne der Ketzerei verdächtige Personen in den nächstfolgenden
Jahren s. Strype I, 1, 113; 2,63. 363. Cal. of St. P. IV, 3968. 4029. 4073.
4218. 4260. 4282, 4396. 4861. V, 583. 589.
2) Aus Fox, Acts and Monuments II, 234 abgedruckt bei Gerdes,
Bist. Ref. IV, Mon. p. 139.
3) Wilkins HI, 727. Cal. of St. P. IV, 6402.
4) Wilkins HI, 787.
5) Cal. of St. P. V, App. 18.
6) Wilkins III, 717. Im Cal. of St. P. IV, 6407 (vgl. V, 10) wird
ein von Heinrich VIII. eigenhändig corrigirtcs Conccpt des Documentes
erwähnt. Ucber einen andern Text desselben s. u. hinter No. X.
92 Verordnungen und Bücherverboie in England.
Wilkine vermuthet, dem J. 1529 an, da den Schluss der verbotenen
Bücher die Aupjsburgische Confession von 1530 bildet, und fällt vor
das J. 1538, da der (auch in No. V) verbotene Dialogus in vitu-
perium 1). Thomae quondani Archiep. Cantuar. darin steht, 1538
aber der Schrein des Thomas Becket beseitigt und 1539 verordnet
wurde, ihn nicht als Heiligen, sondern als Bischof Becket zu be-
zeichnen, seine Bilder zu entfernen, sein Fest nicht mehr zu feiern
und sein Officium aus allen Büchern zu entfernen *).
VII. Ein Verzeichniss von verbotenen Büchern aus „In-
junctions" (von wem, wird nicht angegeben) vom J. 1539'-) enthält
meist Namen von englischen Schriftstellern, daneben von einigen
deutschen.
Viri. Im J. 1542 übersandte Bischof Edmund Bonner von
London seinen Pfarrern ein Verzeichniss von (meist englischen)
Büchern, welche sie, wenn sie dieselben in ihren Pfarreien fanden,
mit den Namen der Besitzer dem Bischof einsenden sollten^). Es
ist das Verzeichniss No. V mit einigen Zusätzen.
IX. Eine Proclamation aus dem letzten Regierungsjahr Hein-
richs VIII., vom 8. Juli 1546 verordnet: bis zum letzten August
seien alle Exemplare der Uebersetzung des N. T. von Tyndall oder
Coverdale oder anderen Uebersetzungen als der 1543 vom Parla-
mente genehmigten und alle englischen Schriften von Frith, Tyn-
dall, Wycleff, Joy, Roy, Basil, Bale, Barnes, Coverdale, Turner,
Tracy und alle anderen mit der citirten Parlamentsacte in Widerspruch
stehenden Schriften abzuliefern und vor dem 1. October zu ver-
brennen, bei einer vom Könige zu bestimmenden Geld-, Freiheits-
und Leibesstrafe*).
X. Unter der Regierung Maria's der Katholischen beantragte
1554 das Unterhaus der Convocation von Canterbury, es möge ver-
ordnet werden, das pestilentialische Buch Thomas Cranmers gegen
das A Itarsacrament, das schismatische Communionbuch und das Or-
dinationsbuch (Eduards VI. von 1548 und 49)^), alle verdächtigen
Bibelübersetzungen und alle anderen ketzerischen Bücher zu ver-
brennen und zu dem Ende an die Bischöfe abzuliefern und keine
Bücher der Art mehr zu drucken, zu importiren und zu verkaufen.
In einer Proclamation vom J. 1555^) wurde darauf unter Berufung
auf ein Statut von Heinrich IV. vom J. 1409') befohlen, binnen
1) Wilkins III, 835. 848. Dixon 11, 63.
2) Aus der seltenen ersten Ausgabe von Fox, Acts and Mon. p. 572
abgedruckt bei Mendham p. 19.
3) Wilkins IH, 867, vollständiger in den Kccords zu G. Burnet's
Eist, of the Ref. I. 257.
4) Wilkins IV, 1. 5) Dixon II, 493.
6) Wilkins IV, 129.
7) Es ist der Modus prooedendi contra baoretioos. Wilkins III, 252.
Tyndall. 98
14 Tagen abzuliefern alle Schriften von Luther, Oecolampadius,
Zwingli, Calvin, Pomeranus, Joh. a Lasco, Bullinger, Bucer, Me-
lanchthon, Bernardin OchinuR, Erasmus Sarcerius*), Peter Martyr,
Hugh Latimer, Robert Barnes, John Bale, Justus Jonas, John Hoo-
per, Miles Coverdale, William Tyndall, Thomas Cranmer, früher
Erzbischof von Canterbury, William Turner, Theodore Basil, sonst
genannt Thomas Beacon, John Frith, Roy und Hale's Chronicle —
alle diese Bücher lateinisch, deutsch (dutch), englisch, italienisch
oder französisch, — und alle anderen der Lehre der katholischen
Kirche widersprechenden Bücher, ferner alle Bücher über das Com-
munion-Book Eduards VI.
Ein Decretum de haereticis et haereticorum libris*), von wel-
chem. Wilkins vermuthet, es hange mit der unter Card. Pole's Vor-
sitz gehaltenen Convocation von. 1557 zusammen, ist, wie ich auf
Grund einer genauen Untersuchung annehmen zu dürfen glaube,
identisch mit dem oben unter VI. erwähnten (und zwar ein besserer
Text desselben). Das darin enthaltene Bücherverzeichniss ist also
nicht als elfter englischer Index zu zählen.
Die englischen Schriftsteller, welche in No. IX und X — als
solche, deren sämmtliche Schriften verboten werden, — verzeichnet
sind, kommen zum Theil auch schon in No. VII vor, wo von ein-
zelnen auch die angenommenen Namen, unter denen sie schrieben,
angegeben sind.
Der am häufigsten in den englischen Indices vorkommende
englische Schriftsteller ist William Tyndall (Tyndale) alias Hit-
chins (im Rom. Ind. seit P. Guil. Tindalus), früher Franciscaner,
seit 1524 im Auslande, 1535 zu Vilvorden in den Niederlanden
hingerichtet'). Seine Uebersetzung des N. T. wurde zuerst zu
Köln 1525, dann oft gedruckt; die zweite Auflage von 1526 kaufte,
ehe sie nach England kam, Erzbischof Warham von Canterbury auf,
eine spätere von 1529 Bischof Tonstall von London. Sie wurde
wie gesagt, seit 1526 wiederholt verboten. Von Tyndall sind auch
die in mehreren Indices meist ohne Nennung seines Namens vor-
kommenden Prologe zu den fünf Büchern Moses und zum B. Jonas
(vom A. T. übersetzte Tyndall nur diese Bücher), die Auslegung
der Briefe des Johannes, die Einleitung zum Römerbrief, femer:
Practice of Prelates (of the Prelacy: whether the King's Grace may
be separated from bis Queen, because she was bis brother's wife.
1) Bei Wilkins steht ein Komma zwischen Erasmus und Sarcerius.
2) Wilkins IV, 163.
3) Das Bibliographische über Tyndall bei Watt, Biblioth. Britannica,
und Lowndes, Bibliographers Manual 2782 (auch zu den anderen Schrift-
stellern geben Watt und Lowndes unter ihren Namen die bibliographi-
schen Notizen ziemlich vollständig). Tyndall's Schriften sind in 3 Bänden
von der Parker Society neu herausgegeben. Dieselbe Gesellschaft hat auch
Werke der anderen hier erwähnten Schriftsteller neu herausgegeben.
94 Verprdnungcn und Bücherverbote in England.
1530), — verschieden davon wird sein ABC to the prelacy (VI)
oder against the clergy (V); — Ans wer of Tyndall unto Sir T.
More's Defence of Purgatory (s. u.) ; The Matrimony of Tyndall;
An Exposition into the 7. Ch. of the 1. Ep. to the Cor., mit einer
Einleitung, worin zum Bibellesen ermahnt wird (1529), The Obe-
dience of a Christian man (1528), gegen Cölibat, Mönchsgelübde und
Mirakel der Heiligen, angeblich von Anna BolejTi dem Könige
vorgelegt und von ihm gebilligt'), und The wicked Mammon (The
Parable of the W. M.), gegen die guten Werke, Messehören, Fasten,
Almosen ^) etc. Die beiden letzten Schriften werden u. a. in der
Proclamation von 1530 verboten, in dem dazu gehörenden Docu-
mente (III) ausführlich censurirt *).
Miles Coverdale, früher Augustiner, Hess 1535 im Auslande
mit einer Widmung an Heinrich VIII. die erste vollständige Bibel-
übersetzung drucken, die nur zum Theil von ihm, zum Theil von
Tyndall und John Rogers herrührt. 1537 erschien die erste eng-
lische Bibel in London (ein etwas geänderter Abdruck der von Tyn-
dall und Coverdale); der Herausgeber nennt sich Thomas Matthew,
ist aber wahrscheinlich John Rogers. Coverdale Hess eine verbes-
serte Ausgabe, — nachdem der erste Druck derselben in Paris 1538
von der Inquisition verbrannt worden, — 1539 in London drucken;
diese Bibel, die erste autorisirte, erschien seit 1540 wiederholt mit
einer Vorrede von Cranmer. 1539 gab auch Richard T averner
(im Anschluss an Matthew) eine englische Bibel mit Noten heraus^).
Wenn 1539 (VII) Coverdale's Bibel und 1546 (IX) sein N. T.
verboten werden, so sind das also nicht autorisirte Ausgaben. In
No. VIII werden auch Th. Matthews Table, glosses marginal and pre-
face before the Ep. ad Rom. in einer „jenseit des Meeres ohne
Privileg* gedruckten Bibel verboten.
George Joye (alias Clerk, im Rom. Ind. seit S. als Georgius
Toye Bedfordiensis; Fris., aus dem S. den Namen abschrieb, hat G.
Joye, was im Rom. Ind. erst Ben. wiederhergestellt), und William
Ro^'e (auch Friar Roye, früher Observant, 1531 in Portugal ver-
brannt, nicht im Rom. Ind.) halfen an Tyndalls Bibelübersetzung ;
speciell werden verboten: Supper of the Lord by G. Joye und Book
of Friar Roye against the seven sacraments.
Von John Frith (1533 zu London verbrannt) werden speciell
verboten: Disputation of Purgatory gegen Sir T. More, mit dem er
auch Streitschriften über das Abendmahl *) wechselte. Unter dem
Namen R. Brightwell gab er heraus : The Revelation of Antichrist.
Antithesis wherein are compared together Christas acts and our holy
1) Strype I, 1. 171.
2) Ranke, Engl. Gesch. (WW.) IV, 29.
3) Der Löwener Theologe Jac. Latomus schrieb 1542 Confutationum
adv. Guil. Tindalum 11. 3. - Opp. Lov. 1550, f. 182.
4) Blunt I, 510. Dixon 1, 455, 519. 11, 74.
6) Dixon I, 163.
Coverdale, Rogers u. «i 95
fathers tbe Popels, 1529. 103 Bl. 16. Das ist ohne Zweifel die
Revelation of AntichriBt, welche 1530 verboten und speciell cen-
surirt wurde (III), wohl eine Bearbeitung von Luthers „Offenbarung
des Endchrists aus dem Propheten Daniel wider Catharinuni*^ Witt.
1524, die schon in No. I als The Rev. of Antichrist of Luther
verboten wird ; die Antithesis ist vielleicht eine Bearbeitung von
Luthers „Passional Christi und Antichristi", 1521.
Dr. Robert Barnes, früher Prior der Augustiner zu Cambridge,
1540 zu London verbrannt, ist derselbe, der sich 1530 — 35 zu
Wittenberg aufhielt und dort auch unter dem Namen Antonius An-
glus schrieb. In No. VIII wird The book of Friar Barnes twice
printed, ohne nähere Bezeichnung, verboten*).
John B a 1 e, später Bischof von Ossory, wird in No. Y II auch
als Haryson und Henry Stalbridge erwähnt, unter welchen Namen
er Broschüren schrieb, Thomas Beacon (Becon) als Theodore Basil
oder Baselle*).
Von William Turner und Richard Tracy werden keine
Schriften speciell verboten'*). In dem Namenverzeichniss No. VII
kommen noch vor John Goughe — wie es scheint, ein Buchhändler^),
— Roderick Mors, ein Name, unter dem Henry Brinklow schrieb*)
nnd (James) Sawtry, der Verfasser der Defense of the mariage of
priests against Stephen Gardiner, 1541.
Die Bischöfe Hugh Latimer und John Hooper stehen neben
Th. Cranmer natürlich erst in dem Verzeichniss von 1555; nur
hier auch Hale*s Chronicle, d. i. Edwin Halle's Chronicle, zuerst 1548
nach seinem Tode gedruckt.
In No. I und mehreren folgenden Verzeichnissen, auch in der
Proclamation von 1530 wird verboten (in No. III kurz censurirt)
A Supplication of the beggars compiled by Symon Fyshe (Fish,-
einem irreligiösen Advocaten von Gray's Inn), eine an den König
gerichtete Klage der Bettler, dass die ihnen zukommenden Almosen
den faulen Mönchen zufielen, mit derben Bemerkungen über Feg-
feuer und Ablass. Sir Thomas More schrieb dagegen The Suppli-
1) The whole works of W. Tyndale, John Frith and Dr. Barnes,
three worthy martyrs. Lond. 1753. fol.
2) Seine Schriften wurden 1563 fol. gedruckt, theilweise in 2 Bänden
von der Parker Soc. herausj^egeben.
3) Von letzterm führt Lowndes 2704 zwei kleine Schriften an, von
ersterm u. a. (2726) Comparison between the old learning and the new,
translated out of latin, 1537. Novae doctrinae ad veterem collatio Urbani
Rhegii, in No. II und sonst verboten.
4) Cal. of St. P. 4073 (1528).
5) Henry Brincklows Complaynt of Roderick Mors and The Lamen-
tacyon of a Christen . . . made by Roderigo Mors. (Early Engl. Texts.
Extra Series vol. 22).
96 Verordnungen and Bücherverbote in England.
cation of soules, 1529 ^). Gegen More und seinen Verwandten
Rasta), Bischof von Rochester, schrieb dann J. Frith A disputation
of Purgatory (s. o.). I^ie Schrift von Fish wurde 1530 auch von
der Sorbonne censurirt und wird von Nie. Sanderus, De schismate
anglicano (1587) 1. 1, p. 73 ausführlich besprochen; in den Kömischen
Indices steht auffallender Weise Fish nicht.
In mehreren Verzeichnissen kommen folgende Schriften ohne
Nennung der Verfasser vor: ein Bericht über das Verhör der Wy-
cleffiten Sir John Oldcastle und W. Thorpe durch den Erzbischof
Thomas Arundel um 1400 -) (s. o. S. 36); The burying of the mass
in english rhyme'); A Dialogue betwixt the gentleman and the
plowman; A book against St. Thomas of Canterbury (Dialogus in
vituperium S. Thomae quondam Archiep. Cautuar.). Die drei letzten
werden von William Barlowe sein, der in seinem Widerruf im J.
1554 unter seinen Schriften aufzählt : The treatise of the burial of
the mass, a dialogue between the gentleman and the husbandman
und a common dialogue without any title inveighing especially
against St. Thomas of Cant., mit dem Bemerken, dieser sei nicht
gedruckt oder „offen publicirt**, also nur heimlich in Abschriften
verbreitet *).
Charakteristisch ist das Verbot einiger Erbauungsbticher. Ein
Hortulus animae in English wird schon 1531 in No. V verboten,
dann wieder 1542 (No. VIII). Von letzterm Verbote wissen wir
den Grund: Der Bischof von Durham legte Cromwell eine Ausgabe
von 1536 vor, worin im Kalender bei Johannis Enthauptung etwas
Günstiges über Anna Boleyn gesagt zu sein scheine, was der Par-
lamentsacte widerspreche, die den Kindern der Johanna Seymour die
Thronfolge sichere *). — In der Censur von 1530 (No. III) werden
bei einem Prymer — Primer hiessen die englischen Gebetbücher
für Laien*) — ein paar Kleinigkeiten im Kalender gerügt, dann
von dem Buche selbst, dass darin die Allerheiligen-Litanei hinter
den Busspsalmen und alle Hymnen und Antiphonen von der h. Jung-
frau weggelassen seien. Von einem von Marshai bearbeiteten Primer
wurde 1542 (No. VIII) die Vorrede verboten, wiederholt eine in
1) Dixon I, 822. Fish's Schrift ist abgedruckt in Dodd's Church
Ilistory ed. M. A. Tierny, 1839, I 419, auch in Early Engl. Texts, Extra
Series vol. 13, zusammen mit A Supplication of the Poor Commons von
1546 ; 8. Strype I, 1, 608.
2) Lowndes 2677.
8) Vielleicht eine Uebersctzung von Nie. Manuels »"^^d und letzter
Wille der Messe**, oder von „Die kranke und sterbende Messe" 1523 (nach
zwei Ausgaben abgedruckt bei Strobel, N. Beitr. 1, 2, 24, vgl. Wiedemann,
Eck S. 368). Es kann aber auch eine Originalarbcit sein, denn dieses
Thema war damals sehr beliebt.
4) Strype III, 1, 242. 5) Strype I, 1, 444; I, 2, 274.
6) Dixon II, 360.
Verordnungen von Eduard VI. und Elisabeth. 97
diesen Primer aufgenommene Auslegung des Credo und der zehn
Gebote unter dem Titel A Dialogue between the father and the
son *). — 1545 erschien ein Primer, den Heinrich VIII. fortan aliein
zu gebrauchen gebot, englisch und lateinisch als Orarium s. libellus
precationuro per Regiam Maj. et Clerum latine editus *).
Von den festländischen Schriften in den englischen Indices
muss eine hier erwähnt werden, weil sie auffallender Weise in an-
deren Indices nicht vorkommt: De veteri et novitio Deo (No. VI),
Book of the old 6od and new (No. IV); es ist die dem Paulus
Elias zugeschriebene Schrift : „Vom alten und neuen Gott, Glauben
und Lehr^, 1521 (44 £1. 4), lateinisch von Hartmann Dulichius:
De veteri et novitio Deo, de veteri et nova fide doctrinaque, sive
origo idololatriae, 1522*).
Aus der Regierungszeit Eduards VI. und der Elisabeth mag
hier noch folgendes erwähnt werden.
Unter Eduard VI. wurde 1547 eine Sammlung von Homilieen
zum Vorlesen bei dem Gottesdienste veröffentlicht und verordnet,
jeder Geistliche solle ein lateinisches und englisches N. T. und die
Paraphrase des Erasmus haben und fleissig studieren. (Von letzterer
erschien eben 1547 der erste Band einer englischen Uebersetzung
mit einer Vorrede von Nie. Udall; der 2. Band, hauptsächlich von
John Old übersetzt, erschien 1549). Der Bischof Gardiner remon-
strirte dagegen und hob hervor, dass die Homilieen und die Para-
phrase einander widersprächen*). — 1549 wurde der ausschliess-
liche Gebrauch des Communion-Book angeordnet und den Bischöfen
aufgetragen, die lateinischen liturgischen Bücher von Sarum, Lin-
coln, York u. 8. w. unbrauchbar zu machen, — to deface and abo-
lish them, that they never after may serve to any such use*).
Elisabeth beauftragte 1564 den Bischof von London, die ankom-
menden Schiffe nach „aufrührerischen und verleumderischen Büchern**
durchsuchen zu lassen*). Durch eine Proclamation vom J. 1588
wurde unter Androhung von Strafen befohlen, „aufrührerische und
schismatische Bücher, Schmähschriften und andere phantastische
Schriften*' an die Bischöfe abzuliefern, und verboten, solche zu
drucken'). Speciell verboten wurde 1579 eine unter dem Titel
1) Strype J, 1, 340. Dixon I, 37. Auch Mattens and evening songs,
seven psalms etc. in No. IV ist ein Primer oder ein Theil eines solchen.
2) Dixon II, 362.
3) In Deutschland erschienen viele Ausgaben davon: auf dem Titel
steht auf der einen Seite der Papst mit einigen Kirchenvätern und
Aristoteles, unten Cajetan, Prierias, Eck und Faber, auf der andern Seite
der dreieinige Gott mit den vier Evangelisten, Paulus und Luther, und
dem entspricht der Inhalt. Wiedemann, Eck S. 368. A. v. Dommer No. 98.
4) Wilkins IV, 6. Dixon H, 422. 451.
5) Wilkins IV, 37.
6) Wilkins IV, 250. 7) Wilkins IV, 340.
Benscb, Index. 7
96 Bucherverbote in den Niederlanden.
The gapping gulf erschienene Broschüre über die damals geplante
Verheirathung der Königin mit dem Herzog von Anjou^ zugleich
wnrde der Erzbischof von Canterbury angewiesen, durch Predigten
die durch diesen Heirathsplan hervorgerufenen religiösen Befürch-
tungen zerstreuen zu lassen '). 1580 wurde gegen die — von dem
Holländer Heinrich Niclaes (s. u.) gestiftete — Sectp der Familisten
(Family of love) eingeschritten, verordnet, ihre Bücher zu ver-
brennen und angedroht, wer solche Bücher drucke oder importire,
solle als fautor haereseos an Leib und Gut gestraft werden *)•
Der Erzbisohof Whitgift von Canterbury ermächtigte 1586 den
Buchhändler Ascanius de Renialme, von papistischen Büchern einige
Exemplare zu importiren, unter dem Vorbehalt, dass er dieselben
zuerst dem Erzbischof oder einem andern Mitgliede des königlichen
Geheimen Eathes vorlegen müsse und nur an solche abgeben dürfe,
die von dem Erzbischof als geeignet, sie zu lesen, bezeichnet wer-
den würden, -— also ein Analogon zu der Römischen Index-Gesetz-
gebung.
11. VerordnüDgen über Bficherwesen in den Nieder-
landen. Biicheryerbote Karls V. 1521—1550.
Um die Verbreitung der neuen Lehre in den Niederlanden
zu bindern, erliess Karl V. von 1521 bis 1550 eine Reihe von
Verordnungen, die in der Form von ;,Plaeaten" in den verschie-
denen Provinzen publicirt wurden. Die Gesetzgebung warde
allmählich immer strenger. Philipp II. hat die Ketzergesetze
seines Vaters nicht wesentlich vermehrt oder verschärft, vielmehr
nur bestätigt und neu eingeschärft^).
Bezüglich des Blicherwesens enthalten diese Gesetze fol-
gende allgemeine Bestimmungen'):
1) Wilkins IV, 297.
2) Gachard, Corresp. de Philippe 11. snr les affaires des Pays-Bas,
1848, I, p. CV.
3) Die meisten Placate sind abgedruckt in Tweeden Druck van den
eersten bouck der Ordonancien, Statuten, Edicten efi Placcaerten soo van
weghen der Keyserlijke en Koninghtijke Maiesteyten . . . Ghendt 1639*
(in Heidelberg, über 800 S. fol.), — im Folgenden mit Place, citirt. —
Vgl. Alex. Henne, Hist. du Regne de Charles Quint en Belgique, 1859,
IV, 303. Brandt, Hist. der Ref. I, 99. J. G. de Hoop Scheffer, Geschie-
Bücherverbote in den Niederlanden. 90
1. Nachdem das Woiinser Ediet von 1521 in den Nieder-
landen publicirt worden, wurde wiederholt zum Verbrennen oder
zur Ablieferung der ketzerischen Bücher in einer bestimmten Frist
aufgefoidert, unter Androhung von „Strafen an Leib oder Gut, je
nach Umständen** (1524), unter Androhung der Verbannung (1526),
ja des Todes (1529). — 1546 wurden die Buchhändler aufgefordert,
binnen acht Tagen die ketzerischen Bücher abzuliefern, Privatper-
sonen, sie selbst zu verbrennen. Die Berichte aus jener Zeit sprechen
von oftmaligen und massenhaften Verbrennungen von confiscirten oder
abgelieferten ketzerischen Büchern.
2. Als verboten sollen nicht nur alle in den kaiserlichen
Verordnungen, später auch in den Löwener Catalogen verzeichneten
Bücher gelten, sondern auch alle, die seit 1520 (1529 heisst es:
seit 10, 1550: seit 30 Jahren) anonym oder ohne Angabe des
Dnickers und Druck orts erschienen sind. — Nicht verbotene Bücher,
die verdächtig sind, sind den Ortsbeamten zur Prüfung vorzulegen
(1526) »).
3. Es darf kein Buch ohne Erlaubniss des königlichen Eathes
gedruckt oder aus dem Auslande eingeführt werden, bei Strafe des
Verlustes des dritten Theiles des Vermögens und ewiger Verban-
nung (1526). Wenn die Bücher von kirchlichen Dingen handeln,
ist die Approbation des Bischofs oder seines Bevollmächtigten nach-
zusuchen; alle Bücher bedürfen einer königlichen Erlaubniss (lettres
patentes d'octroi, opene brieven); wer diese Bestimmung nicht beob-
achtet (und ketzerische Bücher druckt), „soll auf einem Schaffot mit
einem Eisen in Form eines Kreuzes gebrandmarkt oder ihm ein
Auge ausgestochen oder eine Hand abgehauen werden nach dem Gut-
dünken des Richters*^ (1529, 1531). Findet sich in einem ohne
Erlaubniss gedruckten Buche nichts Irriges, so wird derjenige, der
es hat drucken lassen, mit ewiger Verbannung und um 300 Carolus-
gulden bestraft (1550). Die Druckerlaubniss ist dem Buche beizu-
drucken und, ehe der Verkauf desselben gestattet ist, dasselbe noch-
mals mit dem approbirten Manuscript zu vergleichen (1546).
4. Die Drucker und Buchhändler müssen den Beamten auf
Verlangen ein Verzeichniss der bei ihnen vorräthigen Bücher vor-
legen und diejenigen Bücher zeigen, welche sie namhaft machen;
wer sich weigert, wird als der Ketzerei verdächtig behandelt (1540).
In jedem Buchladen muss ein Verzeichniss der vorräthigen Bücher
und ein Exemplar des Löwener Catalogs der verbotenen Bücher
denis der Hervorming in Nederland, in Studien en Bijdragen I und II,
(1870—72). Vincent, Essai sur Thist. del' imprimerie en Belgique, im
Bull, du Biblioph. Bclg. XV. XVI (2. S. VI. VII, 18B0-60).
1) Im August 1547 wurde zu Harderwijk angeordnet: alle seit
1518 gedruckten Bücher, auch wenn cum gratia et privilegio daraufstehe,
dem Inquisitor zu bringen, der die guten zurückgeben werde. Kerkh.
Archief I (1855), 10.
lOO Büoherverbote in den Niederlanden.
hangen, bei Strafe von 100 Carolnsgalden (1546). Die Bucliläden
sind wenigstens zweimal im Jahre zu visitiren; die aus dem Ausland
kommenden Bücherballen dürfen nur in Gegenwart von Beamten ge-
öffnet werden (1550)*).
5. Niemand darf eine Druckerei anlegen oder Bücher ver-
kaufen ohne Concession. Die Drucker müssen eidlich geloben, nichts
ohne Erlaubniss drucken zu wollen. Ausser den approbirten Buch-
händlern darf niemand gedruckte Sachen, auch nicht Gebetbücher,
Lieder, Kalender u. dgl. vor den Kirchen oder auf anderen Plätzen
feilbieten oder colportiren (1550).
6. Für die Schulen wurden 1546 und 1550 besondere Ver-
zeichnisse der ausschliesslich zu gebrauchenden Bücher ausgegeben
(s. u.). Eeligiöse Conventikel u. dgl. waren mit den strengsten
Strafen bedroht. Laien war es verboten über die h. Schrift zu
disputiren u. s. w. Die h. Schrift zu erklären, sollte nur den von
der Universität oder den Bischöfen Ermächtigten zustehen (zu dieser
Bestimmung des Placats vom 29. April 1550 wurde doch in dem
Flacat vom 25. Sept. die Erklärung beigefügt: sie gelte nicht von
denjenigen, welche sich einfach über die h. Schrift nach dem kirch-
lichen Verständnisse unterhielten).
7. Wer der Ketzerei schuldig gefunden wurde, — und zur
Einleitung eines Processes auf Ketzerei genügte schon der Besitz
oder das Lesen verbotener Bücher, — konnte sich das erste Mal
in den meisten Fällen durch Abschwörung retten; wurde diese ver-
weigert, so sollten nach den Placaten von 1529 und 1531 Männer
enthauptet, die Köpfe auf Pfähle gesteckt, Weiber lebendig begraben
werden; Rückfällige, — solche, die einmal abgeschworen hatten und
dann zum zweiten Male der Ketzerei schuldig gefunden wurden, —
wurden verbrannt.
Diese Verordnungen erliess Karl V. kraft seiner landes-
herrlichen Gewalt; von dem Beeret des 5. Lateran- Concils und
der Bulla Coenae ist nie die Rede. Auch die Bücberverbote
erliess der Kaiser, die Löwener theologische Facultät oder Uni-
versität, sofern es sich nicht nm Verbote bloss für ihre Ange-
hörigen handelte, nnr im Auftrage nnd mit Genehmigung des
Kaisers. In einem Schreiben vom Mai 1522 erlaubte auch der
Kaiser dem Franz van der Hülst, Bücher von Luther u. s. w.
zu behalten, um sie zu widerlegen^).
1) Col. de doc. ined. V, 398 wird erwähnt, die Stadt Antwerpen
habe das Privileg gehabt, dass dort die Verkäufer verbotener Bücher nicht
verhaftet werden durften; man habe sie, um ihrer habhaft zu werden
irgendwie veranlassen müssen, aus der Stadt zu gehen.
2) Studien II, 138.
Pl4caie von 1524 und 1526. 101
Eine Mitwirkung der Fäpste fand dagegen statt bei der
Einführung der Inquisition. Karl V. ernannte 23. April 1522
den eben erwähnten Franz van der Hülst, Mitglied des Rathes
von Brabant, zum Inquisitor; Hadrian VI. bestätigte den-
selben 1. Juni 1523 unter dem Vorbehalt, dass er, da er Laie
sei, zwei Geistliche als Assessoren haben müsse. Auch die fol-
genden Inquisitoren, die alle Geistliche waren, wurden von dem
Kaiser oder seinem Statthalter ernannt, vom Papste bestätigt.
1545 erhielten die Inquisitoren eine ausführliche Instruction von
Karl V. »).
In mehreren Placaten Karls V. kommen auch specielle
Bücherverbote vor. Namentlich werden in einem Placate vom J.
1529 zwölf Schriftsteller genannt, deren sämmtliche Schriften ver-
boten werden, und in einer Ordonnanz von 1540 wird dieses
Verzeichniss wiederholt und ein Verzeichniss von anderen ver-
botenen Schriften beigefügt. Dieses Verzeichniss von 1540 ist
besonders beachtenswerth, weil es nicht nur in die Löwener
Indices von 1546 und 1550 und in die spanischen von 1551 an,
sondern auch in die italienischen, auch in die Römischen über-
gegangen ist.
1. In einem Placate für die nördlichen Provinzen vom 23. März
1524 wird constatirt, dass trotz der früheren Edicte gegen den Ver-
kauf von ketzerischen Büchern einige Drucker neue Büchlein ge-
druckt und verkauft und viele sie gekauft und gelesen unter dem
Vorwande, dass sie auf dem Titel nicht den Namen Luthers hätten,
sondern einfach „Evangelium^ oder , Summe der Theologie* u. dgl.
betitelt seien. Speciell verboten werden ,t Ewangelie van St. Ma-
theus mit die glose dair jnne gestelt (von dem Minoriten-Guardian
Joh. Pelt, später Prediger in Bremen) und Die somme van die god-
lycke gescriften" *).
2. In einem Placat d. d. Hecheln 17. Juli 1526*) wird ver-
ordnet, es sollen öffentlich verbrannt werden ausser den Schriften
von Luther die von Pomeranus, Carolostadius, Melanthon, £co-
lampadius, Franciscus Lambertus, Jonas und seinen anderen An-
1) Sie wurde 1660 erneuert, abgedr. bei Gerdes Hist., Ref. III, Mon.
p. 212. Die Uebcrschrift „Inquisitionis Hispanicac formula" ist falsch ;
die spanische Inquisition führte erst Philipp II. ein. In Luxemburg, Gro-
ningen und Brabant wurde unter Karl V. die Inquisition nicht eingeführt.
Gachard p. CVIII.
2) Studien I, 448. 8) Place, p. 138.
102 Bücherverbote in den Niederlanden.
bängern, ferner Evangelien, Episteln, Propbetieen und andere Bücber
deutscb, fläraiscb und wälsch mit Anmerkungen oder Vorreden,
welche die lutherische Lehre enthalten, und alle Bücher „ohne Titel*
(anonyme Bücber), welche dieselbe Lehre enthalten.
Im J. 1526 wurde der Buchhändler Franz Birckmann zu Ant-
werpen wegen des Verkaufs des 6. Bandes der Uebersetzung des
Chrysostomus von Oecolampadius von dem Markgrafen von Ant-
werpen, Nie. de Soyer verhaftet. Er wandte sich an die Regentin
mit der Vorstellung, der Verkauf des Buches sei ihm von den mit
der Untersuchung der Bücher beauftragten Commissaren gestattet
worden und dieses und ähnliche Bücher würden an den Universi-
täten zu Paris, Köln und Löwen ungehindert verkauft. Birckmann
wurde von dem Geheimen Rathe der Regentin ausser Verfolgung
gesetzt, der Liquisitor Job. de Montibus (Goppius), Decan von Löwen,
aber beauftragt, die Irrthümer, die Oecolampadius etwa in seine
Uebersetzung eingemengt haben möge, zu beseitigen *). 1529 wurde
das Buch aber verboten (s. u.).
Unter dem 25. Mai 1527 wurde der Rath von Holland beauf-
tragt, eine holländische Uebersetzung von Ecks Enchiridion locorum
communium verbrennen zu lassen und zu verbieten und gegen den
Drucker (weil er das Buch nicht vorher zur Approbation vorgelegt)
wegen Uebertretung der Placate einzuschreiten'^).
3. In einem Placat vom 14. Oct. 1529 *) und in . einer im
wesentlichen damit gleichlautenden vom 7. Oct. 1531 datirten Or-
donnanz, welche am 15, Nov. und dann alle 6 Monate publicirt
werden sollte *), werden verboten die Schriften von Luther, Wyclef,
1) Bull, du Bibliophile Beige III, 49. A. Kirchhoff, Beitr. I, 112.
2) Studien II, 172.
3) Placart, en forme d*ordonnancc, Statut et odit, par Icquel est
dcffendu ätous en gcneral, d'iraprimor, lirc, avoir ou soustcnir Ics cscrits,
livres ou doctrines de M. Luther: cnsemblü do plusicurs aultres herctiques
et livres y nommes, et aultres choses ä cc propos. Donne ä Bruxellcs le
14. jour d'octobre 1529, im BuUetiu du Bibl. Beige XVI (2. S. YIII, 1860)
p. 110—116, — flämisch Place. 107. Das Placat sollte 25. Oct. in ganz
Flandern, — wahrscheinlich ein gleichlautendes in den anderen Provinzen
— publicirt werden.
4) Es ist die zweite der drei Ordonnanzen in Lcs ordonnanccs que
Lempcreur cn sa presence a fait lire et decl airer aux gcns des cstatz do
ses pays de par deca en leur assemblee vers sa Maieste, le 7. iour de Octobre
de Tan 1531 et lesquelles ont este publiees par tous lesdictz pais le 15.
de Novembre cnsuyvant, Iraprime en Anvers par Vorstcrman et Ilooch-
straten 1531. Cum gratia et privilegio* 18 Bl. 4. Die drei Ordonnanzen waren
zunächst für Brabant bestimmt ; es wird aber am Schlüsse des Druckes be-
merkt, ähnliche Ordonnanzen und Placate seien auch für andere Provinzen
Placai von 1540. 103
Has, Marsilins von Padua, Ecolampadins, Zwingli, Melanthon, Fr.
Lambert, Pomeranus, Otto Brunfels, Jonas, Johannes Puperis &
Gorcianufl (sie) und anderen Sectirern, die Neuen Testamente ge-
druckt von Adrian de Berghes, Christoph von Remonde und Joh.
Zell und andere, die als häretisch von der Löwener Facultät ver-
dammt sind, ferner alle Bücher, die seit 10 Jahren gedruckt sind
ohne Angabe des Verfassers, des Druckers und der Zeit und des
Ortes des Druckes, dann Neue Testamente, Evangelien, Episteln . . .
(wie oben No. 2), endlich Bilder, wodurch Gott, die h. Jungfrau
oder die Heiligen verunehrt werden.
In einer Erläuterung zu dem Placat von 1529 vom 8. Jan.
1530 heisst es: Melanchthons Dialectica und Khetorica seien ver-
boten, weil darin bedenkliche Beispiele und Lobsprüche auf Luther
vorkämen ; die Grammatica sei erlaubt, es sei aber besser, Melanch-
thon nicht als Verfasser zu nennen, damit die Schüler nicht veran-
lasst würden, andere Schriften von ihm zu lesen. Dann werden ver-
boten die 20 Homilien des Chrysostomus mit Anmerkungen und
Glossen von Oecolampadius und dessen Indices (tafele) zu den
Schriften des Hieronymus; letzteres Werk (also die Ausgabe des
Hieronymus von Erasmus) wird nur zugelassen, wenn des Oeco-
lampadius Name nicht genannt (also gestrichen) wird (und seine In-
dices herausgeschnitten werden). Dann wird die Unio dissidentium
verboten *).
4. Eine Ordonnanz vom 20. Sept. 1540^) enthält dieselben Ver-
erlassen worden. — Diese Ordonnanz steht flämisch Place, p. 113, auch bei
Ranke, Gesch. der Ref. (WW. VI), 144.
1) Studien II, 185.
2) Drbinanticn, ftatuQtcn cit cbict bcd boorluc^tigc cn onucnuonne j^. Tt.
Siaxolu^ bcd oijffte . . . gcpublicccrt inb' ücmtacrb' ftabt Dan ^rucffcl in bic
prrfcntie t)ä [\ir(b^ f)oogcr maicftci)t . . . bcn Dicrbcn ba4 bä Octobcr int jacr 1540.
^\) tni ^arcf mattend Xantmcrpcn. 19. Bl. 4. (So Petzholdt p. 187 a). Place
p. 122: Placcaet, inhoudende zcker Ordonnantien, Statuus, Verbodt ende
eeuwigh Edict op de extirpatie ende abolitie van der secte der Lutherianen
ende Hcrdoopers: mctgaeders andere heresieu endo Kotterien etc. (es ist
hier vom 22. Sept 1540 datirt). — Deutsch in: Oi'bnunn, Statuten Dnb
Gbict, ülcijcr Äarold bcö giiiifftcii, ^ublicirt in bcr nam^fften 8tat ©rüffcl,
in bcufcin jrcr 9){aicftet 8d))ucftcr onb ßönigiu, ^ubcmant Dnb 9i(0cut feiner
9?iber(anb, ben oierbeu Octobrii), ^nno (S^rtfti 1540. ^n ^vabanbif^er fprad^
erftlid) auggangen. S. 1. et a."^ 12 Bl. 4 (München K. B.). — Das Edict
vom 4. Oct. enthält nichts über Bücher. Bl. 6r beginnt ein neues Edict
(das oben im Text erwähnte): »An die zu Flandern^S Bl. 12 r steht am
Schlüsse das Datum: „Brüssel 20. Sept. 1540**. — Petzholdt p. 137a er-
wähnt einen andern Druck von 1540 in 14 Bl. 4. Ein dritter Druck:
Crbnung . . . iRiberlanb. MDXLL* (München). — Tplacaet vande Keyserl.
104 Bücherverbote in den Niederlanden.
böte, auch dasselbe Bücherverzeichniss wie die von 1529 und 1531;
aber nach den drei Neuen Testamenten noch ein weiteres Verzeich-
niss von verbotenen Büchern.
Die in dem Placat von 1524 verbotene anonyme Schrift hiess
Summa der godliker scrifturen oft een duytsche Theologie*); sie
ist wahrscheinlich zuerst 1523, dann 1526 und sonst (es sind 6 Aus-
gaben bekannt) gedruckt worden. Sie steht auch in den Löwener
Indices von 1546 und 50. Der Drucker, Jan Zeverts van Leyden,
wurde 13. Juli 1524 zu ewiger Verbannung und Vermögensconfis-
cation verurtheilt. Die kleine Schrift fand eine weite Verbreitung
durch Uebersetzungen, welche in den Indices der einzelnen Länder
verboten wurden: The summe of the holye scripture and ordinarye
of the Christen . . . 1529 (5 Ausgaben bekannt; die Uebersetzung
ist von Simon Fish), verboten in mehreren englischen Verzeich-
nissen, ausführlich censurirt 1530*); — La summe de lescripture
saincte et Tordinaire des chrestiens . . . (Basel 1523, auch Genf
1544), verboten in Par. 51; — El Summario de la santa scrittura
et lordinario de christiani ... s. 1. et a., wohl schon vor 1535'*),
1537 in Modena von einem Prediger angegriffen, angeblich in Kom
1539 verbrannt, in mehreren Inquisitionsprocessen erwähnt*), ver-
boten in dem Index von Lucca, von Casa, Ven. und seit P. im Rom.
Ind. (der Titel lat. Summarium Scripturae, erst seit Ben. II Som-
mario della sacra scrittura). — Summa totius scripturae ist eine
ganz andere Schrift; s.u.
Maiestcyt Beroercnde alle hcrcsyen, ketteryen ende verboden boucken
[22. Sept. 1540]. Met die verclaringhe daer op ghevolcht [18. Dec. 1544],
Haghc (gcprent tot Dclft 1544). 24 S. (L. I). Petit, Bibliothek vau Nederl.
Pamfletten, 1882, No. 73). — Die Ordonnanz steht auch in der Flacius'-
schen Ausgabe der Ordonnanz von 1550, s. u., ein Auszuf^ bei Schel-
horn, Erg. II, 387, das Bücherverzeichniss lateinisch auch bei Cochlacus, De
actis Lutheri a. 1540 (Mainz 1549, p. 300) und In Causa rcligionis Mise.
11. 3, Ingoist. 1545, f. 172.
1) Deutsch mit Einleitung : Die Summader h. Schrift. Ein Zeug^iss
aus dem Zeitalter der Reformation für die Rechtfertigung aus dem Glauben.
Herausg. von K. Benrath. 1880. Vgl. dessen Aufsätze, Jahrb. f. prot. Th.
1881, 127; 1882, 681; 1883, 828.
2) Wilkins III, 730; s. o. S. 91.
3) Neu herausg. von E. Comba, Flor. 1877, danach auch eine fran-
zösiche Uebersetzung: Le sommairc de la S. Ecriture, Par. 1879.
4) Bischof Giberti von Verona licss das Sommario mit einigen Blät-
tern Erläuterungen drucken; Ambr. Caterino schrieb dagegen: Resolutione
Sommaria contra le conclusioni Luterane estratte d^un libretto senza Au-
tore, intitolato, II Sommario dela sacra scrittura; Libretto scismatico,
heretico e pestilente, Rom 1544.
Summa der scrifturen. Unio dissid. 105
Die niederdeutsche Summa ist eine Bearbeitung eines lateini-
schen Buches desselben Verfassers mit dem Titel: Oeconomica
christiana [in rem christianam instituens, quidve creditum ingenue
christianum oportet, ex evangelicis literis eruta], die wohl schon
1520 verfasst, aber später als die Summa gedruckt ist'). Diese
lateinische Schrift steht auffallender Weise in keinem vortridentini-
schen belgischen Index, obschon der Löwener Theologe Jak. Lato-
mus schon 1528 mündlich dagegen polemisirte und 1530 dagegen
schrieb^). Sie findet sich nur in den englischen Indices seit 1526^),
dann bei P. Tr. als Oeconomica christiana, seit S. (noch jetzt) ver-
druckt Oeconomia ehr. — Der Verfasser der Oeconomica und der
Summa ist wahrscheinlich Henricus Bomelius (Hendrik van Bommel,
um 1525 Priester in Utrecht, 1542 evangelischer Geistlicher in
Wesel, t 1570), der uns später in der 1. Cl. des Rom. Ind. be-
gegnen wird.
Die im J. 1530 verbotene Schrift heisst: Unio dissidentium,
libellns omnibus unitatis ac pacis amatoribus utilissimus, ex prae-
cipuis Ecclesiae Christianae Doctoribus per venerabilem patrem Her-
mannum Bodium selectus, Antw. 1527 u. oft. Es ist nur eine
Zusammenstellung von Bibelstellen und Auszügen aus Kirchenvätern
(und Beda und Bemardus), die unter 25 Loca theologica geordnet
sind. Das Verbot wird mit der Bemerkung motivirt, der Verifasser
habe ,,von den alten Lehrern Augustinus, Hieronymus, Cyprianus
nur dasjenige angeführt, was man zu Gunsten von Luthers Lehre
verwenden könne, nicht das, worin sie ausdrücklich gegen Luther
sprächen **. Das Buch wurde schon 1529 in England verboten (s. o.
S. 91) und findet sich in fast allen späteren Indices, im Lov. 46 als
Unio diss. dogmatum, im Lov. 50 als U. d. d. Hermanni Bodii.
Im Rom. Ind. steht H. Bodius, — er hat kein anderes Buch ge-
schrieben, — seit P. in der 1. CL, in der 3. U. d. tripartita. Diese«
stammt aus Par. 51, in welchem unter Herm. Uodion der ganze
1) Nach einer in Strassburg 1527 erschienenen Ausgabe herausge-
geben inHct oudste Nederlandsche verboden bock, 1523. Oeconomica chri-
stiana. Summa der godlijker Scrifturen. Toegelicht en uitgegevcn doer
Dr. J. J. van Toorenenbcrgcn (a. u. d. T. Monumenta Reformationis Bel-
gicae. T. I.), Leyden 1882. In dem Abdruck der Summa findet sich hier
auch ein zweiter Theil, der erst in der Ausgabe von 1526 beigefügt ist
und in den Uebersetzungen nicht steht, und eine Uobersetzung der Schrift
des Oecolampadius „Das Testament Jesu Christi'^ Vgl. Zts. f. prot. Th.
1883, 333. 387. — Ueber das Verhältniss der Summa zu der Oeconomica
8. Zts. f. prot. Th. 1882. 685.
2) De fide et operibus et de votis atque institutis monasticis, Antw.
1630, abgedr. in den Opera, Löwen 1579, f. 133. Zts. f. prot. Th. 1888,
329 (Rosenthal 31. 1617).
3) Zts. 1882, 696.
106 Bücherverbote in den Niederlanden.
Titel der U. d. ex quarta recognitione, Bas. 1538 steht, dann unter
den anonymen lateinischen Schriften U. d. tripartita, — vielleicht
eine irrthümlich unter die lateinischen Bücher gesetzte Bezeichnung
einer französischen Uebersetzung in drei Abtheilungen; wenigstens
wurde 1543 verboten : La premiere partie de TUnion de plusieurs
passages de l'Ecr. S. par Herrn. Bodion *).
Dass in den Placaten seit 1529 neben Schriftstellern des 10.
Jahrhunderts ausser Wyclef und Hus auch Marsilius von Padua
genannt wird, hat seinen Grund ohne Zweifel darin, dass sein Defensor
pacis (zu Basel) 1522 gedruckt war, mit einer Vorrede von Licen-
tius Evangelus (wahrscheinlich Beatus Khenanus), in der gesagt
wird, das Werk werde veröffentlicht, um gegen die geistlichen Ty-
rannen der Gegenwart Hülfe zu bringen *"*).
„Johannes Puperis & Gorcianus* ist natürlich Johann
Pupper von Goch (f 1475), von dessen Schriften mehrere 1521 ff.
zu Antwerpen gedruckt erschienen. Ein Freund des Erasnius, Cor-
nelius Grapheus (Scribonius, de Schrijver), der Goch's Tractatus de
libertate christiana (oder de lib. religionis christianae) 1520 in hol-
ländischer Uebersetzung ®), 1521 lateinisch mit einer Vorrede her-
ausgegeben, war nach Brüssel abgeführt worden, hatte dort 23. April
1522 eine Revocation von Sätzen, die er theils in jener Vorrede,
theils mündlich geäussert, unterschreiben und dann zu Antwerpen
6. Mai 1522, an demselben Tage, an welchem dort Luthers Schriften
verbrannt wurden, abschwören müssen*). — Zwei Schriften von
Goch^) stehen auch in einem englischen Verzeichnisse verbotener
Bücher von 1529 (S. 91).
Der Druckfehler „ Jo. Puperis & Gorcianus" oder, wie es in dem
Placat von 1531 heisst, „Jo. Puperi & Gorchianus*, ist für die
Geschichte des Index verhängnissvoll geworden. Li den mir vor-
liegenden Drucken der Ordonanz von 1540 steht „Jo. Pupuri" oder
„Purpuri vnd Gortianus'*, bei Cochlaeus In causa rel. „ Jo. Pupuri et
1) Arg. IIa 135, No. 48.
2) Riezler, Litcrar. Widersacher S. 193.
3) Es ist kein Exemplar davon erhalten. Studien I, 116.
4) Henncs IV, 293. Die Revocatio abgedr. bei Gerdes, Scrinium
anliq. VI, 497. Die revocirten Sätze betreffen Fasten, jährliche Beichte,
Gelübde, die Päpste u. s. w. UUmann, Reform. I, 151. 449.
5) Dialogi [Ven. P.] lo. Gocchii Mechlin. De quatuor error ibus circa
evangelicam legem exortis. [De votis et religionibus factitiis. S. 1. et a.
54 Bl. 4]. In Dei [divinac?] gratiae et christianae fidei commendationem,
contra falsam et pliarisaicam multorum de justitiis et meritis operum
doctrinam et gloriationem, fragmenta aliquot D. Joannis Gocchii (Mech-
liniensis], nunquam antehac excusa [S. l. et a. fol.] Vgl. Clement IX, 194,
wo auch die anderen alten Drucke von Schriften Gochs verzeichnet sind.
Ullmanu, Reformat. I, lÜG.
Joh. V. Goch. Joh. WesseL Neue Te8t4uneiite. 107
Gorcianufi", De acÜB Lutheri in dcD AuBgaben von 1545 und 1565
„Jo. Purpuri et Gortianus**. Im Lov. 46 wurde richtig gedruckt:
„Jo, Pupperus Gochianus* *). Aber der italienische Index von Casa
vom J. 1549 hat unter einander, also als zwei verschiedene Per-
sonen, Giovanni Puperio und Gorziano, Med. Ven. Gorgianus^) und
Jo. Pupperus. Die Confusion wurde noch grösser gemacht durch
P., der zunächst aus Gorgianus Gorcinianus machte, und dann hinter
Jo. Pupperus Gochianus noch einen Jo. Purpurei setzte. Seitdem
standen diese drei Autoren, die nur Einer sind, in allen Ausgaben
des Köm. Index, bis Ben. den Gorcinianus strich ; Jo. Purpurei steht
aber noch heute neben Jo. Pupperus im Index.
Merkwürdiger Weise findet sich in keinem der älteren belgi-
schen Indices, auch nicht in dem von 1550, Johannes Wessel
von Groningen (f 1485), obschon seine üauptschriften bereits 1521
von Luther herausgegeben waren *), während in dem englischen von
1529 neben zwei Schriften von Joh. Goch fünf von Wessel stehen*).
Erst im Med. und Ven. finden wir Wessel wieder^); im Rom. Ind.
steht er seit P. in der 1. Cl. als Weselus sive Basilius Groningen,
und Basilius Groningensis alias Wesselus, seit Ben. als Wesselus qui
et Basilius Gansfortius Groningen. ^).
Ton den drei Neuen Testamenten, die 1529, 31 und 40 ver-
1) So im Index selbst und in dem Abdruck des Verzeichnisses von
1540 am Schlüsse desselben. Im Index von 1550 steht, wenigstens in dem
Abdruck Place, p. 177: „Jo. Pupperi Bochiani libri omnes**.
2) Yergerio in seinen Noten zu dem Ven. meint, es sei Gorgianus
quem citat Aug. in fragmentis Gregor ianis (die Notiz ist aus Gesner ent-
nommen^.
8) Farrago Wesseli. M. Wcsseli Grouiugeu., Lux Mundi olim vulgo
dicti, rarae et reconditae doctrinac notulae aliquot et propositioncs. S. L
et a. Farrago rerum thoologicarum uberrima, doctissimo viro Wesselo
Grouingensi autore. Witt. [1522], auch Basel 1522 und 1523. Ulimann,
Reformatoren II, 673.
4) Ausser der Farrago noch Wessellus de «lacramento eucharistiae
et de audienda missa. Wesselli Epist. adv. M. Engelb. Lerdens, in qua
tractatur, quid sit tcuendum de spirituum et mortuorum apparitionibus,
ac de suffragiis et celebrationibus. Tract. Wesselli de oratione et modo
orandi. De Christi incarnatione, de magnitudine et amaritudine domi-
nicae passionis 11. 2, Wessello Gron. autore.
5) Vesselli to. primo im Ven. wird verdruckt sein für Vesseli Groning.
6) Er hiess wahrscheinlich Joannes (seit seinem Eintritt bei den
Brüdern vom gemeinsamen Leben) Wessel (lateinisch Basilius) Harmens-
zoon (Hermanni filius) Gansfort (von dem Gute Gansfort bei Meppen,
woher seine Familie stammte). Ullmann II, 290. Studien en Bijdragen I, 63.
108 Bücherverbote in den Niederlanden.
boten wurden, ist das erste eine 1524 bei Adriaan van Bergen ^)
zu Antwerpen gedruckte holländische (Jebersetzung von Luthers
Uebersetzung mit zwei Vorreden *). Diese Uebersetzung wurde
1525 — 28 auch von anderen Druckern gedruckt; auch die Ausgaben
von Christoph van Remonde (Roemunde = Ruermunde) und Job.
Zell werden Abdrücke davon sein ®). — Casa hat wohl nicht daran
gedacht dass es sich um holländische Neue Testamente handelte, als
er 1549 den Venetianem Novum Testamentum excussum per Adria-
num de Vegia (sie) et Christoph, de remunde verbot, und auch P.
hat wohl gemeint, es seien lateinische Ausgaben, als er N. T. per
Adr. de Bergis et Chr. de Remunda et Zeel (sie) unter die Biblia
prohibita setzte; denn Novi testamenti libri vulgari idiomate (ger-
manico . . . flandrico) conscripti werden bei ihm generell verboten.
Die im J. 1540 hinzugekommenen Schriften sind folgende :
1. Phrases scripturae divinae, von Bartholomaeus West-
hemerus, Antw. 1539, im Lov. 50 unter dem Namen des Ver-
fassers (so auch im Par. 51, mit dem vollständigem Titel: Phrases
seu modi loquendi div. scripturae ex sanctis et orthodoxis scriptori-
bus in studiosorum usum diligenter congestae), im Ven. wie hier
ohne Namen, darum seit P. in der 3. Cl. (seit Tr. mit d. c), ob-
Rchon Barth. Westhemems in der 1. Cl. steht, erst seit Ben. unter
dessen Namen.
2. Interpretati 0 nominum chaldaeorum. Ebenso P.Tr.; V. 51
und die folgenden spanischen Indices. setzten dafür Declaratio nom.
eh.; dieses kam durch S. mit d. c. neben jenem in den Rom. Ind.,
ausserdem noch (gleichfalls aus den span. Ind.) Hebraea, chaldaea
et latina interpretatio Bibliae cum indice Rob. Stephani. Erst Ben.
strich alle drei und setzte den richtigen Titel ein: Hebraea, chal-
daea , graeca et latina nomina virorum , mulierum . . . quae in
Bibliis leguntur, rcstituta cum latina interpretatione. [Locorum descri-
ptio ex cosraographis.] Index praeterea rerum et sententiarnm quae
in iisdem Bibliis continentur. Es ist ein Anhang zu mehreren Bibel-
ausgaben des Robert Stephanus, der Paris 1537 auch separat er-
schien^). Der seit S. Cl. auch im Rom. Ind. stehende Index rerum
omnium, quae in N. ac V. T. habentur, locupletissimus una cum
hebraeorum, chald. et lat. nominum interpretatione, Ven. 1544, wird
eine Nachbildung davon sein.
3. Epitome topographica Vadiani, — die biblische Geo-
graphie des Joachim von Watt, die unter dem Titel Epitome triam
1) Er floh 1536 nach Holland, wurde dort 1542 wegen Vcrkaufens
ketzerischer Bücher enthauptet Studien I, 40.
2) Schon im Aug. 1523 waren die Evangelien, einige Wochen später
die Apg. und Apok. „duytsch^^ mit Erklärungen erschienen. Studien I, 438.
S) Studien I, 457 zählt de Hoop die Ausgaben auf, sagt aber, diese
beiden seien ihm nur aus dem Verbot in den Placaten bekannt
4) Rcnouard, Annales del' impr. des Etiennes p. 27. 44.
Bacher in dem Placat von 1540. 109
terrae partium etc. zuerst 1534 erschien. Unter diesem Titel steht
das Buch auch im Par. 51, merkwürdiger Weise unter den anony-
men Schriften (der Name Vadians kommt im Par. überhaupt nicht
vor), mit der Motivirung: multos errores deprehendens in cap. Ae-
gyptUB et in cap. Insulae maris mediterranei. In Lov. 50 sind
unter Joachim Yadianus auch drei theologische Schriften
von ihm beigefügt. V. 51 und danach Casa haben: Vadiani Epi-
tome s. collectio locorum und Commentarii Vadiani in Pomponium
Meiam [Wien 1518. Paris 1530]; bei letzterm fügt Casa ausnahms-
weise eine Motivirung des Verbots bei: in quibus improbatur ab-
stinentia camium, delectus ciborum et sanctorum reliquiarum vene-
ratio. Im Med. und Ven. steht nur Pomponius Mela cum Joachime
Vadiano. Im Rom. Index steht Vadianus seit P. in der 1. CL^).
4. Paralipomena rerum memorabilium. Der Titel wurde
1550 vervollständigt: Paral. r. m. a Frederico II. usque ad Caro-
Inm V. historiae AbbatisUrspergensis per quendam studiosum
annexa, und ausserdem wurde 1546 und 50 beigefügt: Annotationes
et scholia incerti authoris in chronica abbatis Ursp. Gemeint sind
Caspar Hedio's Noten und Anhang zu seiner bei Crato Mylius zu
Strassburg 1537 gedruckten Ausgabe der dem Propst Conrad von
Lichtenau (irrthümlich Abt von Ursperg genannt) zugeschriebenen
Chronik*). Valdes, Casa, Ven. P. Tr. nahmen aber neben den An-
notationes den ersten Titel auf (Ven. hat ausserdem noch Crato
Mylius in Cronica Ursperg., seit P. steht Crato Mylius in der 1. CL).
S. CL corrigirten dieses nicht nach Lov. 50, sondern schrieben
dessen Titel zu dem andern hinzu, noch dazu mit d. c, so dass
nun Hedio's Anhang zugleich unbedingt und bedingt verboten war.
— Im J. 1621 erklärte die Index - Congregation : von Conradi a
liechtenau Abbatis ürspergensis Chronicon seien alle Ausgaben,
auch die neueste Strassburger von 1609, nur erlaubt, wenn daraus
die schon früher verbotenen Paralipomena und anderen Postillen
und Zusätze und ans der neuesten Ausgabe noch die zwei Epistolae
in laudem haereticorum (Dedicationen) entfernt würden '). Dieses
bedingte Verbot feteht seitdem unter Conr. a Liechtenau. Ausser-
dem steht seit Ben. nur noch im Index Paral. r. mem. a Friderico IL
. . . sive seorsum sive cum Conr. a L. abb. Ursp. chronico, ohne
d. c. Conrads Chronik selbst ist unbehelligt geblieben, obschon Bei-
1) In dem Antw. £xp. 1571 werden 8 Stellen angegeben, die in
dem Commentar zu Mela zu streichen sind. Bei Sot. werden 6 theolo-
gische Schriften von ihm verboten, die nicht theologischen (natürlich unter
der Bedingung, dass der Verfasser auf dem Titelblatt als auctor damnatus
bezeichnet werde) freigegeben. Die £xpurgation des Coromentars zu
Mela füllt hier mehr als eine Foliospalte; auch in den Briefen an Joh.
Faber und Rudolf Agricola sollen ein paar Stellen gestrichen werden.
2) Wattenbach, Geschichtsqu. II, 813.
S) Decretum 23 im Anhang des Index Alexanders VI.
110 Büohenrerbote in den Niederlanden.
larmin (De scr. eccL) sagt, sie enthalte non pauca contumeliosa de
Innocentio III. et Gregorio IX., und Flacius sie im Catalogus testium
veritatis No. 294 verwerthet.
5. Historia de Germanorum origine, — ebenso seit P. (noch
jetzt) im Rom. Index, — ist ohne Zweifel Huldrici Mutii de Ger-
manorum prima origine, moribus, . . . 11.31. Bas. 1539. Bei V. 59
steht das Buch als Chronica de G. or. auctore H. Mutio; in den
späteren spanischen Indices (Sot. p. 470) wird es, allerdings stark,
expurgirt.
6. Commentaria in Pitagorae poema, — vollständiger Lov.
1550: Viti Amerpachii Comm. [Interpretatio duplex] in Pytha-
gorae et Phocylidis poemata (Strassb. 1539). Ebenso seit P. im
Römischen Index, aber mit Beifügung der Antiparadoxa [cum dua-
bus orationibus de laude patriae et de ratione studiorum, Strassb.
1541] und der Historia de sacerdotio Jesu Christi [Anhang zu Jo.
Chrysostomi aliquot orationes graece et lat. etc. Basel 1551]. In
den spanischen Indices ist ausserdem seit Y. verboten Oratio D.
Epiphanii de fide catholicae et apost. Eccl. in lat. conv. cum annot.
(1548). — Amerpach war im J. 1540 noch Lutheraner und Pro-
fessor in Wittenberg; 1543 trat er zur katholischen Kirche zurück
und wurde Professor in Ingolstadt, wo er 1557 starb'). In der
Vorrede zu der 2. Ausgabe seiner Erklärung des Pythagoras und
Phokylides sagt er, er habe jetzt quaedam duriora et a christiana
modestia et simplicitate alieniora in der 1. Ausgabe corrigirt, und:
Ecclesiae christianae catholicae et orthodoxae Judicium non subter-
fugiam. In der Vorrede zu einer spätem Ausgabe vom J. 1551
sagt er: er lasse die Vorrede zur zweiten Ausgabe nochmals ab-
drucken, um zu constatiren, dass schon diese corrigirt sei ; er sei ver-
wundert, dass sein Buch jetzt nochmals (im Lov. 1550), und zwar
mit Nennung seines Namens, verboten worden; die 1. Ausgabe be-
sitze er nicht mehr, aber in der 2. finde er nichts anstüssiges und
könnten auch die Löwener nichts finden^). Es ist sehr auffallend,
dass nicht im Tr. das Verbot auf die 1. Ausgabe beschränkt wor-
den ist.
7. Commentaria in physicam Aristotelis per Velcurionem
(Erfurt 1538), — Lov. 1550 unter Velcurio; seit P. steht Vel-
curio (ohne Vornamen, von Ben. gestrichen) und daneben Joannes
Veltkirchius s. Velcurio (aus Ven. resp. Gesners Bibliothek) in der
1. Cl., obschon er nichts theologisches geschrieben. In dem Antw.
Exp. wird der oben genannte Commentar expurgirt (nach einer Aus-
gabe von 1559) und das Streichen von zwei Stellen verordnet.
8. Eobani Hessi opera, — genauer Lov. 1 550 : E. H. ope-
rum [vielmehr poematum] farragines duae [1539]; hier ist wie 1546
beigefügt : Ejusdem Carmen additum Antonio Flaminio in Psalmos
aliquot. Seit (Ven.) P. steht er in der 1. Cl.
1) K.-L. I, 705.
2) Schelhorn, Erg. II, 893.
Bficher in dem Placat von 1540. 111
9. Dominicae precationes Gryphii, — dieser unsinnige Titel
steht auch im Lov. 1550, und seit P. im Rom. Index (unter Pre-
cationes ; V. 51 hat sogar Gryphii orationes dominicales). Der rich-
tige Titel der zuerst bei Seb. Gryphius in Lyon 1530 gedruckten
Schrift ist: Dom. precationis explanatio, cui adjecimus Hier. Savo-
narolae meditationes in Psalmos Miserere, In te Dne speravi et Qui
regis Israel. Y. 59 und nach ihm Q. haben: Dominicae precationis
explicatio impressa Lugduni per Gryphium et alios. Dieses kam
dann durch S. Gl. neben jenem in den Index; erst Ben. strich jenes.
10. Methodus in praecipuos scripturae divinae locosErasmi
Sarcerii (1540); Catechismus, Scholia ejusdem u. s. w. (es
folgen noch einige Schriften von Sarcerius). So wäre zu inter-
pungiren gewesen; es ist aber hinter locos interpungirt und firasmi
Sarcerii mit Catechismus verbunden. So ist es gekommen, dass die
Methodus, obschon sie im Lov. 1550 nnter E. Sarcerius steht, als
anonyme Schrift in P. Tr. steht; eine spätere Ausgabe desselben
Werkes (von 1548) wurde dann noch, als wäre es ein besonderes
Buch, als Methodi sacrae scripturae tomi duo daneben gestellt. Erst
Ben. hat beide unter Sarcerius gesetzt. Im Lov. 1550 steht eine
grosse Zahl von Schriften von Sarcerius ; im Rom. Index steht er
seit P. in der 1. Gl.
11. De instituenda vita et moribus corrigendib Paraenesis
Ghristophori Hegendorphini. Ejusdem Christiana institutio
studiosae juventutis cum expositione orationis dominicae per Ph.
Melanchthonem. Im Lov. 50 stehen noch einige Schriften von Hegendor-
phinus; seit P. (Ven.) steht er in der 1. Gl. Diese beiden kleinen
Schriften von ihm brauchten also gar nicht aufgeführt zu werden ;
sie machen sich aber bis auf diesen Tag im Index sehr breit. Die
zweite steht im Yen. mit dem abgekürzten Titel Ghristiana institutio,
dann ebenso im Rom. Ind. in der 3. Gl. Die erste steht auf-
fallender Weise im Par. 51 unter den anonymen Schriften als De
vita juventutis inst, moribusque ac studiis corrigendis, und kam
nun 80 durch P. auch in die 3. Gl. Endlich hat Y. 51 das, was
oben aus dem Yerzeichniss von 1540 mitgetheilt ist, in folgender
ungeschickter Weise wiedergegeben: Yita juventutis cum annotationi-
bus seu additionibus Melanchthonis (denn ein Buch mit diesem Titel
existirt nicht), und dieses ist dann in die folgenden span. Ind. und
durch S. auch in den Rom. übergegangen.
12. Epitome chronicarum in latein und deutsch, — Lov. 50:
Achillis Gassari E. chronicorum, — ist Historiamm et chroni-
corum mundi Epitome velut index von dem Augsburger Arzte Achil-
les Pirminius Gasser, die zuerst Basel 1532, 8, erschien, und zwar
wird die anch im Par. 51 stehende Ausgabe von 1538 gemeint
sein (eine deutsche Ausgabe finde ich sonst nicht erwähnt). Seit
P. (Yen.) steht Gassarus in der I. Gl. (auch in den spanischen In-
dices), obschon er nichts theologisches veröffentlicht hat; seine
Annalen von Augsburg, in denen er sich allerdings noch mehr als
in der Epitome als Anhänger der Reformation zeigt, wurden erst
112 Bücherverbote in den Niederlanden.
1595 gedruckt 0. Bei Y. 51 und seit S. Gl. im Rom. Ind. (noch
jetzt) steht noch Epitoma chronicomm et hist. mundi velut index,
primae et sec. impressionis, ubi sunt impressae atque figuratae im-
peratorum imagines, wahrscheinlich auch Ausgaben desselben Werkes.
13. Annotationes Seb. Munsteri in Evang. S. Matthaei,
Basel 1537.
14. „Die Co mö dien so neulich gespielt worden in unserer
Stadt Gent durch die 19 Kammern der Rhetoriken, welche gemacht
sind auf die Frage (op het refereyn) : was eines sterbenden Menschen
grösster Trost sei"*). Der Wettkampf der Dichtergilden (Kammern
von Rhetorica oder Rederijker), bei welchem poetische Beantwor-
tungen der genannten von der Genter Kammer gestellten Preisfrage
vorgetragen wurden, hatte 12. Juni 1539 stattgefunden. Die Sache
erregte Aufsehen, weil manche der Antworten „lutherisch* klangen:
„Hoffnung auf die Gnade Christi, Vertrauen auf Christus allein nach
dem Evangelium" u. dgl. ').
Da solche bedenkliche Dinge bei den Rederijkers mehr vorkamen,
wurde durch ein Placat vom 26. Jan. 1559 (nochmals publicirt 15.
April 1587) verboten, zu spielen oder zu singen „Kamerspeelen,
Baiaden, Liedekens, Comedien, Batementen, Refereinen, Speien van
Zinnen oft Moraliteyt", worin Fragen, Sätze oder Materien eingemengt
seien, welche die Religion oder geistliche Sachen berühren ; zugleich
wurde verordnet, die Spiele vorher dem Pfarrer und der Obrigkeit
des Ortes zur Prüfung vorzulegen*).
Die Genter Spieler haben den Compilatoren der Indices viel
Sorge gemacht. Bei V. 5 1 ist der Titel übersetzt : Comoediae re-
praesentatae in oppido de Gante super quaestionem, Quae est major
consolatio morientis, und so kamen sie durch F. in den Rom. Ind.
als Comoediae super quaest. etc. Bei Y. 59 stehen sie (in der flä-
mischen Abtheilung) als Ludi teutonici rithmice conscripti et Gandavi
exhibiti super hac quaestione: Quod sit homini morienti maximum
1) J. Brucker, Miscellanea, 1748, p. 409. A. D. B. 8, 897.
2) Speien van zinne bij den XIX geconfirmeirde Cameren van Rhe-
torijcken binnen der stede van Ghendt u. 8. w., zu Gent 1539, zu Ant-
werpen und später, 1564, noch einmal zu Wesel gedruckt. Catalogus der
Bibl. van de Maatsch. der Nederl. Letterk. te Leiden, 1877, III, 12.
3) Jonckbloet, Gesch. der niederl. Lit, übers, v. W. Berg, 1772, I,
831. 371. 387. Zts. des Berg. Gesch.-Vereins U, 368.
4) Brandt, I, 229. Das Placat von 1587 steht im Tweeden Placaet-
Bouck, inhoudende diversche Ordonnancien . . . van Vlaendren 1560 —
1629, Gent 1629*, p. 26. — Ein wenige Monate nach dem Genter Spiele
in Middelburg gespieltes Stück, welches noch bedenklicher war ( Jonckbloet
I, 390), „Don boom der schriftueren" und „En spei van sinnen op t' derde,
vierde ende vijfdc capittel van het werck der Apostelen** (Jonckbloet I,
893), stehen in der flämischen Abtheilung von Lov. 46 und 50.
Löwener Tndices 1546. 1650. 113
Bolatium, und durch S. kam auch dieses (neben jenem) in den Rom.
Ind. (S. hat auch noch: Maxima consolatio morientis, quocumque
idiomate edita, was aber Gl. strich). So haben beide Titel im Index
gestanden, bis Ben. schrieb: Gandavenses Ludi s. Comoediae Gan-
davi exhibitae super qu. etc.
Man sieht, die in dem Placat von 1526 aufgestellte, in dem
von 1529 vermehrte Liste von Namen häretischer Schriftsteller ist
in dem von 1540 nicht weiter vermehrt worden. Es sind darin
auch nicht die hervorragendsten oder bedenklichsten seit 1529 er-
schienenen Schriften, sondern einige, meist kurz zuvor erschienene und
meist nicht theologische Schriften zusammengestellt. Diese eigen-
thümliche Beschaffenheit des Verzeichnisses erklärt sich aus folgen-
dem: Die Löwener Universität scheint von Zeit zu Zeit für ihre
Angehörigen Verbote von neu erschienenen Büchern publicirt zu
haben: in dem Placat von 1529 wird auf eine Verdammung mehrerer
üebersetznngen des N. T. durch die Löwener theologische Facultät
Bezug genommen, und Valerius Andreae*) berichtet, am 22. Febr.
1540 habe die Löwener Universität in einem öffentlichen Edicte
unter Androhung schwerer Strafen ihren Untergebenen geboten, be-
stimmte Bücher nicht zu verkaufen, zu kaufen, (neu) herauszugeben
oder zu lesen, sie vielmehr zu vernichten und zu verbrennen. Dieses
Edict hat wahrscheinlich dieselben Bücher umfasst, welche in dem
Placnte von 1540 verboten werden*). Das Verzeichniss ist ja auch
nicht unzweckmässig angelegt, wenn es die in den letzten paar Jah-
ren im Auslande erschienenen und nach Löwen importirten Bücher,
deren Verbreitung an der Universität bedenklich schien, — es sind
ja durchweg Bücher für Professoren und Studenten, — umfassen
sollte, zumal wenn ähnliche Verzeichnisse in früheren Jahren publi-
cirt waren. Dagegen ist es sonderbar, dass Karl V. in einem für
das ganze Land bestimmten Placate dem Verzeichnisse von 1529
keine bessere Fortsetzung zu geben wusste, als diesen einige Mo-
nate vorher publicirten Schulmeister-Index, — nur die Genter Spiele
hat er ohne Zweifel selbständig beigefügt, — und dass durch sein
Placat dieses Löwener Verzeichniss zu einem integrirenden Bestand-
theil des Kömischen Index bis auf die neueste Ausgabe desselben
geworden ist. *
12. Die Löwener Indices von 1546 und 1550.
1. Im J. 1546 stellte die Löwener theologische Facultät
einen „Catalog" von verbotenen BUchern zusammen, — das erste
derartige Verzeichniss, welches mit Rücksicht auf seinen Um-
1) Fasti acad. Lov. 1G50 p. BGO.
2) A. Heymans, De ecci. librorum in Belgio prohib. p. 134.
B«Q8rh. Index. g
114 Löwener Indices 1546. 1550.
fang und seine Auordung als ein eigentlicher Index bezeichnet
werden kann, — welcher dann auf Befehl des Kaisers gedruckt
und dessen Beobachtung durch ein Placat vom 31. Juni 1546
eingeschärft wurde >). Dieser Index enthält 1. ein Verzeichniss
von lateinischen, duytschen (niederdeutschen) und waischen (fran-
zösischen) Bibeln und Neuen Testamenten, 2. ein alphabetisches
Verzeichniss von lateinischen Büchern, 3. ein Verzeichniss von
duytschen und hoogduytschen und waischen Schriften, endlich
4. die in dem Placat von 1540 verbotenen Blicher.
In der vom 9. Mai datirten Vorrede der Facultät heisst es:
der Kaiser habe ihr aufgetragen, alle Bibliotheken und Buchläden
zu untersuchen und die ketzerischen sowie die sich der Ketzerei
annähernden und die für Ungelehrte gefährlichen BUcher zu be-
seitigen ; die von ihr verzeichneten Bücher seien also nicht alle
ketzerisch oder der Ketzerei verdächtig, sondern zum Theil
solche, die in dieser gefährlichen Zeit besser nicht gelesen und
dem gemeinen Volke und den jungen Leuten nicht in die Hand
gegeben würden. Nach einigen Bemerkungen über das Bibel-
verzeichniss (s. u. S. 126) heisst es weiter: einige würden
vielleicht meinen, die Facultät hätte mehr BUcher in das Ver-
zeichniss aufnehmen sollen; aber einerseits seien ihr manche
nicht zu Gesicht gekommen, und anderseits sei es zweckmässig,
„mit einigen Büchern zu simuliren, damit man nicht durch
zu grosse Aufmerksamkeit (curieusheyt) mehr schade als nütze";
nach den in das Verzeichniss aufgenommenen Büchern möge jeder
1) SJJanbcmcnt bcr Äcl)fcrlt)dcr ?Wojcftcit, wi^tgcgcöcn inl' jacr 46, mct
bintitulatic cnbc bcclaratic Dan bc gcrcprobccrbc boccfcn nfti*ft^»<^* ^ ^^ boctorcn
in bc facultcit öan t^oloflic in 2)untucrfitcit t»an fiocöcn : hier borbonnantic
cn bc bcücl bcr fclücr Ä. W. fiocöcn, ©crüoc« Dan gaffen 1546 in julio. 89
$(. 8. — Mandement de l'imperiale Maieste donne et publie en Pan XLVI.
Avecq Catalogue, Intitulation ou declaration des livres reprouvez, faicte
par Messieurs Ics Docteurs en sacree Theologie de Lunivcrsite de Loavain,
a l'ordonnance et commandement de la susdite Majeste Imperiale. Louvain,
impr. par Servais van Sassen 1546. 39 Bl. 8. (Petzholdt p. 137 a). — Ich
kenne selbst nur den Abdruck Place, p. 134; Placcaet, inhaudende zeker
Ordonnantien .... Ghegeuen te Bruesele, den lesten van Wedemaent
1646, — dann p. 141: Hier naer volght het Gathalogura van denverboden
bouckon naervolghendc der voorgaendo Ordonancie, bis p. 1^3.
Löwener Index 1546. 115
über ähnliche urtheilen. Hinter dem Index steht: die Facultät
habe diese BUcher zunächst dem Kaiser als solche bezeichnet,
die verdienten durch ihn verboten zu werden ; demnächst habe
sie dieselben ihren Untergebenen verboten.
Dem Placate, welches diesen Index bestätigt, ist ein Ver-
zeich niss der Bücher beigefügt, die in den Schulen gebraucht
werden dürfen.
Die zweite Abtheilung des Index ist wie gesagt, alpha-
betisch geordnet, aber bald nach den Vornamen, bald nach den
Zunamen der Verfasser, bald nach den Büchertiteln; die ano-
nymen Schriften sind in das Alphabet eingereiht. Zu den in
dem Placat von 1540 verzeichneten Schriftstellern, deren sämmt-
liche Werke verboten werden, kommen hier drei hinzu: es wer-
den von Bucer, BuUiuger und Brenz mehrere Schriften aufge-
zählt, und dann heisst es: weil diese drei notorisch von der h.
Kirche abgefallen seien, seien alle ihre Schriften als verboten
anzusehen. Eine oder mehrere theologische Schriften werden
verboten von 16, nichttheologische Schriften von 18 Verfassern 0>
ausserdem vier Vorreden zu patristischen Schriften, endlich
ausser der Unio dissideutium noch 10 theologische und 3 nicht-
theologische Schriften ohne Angabe des Verfassers. — Das
Verzeichniss der „deutschen" Bücher hat etwa 50 Nummern,
zn denen dann noch 5 „hochdeutsche" kommen. Es ist aus dem
Index von 1546 in den von 1550 übergegangen, in welchem nur die
Genter Spiele (S. 112) beigefügt sind. Sein Inhalt ist dann auch
in das viel umfangreichere, alphabetisch geordnete Verzeichniss
in der Antw. App. von 1570 aufgenommen. „Wälsche" Bücher
werden nur 9 verzeichnet (das letzte ist Instruction et confession
de la foy, dont on use en TEglise de Geneve). Auch von diesen
werden wir 1570 ein viel reichhaltigeres Verzeichniss finden.
2. Im J. 1549 befahl Karl V., dieses Mal nicht der theo-
1) Naiv ist die Bemerkung von Kawerau, Joh. Agricola, 1881, S. 37,
über Agricola's Commentarius in Lacam, der 1525 — 29 wiederholt ge-
druckt wurde: „Die Verbreitung die er fand, wird dadurch bezeugt, dasR
man auf katholischer Seite das ßuch im J. 1546 der Ehre würdigte, auf
den Ind. 1. pr. gesetzt zu werden*^ Es braucht eben nur Ein Exemplar
nach Löwen gekommen zu sein.
Il6 Löwener Indices 1546. 155Ö.
logischen Facultät, sondern der Universität zu Löwen, ein neaes
Verzcichniss der zu verbietenden und zugleich ein Verzeichniss
der für den Gebrauch in den Schulen geeigneten Bücher anzu-
fertigen. Die beiden Verzeichnisse wurden am 25. März 1550
in einer Versammlung der Universität definitiv festgestellt, vom
Kaiser genehmigt und in demselben Jahre von Servaes van
Sassen lateinisch, französisch und flämisch gedruckt*). Durch
eine Ordonnanz vom 29. April 1550 wurde die Beobachtung
des Verzeichnisses eingeschärft*). — Dieser Index enthält 1.
1) Catalog^ Librorum reprobatorum et praelegendorum ex judicio
Academiac Lovaniensis. Cum Edicto Caesareae Majestatis evulgati.
Lovanii, ex officina Servati i Sasseni. Jussu, Gratia ot Privilegio Cae-
sareae Majestatis. 1550. 4. (Petzholdt p. 138 b). — Lcs Catalogues des
liures reprouuez, Et de ceulx que Ion pourra euseigner par laduis de
Luniversite de Louuain. Auec ledict & mandement de la Maieste Impe-
riale. A Louuain par Seruais Sasscnus Imprimeur iure. MDC* (München
K. B.) 12 Bl. 4. — Die Catalogben of Invcntarissen van den quacden
verboden bouckcn: ende van andere goede, die men den jonghen scho-
liercn leeren magh, na aduijs der Universithcyt van Louen. Met een Edict
of Mandement der Keyserlijckcr Majesteyt. Loeven, by Servaes van Sassen
1550. 4 (Petzhold p. 138 a), — abgedruckt Place, p. 170—185 (Die Ortho-
graphie habe ich nach diesem Abdruck corrigirt). — Die flämische Aus-
gabe dieses Index von MDL ist ohne Zweifel die, welche Panzer, Ann.
VII, 258 als im J. MDX erschienen anführt.
2) Drbonnontic cnbc ©biet bc^ Äc^fcvö Statik bic V, Dcmicutüt in beu
april int' jocr 1550 om tcjtirpcren cnbc tc nt)ct tc brcngcn bic fcctc cnbc crruc?
rcn, opgcrcfcn tcg^n t' ^IjUgc ^crftcn=®^looiic cnbc tcg^n bic orbonnanticn
uan onfcr mocbcv bcr ^l)n9]^cr Äcrfcn. SJJct bcn ßatQloguc uan bcn ßcrcpTO^
beerben cnbc Dcrbobcn bocdcn: cnbc ood Dan bcn qocbcn boccfcn, bic mcn bcn
jong^ fc^ocücrcn ^al mogbcn leeren, 6^ abuifc Dan ben 9?cetoT cnbe bic »on
ber Unii>erfitci)t Dan fiocuen. ©cprint tc fioeuen bl) ©crDac« Saffenu« g^fmorru
pxinttx buer bciiel ber Äe^ferUdev aRojcfteit 1550 4. (Petzholdt p. 137 b), ab-
gedruckt Place, p. 157—170. — Lordonnance & edict de Lempereur
Charles le Quint, renouuelle au mois Davril M.CCCCC. Cincquante, pour
lextirpation des seoies et erreurs pullulez contre nostre saincte foy catho-
lioque et les constitutions et ordonnaces de nostre mere saincte eglisc.
Auec le Cathalogue des liures reprouuez & prohibez. Et aussi des bons
liures qui se deburöt lire et enseigner aux ieusnes cscoliers, Par laduis de
Luniversite de Louuain. Imprime audict Louuain par Seruais Sassenns
imprimeur Jure. Par commandement de sa Maieste*. (München K.-B)
Löwener lodex 1550. 117
alphabetische Verzeichnisse von lateinischen Schriften mit den
Namen der Verfasser (nach den Vornamen geordnet), 2. ohne
Angabe der Verfasser, 3. ein Verzeichniss von Bibeln und Neuen
Testamenten, 4. von deatschen and wälschen Btichem (in der
französischen Ansgabe: livres en thiois ou flaman und en haalt
aleman, und en fran^ais), 5. das Verzeichniss der für die Schalen
zugelassenen Bücher. — Die Verbote von 1540, die 1546 als
Anhang beigefügt waren, sind in diesen Index eingereiht
In der Vorrede („Rector und Universität von Löwen an
den christlichen Leser'O heisst es unter anderm : es seien nicht
nur häretische und sehr verdächtige BUcher aufgenommen, son-
dern auch solche, welche unter dem Deckmantel echter Reli-
giosität das ungelehrte Volk anlockten, aber über Papst, Cere-
monien, Beichte, Messe, Heilige irrige Ansichten insinuirten;
alle Bücher seien verboten von den Hauptketzern (principaelen
Ketters), von anderen nur einige ; wenn man es hart finde, dass
den Stndirenden Bücher entzogen würden, welche nur um einiger
Irrthümer willen verboten seien, oder Bücher, die an sich gut
und nur verdammt seien, weil sie von Hauptketzem verfasst
10 Bl. 4. (und 12 Bl. für die Catalogucs). Eiue andere Ausgabe ist ab-
gedruckt im Bull, du Bibl. Beige XVI (1860), llü. — M. Flacius Illyricus
gab eine deutsche Uebersetzung der Ordonnanz und des Catalogs mit einer
Vorrede heraus : Orbnung Ditb ^^aiibat ^aijcv i£aroIi ^ ücnictocrt im apvil
ano 1550. 3^ ausrotten unb ju uertilgcn btc 8ectcu unb Spaltung, tuclc^
cittftanbcu ftnb )uibbcr Dnfcrn ^eiligen d)nftüc^cu glauben Dnb tüibcr btc orbnung
DnfcrSRuttcr bcr ^eiligen t^riftlic^cn ^ivc^cn. 3tcm ein SRcgiftci* bcr Dcnuorffcncn
unb ucrbottcncn ^rid)cm, aud^ uon guten ^üc^evn, )ucld)c man in bcc ©t^ulcn
Icfcn mag. 3tcm eine SScnnanung bcd 9?cctoi-8 bcr Uniucrfitct ju Söuen. 3tcm
ein anbcr ^ciferd Wanbat, uon bcm felbigen ^anbcl in 40 jav au^gangcn.
XranSfcriit au§ einem gebrucften örabanbifc^en Sjemplar. S. 1. et a, (wahr-
Boheinlioh Magdeburg 1551). 84 Bl. 4 (zwei verschiedene Drucke*, München
K. B.) — Im wesentlichen mit dieser Ordonnanz gleichlautend, aber einige
Milderungen enthaltend ist die vom Sept. 1550: Ordonnance et Edict de
Lempereur Charles le Quint, renouuello en sa cite imperiale Daugsbourg,
au mois de septembre M.GCCCC. cinquante, pour lextirpation des sectes
et couservation de nostre sainctc foy catholique. Louvain, S. Sassenus.
12 Bl. 4. * (München K.-B.) — Ordonnantie ende Edict des Keysers Kaerle V.
vemieuwt in de Keyserlijke stadt van Augspurgh Sept. 1550. Loeuen by
Servaes Sassenus. 12 Bl. 4. (Petzholdt p. 138 a), — abgedr. Place, p. 171.
118 Löwener Indices 1546. 1550.
oder aus dem Hebräischen, Griechischen oder Chaldäischen in*8
Lateinische übersetzt oder in der Originalsprache, aber mit
Vorreden, Anmerlcungen u. dgl. herausgegeben seien: so möge
man wissen, dass dem Vernehmen nach der Kaiser beabsichtige,
dergleichen Bücher durch Commissare, die er für das Bücher-
wesen bestellen werde, genauer prüfen zu lassen und sie even-
tuell Itir die Studirenden frei zu geben; bis dahin sei aber
das Verbot zu beobachten; auch sei es niemand gestattet, selbst
die Namen der reprobirten Autoren oder ihre Vorreden u. s. w.
aus den Büchern zu entfernen und sie so zu behalten, da jenes
dem Kaiser oder seinen Commissaren vorbehalten bleibe.
Die „Hauptketzer^S von denen ohne weiteres alle Schriften
verboten werden, sind zunächst die in dem Verzeichniss von
1540 genannten mit Ausnahme von 0. Brunfels, also 12, dann
noch 10, von denen sehr überflüssiger Weise zuerst mehrere,
zum Theil viele Schriften aufgezählt werden und dann beigefügt
wird: „und überhaupt alle seine Werke^^, nämlich 0. BrunfelSi
Brenz, Bucer und Bnllinger (s. o. S. 115), Ant. Corvinus, Eras-
mus Sarcerius, Jo. Galvinus, Petrus Martyr Vermilins, Urbanus
Regius und Wolfg. Musculus. — Zu den etwas über 30 anderen
Schriftstellern, von denen 1546 einzelne Schriften verboten wur-
den, — bei einigen werden jetzt noch andere Schriften beige-
fügt, — kommen noch ungefähr ebenso viele hinzu. Von manchen
wird nur je eine, mitunter eine nicht theologische Schrift ver-
boten. Das Verzeichniss der anonymen Schriften hat nur 17
Nummern, von denen die meisten schon in den Verzeichnissen
von 1540 und 1546 stehen.
Der LOweuer Index von 1550 wurde, wie wir sehen wer-
den, 1551 von dem General-Inquisitor Vald^s auch in Spanien
publicirt und vollständig in den Index von Vald^s vom J. 1559
und in die folgenden spanischen Indices aufgenommen. Die
lateinische Abtheilnng desselben ist auch in den Venetianischeu
und aus diesem in die Römischen Indices übergegangen, mit
der sehr starken Modification, dass fast alle Schriftsteller, von
denen die Löwener nur eine oder einige Schriften verboten, im
Römischen Index in die erste Olasse kamen.
Die' Schriftsteller, von denen einzelne Schriften verboten wer-
den, gehören fast alle Deutschland, den Niederlanden oder der
deutschen Schweiz an. Von Franzosen linden wir nur Stephanus
Conr. Lagrus u. a. 119
Doletas (und in der franzöeischen Abtheilung Clemens Marot), von
Italienern Bemardinue Ochinus (nur Sernio de justificatione) und
Coelius Secundus Cuho.
Die Formel donee corrigatur kommt in Lov. nicht vor; aber
es ist etwas dieser Formel oder vielmehr den Anweisungen eines
Index expurgatorius analoges, wenn nur einzelne Theile eines
Werkes verboten werden, wie Gerardi Neomagi praefatio in librum
Joannis Cathaeuzeni contra fidem Mahumeticam, Jani Comarii epi-
stola praeüxa Epiphanio recens verso, Jo. Herolt praef. in Hugonem
Etherianum de Spir. scto (von Comarius und Herolt wird nur dieses
verboten), oder Vincentii Obsopoei Annotationes in Graecorum epi-
grammata, oder gar Eobani Hessi carmen additum Antonio Flaminio
in Psalmos aliquot und Hermanni Buschii carmen additum Novo
Test, per varios authores carmine reddito.
Von manchen Schriftstellern, von denen im Lov. nur einige
Schriften verboten werden, ist es gar nicht auffallend, dass sie im
Rom. Ind. in die 1. Cl. kamen. Es ist dieses auch bei manchen
von denjenigen erklärlich, von denen im Lov. nur nicht theologische
Schriften stehen, — wie von Christoph Corner nur Ratio inveniendi
terminum medium in syllogismo cathegorico, von Joachim Camera-
rius der Commentar zu Cicero's Tusculanen, von Jo. Rhellicanus
der Commentar zum Julius Cäsar, von Jo. Lonicer Compendium in
quosd. libros Aristotelis, — denn diese haben auch theologische
Sachen geschrieben. Aber anderen, von denen im Lov. einzelne
Schriften verboten werden, ist doch mit der Versetzung in diel. Cl.
Unrecht geschehen. Dahin gehören Männer, welche, wenn auch
einige ihrer Schriften Anstoss erregten, doch nicht unter die ketzeri-
schen Theologen gehören, wie Gerardus Lorichius, Jo. Philonius
Dugo, Theobaldus Gerlachius Billicanus, und andere, deren haupt-
sächliche schriftstellerische Thätigkeit gar keine theologische war
und nur zu ganz geringen Beanstandungen Anlass bot, wie die Ju-
risten Conrad Lagus und Melchior Kling und die Philologen Nicolaus
Borbonius, Vincentius Obsopoeus u. a. Von einigen im Lov. stehen-
den Schriftstellern wird später die Rede sein; andere werden besser
gleich hier besprochen.
Von Conradus Lagus steht im Lov. 50 (und imPar. 51) nur
Juris utriusque methodica traditio. Er hat auch ausserdem nur noch
eine Protestatio gegen eine ohne seinen Willen zu Frankfurt 1544
veranstaltete Ausgabe jenes Buches und eine Oratio de Piatone ver-
öffentlicht. Im Antw. Exp. von 1571 wird bemerkt, es sei von
jenem Buche zu Löwen 1550 eine „gereinigte'' Ausgabe erschienen^).
1) Sie wird auf dem Titelblatte als repurgata ab iis, ob quae a
Caesarea Majestatc fuerat damnata, bezeichnet. Es sind die Stellen über
Mönchsgelübdc, Reservate des Papstes u. dgl. weggelassen. 1565 erschien
in Löwen noch eine Ausgrabe, nunc postremum ita cmaculata, ut nee ea,
propter quac liber legi vetabatur, nee roendae . . . amplius offendere
possint, . . per Chrph. Ghent- Im liov. 50 ist wohl die Ausgabe Lyon
120 Löwener Indices 1546. 1650.
In den spanischen Indices wird diese Ausgabe ausdrücklich gestattet;
aber im Rom. Ind. steht seit P. Conradus Lagus in der 1. Cl. und
zum Ueberfluss seit S. Cl. in der 3. Cl. (seit Ben. unter Lagus)
Methodica j. u. tr. ohne irgendwelche Bemerkung.
Melchior Clinck super IV libros Institutionum sind M.
Klings Enarrationes in IV Institutionuni libros, zuerst 1542 fol. In
dem Antw. Exp. 71 werden aber auch einige andere juristische
Schriften von ihm expurgirt und speciell Stellen über das Eherecht
(in den Enarrationes nur drei Stellen) gestriclien, was ja erklärlich
ist, da Kling die Ansicht vertritt: das N. T. gehe dem kanonischen
Rechte vor und dieses stehe mit jenem bezüglich der Priesterehe,
vielleicht auch bezüglich anderer Punkte in Widerspruch '). Aber
in Folge des Verbotes des ersten Buches im Lov. ist Melchior
Clinch durch P. in die 1. Cl. gekommen. — Aus Q. kam dann
durch S. noch in die 2. CL: Melchior Klingius (8. wird diesen für
einen andern gehaHen haben als M. Clinch) in praecipuos secundi 1.
Decretalium titulos (1550 u. o.) et in Instit. juris civilis (nicht der
im Antw. Exp. am stärksten expurgirte Tractatns matrimoualinm
causarum, 1553). Seit Cl. steht in der 1. Cl. M. Clinch s. Mlinch
(wohl verdruckt für Klinch), und dafür hat Ben. Melchior Rinck
(den Wiedertäufer, der nichts geschrieben) substituirt, — offenbar
willkürlich, da M. Clinch in allen älteren Indices zwischen M. Am-
bach und M. Hoffmann steht, also nicht verdruckt sein kann für M.
Rinck. So stehen seit Ben. nur die beiden genannten Schriften
unter Klingius.
Nicolaus Borbouius Vandoperanus (Bourbon von Vandeu-
ver), geb. 1503, gest. nach 1550, Philologe, der Erzieher der
Jeanne d'Albret, der Tochter der Margaretha von Navarra, war nicht
Protestant, und in den Index gehörten höchstens seine Nugae, von
denen Bünemann sagt: graviter invectus est in monachos et aperte
prodit amorem veritatis evangelicae (sie stehen übrigens nicht im
Par. 51, wo man sie doch zuerst suchen sollte). Er selbst erklärt
in den T^bulae elemeutariae pueris ingenuis necessariae, Paris 1539:
Sunt hodie, quorum praepostero judicio inter |iOvaxo|iax€iv et Gco-
liaxeTv parum aut nihil interest. At noverint illi, me cuivis mona-
chorum ordini tam bene velle quam quisquam alius hujus temporis
poetarum. Es ist jedenfalls eigen thümlich, dass er in die 1. Cl. ge-
kommen ist, während Poggius, von dessen Eacetiae Gesner sagt:
opus turpissimum aquis et incendio dignum nemine prohi beute, in-
gens nefas, non semel Impressum est, und eine grosse Zahl von
ähnlichen italienischen Poeten nur in der 2. Cl. stehen. Uebrigens
sind Poggii Florentini et Be belli Facetiae aus dem Lov. 46 (Lov. 50
fehlt es) in den Ven. gekommen. Im Rom. Ind. stehen sie seit P. ge-
1546 gemeint, im Par. 51 steht der vollständige Titel einer Ausgabe Paris
1545, die ein Nachdruck der Frankfurter sein wird. Vgl. Th. Muther,
Zur Gesch. der RechUw. S. 299. 412.
1) Stintzing, Gesch. der Rechtsw. I, 279.
M. Kling, Nie. Borbonius u. a. 121
trennt in der 2. Cl., letzterer als Henr. Bebelius und nicht bloss
mit den Facetiae, sondern auch mit Institutio puerorum und Trium-
phus Veneris,
Von Petrus Mosellanus ( Protegensis , Peter Schade aus
Proteg oder Bruttig an der Mosel) wird im Lov. und in den Rom.
und span. Indices unbedingt verboten* Paedologia in puerorum usum
conscripta, ein Büchlein mit lateinischen Gesprächen über allerlei im
Gesichtskreise der Schüler liegende Gegenstände, welches zuerst zu
Leipzig 1518, dann oft gedruckt wurde *). Im Yen. steht bloss
Petrus Mosellanus, aber im Rom. Ind. ist er doch nicht in die 1. Gl.
gekommen. Er war ein Erasmianer, seit 1514 Professor der Elo-
quenz in Leipzig, — als solcher hielt er im Auftrage des Herzogs
Georg die Festrede vor der Leipziger Disputation von 1519, — und
starb dort 1524 nach dem Empfang der katholischen Sterbesacra-
mente. Gegen seine Oratio de variarum linguarum cognitione pa-
randa, 1518, schrieb der Löwener Theologe Jaoobus Latomus (Masson)
De trium linguarum et studii theologici ratione dialogus (an theologo
sit necessaria trium linguarum notitia), 1519 (abgedruckt in dessen
Opera, 1550, f. 157). Diese Oratio haben die Löwener aber nicht
verboten. In der Paedologia konnten sie doch höchstens einzelne
Stellen beanstanden ; vielleicht ist sie dadurch verdächtig geworden,
dass sie von Luther und Melanchthon empfohlen wurde; vielleicht
hat man aber auch nur die Ausgaben verbieten wollen, in denen
Hegendorfs Dialogi pueriles beigefügt waren (Strassburg 1521 u. s. w.).
Von Henricus Cornelius Agrippa (1486 — 1536) werden
im Lov. verboten die beiden Hauptschriften De [incertitudine et]
vanitate scientiarnm (1527) nebst Apologia pro eodem Hbro *) und
De occulta philosophia (1531), im Lov. 58 auch In artem brevem
Raymnndi Lnlli commentaria, im Par. 51 auch De originali peccato
disputabilis opinionis declamatio ad Episc. Cyrenensem und Epist.
ad Michaeiem de Arando, Episc. Sancti Pauli. Seit P. steht er im
Rom. Ind. (auch in den span. Ind.) in der 1. Cl., was ja, obschon
er seinem äussern Bekenntnisse nach Katholik blieb, wegen des
wenig orthodoxen Inhalts seiner Schriften und der darin vorkom-
menden Ausfälle gegen Mönche und Scholastiker und der Aensse-
mngen über Bilderverehrung, Cölibat u. s. w. erklärlich ist').
Sixtus von Siena polemisirt auch scharf gegen sein Buch ad versus
lamiarum inquisitores *),
Von dem gekehrten Phantasten Guilelmus Postellus steht
nichts im Lov., sondern nur Annotationes incerti authoris in Guil.
1) Raumer, Gesch. der Pädagogik (3), I, 188. 0. G. Schmidt, P.
Mosellanus, 1867, S. 24.
2) Apol. adv. oalumnias propter declamationem. de van. sc. et ex-
oellentia verbi Dei sibi per aliquos LovanicuBcs theologistas intentatas, 1538.
3) Manche dieser Stellen in dem Buche de vanit. sind in späteren
Ausgaben weggelassen; s. Clement I, 81. 87. Schelh. Am. lit. I, 517.
4) Bibloth. 1. 5, a. 78. 276.
122 Löwener Indices 1546. 1550.
PoBtellum de orbis terrae concordia, also zu der Schrift De o. t. c.
libri 4 (Basel 1544, fol.), die als das beste Werk Posteis gilt. Im
Par. 51 steht nur sein Pseudonymes Werk TTavöevuJCTia. Compo-
sitio omnium dissidiorum circa aeternam veritatem [aut verisimili-
tndinem versantium] Elia Pandoclieo auctore, Bas. s. a., bei V. nur
Absconditorum a constitutione mundi clavis, Bas. s. a. Im Köm.
Index steht er seit P. mit seinem rechten Namen und als Hellas
Pandocheus (seit Tr. mit dem Zusatz qui et Postellus) in der 1. Gl.
Er hatte -schon 1545 zu Rom im Inquisitionsgefängnisse gesessen
und war von der Venetianischen Inquisition nur freigelassen, weil
sie ihn als verrückt ansah. Vor seinem Tode in einem Kloster zu
Paris (1581) bekehrte er sich; das machte aber seine vielen Bücher
nicht besser, von denen R. Simon sagt: II y a d'excellentes choses,
parcequ'il n'avait pas toujours son acces de folie*). — Dass man
ihn in die 1. Ol. gesetzt, hat ihn übrigens selbst sehr geschmerzt.
In einem Briefe vom Juli 1567') schreibt er an Hosius: Gott habe,
um ihn zu demüthigen, zugelassen, dass er unter vielen Schriften,
die auch von der Sorbonne „discutirf* worden, permulta non satis
expolita nee cordato viro digna veröffentlicht habe. So sei es ge-
kommen, dass alle seine Schriften auf den Index gesetzt worden.
Er denke sein bestes Werk, in welchem er weniger als in anderen
geirrt) de orbis terrae concordia, umzuarbeiten; er habe früher alles
dem Urtheil der Kirche unterworfen und werde das immer thuen.
Er sei zwar von dem Legaten Pauls IV. und den assessores trium-
viri Senatus Veneti für verrückt erklärt und „in seinen Büchern zu
Rom proscribirt" worden, obschon er immer alle seine Schriften der
römisch-katholischen Kirche unterworfen, aber er wolle lieber sterben
als aufhören katholisch zu sein.
Von Job. Sleidanus stehen im Lov. 50 nur Orationes duae,
altera ad Carolum, altera ad principes Germaniae, Strassburg 1544*);
im Lov. 58 werden seine sämmtlichen Schriften verboten. Im Rom.
Index steht er in der 1. Gl. nicht nur mit seinem rechten Namen,
sondern auch mit dem angenommenen Bapt ist a Las denn s (so frei-
lich erst seit Ben., vorher, schon im Yen., Lasdemius oder auch
Lasdesmius). Unter diesem Namen waren die zwei Reden bereits
1541 und 1544 einzeln deutsch erschienen; von der zuerst er-
schienenen „Oration an alle Stende des Reichs, vom römischen
Nebenhaupt, im Keyserthumb erwachsen'^ auch eine italienische
Uebersetzung : II capo finto nuovamente dalla iingua tedesca nella
italiana trade tto . . Rom (?) 1544, die bei Gasa und seit P. in der
3. Gl. steht*). Eine spanische Uebersetzung der lateinischen Aus-
1) Lettres I, 217. Vgl. Nie. 8, 295.
2) Cyprianus,. Tabularium p. 437.
3) Zwei Reden an Kaiser und Reich von Johannes Sleidanus. Neu
herausg. v. Ed. Böhmer (145. Publ. des Litt. Vereins), 1879.
4) Im Pariser Index von 1551 steht auch: D'un nonveau ohef qui
au temps des Empereurs s'eleva ä Rome. Livre contenant, comment et
Gull. Postellus, Jo. Sleidaiius u. a. 123
gäbe, Dos informaciones muy utiles, la una dirigida a la Maje-
Btad del Emp. Carlo V. . . y la utra a los eKtados de! Imperio, y
agoro presentadas al Cath. Key Don rhiiipe . . . S. 1. (Genf) 1559,
von Juan Perez ^), kam erst 1 608 auf den Index.
Im Index von 1546 steht Hermannus Hessus adjunotus
Sebaldo Heyden, 1550 ist beigefügt: non reprobato, also irgend eine
Sohrift von Hermannus Hessus, die mit einer unverfänglichen SchrÜ't
von Seb. Heyden zusammen gedruckt war. Bei V. 51 werden
sämmtliche Schriften von Herm. Hessus verboten und seit P. steht
er in der 1. Cl. Es wird Herm. Schottenius Hessus sein, von dem
Gresner einige Schriften verzeichnet^). Aber auch Seb. Heyden
steht seit P. in der 1 . Gl. ; er hatte sich auch schon, als die Löwe-
ner ihn ausdrücklich zu den auctores non reprobati zählten, der
Reformation angeschlossen und schon 1524 mit dem Franciscaner
Caspar Schatzgeyer eine Fehde über das Salve Regina gehabt^).
Aehnlich werden im Lov. 50 nur verboten Sententiae pueriles
additae Leonardo Culman de vera religione, aber im Lov. 58
mehrere theologische Schriften von Culmann selbst, dessen Confa-
bolatio . . hominis evangelici et papistici de verae religionis arti-
cnlis schon 1545 erschienen war^). Die Sententiae pueriles
stehen übrigens seit P. ohne weitern Zusatz, als ein besonderes
Buch in der 3. GL, seit Ben.: S. p. sive seorsum sive additae libro
L. C. de vera rel. *).
Im Lov. stehen auch mehrere psendonyme Schriften. Statt
diese in die 2. Cl. zu. setzen, hat P. den angenommenen Namen, —
und zwar in der Regel ohne Beifügung des richtigen, deA man in
den meisten Fällen in Rom nicht kennen mochte, — in die 1. Cl.
gesetzt, obschon unter diesem Namen fast ohne Ausnahme nur eine
einzige Schrift erschienen war (ebenso wurde es auch mit anderen
Pseudonymen gehalten) : Sententiae ex doctoribus coUectae per A n-
tonium Anglum |quas Papistae valde prudenter hodie damnant,
Witt. 1530], Seit Tr- ist im Rom. Ind. dem Namen Ant. Anglus
beigefugt: auctor libri de origine missae. Mit seinem wahren Namen
par quels moyens s'est elevee la Papaulte, la decadcnco d'icellc, ses mer-
veilleuses pratiques, et cu sommc ce quo l'on en pcult de ce tcmps.
1543 (nicht bei Böhmer).
1) Boehmer, Bibl. Wiffen. II, 67. 90.
2) Ludus imperatorius s. caesareus, continens urobraticam imaginem
herum temporum. . . . aut. H. Schottenio Hesso, Col. 1621*, enthält einige
Ausfälle gegen den Cölibat.
3) A. D. B. 12, 362. — ^Das Salve regina, nach dem richtscheyt,
das da hayst Graphi theopneustos, ermessenu vnnd abgericht", 1524, 6 Bl. 4.
(Kuczynski No. 995) wird die bei Fris. erwähnte Schrift sein.
4) Kuczynski No. 3073.
5) Es werden Cnlmanns Sententiae philosophicae s. versus poetarum
morales in puerorum usum collecti (Nürnb. 1542, 8) sein.
124 Löwener Indices 1546. 1550.
Robertus Barnes steht der Verfasser seit P. in der 1. Cl. —
Charicii Oogelii religionis antiquae et vere christianae potissima
capita, angeblich von Zwingli. — Firmiani Chlori praef. et
annotationes in D. Chrysostomum de dignitate sacerdotali; im Köm.
Ind. seit P. F. Chi., qui et Viretus, schwerlich richtig. — Pbilo-
theus Irenaeus in Apophorismis ; das Bach heisst: En habes
lector ex Ambrosio, Augustino^ Lactantio et caeteris ortliodoxis an-
toribus Collectanea s. Aphorismos . . . per Ph. Ir. Eupolitanum,
1542 . Seit P. steht Ph. Ir. Eupolitanus in der 1. Cl., und dann
noch das einzige unter diesem Namen erschienene Buch, allerdings in
der corrumpirten Form Hirenaei Tripolitani Aphorismi etc. in der 2.
Unter den anonymen Schriften steht kurzweg Onus Eccle-
siae, obschon dieses merkwürdige Buch zwar zuerst anonym (Onus
Ecclesiae, opus compilatum est a. 1519, sed in lucem editum . . .
Landsshute 1524), aber schon in einer Kölnischen Ausgabe von 1531
als Rev. in Christo Patris ac Dni, D. Johannis olim episcopi Che-
mensis . . . Onus Ecclesiae erschienen war, — der Verfasser heisst
freilich Berthold Pirstinger, war Bischof von Chiemsee 1 508 — 1523
und lebte nach seiner Resignation noch bis 1543'). Auch in den
Römischen Indices steht seit P. einfach Onus Ecclesiae, seit Ben. ist
es, wohl nur durch ein Versehen, weggelassen.
Ausserdem sind aus dem Lov. 50 noch folgende Schriften in
die 3. Cl. des Rom. Ind. gekommen:
Disputatio inter clericum et militem super potestAte prae-
latis Ecclesiae atque principibus terrarum commissa [sub forma dia-
logi], zuerst 1475, noch mehrere male im 15. Jahrb., 1498 unter
Occams Namen gedruckt, nicht von diesem, sondern unter Bonifaz VIIL,
wahrscheinlich 1303, vielleicht von Pierre Dubois, in Frankreich
verfasst^). — Im J. 1376 oder 1377 erschien, dem König Karl V.
von Frankreich gewidmet, wahrscheinlich von seinem Rathe Philipp
de Maziöre verfasst, die Schrift Songe du vergier (eine nächtliche
Vision in einem Garten), in der bei den ersten 36 Capiteln die
Disputatio, bei den folgenden meist Occams Dialoge zu Grund« ge-
legt sind. Le Songe du vergier wurde schon 1481 französisch ge-
1) Bcrtholds, Bischofs von Chiemsee, Tewtsche Theologey. Neu
herausg. von Wolfg. Reitkmcier, 1852, S. IX. Döllinger im Bist. Jahrb.
1871, 360. In der Kölnischen Ausgabe sind einige kräftige Stelleu weg-
gelassen. Sugeuheim, Baierus Kirchen- und Volkszustande, 1842, S. 14, —
Die Stelle, an der er Luther erwähnt, lautet c. 10 § 1: Ut autem indul-
geutiarum aliqua habeatur notitia, referam qualiter Martinus Lutherus,
otsi alias multa temerarie ac coutumcliose scribero praetendit, tarnen poe-
narum materiam per veuias remittendarum in quiuquo mcmbra acutis-
sime distinxit.
2) Riezler, die lit. Widersacher der Päpste S. 145. Schulte, Gesch.
I, 371.
t'seudonyme und anonyme Schriften. 125
druckt, lateinisch zu Paris 1516: Aureus lihellus de utraqne po-
testate, temporali sc. et spirituali, ad hunc usque diem nunquam
Titas: Somnium Yiridarii vulgariter nuncupatus, fonnam tenens
dyalogi etc. *). — Bei P. stehen in der 3. Cl. Disputatio (aus Lov.)
und Yiridarii Somnium de potestate Papae et principum saecularium
(aas Med. Yen.). Seit Tr. unrichtig: Disput. . . . alias Somnium
Yiridarii und Somnium Yirid. alias Disput. . . . und Yirid. Somn.
de pot. . . . Erst durch Ben. sind die richtigen Angaben wieder
hergestellt: Disputatio und Libellus aureus.
Eines der vielen Curiosa in der Greschichte des Index ist,
dass in den Löwener Indices, dann bei Casa, Med. Yen., seit P. im
Rom. und seit Y. 51 im span. Index bis auf diesen Tag (von Druck-
fehlern abgesehen) unverändert steht: Anatomia excnsa Marpurgi
per Eucharium Cervicomum. Auf dem Titel des Buches ist der
Yerfasser genannt: Jo. Dryander (Eichmann), 1535 — 60 Prof. der
Medicin und Mathematik in Marburg ^). Es ist nicht nur schwer zu
sagen, warum noch jetzt das Buch verboten ist, welches nur der-
jenige, der sich für Geschichte der Medicin oder des Holzschnittes
interessirt, in die Hand nehmen wird, sondern auch, warum es die
Löwener verboten haben ^). In Rom hat man vielleicht gemeint, es
sei nicht eine anatomische Abhandlung, sondern ein ähnliches Buch
wie die seit P. unmittelbar dahinter stehende Anatomia della messa.
Annotationes piae et lectu dignissimae in acta Concilii
Trid., — der richtige Titel ist: Acta Concilii Trid. a. 1546 cele-
brati, una cum annot. [piis et 1. digniss. Item Ratio, cur qui con-
fessionem Aug. profitentur non esse assentiendum iniquis Conc. Trid.
sententiis judicarunt: per Ph. Melanchthonem. S. 1. (Basel) 1546].
1) Riezler S. 275. Friedberg, Zts. f. K.-R. VIII, 79. Brunet V, 439.
2) A. D. B. 6, 440. Strieder, Hess. Gel.-Gesch. III, 237. Der Titel
ist: Anatomiae, h. c. corporis humani dissectionis pars prior, in qua sin-
gula quac ad caput spectant recensentur mcmbra, atqiio singulac part<»s,
singulis suis ad vivum commodissimc cxprcssis figuris, deliniantur [sie].
Omnia recens nata. Per Jo. Dryandrum medicum et mathematicum ....
1537.* 36 Bl. 4. (Es ist nur diese Pars prior erschienen). — Im Liss.
Ind. von 1624 steht Anatomia Jo. Dryandri Marpurgi excusa 1537, id
qood opus sine nomine auctoris prohibetur in Rom. Ind. lit. A. Davon hat
man aber nicht einmal unter Ben. Notiz genommen. •
3) Vielleicht wegen einiger in der Vorrede vorkommenden Lob-
sprücbe auf den Landgrafen Philipp und wegen der Stelle: Pontificum
summa decreta in aperto est quantum honoris defunctorum concedant cor-
poribus. Quanto studio, ad superstitionem etiara usque pio, sepultnram
hactenus exooluerit sacerdotalis ordo novimus. Tamen si nspiam 1>ene,
hie optime papistarum dccretum statuit, ut medicis mortuornm corpora
propter anatomicnm negotium impune atque magno cum honore liceat
dissecare.
126 Löwener Indices 1546. 1550.
19 Bl. 8. Nur die letztere Schrift ist von Melauchtlion, die Anno-
tationen zu den 6 ersten Sitzungen des Trienter Concils Bind, nicht
von Vergerio, sondern von dem Spanier Francisco Enzinas '). Der
Compilator des Ven. scheint das Schriftchen vor sich gehabt zn
haben, hat aber Acta und Ratio besonders aufgeführt, und so stehen
sie seit F. im Rom. Ind., als wären es zwei Schriften. P. nahm
aus Lov. auch den ungenauen Titel Annotationes, den Ven. durch
den genauem ersetzt hatte, auf, und erst Ben. hat jenen gestrichen.
Die Geograph ia universalis per Henricum Petri Basileae,
welche aus den Löwener Indices in die Römischen übergegangen
ist und noch heute so darin steht, kann nichts anderes sein als
Sebastian Münsters Cosmographia universalis, 1544.
Unter den anonymen Schriften stehen hier und darum auch in
den folgenden Indices auch Loci omnium fere capitum evangeliorum.
Erst Ben. hat den Titel etwas berichtigt und beigefügt Opus Ottonis
Brunfelsii, das Buch aber sonderbarer Weise unter Loci stehen
lassen. — Auch die Vitae patrum cum praefatione Lutheri sind
erst von Ben. ihrem Verfasser Georg Major zugetheilt und auch
unter dessen Namen gesetzt worden: Vitae patrum in usnm mini-
strorum verbi [repurgatae fehlt bei Ben.] c. praef. M. L. [1544].
Dagegen ist der Titel Summaria incerti authoris in Smaragdum
super evangelia et epistolas totius anni tam separatim quam cum
dicto authore impressa von Ben. nur etwas berichtigt worden, ob-
schon man schon aus Gesner sehen konnte, dass es Caspar Hedio
war, der diese Ausgabe der Postille des Abtes Smaragdus, aus dem
9. Jahrhundert, besorgte (Strassb. 1536).
Auch folgende wichtige Werke sind aus dem Lov. in den Rom.
'(und Span.) Index gekommen: Catechismus parvus pro pueris in
fscholis nuper auctus, ohne Zweifel eine Ausgabe von Luthers Ca-
techismus; — Christianae scholae epigrammatum 11. 2 ex variis
Christ, poetis decerpti [in usum adolescentulorum], Bas. 1539, her-
ausgegeben von Job. Gast, seit P. im Rom. Index zweimal, als
Christ, scholae ep. und Epigr. 11. 2 ehr. sectae, bis Ben. den einen
Titel strich (er hat auch d. c. beigefügt) ; — Precationes biblicae,
Antw. per Jo. Crinitum et Mart. Caesarem; von Ben. ist der Titel
vervollständigt: Pr. b. sanctorum patrum illustriumque virorum et
mulierum utriusque Test., von 0. Brunfels ; im Par. 51 unter 0
steht eine französische, im Antw. App. unter G eine flämische Ueber-
setzung ; — Precationes christ. ad imitationem psalmorum oompo-
sitae, Lyon 1545..
lieber das Verzeichniss der verbotenen Bibeln bemerkt die
Vorrede der theologischen Facultät von 1546: in einigen, besonders
in wälschen und deutschen, sei der Sinn durch falsche Uebersetzung
oder durch Zusätze oder Auslassungen corrumpirt; andere gaben an,
sie folgten der Vulgata, mengten aber Dinge aus dem Griechischen
1) Strobel, N. Beitr. V, 2, 231. Zts. f. bist. Th. 1870, 395.
Verbotene Bibeln. 127
ein ; in einigen Bei die UeberRetzung gut, seien aber von den Druckern
Bohlechte Vorreden, Noten u. dgl. beigefügt, z. B. eine Vorrede zum
Job von J. Brenz, als Vorrede zu den Briefen Pauli eine Schrift
von Melanchthon, ohne Nennung der Namen ; mitunter enthielten
auch die Summarien zu den einzelnen Capiteln oder die Randbemer-
kungen Irrthümer, wie z. B. an einer Stelle beigefügt sei : Gm
Bpyse ende dranck es niemand te verordeelen, mit Anspielung auf
das kirchliche Fastengebot.
Das Verzeichniss der lateinischen Bibeln von 1546 enthält 25
Bibeln und 3 Neue Testamente, mit dem Schlüsse: „und ähnliche '^ ;
in dem von 1550 ist nur eine Bibel (die von Roh. Stephanus von
1545 cnm duplici translatione et annotationibus) beigefügt; das Ver-
zeichniss ist aber hier nach den Druckorten geordnet (Paris, Lyon,
Antwerpen, Basel, Zürich). Fast alle Ausgaben sind ohne Zweifel,
wie der Zusatz cum ipsius indice zeigt, wegen der Indices und ähn-
licher Zuthaten verboten. Mitten unter den Bibeln steht darum
auch Index bibliorum impressus Coloniae in aedibus Quentellianis
a. 1529. Den Schluss bilden die Biblia cum annotationibus Seb.
Mnnsteri, Basel 1 535 und Biblia ejusdem Munsteri cum . . . praefa-
tione Kenr. BuUingeri, Zürich 1539. — Biblia Lugd. 1542
apnd Hagonem a Porta (auch bei P.) wird die Ausgabe der Biblia
8. ex Sanctis Pagnini translatione sein, die bei Sand. p. 82 expur-
girt wird. Sie ist von Michael Servedo besorgt, der eigenhändige
Randnotizen des Verfassers benutzt, aber auch eigene Anmerkungen
and eine Vorrede beigefügt hatte *). — Hinter den lateinischen
Bibeln steht unter der üeberschrift „Griechische Bibeln" Biblia
graeca Argentorati apud Wolfium Cephaleum a. 1525 cum praefa;
tionibns Jo. Loniceri et inscriptionibus ac partitionibus libris biblio-
rum praeüxis. — Von den lateinischen Ausgaben des N. T. werden
verboten die von Rob. Stephanus, Paris 1543, die von Martin Me-
ranus, Antw. 1541, und N. T. Antw. per Jo. Batman a. 1541 cum
cujusdam doctissimi (Melanchthons, s. o.) declaratione brevi de evan-
gelii et legis differentia epistolis Pauli praeposita.
In der Abtheilung „deutsche Bibeln'* (Bibles en thiois ou
flaman) stehen nur Antwerpener Ausgaben: von Jac. Liesveldt
1542«), Wilh. Vorsteman 1528, 29, 44 und 45, Heinr. Petersen
1541. Vom N. T. werden 19 Ausgaben verboten, auch meist zu
Antwerpen gedruckt (3 von Liesveldt), eine zu Leyden, eine zu
Köln bei Job. Gymnich 1531, einige ohne Angabe des Druckorts,
1) Trechsel, Antitrin. I, 113. Im Lisa. 81 wird die Beseitigung der
„gottlosen und jüdischen" Randnoten verordnet, die von irgend einem
verdammten Autor beigefügt seien, wie die zu der Psalmenstelle: Fode-
mnt manus roeas et pedes meos.
2) Dieser Ausgabe liegt Luthers üebersetznng zu Grunde. Liesveldt
wurde 1545 hingerichtet wegen der Randnoten : „Die Seligkeit des Menschen
kommt allein durch Christus^ u. dgl. Gerdes, H. Ref. III, 56.
128 Kölner Synoden 1549. 1550.
eine ohne Angabe des Druckers, Ortes und Jahres, „mit einer Er-
mahnung an alle Christenmenschen, fleissig das Evangelium zu
lesen." — In der letzten Abtheilung stehen 2 wälsche Bibeln (Ant-
werpen 1534 und 1541) und 4 Neue Testamente (eins Antw. 1540
und drei 1543).
Dem Yerzeichniss der Schulbücher ist in dem Plaoat von 1546
die Bemerkung vorausgeschickt : nachdem die Lehrer die Kinder das
Alphabet, Pater noster, Ave Maria, den Glauben, das Confiteor und
die 7 (Buss-)Psalmen gelehrt, dürften keine anderen als die hier
verzeichneten Bücher gebraucht werden. Es sind einige lateinische
und griechische Grammatiken, — auch die Syntaxis des Erasmus —
das Compendium in grammaticam, dialecticam et rhetoricam von
Job. Rivins, Dialectica Caesarii, Dialectica et rhetorica Kud. Agri-
colae, lateinische und griechische Classiker, Topica Boetii, auch die
sonn- und festtäglichen Evangelien lateinisch, die aber nur gramma-
tisch erklärt werden sollen, und die Hymni servientes tempori. In
dem Yerzeichniss von 1 550 sind die Classiker weggelassen, die an-
deren Bücher mit Beifügung von einigen neuen unter folgende Ru-
briken geordnet: Grammatiker, lateinische, griechische und hebräi-
sche (letztere nicht 1546), Oratores (Rhetoriken, darunter Erasmi
Copia et de conscribcndis epistolis, De civilitate morum, Apophtheg-
mata, Similia, Epitome Laurcntii Vallae), Poetae und Dialectici.
Die Universität fügt dem Yerzeichniss die Bemerkung bei : wenn
jemand sich beklage, dass er mit seinen Büchern, die er heraus-
gegeben oder herausgeben wolle, ausgelassen sei, so möge er sich
an den Kaiser wenden.
13. Verordnungen der Kolnischen Synoden von
1549 nnd 1550.
Auf einer 1549 zu Köln unter dem Erzbischof Adolph von
Schauenburg, dem Nachfolger des Hermann von Wied, gehal-
tenen Provinzialsynodc wurde, — mit Rücksicht darauf, dass
„einfältige und angelehrte Pfarrer, denen es nicht gegeben ist,
Reines vom Unreinen zu unterscheiden, Bücher über religiöse
Dinge kaufen, wie sie ihnen eben vorkommen, namentlich solche,
die anlockende Titel haben, wie die Predigten der Gegner nnd
ihre Commentare zur h. Schrift," — allen Gläubigen, nament-
lich den Predigern, unter Androhung des Anathems geboten,
sich nicht nur vor den Büchern zu hüten, die aus der Werk-
stätte Luthers, Bucers, Calvins, Oecolampads, Bullingers^ Franz
Lamberts und Phil. Melanchthous gekommen sind, von denen
Kölner Synoden 1549. 1550. 129
es bekannt ist, dass sie alle ibre ISebriften beransgegeben, um
die Lente zu täuscben und vom wahren Glauben abwendig zu
machen^ sondern auch zu fliehen Corvinus, Capito, Brentius,
Pomeranus, Pellicanus, Musculus, Sarcerius und Christoph Hegen-
dorpbinus, Osiander, Spangenberg, Oldendorp, Hermann Bonnus,
Hedio und seine abscheulichen Supplemente (pestilentissima
supplcmenta) zur Kirchengeschichte, das Chronicon des Sebastian
Franck und was derselben Sorte (ejusdem farinae) ist, bis wir
ihnen durch ein vollständigeres Verzeichniss (pleniori catalogo)
die in dieser Zeit herausgegebenen verderblichen Bflcher be-
zeichnen werden >).
Das in Aussicht gestellte vollständigere Verzeichniss ist
nicht erschienen. Bis zu dem Münchener Index vom J. 1582
ist das Kölnische Verzeichniss von 1549 der einzige in Deutch-
land entstandene Index geblieben. Auf der im folgenden Jahre
zu Köln gehaltenen Diöcesansynode wurden aber einige Ver-
ordnungen über die Beseitigung ketzerischer Schriften und über
die in den Schulen zu gebrauchenden Bücher erlassen.
Das 1549 verbotene Chronicon von Seb. Franck ist die 1531
erschienene „Chronica, Zeitbnch und Geschichtsbibel"; mit Hedio's
„Supplementen zur Kircliengeschichte** wird die Fortsetzung der
Chronica Abbatis Urspergensis gemeint sein (s. o. S. 109), auf welche
die Bezeichnung wenigstens besser passt, als auf die „Chronika der
alten christlichen Kirchen Eusebii, Sozomeni . . . verdeutscht"
(1530) oder auf das „Chronicon Germanicum oder Beschreibung
aller alten christlichen Kirchen** (bis 1545).
Auf der im J. 1550 gehaltenen Diöcesansynode wurden die
Aebte, Prälaten und Dechanten beauftragt, nachzusehen, welche
Bücher Geistliche und Laien benutzten, und die ,, ketzerischen, ver-
dächtigen oder durch Ketzer cormmpirten** zu beseitigen und die-
jenigen, welche die Ablieferung derselben verweigerten, dem Erzbischof
oder seinen Visitatoren anzuzeigen *). In der auf dieser Synode pro-
mulgirten Instruction für die Visitation der Erzdiöcese wird das Ver-
bot der oben genannten Schriftsteller wiederholt mit dem Schlüsse :
„und die Bücher aller dem Lutherthum oder irgend einer Secte An-
hangenden oder der katholischen Kirche irgendwie Femstehenden.
Dieser Censur unterliegen auch die deutschen Psalmengesänge (psal-
morum cantiones), welche vielfach untreu und gegen den Sinn der
h. Schrift übersetzt worden sind". Dann wird die Visitation der
1) Hartzheim, Conc. Germ. VI, 637. Vgl. Zts. f. Philos. und kath.
Theol. 29, 165.
2) Hartzh. VI, 617.
Bensob. Index. 9
180 Kölner Synoden 1549. 1550.
Bibliotheken, Buchläden und Druckereien und die ConfiRcation und
Verbrennung der etwa gefundenen „von Ketzern herausgegebenen
und von dem Kaiser oder dem Provinzialconcil verbotenen ** Bücher
angeordnet. (Das oben S. 8G erwähnte Mainzer Concil vom J. 1549
verordnet nur eine Visitation der Bibliotheken der Pfarrer und Pre-
diger und die Wegnahme der dort gefundenen gefiihrlichen und der
Ketzerei verdächtigen Bücher.) Den Buchhändlern soll ein Ver-
zeichniss der verbotenen Bücher eingehändigt und eingeschärft wer-
den, fortan keine Bücher zu verkaufen, die nicht gemäss den De-
creten des Provinzialconcils geprüft und zugelassen seien. Zuletzt
wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die häretischen Postillen
namentlich den Pfarrern unter Androhung strenger Strafen verboten
seien, und denselben, bis eine approbirte Postille erschienen, der
Gebrauch folgender Bücher empfohlen: von den alten: Ghrysostomus
zu Matth., Job. und den Paulin. Briefen; der ganze Theophylakt,
Chrysostomi abbreviator; Augustinus zu Job. und dessen Sermones
de tempore et de sanctis, „wenn ein Separatabdruck derselben aus
dem 10. Bande seiner Werke zu haben ist^ ; Beda zum N. T. ; Ho-
miliarius Doctorum Albini s. Alcuini; die Oatena aurea des Thomas
von Aquiu und sein Commentar zum h. Paulus; — von den neue-
ren: die Postille des Lansperg, qnae simplicissima est; die Sermones
des Clichtoncus nebst seinem Elucidatorium in hymnos et prosas
ecclesiasticas ; die Postillen von Job. Eck, Hoffmeister, dem Minor! ten
Roy, dem F. Heinr. Helmes Germipolitanus; Titelmanns Psalmen-
Commentar. „Auch sollte keinem Pfarrer der Damascenus fehlen" *).
Das Provinzial-Concil von 1549 bestimmt nur: es sollten in
den Schulen keine obscönen, verdächtigen oder heterodoxen Bücher
gebraucht werden, kein Autor, der nicht von dem Decanus Artium
der nächsten katholischen Universität oder, wenn die Schule von
einer solchen entfernt sei, von einem gelehrten Prälaten oder einem
andern von dem Bischof dazu bestimmten gelehrten Mann approbirt
sei. Unter Androhung des Anathems wird verboten der Grebrauch
solcher Bücher, die zur Irreleitung der Jugend geschrieben zu sein
scheinen, wie gewisse Lehrbücher der Grammatik, Dialektik und
Khetorik, in welchen die Beispiele vielfach von den verkehrten Dog-
men der Gegner hergenommen sind, damit die nichts ahnende Jugend
die Dogmen der Ketzereien und Secten mit den Artes einsauge ;
desgleichen gewisse Gesprächsformulare (familiarium colloquiorum
formulae) voll Mass gegen den Mönchstand und voll Verachtung
gegen die kirchlichen Ceremonien. Schliesslich wird die Anfertigung
eines Verzeichnisses der in den Schulen zu gebrauchenden Bücher
in Aussicht gestellt, welches auch den Comprovinzialbischöfen mtt-
getheilt werden solle*).
In der auf der Diöcesansynode von 1550 publicirten Instmetion
für die Visitation der Erzdiöcese werden diese Bestimmungen wieder-
holt, aber Melanchthon und Spangenberg ausdrücklich als Verfasser
1) Hartzheim VI, 640. 2) Hartzheim VI, 638.
Bücherverboie in Spanien 1621 — 51. 181
solcher yerwerÜichen Schulbücher genannt und der Bestimmung über
die Golloquia die Bemerkung beigefügt : „Von diesem Fehler sind
auch einige aus des Erasmus Golloquia nicht frei, die darum auch
von den Parisern getadelt worden sind." Ferner wird ein Ver-
zeichniss der in den Schulen zu gebrauchenden Bücher mitgetheilt *).
Es stimmt durchgängig mit dem Löwener vom J. 1546 überein: es
fehlt aber das Compendium des Job. Rivius, dafür werden die Gram-
matik von Aldus Manutius oder von Perottus, die Dialektik von
Titelmann oder Job. Perionius und die Prodidagmata Jacobi Fon-
tani empfohlen ; unter den zu lesenden Dichtern wird Terentius nicht
genannt, aber Prudentius, Juvencus und Baptista Mantuanus. Son-
derbarer Weise steht in diesem Kölnischen Schulplan wie in dem
belgischen: an den Feiertagen sollten die Evangelien und Episteln u. s. w.
„nur grammatisch** erklärt werden, in der Visitationsordnung aber :
an den Sonn- und Festtagen und an den ihnen vorhergehenden Tagen
sollten die „reineren" (gut lateinischen) Hymnen und Sequenzen,
die Evangelien und Episteln, Psalmen, Sprüche Salomo*s „katholisch
und literal nach dem Verständniss der h. Väter, nicht nach dem der
Lutheraner oder anderer Sectirer ausgelegt werden."
14. VerordnnDgeii über Bficherwesen und Bficher-
yerbate in Spanien 1521—1551. Der erste Index des
Vald^s 1551.
Spanien bcsass in der Inquisition ein geeigneteres Organ
zur Unterdrückung der Ketzerei als irgend ein Land. Von ihr
gingen die meisten Verordnungen über Bttcherwesen in dieser
Zeit aus. Leo X. forderte durch Breven vom 20. März 1521
den Grossoonnetable und den Admiral \:on Castilien, welche da-
mals mit dem Cardinal Hadrian an der Spitze der spanischen
Regierung standen, auf, das Importiren von Schriften Luthers
und seiner Anhänger zu hindern. Cardinal Hadrian verordnete
dann als General-Inquisitor unter dem 7. April 1521, dergleichen
Schriften zu confisciren. Ein ähnlicher Befehl erging nochmals im
Jahre 1523. Nachdem Hadrian Papst geworden, wurde Alfonso
Manrique, Erzbischof von Sevilla, 10. Oct. 1523 General-Inqui-
sitor. Unter ihm wurde im J. 1530 die Verordnung von 1521
1) Hartzheim VI, 639. 641.
182 Bücherverboie in Spanien 1521—51.
nochmals eingeschärft, mit dem Bemerken, es würden lutherische
Schriften mit falschen Titeln als Werke von Katholiken einge-
schmuggelt; auch seien mehreren Werken von Katholiken luthe-
rische Noten beigefügt ; die Inquisitoren wurden angewiesen, die
Bibliotheken zu durchsuchen und zur Denunciation der Besitzer
von ketzerischen Büchern aufzufordern. Das Recht, den Druck
von Büchern zu gestatten, wurde den Inquisitoren entzogen und
der Suprema (dem obersten Inquisitionsrathe) vorbehalten. Da-
gegen wurden die Inquisitoren 1531 ermächtigt, diejenigen zu
excommuniciren, welche sich den Massregeln des h. Of6ciums
widersetzten, welche ketzerische Bücher in ihren Bibliotheken
oder solche gelesen hätten und welche solche Personen nicht
denuncirten *)•
Von den Verhandlungen über Erasmus unter Manrique*8
Verwaltung wird unten die Rede sein. Ueber andere specielle
Bücherverbote aus dieser Zeit haben wir keine genauere Berichte.
Im J. 1549 wurde den Inquisitoren verboten, die Erlaubniss
zum Besitzen und Lesen verbotener Bücher zu ertheilen ; selbst die
Consultoren der Inquisition sollten verbotene Bücher, auch die-
jenigen, die ihnen bei ihrem amtlichen Vorgehen in die Hände
fielen, nicht lesen dürfen'). Auch die Bulle Julius' III. vom J.
1550, worin alle bis dahin ertheilten Ermächtigungen zum Lesen
verbotener Bücher zurückgenommen wurden (s. u.), wurde in
Spanien publicirt.
Der Löwener Index von 1550 wurde von Karl V. dem
General-Inquisitor Fernando Valdös übersandt, mit der Weisung,
ihn auch in Spanien zu publiciren. Er wurde auf Befehl der
Suprema mit einem Anhange, welcher die bis dahin in Spanien
verbotenen Bücher enthält, abgedruckt*).
1) Llorente, Bist, de l'Inq. I, 419. 457.
2) Llorente I, 463.
2) Catalogi Librorum reprobatorom, et praelegendorum ex iudicio
Academiae Louaniensis. Cum edicto Caesareae Maiestatis eanlgati. Ya-
lentiae, Typis Joannis Mey Flandri. M. D. LI. Mandate Dominorom de
consilio sanctac generalis Inquisitionis. 12. Bl. 4. (Von dem Exemplar in
der Bibliothcca Casanatensis zu Rom habe ich eine Abschrift benutzt).
Pelayo, Heterodoxos II, 700 erwähnt Drucke von Valladolid und Toledo
von 1551, Seabra II, 555 einen Druck von Granada von 1552.
Index des Valdes 1561. 133
So folgt denn in diesem Index yen 1551 auf den Abdruck
desLöwener (f. Ur) die Ueberschrift „Catalogus librorum jam-
pridem per sanctum officium Inquisitionis reprobatorum'S dann
ein alphabetisches Verzeiehniss ähnlich dem Löwener, — nur sind
die anonymen Schriften mit eingereiht, — zuletzt ohne neue
Ueberschrift ein kleiner Nachtrag von 11 Nummern. Ein Edict
der Inquisition über den Index findet sich nicht
Einige Zeit nachher Hess die Inquisition einen neuen Index
anfertigen, der aber nur in Abschrift allen Inquisitoren über-
sandt wurde').
Die spanische Ausgabe des Löwener Index ist nicht nur
darum interessant, weil sie der erste spanische Index und die
Grundlage des nächstfolgenden von 1559, sondern auch weil
sie von Paul V. benutzt worden und so einiges aus ihr in den
Römischen Index übergegangen ist.
Fernando Yaldis wurde im J. 1547 Erzbischof von Sevilla
und General-Inquisitor^). Er blieb dieses bis 1566. wo er wegen
des später zu besprechenden Carranza'schen Processes auf Ver-
langen Pius' V. abgesetzt wurde. Wir werden noch zwei andere von
ihm (1554 und 1559) veröffentlichte Indices kennen lernen.
Einige Nummern in dem Anbange des Index von 1551 stim-
men ganz auffallend mit Nummern in dem Index des Casa^). Da
dieser schon 1549 veröffentlicht wurde, kann er nicht von V. 51
abhängig sein; es ist aber auch an sich nicht wahrscheinlich, dass
die spanische Inquisition den Casa^schen Index benutzt haben sollte;
auch würde sie in diesem Falle mehr daraus aufgenommen haben.
Man muss also ein — allerdings auffallendes — zufälliges Znsammen-
treffen annehmen oder vermuthen, dass Casa ein Verzeiehniss der in
Spanien vor 1549 verbotenen Bücher vorgelegen hat, welches mit
dem in den Index von 1551 aufgenommenen (von Vermehrungen ab-
gesehen) identisch war.
Der Anhang enthält folgende allgemeine Verbote: Bibeln
(unter N nochmals: Neue und Alte Testamente) in die spanische
oder eine andere Volkssprache übersetzt ; alle Gemälde, Figuren oder
Bilder, wodurch die h. Jungfrau Maria oder die Heiligen verunehrt
1) Llorente I, 464.
2) Llorente II, 134. Viccnte de la Fuente, Hist. ecles. de EspaQa,
2. Ed. 1874, V, 235 erzählt von ihm, er habe als Bischof von Oviedo
die Ratten excommunicirt, und entwirft auch sonst kein schmeichelhaftes
Bild von seiner Persönlichkeit.
3) Es gilt dies besonders von den unten unter Enzinas, Myconius,
Simon Hessus, Steph. Winton. zu besprechenden Schriften.
134 Bücherverbote in Spanieu 1521—51.
oder verspottet werden (ähnlich das Edict Karls V. von 1529; nur
wird dort vor der h. Jungfrau auch üott genannt); alle Bücher,
welche nach Ketzerei schmecken (sapientes haeresim); Bücher über
Nekromantie (Nigromantia) mit Anrufung der Dämonen oder welche
augenscheinlich nach Häresie schmecken; alle Bücher, welche in
irgendwelcher Sprache seit 25 Jahren gedruckt oder geschrieben sind
ohne Angabe der Verfasser, der Schreiber (auctores, scriptores), der
Zeit oder des Ortes, wo sie geschrieben oder gedruckt worden sind
(ähnlich das Edict von 1529). Dazu kommt im Nachtrag: Oi>era
contra dietam ab Imperatore celebratam Ratisbonae a. 1541. Dieses
Verbot wird veranlasst sein durch die anonyme Schrift Calvin« „Les
actes de la journ^e imperiale tenue en la cit^ de Regenspourg Tan
1541 sur les diflferens qui sont aujourd'huy en la religion". S. 1.
et a. (1542). 12*), Bei V. 59 heisst es Libri scripti contra dietam
Imperialem Ratisbonae, sive carmine, sive prosa. In der Form
Libri inscripti (erst seit Ben. scripti) contra diaetam Imperialem
Ratisbonensem ist es aus Q,. durch S. auch in den Rom. Index ge-
kommen.
Der Anhang enthält viele Namen und Schriften, welche auch
im Lov. stehen und deren Wiederholung keinen Zweck hatte, wenn
nicht die Inquisition durch das vollständige Verzeichniss der jam-
pridem von ihr verbotenen Bücher zeigen wollte, dass sie viele
vor den Löwenern verboten habe. Man sieht daraus, dass die In-
quisition auch die Bücherverbote Karls V. von 1529 und 1540
publicirt hat ; sie sind freilich mit allerlei Fehlem abgedruckt.
— Jo. Brentius heisst im Anhange Bronzius, danach hat V. 59 Bren-
tius vel ut alii dicunt Brontius, und der Rom. Ind. seit S. (bis Ben.)
Brentius vel Brontius (in einigen Ausgaben vel Prontius). — Die
Collectanea communium troporum s. scripturae, die im Lov. unter
Barth. Westhemerus stehen, stehen hier als anonyme Schrift und
sind als solche in der modificirten Form Collectio figurarum omnium
8. scr. aus Q. durch S. mit d. c. in den Rom. Ind. gekommen. —
Bibliotheca librorum ist ohne Zweifel Gesners B. universalis. —
Enarrationes perpetuae Martini Musterii super quatuor evangelia;
ejusdem de oratione dominica werden Luthers Enarr. epistolarum et
evang. quas postillas vocant, 1521, und Explanatio dominicae ora-
tionis in lat. versa, 1520, sein. — Opus Osualdi Miconis in Moriam
(derselbe Schreibfehler bei Casa) ist der im Lov. 50 stehende Com-
mentar des 0. Myconius in evang. Marci. — Von einzelnen Schrift-
stellern, von denen Lov. 50 einige Schriften verbietet, werden in
dem Anhang noch einige mehr verboten: von Fabricius Capito (er
heisst im Lov. Wolfg. Capito) noch Institutionum hebraicarum 11. 2,
von Seb. Münster Catalogus praeceptorum hebraice (auch bei Casa),
d. i. Praecepta mosaica 613 cum expositione rabbinorum hebr. et
lat., 1533.
1) Sie steht in keinem Index als in dem des Inquisitors Bedanis
von Toulouse, § 16.
Index des Yaldes 1551. 135
Von folgenden Schriften, die Vald^s dem Lov. 50 beifügte,
sind die Verfasser durch P. in die 1. Cl. des Rom. Ind. gekommen :
Arecij Felicij super psalterium quod aiunt per Martinum Buce-
rum fuisse compositum ist das von M, Bucer unter dem Namen
Aretius Felinus zu Strassburg 1529, mit einer Widmung an den
Dauphin veröffentlichte Buch Psalmornm libri 5 ad hebraicam veri-
tatem versi et familiari explanatione elucidati. Bucer gab es unter
dem angenommenen Xamen neraus, um ihm in Frankreich und Italien
Eingang zu verschaffen, wo es in der That, theilweise durch die Be-
mühungen der flüchtigen Franzosen und Italiener eine weite Ver-
breitung fand^. Bucer nimmt darin den Schein eines orthodoxen
Schriftstellers an: Nihil omnium quae communis orthodoxorum con-
sensus non recipit, affirmare volo. £s kommen aber auch pro-
testantische Stellen darin vor ^). Die 4. Ausgabe, (Genf) 1554 und
eine französiche Uebersetzung, Genf 1553, erschienen unter Bucers
Namen. — Im Rom. Ind. steht Aretius Felinus seit P. (aus GA) in
der 1. Cl., seit Tr. mit dem Zusatz qui et Martinus Bucerus. —
Vielleicht stammt Aricus confessor im Ven., Aricus bei P. aus Are-
cius Felicius.
Marci Antonii Corvini Colloquia de poenitentia et iide werden
die im Lov. unter Antonius Corvinus stehenden Colloquia theologica
sein ; Marcus ist vielleicht durch das Missverstehen von M(agister)
entstanden; — im Rom. Ind. hat von P. bis Ben. Marcus Ant. Cor-
vinus neben Ant. Corvinus gestanden.
Michaelis Serveti, alias Michaelis Reues, vel de Villanueva,
tractatus contra trinitatem, bei Casa M. Serveto de trinitatis errore
(11. 7, 1531, steht merkwürdiger Weise in keinem frühern Index);
Ven. und P. werden den Namen M. Servetus aus Casa haben.
Simonis Essij contra Cardinalem Roffensem; ejusdem de Pon-
tiiicis munere, — bei Casa : Simone Hesso, Apol. adv. D. Roffensem :
de munere pontificis, — ist Simonis Hessi Apologia adv. D.
Roffensem episc. anglicanum (John Fisher, Bischof von Rochester)
super concerbatione ejus cum Ulrico Veleno, an Petrus fuerit Romae,
Et quid de primatu Rom. Pontificis sit censendum. Addita est epi-
stola de ecclesiasticorum pastorum authoritate et officio in snbditos
et subditornm in superiores obedientia. (S. 1. et a. 26 Bl. 4). Die
Schrift, 1523 verfasst, ist von Urbanus Rhegius. — Im Lov. 58
wird nicht diese, sondern eine ältere und kleinere satirische Schrift
verboten: Simon Hessus Luthero ostendit causas quare Lutherana
1) Baum, Capito und Bucer S. 464. 598 L. Castelvetro, Poetica
d'Aristotele, Wien 1570, f. 112 erzählt (die Stolle wurde bei der Expur-
gation des Buches durch Bras. gestrichen) : der Commentar sei Jahre lang
unbehindert verbreitet und gelesen und empfohlen worden, selbst in Rom,
bis die Inquisition den Namen des Verfassers erfahren, worauf er als
pestilentialisch verdammt und verbrannt worden sei.
2) Sainjore 111, 257. 271.
136 Bücherverbote iu Spanien 1521 — 51.
opuBCula a Colonieosibus et Lovaniensibus sint combusta, s. 1. et a.,
1521 erschienen, auch deutsch'). Im Luccaer Index von 1545 und
im Yen. steht nur der Name Simon Hessus.
Ulderici Hütten i libri omnes; Hütten steht auffallender Weise
nicht im Lov., aber auch bei Casa.
Catalogus annorum [et] principum Valerij Anselmi Rijd,
Bern 1540, 99 S. fol. Nur diese Schrift war von Valerius Ans-
helm gedruckt, als ihn P. in die 1. Cl. setzte. Seine deutsche
Chronik, die zu den besten unserer altern Literatur gehört (Ranke,
WW. 34, 149), ist erst Bern 1825 ff. gedruckt^).
Conradi alias Gotardi libri omnes ist von P. nicht aufgenom-
men, aber in die folgenden span. Indices und endlich aus Q. durch
S. als Gothardus, qui et Conradus in den Köm. Ind. übergegangen.
Ben. hat Gothardus qui et Alphonsus Conradus (Alfonso Corrado
aus Mantua) ; aber dessen einziges Buch, sein Commentar zur Apo-
kalypse voll Ausfälle gegen Papst und Inquisition*^), erschien erst
1560, kann also bei V. 51 nicht gemeint sein *).
In der 2. Cl. finden wir seit P. im Rom. Ind. folgende bei
V. 51 stehende Schriften: Peregrinatio Jerusalem Petro de Urrea
auctore. Den richtigen Namen hat freilich erst Ben. hergestellt ;
bis auf ihn hiess er im Rom. Ind. P. de Virea. Ben. gibt den
Titel spanisch; in den span. Indices steht das Buch in der lat. und
in der span. Abtheilung. — Stephani Winthonensis episcopi
Angli de vera obedientia [oratio], die Schrift, welche der B. Gar-
diner (seit Ben. steht sie unter diesem Namen) verfasste, als sich
Heinrich VIII. von Rom lossagte, und welche von Capito zu Strass-
burg 1536 herausgegeben wurde*). Sie steht auch bei Casa.
In die 3. Cl. des Rom. Ind. sind aus V. 51 übergegangen :
Esdrae Lamentationes Petri, — ebenso P., daneben Lamentationes
Petri auctore Esdra ^) — ist die dem Henr. Bonielius zugeschriebene
satirische Schrift Lam. Petri autore £sdra scriba olim, modo publico
sanctorum protonotario, cum annotatiouibus seu additionibus Johannis
Andreae, s. 1. et a. [1523] 34 Bl. 4'), — Farrago concordantia-
1) Uhlhom, U. Rhegius JS. 30. 349. Panzer No 1197 ff. WeUer
No. 1737. Wiedemann, J. Eck, S. 348.
2) A. D. B. 1, 483. Baumg. VI, 162.
3) Clement VII, 266. U. N. 1737, 530.
4) Unverständlich sind mir auch: Alphabctuni thcologicum (viol-
leicht Alfabeto christiauo von J. Valdes?), ücuesis Alphonsi, in den fol-
genden span. Ind. in der span. Abth. (im Rom. nur bei S.); Statcra vcl
pondus ubi ponitur hacrcsis Ebion (Statcra prudentum von Paulus Ricius ?).
5) Schelh., Am. bist. I, 837. Dixon, Hist. of the Ch. of E. I, 429.
Abgedr. im Fase. ed. Brown II, 800.
6) Dazu hat S. (nur er) den Zusatz: vel ctiam sine alicujus nomine
[!], quocumiiie idiomatc impressae (es gibt keine Uebersetzungeu).
7) Abgedr. bei Wolf, Lect. mcm. II, 284. Vgl. Jahrb. f. prot. Th.
Index des Yaldes 1561. 187
mm insignium totias Bibliae steht im Lov. unter Barth. Westhe-
merus mit dem richtigen Titel: Farr. concordantium i. t. B. locorum
(1528) ; bei Casa und Ven. heisst die Schrift Farrago concordantia-
rnm, bei P. wie bei Y. Erst Ben. hat die Sache im Köm. Ind.
wieder richtig gestellt. — Liber similit ud inum et dissimilitudi-
num impr. Basileae a. 1542, als S. et d. liber seit P. im Rom. Ind.
Ben. hat unter Jo. Gastius den richtigen Titel: Liber parabolarum
sive 8. et d. ex ss. patrum scriptis excerptus. — Liber intitulatus
Loci insigniores. Casa hat an einer Stelle: Loci insigniores, an
einer andern : Loca insigniora, un certo libro cosi intitulato. Im Köm.
Ind. stehen in Folge davon seit P. Loca insignia und Loci insig-
niores neben einander; letzteres ist von Ben. vervollständigt: L. i. et
concordantes, ex utroque Test, concinna admodum brevitate recens
congesti, Scripturam ad varios usus allegaturis mire commodaturi,
Strassb. 1526. 8 *). — Tragoediae ac comoediae ex N. et V. T.
Bas., Nie. Brylinger 1540, kam erst aus Q. durch S. Cl. in den
Rom. Ind. als Comoediae ac tr. etc. Ben. gab den vollständigen
Titel, aus dem der Grund des Verbotes zu ersehen : adjunctae duae
lepidissimae comoediae mores corruptissimi saeculi elegantissime de-
pingentes. — Vitae Rom. Pontificum, Wittemb. 1536, auch im Ven.,
seit P. in der 3. Cl.| erst von Ben. unter den Namen Rob. Barnes
gestellt.
V. 51 ist der erste Inclex, worin verboten wird Alcoranus
vel alii libri in aravigo (V. 59 in arabico vel alia quacunque lin-
gua) ubi sunt errores sectae Mahometicae. Noch in dem span. Ind.
von 1790 wird der Koran in allen Ausgaben und Sprachen ver-
boten, auch die lateinische Uebersetzung (es ist die auf Veranlas-
sung des Peter von Clugny im 12. Jahrhundert gemachte) cum
refutationibus variorum, Basel, Oporinus 1543. Im Rom. Ind. wurde
von P.nur diese Ausgabe verboten, vonTr. beigefügt: , und ähnliche Aus-
gaben mit gottlosen Schollen und Anmerkungen ; in der Volkssprache
soll ihn niemand haben ohne ErlaubniKS der Inquisitoren*^. Die
Baseler Ausgabe (von Theodor Bibliander) kam dann aus Q. durch
S. Cl. noch einmal in den Index (noch jetzt) unter dem andern
(richtigen) Titel: Machumetis . . . ejusque successorum vitae ao
doctrina ipseque Alcoran . . . adjunQtae sunt confutationes multo-
rum una cum M. Lutheri praemonitione etc^). Das Verbot ist also
durch die „gottlosen" (impia), d. h. von Protestanten herrührenden
Zuthaten des Herausgebers veranlasst und trifft den Koran selbst
nicht*). — Im J. 1603 aber, also noch unter Clemens VIII. wur-
1882, 688. Erasmus erklärt Ep. 1521, er sei nicht, wie man gesagt, der
Verfasser,
1) Panzer VI, 111.
2) Freytag, Anal. 120. Baumg. IV, 236.
3) So ausführlich Raynaud, Erot. p. 842. — Bell. Controv. de mem-
bris Eccl. mil. 3, 20 sagt : die Bücher der Juden und Türken seien melioris
oonditionis als die der Ketzer, weil jene offene Feinde der Christen seien;
138 Bücherverbote in Spanien 1521 — 51.
den verboten : Instructionum et rituum sectae Mabometanae libri
omnes ^), und dieses Verbot steht seitdem im Index, seit Ben. in den
Decr. pen. I, 11.
Der Baseler Rath war 1542 noch strenger als die Kömische
Inquisition: er hatte 1536 Heinrich Petri die Erlaubniss zu einer
Ausgabe des Koran verweigert ; als nun Oporinus trotzdem seine
Ausgabe druckte, wurde die ganze Auflage sequestrirt; von den Ge-
lehrten, welche der Rath befragte, erklärten nur einige die Ver-
Öifentlichung der Ausgabe für zulässig, andere, darunter sogar Seb.
Münster, für unzulässig; von den Baseler Kanzeln wurde für und
gegen den Koran gepredigt, und erst als die Züricher sich förmlich
für Bibliander verbürgt, und Luther sich in einem Schreiben an den
Rath dafür verwendet hatte, wurde die Herausgabe seines Werkes
gestattet, aber nicht der Verkauf desselben in Basel; auch durfte
Oporinus nicht als Drucker und Basel nicht als Druckort genannt
werden *).
Neben dem allgemeinen Verbote der spanischen Bibeln findet
sich bei V. noch Francisci de Enzinas T. N. ex graeco in hispa-
nuni sermonem traductum (auch bei Casa, seit P. in der 1. CL). Fran-
cisco de Enzinas"), geb. zu Burgos 1520, studirte 1539 — 41 zu
Löwen, ging 1541 nach Wittenberg, wo er bei Melanchthon wohnte
und das N. T. übersetzte. Er Hess die Uebersetzung 1543 zu Ant-
werpen drucken *), widmete sie Karl V. und überreichte diesem, von
dem Bischof von Jaen eingeführt, 23. Nov. 1543 ein Exemplar.
Auf Betreiben des Beichtvaters Karls V., Pedro de Soto, wurde er
13. Dec. verhaftet, entkam aber 1. Febr. 1545 aus dem Gefängnisse,
ging zunächst wieder nach Wittenberg, lebte später zu Basel, zu
sie würden nur verboten, wenn sie Schmähungen gegen Christus enthielten
oder ihre Loctüre als gefährlich für Christen angesehen werde, wie das
beim Talmud zutreffe.
1) In No. 6 der Sammlung von Decreten in dem Index Alexanders VIL
2) Kirchhofer, 0. Myconius S. 351. Hagenbach, Luther und der
Koran vor dem Rath zu Basel, in Beitr. zur vaterl. Gesch., Basel 1870,
9, 291.
3) Er übersetzte seinen Namen in Dryander (cncina = ilex); fran-
zösisch wird er du Chesne, deutsch Eichmann, flämisch van Eyck genannt
(der Marburger Professor Jo. Dryander, f 1560, s. o. S. 125, hiess Eich-
mauu). Sein Bruder Jaime wurde 1547 zu Korn von der Inquisition ver-
urtheilt und verbrannt. E. Boehmer, Biblioth. Wiffen. I, 160. Pelayo
II, 219.
4) £1 N. T. de nuestro Rcdeniptor J. C. etc., bei Stephan Meerd-
maun gedruckt; der Titel lautete ursprünglich El N. T. de nuestro suelo
Redemptor ; Enzinas Hess sieh aber von Freunden bestimmen, das Titelblatt
Umdrucken zu lassen. Rom. 3, 28 war gross gedruckt. Memoircs I, 192.
II, 60.
Index des Valdes lööl. 139
Cambridge, wo ihm Cranmer eine Profeßsur des Griechischen ver-
schaffte, zuletzt za Strassburg, f 1552. Einen Bericht über seine
Verhaftung und Gefangenschaft nebst vielen anderen interessanten
Mittheilungen gibt ein Buch von ihm, welches in französischer Ueber-
setzung 1558 erschien: De Testat du Pays-Bas et de la religion
d^Espagne par Frangois Du Chesne, und von dem das lateinische
Original erst 1862 von Ch. AI. Campan herausgegeben ist: Memoires
de Fr. de Enzinas, in der Coli, de m^m. relatifs a Thist. de Bel-
gique.
Bei y. steht auch : Brevis et compendiosa institutio religionis
Christ, hispano sermone impressa Flandriae vel Geruianiae aut alibi
simul cum alio libro intitolato De libertate christiana. Das ist Breve
i compendiosa institucion de la rel. cbr., necessaria para todos aquel-
los que con justo titulo quieren usurpar el nombre de Christo.
Escripto por el docto varon Franc, de Elao . . . Impr. en Topeja
/ (Genf?) 1540, 349 S. 8, dabei besonders paginirt Tratado de la
libertad christiana (von Luther) und Siete Psalmos penitenciales ^).
Die Schrift wird Enziuas zugeschrieben ; er versichert selbst, die Be-
schuldigung, er habe Luthers „Von der Freiheit eines Christen-
menschen** übersetzt, sei falsch*); darum kann er aber freilich doch
die Institucion verfasst haben. Diese Schrift ist ohne Zweifel ge-
meint mit Brevis et compendiosa instrnctio de rel. ehr., die bei Casa
und seit P. im Rom. Ind. steht.
Ausser den Schriften von Enzinas und Urrea hat V. 51 nur
noch zwei spanische Schriften, die auch bei V. 59 und in den
folgenden span. Ind., hier aber mit den spanischen Titeln stehen :
Dialogo de doctrina christiana, „ neuesten s von einem Ordensmann
anonym herausgegeben"; „ein spanisches Buch, in welchem gelehrt
wird, niemand solle einem andern rathen, nicht zu heirathen oder
Priester zu werden oder in einen Orden zu treten oder sich an den
Rath eines andern zu binden, vielmehr solle jeder seiner eigenen
Neigung folgen* ; — ferner Catecismo o formulario, die 1550 (in /
Genf) gedruckte Uebersetzung von Calvins Catechismus *), die auf- /
fallender Weise in den folgenden Indices fehlt.
1) Pelayo U, 246.
2) Memoires I, 248. II, 262. — Enziuas Hess 1551 den I.Band einer
Uebersetzung der Vitae des Plutarch drucken, mit Rücksicht auf die In-
quisition einen Theil der Auflage ohne seinen Namen. Die 2. Ausgabe
erschien 1662 zu Antwerpen unter dem Namen Juan de Castro Salina«.
Wahrscheinlich ist von ihm auch die anonyme Uebersetzung des Livius
von 1553, vielleicht die Uebersetzung der Alterthümer des Flavius Josephus
1554. Castro, Bist, de los Prot. p. 259. Letztere steht seit V. 59 in den
span. Ind., wohl nicht des Uebersetzers wegen, sondern als jüdisches Buch.
— Ueber eine lat. Schrift von Enzinas s. S. 126.
3) Cathecismo. A saber el formulario para instruyr i los muohacbos
en la christiandad. Hecho a manera de dialogo, donde el ministro de la
140 Bächerverbote in Frankreich 1621—1561.
Karl V. und Philipp II. erliessen auch mehrere das Biicher-
wesen betreffende Verordnungen für ihre americanischen Besitzungen.
1543 wurden die dortigen Behörden angewiesen, den Druck, das
Einfuhren und das Lesen von Erzählungen und Romanen zu ver-
bieten. 1550 wurde das Handelsgericht zu Sevilla angewiesen, alle
für die Colonieen bestimmten Böcher einregistriren zu lassen und
zu bescheinigen, dass sie nicht verboten seien. 1556 wurde ver-
boten, Bücher über die americanischen Angelegenheiten ohne Er-
laubniss des Rathes für Indien zu veröffentlichen. 1557 wurden
die Zollbeamten in America angewiesen, die importirten Bücher zu
untersuchen und die verbotenen^ an die Bischöfe abzuliefern ').
15. Verordnangen fiber Biicherwesen und Bfieher-
verböte in Frankreich 1521—1551.
Die Verordnungen über Bttcberwesen wurden in Frankreich
regelmässig durch den König oder die Parlamente, namentlich
das Pariser, erlassen. Die einzige Ausnahme bilden die von
den Provinzialconcilien zu Paris (Sens) und Bourges im J.
1528 (wahrscheinlich im Einvcrständniss mit der Regierang)
erlassenen Decrete, worin die Schriften Luthers und seiner
Anhänger verboten werden (ein paar einzelne Schriften hatte
auch schon ein Coucil vom J. 1522 verboten) und für Schriften
religiösen Inhalts, namentlich in französischer Sprache, die
bischöfliche Censur eingeführt wird.
Auch die 1525—55 oft erwähnten Inquisitoren sind nicht
kirchliche Beamte, sondern zwei Parlamentsräthe und zwei Doc-
toren der Theologie, welche das Pariser Parlament im J. 1524
bestellte und welche zunächst der Bischof von Paris, dann auch
Iglesia pregunta y cl muchacho rcsponde. £. Boehmer, Biblioth. Wiffen.
II, 43. Eine verbesserte und mit einem Anhang von Gebeten vormehrte
Ausgabe davon ist Cath., quo significa forma de instruccion, quo contiene
los principios de la rel. de Dios etc., Genf 1559 und (von Cipriano de
Valera revidirt) 1596. Diese Ausgabe steht seit Sand, im Index. Ein
gleichfalls zu Genf gedruckter italienischer Catechisnius mit ganz ähnliohem
Titel steht im Rom. Ind.
1) Llorente I, 467.
BGcherverbote in Frankreich 1521—1661. 141
eine Anzahl von anderen Bischöfen genüthigt wurden, auch
ihrerseits zn ermächtigen, gegen Lutheraner und andere Ketzer
gerichtlich zn verfahren. Auf die Bitte der Königin-Regentin
Louise von Savoyen wurde diese Cominission von Clemens VIL
durch ein Breve an das Parlament vom 20. Hai 1525 bestätigt:
Homines a vobis delectos Nos quoque comprobavimns ac com-
missioni illorum apostolicae auctoritatis robur adjecimus, — und
seitdem heissen sie Juges delegu^s par le Pape snr le fait des
h^r^sies, judices pro negotüs iidei aSede Apostolica perRegnum
Franciae constitnti ^).
Verbote bestimmter Bücher wurden in Paris von dem Par-
lamente, in der Regel auf den Antrag von Bischöfen oder der
Inquisitoren, publicirt. Eine hervorragende Rolle spielte dabei
die Sorbonne, aber durchweg nur insofern, als ihr von dem
Parlamente oder den Inquisitoren die Bücher zur Begutachtung
überwiesen wurden, die bei Ketzerprocessen in Betracht kamen
oder bei denen es sich darum handelte, ob sie vom Parlamente
zu verbieten oder ihr Verkauf zu gestatten sei.
Am 18. März 1521 verordnete Franz I. auf den Antrag der
Pariser Universität, die Pariser Buchhändler sollten keine neuen
lateinischen oder französischen Bücher, die den christlichen
Glauben oder die h. Schrift beträfen, drucken, bevor sie von der
theologischen Facultät oder ihren Deputirten geprüft seien*).
Diese Verordnung wurde 2. Mai 1542 durch das Parlament da-
bin erweitert, dass nichts gedruckt werden solle ohne die Ge-
nehmigung des Rectors und der Decano, und dass der Rector
je zwei Mitglieder jeder Facultät zur Prüfung der betreffenden
Schriften bestellen solle*). (1569 wurde flir Bibeln und über-
haupt für alle Bücher über Religion die Approbation durch vier
1) Preuves des lib. de FE. gall., 1751, III, 164. Bull, de la Soc. de
l'hist. du prot. 1853, 328. 487; 1854, 209.
2) Jourdain, Index chronol. chart. No. 1594.
8) Arg. I ad Ind. XIl. Für Bücher über Astrologie wurde 1537 die
Prüfung durch einen Doctor der Theologie und einen der Medicin vorge-
schrieben. Jourdain No. 1724. Ais Conrad Neobarius 1538 von Franz I.
ermächtigt wurde, griechische Bücher zu drucken, wurde er angewiesen,
noch nicht gedruckte theologische Sachen vorher den Theologen, profane
den Philologen an der Universität vorzulegen. Jourdain No. 1728.
142 Büoherverboie in Frankreich 1521 — 61.
Doctoren vorgeschrieben). Ferner wurde iniJ. 1542 verordnet,
die in Paris ankommenden BUcherballen seien in Gegenwart
der vier vereideten Buchhändler zn öffnen, die Bücher von den
vom Rector der Universität zu bestellenden Doctoren zu unter-
suchen und dann ein Verzeichniss der von diesen für zulässig
erklärten Bücher dem königlichen Procurator einzuhändigen.
Nicht in diesen Verzeichnissen enthaltene Bücher zu verkaufen,
wurde bei Strafe der Confiscation derselben und anderen ar-
biträren Strafen verboten*).
Durch eine Ordonnanz vom 11. Dec. 1547 wurde die Ver-
ordnung, dass keine Bücher über die h. Schrift ohne vorherige
Prüfung durch die Sorbonne gedruckt oder verkauft werden
dürften, eingeschärft und beigeftigt, der Name des Verfassers und
des Druckers müsse genannt werden; auch wurden die in dem
Catalog der Sorbonne (von 1546, s. § 16) verzeichneten Bücher
verboten*). Durch dasEdict von Chateaubriand, — hier 27. Juni
1551 unterzeichnet, 3. Sept. 1551 im Parlament publicirt*),- —
kamen folgende Bestimmungen hinzu:
6. Bücher die in Genf oder an anderen notorisch von der
Kirche abgefallenen Orten gedruckt sind, dürfen nicht importirt wer*
den. — 7. Bücher, welche die Sorbonne in ihren Catalog gesetzt
hat oder setzen wird, darf niemand drucken, verkaufen oder be-
sitzen. Sie sind binnen einem Monate abzuliefern; nur diejenigen
dürfen sie behalten, welche nach den canonischen Bestimmungen der
Ketzerei verdächtige Bücher besitzen dürfen, um sie zu bekämpfen.
— 8. Die Drucker dürfen nur in guten Städten und nicht heimlich
drucken und müssen in allen Büchern ihren Namen nennen. — 10.
Neue Uehersetzungen von biblischen oder patristischen Schriften
dürfen nur mit Approbation der Sorbonne gedruckt werden. — 11.
Bücher über die h. Schrift und die christliche Religion, die seit 40
Jahren erschienen sind, dürfen nicht neu gedruckt oder verkauft
werden, ohne vorher von Deputirten einer theologischen FacultSt
revidirt zu sein. — 12. Die weltlichen Beamten dürfen keine Druck-
erlaubniss ertheilen, ohne dass eine Bescheinigung einer theologi-
schen Facultät vorliegt, dass die Bücher nichts bedenkliches ent-
halten. — 14. Die Bücher eines Verstorbenen, welche über die h.
Schrift handeln, dürfen nicht verkauft werden, ohne von Deputirten
der Facultät revidirt worden zu sein. — 15. Aus dem Ausland kom-
1) Jourdain No. 1758.
2) Bull, de la Soc. de Phist. du Prot. 1854, 215.
3) Abgedruckt hei Haag» La France prot. Pidces justificativea, 1858,
p. 17.
Böcherverbote in Frankroich 1521—61. 143
Tnende Bücherballen dürfen nur geöffnet werden in Gegenwart von
zwei Deputirten der theologischen Facultät oder an Orten, wo keine
solche ist, von zwei Beamten (rofficial et le juge presidial on le
juge präsidial et le procureur). — 16. Zweimal im Jahre sind die
Bochläden von diesen Deputirten oder Beamten zu visitiren. — 17.
In Lyon, wo mehrere Druckereien sind, und wohin viele Bücher aus
dem Ausland gebracht werden, sind die Buchläden dreimal jährlich
zu visitiren durch zwei Deputirte, von denen einen der Erzbischof,
einen das Capitel ernennt, und durch den Lieutenant du 86n^cha).
— 20. In allen Buchläden muss ein Exemplar des Catalogs der
Sorbonne und ein Verzeichniss der vorräthigen Bücher vorhanden
sein *). — 21. Col porteure (portepenniers) dürfen keine Bücher ver-
kaufen.
Am 4. Nov. 1521 wurde den Druckern bei Strafe von 500
Livres und der Verbannung aus Paris verboten, Bücher zur Ver-
theidigung Luthers (Melanchthons Apologia adversus furiosornm
Parisiensium theologastrorum decretum wird speciell genannt) zu
verkaufen und schlechte oder unkirchliche Bücher (libros lubricos in
perditionem juvenum ac perturbaticos totius ordinis hierarchiae,
ecclesiae scandalosos) zu drucken'). Ein Arrest du Parlement vom
J. 1522 besagt: die Synode der Kirchenprovinz Bens habe zwei
Schriften : Contra papisticas leges sacerdotibus prohibentes matnmo-
nium Apologia Pastoris Cembergensis qui nuper sine ecclesiae con-
sensu uxorem duxit (Bartholomaeus Bernhardi von Feldkirch, Propst
von Kemberg 1522) und De coelibatu et viduitate auctore Andrea
Garlostadio, unter Androhung der Exoommunication zu drucken und
zu verkaufen verboten ; es habe sich aber, da manche vielleicht
weltliche Strafen mehr fürchten würden als kirchliche Censuren, zu-
gleich an das Parlament gewendet, zumal die Bücher in Wider-
spruch mit dessen Verordnung ohne Genehmigung der Facultät ver-
kauft worden seien; das Parlament verbiete also den Dnick, das
Verkaufen und Kaufen der Bücher bei arbiträren Strafen und for-
dere zur sofortigen Ablieferung derselben auf.
Am 12. Aug. 1523 verordnete das Parlament auf den Antrag
des königlichen Generalprocurators und mit Rücksicht auf das Gut-
achten der theologischen Facultät: alle Schriften Luthers seien bei
Strafe der Verbannung und Vermögensconfiscation bis zum nächsten
Freitag abzuliefern und sollten öffentlich auf dem Platze vor Notre-
dame (au parvis de l'eglise de Paris) verbrannt werden ; wer die
Lehre Luthers vertheidige oder seine Bücher behalte, solle als der
Ketzerei verdächtig an den Bischof ausgeliefert werden ; diese Ver-
ordnung solle bei Trompetenschall auf den Strassen von Paris, Lyon
und anderen guten Städten und wo es sonst nöthig sei, publicirt
1) Auch in dem Druckprivileg für den Catalog von 1551 heisst es:
Wir haben unter dem 27. Juni verordnet, dass alle Buchhändler ein
Exemplar des Catalogs in ihren L&den haben müssen.
2) Jourdain No. 1697.
144 Buchenrerbote in Frankreich 1521—66.
werden. Der Generalprocarator hatte auch die Verbrennung der
Schriften Melanchthonfl beantragt ; das Parlament beRchloss aber an
demselben Tage, vorläufig durch öffentlichen Ausruf zur Ablieferung
dieser Schriften binnen acht Tagen unter Androhung einer Strafe
von 100 Mark Silber und anderer arbiträrer Strafen aufzufordern;
die Bücher seien an den Bischof von Paris abzugeben und von
diesem und der Facultät zu prüfen. Diese begutachtete am 6. Oct
1523 Melanchthons Schriften und erklärte, die den Glauben und die
Auslegung der h. Schrift betreffenden seien „verderblich und zn ver-
brennen* ').
Das zu Paris 152d gehaltene Concil der Eirchenprovinz Bens
verbot unter Androhung der Excommunicatio latae sententiae, die
Schriften Luthers und seiner Anhänger zu behalten, zu verbreiten
u. 8. w., und verordnete ferner: „Weil die Ketzer die b. Schriften
zn übersetzen und ihnen und den Schriften heiliger Lehrer schlechte
Schollen und Randnoten beizufügen pflegen, darum sollen in unserer
Eirchenprovinz die h. Schriften und die Bücher heiliger Lehrer, die
von dem Glauben und den Sitten handeln, fortan nicht ohne £r-
laubniss der Bischöfe gedruckt oder, wenn anderswo gedruckt, ver-
kauft werden, bei Strafe der Excommunication. Und weil schlechte
Bücher in der Volkssprache, die angeblich zur Belehrung und Er-
bauung bestimmt sind (enchiridii more) verbreitet und vielfach ge-
lesen werden, welche, wenn auch vielleicht ihre Verfasser nicht ge-
nannt sind, wie der Inhalt zeigt, von Ketzern herrühren, so ge-
bieten wir bei Strafe der Excommunication, Bücher über den Glau-
ben und die Sitten, die seit etwa 20 Jahren lateinisch oder franzö-
sisch erschienen sind, dem Bischof zur Prüfung vorzulegen. Den-
jenigen schon gedruckten oder noch zu druckenden Büchern, deren
Leetüre gestattet wird, ist eine Approbation des Bischofs beizu:
fügen" *). — Das in demselben Jahre gehaltene Provinzialconcil von
Bourges^) verordnete: „Die von der Ketzerei Luthers und seiner
Anhänger inficirten Bücher soll niemand verkaufen oder drucken
oder kaufen ; wer sie hat, soll sie binnen einem Monate den Bischö-
fen oder Generalvicaren abliefern; Zuwiderhandelnde sollen mit 6e-
fängniss und anderen arbiträren Strafen bestraft werden. Bücher,
auch biblische (libri, etiam divini), die seit 8 Jahren aus dem La-
teinischen in die Volkssprache übersetzt sind, dürfen nicht ohne vor-
herige Prüfung durch die Bischöfe verkauft oder gekauft werden".
Am 14. Febr. 1543 verfügte das Parlament auf den Antrag
des Inquisitors und auf Grund eines Gutachtens der Sorbonne, eine
ziemlich grosse Zahl von Büchern, darunter mehrere bei Etienne
Dolet gedruckte, auch Les 52 dimanches composdes par Faber Stapu-
lensis, die Werke von Melanchthon, eine Genfer Bibel und Calvins
1) Arg. I b 406. II a XIV.
2) Labbc U, 442. 477. Zacc. p. 140.
3) Labbe 14, 426. Zacc. p. 139 hat daraus ein Provinzialconcil von
Bniges gemacht.
Bücherverbote in Frankreich 1621—65. 145
Tnstitiitio, — diese war die Hauptveranlassung zu dem Autodefe, —
„auf dem Vorplatz von Notredame unter dem Geläute der grossen
Glocke zu verbrennen und in Asche zu verwandeln, zur Erbauung
des Volkes und zur Mehrung des christlichen und katholischen Glau-
bens'* ; zugleich wurde das Drucken, Verkaufen und Behalten dieser
und ähnlicher Bücher verboten unter der Androhung, dass Zuwider-
handelnde als Ketzer und Begünstiger von Ketzern bestraft und mit
anderen arbiträren Strafen belegt werden würden'). — Gutachten
der Sorbonne über Bücher, die ihr von dem Parlament oder den
Inquisitoren vorgelegt waren, sind bei Argentre in grosser Zahl
abgedruckt. Sie schliessen, in der Regel nach einer ausführlichen
Motivirung, mit dem Votum: libri supprimendi oder publice exurendi
sunt, eventuell tolerabiles nobis visi sunt, mitunter (bei Büchern nicht
religiösen Inhalts) nihil diximus').
Ausser den oben erwähnten Inquisitoren werden auch andere
vom Könige ernannte erwähnt. So bestellte Franz I. 1536 den
Provincial der Dominicaner Vidal de B^canis auf den Vorschlag (k
la nomination) des Generals seines Ordens zum General-Inquisitor
in Frankreich mit dem Sitze in Toulouse und wies das dortige Par-
lament an, denselben, nachdem er den üblichen Eid abgelegt, in
sein Amt einzusetzen, und Becanis bezeichnet sich selbst als „von
dem h. Stuhle und durch königliche Autorität speciell deputirten
General-Inquisitor** ^). Ein anderer Inquisitor zu Toulouse, Louis
de Rochete, wurde 1538 von dem dortigen Parlamente der „ihm von
dem Könige übertragenen Function und Autorität" verlustig er-
klärt; er wurde auf Grund einer Untersuchung durch den Erzbischof
in Gemeinschaft mit den vom Parlamente ernannten Commissaren der
Häresie schuldig erklärt, dem weltlichen Arme überliefert und ver-
brannt*). Im J. 1525 wird auch der General vicar des Cardinais
von Lothringen (Saint-Chaumon, Abbe de Saint Antoine) als von
dem Papste bestellter Inquisitor bezeichnet: er ersuchte in dieser
Eigenschaft im Auftrag des Herzogs Anton von Lothringen die theo-
logische Facultät um Begutachtung von vier Schriften (Manuscripten)
von Wolfgang Schuch, Pfarrer von St, Pilt im Elsass, der dann
21. Juni 1525 zu Nancy mit seinen Manuscripten verbrannt wurde*).
Dass die französische Inquisition in dieser Zeit wesentlich eine
staatliche Einrichtung war, ergibt sich auch daraus, dass Franz I.
1543 und Heinrich II. 1549 und 1550 Edicte „über die Jurisdiction
der Prälaten und Inquisitoren gegen die der Ketzerei Angeklagten",
namentlich die Laien, erliessen^). Ein Edict, welches Heinrich II.
1555 auf Betreiben des Cardinais von Lothringen erliess und worin
er den weltlichen Behörden aufgab, die von den geistlichen Rich-
tern und Inquisitoren wegen Ketzerei Verurtheilten ohne Berück-
1) Arg. II a 133. Bull. 1884, 107.
2) Arg. II a 85. 226 ff. u. s.
3) Bull. 1853, 358. 362. 4) Preuves III, 168.
5) Arg. IIa 18. Bull. 1854, 632.
6) Preuves III, 169. 172. Bull. 1854, 214.
Bentoh, Index. XO
146 Indioes der Sorbonne 1643—61.
sichtigung irgendwelcher Appellation zu strafen, wurde in Folge der
Remonstration des Pariser Parlaments zurückgenommen ').
Im J. 1557 wurde eine neue Organisation der Inquisition ver-
sucht. Auf Ersuchen des Königs ernannte der Papst durch ein-
Breve vom 26. April die Cardinäle von Lothringen, von Bourbon
und von Chatillon (Odet de Coligny) zu General-Inquisitoren. Der
König erkl&rte 24. Juli, er habe dieses Breve acceptirt; die von den
General-Inquisitoren ernannten Delegirten seien aber dem Geheimen
Rathe zu präsentiren und von diesem zu vereiden; von ihren Ur-
tbeilen könne appellirt werden; über die Appellation hätten 10 von
den Cardinälen ernannte Richter, darunter 6 Parlamentsräthe, zu ent-
scheiden'). Diese Einrichtung scheint aber nicht in Kraft getreten
zu sein').
Die Bestimmungen des Edictes von Chateaubriand wurden
durch das Edict de pacification Heinrichs III. vom J. 1577*)
zu Gunsten der Protestanten so geändert: „Es dürfen keine Bücher
verkauft werden ohne Genehmigung unserer Orts-Heamten oder,
soweit die die sogenannte reformirte Religion betreffenden Bücher
in Betracht kommen, ohne Genehmigung der Kammern, welche wir
in den Parlamenten für die Angelegenheiten der sogenannten Re-
formirten bilden werden. Verboten ist der Druck und die Ver-
breitung von libelles diffamatoires.^
16. Indices der Sorbonne 1543—1551. Index des
Inquisitors Becanis zu Toulouse.
Die Sorbonne wurde durch ein Arret des Pariser Par-
laments vom 1. Juli 1542 aufgefordert, ein Verzeichniss der von
ihr eensurirtcn Bücher anzufertigen^). Dieses ist nicht er-
halten, wohl aber eine Fortsetzung desselben, die vom 23. April
1542 bis zum 2. März 1543 censnrirten Bücher enthaltend*).
1) Polenz, Gesch. des franz. Calv. I, 363.
2) Preuves III, 174.
8) Polenz I, 366, der ungenau von einem Versuch der Einführung
der „spanischen" Inquisition spricht.
4) Haag 1. c. p. 142.
6) Bull. 1853, 361.
6) Bei Arg. IIa 134: Catalogus lihrorum visitatorum et qnalifi-
catonim per Facultatem Theologiae Parisiensem a festo Nativitatis Domini
1642 [nach p. 136 a: ab a. 1642 die 23. Apr.] usque ad 2. diem Martii
Indices der Sorbonne 1548. 1544. 14T
Es sind 65 Nammern, ohne alle Ordnung zusammengestellt,
meist einzelne Schriften von hekannten deutsehen und franzö-
sischen Reformatoren, — sie sind uns alle schon in den Löwener
Indices begegnet, — in lateinischer und französischer Sprache,
und eine Anzahl von anonymen französischen Schriften').
Im August 1544 gab die Facultät einen alphabetischen
Catalog der bis dahin von ihr censnrirten Bücher in Druck*).
Dieser Index wurde 1547 mit einem Nachtrage, die 1544
ejusdem anni [n. St. 1548]. Ad postulationem Curiae Parlamenti. Das
Verzeichniss wurde auch dem Procurator von Grenoblo auf sein Ersuchen
Übersand t. Arg. I b ad Ind. XIII.
1) Das Verzeichniss ist nachlässig* redigirt — z. B. La doctrine
nouvelle et ancicnne steht unter No. 13 und 46 — und voll Schreib- oder
Druckfehler: Erasmus Sarcerius wird Avince Montanus statt Ann^mon-
tanus genannt, Bugenhagen heisst Jo. Brugensarius Pomeranus, In Apoc
loannis Ecclesiastis Bemen. commentarii sollte heissen : In Apoc loannis
Sebastiani Meyer, EccI. Bernensis, Gomm. — Mehrere Schriften, die hier
ohne Angabe des Verfassers stehen, sind in späteren Indioes unter den
Namen der Verfasser eingelreiht.
2) Ich kenne davon nur den Nachdruck: Catalogus librorum qui
hactcnus a Facultate Theologiae Parisiensi diligenter examinati, censuraque
digni visi sunt. Le Cataloguc des livres censurez par la Faculte de Theo-
logie de Paris. Ejusdem Facultatis Theologiae Parisiensis Articuli XXVI
^idem et Religionem Ghristianam declarantes. Antwerpiae, In aedibus
loan. Steelsij. 1545. H Bogen ä 4 Bl. kl. 8.* (Löwen). Die Originalaus-
gabe wurde, wie das Privileg H 4 zeigt, bei Jehan Andre in Paris ge-
druckt Arg. Ib ad Ind. p. XIII gibt als Titel derselben an: Catalogus
.... visi sunt, secundum ordinem alphabeticum juxta auctorum cogno-
mina. Par. 1544. — Es war in mehreren Sitzungen darüber verhandelt
worden. In der Sitzung vom 15. Juli wurde die Epistola praeliminaris
entworfen und beschlossen, am Schlüsse derselben die Unterwerfung unter
die Römische Kirche auszusprechen und eine Anrufung der Heiligen bei-
zufügen. Arg. I b ad Ind. p. XIII. XIV. Am 12. Aug. wurde beschlossen,
den Catalog drucken zu lassen und die von der Facultät censnrirten
Schriften des Erasmus und des Faber Stapulensis darin aufzunehmen.
Arg. IIa 143. — Die „Unterwerfung unter die Römische Kirche" be-
schrankt sich übrigens auf die Formel: Quem (catalogum) ad christianae
reipublicae commodnm sub correctione s. matris ecclesiae ac sedis aposto-
licae typis excudcndum dedimus.
148 Indices der Sorbonne 1543—61.
—47 censurirten Bücher enthaltend, neu gedruckt'). Im J. 1551
erschien eine dritte vermehrte Ausgabe desselben'), und im J.
1556 eine vierte').
Diese Ausgabe ist der letzte von der Sorbonne herausge-
gebene Index. Sie prUfte und verdammte zwar auch in der
folgenden Zeit Bücher, — 1559 wurden alle Doctoren ver-
pflichtet, alle ketzerischen und verdächtigen Bücher, von denen
sie Kenntniss erhielten, der Facultät anzuzeigen^), —und imJ.
1) Le Catalogue deR livres censurez par la Faculte de Theologie
de Paris, 1544. Avec accession et addition puis ledict temps, de livres
nouvellement censurez par ladicte Faculte jusqnes k present, 1547, avant
Paques. Paris, Jehan Andre 1547 (Jourdain No. 1760).
2) Es gibt zwei Drucke dieser Ausgabe: Le Catalogue des livre«
examinez & censurez, par la Faculte de Theologie de l'vniuersite de Paris;
suyvant l'Edict du Roy, Publie en la Court de Parlement, le troisiesme
iour de Septembre, MDLI. Avec priuilege du Roy. On les vend ä Paris
par Jehan Dallier, sur le pont S. Michel, k Tenseigne de la Rose blanche.
MDLI.* (München K. B.) 62 Bl. 8.- Beigebunden ist das auf dem Titel er-
wähnte Edict (von Chateaubriand s. o. S. 142) — Le Catalogue des livres exa-
minez & censurez par la Faculte de Theologie de l'vniuersite de Paris, depuis
l'an mil cinq Cents quarante et quatrc, iusques k l'an prcssent, suyuat Tedict
du Roy, donn^ ä Chateau Briant. Et publie en la court de Pariamet le
troisiesme iour de Septembre, audict an mil cinq cCts cinquäte A un,
Paris, par Jehan Andr6. 62 Bl. R. (Petzholdt p. 138b). Nach dem Titel
enthält der zweite Druck nur die von 1544 bis 1661 censurirten Bücher.
Ohne Zweifel ist er aber, wie der erste, ein Abdruck des Index von 1544
mit Einfügung der seitdem censurirten Bücher; denn auch der bei Arg.
IIa 164 stehende Abdruck hat die Ueberschrift: Catalogus libromm ab
anno 1644. usque ad annum 1551. censura notatorum a Facultate Theo-
logiae Parisiensi, stimmt aber in Wirklichkeit mit dem ersten Druck
überein.
3) Le Catalogue des livres examinez &: censurez par la FaoultS de
Theologie de Pvniuersite de Paris, depuis l'an mil cinq cens quarante
& quatre, iusques ä Tan mil cinq cens cinquant« & un, suyvant l'edict du
Roy, donn^ k Chasteaubriant. Et publie en la court de Parlament le
troisiesme de Septembre, mil cinq cens cinquant & un ; Auquel sont ad-
ioustez ceulx qui ont ^te visitez & censurez depuis la premiere impression.
Paris, Dallier 1566. 60 Bl. 8. (Petzholdt p. 139 a). Schöttgen, Comm. L de
Indicibus § 7.
4) AoKiMaaTYi^ s. de libromm approbatione (von Jac. Boileau), Antw.
1706, p. 35.
Indioes der Sorbonne 1547. 1561. 149
1562 verordnete das Parlament, »ie solle wieder einen Index
anfertigen, — der mittlerweile erschienene Index Pauls IV.
wurde, wie wir sehen werden, in Frankreich nicht recipirt, —
und die Facultät ernannte zu diesem Zwecke im August 1562
eine Commission^). Im November beschloss sie, die Bücher des
Bischofs Monluc von Valenee und einige andere auf den Index
zu setzen'); dieser ist aber nicht erschienen.
Die Cataloge der Sorbonne wurden, wie gesagt, durch
die königlichen Edicte von 1547 und 1551 als verbindlich publi-
cirt. Dass in letzter Instanz die Staatsbehörde über die Auf-
nahme der Bücher in den Catalog entschied, zeigen die That-
sachen, dass Franz I. 4. Nov. 1546 der Sorbonne befahl, die
Bibeln des Robert Stephanus vorläufig nicht in den Index auf-
zunehmen^), und dass sich in den FacultätsprotocoUen vom J.
1546 die Notiz findet, £spenc6 habe eine Verfügung des Parla-
ments erwirkt, dass, unbeschadet der Censur der Facultät, zwei
Bücher, welche diese auf den Index (von 1547) zu setzen be-
schlossen, von dem Drucker vor der Veröffentlichung desselben
entfernt werden sollten^).
1) Arg. II a 328. 384. 2) Arg. II a 301.
3) Arg. I ad Ind. p. XVII.
4) Arg. II a 138. In diesen Fällen handelte es sich um die Weg-
lassung von Büchern aus einem noch nicht publicirten Index, in einem
andern, — bei welchem aber die Sache nicht klar liegt, — um die Ent-
fernung eines Buches aus dem schon publicirten Index. Jean de Masencal,
erster Präsident des Parlaments von Toulouse (f 1562), gab zur Vertheidi-
gung eines im J. 1549 gefällten Urtheils des Parlaments über einen
schlechten Geistlichen gegen eine darüber erschienene Broschüre (Arret
du Parlament de Toulouse, trds profitable etc.) eine Schrift heraus: La
verite et autorite de la justice du Roi tres-chretien en la correction et
punition des mal^fices, contre les erreurs contenues en un libelle dififama-
toire scandaleusement coinpose. Diese Schrift wurde von der Sorbonne
auf den Index gesetzt und Masencal fügte sich dieser Censur. So be-
richtet die Biogr. univ. (Michaud). Bei Arg. II a 207. 210 steht aber
ein ProtocoU einer im Dec. 1552 gehaltenen Sitzung der Facultät, worin
esheisst: Masencals Schwiegersohn, der Gross-Keferendar, habe der Facultät
die Bitte vorgetragen, das Buch wieder vom Index zu entfernen, und sich
darauf berufen, es sei mit königlicher Genehmigung gedruckt und von
acht Doctoren zu Toulouse approbirt. Die Facultät habe dieses aber ver-
150 Indices der Sorbonne 1543—61.
In der dem Index voraosgehendeo Vorrede Oi -— sie ist in
allen mir bekannten Ausgaben gleichlautend, — wird zunächst
von den Bemühungen des Königs, des Parlaments und der
Facultät zur Unterdrückung der Ketzerei gesprochen. Dann
wird bemerkt: in den häretischen Büchern werde die Ketzerei
bald offen, bald versteckt vorgetragen; manche erschienen unter
dem Namen der Verfasser, manche anonym, mitunter auch ohne
Angabe des Druckorts, einige unter dem Namen von Katholiken.
So sei z. B. ein Buch voll Blasphemieen und Ketzereien unter
dem Titel Confessio fidei per Natalem Bedam^), und ein gott-
loses Buch unter dem Titel Proverbia Salomonis erschienen, und
Calvin habe sich auf dem Titel vieler Bücher Alcuin genannt').
Dann heisst es: auf vielfaches Ersuchen habe die Facultät
ein Verzeichniss der ihr bekannt gewordenen schlechten Bücher
angefertigt, — es wird gleich ein weiteres Verzeichniss der
neu erscheinenden in Aussicht gestellt, — damit geistliche und
weltliche Obere (sive ccclesiarum praefecti et praesules sive
magnates et principes sive senatores et provinciarum praesides)
daraus ersehen könnten, von dem Lesen welcher Bücher sie das
ihnen untergebene Volk abhalten müssten. Es ständen in dem
Verzeichnisse Bücher, die ganz ketzerisch und des Verdammens
werth oder doch der Ketzerei verdächtig seien, andere, die ans
weigert mit der Erklärung: wenn eine ihrer Ceiisuren zurückgenommen
werde, würde das Ansehen aller gefähnlet werden, während dieselben jetzt
von allen Nationen geachtet würden ; das könne sie um ihrer eignen Ehre
willen nicht zugeben, auch nicht um der Ehre des Königs willen, der
ihr das Censurrecht übertragen. Das würde nun mit der Angabe der
Biogr. uoiv. nicht in Widerspruch stehen. Räthselhaft ist aber, dass in
dem Index von 1551, wenigstens in dem Abdruck desselben beiArgentrö,
das Buch gar nicht steht.
1) Arg. IIa 164-167.
2) Confession de Bedu, faussement imposeo ä feu Maitre Noel Beda,
Dr. en Th., steht in der franz. Abth. des Par., dann auch der Autw.
App. 70. und bei Q. und kam dann als Natalis Bedae liber oonfessionis durch
S. in den Rom. Ind.; erst seit Ben.: Beda, Noel, Confession. Quae tarnen
falso ei adscribitur.
3) Richtiger wäre der Ausdruck: auf dem Titel vieler Exemplare
(der 2., zu Strassburg 1539 erschienenen Ausgabe) seiner Institutio.
Indices der Sorbonne 1544. 1551. 151
Blasphemische streiften, andere, deren Verbreitung unter dem
Volke für das christliche Gemeinwesen nicht beilsam sei, sehr
viele andere, in denen die Facultät nach genauer Prüfung viele
Irrtbtlmer gefunden.
Der Index selbst hat fünf Abtheilungen : a. lateinische
Schriften von bekannten Verfassern, nach den Zunamen alpha-
betisch geordnet; b. anonyme lateinische Schriften; c. franzö-
sische Schriften von bekannten Verfassern; d. anonyme franzö-
sische Schriften ; e. französische Uebersetzungen von biblischen
Bttchern.
In der ersten Abtheilung werden 1544 von 24, 1551 von
55 Schriftstellern mehr oder weniger viele, von keinem alle
Schriften verboten. (Die Bttchertitel werden in dem Index der
Sorbonne vollständiger angegeben, als in allen anderen). Neben
den bekannten protestantischen Schriftstellern finden wir 1544
auch Erasmus und Faber, 1551 Job. Perus u. a. In der dritten
Abtheilung kommen neben 6 auch in der ersten stehenden
Schriftstellern noch einige Franzosen und der Italiener Petrus
Martyr Vermigli vor. In der zweiten Abtheilung stehen 1544
nur 8, 1551 18 Schriften; die vierte füllt 1551 in dem Abdruck
bei Argentre, alphabetisch geordnet, fast 7 Foliospalten 0.
Der fünften Abtheilung ist die allgemeine Bemerkung vor-
ausgeschickt: wie gefährlich es sei, das Lesen von Bibelüber-
setzungen in der Volkssprache auch ungebildeten Leuten und \
solchen, die sie nicht mit frommem und demüthigem Sinne läsen
— wie es deren jetzt viele gebe — zu gestatten, das zeigten
die Waldenser, Albigenser u. s. w. Darum sei mit Rücksicht
auf die Bosheit der Menschen in der Gegenwart das Uebersetzen
der Bibel in die Volkssprache als gefährlich und verderblich
anzusehen. Darauf folgt aber nicht ein allgemeines, sondern
nur das Verbot von einem zu Lyon gedruckten Pentateuch, drei
Psalterien und zwei Neuen Testamenten und einer Schrift Le
1) Im Bull, de Phist. etc. 1879, 417 ist ein Vcrzeichniss von 80 fran-
zösischen Schriften abgedruckt, die 1645 zu Toulon bei einem Apotheker
Lazare Drilhou conüscirt wurden. Einen Index kann man das Vcrzeich-
niss nicht nennen; es ist aber interessant, weil darin die Titel mancher
in dieser Abtheilung stehenden Schriften vollständiger angegeben werden.
152 Indices der Sorbonne 1543—51.
commencement de rEvangile de S. Jean et quelques lieux de
la S. Ecriture. — Darauf folgt iu der Ausgabe von 1551 noch
ein kleiner Nachtrag, Schriften von Ochino und einige andere.
Die Löwener und die Pariser Indices sind unabhängig von
einander. Natürlich stehen manche Autoren und Schriften in
beiden, aber in der ersten Abtheilung des Pariser Index von
1551 fehlen ziemlich viele Namen, welche in dem Löwener von
1550, grossentheils schon in dem von 1546 stehen, Garlstadt,
Corvinus, Osiander, Gapito, Hedio, Sturm, Joh. Agricola, Theob.
Billicanus, Venatorius, Vadianus u. s. w., auch Wyclef, Hus,
Marsilius von Padua, Goch, namentlich manche Verfasser von
nicht theologischen Schriften, deren die Sorbonne Überhaupt
wenige aufgenommen, und auf der andern Seite stehen in dem
Index der Sorbonne viele Namen, die in dem Löwener nicht
vorkommen. — Von den Schriftstellern, welche die Löwener
und die Pariser aufgenommen haben, verzeichnen die einen mehr
oder weniger oder andere Schriften als die anderen. So werden
von Andreas Althamer im Lov. 50 drei theologische Schriften
verboten, im Par. 1551 Gommentaria Germaniae in P. Corn.
Taciti libcllum de situ etc., von Coelius Secundus Curio im Lov.
50 vier Schriften, in Par. 51 eine, und zwar eine andere, von
Hegendorfinus im Lov. 46 zwei, 50 sechs Schriften, im Par. 44
51 nur eine u. s. w. — Auch die anonymen lateinischen Schriften,
die der Pariser Index verzeichnet, sind nur zu einem verschwin-
dend kleinen Theile identisch mit den im Löwener verbotenen.
Der Pariser Index von 1546 ist in dem Vcnetianischen von
1554, der von 1551 von Paul IV. benutzt worden, aber bei
weitem nicht so stark wie die Löwener Indices.
Den Index von 1544 übersandte die Sorbonne auch der Löwe-
ner Universität. Das BegleitHcbreiben und die Antwort darauf sind
nicht bekannt, wohl aber ein zweites Schreiben der Sorbonne an
die Löwener vom 25. Aug. 1545^). Man sieht daraus, dass die
Löwener über die Nichtaufnahme einiger Bücher in den Index ihre
Verwunderung ausgesprochen hatten. Die Sorbonne spricht ausführ-
licher über Guillaud (s.u.) und sagt dann: „Die Pbrases Scripturae
von B. Westhemer und die Indices und viele Anmerkungen zur
Bibel von Kobert Stephanus haben wir als irrig verdammt und wir
würden sie, wenn sie früher in unsere Hände gekommen, ohneUnter-
1) Arg. I b ad ind. p. XVI.
Hippophilus Melangaes. 153
schied verdammt haben. Die übrigen Schriften, die uns noch nicht
vorgelegt waren und die von Tag zu Tage erscheinen, werden wir
unserer Pflicht gemäss zu prüfen nicht unterlassen, um sie dann mit
den anderen in den Catalog zu setzen. **
In der 1. Abtheilung des Par. stehen Schriften von folgenden
Autoren, die nicht im Lov. vorkommen: Erasmus, Jo. Perus (über
beide s. u.), Georgius Aemilius Mansfeldensis, Vitus Theodorus (Veit
Dietrich) und Jodocus Kinthisius Freussheymerus '), von Seb. Castalio
(Dialogorum sacrorum 11. 4, Lyon 1540), von einigen Franzosen,
von denen unten die Rede sein wird, von Polydorus Vergilius,
Hellas Pandocheus und Hippophilus Melangaeus, in der 3. von W.
Farel, P. Viret, Victor Brodeau und Martialis Masurier. Alle diese
Namen mit Ausnahme des letzten und des Jod. Kinthisius, welche
in keinem andern Index vorkommen, und des Claude Guillaud, stehen
auch im Rom. Index.
Hippophili Melangaei Theologiae compendium ist ohne
Zweifel eine Ausgabe von Melanchthons Loci mit verändertem Na-
men. In der 3. Abtheilung steht: Ex libris Hippophili Melangaei:
Sur Saint Matthieu, also eine französische Uebersetzung der zuerst
1523 erschienenen Annotationes in Evang. Matthaei. Von beiden
Büchern ist kein Exemplar bekannt. Casa hat nur den Namen Hippo-
lito (sie) Melangeo, Ven. Hippophili Mel. Theol. comp., ebenso P.
mit dem Zusatz: Item in evangelium Matthaei. (Ven. und P. haben
die Titel sicher aus Par.) Beide Schriften stehen noch jetzt unter
Melangaeus ohne Angabe des wahren Namens. Es ist auffallend,
dass nicht Melangaeus, wie ein anderer angenommene Name Me-
lanchthons, Didymus Faventinus, in die 1. Cl. gesetzt worden ist.
— Die beiden Bücher werden in Frankreich gedruckt sein ; nament-
lich ist bei der Genauigkeit, mit welcher im allgemeinen im Par.
die Titel angegeben werden, nicht an eine italienische Uebersetzung
oder einen italienischen Nachdruck der Noten zu Matthäus*'^) zu (
denken. Wenn Vergerio sagt, es seien unter dem Namen Hippofilo \
Melangeo Schriften Melanchthons in Italien gedruckt, so beruht das i
auf einer Verwechselung : in Italien (Venedig) erschien eine Ueber-
setzung von Melanchthons Loci unter dem Titel I principii della
Theologia, di Ippofilo da terra negra. Con gratia & privilegio. S. 1.
et a. 87 Bl., die selbst in Rom von vielen mit Beifall gelesen wor-
den sein soH, bis man nach einem Jahre darauf aufmerksam ge-
macht wurde, dass sie das Werk eines deutschen Ketzers sei®). Sie
steht merkwürdiger Weise in keinem Index.
1) Collectanüa in D. Pauli Ep. ad. Philipp , Frkf. 1544. Jobst
Kinthis von Freiusheim hat auch ein paar deutsche Schriften hcrausge-
geben; s. Adelung s. v.; Gödeke, Grundr. § 140, 58.
2) Strobel, Versuch einer Lit.-Gc8ch. von Mel. Loci, S. 187.
3) Ein Exemplar wird genau beschrieben von Jac. Bruckcr, Mis-
cellanca, 1748, p. 323. Er glaubt, das Buch sei bei Paulus Manutius ge-
154 Indiccs der Sorbonne 1543^51.
Von Polyd ori Vergilii de inventoribus rerum [libri 8] wer-
den die Ausgaben den Hob. Steplianus 1528, Basel 1540 und ähn-
liche verboten. Der Verfasser, aus Urbino gebürtig, wurde von
Alexander VI. als ^^apostolischer Collector" (des Peterspfennigs) nach
England geschickt, blieb nach Beendigung seiner Mission auf Ver-
anlassung Heinrichs VII. dort, um eine englische Geschichte zu
schreiben, erhielt eine Präbende und verliess England, — ein Zeichen,
dass er kein ganz correcter Katholik im Komischen Sinne war, —
erst 1550; er starb in Italien 1555. P. setzte das Buch in die
2. Cl., Tr. fügte bei: qui ab haereticis anctus et depravatus est.
Die ersten Ausgaben, Ven. 1499 u. f., haben nur drei Bücher, die
Vergilio vor seiner Abreise nach England geschrieben und die allerlei
culturgeschichtliche Dinge enthalten und religiöse Fragen kaum be-
druckt. Der Ucbersotzung liegt die Ausgabe von 1524 zu Grunde; es
sind al)cr zwei Retractationen Mclanchthons vom J. 1529 benutzt, und
BruckcT meint, die Ucbersctzung müsse zwischen 1529 und 1535 erschienen
sein. Dass sie s. 1. et a. erschien, beweist, dass das „con gratia et privi-
Icgio** fingirt ist. Auffallend wäre es, wenn mau au der Schlussabhand-
lung des Uebersetzers keinen Anstoss genommen hätte, worin es heisst:
wenn der Verfasser von der absoluten Nothweudigkeit der privaten (spe-
ciellen) .Absolution spreche, so sei das von dem Falle zu verstehen, wo
sich das Gewissen jemands bei dem Worte des Evangeliums nicht be-
ruhige. Aber Sciiliger (Scaligcriana sccuiida s. v. Uota) berichtet: Mons.
Serafino, Mitglied der Rota, jetzt Cardinal, habe ihm erzählt: das Buch
des Philippo (sie) di Terra nora sei in Uom ein ganzes Jahr lang ge-
kauft und mit vielem Beifall gelesen worden; alle dorthin gesandten
Exemplare seien abgesetzt und neue in Venedig bestellt worden; endlich
habe ein Franciscaner das Buch erkannt; man liabo den Drucker strafen
wollen, der das Buch aber vielleicht gar nicht gelesen, habe ihn aber
laufen lassen, [der Drucker war nicht genannt; man konnte nur den Ver-
käufer fassen], aber alle Exemplare verbrannt. Ita speetatur, non quid,
sed quis dicat, fügt Scaliger bei, und erzählt als SeitenstUck: vor SO
Jabren seien zu Paris die Horae B. M. V. mit einigen von Calvin ver-
fassten Gebeten gedruckt worden. — Der italienische Uebersetzer war
Ludovico Castelvetro; s. Attilio Ploncher, Della vita e dolle op. di L.
Castelvetro, 1879; Rass. sett. V (1880), 25. ~ Aehnlich wie Scaliger von
II. di Terra negra, berichtet Gratianus Verus, Ruardi Tapperi Apotheosis
(1559), p. 39 von Hipp. Melangaeus: sein Buch sei von Senatores, Praesi-
des und auch „nnseren (Löwcner) Baccalaurci'' vielfach gelesen und der
Name für den eines frommen und gelehrten Italieners angesehen worden,
bis ein Freuud aus Deutschland geschrieben, die Löwencr Gelehrten
möchten doch einmal ihr Lexicon nachschlagen und sich überzeugen, dass
Hippophilus = Philippus u. s. w.
Polydorus Vergilius. L. BerquixL 155
rühren. In der Ausgabe Basel 1521 und den folgenden sind 5 Bücher
beigefügt, welche de principio religionis christianae, christianae eccle-
siae, monasticae vitae u. s. w. handeln und eine Art von kirchlicher
Archäologie sind. Diese erregten Anstoss. Dass dieselben ,,von
Häretikern vermehrt und entstellt*^ worden, ist durchaus unwahr-
scheinlich; jedenfalls sind die vielen und zum Theil umfangreichen
St-ellen, welche der Antw. Exp. und Bras. in der Ausgabe Basel
1544 zu streichen verordnen, der Art, dass sie viel eher ein Mann
wie Vergilio als ein Häretiker geschrieben haben kann : dogmatisch
bedenkliches findet sich gar nicht; es sind zum Theil drastische
Schilderungen und scharfe Beurtheilungen kirchlicher Missbräuche,
Bemerkungen über die grosse Zahl der Orden und Mönche, die Aus-
beutung des Volkes durch dieselben, die Fabeln über die Gründung
der Orden, über die vielfach herrschende Predigtweise, über die
Annaten, die vielen Beamten und das Geldwesen der Curie, auch
einige, aber nicht einmal sonderlich scharfe Bemerkungen über Päpste
und Cardinäle, eine Stelle Über die schlimmen Folgen der Nichtab-
haltung Von Synoden, speciell die Nichtausführung der Constanzer
Beschlüsse u. s. w., lauter Aeusserungen, die den Verfasser als einen
klar blickenden und unbefangenen Beurtheiler der kirchlichen Ver-
hältnisse und als einen um das Wohl der Kirche aufrichtig besorg-
ten Mann erscheinen lassen, bei der Sorbonne und bei Paul IV. aber
allerdings Anstoss erregen niussten. — Im J. 1576 erschien zu
Rom auf Veranlassung Gregors XIII. eine expurgirte Ausgabe;
diese und Abdrücke derselben werden im Index seit S. Gl. frei ge-
geben *).
Bezüglich einiger französischen Schriftsteller verdienen die
Verhandlungen, welche der Verdammung ihrer Schriften vorher-
gingen, etwas ausführlicher mitgetheilt zu werden.
1. Am 6. Juni 1523 gab die Sorbonne ein Gutachten über
die ihr vom Parlament übersandten Bücher ab, welche bei Louis
de Berquin confiscirt waren; sie erklärte, dieselben verdienten mit
Ausnahme von zweien verbrannt zu werden. £s waren theils Ma-
nuscripte von Berquin selbst, theils (handschriftliche) Uebersetzungen
von ihm (von Luthers Schrift über die Verbrennung der Bulle, La
triade Komaine, Le Paradis du Pape Jubs, Le catalogue du Pape
et de Moise), theils gedruckte Schriften von Luther u. a. Das Par-
lament verfügte darauf 5. Aug. 1523 die Ablieferung Berquins an
den Bischof, um ihm den Process zu machen^). Im J. 1525 gab
1) Graesse Thes. verzeichnet viele Ausgaben und Uebersetzungen,
— auch eine spanische von 1550 (von V. 59 verboten, castrirte Ausgabe
1599), eine italienische von 1543 (die von 1587 wird castrirt sein), sowie
die anderen Schriften. In Bonn ist ein nach Sot. cxpurgiitcs Exemplar
der Ausgabe von 1521. Sot. expurgirt übrigens eine Ausgabe Lyon 1697,
die also nicht ein Abdruck der Komischen ist.
2) Arg. Ib 404. IIa XI.
166 ludices der Sorbonne 1543—51.
die Facultät nochmals (für die Inquisitoren) ein Gutachten über die
bei Berquin gefundenen Bücher ab, namentlich über seine Ueber-
setzung einiger Schriften von Erasmus '). Franz II. setzte ihn 1526
in Freiheit ; aber in Folge eines neuen Processes wurde er 22. April
1529 verbrannt*). Gedruckt ist von Berquin nur eine Ueber-
setzung einer Schrift von Eranmus, Le Chevalier, chretien 1529 (viel-
leicht ist auch die Uebersetzung des Modus conütendi 1542 von
ihm). Er steht nicht im Index der Sorbonne, aber seit S. Cl. (aus
Fris.) im Kömischen Index (in der französischen App. Antw. 1570
Le Chevalier chretien, par Etienne Dolet; das ist der Name des
Druckers).
2. Von Etienne Dolet, der 1556 hingerichtet wurde, stehen
in der lateinischen Abtheilung Cato christianus (1538. 38 S.) und
Fata Regis (Francisci Valesii Gallorum regis fata. 1539. 80 S.).
üeber das erste Schriftchen haben wir auch eine Censur der Sor-
bonne vom J. 1542*). In dem Lov. 1550 steht von ihm nur Car-
minum Über (1538). In der französischen Abtheilung stehen unter
seinem Namen 6 Schriften, die er aber zum Theil nur gedruckt und
mit Vorreden versehen hat.
3. Dolet steht auch bei Casa und in den anderen italienischen
Indices, seit P. in der 1. CL, dagegen nur bei Casa Claudius Guil*
1 a u d , von dem im Par. Collatio in omnes D. Pauli Ap. episto-
las juxta eruditorum sententiam facta und In can. apostolorum Sep-
tem epistolas collatio etc. stehen, mit dem nur hier vorkommenden
Zusätze : non correcta. In dem Briefe der Pariser Theologen an
die Löwener vom J. 1545 (s. o. S. 152) sagen sie: sie seien mit
Guillaud, (er war Canonicns in Autun) mit Rücksicht auf seine Ver-
dienste um die Verfolgung der Ketzer milde verfahren ; er habe aber
seine anstössigen Behauptungen zurücknehmen müssen und sie in
einer neuen Auflage zu corrigiren versprochen. Die erste Ausgabe
seines Commentars, der von Sixtus von Siena*) und R. Simon*) sehr
gerühmt wird, erschien zu Lyon 1542, die zweite zu Paris 1544,
beide ohne Approbation, aber mit der Krklärung am Schlüsse: Om-
nia judicio ecclesiae submissa sunto. Im .). 1550 erschien zu Paris
die nach dem Vorworte de conhtilio et auctoritate theol. facultatis
corrigirte dritte Ausgabe.
4. Gegen Jacobus Faber Stapuiensis, Le F6vre d'Eta-
ples, 1450 — 1536, gab die Sorbonne zum ersten Male im J. 1521
eine Erklärung ab mit Rücksicht auf die von ihm — zuerst in der
Schrift De Maria Magdalena et triduo Christi disceptatio, 1517 —
vertheidigte, der damals gewöhnlichen und auch in dem Brevier zu
Grunde gelegten Meinung widersprechende Ansicht, dass Maria Mag-
dalena (Luk. 8, 2), Maria, die Schwester der Martha (Luk. 10, 39)
und die Sünderin Luk. 7, 37 nicht eine und dieselbe, sondern drei
1) Arg. II a 40. 2) Polenz, Gesch. des Calv. I, 245.
3) Arg. IIa 229. 4) Bibl. S. P. 4. s. v.
5} Hist. crit. des comm. p. 575. Grit, ü, 84.
Dolet. Guillaud. Faber Stapalensis. 157
verschiedene Personen seien. Nachdem die Frage in verschiedenen
Streitschriften') erörtert worden, veröffentlichte die Sorbonne 1. Dec.
1521 eine Determinatio, worin sie, ohne Faber zu nennen, erklärte,
die Ansicht Gregors des Grossen von der Identität der drei Per-
sonen sei als die „dem Evangelium und den heiligen Lehrern und
dem Ritus der katholischen Kirche entsprechende" festzuhalten und
dürfe nicht hestritten werden; gegen sie gerichtete Schriften seien
nicht zu dulden*). Der Syndicus der Facultät, Nataiis Beda, ein
Hauptgegner Fabers, drang auch auf ein Einschreiten des Parla-
ments gegen ihn; dieses wurde aber von Franz L gehindert.
Im J. 1 523 censurirte die Facultät Fabers Commentarii initia-
torii in quatuor evangelia, Paris 1522 fol., woraus die mit der Prü-
fung beauftragten Mitglieder ein 25 Seiten füllendes Yerzeichniss
von Irrthümem zusammengestellt hatten. Er wurde aufgefordert zu
widerrufen und verweigerte dieses, wurde aber auch dieses Mal von
Franz I. beschützt, welcher der Facultät ein weiteres Vorgehen ver-
bot. Als diese bald darauf 8. Oct. 1523 in Folge einer Anfrage der
Königin-Mutter ein Gutachten über die Mittel zur Unterdrückung
der Luther'schen Ketzerei abgab, Hess sie eine Klage darüber ein-
fliessen, dass das Parlament ihre Beschlüsse über Fabers (und Ber-
quins) Schriften inhibirt habe. Fabers Commentar kam später auf
den Index der Facultät ; auch verbot diese, bei Disputationen Faber
als Katholiken zu citiren*). — Einen Commentar zu den Paulini-
schen Briefen hatte Faber schon 1512 herausgegeben, und derselbe
war auch 1515 und 1517 zu Paris gedruckt worden. Er scheint
nicht von der Sorbonne censurirt worden zu sein, aber mit ihrer
Genehmigung gab Nataiis Beda 152G Annotationes in Jacobum Fa-
brum et Desiderium Erasmum heraus, worin dieser Commentar und
der zu den Evangelien und die Paraphrase des Erasmus scharf
kritisirt wurden. Auf Erasmus' Betreiben wurde der Verkauf dieser
Annotationes 1527 von Franz I. verboten*). — In demselben Jahre
erschien Fabers Commentar zu den katholischen Briefen zu Basel.
Seit dem J. 1521 hielt sich Faber bei dem Bischof Wilhelm
BrtQonnet zu Meaux auf. Dort übersetzte er das N. T. und die
Psalmen ins Französische ; das N. T. wurde zuerst (anonym)
1523 gedruckt mit einer Epistre exhortatoire k tous chr^tiens et
chretiennes (über das Bibellesen), die Psalmen 1525 mit einer Epistre
comment on doibt prier Dieu und einer Exhortation en la fin. In
demselben Jahre veröffentlichte Brigonnet für seine Diöcese Les
Epistres et les Evangiles des 52 dimanches de Tan, avecques brief-
1) K. n. Graf, Jacobus Faber Stap., Zts. f. bist. Tb. 1852, S. 55.
2) Arg. II a VII.
3) Arg. IIa X. 0*. Graf S. 24. 166.
4) Graf S. 194. (regen den Commentar zu den Paul. Briefen sind
auch gerichtet: Annotationes Jacobi Lopidis Stunicae contra Jac. Fabrum
Stap., Alcala 1519 fol. Vgl. B. Simon, Hist. crit. des rerfrions p. 241.
1S6 Indioes der Sorbonne 1643—51.
ves et trha utiles expositions (Ideelles. Die Perikopen waren aus
Fabers Uebersetzung entnommen nnd die Auslegungen von ihm yer*
fasst (er wird aber in dem Buche nicht genannt). Brifonnet war
schon länger der Hinneigung zur Reformation verdächtig. Im August
1525 wurde von dem Pariser Parlamente gegen ihn und mehrere
Geistliche in seiner Umgebung, ausser Faber u. a. Martialis Masurier
und Girard Roussel (Rufus), eine Untersuchung eingeleitet. Das
Perikopenbuch wurde von den Inquisitoren der Sorbonne Übersand t,
und diese gab 6. Nov. 1525 ein Gutachten darüber ab, welches
48 Stellen aus den £xhortationen speciell censurirt und mit dem
Votum schliesst: das Buch setze die guten Werke herab, erkläre
die Genugthuung für Sünden für nicht nothwendig zum Heile, mensch-
liche Gesetze und kirchliche Satzungen für nichtig, . . erkläre stellen-
weise die h. Schrift in ketzerischem Sinne, erneuere die Ketzereien
der Waldenser, Wyclef fiten und Lutheraner u. s. w. und sei darum
mit allen ähnlichen öffentlich zu verbrennen, und diejenigen, die es
verfasst oder dem Volke hätten vorlesen oder predigen lassen, seien
anzuhalten, zur Wiedergutmachung des Aergernisses das Buch und
speciell die angegebenen Irrthümer öffentlich zu verdammen ^). Das
Perikopenbuch wurde wirklich zum Feuer verurtheilt. Im J. 1543
wurde, wie wir (S. 144) gesehen, auch eine neue Auflage desselben,
die Etienne Dolet 1542 veranstaltet hatte, verbrannt.
Kurz vorher, 26. Aug. 1525, hatte die Sorbonne auf eine An-
frage des Parlaments erklärt, eine französische Uebersetzung der
Horae B. M. V. von Meresotte könne nicht die Druckerlaubniss er-
halten; nach früheren Beschlüssen der Facultät sei es überhaupt
unter den jetzigen Verhältnissen gefährlich, üebersetzungen der
Bibel oder biblischer Bücher zu veröffentlichen; die bereits erschie-
nenen würden besser unterdrückt als geduldet^). Dem entsprechend
verordnete ein Parlamentsbeschluss vom 5. Febr. 1526: die Psalmen
(les livres des cantiques du Psautier), die Evangelien, die Briefe
des h. Paulus und andere Bücher des A. und N. T. in französicher
Uebersetzung und „ein französisches Buch enthaltend Evangelien
und Episteln der Sonntage und einiger Festtage des Jahres mit ge-
wissen Gebeten" (oraisons; das ist nicht der Titel des Perikopen-
buches von Meaux) binnen 8 Tagen abzuliefern; diese Bücher düiften
nicht neu gedruckt und verkauft werden bei Strafe der Güterconfis-
cation und Verbannung ^). Eigenthümlich ist es, dass die Sorbonne
einige Jahre später, 15.30, über ein Buch „Les Epistres de S. Paul
translat^es de latin en frangais avec ses comments et gloses" das
Gutachten abgab: liher tolerandus est*).
Faber und Roussel entzogen sich 1525 der Verfolgung durch
die Flucht nach Strassburg, — Fabers Schüler, Jacques Pauvant
1) Arg. IIa 85. 2) Arg. IIa 7*.
3) Preuves III, 1G4. Bull, de la Soc. 11, 210. Das Arret wird hier
als der erste Index bezeichnet.
4) Arg. II a 85.
Faber Stapulensis. 159
wurde 1525 verbrannt, Masnrier widerrief, — wurden aber von
Franz I. naeh seiner Kückkehr aus der Gefangenschaft zurückbe-
rufen: 1528 erschien von Faber anonym eine französische Ueber-
setzung des A. T. (mit Ausnahme der schon 1525 herausgegebenen
Psalmen) nach der Vulgata zu Antwerpen bei Martin Lempereur
(de Eeyscr) mit Approbation des dortigen Inquisitors, 1530 eben-
daselbst, von den Löwener Theologen revidirt, eine französische
Uebersetzung der ganzen Bibel mit einem Privilegium Karls V.,
nochmals mit Randnoten 1534 und bei Antoine de la Haye 1541.
Diese Bibel wurde aber, namentlich wegen der vorausgeschickten
kurzen Uebersicht des Inhalts der Bibel und wegen der Randnoten,
vielfach angegriffen und, nachdem Karl Y. seine Privilegien zurück-
genommen, wurden die Ausgaben von 1534 und 1541 in das Bibel-
verzeichniss der Löwener Indices von 1546 und 1550 gesetzt'). —
Erst 1541 censarirte die Sorbonne die schon 1523 und seitdem oft
gedruckten Les evangiles de J.-C. wegen der Epistre exhortatoire,
von der sie sagt: Lutheranae doctrinae conspirat in damnationem
doctrinarum, constitntionum et traditionum humanarum, pariter in-
vocationis sanctorum ^).
In dem Index der Sorbonne stehen von Faber in der lat. Abth.
Commentarii in Evangelia, in Epistolas Pauli und in Epistolas cano-
nicas (sie), in der franz. unter den anonymen Schriften Les Epistres
. . . ä l'usage de Meaux und Les saints Evangiles de J. C. et an
commencement une Epistre exhortatoire, qui sent la doctrine de
Luther. Im Yen. steht Jac. Faber in evangelia et epistolas. P.
setzte Faber nicht in die 1. Cl., — was bei ihm weniger ungerecht
gewesen sein würde als bei manchen anderen, — aber in die 2. Cl.
ausser den Commentarii auch De tribus Magdalenis und In Psal-
mos, womit das schon 1509, dann 1513 und 1515 erschienene
Quincuplex Psalterium gallicum, romanum, hebraicum, vetus, conci-
liatum') (so seit Ben.) gemeint ist. Im Trid. wurde dieser Auf-
zählung beigefügt: tamdiu prohibita sint, quamdiu ab alicujus Uni-
versitatis cath. facultate theologica vel jussu Inquisitionis generalis
emendata in lucem prodierint. Das ist seit Ben. durch ein einfaches
d. c. ersetzt. (S. Hess sich durch den Titel Commentarii initiatorii
in quatnor evangelia verleiten, einen Autor Initiatorius zu creiren
und Initiatorii commentaria in quatuor ev. d. o. in die 2. Cl. zu
setzen, was denn doch Cl. wieder gestrichen hat.) Eine expurgirte
Ausgabe der verbotenen Werke ist nicht erschienen. Aber der
Antw. Exp. lieferte eine Expurgation zu den Commentaren zu den
Evangelien und den Paulinischen Briefen, nach welcher die Praefatio
1) Graf S. 187. 286. Die Antwerpener Bibelübersetzung von 1530
liegt, wenigstens bei dem N. T. und den „Apokryphen", der ersten Genfer
Bibelübersetzung von Robert Olivetan (Neufchatel 1535) and diese der
der Löwener Theologen von 1578 zu Grunde. Vgl. R. Simon, Hist. crit.
des versions eh. 29. 80. Graf S. 215.
2) Arg. I b ad ind. XII. 3) Graf S. 22. 230.
160 Indices der Sorbonne 1543 — 51.
zu ersterm als suspicionis et offenRionis plana nee necessaria ge-
strichen, viele Stellen beider Commentare geändert oder gestrichen
werden sollen. In den spanischen Indices seit Q. werden diese
Commentare noch stärker expurgirt, — der Commentar zum Johannes-
Evang. wird ganz gestrichen, — und wird auch das Psalterium ex-
purgirt. — Charakteristisch ist, dass bei V. 51 von Faber nur ver-
boten wird Tractatus de tribus Mariis et diva Anna mit der Moti-
virung: ubi tenet Annam tantum unum habuisse virum. Es ist die
zweite Auflage der oben erwähnten Schrift über Maria Magdalena,
„De Maria Magd., triduo Christi et ex tribus una Maria disceptatio**,
1518, in welcher Faber auch die Ansicht bekämpft, dass Anna drei-
mal vermählt gewesen sei und aus jeder der drei Ehen eine Tochter
Namens Maria gehabt habe, die Mutter Christi, die Frau des Al-
phäus und die des Zebedäu» *). V, 59 erwähnt diese Schrift nicht
und verbietet nur die lateinischen Commentare. Q. verbietet De
triplici Magdalena unbedingt, Sand, mit d. c. ; bei Sot. und in den
folgenden span. Ind. ist die Schrift, wohl durch ein Versehen, weg-
gelassen.
5. Der oben genannte Masurier kam 1534 noch einmal ins
Gefangniss, war aber später ein eifriger Gegner der Lutheraner.
Das Buch, welches von ihm im Par. 51 steht, Instruction et doctrine
k se bien confesser et prier Dien, war von der Sorbonne 15. Oct.
1550 censurirt worden. Er war damals Canonicus und Poeniten-
tiarins an Notre Dame zu Paris*). An demselben Tage censurirte
sie einen (Katechismus: Familiere exposition en forme de colloque
Bur le Symbole, Decalogue et Oraison Dominieale, faite et recolli-
g6e de l'Ecriture et vrais expositeurs d'icelle, suivant le vouloir et
intention du Roi de Xavarre, par Girard Koussel, Eveque d'Oleron.
Sie erklärt: es sei ein das ganze Christenthum bedrohendes Buch
voll falscher, Ketzerei athmender, ja ketzerischer Sätze, deren 22
speciell angeführt werden '). Das Buch steht gleichw^ohl nicht im
Index; vielleicht wurde die höhere Genehmignng dazu versagt.
C. Im .1. 1532 censurirte die Sorbonne auf Betreiben Beda's
auch die religiösen Gedichte, welche Margaretha von Navarra, die
Beschützerin Fabers und der anderen vorhin genannten Theologen,
unter dem Titel Le Miroir del' ame pecheresse 1531 und 32 her-
ausgegeben. Da Franz I. darüber sehr unwillig war, erklärte die
Universität, die Verdammung sei von der theologischen Facultät
allein ohne Vorwissen der übrigen geschehen. Le Miroir steht
darum auch nicht im Index ^).
7. An der Spitze der französischen Abtheilung steht Victor
Brodeau, — er war Secretär der Margaretha von Navarra und
wahrscheinlich wie diese protestantisch gesinnt, f 1540, — mit einem
1) Graf S. 65. 283.
2) Arg. Ib p. XVII ad ind. 3) Arg. Da 161.
4) Jourdain 1682. Bolaeus VI, 238. Polenz I, 222.
V. Brodeau. Rob. Stephanus. 161
Schriftchen Une epitre du pecheur k Jesus-Christ, imprim^ k Lyon
par Dolet (es wird noch ein anderes Sohriftchen von ihm erwähnt:
Louanges de J. C. 1540). Sein Name steht seit Casa in den ital.
Indices, aber vielfach komisch corrumpirt: Victor da (de) Bordella,
Casa, Ven.; de Bordeus, P. Tr. S.; de Bordeaux vel de Bordeus,
Cl. ; seit Ben. V. Brodeau s. Brodaeus.
8. Verschiedene Ausgaben der Bibel und des N. T. von dem
gelehrten Pariser Buchdrucker Robertus Stephanus, — Robert
Estienne I., 1503—59, Sohn des Henri Estienne I., der 1502—21
druckte^), — erregten bei der Sorbonne Anstoss. So lange Franz I.
lebte, kam es aber in Frankreich zu keinem Verbote derselben. Im
Lov. 46 wurden mehrere Bibeln von Steph. verboten ; wie dieser in
seiner gleich zu erwähnenden Streitschrift (f. 10) behauptet, hätte
die Sorbonne die Löwener dazu veranlasst und beabsichtigt, den
Löwener Index in Paris nachdrucken zu lassen; — in dem oben
erwähnten Schreiben an die Löwener vom J. 1545 spricht die Sor-
bonne in sehr diplomatischen Ausdrücken von Steph.; — der König
habe dieses aber verboten und der Sorbonne befohlen, baldigst die
nöthigen Verbesserungen der fraglichen Bibeln zusammenzustellen,
die dann den Ausgaben beigefügt werden sollten. Unter Heinrich IT.
gelang es Stephanus' Gegnern, ein Verbot der Bibeln durch ein
Edict vom 20. Nov. 1548^) zu erwirken. Die Sorbonne veröffent-
lichte nun ihre Censur der verschiedenen Ausgaben'*) und setzte die-
selben auf ihren Index vom J. 1551. Steph. siedelte nach Genf
über und Hess dort 1552 mit einer Vorrede über seinen „zwanzig-
jährigen Krieg mit der Sorbonne" die Censur derselben mit seinen
Gegenbemerkungen zu den einzelnen Passus lateinisch und franzö-
sisch drucken: Ad censuras Theologorum Parisiensium, quibus Biblia
a Roberto Stephano Typographo Regio excusa calumniose notarunt,
ejusdam Roberti Stephani Responsio, — Les Censures des Theolo-
giens de Paris, par lesquelles ils auoyent faulsement condamne les
Bibles imprimees par Robert Estiene imprimeur du Roy : avec la
response d'iceluy Robert Estienne. Traduictes de Latin en Francois.
L'Oliuier de Robert Estienne. MDLII. 156 Bl. 8.*).
Die Censur der Sorbonne ist ein sehr wenig übersichtliches
Conglomerat von mehreren Stücken aus den Jahren 1547 und 1548.
Das erste Stück schliesst mit der Erklärung: die Bibeln von 1528.
32. 34. 40 und die von 1545, in welcher neben der Vulgata eine
neue Uebersetzung eines Unbekannten (es ist bekanntlich die von
Leo Judae) stehe, sowie die von 1546 sind zu unterdrücken; die
Anmerkungen, Summarien etc. derselben enthalten viel Irriges, der
Lntherischen Ketzerei Günstiges . . ., einiges ofiPenbar Ketzerische,
ja Blasphemische; zudem ist im Bibeltexte selbst die echte und von
der Kirche reoipirte Lesart [eine officio ile Ausgabe der Vulgata gab
1) A. A. Renouard, Annales de l'imprimerie des Estienne. Par. 1843.
2) Arg. Ib ad ind. XVll. 3) Arg. II a 143-160.
3) Reimprim6 par J.-G. Fick, Geiieve 1866.
Uentob, Index. H
/
162 Indices der Sorbonne 1543—61.
es damals bekanntlich noch nicht] vielfach geändert, was keinem
Privaten zusteht. Das zweite Stück handelt speciell von der Bibel
von 1545, von deren Noten, — Steph. hatte dieselben aus CoUegien-
heften von Zuhörern des Franz Vatable (f 1547) entnommen, der
die Richtigkeit der Nachschrift lebhaft bestritt, — gesagt wird, sie
enthielten viel Verdächtiges, Falsches, .... Lutherisches, Blasphe-
misches und Ketzerisches. Das dritte Stück handelt von den Aus-
gaben des N. T., das vierte wieder von den Randnoten der Bibel-
ausgaben, das fünfte von den biblischen Indices von 1528. 32. 40.
46. Das letzte Stück schliesst mit dem Votum: die genannten
Bibeln und N.Testamente, das separat gedruckte Psalterium cum anno-
tationibns ex Hebraeorum commentariis und die Indices der ge-
nannten Bibeln seien wegen der darin enthaltenen Irrthümer und
Ketzereien zu unterdrücken und in das Verzeiohniss der verbotenen
Bücher zu setzen.
Im Par. 51 stehen die oben genannten Bibelausgaben, die N.
Testamente von 1541, 43 und 45, Psalterium s. liber Psalmomm
Davidis cum annotationibus ex Hebraeorum commentariis a R. St.
excusom cum similibus und Index Bibliorum Parisiis a R. St. ex-
cusorum cum similibus. In dem Bibelverzeichniss des Lov. 46 wird
der Index Bibl. des Steph. nicht speciell verboten, aber Index bibli-
cns impressus Coloniae in aedibus Quentelli a. 1529, und in dem
eigentlichen Index Index utriusque T. absquo" nomine impressoris
et loci, pene similis Indici Bibl. R. Stephani. Durch P. kam Ro-
bertus Stephanus in die 1. Cl. (seine Bibeln stehen auch in dem
Verzeichniss der verbotenen Bibeln hinter dem Index von P., die
N. Test, sind nicht genannt), ferner in die3. Cl. die beiden Indices
des Lov. 46. lieber die Erklärung der biblischen Eigennamen s. o.
S. 108. Die Streitschrift gegen die Sorbonne , Responsio etc., wurde
merkwürdiger Weise erst 1624 verboten.
Am 19. Dec. 1542 censurirte die Sorbonne zwei kleine Publi-
cationen von Steph.: Summa totius sacrae scripturae, tam V. quam
N. T., und Decem Dei verba sive praecepta per Moysera data et a
Christo atque apostolis ejus partim citata partim explicata, auch
französisch gedruckt mit den Titeln: Ici est brevement compris tout
ce que les livres de la Sainte Escriture enseignent k tous chrestiens,
und Les dix paroles ou commandements de Dien, baillez par
Moyse, exposez par J. C. Sie waren gleichzeitig als Placate zum
Aufhängen und als Heftchen von einigen Octavblättern gedruckt,
— die Summa seit 1540 auch vor seinen Bibelausgaben. Die Sor-
bonne war der Ansicht, sie seien zu unterdrücken, weil darin die
Sacramente und die Gebote der Kirche nicht erwähnt würden und
doch darunter stehe: Hoc fundamentum, nemo aliud potest ponere etc.
(1 Cor. 3, 11). Si vis ad vitam ingredi, serva mandata '). Diebel-
1) Arg. I ad calcem XII. Jourdain No. 1757. Renouard p. 804 kennt
nur Ein Exemplar der zweiten Publication und hat daraus die zehn Ge-
bote (aber ohne die von Steph. beigefügten erläuternden neutestament-
Alooranus Franciscanoruro. 168
den französischen Säcbelcben stehen in dem Index der Sorbonne
unter Table qui se commence und sind dann später (ans Q.) dnrch
S. Cl. auch in den Rom. Index gekommen, wo sie noch jetzt unter
Tabnlae stehen (seit Ben. mit dem französischen Titel). Die Summa
steht in den Löwener Indices') und ist aus diesen durch P. in den
Römischen gekommen, aber von Ben. gestrichen.
Seit S. Cl. stehen im Rom. Ind. auch Phrases hebraicae [s.
loquendi genera hebraica] quae in V. praesertim T. passim legun-
tur, [ex commentariis Hebraeorum aliisque doctiss. virorum scriptis
explicata. Thesauri linguae hebr. altera pars, 1558]. Ben. hat diese
mit den vorhin genannten Schriften unter Roh. Stephanus gesetzt;
sie sind aber bei Rob. Stephanus II., dem zweiten Sohne Roberts I.
(1530—71), der zu Paris blieb, gedruckt^).
Die Schriften, welche in der 2. Abth. des Par. 51 stehen,
sind fast alle auch in den Rom. Index übergegangen. AufiPallender
Weise stehen hier und in Folge davon auch im Rom. Ind. einige
Schriften ohne Namen des Verfassers, die schon in der 1. Abth.
mit diesem stehen, z. B. Institutio religionis christ. (von Calvin);
^ Modus orandi und M. confitendi (von Erasmus). — Bemerkenswerth
sind aus dieser Abtheilung folgende Schriften:
Alcoranus Franciscanorum i. e. blasphemiarum et nuga-
rum lerna de stigmatisato idolo, quod Franciscum vocant, ex Libro
Gonformitatum, Anno 43. Dieses Buch (222 S. 8) ist nicht eine
Uebersetzung von Erasmus Albers „Der Barfüsser Mönche Eulen-
spiegel und Alcoran"* — Satire auf die Mönche mit Rücksicht auf
den Liber conformitatum vitae S. Francisci cum vita D. N. Jesu
Christi, von dem § 23 die Rede sein wird, und andere Legenden,
anonym mit Vorrede von Luther, s. 1. et a. und Wittenberg 1542, —
liehen Stellen) abdrucken lassen. Es ist nicht die gewöhnliche kurze,
sondern die ausführliche Fassung, wie sie Ex. 20 stehen; auch die Zäh-
lung ist nicht die bei den Katholiken, sondern die bei den Reformirtcn
übliche. Das hat auch wohl Anstoss erregt, wiewohl es bei Arg. nicht
erwähnt wird. (Steph. leg^ Werth darauf, dass das Verbot, Bilder zu
machen und anzubeten, als ein besonderes, das zweite Gebot gezählt werde.
Les Censures f. 7v). Die Sorbonne Hess bei J. Andre einen orthodoxen
Abdruck der zehn Gebote mit Beifügung der Gebote der Kirche erscheinen.
1) In der fläm. Abth. von Lov. 46. 51 steht „Dat begriip der ghe-
hellder Bybelen**; in derAntw. App. „Een oort begriip ende slot van der
gansser heyliger soriftueren des 0. ende N. T., gedruckt te London**; in
einem Inquisitionsprocess zu Löwen 1548 (Enzinas, Memoires II, 576) wird
erwähnt ein zu Antwerpen gedrucktes Büchlein: „Dat beg^rüp der geheel-
der heyliger Soriftueren^. Das sind vielleicht auch Bearbeitungen der
Summa.
2) Renouard p. 162.
164 Indioes der Sorbonne 1548 — 51.
sondern ein vielleicht auch von Alber angefertigter Auszug aus dem
Liber conformitatum mit Citirung der Seiten und mit einer lat lieber-
Setzung von Albers und Luthers Vorreden *). — Conrad Badius gab
zu Genf 1556 L'Alcoran des Cordeliers tant en latin qu^en francais
heraus, eine Uebersetzung von Albers Buch und fügte 1560 einen
von ihm verfassten 2. Theil hinzu ^). — Da Alcoranus Francis-
canorum ohne nähere Bestimmung aus dem Par. Index in den von
Casa, Med. Yen. und dann durch P. in den Böm. Index gekommen
ist, so ist in diesem das zuerst genannte Bach gemeint (Alber und
Badius stehen übrigens in der 1. Cl., so dass auch ihr Alcoran ver-
boten ist). Yergerio bezeichnet in seinen Zusätzen zum Yen. Franz
Lambert von Avignon als Yerfasser, was aber nur eine Yermuthung
zu sein scheint*).
Articuli a Facultate S. Theol. Paris, determinati super ma-
teriis fidei nostrae hodie controversis, cum antidoto, — von Calvin
1542 herausgegeben, die in diesem Jahre von der Sorbonne ver-
öfiPentlichten 25 Artikel *) mit Calvins Entgegnung (im Anhange auch
französisch), — im Rom. Ind. seit Tr. mit dem Zusätze: auctore,
ut creditur, Calvino. — Auffallender Weise steht nicht im Index
eine ältere Schrift gegen die Verdammung Luthers durch die Sor-
bonne, obschon dieselbe von dieser 1524 auf den Antrag des könig-
lichen Advocaten Lizet und ihres Syndicas Noel Beda censurirt war :
Determinatio Facultatis Theologiae Parisiensis super certis propo-
sitionibus etc., alias dictns Murmann ^). Die Sorbonne bezeichnete
die Schrift als libellus famosus gegen viele namentlich genannte
ehrenwerthe Männer und als voll von groben Angriffen auf den
katholischen Cultus u. s. w. Das Parlament verfügte darauf, der Bischof
solle unter Androhung der Excommunication zur Ablieferung der
1) Clement I, 153. Vgl. über den Liber conf. und die dazu gehörende
Literatur Baumg. I, 286.
2} Auch Genf 1578, mit Figuren von B. Picart Amsterdam 1734.
Nie 36, 144. — Dagegen Henr. Sedulius 0. Min., Apologetious adv. Ale.
Franc, pro Libro Conformitatum. Antw. 1607.
3) Vielleicht veranlasst dadurch, dass Lamberts Rationes propter
quas minoritarum conversationem habitumque rejecit, auch mit einer
Vorrede von Luther s. 1. et a. (Witt. 1528) erschienen (Schelh. Am. lit. IV,
312). Im Par. steht unter seinem Namen : Doclaration de la r^le des
cordeliers par un jadis de leur ordre et maintenant de J. C, eine Ueber-
setzung seiner Evangelici in minoritarum regnlam oommentarii (Witt.
1521). Baum, Fr. Lambert v. Av., 1840, erwähnt den Alooran nicht als
Schrift von Lambert.
4) Polenz I, 295.
5) Das Pasquill beginnt: Doctissimo Domino Dootori et Magisiro
nostro Murman super sentimentum almissimae Universitatis de villa
Parisiis. Cochlacus, De actis Luih. a. 1521 f. 43.
Anonyme Schriften. 165
Exemplare und zur Anzeige des Verfassers, des Druckers und der
Verbreiter auffordern, was unter dem 10. Dec. 1524 geschah*).
Epistola apologeticaad syncerioris christianismi sectatores
per Frisiam orientalem et alias inferioris Germaniae regiones [in
qua Evangelii Christi vere studiosi, non qui se falso evangelicos
jactant, iis defenduntur criminibus, quae in illos Erasmi Rosterod.
Epistola ad Vulturium Neocomum intendit. Per ministros Evan-
gelii Ecclesiae Argentoratenses. Strassb. 1530. 15 B. 8]. Es ist die
von M. Bucer verfasste Entgegnung auf Erasmus' Epistola ad Vult.
Neocomum (Grerhard Geldenhauer) contra quosdam, qui se falso
jactant evangelicos (Freiburg, Nov. 1529), worauf Erasmus antwor-
tete mit der Responsio ad Epist. apol. . . . incerto auctore prodi-
tam (Freib. 1. Aug. 1530. Opp. 10, 1590)*).
Libermilitantis. Postnlationes paucas et pias etc. Argen-
torati, excud. Jac. Kammerlander 1536, — im Rom. Ind. Liber mili-
tantis etc.
Litaniae Germanorum, h. e. supplicatio ad Deum Opt.
Max. habita in celebri quadam urbe Germaniae in die cinerum, —
8. 1. et a. (1521) 8 Bl. 4*), eine Travestie der Allerheiligen-Litanie :
anfangs ist nur Ora pro nobis in Ora pro Germania geändert ; später
kommen Bitten wie A Rom. Pontificum tyrannide, Ab insidiis dia-
boli et Romanorum etc. libera Germanos Domine, dazu kurze sa-
tirische Anmerkungen. Im Rom. Ind. Litania Germanorum, erst von
Ben. ist der Titel vervollständigt.
Im Anhange steht noch: Lamentatio et querimonia missae
quae cani potest ad numerum prosae Lauda Sion. Cui additus est
Pasquilli et Marforii hymnus in Paulum III. Im Rom. Ind. stehen
seit P. getrennt: Lam. et quer, missae und Pasquilli etc. Letzterer
ist auch als fliegendes Blatt besonders gedruckt: P. et M. hymnus
in Paulum III. P. M., quem alternatim Romae cecinerunt, factus
ad numerum Te Deum laudamus^). Durch S. ist aus Q. noch De
laudibus Julii III. hymnus et sequentia missae quae dicitur in die
Corjioris Christi in den Rom. Ind. gekommen, — wahrscheinlich
nur ein corrumpirter Titel des im Par. 51 stehenden Lamentatio etc.
1) Arg. IIa 10*. Ueber die Confession de Beda s. o. S. 150.
2) Burigny, Vie d'Erasme II, 307. Baum, Bucer und Capito S. 594.
3) A. V. Dommer, Autotypen der Ref. -Zeit No. 65. Abgedr. in
(Strobels) Opuscula quaed. satirica et ludicra temp. ref. (1784) Fase. I.
4) Hisi. Taschenb. 1838, 375. Eine deutsche Uebersetzung von Er.
Alber: „Ein Te Deum laudamus von Bapst Paulo III.^ abgedr. bei Schade
I, 44. — Die Lamentatio etc. kann ich nicht verificiren. Die Querela missa
von lo. Atrocianus (1529, s. K.-L. I, 1563) und das von Cochlaeus, De act.
Luth. f. 114 erwähnte Gedicht in sepulturam et exequias missae sind in
Distichen geschrieben, die Lamentatio nuper defunctae missae apud chri-
stianos (Bibl. Bunav. III, 1287) carmine dithyrambico. Ueber deutsche
Spottgedichte dieser Art s. o. S. 96.
166 Indiees der Sorbonne 1548 — 51.
In d«r Abtheilung, welche die anonymen franzöBischen Schrif-
ten enthält, steht, aafiPallender Weise mit dem Namen des Verfassers,
Promptuaire des conciles de TEglise cath., avec les schismes et la
difference dMcenx. Fait par Jean le Maire, de Beiges, elegant
historiographe. Trait^ singulier et exquis. Par. 1543. Bas ist
eine neue Ausgabe oder eine Umarbeitung der gegen Julius II. ge-
richteten Schrift: Le Traict^ de la difference des schismes et des con-
ciles de Tfiglise et de la pre^minence et utilite des conciles de la
S. £gl. gallicaine. L*histoire du prince Syrach Ismail ditSophy et
le blasen des armes des Venitiens, Lyon 1511. 4, von der es melurere
Ausgaben, auch eine lateinische Uebersetzung gibt : Jo. Maierii Trac-
tatus de differentiis schismatum . . . lat. conv. L. J. Camerarius, Lps.
1572 *). Bei Wolf, Lect. mem. I, 943 sind, allerdings unerbauliche,
Auszüge daraus abgedruckt. Jean le Maire heisst de Beiges, weil
er 1473 zu Beiges im Hainaut geboren war; gestorben ist er 1524,
nach anderen 1548. Im Römischen Index steht er seit P. in der
1. Cl., und zwar, wie bei Gesner, als Jo. Mayre, seit Ben. als Jo.
le Maire seu Marins.
Von Franz Rabelais, — er war früher Franciscaner und Be-
nedictiner und starb als Pfarrer zu Meudon 1553, — stehen im Par.
51 unter den anonymen französischen Schriften: Grandes annales
et tr^s-veritables des gestes et merveilleux faits du grand Gargan-
tua et Pantagruel, Roy des Dipsodes, und unter P: Pantagruel et
Gargantua und Le tiers livre de Pantagruel, fait par Rabelais 1545
(in Antw. App.: Rabelais touchant les mensonges qu'il a äcrit en
fran^ais de son Pantagruel, Fran^ois R. en son Gargantua, und Garg.
et Pant. faits en fran^ais par Fr. Rabelais). Es ist also nicht ganz
richtig, wenn Rob. Stephanus den Pariser Theologen vorhält: Ra-
belais zu verbrennen, hätten sie sich nicht einfallen lassen; nur das
4. Buch des Pantagruel sei von der Sorbonne censurirt und vom
Pariser Parlament I.März 1553 verdammt; im folgenden Jahre aber
habe Heinrich IL auf Ersuchen des Cardinais von Chatillon das Ver-
bot aufgehoben'). — Im Rom. Ind. steht Rabelais in der l.Cl., und
zwar bei P. Tr. als Rabelesius, daneben seit S. Cl. (aus Antw. App.
und Q.) als Franc. Rabletius. Die beiden Namen blieben neben
einander stehen, — man wird sie für zwei Autoren gehalten haben,
— bis Ben. Franc. Rabelais s. Rabelaesus dafür setzte.
Unter den anonymen französischen Schriften, dann seit P. im
Rom. Ind. steht bis jetzt: Cymbalum mundi. Der vollständige
Titel ist: C. m. en frangais contenant quatre dialogues poitiques,
antiques, joyeux et fac^tieux par Thomas Duclivier. Paris 1537.
Lyon 1538. Der Verfasser hiess Bonaventura des Periers und war
1) Maittaire II, 220. Serapeum 1861, 284.
2) Das 1. Buch des Garg. erschien 1533, das 2. 1585, das 8. mit
Rabelais' Namen 1546, das 4. 1552, das 5. nach seinem Tode 1564 mit
fremden Zuthaten.
Index des Inquisitors Becanis. 167
valet de chambre der Königin von Navarra. Das Buch ist eine Ver-
spottung des Heidenthums, die von manchen als Verspottung christ-
licher Dinge aufgefasst wurde. Etienne Pasquier soll davon ge-
sagt haben: C'est un Lucianisme qui merite d'etre jet^ au feu avec
l'auteur, s'il ^tait vivant*). Die Sorbonne sagt in dem auf Befehl
des Parlaments 1538 erstatteten Gutachten: quamvis non continet
errores expressos in fide, tamen, quia perniciosus est, supprimen-
dus «).
Im J. 1541 begutachtete die Sorbonne im Auftrage des Par-
laments 5 libelli und 5 Codices (Manuscripte oder Broschüren?). In
dem Gutachten heisst es: Quartus codex, qui incipit: C'est la bonne
coutume etc. est epistola quae dirigitur ad pauperem et mendicam
Ecclesiam Lutheranoruin, in qua damnantur doctrinae et constitutiones
humanae . . et Eccl. cath. proditrix noverca appellatur. Im Par. 51
steht: C'est la bonne coutume. Est Epistola . . . Lutheranorum, im
KcHu. Ind. aber seit P. bis heute, als ob das ein Titel wäre: Epi-
stola directa . . . Lutheranam.
Zum Schlüsse ist noch ein französischer Index zu erwähnen,
welcher an sich unwichtig, aber interessant, richtiger gesagt : ein in-
teressantes Curiosum ist. Er findet sich hinter einem Erlass eines
Inquisitors der Provinz Toulouse, Vidal de Becanis, der zwischen
1540 und 1550, wahrscheinlich 1548 oder 1549, publicirt wurde*).
Der Erlass fordert zunächst zur Denunciation der der Ketzerei ver-
dächtigen Personen auf, auch derjenigen, welche seit drei Jahren die
unten verzeichneten Bücher gehabt, gedruckt, gekauft, verkauft oder
eingebunden oder haben drucken oder einbinden lassen. Dann wird
bei Strafe der Excommunication zur Ablieferung der Bücher binnen
vier Tagen aufgefordert und gedroht, wer sie nicht abliefere, werde
als Begünstiger der Ketzer verfolgt werden. Das Verzeichniss um-
fasst 92 Nummern. Es wimmelt von den entsetzlichsten Entstel-
lungen der Namen und Titel; selbst die bekanntesten Namen sind
verdruckt, so dass sie zum Theil kaum wiederzuerkennen sind : Mar-
tini Lutheti, Marcelli de Padua, Vulpici Zironga (Ulrich Zwingli),
Justi Jove (Jonas), Eximani Bady (Herrn. Bodii).
Es werden verboten die (sämmtlichen) Werke von 21 Schrift-
stellern, — nur Ph. Melanchthonis mit dem Zusatz in his quae sunt
8. scripturae, wie in der Censur der Sorbonne vom J. 1523, und
1) Bayle 8. v. Peignot I, 101. — B. desPeriers, Cymbalum mundi ou
dialognes satyriques . . . Aveo une lettre crit. dans laq. on fait Phist.,
Panalyse et Papologie de cet oavr., par Pr. Marchand. Amst. 1732.
2) Arg. I ad ind. X.
8) £. de Freville, De la police des livres au 16. sidcle. Livres et
chansons mis a Plndex par Plnquisiteur de la province ecclesiastique de
Toulouse 1548-=^49. Paris 1853*. (Separat- Abdruck aus dem Bulletin de la
Soo. de Phist. du prot. I, 365. 437. II, 15.)
168 Indices der Sorbonne 1648 — 51.
Opera Fabri Sterpulensis (sie) mit dem Zusatz: sur la S. Escriture
und, da er der letzte ist, dessen Werke im allgemeinen verboten
werden, mit dem Zusatz : ou autres auteurs favorisans et instigans k
leurs sectes hereticques ou erreurs, — femer eine Eeihe von ein-
zelnen, grossentheils anonymen Schriften, 17 von Erasmus, endlich
unter der Ueberschrift Ce sont les chansons prohibees 14 einzelne
Chansons und zuletzt toutes aultres chansons scandaleuses et con-
tenantes erreurs contre Dieu et TEglise.
Ohne Zweifel hat der Inquisitor das Edict Karls V. von 1540
benutzt: die ersten 11 Namen, die in diesem stehen, kommen auch
bei ihm vor, und zwar fast in derselben Reihenfolge *), und neben den
von Dolet (Etienne Dolet) gedruckten Neuen Testamenten werden auch
die par Christo phorum de Rimondia, Joannem Lul, d. i. Chr. von
Remonde und Job. Zell verboten. — Ausserdem hat der Inquisitor
Censuren der Sorbonne gekannt: manche Nummern stimmen mit deren
Verzeichnissen von 1543 und 1544, die aber jedenfalls nicht vell-
ständig aufgenommen sind^). Von den im Pariser Index stehenden
Schriften des Erasmus sind die meisten aufgenommen und einige bei-
gefügt 3).
Es ist nicht nöthig, auf alle Einzelheiten einzugehen. Bemer-
kenswerth ist noch folgendes: No. 16 wird befohlen, diejenigen zu
demmciren, welche lateinische oder französische Bibeln und Nene
Testamente haben, „in welchen im Summarium des 4. Capitels des
Römerbriefs Fides justificat, non opera oder ähnliche Worte, oder
in welchen am Rande oder auf den Seiten andere ketzerische und
verdammte Sätze stehen."
No. 46 werden alle lateinischen und französischen Schriften
verboten, die seit 15 Jahren ohne Angabe der Verfasser, Drucker
oder Schreiber geschrieben oder gedruckt sind (also auch Manu-
scripte).
1) Octovi Boussi (No. 11), der wie bei Karl V. unmittelbar hinter
lo. Pomeranus steht, ist darum nicht, wie Freville vermuthet, Girard
Roussel, sondern Otto Brunfels, und vielleicht stecken in den darauf fol-
genden Wortungeheuern Corostiani Krastiani, Setzmann Scribae, Justi
Jove, loannis Peri ausser Justus Jonas noch Jo. Pupcrus Gochianus und
Erasmus Sarcerius (Freville meint Jo. Pcrius sei Jo. Ferus und Carostianus
Krastianus Beb. Münster).
2) Mit Opera Serveri Artinoistac ist jedenfalls nicht, wie Freville
meint, Michael Servet gemeint, „dem die Controvers-Theologen den Bei-
namen Origenista gegeben**, sondern Petrus Artopoeus oder Sarcerius
Avincemontanus (statt Annaemontanus), die in den Pariser Indices stehen.
— La Somme de la Saincte Escriture (No. 44) ist, was Freville nicht er-
kannt, das unter demselben Titel im Pariser Index (Arg. IIa 177) stehende
Buch.
3) Die Exomologesis als Axemolages, Encomium matrimonii als
Anthonium matr., Le manuel du Chevalier chretien als Le Emanuel etc.
Die Römische Inquisition. 169
17. Die Errichtung der Römischen Inquisition 1542.
Wenn bisher von speciellen Massregeln gegen ketzerische
Bücher in Deutschland, England, Belgien, Spanien und Frank-
reich, aber nicht in Italien die Rede gewesen ist, so entspricht
das der chronologischen Ordnung: der erste päpstliche Index
ist erst 1559, das erste italienische Verzeichniss von verbotenen
Büchern, welches den englischen Verzeichnissen von 1526 und
den Placaten Karls V. von 1526—40 an die Seite gestellt wer-
den kann, erst 1545 veröflFentlicht worden, und wenn auch schon
vorher an manchen einzelnen Orten in Italien von Bischöfen
oder Inquisitoren der Ketzerei Verdächtige verfolgt und ketze-
rische Bücher verbrannt wurden und in Rom und anderwärts
alljährlich die Bulla Coenae verlesen wurde, so beginnt doch
erst mit dem J. 1542 in Rom die specielle Gesetzgebung gegen
die Verbreitung ketzerischer und verdächtiger Bücher. Es war
vor allen Giovanni Pietro Caraffa, — geb. 1476, 1504 Bischof
von Chieti (Theate), 1524 mit Gaetano von Tiene Stifter der
Theatiner, 1536 Cardinal, — der schon lange vorher, ehe er als
Paul IV. den päpstlichen Thron bestieg (1555), dazu beitrug,
dass von Rom aus den religiösen Neuerungen mit grösserer
Energie und Consequenz als in den ersten Decennien entgegen-
gewirkt wurde.
Hauptsächlich auf sein Betreiben gab Paul III. der Inqui-
sition eine neue Organisation, indem er durch die Bulle Licet
ab initio vom 21. Juli 1542 *) sechs Cardinäle, darunter natür-
lich an erster Stelle Caraffa, zu General-Inquisitoren für die
ganze Kirche ernannte (Apostolicae Sedis in omnibus reipublicae
christianae terris tam citra quam ultra montes super negotio
fidei Commissarii et Inquisitores generales et generalissimi),
und dieselben ermächtigte, gegen Ketzer und der Ketzerei Ver-
dächtige überall, auch ohne die Ortsbischöfe, vorzugehen, überall,
wo es ihnen gut scheine, Delegirte zu bestellen und Appellationen
von allen Inquisitionstribunalen anzunehmen. Paul IV. modi-
1) Bull. I, 762. Vgl. Bromato, Storia di Paolo IV. U, 55.
170 Die Römische Inquisition.
ficirte diese EinrichtuDg, indem er 1558 bestimmte, es solle immer
Ein Cardinal (nach Analogie des Gross-Poenitentiars) General-
Inquisitor und als solcher „in Sachen des Glaubens^ (bezüglich
des Vorgehens gegen Ketzer u. s. w.) von allen delegirten In-
quisitoren und von allen Bischöfen als Vorgesetzter anerkannt
werden; er solle auch während der Erledigung des päpstlichen
Stuhles im Amte bleiben *). Aber der von ihm zum General-
Inquisitor ernannte und vonPiusIV. (1559—65) bestätigte Car-
dinal von Alexandria, der Dominicaner Michele Ghislieri, ist
der einzige gewesen, der dieses Amt bekleidet hat^). Nachdem
er 1566 als Pius V. Papst geworden, ernannte er wieder vier
Cardinäle zu General-Inquisitoren^). Ihre vollständige, im wesent-
lichen noch jetzt fortbestehende Organisation erhielt die Inqui-
sition dann durch Sixtus V. im J. 1588.
In der Bulle vom J. 1542 ist von häretischen Büchern nicht
ausdrücklich die Rede (auch nicht in der Bulle Sixtus' V. vom
J. 1588). Dass aber die Unterdrückung derselben mit zu den
Aufgaben der Inquisition gehörte, war selbstverständlich, und
schon am 12. Juli 1543 erlicssen die General-Inquisitoren eiü
Edict*) folgenden Inhalts:
Um die ketzerischen und von Ketzern verfassten Bücher zu
beseitigen, befehlen wir allen Buchhändlern in Rom und an anderen
Orten Italiens kraft des heiligen Gehorsams und bei Strafe der Ex-
communicatio latae sententiae und von 1000 Ducaten, die zur Hälfte
der apostolischen Kammer, zur Hälfte dem Ankläger zufallen sollen,
und bei anderen von uns oder unseren Subdelegaten nach Gutdünken
zu bestimmenden Strafeir und bei Strafe des Verlustes aller Bücher
und drei Hieben mit einem Strick, Bücher, Tractate ... in irgend-
welcher Sprache, welche ketzerisch oder der Ketzerei verdächtig und
von dem apostolischen Stuhle verdammt sind, oder die jüngst ge-
( druckten Predigten des Bemardino Ochino oder die Pasquilli in
1) Raynald. a. 1558, 23. Bromato II, 458.
2) In der Bulle Clemens' XI. vom J. 1712, durch welche Pius V.
heilig gesprochen wurde (Bull. cont. II, 92) hcisst es N. 9: . . ei supremi
ac perpetui Inquisitoris provincia demandata, facta omnibus episcopis ac
dclegatis jussione, ut in rebus ad Sanctum Officium pertinentibus ipsum
velut superiorem agnoscerent. Hanc dignitatem, quae nemini nee antea
nee postea collata fuit, Pius IV. Cardinali Alexandrino confirmavit.
3) Bull. II, 216.
4) Eymericus, App. p. 112. Bromato II, 80.
Die Römische InquiBÜiun. 171
•
ecstasi oder irgendwelche andere in der letzten Zeit (noviter) ver-
fasste und heraasgegebene über irgendwelchen Gegenstand (in qua-
canque facultate), namentlich die ohne Titel (Angabe des Verfassers),
weder öffentlich noch heimlich zu verkaufen, ohne zuvor in Rom
uns, anderswo den von uns delegirten oder zu delegirenden Per-
sonen ein Verzeichniss der bei ihnen vorräthigen Bücher vorgelegt
und die Erlaubniss zum Verkauf derselben erlangt zu haben. Wer
dieser Verordnung zum zweiten Male zuwiderhandelt, soll ausser
den angegebenen Strafen eo ipso unfähig sein, den Buchhandel zu
betreiben, und für immer verbannt werden. Den Buchdruckern be-
fehlen wir bei denselben Strafen, die besagten Bücher, auch wenn
sie anderswo schon gedruckt sind, und andere Bücher, worüber sie
auch handeln mögen, nicht anders zu drucken als in Eom mit aus-
drücklicher Erlaubniss von uns oder dem Vicar des Papstes und
nachdem sie von' uns oder dem Magister Sacri Palatii geprüft wor-
den sind, ausserhalb Roms mit Erlaubniss unserer Delegirten. Am
Ende der Bücher ist immer der Name des Druckers und Ort und
Datum des Druckes in der üblichen Weise beizufügen. Die Buch-
drucker sollen von den angedrohten Strafen nicht frei sein, wenn
ohne ihr Vorwissen in ihren Officinen von einem Weibe oder Diener
etwas gedruckt wird. Allen Mauthbeamten (dohaneriis) befehlen wir
bei Strafe von 2000 Ducaten und Verlust des Amtes, über die auf
der Mauth ankommenden gedruckten oder nicht gedruckten Bücher
in Rom uns, anderswo unseren Delegirten Anzeige zu machen und
ohne ausdrückliche Erlaubniss die Bücher den Eigenthümern nicht
auszuliefern. Allen gebieten wir, ketzerische, irrige, temeräre und
aufrührerische Bücher nicht zu erwerben, zu kaufen, von anderen
anzunehmen, zu lesen, vorlesen zu hören, anderen mitzutheilen, aus
anderen Provinzen nach Italien zu bringen, und wenn sie solche
Bücher haben, sie in Rom uns, anderswo unseren Delegirten rea-
liter et cum efücacia abzuliefern. — Thomas Maria von Bologna,
Inquisitor von Ferrara und Bologna, wird von uns delegirt und er-
mächtigt, in allen Bibliotheken, Druckereien und Buchläden, in allen
Privathäusern, Kirchen und Klöstern nachzusehen, ob sich dort der-
gleichen Bücher befinden, und dieselben Öffentlich oder heimlich zu
verbrennen.
In einer Balle vom 29. April 15500 nahm Julius III. alle
bis dahin ertheilten Ermächtigungen zum Bebalten und Lesen
verbotener Bücher zurück (s. § 18) und verordnete:
Alle Buchdrucker, Bibliothekare und Buchhändler und alle
anderen Personen jeden Ranges mit Ausnahme der Inquisitoren und
Commissare der Inquisition (denen für die Dauer ihrer Amtsführung
das Behalten und Lesen verbotener Bücher gestattet wird), welche
lutherische oder andere ketzerische oder die lutherische oder eine
andere falsche Lehre enthaltende oder von Uns und dem apostoli-
1) Eym. App. p. 115.
172 Die Römischo Inquisition.
•
Beben Stahle verdammte Bücher, wenn auch mit specieller Erlaub-
niss des besagten Stuhles, besitzen, sollen binnen 60 Tagen, — von
denen 20 als erste, wieder 20 als zweite, die letzten 20 als dritte und
perem torische Frist und kanonische Warnung gelten sollen, — alle
Bücher der genannten Art den Inquisitoren abliefern. Die General-
Inquisitoren sollen gegen diejenigen, die nicht gehorchen, einschreiten.
Die Bulle soll in der Peters- und Laterankirche verlesen und an
den üblichen Orten in Rom angeheftet werden und 60 Tage nach
dieser Publication alle so verpflichten, als ob sie ihnen persönlich
vorgelesen wäre.
Das Besitzen und Lesen verbotener Bücher ist ein sehr oft
vorkommender Anklagepunkt in den Inquisitionsprocessen des
16. Jahrhunderts '). Der erste Römische Index, der vom J. 1559,
wurde, wie wir sehen werden, von der Inquisition publicirt,
und auch nach der Errichtung der Index-Gongregation hatte
sich die Inquisition — bis auf diesen Tag — vielfach mit ketze-
rischen und verdächtigen Büchern zu befassen*).
Der grossartige Plan eines von einem Gentrum in Rom ge-
leiteten, über alle von der Ketzerei angesteckten oder bedrohten
Länder der Christenheit ausgebreiteten Netzes von Inquisitions-
gerichten kam nur in sehr unvollkommener Weise zur Ausfüh-
rung. Die spanische Inquition behauptete unabhängig von der
Römischen ihr Gebiet, auch Sicilien; Frankreich und überhaupt
die Länder jenseits der Alpen vermochte diese sich nicht zu
unterwerfen; selbst in Venedig und einigen anderen italienischen
Staaten wurde ihre Wirksamkeit von den Regierungen wesent-
lich eingeschränkt. Aber wenn auch die Römische Inquisition
als Gerichtshof nur einen Theil von Italien als ihren Bezirk
ansehen konnte, so wurde doch für ihre doctrinellen Entschei-
dungen, allgemeinen Verordnungen und Bücherverbote, zumal wenn
ihre Beschlüsse unter dem Vorsitze des Papstes gefasst waren, eine
die ganze Kirche verbindende Kraft wenigstens von der römischen
Gurie beansprucht. Freilich wurde diese Verbindlichkeit, wie wir
1) Vgl. die Verzeichnisse der Accusati di eresia aus den Acten der
I Vcnetianischen Inquisition, Riv. crist. 1878, 28 ff., die Auszüge aus den
Act^n der Römischen Inquisition von 1564 ff., ebend. 1880, 9 ff. und das
Compendium inquisitorum (s. u.) p. 462. Vgl. Albit. p. 276.
2) lieber das Verfahren s. die den späteren Index- Ausgaben vor-
gedruckte Bulle Benedicts XIV. vom J. 1753, § 8—6.
Die Römische Inquisition. 173
sehen werden, namentlich in Spanien und Frankreich ebenso-
wohl bestritten wie die der Bulla Coenae.
Wir haben einen sehr interessanten Bericht, den Caraffa im
J. 1532, — er war damals Bischof von Chieti, hielt sich aber io
Venedig auf, — für Clemens VII. schrieb '). Er klagt darin über
das Umsichgreifen der Ketzerei, über die Verbreitung und das un-
gehinderte Lesen ketzerischer Bücher, über die Nachlässigkeit man-
cher Inquisitoren, namentlich der aus dem Orden der Franciscaner-
Conventualen, auch über die Nachsicht des Papstes. Er erwähnt
zugleich einen Fall, in welchem die Untersuchung gegen einen der
Ketzerei Verdächtigen (Galateo) vom Papste ihm, also einem ausser-
ordentlichen Commissar, übertragen worden : er habe denselben als
rückfalligen und unverbesserlichen Ketzer verdammt, aber man (die
Venetianische Regierung) verzögere die Execution.
Nach der neuen Organisation der Inquisition wurden von Zeit
zu Zeit von Rom Inquisitori camminatori (Reise-Inquisitoren, Visita-
toren) ausgesandt, um die Bischöfe und Local-Inquisitoren zu con-
troliren und anzuspornen und da, wohin sie kamen, Untersuchungen
anzustellen *).
Nach dem Tode Pauls IV. (18. Aug. 1559) kam es bekannt-
lich in Rom zu argen Excessen. Unter anderm wurde von einem
Volkshaufen das Gefängniss der Inquisition erbrochen; man fand
darin, wie Pauls Biograph') berichtet, 72 Ketzer, darunter 42 Häre-
siarchen (es sind wohl sog. haeretici dogmatizantes gemeint, solche,
die ketzerische Ansichten zu verbreiten gesucht) ; sie wurden freige-
lassen, nachdem man sie hatte schwören lassen, dass sie immer
katholisch bleiben wollten. Der Generalcommissar der Inquisition,
Tommaso Scotti, wurde schwer verwundet.
Pius IV. erklärte in einer Bulle von 1563, die Inquisition
könne auch gegen Prälaten wegen Ketzerei vorgehen*).
Die Bulle Immensa Sixtus' V. vom J. 1588*) handelt von den
15 Congregationen von Cardinälen, die er theils bestätigte, theils
neu errichtete. Die Sacra Congregatio Romanae et Universalis In-
quisitionis oder Congregatio Sancti Officii wird darin zuerst aufge-
führt und als eine Besonderheit derselben hervorgehoben, dass der
Papst selbst in ihr den Vorsitz zu führen pflege. Ueber ihre Or-
ganisation ist folgendes zu bemerken : Einer der Cardinäle ist Secre-
tär der Congregation und hat als solcher namentlich für die Aus-
führung der Beschlüsse zu sorgen. Zu dem Personal der Congre-
gation gehören: 1. Der General-Commissar des h. Officiums, regel-
mässig ein Dominicaner, welcher bei allen der von der Congregation
zu treffenden definitiven Entscheidung vorhergehenden processuali-
Bchen Acten als ordentlicher Richter fungirt und namentlich die Ver-
1) Abgedruckt Riv. crist. 1878, 281 ; vgl. Bromato I, 204.
2) Bromato II, 457. 3) Bromato II, 577.
4) Bull. II, 103. 5) Bull. II, 667.
174 Die Römisohe Inquisition.
höre der Angeklagten und Zeugen leitet. — 2. Der Assessor des h.
Officiums, in der Regel ein Weltgeistlicher, welcher der Gehtilfe
und Stellvertreter des Commissars ist und namentlich in den
Sitzungen der Cardinäle zu referiren hat. — 3. Die Consultoren,
Theologen und Canonisten aus dem Stande der Welt- und Ordens-
geistlichen, welche über die in den Sitzungen der Cardinäle zu ver-
handelnden Gegenstände ihr Gutachten abzugeben haben. Sie werden
vom Papste ernannt ; der General der Dominicaner, der Magister Sacri
Palatii und noch ein dritter Dominicaner, der speciell Consultor S.
Officii heisst, und ein Pater des Ordens der Franciscaner-Conventualen
sind immer darunter. — 4. Die Qualificatoren, eine Anzahl von Theo-
logen und Canonisten, welche in einzelnen Fällen zur Begutachtung
bestimmter Punkte aufgefordert, namentlich beauftragt werden,
Sätze, wegen deren jemand angeklagt ist, mögen sie in Büchern
enthalten oder mündlich geäussert worden sein, zu ,iqualifioiren'',
d. h. sich darüber zu äussern, ob und in wiefern dieselben unkatho-
lisch seien.
Die Consultoren hielten in der Hegel jeden Montag mit dem
Commissar und dem Assessor eine Sitzung, um über die zur Ent-
scheidung reifen Sachen zu berathen; ein in diesen Sitzungen ge-
fasstcr Beschluss hatte aber nur die Bedeutung eines den Cardinälen
vorzulegenden Gutachtens. Diese hielten gewöhnlich am Mittwoch
Sitzungen, in denen der Assessor referirte und, wenn es für nöthig
gehalten wurde, auch die Consultoren gehört wurden. Die in diesen
Sitzungen gefassten Beschlüsse von geringerer Bedeutung wurden
von dem Assessor dem Papste zur Bestätigung vorgelegt, lieber die
wichtigeren Sachen wurde in einer am Donnerstag unter dem Vor-
sitze des Papstes stattfindenden Sitzung nochmals verhandelt, worauf
die Cardinäle abstimmten und dann der Papst ihr Urtheil bestätigte
oder auch eine davon abweichende Entscheidung traf. Die Mittwochs-
und Donnerstags-Sitzungen fielen, während die anderen Congregationen
viele und längere Ferien hatten, gewöhnlich nur in der Char- und
Osterwoche aus ^).
DasR der Papst selbst in den Sitzungen der Inquisition den
Vorsitz fährte, war schon vor Sixtus V. Gebrauch. Ein General-
commissar der Inquisition wurde schon 1542 auf den Antrag Ga-
raff*a's ernannt in der Person des Dominicaners Teofilo da Tropea.
Sein Nachfolger wurde 1551 Michele Ghislieri (später PiusV.); als
dieser 1556 Bischof von Sutri wurde, erhielt er den Titel Praefectus
Palatii Inquisitionis ; Generalcommissar wurde der oben erwähnte
Scotti, wieder ein Dominicaner. — Das Amt des Magister Sacri
Palatii bestand schon lange (s. u.), aber erst unter Sixtus V. wurde
es in eine organische Verbindung mit der Inquisition gebracht.
Die Zahl der Mitglieder der Inquisition wechselte. Schon 1563
kommt es vor, dass ein nicht in Rom residirender Cardinal, der
1) Vgl. RcuBch, der Process Galilei's S. 69 und die dort angeführten
Schriften.
Die Römische Inquisition. 175
Cardinal von Lothringen, bei seiner vorübergehenden Anwesenheit in
Rom» zum Mitgliede ernannt wurde ^). Später waren öfter auswärtige
Cardinäle Mitglieder, also für gewöhnlich Ehrenmitglieder, aber be-
fugtj wenn sie gerade in Rom waren, mit abzustimmen.
Eine Beschränkung des Wirkungskreises der Römischen Inqui-
sition erkannte Sixtus in der Bulle vom J. 1588 mit den Worten
an: „Bei allem diesem ist unsere Absicht, dass an der in den spani-
schen Königreichen und Gebieten durch die Autorität des apostoli-
schen Stuhles in früheren Zeiten errichteten Inquisition, welche Wir
tagtäglich auf dem Acker des Herrn reiche Frucht bringen sehen,
ohne Unsere oder Unserer Nachfolger Zustimmung nichts geändert
werden spll*^. Die spanische Inquisition hat sich in derThat unab-
hängig neben der Römischen behauptet. Zu ihrem Gebiete gehörte
seit 1487 auch Sicilien, wo sie bis 1713 bestanden hat. Anfangs
waren dort Dominicaner Inquisitoren, seit dem Anfange des 16. Jahr-
hunderts aber fast ausnahmslos Weltgeistliche. In Neapel ver-
suchte 1506 König Ferdinand, 1546 Karl V. und 1559 Philipp IL
vergebens die spanische Inquisition einzuführen; nicht nur Rom,
sondern auch die Bevölkerung widersetzte sich dagegen, letztere
namentlich darum, weil die spanische Inquisition auch auf Yermögens-
confiscation erkannte*). — Auch im Mailändischen Gebiete stiess
1563 der Versuch, die spanische Inquisition einzuführen, auf kräf-
tigen Widerstand von Seiten der Bischöfe, welche die Sache auch
in Trient zur Sprache brachten*).
Im Venetianischen Gebiete war die Jurisdiction der Inquisition
auf Ketzerei beschränkt, die vom Papste ernannten Inquisitoren be-
durften der Bestätigung des Dogen, und an den Sitzungen der In-
quisition nahmen in Venedig drei Senatoren (in den anderen Städten
die Rettori) Theil, um über das ordnungsmässige Verfahren zu
wachen und Uebergriffe zu verhindern. In Rom wurden diese Ein-
schränkungen nicht gern gesehen, aber geduldet ; nur wurde wieder-
holt betont, dass die drei weltlichen Assistenten keinen Antheil an
der Jurisdiction der Inquisition, also auch kein Stimmrecht hätten*).
In Toscana wollte Pius V. die Inquisition den Dominicanern
übergeben; der Herzog Cosimo widersetzte sich, und es blieb dort
ausnahmsweise die Inquisition in den Händen der Franciscaner^).
Von Lucca wird § 19 die Rede sein.
Die Gebiete, in welchen die Jurisdiction der Inquisition aner-
kannt war, hiessen in Rom terrae obedientiae, diejenigen, wo keine
Inquisition bestand, loci ubi impune grassantur haereses. Albizzi
führt eine Erklärung der Inquisition vom J. 1614 an, wonach das
1) Paleotto, Acta Conc. Trid. ed. Mendham p. 618.
2) Munter, Yerm. Beitr. zur Kirchengesch. S. 188. Bromato II, 187.
8) Sarpi, Ist. del. Ck)nc Trid. 1. 8, Opere II, 858.
4) Sarpi, Discorso della Inquis. di Venezia, Opere IV, 6.
5) Sarpi, Opere IV, 31.
176 Die Römische Inquisition.
Herzogtbum Baiem und die Freigrafschaft Burgund zn letzteren nicht
zu zählen seien *).
Nachdem die Römische Inquisition errichtet war, sagt Antonio
Caracciolo in seiner Biographie Pauls IV., fand man von Tage zu
Tage mehr Gegenden in Italien von der Ketzerei angesteckt*). Nach
seiner Schilderung waren in der That ketzerische Meinungen in fast
allen Theilen Italiens, vielfach in den höchsten geistlichen Kreisen
verbreitet und ketzerische Bücher in Masse namentlich aus Deutsch-
land importirt. Das sogenannte Compendium Inquisitorum, ein alpha-
betisches Register zu den Acten der Römischen Inquisition ans der
Regierungszeit Pauls III., Julius' III. und Pauls IV. *), verzeichnet
nicht weniger als zwölf Cardinäle, über welche mehr oder minder
gravirende Dinge in den Acten standen. Gegen die Cardinäle Morone
und Pole und gegen mehrere Bischöfe wurde ein förmlicher Process
eingeleitet. Morone war zwei Jahre in Haft und wurde erst nach
dem Tode Pauls IV. 1559 freigelassen; unter seinem Nachfolger
wurde er nicht nur einer der Präsidenten des Trienter Concils, son-
dern auch 1563, — wie der spanische Gesandte Vargas sagt, „zum
allgemeinen Scandal", — Mitglied der Inquisition*). Der Bischof
Vittorio Soranzi von Bergamo, gegen den schon unter Julius III.
Ghislieri die Untersuchung eingeleitet hatte, wurde 1558 abgesetzt.
Viele, zum Theil bedeutende Männer, deren Namen uns später
in der 1. Cl. des Index begegnen werden, entzogen sich durch die
Flucht ins Ausland der Inquisition, so schon 1 542 Vermigli, Ochino,
Curione, Tremellio, Zanchi, Lattanzio Ragnone, Francesco Porto '^j,
später Pierpaolo Vergerio, Franc. Negri, Valentine Gentile, Giam-
])aolo Alciati, Lelio Socini, Grattarolo, Castelvetro. — Die Mitglieder
der Akademie zu Modena, die schon seit 1538 verdächtig geworden
waren, unterzeichneten, um sich zu schützen, ein von Contarini ent-
worfenes Glaubensbekenntniss und übersandten 1545 auf den Rath
Sadoleto's dem Papste nochmals eine Erklärung. 1555 verlangte der
Papst von dem Herzog die Verhaftung von vier Personen®).
Hingerichtet wurden wegen Ketzerei von bekannteren Persön-
lichkeiten in dieser Zeit: Gianlodovico Pasquali, als Waldenser- Prediger
in Calabrien verhaftet, 1558 in Rom lebendig verbrannt^); Bart.
Fonzio, nach vierjährigem Process 1562 in Venedig ertränkt; Baldo
Lupatino, 1547 zu Venedig zum Tode verurtheilt, aber begnadigt,
1) Albit. p. 292.
/ 2) Riv. crist. 1876, 135. Vgl. Leva, Carlo V., III, 438.
3) Abgedr. im Archivio della See. Rom. di Storia patria III (1880),
261, 449.
4) DöUinger, Beitr. I, 513. 6) Riv. crist. 1876, 129.
6) Rassegna settimanale 1880, 27. Im Comp. Inq. p. 281 steht:
Mutina de haeresi diffamata.
7) Bromato II, 454.
Die Römische Inquisition. 177
1570 nochmals vemrtheilt; Pietro Carnesecchi, seit 1546 wieder-
holt in Untersuchung, 1567 in Rom verbrannt; Aonio Paleario 1570
in Rom gehängt und die Leiche verbrannt.
Das Einschleppen ketzerischer Bücher fand um 1550 besonders
von Graubünden her über Corao statt. Ghislieri, der damals in Como
Inquisitor war, confiscirte einmal zwölf Ballen Bücher, die an einen
dortigen Kaufmann geschickt waren, um in Cremona, Vicenza, Mo-
dena, bis nach Calabrien hin verbreitet zu werden. Der Vicar und
das Capitel nahmen sich des Kaufmanns an und die Bücher wurden
zurückgegeben. Ghislieri excommunicirte sie, verliess aber dann
Como und ging nach Rom*). Bromato berichtet, es seien mitunter
in römischen Klöstern Kisten voll ketzerischer Bücher, man habe
nicht ermitteln können, woher, als Almosen angekommen*).
Aus den Decreten der Inquisition, welche Albizzi aus dem
letzten Decennium des 16. und dem ersten des 17. Jahrhunderts
mittheilt, verdienen folgende Bestimmungen hier mitgetheilt zu wer-
den: Die Inquisitoren sollen in den Hafenstädten die ankommenden
Schiffe nach verbotenen Büchern untersuchen; wo kein Inquisitor
ist, hat der Bischof dieses zu thuen. — Die Bischöfe dürfen in
ihren DiÖcesen die Bibliotheken visitiren und verbotene Bücher con-
fisciren ; sie müssen diese aber an den Inquisitor abliefern ; wo ein
solcher nicht ist, haben sie an die Römische Inquisition zu berichten
und deren Weisungen abzuwarten. (Im 17. Jahrhundert wurde den
Inquisitoren verboten, ohne Auftrag von der Römischen Inquisition
Bücher zu verbrennen). — Die Inquisitoren können von den Buch-
händlern verlangen, dass sie ihnen Verzeichnisse der vorräthigen
Bücher einreichen, und dass sie über die gewissenhafte Wahrneh-
mung ihres Geschäftes einen Eid ablegen. — Gegen Bischöfe sollen
die Inquisitoren wegen des Besitzens und Lesens verbotener Bücher
nicht ohne vorherige Anfrage bei der Römischen Inquisition ein-
schreiten®).
Es gibt ein kleines Buch, welches sich auf dem Titelblatte
als Commentar zu der Bulle Pauls III. vom J. 1542 ankündigt*),
1) Mendham, Pius V., 1832, p. 10. Bromato II, 185.
2) II, 80. 3) Albit. p. 280. 287.
4) Commentarium in Bullam Pauli III. Licet ab Initio, Datam
anno 1542 Qua Romanam Inquisitionem constituit, et ejus Regimen non
Regularibus, sed Clero Seculari commisit. Ostenditur quam opportunum
et necessarium hujusmodi consilium sit ad fidem catholicam conservandam
ac propagandam, bonos mores fovendos, paoem ac tranquillitatem inter
Gatholicos sanciendam, dissidia et querelas ab ecolesia eliminandas, ipso-
mmmet regularium ac praeterea olericorum, laioorum, academiarum, po-
pulorum denique ac summorum principura existimationem ac benevolen-
tiam Romanae Cariae uberius ac certius conciliandam. Denique ostenditur,
Reuioh, Index. 12
178 Die Römische Inquisition.
aber 21. Nov. 1757 auf den Index gesetzt wurde. Da es ebenso
selten als interessant ist, gebe ich einige Auszüge daraus.
Der Verfasser ist der Jesuit Joh. ßapt. Faure, der, wie Backer
berichtet, bis zu seinem Tode im .1. 1779 fast ununterbrochen in
Rom lebte und von den damaligen Päpsten vielfach consultirt wurde.
Das Buch ist nichts weniger als eine Vertheidigung der Inquisition,
vielmehr eine der schärfsten mir bekannten Streitschriften zunächst
gegen die Dominicaner, dann gegen die, wie Faure behauptet, ganz
unter deren Einfluss stehende Inquisition. Faure meint oder be-
hauptet wenigstens, die Idee Pauls III. bei der Errichtung der In-
quisition sei ganz vortrefflich gewesen, aber später in ganz verkehrter
Weise zur Ausführung gebracht worden. Noch auf dem Trienter
Concil habe der Erzbischof von Braga eine Organisation der Römi-
schen Inquisition nach dem Muster der spanischen empfohlen, bei
der die Weltgeistlichen die Hauptrolle spielten. In der Römischen
Inquisition aber hätten die Bettelmönche, namentlich die Dominicaner
einen massgebenden Einfluss erlangt. Durch Cardinal Caraffa^s Ein-
fluss sei, woran Paul III. gar nicht gedacht habe, den Cardinälen
ein Dominicaner als Commissar beigegeben worden, wodurch die In-
quisition einen ganz andern Charakter erhalten, da, wie bei den an-
deren Congregationen der Secretär, so bei der Inquisition der Com-
missar die Hauptperson sei. Ferner seien nicht nur die Local-
Inquisitoren fast überall Dominicaner, sondern auch unter den Con-
sultoren der Römischen Inquisition hätten sie das Uebergewicht; bis
auf Innocenz XIII. habe der Commissar keine anderen theologischen
Consultoren geduldet, — abgesehen von dem Minoriten-Conventualen,
dem sein Ordensgenosse Sixtus V. einen Platz gesichert, — und
auch seitdem seien nur wenige Theologen aus anderen Orden Con-
sultoren geworden. Namentlich bezüglich der Bücher, über welche
die Inquisition zu befinden habe, stehe dem Commissar ein viel zu
grosser Einfluss zu: er könne einlaufende Denunciationen ignoriren
oder verschleppen, die mit der Prüfung zu beauftragenden Consul-
toren nach seinem Sinne auswählen u. s. w. Die im Namen der In-
quisition erlassenen Bücherverbote seien oft lediglich dem Commissar
zu imputiren. Sie würden zwar in anderen Ländern nicht anerkannt;
aber dem Verfasser eines verbotenen Buches werde doch immer eine
Makel angehängt. Namentlich würden die Franciscaner und Jesuiten
von den bei der Inquisition allmächtigen Dominicanern verfolgt ; der
General der Franciscaner habe zu Clemens XIII. gesagt: man könne
doch nicht verlangen, dass seine Brüder, die in Rom so viele Prügel
bekämen, ausserhalb Roms mit grosser Begeisterung die Schlachten
des h. Stuhles schlagen sollten. Auch die Bücher, die über die
Yen. Fr. Bartholomaeum a Martyribas Dominicanum, Archiep. Bracarensem,
una cum aliis Patribus in Tridentino Concilio eandem scntentiam habuisse.
Accessit Appendix historico-theologica de proscriptionc sab annum 1726
cxorta contra Duaccnam Academiam S. R. Sedi addictissimam. MDCCL.
7 Bl. u. 28R S. kl 8.
Bestimmungen über verbotene Bücher nach 16&0. 179
Rechte der weltlichen Fürsten handelten, würden mit Vorliebe ver-
boten. Wenn die Inquisition allgemein angefeindet werde, so liege
das nicht in der Institution selbst, sondern in der Weise, wie die
Mönche dieselbe benutzten. Ueberhaupt sei der grosse Einfluss der
Bettelorden schon seit dem Mittelalter und namentlich im 16. Jahr-
hundert verderblich gewesen, wo die Volker des Nordens nicht aus
Begeisterung für die Lehre Luthers und Calvins abgefallen seien,
sondern aus Hass gegen den Papst und die Curie, den die Mönche
und Geistlichen durch ihre Sittenlosigkeit, Habsucht und Herrsch-
sucht verschuldet hätten. Die Mönche hätten seit dem 13. Jahr-
hundert den Bischöfen vielfachen Anlass zu Klagen gegeben, aus
Augendienerei die päpstliche Gewalt über Gebühr erhoben u. s. w.
Neben manchen treffenden Bemerkungen und interessanten Mit-
tbeilungen, von denen später mehrfach Gebrauch zu machen sein
wird, enthält Faure's Schrift auch Unrichtigkeiten und Uebertrei-
bungen. Ob die Inquisition weniger schädlich gewirkt hätte, wenn
nicht die Dominicaner bei ihr den Hauptein fluss gehabt hätten, ist
schwer zu sagen; jedenfalls kann man nicht sagen, dass es in der
Kirche besser geworden, seit die Jesuiten in Rom mehr Einfluss
haben als die Dominicaner und die anderen Orden.
18. Strengere Durchfübrnng der Bestimmungen über
verbotene Bücher in päpstlichen Verordnungen
seit 1550.
Nach der Bulla Coenae verfallen diejenigen der Excom-
munication, welche ketzerische Bücher ohne Erlaubniss des
Papstes behalten, lesen u. s. \v. Damit behielten die Päpste sich
selbst ausschliesslich das Recht vor, die Erlaubniss zum Lesen
solcher Bücher zu ertheileu und andere zur Ertheilung dieser
Erlaubniss zu ermächtigen. Dass dieses päpstliche Reservat-
recht nicht immer respectirt wurde, zeigen u. a. die Thatsachen,
dass Karl V. und der Bischof von London, ohne von einer Be-
vollmächtigung durch den Papst etwas zu sagen, die fragliche
Erlaubniss ertheilten (s. o. S. 88. 100). Die Päpste selbst seheinen
in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von ihrem Rechte viel-
fach sehr freigebig Gebrauch gemacht zu haben. Wir haben
gesehen, dass Leo X. den Cardinal Wolsey ohne irgendwelche
Einschrünkung ermächtigte, solchen, welche die lutherischen
Bücher widerlegen wollten, das Lesen derselben zu gestatten
160 Beftimmangen äher verbotene Bocber nadi 1560.
fs. o. S. 69), und CaraflFa sagt in der oben (S. 173) er-
wähnten Denkschrift vom J. 1532: die ketzerischen Bücher
wtlrden in Venedig ungehindert verkauft und ,von MQocheo
und Laien "^ gelesen, von manchen unter dem Vorgeben, sie
hätten die Erlaubniss dazu. Wenn wirklich die Päpste, fttgt
er bei, diede Erlaubniss, namentlich I^ien, ertheilt hätten, so
müsse sie zurückgenommen und keine weitere ertheilt werden.
Dieser Rath fand zunächst noch keine Beachtung^}. Man könnte
es zwar als einen Beweis für eine strengere Handhabung der
Bestimmung der Bulla coenae ansehen, dass Morone, damals
Bischof von Modena, als er von Paul III. nach Deutschland ge-
sandt wurde, durch ein besonderes Breve vom 17. Mai 1537*)
ermächtigt wurde, mit Ketzern zum Zwecke ihrer Bekehrung
zu verkehren und ihre schlechten und verdammten Bücher, auch
mit denjenigen seiner Begleiter, die er als dazu geeignet und
als Männer von zuverlässiger Gesinnung kenne, zu lesen.
Aber von dem Dominicaner Bartolorae Carranza, dem spätem
Erzbischof von Toledo, wird berichtet, als er 1539 zu Rom
mit Auszeichnung disputirt hatte und Magister der Theologie
wurde, habe er von Paul III. auch die Erlaubniss zum Lesen
verbotener Bücher erhalten'). Es ist nicht wahrscheinlich, dass
dieser Fall vereinzelt stehen sollte.
Erst im J. 1550 kam die von Caraffa empfohlene grössere
Strenge zur Geltung. In der bereits erwähnten Bulle Julius III.
vom 29. April 1550*) heisst es nämlich:
Es ist einigen erlaubt worden, ketzerische oder verdächtige
Bücher zu besitzen und zu lesen, um die Irrthümer derselben zu
bekämpfen. Da dieses nicht den gehofften Nutzen, vielmehr ver-
schiedene üble Folgen gehabt, so revociren Wir biemit alle Ermächti-
gungen zum Lesen und Behalten lutherischer oder anderer ketzeri-
scher oder verdächtiger Bücher, welche von Unseren Vorgängern
oder von Uns oder von Legaten des apostolischen Stuhles, auch Le-
gaten de latere, oder von Unserm Grosspoenitentiar oder von irgend
einem andern irgendwelchen Personen ertheilt worden flind, welchen
Standes und Ranges diese auch sein mögen, auch wenn sie die
bischöfliche oder erzbischöfliche oder eine höhere kirchliche oder
weltliche Würde bekleiden, mit alleiniger Ausnahme der Inquisitoren
1) Bromato II, 186. 2) Abgedr. bei Zacc. p. SOS.
3) Llorente III, 187. 4) Eym. App. p. 115.
Erlaubniss zum Lesen derselben. 181
oder Gommissare der Inquisition für die Dauer ihrer Amtsführung
. . . . Demgemäss werden alle, welche verbotene Bücher, wenn
auch mit specieller Erlaubniss des apostolischen Stuhles, besitzen,
aufgefordert, dieselben binnen 60 Tagen an die Inquisition abzuliefern
u. 8. w. (s. 0. S. 172).
Aehnliche Bullen oder Breven wurden von mehreren fol-
genden Päpsten erlassen: von Paul IV. 1558 unmittelbar vor
der Publication seines Iudex (s. u. § 21), von Pius IV. gleich-
zeitig mit der Publication des sogenannten Trienter Index im
J. 1564«), von Paul V. im J. 1612, von Gregor XV. im J. 1623,
von Urban VIII. im J. 1627 2).
Natürlich wurden nach der Zurücknahme aller Ermächti-
gungen zum Lesen verbotener Bücher von den Päpsten einzelnen
Personen neue Ermächtigungen ertheilt, aber jetzt nicht ohne
Schwierigkeit. Girolamo Muzio z. B., der sich um die Ver-
folgung der Ketzer im nördlichen Italien und das Aufspüren
ketzerischer Bücher eifrig bemühte und mit den Cardinäleu
und Beamten der Inquisition in Gorrespondenz stand, klagt
im November 1550, in einem Briefe an den Generalcom-
missar der Inquisition, P. Theofilo, er habe sich bisher ver-
gebens bemüht, die Ermächtigung zu erhalten, und bittet, man
möge doch in Rom seine Schriften ansehen, aus denen sich er-
gebe, dass ihm die Erlaubniss ertheilt werden könne. Im März
1551 erhielt er denn auch von dem Papste die Ermächtigung^).
Besonders charakteristisch ist das Breve Julius' III. vom
4. Juni 1551 an die Cardinäle, welche zu Präsidenten des Trienter
Goncils ernannt waren:
Da unter den von der Synode zu verhandelnden Dingen dieses
Uns besonders wichtig zu sein scheint, dass die Meinungen und Aus-
sprüche und Schriften der Ketzer vermittelst der durch den h. Geist
enthüllten Wahrheit beseitigt, widerlegt und bekämpft werden, so
ertheilen Wir, damit dieses um so leichter von der Synode ge-
schehen könne, euch kraft apostolischer Autorität durch gegenwär-
tiges die Vollmacht, denjenigen Prälaten und Doctoren der Theolo-
gie und des kanonischen Rechts, welchen es euch gut dünkt, für die
Dauer des Concils und ihrer Theilnahme an demselben zu gestatten.
1) Bull. II, 116.
2) Carena, Tr. de off". S. Inq. P. 2, tit. 10, § 1.
3) Mutio, Lettere catholicbe, Ven. 1571, p. 102. 108.
IB'J Ik-nliiiiniuiiguii üIkt VLTlHjtiiii! Bücher iiacli 1550.
die liiiclier der Lutheriiner und anderer Ketzer suwie alle anderen
Vfi'liutenen Midier zu dem vorbcNagteii Zwecke hei nich zu haWn
lind 211 lesen. Ausserdem erlauben Wir cueh und allen VorbeHBg-
tcn. mit iilluii l'ruteHtaiiteij, nuch mit otl'eukundigen Ketzern, welche
dorlbiii klimmen, zu vi'rbiinilehi. zu verkehren und zu ii]ireclien, ohne
in eiiiii kireliliehe CenKiir zu verl'nllen').
Ute Legiiten Pins' IV. erliieltcn durch ein Breve vom 25.
März 15Ü1 diL'selbi! VollniacLt*). Das Formular, nach welchem
die Le(i;atvn die Erlanbiiiä» crthciltcii, lautet:
Her auMgezeii-hnete Hut deiner Tugend, SittUehkeit und Keli-
f-iöKitüt sowie deine theolugiüche (lelehraamkeit bestimmen uns, dir
diiN zu gewiihren, wiik nach miKerer Ueberzeu^ng nicht minder für
da» L'hrixtliidie liemuiiiwosen, zumal in der Gegenwart, als für dich
heilt^am und geeij;net iHt. Da hIno nnner allerheilif;etcr Herr und
der a)i<»itoliHche Stuhl alle diejenigen, welche die falschen und irri-
gen . . . Meinnnjfen der Lutheraner anhüren und in Schriften letien,
itir e\ui)uiiiiunii'irt und gewit^xeii anderen •Strafen verfallen erklärt
hat, du aber die Schriften und teulliBchen Ansichten der besagten
Ketzer mit Hülfe des heiligen tieiBtes zu beantwurten und in katho-
lischer WeiBe zu widerlegen wünschest, was ohne das T^een der be-
sagten Meinungen nicht mögüeh ist. und, um nicht der Excommuni-
cation zu verfallen, uns dcmüthig gebeten hast, dir die ErianhniRB
/.um Lesen der besagten verbotenen Bücher zu crtlieilen, so wollen
wir dir. in der Huffnung, dass das Lesen der lutherischen Bücher
durch dich der cliristlichen Religion zu nicht geringem Nutzen ge-
reichen werde, und im Vertrauen auf deine gute und aufrichtige Ge-
sinnung, kraft nuHerer Präsidenten- und Legaten- Autorität die Er-
laubniss ertheilen. die in Schriften vorgetragenen Meinungen der be-
sagten Ketzer zn lesen, mit der Krklürung. dass du dadurch nicht
der Kxcommunicatiiin und anderen Strafen verfallen sollst*).
Die spanischeji Mitglieder des Coneils bedurften noch einer
andern Krlaubniss. Carmnza antwortet in seinem später zn be-
sprechenden Process auf die Anklage, er habe verbotene BUeher
geleaen; er halw dazu eine Rrliinhnisä vom Papste gehabt, ond
in Trient (Carranza war l.'i4t>— 4»< und 15Ö1— il* als Theologe
dort) habe der Geäandic des Kiinigs von Spanien, Diego Hurtado
iti tttnämn, ihm nnd den nnileren spanisehcn Tbeologeu nnd
ittfrii, die darum gebeten, die Erlaabniss ertheilt*).
Von dem Cardinal Seripando, der 1503 in Trient starb,
Kaee. p. 304. Theiuer. Acta Conc. Trid. II, 4S2.
Tfctiner I, <Ji!7. 31 Zacc. p. 304.
CblMviuD d« doo. ined. Y, 433.
Erlaubniss zum Lesen derselben. 183
wird berichtet, er habe vor seinem Tode befohlen, alle Bücher
der Häretiker, die er mit Erlaubniss des Papstes des Concils
wegen in seinem Besitze gehabt, sofort zu verbrennen').
Nach der auf die erwähnten Bullen gestützten Anschauung
der Curie gilt also das durch Androhung der Excommunication
eingeschärfte Verbot des Lesens ketzerischer Bücher ohne Er-
laubniss des Papstes nicht nur auch für die gelehrtesten Theo-
logen, sondern auch für die höchstgestellten Würdenträger der
Kirche, Bischöfe und Cardinäle. Die Cardinäle der Inquisition
besitzen diese Erlaubniss auf Grund einer allgemeinen Verord-
nung für die Zeit ihrer Amtsführung. Aber andere Cardinäle,
die Bischöfe u. s. w. bedürfen einer speciellen Ermächtigung,
welche entweder der Papst selbst oder mit seiner Autorisation
die Inquisition, die Index-Congregation oder eine andere Be-
hörde ertheilt«).
Bischöfe können Angehörigen ihrer Diöcesen die Erlaubniss
nur ertheilen, wenn und so weit sie dazu von dem Papste speciell
ermächtigt sind. Nur die Erlaubniss, mit d. c. verbotene Bücher
zu lesen, können die Bischöfe nach einer Bestimmung Clemens'
VHP) jedesmal auf drei Jahre ertheilen.
Dass das BUcherverbot auch für die Cardinäle gilt, zeigt die
Thateache, dass bei dem Inquisitionsprocess gegen Card. Morone
einer der Anklagepunkte war: er habe Bücher von Häretikern be-
sessen, gelesen und anderen zu lesen gegeben. Er antwortete da-
rauf: er habe auf Grund der ihm ertheilten Erlaubniss ketzerische
Bücher angeschafft, um sie widerlegen zu lassen; später habe er die-
selben Sirleto für die päpstliche Bibliothek geschenkt; zurückbe-
halten habe er nur die verbotene Bibel von Seb. Münster; vielleicht
seien aber bei dem Zusammensuchen der Bücher durch ein Versehen
noch einige andere in seinem Hause zurückgeblieben*).
Die Cardinäle der Inquisition haben, wie wir gesehen, für die
Dauer ihrer Amtsführung die Erlaubniss, verbotene Bücher zu lesen,
1) Raynald. a. 1563, 59.
2) Aus eigener Machtvollkommenheit kann nur der Papst diese Er-
laubniss ertheilen, — während der Erledigung des päpstlichen Stuhles,
wie Albit. p. 292 lehrt, nicht das Cardinals-Collegium, wohl aber der
Commissar der Inquisition, dessen Vollmacht während der Sedisvacanz
nicht erlischt.
3) In der Instructio vor seinem Index I, § 2.
4) Arch. della Soc. UI, 462. 466.
184 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1650.
und zwar, wie Pius IV. im J. 1564 «zur Beseitigung aller Zweifel
und Scmpel'' ausdrücklich erklärte, alle verbotenen Bücher, ^auch
die ex professo gegen Uns oder den zeitigen Papst gerichteten"*)»
Sie ertheilten auch ihren Beamten, den Consultoren u. s. w. und den
Local-Inquisitoren diese Erlaubniss ; als ürban VIIL 1631 alle bis
dahin ertheilten Licenzen zurückgenommen, erklärte er 1633, auf jene
von der Inquisition ertheilten beziehe sich diese Zurücknahme nicht*).
Pius IV. gab in der Bulle vom J. 1564 den Cardin älen-Inquisitoren
auch die Vollmacht, in Plenarsitzungen anderen für Lebenszeit oder
für eine bestimmte Zeit die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher
zu ertheilen. Auf Grund dieser Vollmacht ertheilten z. B. im J. 1 567
die vier Cardinäle der Inquisition ^auf Grund eines einstimmigen
Beschlusses" dem gelehrten Cardinal Wilhelm Sirleto „in Anbetracht
seines Eifers für den katholischen Glauben bis auf Widerruf die von
ihm erbetene Erlaubniss, alle im Index verbotenen Bücher, auch die
der Häresiarchen, von denen die 2. Kegel des Index handelt, auch
alle gottlosen und abergläubischen Bücher heimlich und mit Ver-
meidung des Aergcrnisses für andere zu behalten und zu lesen und
die Irrthümer der Ketzer, wenn er wolle, zu bekämpfen" *). — Seit
Sixtus V. wurde eine solche allgemeine Erlaubniss nur in den unter
dem Vorsitze des Papstes gehaltenen Sitzungen der Inquisition, und
zwar nur für Nicht-Italiener ertheilt. Sonst ertheilte die Inquisition
nur mit Einschränkungen die Erlaubniss, gewöhnlich nur für be-
stimmte Bücher, und vielfach erst, nachdem der Bittsteller sich durch
Vorlegung von Schriften als qualificirt zum Widerlegen der Ketzer
ausgewiesen*).
Ein interessantes Beispiel der ersten Art ist das für den Con-
vertiten Justus Calvinus oder, wie er sich nach seiner Conversion
nannte, Justus Baronius unter dem 28. Nov. 1602 ausgestellte Do-
cument *). Es heisst darin: das Gesuch des Baronius um die Er-
laubniss, verbotene Bücher zum Zweck der Widerlegung derselben
zu lesen, sei in der unter dem Vorsitz Clemens' VIII. gehaltenen
Sitzung vorgelegt worden; es werde ihm für 5 Jahre die Erlaubniss
ertheilt, alle verbotenen Bücher zu lesen und zu behalten, aber nur
heimlich und für sich und ohne Aergerniss und Gefahr für andere;
eine Abschrift dieser Urkunde und ein Verzeichniss der Bücher, die
1) Bull. II, 119.
2) Carena, Tr. de off. S. Inq. P.12 tit. 10, § 1, 15.
3) Das ActcDstück steht bei Zacc. p. 305, der bemerkt, dass nach
demselben Formular in demselben Jahro dem zum Bischof ernannten
Dominicaner Bartolommeo de Lugo die Erlaubniss ertheilt worden sei.
4) Albit. p. 290. 292.
5) Caesaris Card. Baronii Epistolae ed. R. Albericius, II, 140. Aach
in Justi Baronii Veteracastrensis Epistolarum sacr. 11. 6, Mog. 1605, p. 835.
Hier steht auch p. 284 das Zcugniss über die Abschwörung des Baronius
vor der Inquisition am 28. Juni 1602.
Erlaubniss zum Lesen dersellien. 185
er lesen und behalten wolle, habe er dem Ortsbischof einzureichen;
diesem seien nach Ablauf der 5 Jahre oder nach dem Tode des
Baronius die Bücher abzuliefern, damit sie nicht in andere Hände
gelangten, sondern verbrannt würden. Wenn Baronius Bücher schrei-
ben wolle, 80 habe er sie vor dem Druck der Inquisition einzusen-
den. — Bis auf den letzten Satz stimmt mit diesem Documente im
wesentlichen das Formular überein, nach welchem die Inquisition
auch später die Ermächtigung ertheilte ^). Dass sich die Inquisition
die Censur der von Baronius zu schreibenden Bücher vorbehielt, die
nach dem gemeinen Hechte dem Bischof zustand, hangt wohl damit
zusammen, dass Baronius erst kürzlich den Protestantismus abge-
schworen. Er schreibt darüber im März 1603 an den Card. Baro-
nius, durch dessen Vermittlung er die Erlaubniss der Inquisition er-
halten hatte: er meine, das werde doch wohl nur von etwa zu
schreibenden dicken Bänden zu verstehen sein, nicht von kleinen
Gelegenheitsschriften, wie z. B. von dem Pseudo-Jubilaeum Luthe-
ranum, das er eben geschrieben und dem der Jesuit Serarius einen
Anhang beigefügt. Solche Schriften müssten rasch erscheinen und
könnten nicht erst nach Rom geschickt werden, würden ja aber von
den ordentlichen Censoren geprüft. Er habe, aber, fügt er bei, da
er nicht sicher sei, ob nicht die Inquisition auch die Vorlegung
solcher Schriften verlange, — weil Gehorsam besser sei als Opfer
und man im Zweifel den sicherem Theil wählen müsse, — diese
Schrift unter einem angenommenen Namen erscheinen lassen, was
freilich zu der später zu erwähnenden Verordnung des Trienter Con-
cils vom J. 1546 nicht stimmte, aber damals schon auch von eifri-
gen Katholiken vielfach geschah.
Die Befugniss der Index- Congregation und des Magister S.
Palatii, die P>laubni8s zum Lesen verbotener Bücher zu ertheilen,
wird später zu besprechen sein.
Päpstliche Nuncien erhielten noch im 1 7. Jahrhundert in ähn-
licher Weise wie Morone 1537 durch ein päpstliches Breve die Er-
laubniss verbotene Bücher zu lesen ^), aber mit der ausdrücklichen
Beschränkung: „zum Zwecke der Bekämpfung der Ketzer ** und „mit
dem Vorbehalt, dass die Bücher nicht aus den betreifenden Provinzen
ausgeführt werden dürfen" ^) ; auch wurden einzelne Bücher von der
1) Z. B. mit dem Documente vom 3. Oct. 1589, welches Michael
Arrodenius erhielt, als er im Auftrage des Herzogs Wilhelm V. von Baiern
Werke des Jo. Aventinus expurgirt herausgeben sollte (Schlözer, Staats-
anzeiger 1782, n, 356), und mit dem, welches im J. 1652 für den Je-
suiten Nie. Wysing ausgefertigt wurde (in der Münchener Hofbibliothek).
2) Das Breve für G. B. Rinucoini vom 15. April 1646 bei G. Aiazzi,
Nunziatura in Irlanda di G. B. Rinuccini, Flor. 1844, p. XXVIll. Gleich-
lautend ist die Ermächtigung für den Nuncius in Köln vom J. 1680 bei
Mejer, Propaganda II, 187.
3) Dieser Vorbehalt steht auch in den unten zu erwähnenden Quin-
166 Bestimmungcu über verbotene Bücher nach 1550.
Erlaubnißs auBgenommen, die Werke von Carolus Molinaeus und Nie.
Machiavelli und die Werke über Astrologia judiciaria. Von diesen
nnd anderen speciellen Ausnahmen wird unten die Kede sein.
Nuncien erhielten auch die Vollmacht, anderen die Erlanbniss
zu ertheilen. So stellte Card. Louis de Vendome, Nuncius in Paris,
1668 dem Staatsrath des Hamcaux ein Document aus, worin es
heisst : „Wir geben dir für 5 Jahre die Erlaubniss, . . . verbotene
Bücher zu lesen, aber nur zu dem Zwecke, dieselben zu prüfen und
die darin enthaltenen Ketzereien und Irrthümer zu widerlegen. Du
darfst sie indess nur lesen ohne Aergerniss und Gefahr für andere
und so geheim, dass sie von keinem andern gelesen werden können,
und so, dass du, wenn du sie liesest, von niemand gehört werden
kannst ... Wir machen dir auch zur Pflicht, falls du lebensge-
fährlich erkrankst, dafür zu sorgen, dass die Bücher nicht nach dei-
nem Ableben in die Hände von unerfahrenen oder ähnlichen Men-
schen gelangen" *).
Selbstverständlich bedürfen Bischöfe für sich eine ausdrückliche
Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher und eine besondere Er-
mächtigung, diese Erlaubniss anderen zu ertheilen. Stanislans Ho-
sius erhielt die Erlaubniss 1555 durch die Vermittlung des Card.
Puteo*), aber wie es scheint, nur für eine bestimmte Zeit ; denn am
29. Juni 1560 schreibt ihm Card. Borromeo: das Breve mit der
Erlaubniss, ketzerische Bücher zu lesen und anderen diese Erlaubniss
zu ertheilen, sei abgegangen; wenn Hosius es noch nicht erhalten
haben sollte, könne er auf Grund der Ermächtigung handeln, die
ihm der Papst vor seiner Abreise von Rom mündlich ertheilt*). —
Albizzi erwähnt (p. 289), Cardinal Harrach habe im J. 1623 die
Vollmacht erhalten, dreizehn von ihm für geeignet gehaltenen (von
ihm namhaft gemachten ?) Personen die Erlaubniss zu ertheilen. In
den sog. Quinquennal-Facultäten, die den deutschen und österreichi-
schen Bischöfen ertheilt werden, findet sich, im wesentlichen gleich-
lautend, auch die Ermächtigung, „die verbotenen Bücher der Häre-
tiker (in manchen Formularen ist beigefügt: „zum Zwecke der Be-
kämpfung derselben**) und andere verbotene Bücher (mit mehr oder
weniger zahlreichen Ausnahmen) zu besitzen und zu lesen, und diese
Ermächtigung ganz oder theilweise für eine bestimmte Zeit solchen
Priestern zu ertheilen, die dazu besonders geeignet seien***). —
quennal-Facul täten und anderen Ermächtigungen ; in der dem Erzpriester
Harrison in England 1615 ertheilten (Dodd, Church Hist. ed. Tierny, V,
App. 181) wird beigefügt; es solle damit nicht verboten werden, solche
Bücher an die päpstlichen Nuncien oder an die Kömische Inquisition zu
schicken (um sie zu dennnciren).
1) Jourdain, Hist. de Tüniv. p. 265.
2) Bromato II, 538.
3) Cyprianus, Tabularium p. 100.
4) Schulte, System S. 422. Mejer, Propaganda II, 204. Die Erlaub-
Erlaubniss zum Lesen derselben. 187
Laien wird die Erlaubniss nur mit dem Zusätze ertheilt, dass sie
^von derselben nur nach dem Rathe ihres Beichtvaters Gebrauch
machen", also nur diejenigen Bücher, welche dieser gestatte, lesen
dürften ^).
Der Jesuiten -General hatte eine Zeitlang die Vollmacht, die
Erlaubniss seinen Untergebenen zu ertheilen (auch der General der
Minoriten beanspruchte eine solche Vollmacht), sie wurde aber spä-
testens durch Urban VIIL ihm entzogen, und Albizzi fp. 289) er-
wähnt mit augenscheinlicher Befriedigung, dass zu seiner Zeit auch
der General der Jesuiten sich von der Inquisitiou die Erlaubniss
für sich nachsuchte.
Wie es katholischen Fürsten erging, die sich um eine solche
Erlaubniss bemühten, zeigt folgendes : Als Cardinal Morone im Sept.
1576 als Legat in Kegensburg war, wurde er im Auftrage des
Herzogs Albrecht Y. von Baiern um ein „Indult" bezüglich der
verbotenen Bücher gebeten: der Herzog werde zwar wohl keine ex
professo ketzerischen Bücher über theologische Sachen, aber viel-
leicht mitunter geschichtliche oder andere Bücher lesen wollen, die
verboten seien ; namentlich aber bedürfe er eines Indultes für die
Bibliothek, welche ohne Zweifel sehr viele auf dem Index stehende
Bücher besitze und, um möglichst vollkommen zu werden, noch mehr
dergleichen werde anschaffen müssen; es liege ja auch im Interesse
der Kirche, dass man die Bücher der Ketzer dort aufbewahre, deren
Abfassung sie selbst schon bei Lebzeiten bereut hätten*). Morone
niss, welche H. Klee von dem Generalvicar Humann erhielt, ist abgedruckt
in Klee's Dogmatik, 3. Aufl. I, XXVHI.
1) Heymans, De prohib. libr. p. 327. Heymans meint übrigens, die
Formel „zum Zwecke sie zu widerlegen", sei nnicht stricte zu nehmen"
und man dürfe „eine Erlaubniss präsumiren für solche Bücher von Häre-
tikern, in denen die christliche Religion oder die katholische Kirche ver-
thcidigt würden, die zu verbieten also schädlich sein würde". Er nennt
als solche Häretiker beispielsweise Cobbet, Hurter und Voigt. — Vernünftige
Bischöfe interpretiren ihre Vollmacht, wenn sie um Ertheilung der Er-
laubniss gebeten werden, was nicht allzu oft vorkommen mag, sehr lax.
In Köln hatte man unter Card. Geissei gedruckte Formulare, die ganz
den Quinquennal-Facultäten entsprachen und eine ganze Reihe von Büchern
aufzählten, welche von der Erlaubniss ausgenommen waren, — Hermes
und Günther wurden noch beigefügt; — aber ich habe als provisorischer
Inspector des Convicts von dem Generalvicar für jeden Studenten, der mich
um meine Vermittlung bat, ohne Schwierigkeit und ohne Reservation die
Erlaubniss erhalten, dass er die für seine Studien nützlichen verbotenen
Bücher lesen dürfe.
2) Memoriale eorum, quae Ser. Ducis Alberti nomine a Leg. Pont.
Card. Morono petenda et solicitanda videntur, im Munchener Kreisarchiv
188 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1560.
antwortete: es sei eigentlich das Eichtige, dass der Herzog solche
Bücher (hnjusmodi pestem) nicht in seine Bibliothek aufnehme)
sondern verbrennen lasse; dafür würde die ganze Nachwelt ihn
loben. Wenn das Aufbewahren der Bücher ihm selbst auch keine
Gefahr bringe, so könne es doch für seine Nachkommen oder
für deren Diener gefährlich werden, wie ja auch das Aufbewahren
der Bücher des Hus böse Folgen in der Gegenwart gehabt habe.
Wenn aber der Herzog darauf bestehe, wolle er die Erlaubniss er-
theilen, unter der Bedingung, dass die verbotenen Bücher an einem
besondem Orte aufbewahrt würden und den Besuchern der Biblio-
thek nicht zugänglich seien. Das Beste scheine aber ihm und seinen
Käthen, wenigstens die theologischen Bücher ganz zu beseitigen;
wegen der geschichtlichen und dgl. könne leichter dispensirt werden.
Der Herzog erhielt wirklich die Erlaubniss für Lebenszeit.
Sein Nachfolger Wilhelm V. erhielt 1579 durch den Nuncius Nin-
guarda die Erlaubniss, die Bücher in der Bibliothek zu behalten unter
der Bedingung, dass sie in einem besondern Baume aufbewahrt
würden, der mit zwei Schlüsseln versperrt sei, von denen einen der
Herzog, den anderen ein Theologe haben solle, und dass die Bücher
nur solclien, welche die Erlaubniss zum Lesen derselben hätten,
zum Zwecke der Vertheidigung des katholischen Glaubens geliehen
werden dürften*). Später erbat dann Herzog Wilhelm in einem
Schreiben an Clemens VIII*) dieselbe Erlaubniss mit den von
Ninguarda festgesetzten Modalitäten für alle seine Nachfolger, „die
eine sehr grosse und von der göttlichen Rache heimzusuchende
Sünde begehen würden, wenn sie auch nur einen Finger breit von
seinen und seiner frommen Vorfahren Fussstapfen abweichen würden".
Die Inquisition erklärte aber „eine solche generelle und perpetuir-
liche Concession'' für bedenklich und gewährte sie 5. Febr. 1598
nur für den Herzog und seinen Nachfolger Maximilian in Anbetracht
ihrer Frömmigkeit und ihres Eifers für den katholischen Glauben®).
Spätere Päpste haben wiederholt solche Privilegien für Biblio-
theken ohne Zeitbeschränkung verliehen. So gestattete Clemens IX.
in einem Breve vom 17. Mai 1669 dem zeitigen Besitzer der Barberiui-
schen Bibliothek zu Rom und seinem Bibliothekar, „alle Bücher von
verdammten Autoren, auch denen der 1. CK, auch die von allge-
meinen Concilien oder dem apostolischen Stuhle verbotenen oder zu
verbietenden Bücher in der Bibliothek aufzustellen, zu lesen, zu be-
Repert. IV, Lit. r, fasc. 2—8. Am Rande steht: Quae respondit Card.
20. Spt. 1576. Auf das oben Mitgetheiltc folgt noch der Satz: Atque hoc
modo tacite consnlatur Serenissimi conscientiae, quia perlegendis haere-
ticorum literis abstinere non potest. Also auch für das Lesen von Briefen
von Ketzern (protestantischen Fürsten?) suchte man ein Indult nach!
1) A. J. P. 4, UIO. Theiner, Ann. eccl. II, 10.
2) Abgedr. bei Stieve, das kirchl. Polizeiregiment S. 67.
3) Stieve, Briefe und Acten zur Gesch. des 80j. Kr. IV, 409. 524.
Erlaubniss zum Lesen derselben . 189
halten und zu vererben; nur seien die Bücher, welche über die Re-
ligion oder den Glauben handeln oder gegen den katholischen Glau-
ben gerichtet sind, geheim und so, dass für niemand Aergerniss
oder Gefahr entstehe (in anderen Fällen heisst es: in einem beson-
deren verschlossenen Kaume) aufzubewahren*' '). — In einer Schrift
des J. B. Cardona, Bischofs von Dertosa, über die Einrichtung der
Bibliothek im Kscurial vom J, 1587 wird bemerkt: es bedürfe eines
päpstlichen Privilegiums, damit die spanischen Könige auch die von
den Päpsten oder den Inquisitoren verbotenen Bücher in der Bi-
bliothek aufbewahren dürften, und zwar an einem geheimen Orte, zu
dem niemand ohne specielle Erlaubniss der Inquisition Zutritt haben
dürfe«).
In mehreren Bullen, welche für Bibliotheken erlassen sind,
wird neben der Erlaubniss, verbotene Bücher zu besitzen, oder auch
ohne diese, über diejenigen, welche Bücher wegnehmen, die Ex-
communicatio latae sententiae (s. o. S. 75) verhängt, mitunter so-
gar über diejenigen, welche Bücher ausleihen oder aus den Biblio-
thekräumen wegtragen ^).
1) Schelhom, Samml. f. Gesch. I, 152. Im Bullarium stehen manche
ähnliche Privilegien, so von Innocenz XL 21. Apr. 1683 für die Sapienza,
von Clemens XL 12. Febr. 1701 für die Casanatensiscbe Bibliothek und
1720 für die Bibliothek der Franciscaner zu Urbino, von Benedict XIV.
21. Febr. 1749 für die Bibliotheken der Canonici Reguläres S. Crucis zu
Coimbra und Lissabon; er gestattete zugleich den Bibliothekaren beider
Bibliotheken und je zwei Gehülfen derselben und den Leotoren der Li-
turgik und der Kirchengeschichte, alle verbotenen Bücher, auch die ex
professo gegen die Religion und den Glauben gerichteten, zu lesen, zu be-
halteu und ihren Nachfolgern zu überliefern.
2) De regia S. Lauren tii Bibliotheca, nach der 4. Aufl. von 1587
abgedruckt in Clarorum Hispanorum opuscula selecta et rariora, . . .
collecta et illustrata a Franc. Cerdano et Rico Yalentino. Vol. I. Madr.
1781, p. 517.
3) So in dem Privileg Sixtus* V. vom J. 1587 für die Bibliothek
der Observanten in Rom (Bull. II, 649), Innocenz' X. vom J. 1653 für
die von Angelico Aprosio, Generalvicar der Augustiner-Eremiten, zu Vinti-
miglia gegründete Bibliothek, abgedruckt in Bibliotheca Aprosiana ed.
J. C. Wolfius, 1734, p. XI. -- Andere derartige Privilegien von Urban
VIIL im Bull. V, 374. 382. 450, von Clemens XL im Bull. Cont. IL 67.
114, von Benedict XIV. in dem Breve vom 12. Febr. 1757. In der In-
schrift der Vaticanischen Bibliothek von Sixtus V. (bei Leti, Vita di
Sisto V. III, 333) heisst es: Si quis libros partemve aliquam abstulerit,
extraxerit, eraserit . . . illico a fidelium communione ejectus, maledictus,
anathematis vinculo colligatus esto ; a quoquam praeterquam a Rom. Pont,
ne absolvitor.
190 Index von Lucoa 1645.
In Spanien nahm man es mit der Ertheilung der Erlaubniss
zum Lesen verbotener Bücher natürlich noch strenger als in Rom :
Andrew Sali, Rector des irischen GoUegs und Professor der Contro-
versen zu Salnmanca, erhielt 15. Juni 1652 die Erlaubniss für ein
Jahr, mit der Verpflichtung, wenn er anstössige Sätze finde, die
nicht schon im Index expurgatorius ständen, davon der Inquisition
Mittheilung zu machen. Als ihm die Erlaubniss für ein weiteres
Jahr ertheilt wurde, sprach der Inquisitor seine Missbilligung da-
rüber aus, dass er keine Sätze denuncirt habe. Protestantische
Bücher bekam übrigens der Professor der Controversen, wie er sagt,
in Salamanca nicht zu sehen *).
19. Der ladex des Senates von Lncca Yom J. 1545.
Das ei*ste in Italien veröffentlichte Verzeichniss von ver-
botenen Büchern, welches man einen Index nennen kann, ist
nicht von einer kirchlichen Behörde, sondern, allerdings unter
dem Einflasse der Römischen Inquisition, von dem Senate (Mag-
nificum Concilium generale) der Stadt Lucca publicirt worden,
mit einer Verordnung vom 12. Mai 1545, worin befohlen wird,
die verzeichneten Bücher binnen 14 Tagen zu verbrennen oder
unmittelbar oder durch Vermittlung des Beichtvaters an den
Vicar des Bischofs abzuliefern, bei Strafe der Vermögensein-
ziehung*). Im J. 1549 wurde das Verbot aller über die h. Schrift
oder die Religion handelnden anonymen Schriften, die nicht von
dem Vicar des Bischofs gut geheissen seien, beigefügt.
Der (lateinisch abgefasste) Index enthält die Namen von
28 Schriftstellern, deren sämmtliche Werke verboten werden,
dann Summarium scripturae (ohne Zweifel die italienische Ueber-
setzung, s. o. S. 104) und einige andere Bücher, zuletzt Quae-
dam Simplex declaratio Petri Martiris Vermili flor. „und die
Bücher des besagten Petrus Martyr und des Bernardus [sie]
Ochinus von Siena nach ihrem Abfall von der Einheit der h.
Mutter Kirche; Pasquillus in spiritu und alle anderen [Bücher],
/
1) Mendham p. 137.
2) Die Verordnung mit dem Index hei G. Tommasi, Sommario della
Storia di Lucca (Archivio stör. it. S. 1, t. 10, 1847), Doc. p. 166.
Index von Lacca 1545. 191
welche eine Ketzerei und eine der Ketzerei verdächtige Meinung
enthalten, und namentlich die Bücher, welche von der h. Rö-
mischen Kirche verdammt sind, ad declarationem spectabilis ofüi-
cii pro tempore existentis** (über diese Schlussworte s. u.).
Quaedam simplex declaratio Petri Martyris Yermigli ist ein
Schreiben an die Lucchesen, welches Vermigli bei seiner Flucht zu-
röckliess und welches als Catechismus ovvero espositione del sym-
bolo apostolico zu Basel 1546 gedruckt wurde'). Es steht im Par.
51 unter Vermigli's Namen als Una simplice declaratione sopra gli
12 articoli de la fede christiana, im Yen. und danach im Köm. Ind.
(bis Ben., der die im Index stehenden Catechismen strich und dafür
das allgemeine Verbot der Catechismi haereticorum substituirte) ohne
Namen als Cat. s. symboli expositio.
Pasquillus in spiritu ist ohne Zweifel identisch mit den neben
den Predigten von Ochino in dem Edict der Kömischen Inquisition
von 1543 genannten Pasquill! in ecstasi und mit dem Pasquino in
estasi bei Casa. Es wird also die erste Form des Pasquillus ecsta- !
ticus (in italienischer TJebersetzung) sein, die Coelius Secundus Curio \
1544 (lateinisch) in seine Pasquillorum tomi duo aufnahm^). Wahr-
scheinlich ist damit identisch die im Lov. 58 stehende Ausgabe:
Pasquilli extatici seu nuper e coelo reversi de rebus partim superis,
partim inter bomines in christiana religione passim hodie contro-
versis cum Marphorio coUoquium*), die auffallender Weise von
P. nicht aufgenommen wurde, wohl aber von Q. und aus diesem
dann auch von S. Cl. Eine andere Bearbeitung steht im Par. 51 :
Pasquillus ecstaticus, non ille prior (d. i. nicht der eben genannte),
sed totus plane alter, auctus et expolitus, cum aliquot aliis sanctis
pariter et lepidis dialogis [Coelii See. Curionis], Genevae per Jo.
Girardum 1544*). Diese Ausgabe ist auch im Med. und Ven. ge-
meint. Von ihr gibt es eine italienische Bearbeitung: Pasquino in
estasi nuovo e molto piü pieno che il primo, insieme col viaggio
deir inferno, aggiunte le propositioni del medesimo da disputare nel
Concilio di Trento. Koma s. a.*). Diese wurde erst 1621 auf den
1) Schmidt, P. M. Vermigli S. 37.
2) II, 427—529: Pasquillus extaticus et Marphorius.
3) S. 1. et. a. 8. und Genf 1544; s. Clement VII, 370.
4) 257 S. 8. Clement VII, 373.
5) Zts. f. bist. Tb. 1860, 583. Casa bcricbtet in einem Briefe vom
J. 1546 (Lettere d'uoraini illustri, Parma 1853, 1, 151, 663), er babc als
Nancius in Venedig den frübern Mönch Francesco Strozzi verhaften lassen,
der als Uebersetzer des Pasquino in estasi gelte; die Venetianische Re-
gierung wolle aber nicht gestatten, dass er ihn nach Kom schicke. Wenn
der oben erwähnte Pasquino, wie gewöhnlich angenommen wird, zu Venedig
1547 gedruckt ist, wird Strozzi also die erste Form übcrBetzt haben. —
182 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.
die Bücher der Lutheraner und anderer Ketzer sowie alle anderen
verbotenen Bücher zu dem vorbesagten Zwecke bei Rieh zu haben
und zu lesen. Ausserdem erlauben Wir euch und allen Vorbesag-
ten, mit allen Protestanten, auch mit offenkundigen Ketzern, welche
dorthin kommen, zu verhandeln, zu verkehren und zu sprechen, ohne
in eine kirchliche Censur zu verfallen*).
Die Legaten Pius' IV. erhielten durch ein Breve vom 25.
März 1561 dieselbe Vollmacht 2). Das Formular, nach welchem
die Legaten die Erlaubniss ertheilten, lautet:
Der ausgezeichnete Ruf deiner Tugend, Sittlichkeit und Reli-
giosität sowie deine theologische Gelehrsamkeit bestimmen uns, dir
das zu gewähren, was nach unserer Ueberzeugung nicht minder für
das christliche Gemeinwesen, zumal in der Gegenwart, als für dich
heilsam und geeignet ist. Da also unser allerheiligster Herr und
der apostolische Stuhl alle diejenigen, welche die falschen und irri-
gen . . . Meinungen der Lutheraner anhören und in Schriften lesen,
für excomraunicirt und gewissen anderen Strafen verfallen erklärt
hat, du aber die Schriften und teuflischen Ansichten der besagten
Ketzer mit Hülfe des heiligen Geistes zu beantworten und in katho-
lischer Weise zu widerlegen wünschest, was ohne das Lesen der be-
sagten Meinungen nicht möglich ist, und, um nicht der Excommuni-
cation zu verfallen, uns demüthig gebeten hast, dir die Erlaubniss
zum Lesen der besagten verbotenen Bücher zu ertheilen, so wollen
wir dir, in der Hoffnung, dass das Lesen der lutherischen Bücher
durch dich der christlichen Religion zu nicht geringem Nutzen ge-
reichen werde, und im Vertrauen auf deine gute und aufrichtige Ge-
sinnung, kraft unserer Präsidenten- und Legaten- Autorität die Er-
laubniss ertheilen, die in Schriften vorgetragenen Meinungen der be-
sagten Ketzer zu lesen, mit der Erklärung, dass du dadurch nicht
der Excommunication und anderen Strafen verfallen sollst^).
Die spanischen Mitglieder des Concils bedurften noch einer
andern Erlaubniss. Carranza antwortet in seinem später zu be-
sprechenden Process auf die Anklage, er habe verbotene Bücher
gelesen: er habe dazu eine Erlaubniss vom Papste gehabt, und
zu Trient (Carranza war 154G— 48 und 1551—52 als Theologe
dort) habe der Gesandte des Königs von Spanien, Diego Hurtado
de Mendoza, ihm und den anderen spanischen Theologen und
Bischofen, die darum gebeten, die Erlaubniss ertheilt*).
Von dem Cardinal Seripando, der 1563 in Trient starb,
1) Zacc. p. 304. Theiner, Acta Conc. Trid. II, 482.
2) Theiner I, 667. 3) Zacc. p. 304.
4) Coleccion de doc. ined. V, 433.
Erlaubniss zum Lesen derselben. 183
wird berichtet, er habe vor seinem Tode befohlen, alle Bücher
der Häretiker, die er mit Erlaubniss des Papstes des Conciis
wegen in seinem Besitze gehabt, sofort zu verbrennen').
Nach der auf die erwähnten Bullen gestützten Anschauung
der Curie gilt also das durch Androhung der Excommunication
eingeschärfte Verbot des Lesens ketzerischer Bücher ohne Er-
laubniss des Papstes nicht nur auch für die gelehrtesten Theo-
logen, sondern auch für die höchstgestellten Würdenträger der
Kirche, Bischöfe und Cardinäle. Die Cardinäle der Inquisition
besitzen diese Erlaubniss auf Grund einer allgemeinen Verord-
nung für die Zeit ihrer Amtsführung. Aber andere Cardinäle,
die Bischöfe u. s. w. bedürfen einer speciellen Ermächtigung,
welche entweder der Papst selbst oder mit seiner Autorisation
die Inquisition, die Index-Congregation oder eine andere Be-
hörde ertheilt«),
Bischöfe können Angehörigen ihrer Diöcesen die Erlaubniss
nur ertheilen, wenn und so weit sie dazu von dem Papste speciell
ermächtigt sind. Nur die Erlaubniss, mit d. c. verbotene Bücher
zu lesen, können die Bischöfe nach einer Bestimmung Clemens'
VHP) jedesmal auf drei Jahre ertheilen.
Dass das Bücherverbot auch für die Cardinäle gilt, zeigt die
Thatsache, dass bei dem Inquisitionsprocess gegen Card. Morone
einer der Anklagepunkte war: er habe Bücher von Häretikern be-
sessen, gelesen und anderen zu lesen gegeben. Er antwortete da-
rauf: er habe auf Grund der ihm ertheilten Erlaubniss ketzerische
Bücher angeschafft, um sie widerlegen zu lassen; später habe er die-
selben Sirleto für die päpstliche Bibliothek geschenkt; zurückbe-
halten habe er nur die verbotene Bibel von Seb. Münster ; vielleicht
seien aber bei dem Zusammensuchen der Bücher durch ein Versehen
noch einige andere in seinem Hause zurückgeblieben*).
Die Cardinäle der Inquisition haben, wie wir gesehen, für die
Dauer ihrer Amtsführung die Erlaubniss, verbotene Bücher zu lesen,
1) Raynald. a. 1563, 59.
2) Aus eigener Machtvollkommenheit kaun nur der Papst diese Er-
laubniss ertheilen, — während der Erledigung des päpstlichen Stuhles,
wie Albit. p. 292 lehrt, nicht das Cardiuals-Collegium, wohl aber der
Commissar der Inquisition» dessen Vollmacht während der Sedisvacanz
nicht erlischt.
3) In der Instructio vor seinem Index I, § 2.
4) Arch. della Soc. UI, 462. 465.
184 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.
und zwar, wie Pius IV. im J. 1564 „zur Beseitigung aller Zweifel
und Scrupel** ausdrücklich erklärte, alle verbotenen Bücher, „auch
die ex professo gegen Uns oder den zeitigen Papst gerichteten" *).
Sie ertheilten auch ihren Beamten, den Consultoren u. s. w. und den
Local-Inquisitoren diese Erlaubniss ; als ürban VIII. 1631 alle bis
dahin ertheilten Licenzen zurückgenommen, erklärte er 1633, auf jene
von der Inquisition ertheilten beziehe sich diese Zurücknahme nicht *).
Pius IV. gab in der Bulle vom J. 1564 den Cardinälen-Inquisitoren
auch die Vollmacht, in Plenarsitzungen anderen für Lebenszeit oder
für eine bestimmte Zeit die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher
zu ertheilen. Auf Grund dieser Vollmacht ertheilten z. B. im J. 1567
die vier Cardinäle der Inquisition „auf Grund eines einstimmigen
Beschlusses" dem gelehrten Cardinal Wilhelm Sirleto „in Anbetracht
seines Eifers für den katholischen Glauben bis auf Widerruf die von
ihm erbetene Erlaubniss, alle im Index verbotenen Bücher, auch die
der Häresiarchen, von denen die 2. Kegel des Index handelt, auch
alle gottlosen und abergläubischen Bücher heimlich und mit Ver-
meidung des Aergernisses für andere zu behalten und zu lesen und
die Irrthümer der Ketzer, wenn er wolle, zu bekämpfen" *). — Seit
Sixtus V. wurde eine solche allgemeine Erlaubniss nur in den unter
dem Vorsitze des Papstes gehaltenen Sitzungen der Inquisition, und
zwar nur für Nicht-Italiener ertheilt. Sonst ertheilte die Inquisition
nur mit Einschränkungen die Erlaubniss, gewöhnlich nur für be-
stimmte Bücher, und vielfach erst, nachdem der Bittsteller sich durch
Vorlegung von Schriften als qualificirt zum Widerlegen der Ketzer
ausgewiesen*).
Ein interessantes Beispiel der ersten Art ist das für den Con-
vertiten Justus Calvinus oder, wie er sich nach seiner Conversion
nannte, Justus Baronius unter dem 28. Nov. 1602 ausgestellte Do-
cument^). Es heisst darin: das Gesuch des Baronius um die Er-
laubniss, verbotene Bücher zum Zweck der Widerlegung derselben
zu lesen, sei in der unter dem Vorsitz Clemens* VIII. gehaltenen
Sitzung vorgelegt worden ; es werde ihm für 5 Jahre die Erlaubniss
ertheilt, alle verbotenen Bücher zu lesen und zu behalten, aber nur
heimlich und für sich und ohne Aergemiss und Gefahr für andere;
eine Abschrift dieser Urkunde und ein Verzeichniss der Bücher, die
1) Bull. II, 119.
2) Carena, Tr. de ofif. S. Inq. P.;2 tit. 10, § 1, 15.
3) Das Actenstück steht bei Zacc. p. 305, der bemerkt, dass nach
demselben Formular in demselben Jahro dem zum Bischof ernannten
Dominicaner Bartolommeo de Lugo die Erlaubniss ertheilt worden sei.
4) Albit. p. 290. 292.
5) Caesaris Card. Baronii Epistolae ed. R. Albericius, II, 140. Auch
in Justi Baronii Veteracastrensis Epistolarum sacr. 11. 6, Mog. 1605, p. S35.
Hier steht auch p. 284 das Zeugniss über die Abschwörung des Baronius
vor der Inquisition am 28. Juni 1602.
Erlaubniss zum Lesen derselben. 185
er lesen und behalten wolle, habe er dem Ortsbiscbof einzureichen;
diesem seien nach Ablauf der 5 Jahre oder nach dem Tode des
Baronius die Bücher abzuliefei*n , damit sie nicht in andere Hände
gelangten, sondern verbrannt würden. Wenn Baronius Bücher schrei-
ben wolle, so habe er sie vor dem Druck der Inquisition einzusen-
den. — Bis auf den letzten Satz stimmt mit diesem Documente im
wesentlichen das Formular überein, nach welchem die Inquisition
auch später die Ermächtigung ertheilte ^). Dass sich die Inquisition
die Censur der von Baronius zu schreibenden Bücher vorbehielt, die
nach dem gemeinen Hechte dem Bischof zustand, hängt wohl damit
zusammen, dass Baronius erst kürzlich den Protestantismus abge-
schworen. Er schreibt darüber im März 1603 an den Card. Baro-
nius, durch dessen Vermittlung er die Erlaubniss der Inquisition er-
halten hatte: er meine, das werde doch wohl nur von etwa zu
schreibenden dicken Bänden zu verstehen sein, nicht von kleinen
Gelegenheitsschriften, wie z. B. von dem Pseudo-Jubilaeum Luthe-
ranum, das er eben geschrieben und dem der Jesuit Serarius einen
Anhang beigefügt. Solche Schriften müssten rasch erscheinen und
könnten nicht erst nach Rom geschickt werden, würden ja aber von
den ordentlichen Censoren geprüft. Er habe, aber, fügt er bei, da
er nicht sicher sei, ob nicht die Inquisition auch die Vorlegung
solcher Schriften verlange, — weil Gehorsam besser sei als Opfer
und man im Zweifel den sicherern Theil wählen müsse, — diese
Schrift unter einem angenommenen Namen erscheinen lassen, was
freilich zu der später zu erwähnenden Verordnung des Trienter Con-
cils vom J. 1546 nicht stimmte, aber damals schon auch von eifri-
gen Katholiken vielfach geschah.
Die Befugniss der Index - Congregation und des Magister S.
Palatii, die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher zu ertheilen,
wird später zu besprechen sein.
Päpstliche Nuncien erhielten noch im 1 7. Jahrhundert in ähn-
licher Weise wie Morone 1537 durch ein päpstliches Breve die Er-
laubniss verbotene Bücher zu lesen ^), aber mit der ausdrücklichen
Beschränkung: „zum Zwecke der Bekämpfung der Ketzer* und „mit
dem Vorbehalt, dass die Bücher nicht aus den betreffenden Provinzen
ausgeführt werden dürfen^* *) ; auch wurden einzelne Bücher von der
1) Z. B. mit dem Documente vom 3. Oct. 1589, welches Michael
Arrodenius erhielt, als er im Auftrage des Herzogs Wilhelm V. von Baiem
Werke des Jo. Aventinus expurgirt herausgeben sollte (Schlözer, Staats-
anzeiger 1782, II, 366), und mit dem, welches im J. 1652 für den Je-
suiten Nie Wysing ausgefertigt wurde (in der Münchener Hofbibliotbek).
2) Das Breve für G. B. Rinucoini vom 15. April 1645 bei G. Aiazzi,
Nunziatura in Irlanda di G. B. Rinuccini, Flor. 1844, p. XXVIII. Gleich-
lautend ist die Ermächtigung für den Nuncius in Köln vom J. 1680 bei
Mejer, Propaganda II, 187.
3) Dieser Vorbehalt steht auch in den unten zu erwähnenden Quin-
186 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1550.
Erlaubnies ausgenommen, die Werke von Carolas Molinaeus und Nie.
Machiavelli und die Werke über Astrologia judiciaria. Von diesen
und anderen speciellen Ausnahmen wird unten die Kede sein.
Nuncien erhielten auch die Vollmacht, anderen die Erlaubniss
zu ertheilen. So stellte Card. Louis de Vendome, Nuncius in Paris,
1668 dem Staatsrath des Hameaux ein Document aus, worin es
heisst : „Wir geben dir für 5 Jahre die Erlaubniss, . . . verbotene
Bücher zu lesen, aber nur zu dem Zwecke, dieselben zu prüfen und
die darin enthaltenen Ketzereien und Irrthümer zu widerlegen. Du
darfst sie indess nur lesen ohne Aergerniss und Gefahr für andere
und 80 geheim, dass sie von keinem andern gelesen werden können,
und so, dass du, wenn du sie liesest, von niemand gehört werden
kannst . . . Wir machen dir auch zur Pflicht, falls du lebensge-
fährlich erkrankst, dafür zu sorgen, dass die Bücher nicht nach dei-
nem Ableben in die Hände von unerfahrenen oder ähnlichen Men-
schen gelangen" *).
Selbstverständlich bedürfen Bischöfe für sich eine ausdrückliche
Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher und eine besondere Er-
mächtigung, diese Erlaubniss anderen zu ertheilen. Stanislaus Ho-
sius erhielt die Erlaubniss 1555 durch die Vermittlung des Card.
Puteo*), aber wie es scheint, nur für eine bestimmte Zeit; denn am
29. Juni 1560 schreibt ihm Card. Borromeo: das Breve mit der
Erlaubniss, ketzerische Bücher zu lesen und anderen diese Erlaubniss
zu ertheilen, sei abgegangen; wenn Hosius es noch nicht erhalten
haben sollte, könne er auf Grund der Ermächtigung handeln, die
ihm der Papst vor seiner Abreise von Rom mündlich ertheilt*). —
Albizzi erwähnt (p. 289), Cardinal Harrach habe im J. 1623 die
Vollmacht erhalten, dreizehn von ihm für geeignet gehaltenen (von
ihm namhaft gemachten ?) Personen die Erlaubniss zu ertheilen. In
den sog. Quinquennal-Facultäten, die den deutschen und österreichi-
schen Bischöfen ertheilt werden, findet sich, im wesentlichen gleich-
lautend, auch die Ermächtigung, „die verbotenen Bücher der Häre-
tiker (in manchen Formularen ist beigefügt: „zum Zwecke der Be-
kämpfung derselben"*) und andere verbotene Bücher (mit mehr oder
weniger zahlreichen Ausnahmen) zu besitzen und zu lesen, und diese
Ermächtigung ganz oder theilweise für eine bestimmte Zeit solchen
Priestern zu ertheilen, die dazu besonders geeignet seien* *). —
quennal-Facultäten und anderen Ermächtigungen ; in der dem Erzpriester
Harrison in England 1615 ertheilten (Dodd, Church Hist. ed. Tierny, V,
App. 181) wird beigefügt: es solle damit nicht verboten werden» solcho
Bücher an die päpstlichen Nuncien oder an die Römische Inquisition zu
schicken (um sie zu denunciren).
1) Jourdain, Hist. de l'Univ. p. 265.
2) Bromato U, 538.
3) Cyprianus, Tabularium p. 100.
4) Schulte, System S. 422. Mcjer, Propaganda H, 204. Die Erlaub-
£rlaubni8s zum Lesen derBelben. 187
Laien wird die Erlaubniss nur mit dem Zusätze ertbeilt, dass sie
^von derselben nur nacb dem Ratbe ibres Beicbtvaters Gebrauch
macben", also nur diejenigen Bticber, welche dieser gestatte, lesen
dürften ').
Der Jesuiten -General hatte eine Zeitlang die Vollmacht, die
Erlaubniss seinen Untergebenen zu ertheilen (auch der General der
Minoriten beanspruchte eine solche Vollmacht), sie wurde aber spä-
testens durch Urban VIIL ihm entzogen, und Albizzi (p. 289) er-
wähnt mit augenscheinlicher Befriedigung, dass zu seiner Zeit auch
der General der Jesuiten sich von der Inquisition die Erlaubniss
für sich nachsuchte.
Wie es katbolischen Fürsten erging, die sich um eine solche
Erlaubniss bemühten, zeigt folgendes : Als Cardinal Morone im Sept.
1576 als Legat in Regensburg war, wurde er im Auftrage des
Herzogs Albrecht Y. von Baiern um ein „Indult** bezüglich der
verbotenen Bücher gebeten: der Herzog werde zwar wohl keine ex
professo ketzerischen Bücher über theologische Sachen, aber viel-
leicht mitunter geschichtliche oder andere Bücher lesen wollen, die
verboten seien; namentlich aber bedürfe er eines Indultes für die
Bibliothek, welche ohne Zweifel sehr viele auf dem Index stehende
Bücher besitze und, um möglichst vollkommen zu werden, noch mehr
dergleichen werde anschaifen müssen; es liege ja auch im Interesse
der Kirche, dass man die Bücher der Ketzer dort aufbewahre, deren
Abfassung sie selbst schon bei Lebzeiten bereut hätten'). Morone
niss, welche H. Klee von dem Generalvicar Humann erhielt, ist abgedruckt
in Klee's Dogmatik, 3. Aufl. I, XXVIII.
1) Heymans, De prohib. libr. p. 327. Heymans meint übrigens, die
Formel „zum Zwecke sie zu widerlegen", sei »nicht stricte zu nehmen"
und man dürfe ^eine Erlaubniss präsumiren für solche Bücher von Häre-
tikern, in denen die christliche Religion oder die katholische Kirche ver-
theidigt würden, die zu verbieten also schädlich sein würde". Er nennt
als solche Häretiker beispielsweise Cobbet, Hurter und Voigt. — Vernünftige
Bischöfe interpretiren ihre Vollmacht, wenn sie um Ertheilung der Er-
laubniss gebeten werden, was nicht allzu oft vorkommen mag, sehr lax.
In Köln hatte man unter Card. Geissei gedruckte Formulare, die ganz
den Quinquennal-Facultätcn entsprachen und eine ganze Reihe von Büchern
aufzählten, welche von der Erlaubniss ausgenommen waren, — Hermes
und Günther wurden noch beigefügt; — aber ich habe als provisorischer
Inspector des Convicts von dem Generalvicar für jeden Studenten, der mich
um meine Vermittlung bat, ohne Schwierigkeit und ohne Reservation die
Erlaubniss erhalten, dass er die für seine Studien nützlichen verbotenen
Bücher lesen dürfe.
2) Memoriale eorum, quae Ser. Ducis Alberti nomine a Leg. Pont.
Card. Morono petenda et solicitanda vidontur, im Münohener Kreisarchiv
188 Bestimmungen über verbotene Bücher nach 1560.
antwortete: es sei eigentlich das Eichtige, dass der Herzog solche
Bücher (hnjusmodi pestem) nicht in seine Bibliothek aufnehmci
sondern verbrennen lasse; dafür würde die ganze Nachwelt ihn
loben. Wenn das Aufbewahren der Bücher ihm selbst auch keine
Gefahr bringe, so könne es doch für seine Nachkommen oder
für deren Diener gefährlich werden, wie ja auch das Aufbewahren
der Bücher des Hus böse Folgen in der Gegenwart gehabt habe.
Wenn aber der Herzog darauf bestehe, wolle er die Erlaubniss er-
theilen, unter der Bedingung, dass die verbotenen Bücher an einem
besondem Orte aufbewahrt würden und den Besuchern der Biblio-
thek nicht zugänglich seien. Das Beste scheine aber ihm und seinen
Käthen, wenigstens die theologischen Bücher ganz zu beseitigen;
wegen der geschichtlichen und dgl. könne leichter dispensirt werden.
Der Herzog erhielt wirklich die Erlaubniss für Lebenszeit.
Sein Nachfolger Wilhelm V. erhielt 1579 durch den Nuncius Nin-
guarda die Erlaubniss, die Bücher in der Bibliothek zu behalten unter
der Bedingung, dass sie in einem besondern Räume aufbewahrt
würden, der mit zwei Schlüsseln versperrt sei, von denen einen der
Herzog, den anderen ein Theologe haben solle, und dass die Bücher
nur solclien, welche die Erlaubniss zum Lesen derselben hätten,
zum Zwecke der Vertheidigung des katholischen Glaubens geliehen
werden dürften *). Später erbat dann Herzog Wilhelm in einem
Schreiben an Clemens VIII •) dieselbe Erlaubniss mit den von
Ninguarda festgesetzten Modalitäten für alle seine Nachfolger, „die
eine sehr grosse und von der göttlichen Rache heimzusuchende
Sünde begehen würden, wenn sie auch nur einen Finger breit von
seinen und seiner frommen Vorfahren Fussstapfen abweichen würden".
Die Inquisition erklärte aber „eine solche generelle und perpetuir-
liche Concession'* für bedenklich und gewährte sie 5. Febr. 1598
nur für den Herzog und seinen Nachfolger Maximilian in Anbetracht
ihrer Frömmigkeit und ihres Eifers für den katholischen Glauben*).
Spätere Päpste haben wiederholt solche Privilegien für Biblio-
theken ohne Zeitbeschränkung verliehen. So gestattete Clemens IX.
in einem Breve vom 17. Mai 1669 dem zeitigen Besitzer der Barberini-
Hchen Bibliothek zu Rom und seinem Bibliothekar, „alle Bücher von
verdammten Autoren, auch denen der 1. Cl., auch die von allge-
meinen Concilien oder dem apostolischen Stuhle verbotenen oder zu
verbietenden Bücher in der Bibliothek aufzustellen, zu lesen, zu be-
Repert. IV, Lit. r, fasc. 2—3. Am Rande steht: Quae respondit Card.
20. Spt. 1576. Auf das oben Mitgetheilte folgt noch der Satz: Atque hoc
modo tacite consulatur Serenissimi conscientiae, quia perlegendis haere-
ticorum literis abstinere non potest. Also auch für das Lesen von Briefen
von Ketzern (protestantischen Fürsten?) suchte man ein Indult nach!
1) A. J. P. 4, 1410. Theiner, Ann. eccl. II, 10.
2) Abgedr. bei Stieve, das kirchl. Polizeiregiment S. 67.
3) Stieve, Briefe und Acten zur Gesch. des 30j. Kr. IV, 409. 624.
Erlaubniss zum Lesen derselben. 189
halten und zu vererben; nur seien die Bücher, welche Über die Re-
ligion oder den Glauben handeln oder gegen den katholischen Grlau-
ben gerichtet sind, geheim und so, dass für niemand Aergemiss
oder Gefahr entstehe (in anderen Fällen heisst es: in einem beson-
deren verschlossenen Räume) aufzubewahren*' *). — In einer Schrift
des J. B. Cardona, Bischofs von Dertosa, über die Einrichtung der
Bibliothek im Kscurial vom J. 1587 wird bemerkt: es bedürfe eines
päpstlichen Privilegiums, damit die spanischen Könige auch die von
den Päpsten oder den Inquisitoren verbotenen Bücher in der Bi-
bliothek aufbewahren dürften, und zwar an einem geheimen Orte, zu
dem niemand ohne specielle Erlaubniss der Inquisition Zutritt haben
dürfe*).
In mehreren Bullen, welche für Bibliotheken erlassen sind,
wird neben der Erlaubniss, verbotene Bücher zu besitzen, oder auch
ohne diese, über diejenigen, welche Bücher wegnehmen, die Ex-
communicatio latae sententiae (s. o. S. 75) verhängt, mitunter so-
gar über diejenigen, welche Bücher ausleihen oder aus den Biblio-
thekräumen wegtragen ^).
1) Schelhom, Samml. f. Gesch. I, 162. Im Bullarium stehen manche
ähnliche Privilegien, so von Innocenz XI. 21. Apr. 1683 für die Sapienza,
von Clemens XI. 12. Febr. 1701 für die Casanatensiscbe Bibliothek und
1720 für die Bibliothek der Franciscaner zu ürbino, von Benedict XIV.
21. Febr. 1749 für die Bibliotheken der Canonici Reguläres S. Crucis zu
Coimbra und Lissabon; er gestattete zugleich den Bibliothekaren beider
Bibliotheken und je zwei Gehülfen derselben und den Lectoren der Li-
tnrgik und der Kirchengeschichte, alle verbotenen Bücher, auch die ex
professo gegen die Religion und den Glauben gerichteten, zu lesen, zu be-
halten und ihren Nachfolgern zu überliefern.
2) De regia S. Laurentii Bibliotheca, nach der 4. Aufl. von 1587
abgedruckt in Clarorum Hispanorum opuscula selecta et rariora, . . .
collecta et illustrata a Franc. Cerdano et Rico Valentine. Vol. I. Madr.
1781, p. 517.
3) So in dem Privileg Sixtus* V. vom J. 1587 für die Bibliothek
der Observanten in Rom (Bull. II, 649), Innocenz' X. vom J. 1653 für
die von Angelico Aprosio, Generalvicar der Augustiner-Eremiten, zu Vinti-
miglia gegründete Bibliothek, abgedruckt in Bibliotheca Aprosiana ed.
J. C. Wolfius, 1734, p. XI. — Andere derartige Privilegien von Urban
Vm. im Bull. V, 374. 382. 450, von Clemens XI. im Bull. Cont. II, 67.
114, von Benedict XIV. in dem Breve vom 12. Febr. 1757. In der In-
schrift der Vatioanischen Bibliothek von Sixtus V. (bei Leti, Vita di
Sisto V. III, 333) heisst es: Si quis libros partemve aliquam abstulerit,
extraxerit, eraserit . . . illico a fidelium communione ejectus, maledictus,
anathematis vinculo colligatus esto ; a quoquam praeterquam a Rom. Pont,
ne absolvitor.
190 Index von Lucca 1546.
In Spanien nahm man es mit der Ertheilung der Erlaubniss
zum Lesen verbotener Bücher natürlich noch strenger als in Rom :
Andrew Sali, Rector des irischen Collegs und Professor der Contro-
versen zu Salamanca, erhielt 15. Jnni 1652 die Erlanbniss für ein
Jahr, mit der Verpflichtung, wenn er anstössige Sätze finde, die
nicht schon im Index expurgatorius ständen, davon der Inquisition
Mittheilung zu machen. Als ihm die Erlaubniss für ein weitere»
Jahr ertheilt wurde, sprach der Inquisitor seine Missbilligung da-
rüber aus, dass er keine Sätze denuncirt habe. Protestantische
Bücher bekam übrigens der Professor der Controversen, wie er sagt,
in Salamanca nicht zu sehen *).
/
19. Der ladex des Senates von Lucca vom J. 1545.
Das ernte in Italien vcröfiFentlichtc Verzeichniss von ver-
botenen Büchern, welches man einen Index nennen kann, ist
nicht von einer kirchlichen Behörde, sondern, allerdings unter
dem Einflnsse der Römischen Inquisition, von dem Senate (Mag-
niiicum Conciliura generale) der Stadt Lucca publicirt worden,
mit einer Verordnung vom 12. Mai 1545, worin befohlen wird,
die verzeichneten Bücher binnen 14 Tagen zu verbrennen oder
unmittelbar oder durch Vermittlung des Beichtvaters an den
Vicar des Bischofs abzuliefern, bei Strafe der Vermögensein-
ziehung*). Im J. 1549 wurde das Verbot aller über die h. Schrift
oder die Religion handelnden anonymen Schriften, die nicht von
dem Vicar des Bischofs gut geheissen seien, beigefügt.
Der (lateinisch abgefasste) Index enthält die Namen von
28 Schriftstellern, deren sämmtliche Werke verboten werden,
dann Summarium scripturae (ohne Zweifel die italienische Ueber-
setzung, s. o. S. 104) und einige andere Bücher, zuletzt Quae-
dam Simplex declaratio Petri Martiris Vermili flor. „und die
Bücher des besagten Petrus Martyr und des Bernardus [sie]
Ochinus von Siena nach ihrem Abfall von der Einheit der h.
Mutter Kirche; Pasquillus in spiritu und alle anderen [Bücher],
1) Mendham p. 137.
2) Die Verordnung mit dem Index hei G. Tommasi, Sommario della
Storia di Lucca (Archivio stör. it. S. 1, t. 10, 1847), Doc. p. 166.
Index von Lucca 1546. 191
welche eine Ketzerei und eine der Ketzerei verdächtige Meinung
enthalten, und namentlich die Bücher, welche von der h. Rö-
mischen Kirche verdammt sind, ad declarationem spectabilis ofli-
cii pro tempore existentis** (über diese Schlussworte s. u.).
Quaedam simplex declaratio Petri Martyris Vermigli ist ein
Schreiben an die Lucchesen, welches Vermigli bei seiner Flucht zu-
rückliess und welches als Catechismus ovvero espositione del sym-
bolo apostolico zu Basel 1546 gedruckt wurde ^). Es steht im Par.
51 unter Vermigli's Namen als Una simplice declaratione sopra gli
12 articoli de la fede christiana, im Yen. und danach im Rom. Ind.
(bis Ben., der die im Iudex stehenden Catechismen strich und dafür
das allgemeine Verbot der Catechismi haereticorum substituirte) ohne
Namen als Cat. s. symboli expositio.
Pasquillus in spiritu ist ohne Zweifel identisch mit den neben
den Predigten von Ochino in dem Edict der Römischen Inquisition
von 1543 genannten Pasquilli in ecstasi und mit dem Pasquino in
estasi bei Casa. Es wird also die erste Form des Pasquillus ecsta- |
ticus (in italienischer Uebersetzung) sein, die Coelius Secundus Curio i
1544 (lateinisch) in seine Pasquillorum tomi duo aufnahm^). Wahr-
scheinlich ist damit identisch die im Lov. 58 stehende Ausgabe:
Pasquilli extatici seu nuper e coelo reversi de rebus partim superis,
partim inter bomines in christiana religione passim hodie contro-
versis cum Marphorio colloquium*), die auffallender Weise von
P. nicht aufgenommen wurde, wohl aber von Q. und aus diesem
dann auch von S. Cl. Eine andere Bearbeitung steht im Par. 51 :
Pasquillus ecstaticus, non ille prior (d. i. nicht der eben genannte),
sed totus plane alter, auctus et expolitus, cum aliquot aliis sanctis
pariter et lepidis dialogis [Coelii See. Curionis], Genevae per Jo.
Girardum 1544*). Diese Ausgabe ist auch im Med. und Ven. ge-
meint. Von ihr gibt es eine italienische Bearbeitung: Pasquino in
estasi nuovo e molto piü pieno che il primo, insieme col viaggio
dell* inferno, aggiunte le propositioni del medesimo da disputare nel
Concilio di Trento. Roma s. a.*). Diese wurde erst 1621 auf den
1) Sclimidt, P. M. Vermigli S. 37.
2) II, 427—529: Pasquillus extaticus et Marphorius.
3) S. L et. a. 8. und Genf 1544; s. Clement YII, 370.
4) 267 S. 8. Clement VII, 373.
5) Zts. f. bist. Tb. 1860, 583. Casa berichtet in einem Briefe vom
J. 1546 (Lettere d'uomini illustri, Parma 1853, I, 151, 663), er babe als
Nnncius in Venedig den frühern Mönch Francesco Strozzi verhaften lassen,
der als Uebersetzer des Pasquino in estasi gelte; die Venetianische Re-
gierung wolle aber nicht gestatten, dass er ihn nach Rom schicke. Wenn
der oben erwähnte Pasquino, wie gewöhnlich angenommen wird, zu Venedig
1547 gedruckt ist, wird Strozzi also die erete Form übersetzt haben. —
192 Index von Lucca 1545.
Index gesetzt, mit der Bemerkung : qui jam in Indice dementia VIII.
prohibitus exstat sub titulo Pasquilli extatici, nicht ganz richtig, da
dieses die ältere Ausgabe ist.
Die anderen in diesem Index stehenden Schriften sind: Do-
ctrina nova et vetus vulgaris et latina Urbani Hegii, lateinisch
zuerst 1526 als Novae doctrinae ad veterem coUatio erschienen und
in England schon 1529 verboten (S. 95), im Lov. 50 unter U. Re-
gius. Die italien. Uebersetzung, die also vor 1545 erschienen sein
muss *), steht ohne Namen des Verfassers als Dottrina vecchia e
nuova bei Casa und Ven. und seit P. im Rom. Ind. (in diesem
lateinisch, erst seit Ben. wieder italienisch). In anderen Indices
werden auch englische, französische und flämische Bearbeitungen
verboten, alle ohne Namen des Verfassers*).
Hermanni Bodii [opera] et inter cetera ejus Unio dissidentium
(er hat nichts anderes geschrieben, S. 105). — Libri tres de poeni-
tentia, — das 1540 von Christoph Hoffmann veröffentlichte Buch,
welches bei Casa unter dessen Namen steht. — Loci utriusque testa-
menti cum scholiis, impr. Argentorati 1528, — steht schon in dem
engl. Ind. von 1529 mit dem vollständigen Titel: Loci utr. T. com-
plectentes praecipua capita totius christianismi cum adjectis scholiis,
mit abgekiirztem Titel im Ven. und Rom. Ind.
Ohne Zweifel sind die Bücher, deren Titel angegeben werden,
in Lucca bekannt gewesen, wahrscheinlich confiscirt worden. Ob
man von allen Schriftstellern, von denen Idoss die Namen angegeben
werden, in Lucca Schriften in Händen gehabt oder die Namen theil-
weise aus einem andern Verzeichnisse herübergenommen oder wegen
ihrer Notorietät aufgenommen, ist nicht zu entscheiden. Wir flnden
hier nicht nur Namen, welche in dem Verzeichnisse Karls V. von
1540 stehen, — Wycleff, Hus, Luther (erst ganz am Ende der Liste,
Calvin fehlt), Zwingli*), Oecolampadius, Melanchthon, — oder die
Graesse verzeichnet auch eine deutsche Ausgabe : „I^^^^ verzucket Pasquinua,
aus welscher Sprach in das Teutsch gebracht. Rom 154S".
1) Abgedr. Riv. crist. 1875, 137.
2) La doctrine nouvelle et ancienne (Par. 43. Antw. 70), La d. n.
et a., lesquelles arguent ensemble pour donner ä connaitre par la verite
evangelique les abus qui sont amenez en l'Eglise de Dieu (Par. 51), Het
oude Christi ghclooue teghen die nieuwe Papisten dolighe (Antw. 70); a. o.
S. 95. Eine span. Bearbeitung von Juan Perez von 1560 erwähnt Boehmer,
Bibl. Wififen. II, 93.
8) Hinter Huldric Zwingli steht steht sonderbarer Weise Alteriua
[üldrici?] Zwingli. — Lamberti Pellicani steht in Einer Zeile, als ob das
Ein Name wäre, dagegen in zwei Zeilen Heirischii Bullingeri statt Hein-
rici Bullingeri. — Aricius neben Charicius Cogelius ist wahrscheinlich
Aretius Felinus; Jo. Velenus wird wohl Jo. Denckius oder noch eher ül-
ricus Velenus sein.
Index von Luooa 1645. 198
allgemein bekannt waren, wie Oarlstadt, Hntten, sondern auch weni-
ger bekannte, die zum Theil in dem Par. 44 stehen, — Jo. Hepi-
nus (Aepinus), Pellicanus, Arsacis Scoffer (Arsacius Sehofer), —
zum Theil aber in keinem altem Index vorkommen, wie namentlich
Simon Hessus, Jo. Brismann und Jo. Bomelius. Letzterer ist in der
verstümmelten Form Jo. Bomius in den Yen. übergegangen; dieser
hat daneben Henricus Bomius (aus Gr., wo freilich richtig Bomelius
steht); nur dieser letztere Name ist durch P. in den Höm. Ind. ge-
kommen und erst von Ben. in H. Bomelius corrigirt worden.
lieber die in Lucca in dieser Zeit bezüglich der Ketzer ge-
troffenen Anordnungen macht Tommasi ausführliche und interessante
Mittheilungen.
Im J. 1542 schrieb einer der von Paul III. zu Inquisitoren
ernannten Cardinäle, Bartolommeo Guidiccioni, der Bischof von Lucca
war, dreimal an den dortigen Senat*) und forderte ihn in freund-
lichen Worten auf, Massregeln gegen die Ausbreitung der Ketzerei
zu ergreifen, da sonst der Papst einschreiten werde; namentlich ver-
langte er die Verhaftung eines bei einem Lucchesen wohnenden Cellio
(Celio Secondo Curione?), der Schriften von Luther in das Italieni-
sche übersetzt haben solle, ferner eines Augustiners und des Priors
Constantino von Fregionaja (dieser entzog sich der Verhaftung durch
die Flucht, der Augustiner entkam aus dem Gefängniss). — Neue
Klagen von Eom aus und in Lucca selbst veranlassten das oben
erwähnte Gesetz vom J. 1545. Ausser dem Bücherverbote enthält
es auch ein Verbot ketzerischer Reden, der Unterstützung der Ketzer
und der Correspondenz mit ihnen, namentlich mit Fra Bernardino
Ochino und Don Pietro Martire; Briefe von Ketzern seien binnen
drei Tagen abzuliefern. Gleichzeitig wurde zur Durchführung dieser
Massregeln eine besondere Behörde errichtet, nach Analogie des
schon bestehenden Offitio sopra Thonesta, das Offitio sopra la reli-
gione, bestehend aus dem Gonfalonier di giustizia und drei (seit
1549 fünf, später sechs) angesehenen Bürgern. Diese Behörde ist
das am Schlüsse des Index erwähnte spectabile officium. Sie sollte
also auch in Zukunft die Bücherverbote publiciren. Nach der Ver-
ordnung vom J. 1545 und mehreren Verordnungen aus den folgen-
den Jahren sollte dieses Officio wenigstens einmal wöchentlich Sitzung
halten und mit dem Vicardes Bischofs auch die Erfüllung der kirchlichen
Pflichten (Beichte und Communion u. s. w.) durch die Bürger über-
wachen. 1561 erhielt es den Auftrag, die ankommenden Bücher-
ballen untersuchen zu lassen, — diese Bestimmung wurde später,
da sich der Bischof als über einen Eingriff in seine Rechte be-
schwerte, zurückgenommen'), — und die Vollmacht, aus dem Aus-
lande kommende Briefe zu öffnen. Die Behörde war also eine Art
von städtischer Inquisition.
Im J. 1549 ernannte die Römische Inquisition einen Domini-
caner zum Inquisitor für Lucca. Es gelang aber dem Senate zu
1) Tommasi 1. c. Doc. 162. 2) Tommasi p. 463.
Bentoh, Index. 13
Id4 Index von Lucca 1546.
erwirken, dass die Ernennung zurückgenommen und nur dem Yicar
des Bischofs die Rechte eines Inquisitors ühertragen wurden. Auch
spätere wiederholt von Rom aus gemachte Versuche, ein förmliches
Inquisitionsgericht in Lucca zu errichten, scheiterten an dem Wider-
stände des Rathes. Dagegen musste die Autorität der Römischen
Inquisition wenigstens thatsächlich anerkannt werden: wiederholt
mussten Bürger von Lucca der Citation der Römischen Inquisition
Folge leisten'), das Officio sopra la religione stand mit der Römi-
schen Inquisition in Correspondenz ^), und 1574 kam der Bischof
von Rimini als apostolischer Visitator, auch in Inquisitionsangelegen-
heiten, nach Lucca •). Die Söhne und Enkel der von dem Bischof
oder der Römischen Inquisition als Ketzer Excommunicirten wurden
von den städtischen Aemteru ausgeschlossen^).
Pins IV. helobte in einem Breve von 1562 den Senat für die
„formmen und löblichen Decrete", die er jüngst zur Fernhaltung
der Ketzerei erlassen, und für ein Schreiben, worin er die in Lyon
sich aufhaltenden Kaufleute aus Lucca ermahnt hatte, sich von den
Ketzern fernzuhalten und die kirchlichen Pflichten zu erfüllen; er
habe auch mit den Cardinälen der Inquisition lobend von diesen
Decreten gesprochen u. s. w. ^). Anders sprach Paul V. um 1605,
als noch einmal der Versuch gemacht wurde, in Lucca ein Inqui-
sitionsgericht zu errichten : das Uffizio sopra la religione sei den kirch-
lichen Censuren verfallen, weil es sich eine Autorität angemasst,
die ihm nicht zustehe; die in Lucca erlassenen Verordnungen über
verbotene Bücher und Unterdrückung der Ketzerei müssten annullirt
werden, da es nur der Kirche zustehe, unkirchliche Bücher zu ver-
bieten, und Laien kein Recht hätten, wegen kirchlicher Vergehen Pro-
cesse einzuleiten u. s. w.^).
20. Verhandlungen auf dem Trienter Goncil 1546.
Das in der vierten Sitzung des Trienter Coneils, 8. April
1546, angenommene Dccret de editione et usu libromm sacro-
rum enthält im ersten Absätze die Bestimmung über die Au-
thentie der Vulgata, im zweiten die Vorschrift über die Aus-
legung der h. Schrift, im vierten das Verbot von missbräuch-
licher Anwendung von Worten der Bibel, im dritten folgende
Verordnung :
1} Tommasi p. 447. 454 u. s. w.
2) Toramasi Doc. p. 176. 3) Tommasi p. 459.
4) Tommasi p. 463. 5) Tommasi Doc. p. 178.
6) Tommasi p. 494. 499.
Verhandlungen in Trient 1646. 195
,fDie Synode will auch, wie es sich gebührt, den Druckern
eine Schranke setzen, welche jetzt schrankenlos, d. h. meinend, es
sei ihnen alles erlaubt, ohne Erlaubniss der kirchlichen Oberen die
Bücher der h. Schrift und Anmerkungen und Auslegungen zu den-
selben von beliebigen Verfassern oft ohne, oft mit falscher Angabe
der Druckerei und, was schlimmer ist, ohne den Namen des Ver-
fassers drucken, auch anderswo gedruckte Bücher der Art leicht-
sinnig feil bieten. Darum beschliesst und verordnet sie, dass fortan
die h. Schrift, namentlich aber die Vulgata möglichst correct ge-
drucktwerden und dass es niemand erlaubt sein soll, irgend welche
Bücher über religiöse Dinge (de rebus sacris) ohne den Namen des Ver-
fassers zu drucken oder drucken zu lassen oder in Zukunft dieselben
zu verkaufen oder auch nur bei sich zu behalten, wenn sie nicht
zuvor von dem Bischof geprüft und approbirt sind, bei Strafe des
Anathems und der Geldstrafe, welche in dem Canon des letzten
Lateran- Concil 8 festgesetzt sind. Ordensgeistliche haben ausser dieser
Prüfung und Gutheissung (durch den Bischof) auch eine Erlaubniss
von ihren Oberen zu erwirken, welche die Bücher gemäss ihren
Ordensregeln zu revidiren haben. Wer aber in Abschriften Bücher
mittheilt oder verbreitet, welche nicht zuvor geprüft und gut ge-
heissen sind, verfällt denselben Strafen wie die Drucker. Und wer
solche Bücher hat oder liest, soll, wenn er den Verfasser nicht an-
gibt, als Verfasser angesehen werden. Die Approbation solcher
Bücher soll schriftlich ertheilt werden und in authentischer Form
an der Spitze des geschriebenen oder gedruckten Buches stehen.
Dieses alles, die Approbation und die Prüfung, soll gratis ge-
schehen.
Die Verbindung dieser Verordnung mit der über die Vul-
gata und die Bibelauslegung hat ihr hinsichtlieb der Klarheit
nicht zum Vortbeil gereicht. Auch sonst ist die Fassung nicht
sonderlich präcise. Man könnte das Decret so auslegen, als ob
nur das Drucken, Verkaufen und Besitzen anonymer Schriften
über religiöse Dinge mit Excommunication und Geldstrafe be-
droht wäre und für die mit Nennung des Verfassers zu drucken-
den Bücher keine Präventivcensur eingeführt wäre '). Die vor-
hergegangenen Verhandlungen des Concils lassen jedoch keinen
Zweifel darüber, dass man bestimmen wollte: alle Bücher über
religiöse Dinge seien zur Approbation vorzulegen, anonyme
Bücher nicht zuapprobiren. — Von dem Lesen nicht approbirter
Bücher ist nicht die Rede. Man ist wohl von der Voraussetzung
ausgegangen, es werde durch die Vorschriften über die Prä-
ventiv-Gensur das Erscheinen anstössiger Bücher von Katholiken
1) Vgl. A. J. P. I, 1010. Zts. f. PhU. nnd kath. Th. 26, 189.
196 Verhandinngen in Trient 1546.
verhindert werden. Das Lesen der Schriften der Ketzer war
schon durch die Bulla Coenae verboten, die freilich weder in
dem Decrete noch in den Verhandlungen erwähnt wird.
Nur fUr Bücher de rebus sacris, nicht fttr alle Bücher, wie
in dem Lateran-Decrete (s. S. 55) wird hier die Präventiv-Censnr
angeordnet. Unter Büchern de rebus sacris sind aber, trotz der
Verbindung des Decretes mit dem über die Bibel und deren
Auslegung, nicht ausschliesslich exegetische Schriften zu ver-
stehen, sondern Bücher, welche von der christlichen Glaubens-
und Sittenlehre handeln, also theologische Schriften *). In dem
Wormser Edicte von 1521 (S. 80), welches wohl das VoAild
des Trienter Decretes gewesen ist, heisst es: „Schriften, welche,
wenn auch nur nebenbei, von der Bibel oder dem katholischen
Glauben handeln.^^ Durch die 10. Regel des Trienter Index
wurde, wie wir sehen werden, die Vorschrift der Approbation
wieder auf alle Bücher ausgedehnt, also die Bestimmung des
Lateran -Decretes wieder in Kraft gesetzt.
Bei den Verhandlungen im März und April 1546 wurde
auch über die Frage discutirt, ob es nicht zweckmässig sei, die
Bibelübersetzungen in der Volkssprache zu verbieten. Zu einem
Beschlüsse darüber kam es aber nicht.
Das oben mitgetheilte Beeret stimmt im wesentlichen mit den
Anträgen tiberein, welche die am 5. März 1 546 bestellte Commission,
— Mitglieder derselben waren sieben Bischöfe, der Augustiner-
General Seripando und die Theologen Ambrosius Catharinus (Domi-
nicaner), Alphons de Castro und Richardus Cenomanus (Observant),
— in der Generalcongregation vom 17. M&rz gestellt hatte. Be-
züglich der Approbation hatte die Commission drei Vorschläge zur
Auswahl vorgelegt; die Bücher sollten entweder vom Papste oder
seinen Bevollmächtigten, oder von dem Metropoliten und zwei Suf-
fragan bisch Öfen, nöthigenfalls unter Znziehnng von Gelehrten, oder
von dem Ortsbischofe geprüft werden. Bezüglich der Htrafe hatte
sie vorgeschlagen, die Androhung der Excommunication fallen zu
lassen, die in dem Lateran-Decrete auf 100 Ducaten festgesetzte
Geldstrafe aber auf 200 Ducaten zu erhöhen und davon die Hälfte
der Fabrik der Peterskirche in Rom, die Hälfte der betreffenden
Regierung (fiscis saecularibus) zu überweisen. Von den anderen
Strafen des Lateran-Decretes und von dem Verbrennen der confis-
cirten Bücher ist in dem Trienter Decrete nicht die Rede.
1) Zta. f. Phil. 26, 189.
Verhandlung über Bibelübersetzangen. 197
Ans den Debatten in den Greneralcongregationen vom 17. März
und 3. April '), — die sehr verwickelt sind, weil man über die auf
die Bibel und die auf die Büchercensur bezüglichen Bestimmungen
zusammen verhandelte, — sind folgende Einzelheiten zu erwähnen:
Der Erzbischof von Upsala meinte, man solle den Bischöfen über-
lassen, je nach den örtlichen Verhältnissen das Nöthige anzuordnen.
Einige meinten, man solle dem Papste die Censur vorbehalten und
nicht den Bischöfen überlassen, da von diesen einige nicht befähigt
dazu seien, einige nicht strenge genug sein würden, wogegen an-
dere bemerkten , man könne doch nicht wohl allen Schriftstellern zu-
muthen, alle ihre Schriften zur Prüfung nach Kom zu schicken. Es
wurde auch vorgeschlagen, die Censur der Inquisition zu übertragen.
— Gegen den Vorschlag, die Androhung der Excommunication weg-
zulassen, bemerkte der Cardinal del Monte u. a.: wenn die Excom-
munication gering geschätzt werde, so sei daran hauptsächlich das
Nicht-Residiren der Bischöfe Schuld; dass in Venedig viele schlechte
Bücher gedruckt würden, habe seinen Grund darin, dass der Pa-
triarch nicht residire. — Einige, wie der Bischof von Fano, sprachen
sich gegen das unbedingte Verbot anonymer Schriften aus : es stän-
den ja manche anonyme Schriften in der Kirche in grossem Ansehen,
und warum man gute Bücher darum verbieten wolle, weil der Ver-
fasser sich nicht nenne. Es wurde erwiedert, in der Regel werde
ein Schriftsteller nur aus Furcht vor Strafe oder anderen Übeln
Folgen seinen Namen geheim halten wollen. — Card. Pacheco,
Bischof von Jaen, trug den Legaten privatim vor: man dürfe sich
nicht auf eine Verordnung über die zu druckenden Bücher be-
schränken, müsse vielmehr auch bezüglich der bereits gedruckten
Anordnungen treffen; die schlechten seien zu verbieten, diejenigen,
welche Irrthümer enthielten, wie ja deren von Erasmus und anderen
Katholiken in Umlauf seien^ von den Irrthümern zu säubern. Die
Legaten meinten aber: über diesen Punkt könne jetzt noch nicht
verhandelt werden; erst müssten die Irrthümer selbst von dem Concil
verdammt, dann die Bücher von ihnen gesäubert werden. Auch in
der Generalcongregation sprachen einige im Sinne Pacheco's; der
Bischof von Bitonto entgegnete: man könne nicht die Schriften der-
jenigen verbieten, deren Lehre nicht verdammt sei. Der Bischof
von Patti schlug vor, die Synode solle einige beauftragen, die zu
verbietenden Schriften der Häretiker zusammenzustellen, — also
einen Index anzufertigen. Es kam aber für jetzt zu keinem Be-
schluBse darüber.
Für ein Verbot der Bibelübersetzungen in der Volkssprache
sprach sich zunächst der Bischof vonAcqui in Piemont aus mit der '
Motivirung, das Lesen der Bibel könne für Ungebildete leicht An- [
lass zu Miss Verständnissen und Irrthümern werden und für die Weiber
und das gewöhnliche Volk sei es genügend, dass sie durch die Pre-
digten mit der Lehre der'h. Schrift bekannt würden. Am entschie-
1) PaUav. 6, 16. Theiner I, 63—88.
198 Verhandlungen in Trient 1546.
densten trat Card. Pacheco für ein Verbot der Bibelübersetzungen
ein: er glaube, dass alle spanischen und französischen und die meisten
italienischen Bischöfe gegen die Gestattung von solchen seien; in
Spanien seien sie seit langer Zeit mit Zustimmung Pauls II. ver-
boten, desgleichen in Frankreich; noch in jüngster Zeit habe die
Universität Paris, die 150 Doctoren zähle, sich nicht nur gegen
Bibelübersetzungen ausgesprochen, sondern auch erklärt, wer solche
anfertige, sei wie ein Ketzer anzusehen; die Bibelübersetzungen
seien eine Uuelle vieler Ketzereien; durch sie sei in Deutschland
ein Theil der Bevölkerung zum Abfall gebracht worden. Der Car-
dinal Madruzzo von Trient entgegnete darauf: nicht die deutschen
Bibelübersetzungen, sondern die Professoren der griechischen und
hebräischen Sprache seien Schuld an der religiösen Verwirrung in
Deutschland; ein Verbot der Bibelübersetzungen würde in Deutsch-
land den allerübelsten Eindruck machen. Man sah, dass eine Eini-
gung über die Sache nicht zu erzielen sei, und beschloss darum
17. März, sie fallen zu lassen und darüber an den Papst zu be-
richten.
Pacheco beantragte dann am 1. April: alle alten IJebersetzungen
ausser der Vulgata, auch die Septuaginta, und alle Uebersetzungen
von Häretikern zu verwerfen. Der Bischof von Fano entgegnete:
die Kirche habe immer verschiedene Uebersetzungen geduldet ; auch
die häretischen Uebersetzungen seien nicht unbedingt zu verwerfen,
wie denn ja auch die alte Kirche die Uebersetzungen von Aquila,
Symmachus und Theodotion nicht verworfen habe ').
Bart. Carranza, der damals als Theologe in Trient war, berichtet:
Viele Bischöfe und Theologen hätten sich zu Gunsten der Bibel-
übersetzungen ausgesprochen; er selbst habe sich mündlich und
schriftlich dahin geäussert: wie man in Spanien und anderen Lan-
dern die sonn- und festtäglichen Episteln und Evangelien in Ueber-
setzung mit Erklärungen (postillas) dem Volke in die Hand gebe,
so könne man es auch mit einigen anderen Theilen, die das Volk
ohne Gefahr lesen könne, halten ; die Uebersetung der ganzen Bibel
sei nicht rathsam. Dieser Ansicht sei auch die Mehrzahl der Mit-
glieder des Concils gewesen*). Aehnlich, nicht so. wie Pacheco
angab, hatte sich auch die Sorbonne im J. 1526 ausgesprochen:
Uebersetzungen der ganzen Bibel seien unter den gegenwärtigen Ver-
hältnissen zu verbieten, aber Uebersetzungen einiger Bücher mit ge-
eigneten Erklärungen zu gestatten '*).
Das kirchliche Verbot, anonyme Schriften zu veröffentliohen,
welches in der Vorrede zu dem Trienter Index noch einmal in Er-
innerung gebracht wurde, ist von Anfang an nicht sehr strenge ge-
1) Pallav. 6, 12, 5. Mendham, Mcmoirs of the Council of Tr. p. 58.
A. J. P. I, 788.
2) Coleccion de doc. incd. V, 431.
3) Arg. IIa 60. Andere Erklärungen der Sorbonne s. S. 151. 158.
Zweiter Index des Valdes 1554. 199
handhabt worden. Schon 1552 erschien eine Schrift des Bischofs
Gardiner von Winchester unter dem angenommenen Namen Constan-
tius, 1553 eine pseiidonyme Schrift von Joh. Wittus, und 1554 ef-
schien das erste Buch, welches nach den Exercitien des h. Ignatius
von einem Jesuiten veröffentlicht wurde, die Summa doctrinae christia-
nae des Peter (Wisius, anonym, mit Approbation des h. Ignatius.
Im Anfange des 16. Jahrhunderts schrieb Card. Bellarmin gegen
König Jakob von England pseudonym u. s. w. ^).
Aus der Zeit der zweiten Convocation des Concils (1551 — 52)
wird von den Biographen B. Carranza's berichtet: er habe damals
den Auftrag erhalten, „die von den Protestanten verfälschten Bücher
zu expurgiren und den richtigen Bibeltext wiederherzustellen, ferner
die schlechten, die verdächtigen und die der Verbesserung fälligen
Bücher zu classificiren" ; er sei Monate lang damit beschäftigt ge-
wesen und auch nach dem Schlüsse der Sitzungen noch einige Zeit
in Trient geblieben ; viele schlechte Bücher habe er zerrissen oder in
den Fluss geworfen, corrigirte einem Dominicanerkloster geschenkt" ').
— Es wird sonst nirgendwo berichtet, daes sich das Concil damals
mit den ketzerischen Büchern befasst habe. Wahrscheinlich hat Car-
ranza den erwähnten Auftrag nur von dem Obern des Dominicaner-
klosters erhalten und nur dessen Bibliothek expurgirt^).
21. Der zweite Index des General-Inqnisitors
Valdes 1554.
Es wird zweckmässig sein, im Anschlüsse an dieTrienter
Verhandlangen über die Bibel zunächst, vor den 1549—54 er-
schienenen italienischen Indices, einen spanischen zu besprechen,
der sich lediglich mit Bibelausgaben beschäftigt*). Er erschien
mit einem Edicte von Fernando de Valdes, Erzbischof von Sevilla
and „apostolischem General-Inquisitor in allen der Königin
Johanna und dem Kaiser und König Karl unterworfenen Reichen
und Gebieten*', datirt Valladolid 20. Aug. 1554, unter dem Titel:
„Allgemeine Gensur gegen die Irrthümer, mit welchen die nenen
1) ßaillet, Jugement8 V, 170.
2) Coleccion V, 896.
8) JedenfaHs hat er nicht »für die Index-Commission gearbeitet**
(Laugwitz, B. Carranza 8. 10); denn eine solche wurde in Trient erst 1562
bestellt, als Carranza schon drei Jahre im Gefangniss war.
4) Ccusura generalis contra crrores, quibus recentes haerctici sacram
Bcripturam asperserunt, Edita a supremo Senatu Inquisiiionis, constituto
200 Zweiter Index des Yald^s 1654.
Ketzer die h. Schrift bespritzt haben'^ und kann als der erste
in der Reihe der Indices expurgatorii bezeichnet werden, sofern
darin die Stellen angegeben werden, welche in den Anmer-
kungen u. s. w. der bereits in Spanien befindlichen Exemplare der
betreffenden Bibelaasgaben gestrichen werden müssen, wenn diese
in den Händen der Besitzer bleiben sollen. Zugleich wird das
Iniportiren weiterer Exemplare verboten.
Die Censur (resp. das Verbot) bezieht sich auf nicht weniger
als 103 Bibelausgaben, darunter auch die meisten, die in dem
Löwener Index von 1550 und also auch von Valdes 1551 (s. o.
S. 132) unbedingt verboten waren. Die Censur behandelt aber
nicht die einzelnen Ausgaben, sondern gibt, — und darum heisst
sie „allgemeine Censur'^ — Bemerkungen zu einzelnen Stellen
nach der Reihenfolge der biblischen Bücher, nach welchen sich
die Beamten der Inquisition bei der Expurgation der Summarien,
Noten u. s. w. der einzelnen Ausgaben richten sollen.
Auf das hier gegebene Vcrzeichniss von Bibeln wird in
dem Index des Valdes vom J. 1559 (unter Biblia) verwiesen,
in den späteren spanischen Indices ist es abgedruckt.
Auf das Edict folgt eine umfangreiche „Vorrede** (f. 6 — 13),
dann das VerzeichnisB der Bibelausgaben, darauf die „Censur* (f.
16 — 28). In der Vorrede wird angegeben, bei der Arbeit seien
viele Gelehrte, namentlich die theologische Facultät zu Alc&la be-
theiligt gewesen. Der Verfasser der Vorrede und Redacteur der
ganzen Arbeit scheint der Dominicaner Alfonso Martinez gewesen
zu sein*).
Im Anfange seines Edictes spricht Valdes von einem frühem
Edicte, wodurch ketzerische Bücher, die nach Spanien importirt
worden, unbedingt und viele Bibeln und Neue Testamente bis auf
weitere Verfügung der InquiTiition verboten worden seien, — es ist
ohne Zweifel das von Llorente erwähnte Edict vom 15. 8ept. 1551,
kraft dessen die importirten Bibeln coniiscirt worden^). In den be-
ad versus haereticam pravitatem, et apostasiam in Hispania, et aliis regnis,
et dominus Caesarcae Majestati subiectis. Pinciae, ex officina Francis.
Ferdinan. Gorduben. cum privilegio Impcriali. [1554]. 4. — Ich kenne
nur den Abdruck : Censura generalis .... subiectis. Venetiis, ex officina
Jordani Zileti. MDLXII. 30 Bl. 4 (Kopenhagen). — £in ausführlicher
Bericht über diesen Index mit Auszügen steht A. J. P. 3," 408— 424.
1) Sixtus Sen. Bibl. s. 1. 4, p. 196.
2) Llorente I, 465.
Expurgation von Bibelausgaben. 201
treffenden, meist seit 1528 gedruckten Bibelausgaben seien viele Irr-
thümer entbalten. Die Inquisition hätte die Verbrennung derselben
anordnen können. Da aber die Irrthömer nicht in depo Bibeltexte, son-
dern nur in den ^Summarien, Noten (additiones) und Indices" enthalten
seien und viele Kirchen, Klöster, Universitäten, Buchhändler und Pri-
vate über den grossen Schaden geklagt hätten, der ihnen durch die
Vernichtung der Bücher erwachsen würde, so habe die Inquisition nach
Berathung mit Mitgliedern der Universitäten Salamanca und Alcalaund
vielen andern Gelehrten und mit Genehmigung des Rjegenten Prinzen
Philipp beschlossen, eine «Censur" 'anfertigen zu lassen, worin die
Irrtbümer oder verdächtigen Worte verzeichnet seien, nach deren Be-
seitigung die Bibeln und Neuen Testamente den Eigenthümem gelassen
werden könnten. Dann wird verordnet: Wer Exemplare der betref-
fenden Ausgaben besitzt, hat sie binnen 60 Tagen nach der Promul-
gation des Edictes den Local-Inquisitoren oder ihren Deputirten oder
dem Bischof oder seinem Official oder Generalvicar vorzulegen. Diese
haben daraus gemäss der Censur die anstössigen Indices, Stellen
und Summarien entfernen resp. sie so ausstreichen (obliterare) zu
lassen, dass sie nicht mehr gelesen werden können. Ueber die Ex-
purgation ') ist ein Act vor Notar und Zeugen aufzunehmen. Im
Anfange oder am Ende jedes Buches ist von dem Inquisitor oder
seinem Commissar resp. von dem Bischof oder Generalvicar und dem
Notar mit Namensunterschrift und Beifügung des Datums die Ex-
purgation zu bescheinigen (dafür ist eine kleine Gebühr zu zahlen).
Auch die confiscirten Exemplare sollen expurgirt und den Eigen-
thnmern zurückgegeben werden. Nach Ablauf der 60 Tage darf
keine Expurgation mehr vorgenommen werden. Auch ist diese Ex-
purgation nur bei den schon in Spanien befindlichen Exemplaren
zulässig; das Importiren weiterer Exemplare der betreffenden Aus-
gaben, auch solcher, die expurgirt sind, ist verboten. Wer nach
Ablauf der angesetzten Frist noch ein Exemplar ohne die vorge-
schriebene Expurgations-Bescheinigung besitzt, verfällt der Exoom-
municatio maior latae sententiae und es soll gegen ihn als einen
der Ketzerei Verdächtigen eingeschritten werden; die Exemplare
werden confiscirt und der Besitzer hat 80 Duoaten zu zahlen, von
denen 10 dem Denuncianten, 10 dem Richter, 10 der Casse der In-
quisition zufallen. Dieselbe Strafe trifft die Buchhändler, welche
fortan noch Exemplare importiren. Exemplare der gedruckten Censur
dürfen von den Buchhändlern, bei Strafe von 20 Ducaten für die
Casse der Inquisition, nicht höher als zu 40 Marapetini (Maravedi)
verkauft werden. Das Decret ist von den Inquisitoren überall zu
publiciren; sie haben auch denjenigen geeignete Strafen anzudrohen,
welche die Denunciation von Besitzern nicht expurgirter Bibeln unter-
lassen.
Das Verzeichniss enthält, wie gesagt, 103 Bibelausgaben; — Aus-
1) Der spätere technisch gewordene Ausdruck expurgare kommt
noch nicht vor, sondern emendare ac repurgare u. dgl.
202 Zweiter Index des Yaldes 1664.
gaben des N. T. werden nicht verzeichnet; am Schlüsse der Censur
wird nur bemerkt, diese gelte auch für die se[»arat gedruckten Neuen
Testamente ; — es sind mit Ausnahme der auch in dem Lov. 46 und 50
stehenden griechischen Bibel Strassb. 1526 nur lateinische (2 ohne
Angabe des Druckers, 2 ohne Angabe des Druokorts, die anderen
aus den Jahren 1526 — 51). Sie sind alphabetisch nach den Druck-
orten geordnet: Antwerpen (14), Basel (3, darunter auch Biblia cum
annotationibus Seb. Munsteri 1535), Lyon (35), Paris (11, darunter
4 von Robert Stephanus), Zürich (1, von Christoph Froschover 1539),
Venedig (3). Wenn sich hier auch die meisten der im Lov. 50
verbotenen Bibeln finden, so ist doch das Verzeichniss unabhängig
von diesem gemacht; es enthält Bibeln, von denen der Inquisition
Exemplare vorlagen.
In der Vorrede zu der Censur wird bemerkt: diese befasse
sich nicht mit dem Texte der Vulgata, obschon derselbe in den Aus-
gaben verschieden sei, da eine Corruption desselben durch die Häre-
tiker nicht stattgefunden, in der Regel auch nicht mit den neuen
Uebersetzungen nach dem Hebräischen und Griechischen: wenn diese
manchen Stellen einen andern Sinn gäben als die Vulgata, so sei
das an sich unbedenklich, da die h. Schrift einer mehrfachen Aus-
legung fähig (foecunda sensibus) sei; in dogmatischer Beziehung
seien die neuen Uebersetzungen nicht zu beanstanden, mit Ausnahme
einzelner Ausdrücke, die man in glücklicheren Zeiten aber auch
würde passiren lassen können. Wenn z. B. ^€Tävoia statt durch
])oenitentia durch resipiscentia wiedergegeben werde, so sei das an
sich nicht unrichtig, könne freilich miss verstanden, aber auch richtig
verstanden werden*). In den Summarien, Noten u. s. w. dagegen werde
manches beanstandet, was an sich unverfänglich, ja richtig, zum
Theil wörtlich aus der Bibel entnommen sei, aber irrige Vorstel-
lungen hervorrufen könne, nach der Absicht der häretischen Heraus-
geber hervorrufen solle. So seien z. B. Sätze wie „der Glaube
rechtfertigt, wir werden durch den Glauben gerechtfertigt" u. dgl.
richtig, weil biblisch, aber die Häretiker verbänden damit den ir-
rigen Gedanken an eine Rechtfertigung durch den Glauben ohne
Werke, wie sie denn mitunter den Paulinischen Satz: „wir werden
gerechtfertigt durch den Glauben und nicht durch die Werke des
Gesetzes* durch Weglassung des Wortes „des Gesetzes*^ corrum-
pirten. Desgleichen werde der biblische Satz: „Gott wohnt nicht
in Tempeln von Menschenhänden gemacht'^ und das biblische Gebot,
die Götzenbilder zu zerstören, von den Häretikern so angeführt, als
ob damit Tempel, Altäre, Heiligenbilder u. dgl. missbilligt würden.
1) In den Noten soll dieses aber geändert werden. Zu der Note (zu
Jer. 8) „Invitat eumDeus ad rosipisoeutiam^ wird bemerkt: Perperam hae-
rctici poenitcntiae nomen mutant in rcsipiscentiam, quam definiunt esse
vitac mutationem aut emendationem sine dolore peccatorum praeteritorum.
£t haec censura deserviat ubicunque poenitcntiae nomen mutatur in resi-
piscentiam.
Expurgation von Bibelausgaben. 20S
— Die Vorrede gibt eine Eeihe von solchen Bemerkungen über der-
gleichen in den Summarien, Randnoten u. s. w. oft gebrauchten miss-
verständlichen Ausdrücken. Sie bestimmt dann, dass die in man-
chen Bibeln an der Spitze stehenden Summae generales über den
Inhalt der einzelnen biblischen Bücher und die denselben beige-
fügten £lenchi oder Indices (Sachregister) wegen der vielen darin
enthaltenen Irrthümer ganz zu beseitigen seien, und bemerkt zum
Schlüsse, mit Rücksicht auf die Bezeichnung einiger biblischer Bü-
cher als Apokryphen, es seien alle Bücher als canonisch anzusehen,
welche die katholische Kirche auf vielen älteren Concilien und
neuestens auf dem Trienter Concil (dasselbe wird nur hier erwähnt)
zu den canonischen Büchern gezählt habe.
£inige Beispiele mögen den Charakter der „Censur*^ veran-
schaulichen (sie hat Aehnlichkeit mit der Censur der Sorbonne über
die Bibeln des Stephanus, ist aber unabhängig von derselben): Gen.
15, (6): „Abraham fide justus^'. Haec propositio et similes catho-
licae sunt. At vero per eas intelligere, quod sola fides sine operibus
justificet, est error: in quem sensum illam trahunt haeretici. —
Lev. 17, (3. 4): „Sacrificia privata prohibet/* Suspectu annotatio,
et ad legem novam detorta, ut detorquent illam haeretici, oblationes
et missas privatas tollentes, est haeretica. — Deut. 5, (9): „Solns
Deus adorandus^^ Haec propositio excludens adorationem san-
ctorum est erronea (vorher zu Deut. 4, heisst es doch: adorandas
imagines ea adoratione qua Ecclesia Rom. consuevit). — Deut. 15,
(11): „Alendl pauperes nee permittendi ut mendicent." Et ibidem:
„Prohibetur mendicitas.'^ fiae et similes propositiones iniuriosae
sunt et malitiose annotatae in odium religiosorum mendicantium. —
Bar. 2, (12): „Vera christianorum confessio." Haec prop. suspecta
est in illo loco posita, qnia latenter toUit confessionem auricularem,
quam haeretici tollunt.
Bezüglich der bei Robert Stephanus Paris 1545 gedruckten
Biblia cum duplici translatione et cum scholiis Vatabli wird in
dem Edict verordnet, das N. T. sei g^nz zu beseitigen, da es so
voll Irrthümer sei, dass sie. nicht wohl verbessert oder getilgt
werden könnten, das A. T. dürfe mit den Scholien, nachdem diese
expnrgirt worden, behalten werden. In der Censur wird dann über
das A. T. bemerkt: „Es enthält sehr wenige Irrthümer, noch dazu
in Worten, die leicht katholisch gedeutet werden können ; darum
gestatten wir die Scholien desselben, namentlich den Gelehrten,
denen sie sehr nützlich sein können; damit aber die Ungebildeten
nicht irregeführt werden, notiren wir hier einiges wenige, was der
Häresie verdächtig erscheinen könnte''. Es folgen vier Stellen, bei
denen auf die früheren Bemerkungen über die Rechtfertigung durch
den Glauben verwiesen wird.
Als Anhang folgt noch f. 29 das Verbot der Bibel des Se-
bastian Castalio, Basel 1554. Es wird in folgender Weise moti-
virt: Gott habe bis jetzt auch die sonst depravirten Bibeln davor
bewahrt, dass in den Bibeltext selbst verderbliche Irrthümer ein-
geschoben worden. Castalio aber trage nicht nur in seinen Noten
204 Index des 6. Casa.
Ketzereien vor, sondern begünstige diese auch in seiner üeber-
setzung und übersetze mitunter, allem Anscheine nach absichtlich,
80, dass die Bibelstellen, welche seit den ältesten Zeiten zum Be-
weise für christliche Lehrsätze verwendet worden, dazu nicht mehr
geeignet erschienen. Die Uebersetzung sei ausserdem mit ihrer
Nachahmung des Stils der (classischen) Poeten und Historiker der
Würde der Bibel nicht angemessen ').
Von der Bibel des Vatablus erschien 1555 zu Salamanca eine
expurgirte Ausgabe; diese wurde aber von V. 59 verboten mit dem
Bemerken, die Correction derselben werde fälschlich (?) dem Domini-
caner Dom. de Soto zugeschrieben. Später erschien dann zu Sala-
manca eine zweite, „von sehr vielen Irrthümem nach dem Gutachten
gelehrter Theologen der Universitäten Salamanca und Alcala ge-
säuberte** Ausgabe. Die Verhandlungen über die „Säuberung*' be-
gannen schon 1569; der Druck wurde 1584 vollendet, aber die
Exemplare durften erst 1586 verkauft werden, nachdem sie gemäss
den Weisungen der Inquisition*) mit der Feder noch weiter gesäu-
bert worden, 1613 und 1632 mussten dann alle Exemplare noch-
mals zu weiteren Expurgationen eingeliefert werden^). — Die Be-
stimmung des Tr. (in der 3. Regel) s. u. § 30.
22. Der Index des päpstlichen Nnncins Casa,
Venedig 1549.
Von kirchlichen Behörden wurden in Italien in den Jahren
1549 - 54 vier „Cataloge" von verbotenen Büchern veröffentlicht,
zu Venedig 1549, zu Florenz 1552, zu Mailand 1554 and zu
Venedig 1554. Von keinem derselben ist die Originalausgabe
bekannt; aber von dem ersten, dritten und vierten haben wir
Abdrücke, welche Piero Paolo Vergerio besorgt hat. Der zuerst
genannte wurde von dem päpstlichen Nuncins Giovanni della
Gasa in italienischer Sprache publicirt.
1) Die Uebersetzung wurde auch von Beza angegriffen. Trecbsel,
Antitr. I, 211.
2) Diese Expurgation steht bei Q. p. 265 und bei Sot. p. 106. Bei
Q. sind die zu streichenden Sätze vollständig abgedruckt.
3) Ausführlich darüber Keusch, Luis de Leon S. 58, wo auoh etn
solches wiederholt expurgirtos Exemplar beschrieben wird. Bei Sot. p. 106
steht eine starke Expurgation einer 1587 zu Salamanca (mit Erlaubnisa
der Inquisition) gedruckten Ausgabe.
Index des G. Casa. 205
Gasa, ans einer vornehmen Familie stammend, geb. 28.
Jani 1503, warde 1538 Kleriker der apostolischen Kammer und
1540 als apostolischer Gommissar fUr die Einsammlung des
Zehnten nach Venedig gesandt. Paul III. aus der Familie Far-
nese, der Casa sehr ergeben war, ernannte ihn 1544 zum Erz-
bischof von Benevent und Nuncius in Venedig; in dieser Stel-
lang blieb er bis zum Tode des Papstes im Nov. 1549. Er soll
sich Hoffnung* gemacht haben, von Paul III. zum Cardinal er-
nannt zu werden. Casa schrieb in lateinischer und italienischer
Sprache, in Prosa und in Versen, und galt als einer der ele-
gantesten Stilisten und zierlichsten Dichter oder Versemacher
seiner Zeit (s. u.). Ein gelehrter Theologe war er ebenso wenig
wie die meisten Römischen Prälaten seiner Zeit, und wenn in
den A. J. P. I, 2624 gesagt wird, an der Abfassung seines Index
hätten die gelehrtesten italienischen Theologen Antheil gehabt,
so ist das, wie wir sehen werden, eine ganz unglaublich un-
gerechte Behauptung. Vergerio kommt der Wahrheit ohne Zweifel
viel näher, wenn er sagt, Casa habe sich von einigen Mönchen,
wohl von den Beamten der Inquisition, helfen lassen, die von
nichts als von scholastischer Theologie und Philosophie etwas
gewusst hätten.
Vergerio sagt, Casa habe den Index „im Auftrage Pauls III.' ^
veröffentlicht^); jedenfalls kann der Index, wie Zaccaria (p. 144)
sagt, „insofern als ein Index des apostolischen Stuhles bezeichnet
werden, als er von einem päpstlichen Nuncius ausging und
wahrscheinlich nicht ohne vorherige Zustimmung des Papstes
veröffentlicht wurde.*' Von der Originalausgabe dieses Index
scheint kein Exemplar mehr zu existiren; aber Vergerio, der
mit Casa schon vorher Händel gehabt, — er wurde 1545, als
er noch Bischof von Capodistria war, auf Oruud von Denuncia-
tionen als der Ketzerei verdächtig von Casa nach Venedig citirt,
and als er 1548 dort war, sachte Casa vergebens ihn zu be-
stimmen, nach Rom zu gehen, um sich dort zu verantworten '),
— Hess den Index noch im J. 1549 mit einer italienisch ge-
schriebenen polemischen Abhandlung abdrucken^).
1) Postr. Cat. f. 8 r.: mandatu Pauli III.
2) P. Sixt, P. P. Vergerio S. 107 flf.
3) II Catalogo de Libri, li qvali nvovamente nel mese di Magg^o nell'
206 Index des G. Casa.
An der Spitze des Index steht italienisch: „Es gelten als
verdammt und verboten alle Werke von den unten verzeichneten
Häretikern und Häresiarchen , welche über die h. Theologie
oder irgend eine andere Materie lateinisch oder in der Volks-
sprache handeln : von Martin Luther" u. s. w. Dann folgen ohne
ersichtliche Ordnung (die Wiederholungen nicht abgerechnet)
142 Nummern: zuerst41, weiterhin noch 4 Namen von deutschen,
französischen und italienischen Häretikern (aus älterer Zeit
nur Hus),' dann 38, weiterhin noch 11 Namen mit dem Titel
von einer oder mehreren Schriften (darunter aus älterer Zeit
Marsilius von Padua und Nicolaus Glemangis), dann 25 anonyme
lateinische Schriften, dann: „Neue Testaroente und Bibeln, in
welchen Vorreden, Briefe und andere ähnliche Dinge gegen un-
anno präsente M.D.XLYIIII. sono stati oondannati & scomunicati per here-
tici, Da Giouan della casa legato di Vouetia, & d'alcuni frati. E aggivnto
sopra il medesimo catalogo vn giudicio, & discorso del Vergerio. S. 1.
1549* 84 Bl. 4. (f. 6 v. beginnt die Abhandlung: Vergerio alli fratelli
christiani, datirt 3. Juli XLViiij). Eine lateinische Uebersetzung des Index
und das Scblussdccret gibt Vergerio auch in den unten zu citirenden Anno-
tationes von 1566, C2 — 7 (hier hat er einige Namen, worin Fehler stecken
oder die ihm sonst bemerkenswerth schienen, gross drucken lassen), — eine
lateinische Uebersetzung der ersten Nummern des Index und das Schlass-
decret auch in dem Schriftchen Concilium non modo Tridentinum, sed omne
Papisticum perpetuo fugiendum esse omnibus piis. Autore Vergerio. A.
1553* (vgl. Mendham p. 27).
Schelhorn, Erg. II, 1—36. 359—367. („Von dem allerersten Raster
der verbotenen Bücher, das in Welschland herausgekommen*) hat den
Index (bis auf einige Kleinigkeiten genau) abdrucken lassen und aus Ver-
gerio's ^Abhandlung einen Auszug gegeben.
Zaccaria (p. 143) meint, der Index sei schon 1548 gedruckt, wie
Vergerio selbst Postr. Cat. f. 5 v. sage, und 1549 auf dem Titelblatt der
Ausgabe Vergerio's sei ein Druckfehler. Aber die Jahreszahl steht aooh
in allen Abdrücken des Schlussdecrets (s. o.), und in den Annot. von 1556
sagt Vergerio, der Index sei 1549 gedruckt. Es ist also viel eher anzu-
nehmen, dass die Zahl 1548, die nur an Einer Stelle vorkommt, verdruckt
(oder ein Versehen Vergerio's) ist. In der am 3. Juli 1549 in Graubünden (in
queste alpi) geschriebenen Vorrede sagt Vergerio, er habe seine Abhand-
lung geschrieben, sobald er den Index erhalten. Eine im Mai 1548 in
Venedig gedruckte Schrift hätte er sicher früher erhalten.
Index des 6. Casa. 207
Sern h. Glauben stehen'', zuletzt noch 19 italienische BUcher
und das aligemeine Verbot: „Alle Werke, welche seit 24 Jahren
ohne Angabe der Namen des Verfassers oder des Druckers und
des Ortes und der Zeit des Druckes erschienen sind/'
Dann folgt ein lateinisches Pnblicandum des Kanzlers (der
Nunciatur) Bartholomäus a Gapellis d. d. 7. Mai 1549:
^Auf Befehl und im Auftrage des Hocbwürdigsten Herrn Gio-
vanni della Casa, £rzbischof8 von Benevent, Decans der apostoli-
schen Kammer und apostolischen Legaten in dem ganzen erlauchten
Gebiete der Venetianer, werden durch gegenwärtiges alle diejenigen
als der in der Bulla Coenae Domini enthaltenen grössern Excommuni-
cation verfallen erklärt, welche es wagen, die in diesem Cataloge
erwähnten Bücher, Schriften und Werke ohne Autorität und Erlaub-
niss des h. apostolischen Stuhles in ihren Häusern oder an irgend
einem andern Orte öffentlich oder heimlich bei sich zu haben und
irgendwie zu lesen, zu drucken und zu vertheidigen/
Es war für Vergerio nicht schwer, auf diesen Index eine
Satire zu schreiben: in Vergleich zu den schon vorhandenen
Indices von Löwen und Paris ist er eine stümperhafte Arbeit;
selbst der des Rathes von Lucca ist besser gemacht. Dass die
Titel mancher lateinischen Bücher italienisch, die einiger italie-
nischen lateinisch gegeben werden, ist der geringste Fehler.
Dass die Namen zum Theil bis zur Unkenntlichkeit entstellt
sind, mag mehr dem Drucker als den Gelehrten der Nunciatur
zur Last fallen: Nicolaus Glemangis heisst Nicolö Elemangio
archidiacono Baiocense (bei Schelhorn Baistense), Seb. Münster
Seb. Mustere, Petrus Artopoeus (zuerst Pietro Artopeo, dann)
Pietro Artophago. Aber der gänzliche Mangel an Ordnung und
schlimmere Fehler fallen den Compilatoren zur Last: Epitome
d'Achille ist das Buch des Gassarus (S. 111); an dritter Stelle
steht: di Martine Bourrhaio (sämmtliche Werke), später kommt
di Martine Morhao in EccI. Sal. und Martine Cellario de ope-
ribus Dei, — es ist Martin Borrhaus (Cellarius) gemeint; bald
nach di Christophore Hosmanie in ep. Pauli ad Titum folgt di
Christ. Offmanno de peenitentia e le epere sue tutte di teologia;
hinter di Giovanni Lorichie steht di Hadamario, später di Ghe-
rardo Lorichie Institutio fidei christianae; zuerst werden di Giu-
sto Giona alle Schriften verboten, dann di Giona contra Fa-
brum Constantiensem et contra coelibatum, endlich Tutte le
opere di Jodoco in theologia, u. s. w.
208 Index des G. C&sa.
Die Schriftsteller, welche Casa ohne weitem Zasatz nennte
von denen er also alle Werke verbietet, stehen grossentheils in
allen oder mehreren früheren Indices, einzelne nur in je einem, dem
Luccaer oder dem Pariser von 1544 oder 47. Auch für die
Nummern, in welchen einzelne Bücher mit Nennung der Ver-
fasser oder anonyme Schriften verboten werden, ist der Pariser
Index benutzt worden, ferner das Edict Karls V. von 1540 und
vielleicht auch der Löwener Index von 1546. Es stehen aber
bei Gasa auch ziemlich viele Schriften, die in keinem frühern
Index vorkommen: die italienischen hat er ohne Zweifel ans
eigener Anschauung oder Inquisitionsprocessen und Confisea-
tionen gekannt; von den meisten ausländischen wird dasselbe
anzunehmen sein; wenigstens weiss ich keine Quelle anzugeben,
aus der er die Büchertitel entnommen haben könnte. Aus Ges-
ners Bibliotheca, welche für die folgenden Indices eine Haupt-
quelle wurde, könnten nur einige Nummern stammen.
Casa's Index ist wichtig, weil der Inhalt desselben zum
grössten Theile in die folgenden italienischen Indices, durch
Paul IV. auch in den Römischen Index aufgenommen worden ist.
Aus dem Pariser Index stammen ohne Zweifel Vittore de Bor-
della, Guilelmo Farello, Clemente Marotto, Claudio Guillando (Guil-
land), sicher Giov. Mater in Apoc. (im Par. 47 steht irrthümlich,
8. H. 147, Jo. Mayer, ecciesiastae Bernensis in Apoc. commentarius ;
der Verfasser heisst Sebastianus Meyer und steht auch unter diesem
Namen bei Casa), — aus dem Luccaer vielleicht Pietro Artopeo,
Huldrico Hutteno ; auffallender Weise fehlen Carlstadt und Leo Judä,
die in dem Luccaer Index stehen. — Dass das Edict von 1540
benutzt wurde, zeigt ausser Giov. Puperio, Gorziano namentlich das
wunderliche Verbot ; Novum Testamentum excussum (sie) per Adria-
num de Vegia et Cristophorum de remunda aut Modi dictorum s.
scripturae. Das erste sind niederdeutsche Neue Testamente (S. 108);
vor aut ist Phrases ausgefallen, denn unmittelbar hinter den N.
Testamenten stehen bei Karl V. die Phrases scripturae divinae von
ß. Westhemer. Aus dem Edicte stammen auch die n&chsten Num*
mem : Paralipomenon rerum memorabilium und Orationes domin.
Gryphii und änderest — Aus dem Lov. 46 stammen wahrscheinlich
Onus Ecclesiae, Martine Morhao (Borhaus) in Ecclesiasten Salomonis.
— lieber die mögliche Berücksichtigung spanischer Bticherverbote
s. o. S. 133.
Von den italienischen Autoren und Schriften, die bei Casa
stehen, wird unten die Rede sein. Von den ausländischen könnten
aus Gesner u. a. folgende entnommen sein: Alberio Erasmo, de
Spongia Judicium, — bei G. Part. f. 126: De spongia Erasmi jndi-
Index des G. Cäsa. 209
cium Erasmi Alberi. Danach haben Med. Ven. und die Rom. Ind.
seit P. (in der 1. Gl.) Erasmns Alberns, — Ven. unter S auch
Spongia judicum, was doch P. nicht aufgenommen hat*). — Ales-
sandro Alesio de auctoritate verbi Doraini contra ep. Lund. — bei
G. Alex. Alesii Scoti de auct. verbi Dei liber c. episcopum Lun-
densem, 1542. — Christoph. Hosmanio in ep. Pauli ad Titum und
Christ. Oifmanno de poenitentia & le opere sue tutte di theologia,
— bei G. Chrph. Hoffman concionatoris Jenensis in ep. P. ad Ti-
tum . . . 1541. De poen. commentariorum 11. 3 . . . 1540. —
Giona c. Fabrum Constant. et contra coelibatum, — bei G. Adv.
Jo. Fabrum [Constantien. Vicarium] scortationis patronum pro con-
jugio sacerdotum Justi Jonae defensio. [Tig. 1523. 33 Bl. 4]. —
Giov. ßismanno ad Casparum, — bei G. Jo. Briesmanni ad Cas-
paris Schatzgeyri minoritae plicas responsio pro Lutherano libello
de votis monasticis, 1523. — Rodolfo Gualtero Antichr. und Ro-
dolfo Gualthero Homiliae V., — G. sagt, von R. Gualther würden
demnächst deutsch und lateinisch erscheinen Homiliae quinque de
novissimis temporibus et Antichristo. — Theod. Bibliandro Re-
latio quod a solo verbo filioque Dei etc. — bei G. Relatio iidelis
ad omnium ordinum reip. christ. principes viros populumque christ.,
quod a solo verbo filioque Dei petenda sit exacta cognitio temporum
praesentium et futurorum et rerum Antichristi . . . 1545.
Wenn Casa wirklich Gesners Bibliothek benutzt hat, ist es
freilich auffallend, dass er nicht noch mehr Schriften von Myconius,
Gualther, Bibliander u. a. daraus entnommen hat. Aus Gesner oder
einer andern mir bekannten Quelle hat er u. a. folgende Schriften
von bekannten Verfassern nicht entnommen: Andrea Osiandro
Conjecturae de ultimis temporibus [ac fine mundi ex sacris literis,
1544]; Casparre Crucigero, Psalm, enarr. et opera theologica omnia ;
— Cruciger steht in keinem frühem Index; G. nennt von ihm
nur Comm. in ep. ad Titum priorem 1540. — Fabr. Capitone in
Abacuc proph. — Capito steht bei G. (und im Lov. 1550) unter
Wolfgangus F. C. ; ausser den Enarr. in Habakuk prophetam, 15.'J9,
verzeichnet G. unter seinen Schriften auch Responsio de missa, ma-
trimonio et jure magistratus in religionem (Strassb. 1537; auch im
Lov. 1550 unter seinem Namen) und Hexemeron Dei opus expli-
catum, Strassb. 1539. Beide tragen Capito's Namen auf dem Titel-
blatt*), stehen aber bei Casa als anonyme Schriften, die letzte als
Exameron Dei opus, diese auch im Rom. Ind. bis heute (Ben. hat
nur Hexameron corrigirt). — Giov. Diacono in Abd. proph. ist Jo.
Draconitis Comm. in Obadiam et Ps. 137, 1538, und Giov. Polio
Vespalio Poeta opusc. serm. et epigr. ist Jo. Pollius Westphalus,
1) Erasmus' Spongia steht in den Opp. 10, 1631, das ludicium E.
Alberi de Spongia Er. Rot. adeoque quatenus illi conveniat cum M. Lutheri
doctrina 1523, bei Boecking, Hütten II, 373—78. Vgl. Nebe, Denkschr. des
Sem. zu Herborn, 1867, 33. Archiv f. Lit.-Gesch. 1883, 28.
2) Baum, Bucer und Capito S. 584.
Reusch, Index. 14
210 Index des G. Casa.
\
von dem G. Poemata erwähnt. — Giov. Salvino wird wohl iden-
tisch sein mit Giov. Calvino. Marcautonio Calvino könnte Marcan-
touio Corvino im Luccaer Index nein. P. nahm nur diesen auf,
Tr. aber setzte auffallender Weise auch Marcus Ant. Calvinus
in die 1. Cl. Sie haben dort beide gestanden, bis Ben. Ant. Cor-
vinus und Ant. Calvinus corrigirte. Letzterer war der Bruder Joh.
Calvins, hat aber nichts geschrieben. — In keinem andern Index
als bei Casa steht Herme Letmario de instauranda religione, — es
ist Hermae Lethmatii de instaur. rel. 11. 9. Bas. 1544 fol. Der
Verfasser war Doctor der Sorbonne und Decan und Generalvicar in
Utrecht, f 1555*). Sein Buch für ein häretisches zu halten, ist
Casa wohl durch den Druckort verleitet worden.
Ausser dem Hexemeron und der Kesponsio Capito's stehen bei
Casa noch einige andere Schriften ohne Angabe der Verfasser, ob-
schon sie nicht anonym erschienen sind. Folgende davon sind als
anonyme Schriften auch in Med. Ven. und durch P. in den Rom.
Index gekommen: Evangelicae conciones sind die £. c. domini-
carum totius anni . . . subnexis epistolarnm argumentis, cum
Jo. Hippini de sacris concionibus formandis compendiaria for-
mula praefixa, von Petrus Artopoeus; sie stehen im Par. (erst seit
Ben. im Rom. Ind.) unter seinem Namen; Jo. Hippinns (so Par. und
G., im Luccaer Ind. Jo. Hepinusl ist Jo. Aepinus. So ist denn
auch durch P. (neben Jo. Aepinus) ein Hippinus in die 1. Cl. ge-
kommen, den erst Ben. hinausgeworfen hat. Der arme Aepinus steht
aber noch unt«r einem dritten Namen im Index. Aus Jo. Aepini
in evangelium ascensionis Domini enarrationes (154G, 52 Bl. 4) hat
nämlich Casa ,,Giov. Spino in Evang. ascensionis '^ gemacht. So
kam Jo. Spinus durch P. in die 1. Cl. Ben. hat dafUr Jo. de
Spina sive Spinaeus gesetzt, offenbar willkürlich; denn diesen, den
.frühem Augustiner J. de l'Espine, der auf dem Gespräch zu Poissy
1561 ein Wortführer der Protestanten war, hat Casa nicht gekannt
und P., der den Namen aus Casa aufnahm, nicht gemeint.
De coena Dominica quae contra veritatem (ad objecta) Mur-
narus subigit ist De caena dominica ad objecta quae contra verita-
tem evangelicam Mumerus partim ipse finxit, partim ex Rofiensi ac
aliis pietatis hostibus sublegit. Responsio Martini Buceri. S. 1. et
a. (Strassb. 1524); eine andere Ausgabe: De coena dorn, contra Mur-
nerum, Strassb. 1534'). Aus Casa nahm dieses P. auf, und zwar
in der unterdrückten Ausgabe von 1557 als Liber de coena u. s. w.,
wörtlich wie bei Casa^), in der publicirten Ausgabe von 1559 als
Liber de coena dominica. So steht die Schrift noch jetzt im Index
(seit Ben. de Coena Dom.). Nur aus Casa und dem Index von
1557 ist also zu ersehen, welche der vielen Schriften de coena
dom. aus der Reformationszeit gemeint ist.
1) Foppens I, 476.
2) Baum, Capito und Bucer, S. 264. 590. 596.
3) Zacc p. 325.
Index des G. Casa. 211
Angustini et Hieronymi Theologia falso ab bis doctoribus et
concise atque baeretice excerpta per quendam doctorem germanicum,
im Rom. Ind. bis jetzt Aug. et Hier. Theol. , ist wabrscbeinlicb
das im Lov. 50 unter dem Namen seines Verfassers stebende Buch
von Ant. Corvinus: Augustini et Cbrysostomi Tbeol. ex libris eo-
rnndem deprompta inque communes locos digesta circiter 67,
Scbwäbisch-Hall 1539.
De Providentia Dei sine autore und D e falsa religione,
die bei Casa unmittelbar hinter einander stehen, sind wahrscheinlich
Zwingli's Schriften De vera et falsa religione, 1525, und Sermonis
de Providentia Dei anamnema, 1530, von denen berichtet wird, dass
P. M. Vermigli sie gelesen *). Letzteres wird auch gemeint sein
mit den seit P. im Rom. Ind. stehenden Sermones [sie] de Provi-
dentia Dei. — Dialogus mutuis interrogationibus et responsionibus
reddens rationem veterum synodorum, im Ven. Dial. multis interr.
u 8. w., nicht im Rom. Ind., ist ein Buch von Erasmus Sarcerius *).
Von den Schriften, welche aus Casa in die 3. Cl. des Römi-
schen Index gekommen, sind (ausser den später zu besprechenden
italienischen) noch zu erwähnen:
Centum gravamina sedis apostolicae non ferenda Germanis, die
Beschwerden, welche auf dem Reichstag zu Nürnberg 1522 zu-
sammengestellt wurden. Vergerio bemerkt dazu, dieselben seien
nicht allein, sondern mit der Instruction Hadrians VI. für seinen
Nunoius Chieregati zusammen gedruckt **), und meint, Casa habe diese
mit verdammen wollen*). Sie wurde im Med. und Ven. ausdrück-
lich verboten : Pontificii Oratoris Legatio in Conventu Norembergensi,
und steht so seit P. auch im Rom. Ind. bis heute. — Die gleich-
1) Jo. Simler, Vita P. M. Vermilii (Gerdas, Scr. in. ant. III, 14). Schmidt,
P. M. Vermigli, 1858, S. 20.
2) Dial. . . . synodorum ... et nuper habitae synodi et visitationis
pro pastoribus comitatus Nassoviae. S. 1. 1539. Gerdes, Scr in. ant. II, 608.
3) In hoc libello Pontificii oratoris continetur legatio in conventu
Norembergensi. Cum responsione Caesaris. Insunt et gravamina germani-
cae nationis iniquissima C. Accedit enumeratio annatarum taxationum
eoclesiarum et monasterioram per Universum orbem .... S. 1. et a. (Köln
bei Quentel; vgl. Ann. des bist. Yer. f. den Niederrh. 23, 217) und Nürnb.
1523; eine andere Ausg.: Adriani VI. legatio . . . cum praef. M. Lutberi,
Witt. 1588. Baumg. I, 557. Zwei deutsche Uebersetzungen, Nürnb. und
Basel 1522 bei Weller 2009. 16, eine italienische: Quivi e desoripto quello ha
exequire le oratore etc. S. 1. et a. bei Rosentbal 28, 2546. Auch die Gra-
vamina und die Annatae wurden 1523 deutsch gedruckt; s. Weller 2848.
49. 51. - Die Centum grav. sind aus der 1. Ausg. abgedruckt in dem
Fasciculus von 0. Gratius.
4) II. Catal. fol. g 1.
äi\2 Index des 6. Casa.
falls mit der Legatio zusammen gedrnckten Annatae taxationes
ecclesiarum et monasteriorum per Universum orbem, ein Verzeich-
niss der von den Bischöfen und Aebten an den Papst zu entrich-
tenden Abgaben '), wurden zuerst im Liss. 81, dann von Q. ver-
boten und kamen dann auf diesem Umwege 1590 durch S. auch in
den Rom. Ind. Ol. fugte den Zusatz bei: ab haereticis depravatae.
— Man kann freilich sagen: nicht die Instruction Hadriaus VI. stehe
auf dem Index, — sie sei ja auch bei Raynaldus abgedruckt, —
sondern die in Deutschland erschienenen und mit den genannten und
anderen Zuthaten versehenen Ausgaben derselben*); aber die Fas-
sung des Verbotes in allen Index -Ausgaben begünstigt diese An-
sicht nicht, und der Ton, in welchem Pallavicini *) von der Instruc-
tion spricht, zeigt wenigstens, dass man es in Kom später lieber
gesehen hätte, dass sie nicht bekannt geworden, noch lieber, dass
sie nicht erlassen worden wäre.
Historia vera de morte s. viri Jo. Diazii Hispani, quem ejus
frater germanus interfecit. Juan Piaz aus Cuenca studirte 15 Jahre
zu Paris, schloss sich 1545 zu Genf an Calvin an, ging mit Bucer
und Claude Senarcle zu dem Religionsgespräch in Regensburg im
Jan. 1546, und wurde 27. März 1546 zu Neuburg an der Donau
auf Anstiften seines Bruders Alfonso, der Advocat bei der Römi-
schen Rota war, ermordet. Der Mörder, ein spanischer Kleriker, und
Alfonso wurden verhaftet, auf das Verlangen des Papstes aber von
Ferdinand I. an den Bischof von Trient ausgeliefert. Alfons blieb
straflos (er erhängte sich 1551 zu Trient). Als Verfasser der 1546
mit einer Vorrede von M. Bucer herausgegebenen Historia wird auf
dem Titelblatte Cl. Senarclaeus bezeichnet*). P. setzte den Titel
der Historia, wie er bei Casa und im Ven. steht, in die 3. Cl.,
Claudii Senarclaei bist, de morte Jo. Diazii (was er bei GA. fand)
in die 2. und Jo. Diazius in die 1. (M.*) Tr. fügte zu Jo. Diazius
bei: ille cujus mortis historiam scripsit Cernarcleni (sie), setzte auch
Cl. Senarclaeus in die 1. Cl., Hess aber Historia etc., das einzige.
1) K.-L. I, 76. R.-E. I, 78. Döllingor, Boitr. H, VII.
2) Card. Qairini Epistolae p. 404. Zacc. p. 323.
3) Bist. C. Tr. 2, 7, 9.
4) Historia vera de morte sancti viri Jo. Diazii, quem ejus frater
germanus Alph. Diazius exemplum secutus primi parricidae Catn velut
alterum Abelem nefarie interfecit, per Claudium Senarclaeum. Cum praef
M. Bnoeri, in qua de praesenti statu Germaniae multa continentur lecta
imprimis digna. S. 1. 1546. (Die Vorrede ist an den Pfalzgrafen Otthein-
rich gerichtet). Abgedr. bei Gerdes, Sorinium antiq. VIII, 889, Vgl. K
Boehmer, Bibl. Wiffen., I, 179. 199. J. Bonnet, Recits du 16. siöcle p. 177.
6) Er hat nichts geschrieben als Christianae religionis summa. Ad
111. Princ. Ottonem Heinricum Palaiinum Rheni . . . per cl. v. Jo. Diazinm
conscripta, Neuburg 1546 u. s., abgedr. bei Gerdes 1. c. VIII, 466.
Index des G. Casa. 213
was er geschrieben, in der 3. GL stehen (es steht seit Ben. unter
Senarclaeus).
Pasquillus germanicus ist ohne Zweifei der ans Bibeistellen
zusammengesetzte P. germ., in quo causa praesentis belli attingi-
tur*), und Epitome belli Papistarum contra Germaniam atque patriam
ipsam Caesare Carolo duce 1546 ist das Original von „Ain kurtzer
bericht dess Pfaffen- Kriegs. Den Kaiser Carl V. wider Teutsche
Nation vnd das Vaterland gefühii; hat: im 1546. jare. Aussem Latin
verteutscht. * 8. 1. et a. 8 Bl. 4.
In seiner polemischen Abhandlung äussert Yergerio, es sei
nicht in der Ordnung, dass Casa einen Index herausgegeben,
während das Trienter Concil versammelt (wenigstens nur vertagt)
war. Femer hebt er hervor, dass man, wenn man Männer wie Mar-
silius von Padua und Nicolaus von Clemangis auf den Index setzen
wolle, noch viele in den früheren Jahrhunderten finden könne. Wir
werden sehen, dass — ob in Folge dieser Anregung Vergerio's, ist
nicht nachzuweisen, — in den folgenden Indices die Zahl der mittel-
alterlichen Häretiker sehr gross geworden ist. Zum Schlüsse
äussert Verg. seinen Unwillen darüber, dass man nicht Schriften
voll thörichter und abergläubischer Dinge, wie Miracoli della Ma-
donna, II Rosario, Fioretti di San Francesco, und namentlich darüber,
dass man nicht obscöne Schriften verboten habe. Unter diesen
konnte er Gedichte von Casa selbst namhaft machen, namentlich
ein Capitolo del fomo*). Dieses allerdings sehr nahe liegende Ar-
gument, dass der Verfasser einer solchen Poesie nicht der richtige
Mann dazu sei, über andere Schriftsteller zu Gericht zu sitzen,
urgirt Verg. aucJi in mehreren anderen seiner zahllosen Streitschriften,
und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er dazu beigetragen, Casa
1) Abgedr. bei Strobel, Beiir. 1, 1, 202; vgl. Bist. Taschenb. 1838,* 378.
2) Ueber diese Jugendsünde Casa 's, — es sind 166 Verse, — ist sehr
viel geschrieben *, vgl. Clement II, 204. Die ausführlichste Apologie Casa's
hat Menage im Anti-Baillet 6119 (s. Baillet, Jugements VII, 150—170) ge-
liefert; hier ist auch p. 251 — 259 Casa's Diss. adv. F. Vergerium abge-
druckt, in welcher aber das Capitolo del forno nur nebenbei erwähnt, da-
gegen eine Reihe von starken Anschuldigungen gegen Vergerio's Charakter
und Leben erhoben wird; vgl. Schelhorn, Diss. pro P. P. Vergerio adv.
Jo. Casam, Ulm 1754. — Das beste, was Menage zur Entschuldigung Casa's
zu sagen weiss, ist: das Capitolo sei ein Jugendgedicht und verherrliche
nicht ex professo die Sodomie, es sei auch nur eine Bagatelle in Vergleich
mit den vers licentieux des Card. Bembo. Ginguene, Hist. lit. de Fit.
IX, 199 sagt: Del forno. Ce titre, fort indifferent, ne doit point scanda-
liser les personnes qui n'ont point lu le chapitre meme, et Celles qui Tont
pu lire, n'ont plus de scandale ä craindre. Mais le fait est, que c'est 14
tout ce qu'on peut citer de cette debauche d'esprit du Casa.
214 Indices von Mailand und Venedig 1554.
die Carriere zu verderben. Cardinal wurde, wie gesagt, Casa unter
Paul III. nicht; bei dessen Nachfolger Julius III. stand er als An-
hänger der Farnese nicht in Gunst, er lebte unter dessen Regierung
als Privatmann in Venedig. Paul IV. ernannte ihn 1555 zum Staats-
secretär; er starb aber schon 14. Nov. 1556*). Die im J. 1558
zu Venedig erschienenen Rime e prose di Gio. della Casa setzte
Paul IV. auf den Index, Pius IV. strich sie, Sixtus V. setzte sie
wieder ein und Clemens VIII. strich sie wieder. Von Sand. p. 802
wird sogar verordnet, in dem Index zu Th. Zwingers Theatrum vitae
humanae Jo. de la Casa poeta obsooenus zu streichen.
Aus den Rime e prose wurde besonders abgedruckt: 11 Gala-
teo di G. della Casa con Torazione a Carlo V. Imperatore, Florenz
1560. II Galateo, in Italien ein sehr beliebtes und verbreitetes
Buch, ist ein Gespräch zwischen einem Greise und einem Jünglinge
fiber gute Lebensart. Es wurde in viele Sprachen übersetzt, von
Nathan Chytraeus 1572 ins Lateinische^). Nachdem die Rime e
prose vom Index entfernt waren, erschienen Ausgaben zu Florens
1564 n. s., Venedig 1579 u. s. Petrus Victorius edirte Joannis Casa
latina monimenta, quae partim versibus partim soluta oratione
scripta sunt, Flor. 1564, 206 S. 4. In dieser Sammlung stehen auch
die Vitae von Bembo und Contarini ^), Gesammtausgaben der lateini-
schen und italienischen Schriften sind zu Florenz 1707 (3 Parti) und
Venedig 1728 (5 Bände) erschienen. Das Capitolo del forno fehlt
in diesen Ausgaben, steht aber in vielen Sammlungen von Rime^).
23. Die Indices von Floreoz 1552, Mailand und
Venedig 1554.
Aus Vergerio's Schriften wissen wir, dass 1552 von den Domi-
nicanern, d. h. wohl von der Inquisition zu Florenz ein Index
1) J. A. Symondsi Renaissance in Italy. It. Lit. II, 274.
2) Burckhardt, Cultur der Ren. II» 116 nennt es „eine schön und
geistvoll geschriebene Unterweisung in der guten Lebensart, in Delicatesse
und Tact, die noch heute Leute jedes Standes mit grossem Nutzen lesen
könnten". Es ^ibt auch eine deutsche Uebersetzung : „Galateo d. i. das
Büchlein von erbaren, höflichen und holdseligen Sitten".
8) lieber diese s. Brieger, G. Coutarini, 1870, S. 22. — Die
Monimenta sind von dem Inquisitor als in nullo discrepantia a sana
et cath. doctrina S. Rom Eccl. approbirt. Sie wurden nochmals von N.
H. Gundling herausgegeben, Halle, 1709. In dieser Ausgabe steht auch
die Defensio contra Vergerii calumnias.
4) Clement VI, 326.
Indices von Mailand und Venedig 1554. 215
herausgegeben worde. Derselbe sei etwas reichhaltiger gewesen
als der Gasa's, aoch seien darin — Vergerio meint, in Folge
seiner Kritik des letztern, — einige Irrthümer verbessert, aber
freilich neue sehr arge begangen worden; er habe auch gegen
diesen Index geschrieben. Aber weder der Index noch Ver-
gerio's Streitschrift ist erhalten.
Den im J. 1554 in Mailand von dem Erzbischof Giovanni
Angelo Arcimboldi pnblicirten Index') kennen wir ans einer
Streitschrift von Vergerio, worin derselbe abgedruckt ist*).
1) In den polemischen Noten zu dem Von. Index von 1554 spricht
Vergerio von zwei zu Mailand erschienenen Indices (Annotationes . . Au-
thore AthanasioA 2 v; Catalogus . . . Regiom. D 6v: Hunc (Casa's Index)
mox insecutus alius est Florentiae a Daemonicanis (so schreibt Verg.) edi-
tus illo paulo auctior atque copiosior. Quem rursum excepcrunt duo
Mediolani scripti, alter a monstro quodam hominis, Melchiöre Crivello
£pisc. Tagastense, dum Hippolytus Card. Ferrariensis archiepiscopatum
illic tencret, "[Hippolyt II. von Este war £rzbischof von Mailand 1520—50]
suffraganeo, ut vocant (in der 4. Ausg. suffuraneo), alter sub Arcimboldo
etiam Mediolanensi Archiep., ambo prioribus non parum etiam ampliores).
Aber sonst spricht er immer nur von Einem Mailänder Index. So Postr.
Cat. f. 5v.: Anno 1552 alterum Florentiae promulgarunt, in quo emen-
daverunt quidem (quod fuissent a me mouiti) nonnullos errores, sed novos
et quidem valde pudendos admiserunt. Cum vero contra hunc quoque
stylum acuere zelus gloriae Dei roe impulisset, ecce tertium concinnarunt
a. 1554 Mediolani, emendatis quidem aliquot ex erroribus, quos ego indica-
veram, sed additis interim nonnullis nihilo [multo?] deformioribus» quam
fuerant priores. Quid multa? Quartum quoque Veuetiis a. 1554 ediderunt.
Ebenso Agli Inquisitori che sono per Pltalia f. 4 v, wo er nach der Er-
wähnung des Casa'schen Index sagt: Allora correste a fare un* altro che
fu pur in Yenetia nelP a. LIIII stampato . . . Or io scrissi contra questo
sccondo e poi contra un terzo stampato in Firenze . . . Metteste mano al
quarto che fu stampato in Milano. Hier wird der zuletzt erschienene
Index an zweiter Stelle genannt, weil er wie der erste in Venedig er-
schienen war.
2) Catalogo del Arcimboldo Arciuescovo di Melano, oue egli con-
danna & diffama per heretici la magior parte de figliuoli de Dio, Sc m^bri
di Christo, i quali ne loro scritti cercano la riformatione della chiesa
Cristiana. Con una risposta fattagli in nome d'una parte di quei ualenti
uomini. Nello anno MDLIIII.* (Cambridge). 52 Bl. kl. 8. — Vergerio
nennt sich auf dem Titäl blatte nicht, beginnt aber seine polemische Ab-
handlung über den Index C4: Vergerio all' Arcimboldo. — Ein latei-
216 Indicas von Mailand und Venedig 1554.
An der Spitze steht ein im J. 1554 — das Datum ist nicht
angegeben — von „6io. Angelo Arcimboldi, Erzbischof von
Mailand und kaiserlichem Senator, und Bonaventura Castiglione,
Propst von S. Ambrogio, apostolischem Generalcommissar der
Inquisition im ganzen Mailänder Gebiete, mit Zustimmung des
kaiserlichen Senates von Mailand^' erlassenes langes italienisches
Edict, welches folgende Bestimmungen enthält:
Fortan soll kein Geistlicher oder Laie an irgend einem Orte,
auch nicht in seiner eigenen Kirche oder Wohnung predigen oder
die h. Schrift vorlesen ohne specielle schriftliche Erlaubniss der be-
sagten Monsignori bei Strafe der Excomuiunicatio latae sententiae
und anderen arbiträren, auch körperlichen Strafen. Unter Auf-
rechthaltung der anderen bezüglich der verbotenen Bücher erlassenen
Befehle und Proclamationen (cride) wird verordnet: niemand soll
lateinische oder italienische Bücher, in denen von der h. Schrift ge-
handelt wird, iniportiren (condurre), verkaufen oder verschenken,
ohne vorher den besagten Monsignori oder ihren Deputirten ein
Verzeichniss (la notta s. descriptione) derselben vorgelegt zu haben,
bei Strafe der Excommunicatio 1. s. und von 100 Scudi für jeden
Fall, wovon je ein Drittel der Inquisition, der kaiserlichen Kammer
und dem Ankläger zufällt; letzterm wird Verschweigung seines
Namens zugesichert. Diesen Strafen verfallen auch diejenigen,
welche solche Bücher unter anderen Waaren verborgen wissentlich
importiren oder sie kaufen. Alle Buchdrucker, Buchbinder, Buch-
händler und Importeure haben binnen zwei Monaten bei der ge-
nannten Strafe ein unterschriebenes Verzeichniss ihrer Bücher ein-
zureichen und dürfen keine andere Bücher als die in dem Ver-
zeichniss stehenden feil haben, bei Strafe der Excommunication und
von 10 Scudi für jedes Buch. Die Buchhändler, welche binnen
zehn Tagen neue ketzerische oder verbotene Bücher abliefern, werden
nischer Auszug aus dem vor dem Index stehenden Kdicte steht bei de
PorU, Eist. Ref. cccl. Raet., 1772, T. I, 1. 2, p. 646. — Arcimboldi, ein
geborener Mailänder, aus einer Familie, aus welcher schon mehrere
Erzbischöfc von Mailand hervorgegangen waren, wurde als Wittwer Geist-
licher und bald zum apostolischen Protonotar und Referendar und Propst
von Arcisate ernannt. 1514 — 18 war erNuncius und Ablasscommissar für
einen grossen Theil von Deutschland, unter anderm die Diöcesen Köln
und Trier, und für Dänemark und Schweden, und verwickelte sich als
solcher in allerlei unangenehme Händel. 1522 ging er als Gesandter des
Herzogs von Mailand zu Hadrian VI. nach Spanien. 1525 wurde er Bischof
von Novara, 1550 Erzbischof von Mailand. Erstarb 6. April 1555. — Vgl.
Mazzuchelli I, 964. R.-E. I, 616. K.-L. I, 1268. Ein Ablassbrief von ihm
d. d. Havniae 1516 in U. N. 1739, 257.
Indices von Mailand und Venedig 1554. 217
dafür entschädigt. Wer ketzerische oder verbotene Bücher, nament-
lich die unten verzeichneten, besitzt und sie in einem Monat ab-
liefert, wird von Censuren und Strafen freigesprochen werden ; nach
diesem Termin wird niemand mehr zugelassen, sondern nach dem
Rechte verfahren werden. Der Ankläger wird geheim gehalten und
erhält ein Drittel der Geldstrafe. Wer einen Ketzer oder der
Ketzerei Verdächtigen in der Stadt und Diöcese Mailand kennt, hat
ihn binnen dreissig Tagen anzuzeigen, bei Strafe der Excommuni-
catio 1. s. und von 50 Goldscudi. Diese Strafe trifft auch jeden,
welcher den Lutheranern oder anderen Ketzern Beistand leistet. Wer
in einem Monate kommt, wird eine geheime Busse erhalten und
gratis absolvirt werden. Ein Lutheraner oder anderer Ketzer, der
aus eigenem Antriebe kommt und die Busse annimmt und ungefragt
einen Mitschuldigen denuncirt, wird geheim gehalten und erliält ein
Viertel der Geldstrafe. Die Geistlichen sollen an jedem Sonntage
der Fastenzeit an die Pflicht der jährlichen Beichte und Communion
erinnern. Dieser Erlass soll an drei Kirchen in Mailand und an
der Uauptkirche in anderen Orten angeheftet werden.
Der Index umfasst, in Ein Alphabet geordnet, beinahe 500
Nummern, theils Namen, theils BUchertitel, ist also viel reich-
baitiger als der von Casa; er enthält namentlich viel mehr blosse
Namen (der 1. Classe des Römischen Index entsprechend).
In demselben Jahre wie der Mailänder Index, aber etwas
später erschien ein Index in Venedig, herausgegeben, wie es
auf dem Titelblatte heisst, von der Venetianischen Inquisition,
— wie Vergerio angibt, sub legatione Philippi Archinti Salutia-
mm Episcopi, also wohl auf Veranlassung oder mit Genehmi-
gung des päpstlichen Nuncius Fiiippo Archinto, Bischofs von
Saiuzzo^). Von der Originalausgabe ist kein Exemplar bekannt;
wir haben aber zwei von Vergerio im J. 1556 besorgte Abdrücke
desselben.
Diesem Index ist, wenigstens in Vergerio's Abdrücken,
keinerlei Decret beigefügt. Er beginnt mit der Ueberschrift:
Nomina eorum qui male de fide scripserunt, quorum scripta a
catholicis legi prohibentur. Es folgt ein um etwa 70 Nummern
vermehrter, hie und da berichtigter lateinischer Abdruck des
Mailänder Index und dann noch ein Anhang, das Decretum Gela-
sianum und einige aus Eymerics Directorium abgedruckte mittel-
1) Er wurde 1666 Arcimboldi's Nachfolger als Erzbischof von
Mailand.
218 Indioes von Mailand und Venedig 1654.
alterliche Bticherverbote enthaltend. Da der Venetianische Index
wie gesagt, nnr eine vermehrte Ausgabe des Mailänder ist, ist
es nicht nöthig» diesen speciell und die Unterschiede beider
zu besprechen; dagegen verdient der Venetianische eine ein-
gehende Besprechung, weil er die Grundlage <les ersten Römi-
schen Index, des von Paul IV., bildet. Von Interesse ist nament-
lich die Feststellung der Quellen, welche zunächst für den Mai-
länder und dann ausser diesem selbst nochmals fQr den Vene-
tianischen Index — und, wie wir sehen werden, theilweise auch
noch einmal für den Index Pauls IV. — benutzt worden sind.
Es sind nämlich, um das Ergebniss der folgenden Erörte-
rungen kurz zusammenzufassen, zunächst die älteren Indices
(mit Ausnahme der englischen) benutzt ; namentlich ist der In-
halt des Löwener Index von 1550 und des Casa'schen fast voll-
ständig aufgenommen. Der Löwener Index ist aber in der
Weise benutzt worden, dass auch von denjenigen Schriftstellern,
von welchen in diesem nur eine oder mehrere Schriften verboten
werden, nur die Namen aufgenommen sind, so dass nun alle
Schriften von ihnen verboten (und im Römischen Index die Au-
toren in die 1. Cl. gesetzt) werden. Ferner sind aus Lutzen-
burgs Ketzer-Gatalog (S. 14) nicht nur die meisten Namen der
mittelalterlichen Ketzer, sondern auch einige aus dem l6. Jahr-
hundert entnommen. Einiges stammt aus Hedio's Fortsetzung
der Chronica Abbatis Urspergensis (s. o. S. 109). Eine Anzahl
von Namen sind aus Gesners Bibliotheca entnommen. Sehr
stark ist die theologische Abtheilung eines andern Werkes von
Gesncr benutzt, der von ihm selbst als zweiterTheil der Bibliotheca
bezeichneten Pandectae. Endlich sind, und das ist besonders
charakteristisch, aus der Briefsammlung von Oecolampadius und
ZwingliO so ziemlich alle, von welchen oder an welche darin
Briefe stehen, ohne weiteres, sie mögen Schriftsteller sein oder
nicht, (als Autoren der 1. Gl.) in den Index gesetzt worden.
Durch die Benutzung der Btlcher von Gesner sind der
Mailänder und der Venetianische Index viel reichhaltiger ge-
worden und einer vollständigen Registrirung der ketzerischen
1) Jo. Oecolampadii et Iluldr. Zwinglii Epistolae, Basel 1536. fol.
Quellen derselben. Yergerio's Ausgaben. 219
Autoren and Schriften näher gekommen als die frtlheren Indices.
Aber dag Bestreben, möglichst viel aus diesen Büchern aufzu-
nehmen, und der erstaunliche Mangel an Kenntnissen, Einsicht
und Urtheil, den die Gompilatoren dabei bekunden, haben zur
Folge gehabt, dass in das Namensverzeichniss, welches der 1.
Glasse des Römischen Index entspricht, ziemlich viele theils völlig
unbedeutende Schriftsteller, theils solche, die nichts oder fast
nichts Theologisches geschrieben, auch einige gut katholische
Schriftsteller gekommen sind, und dass auch unter den aufge-
nommenen Schriften, — die dann im Römischen Index in die 2.
oder 3. Glasse kamen, — die meisten von geringer Bedeutung,
dass z. B. manche, deren lateinische Titel im Index auf umfang-
reiche und bedeutende Werke schliessen lassen, in Wirklichkeit
kleine deutsche Flugschriften sind.
Dass Casa „mit beiden Indices von 1554, wenigstens mit dem
Venetianiscbenf etwas zu thun gehabt", wie Mendbam (An Index
of . . . Gregory XVI. p. 70. 73) vermuthet, ist nicht zu erweisen
und nicht wahrscheinlich.
Der erste Abdruck Vergerio's ist „in Deutschland'*, — es wird
nicht angegeben wo, — erschienen*). Verg. Hess demselben alsbald
unter dem angenommenen Namen Athanasins polemische Annota-
tiones folgen ^). Einige Monate später liess er den Index und die
Annotationes, — diese an einigen Stellen geändert, verkürzt oder
erweitert, — zu Königsberg nochmals drucken mit einem Königs-
berg 1. Aug. 1556 datirten Schreiben an den Fürsten Nicolaus
Radziwil'). Die dem ersten Abdruck der Annotationes beigefügte
lateinische Uebersetzung des Index Casa^s fehlt hier.
1) Cathalogvs Librorvm haereticorvm, qui hactenvs coUigi potuerüi ä
airis Catbolicis, supplendus in dies» si qui alij ad noiitiam deuenerini,
de commissione Tribunalis Sanctissimao inquisitionis Yonetiaruro. Yenetiis
apud Gabriclem Jvlitvm de Ferraris, et fratres, 1554.* (Tübingen). 19 Bl. kl. 8.
2) Annotationes in Catalogvm haereticorvm, Venetiis impressvm ä
Gabriele Julito de Ferrarijs. De commissione Tribunalis sanctissimao In-
quisitionis Venetiarum. Avtore Athanasio. Act. 16. Itaque Ecclesiae con-
firmabantur fide et abundabant numero quotidie. A. MDLVI.* (Tübingen)
28 Bl. kl. 8. Ganz in demselben Formate, aber mit anderen Typen ge-
druckt wie der Cathalogus.
8) Catalogus Libronim baereticomm. Aeditus Venetiis de commis-
sione tribunalis sanctissimae Inquisitionis. Apud Gabrielem Julitura et
fratres de Ferraris. Cum Annotationibus Athanasii. Anno 1556. Auf der
letzten Seite: In Regio Monte Borussiae impr. Joannes Daubmannns 1556,*
(München, Univ.) 59 Bl. kL 8.
220 Indices von Mailand und Venedig 1554.
Der erste Abdruck Verg/s ist abgedruckt bei Jos. Mendham,
An Index of prohibited books, by command of the present Pope,
Gregory XVI. in 1835; being the latest sperimen of the Literary
Policy of the Church of Rome, London 1840, zwischen p. 72 und 73 *).
Dass der Mendham vorliegende Druck nicht , wie er p. 75 zu
glauben geneigt ist, die Originalausgabe des Index war, zeigt die
am Schlüsse C3 beigefügte Notiz: Ex exeniplari Venetiis excuso
und die Bemerkung Vergerio's in den Annotationes A 2 v: Hunc
ergo postremum denuo apud nos formulis impressum et in mult« exem-
plaria diffusum curavi. Das Jahr des Druckes wird nicht angegeben,
wahrscheinlich ist er aber kurz vor den Annotationes, die 1556 er-
schienen, vollendet.
In dei* 2. Ausgabe hat Verg. bei manchen Nummern in kleiner
Cursivschrift Zusätze beigefügt. Es sind vielfach blosse Erläute-
rungen, Angabe des Verfassers der betreifenden Schrift u. dgl., z. B.
Acta collociuii Ratisponae (Buceri), Acta Goncilii Trid .... cum
annotationibus (Calvini), Acta Adolfi Ciarenbach (combusti Coloniae).
Vielfach haben sie aber eine polemische Tendenz; namentlich hat
Verg., wenn er einem Namen ein Epitheton beifügt, gewöhnlich die
Absicht, die Inquisition darüber zu verspotten, dass sie den Mann
auf den Index gesetzt, wie Laurentius Valla (Romanus, Canonicus
S. Jo. Later.), Steph. Vinton. (episcopus papista) u. dgl. oder Adam
Rysser (arithmeticus), licnricus Vogther (pictor ignarus latinae lin-
guae), Simon Zultzerus (nihil scripsit), Vincentius Obsopoeus (poeta
scripsit de arte bibendi), Jo. Sleydanus (historicus, sed is meritis-
sime) u. dgl. Mitunter sind diese Epitheta recht unglücklich ge-
wählt, wie Jac. Faber (episcopus Stapulensis Gallus), Liazarus
Spengler (musicus) u. a. — Auch die 1. Ausgabe hat Zusätze, in
demselben Druck wie die Namen oder Büchertitel, aber meist durch
einen Punkt von denselben geschieden. Diese Zusätze sind nicht
polemischer Tendenz, rühren aber auch wohl grossentheils von Verg.
her, sicher diejenigen, welche in der 2. Ausgabe cursiv gedruckt
sind, aber auch wohl manche andere. Von dem in der 1. Ausgabe
den Titeln der kleinen anonymen Schriften Vergerio's beigefügten
Verg. (in der 2. Ausgabe meist Vergerii) ist sicher anzunehmen,
dass es nicht die Inquisition, wie Mendham pag. 73 meint, auf
Veranlassung seines Feindes Casa, sondern Verg. beigefügt, ebenso
von anderen Angaben des Verfassers bei anonymen Schriften. An-
ders könnte es sich mit den Zusätzen verhalten, — und deren finden
sich auch in dem Med., — welche die von den Compilatoren des
Index benutzten (iuellen andeuten, wie Direct. bei den aus Eymc-
rics Directorium, Lovan. oder Lov. (oft im Med., nicht im Ven.)
bei den aus dem Löwener Index, Epistolae Zui. oder Oecolamp.
1) In dem Mendham vorliegenden Exemplare fehlte das Blatt B 1 ; er hat
dieses später nach einem vollständigen Exemplare im Besitze F. L. Hoff-
manns als Carton drucken lassen ; s. Ann. de la Bibl. roy. de Belg. 10. A.
(1849), p. 182.
Aeltere Schriften im Index. 221
bei den ans deren Briefwechsel, Ursperg. oder Ab. Ursp. bei den
aus Hedio entnommenen Nummern steht. Aber auch diese Notizen
rühren wahrscheinlich von Verg. her : die Compilatoren der Indices
hatten keine Veranlassung, ihre Quellen anzugeben; Verg. aber be-
merkt in der Abhandlung über den Med. f. 7v, derselbe sei eine
Compilation aus dem Löwener, Pariser, Casa'schen und Florentiner
Index *).
Manche Namen sind im Ven. correcter gedruckt als im Med.,
andere weniger correct; es ist aber nicht festzustellen, ob dieses
das Verdienst oder die Schuld der Compilatoren oder Vergejio's resp.
ihrer Drucker ist. Damit die Vermuthungen, welche ich im folgenden
mitunter über verschriebene Namen aufstelle, nicht zu kühn er-
scheinen, bemerke ich beispielsweise, dass Jo. Chrysostomus cum
soholiis Oecolampadii im Ven. Jo. Eluiso u. s. w., Leopoldus Dickius
im Med. Leop. Dilcius (im Ven. Dikius), Gerardus Neomagus im
Med. Gerardus Magus gedruckt ist.
In dem Anhang des Ven. stehen: 1. Libri quos Sancta Ro-
mana Ecclesia Catholicis vitandos duxit, hi sunt sicut habetur D. XV.
Sancta Romana Ecclesia (das Verzeichniss im Decretum Gelasianum
nach Gratian); 2. Libri damnati per Ecclesiam, qui habentur in De-
cretalibus (nur Liber Joachim contra Petrum Lomb.); 3. Libri dam-
nati in ex. Vag. Jo. Papae XXII. (in den Extravaganten Johannes'
XXII., Libelli Fr. Michaelis de Cesena); 4. Libri damnati per D.
Jo. Papam XXII. (die Postillae super Apoc, Matth. und Canonicas,
Evangelium aetemum) und ohne neue Ueberschrift Ray. Julii [Lulli]
libri damnati per D. Gregorium (sie werden hier und im Index alle
verzeichnet); 5. Libri damnati tempore Innocentii Papae VI., (Vir-
ginale und L. Salomonis etc.); 6. Tempore Urbani Papae VI. (Barth.
[Janoes] de adv. Christi); 7. Tempore Nicolai Papae IV. (Epistolae
Duliani Nauariensis, des Fra Dolcino); 8. Item in partibus Galliae
de magno consilio Magistrorum (libri Nigromantiae u. s. w.). Die
Stücke sind aus Eymerics Directorium p. 309 — 317 abgedruckt (die
Clavicula Salomonis, die zuletzt steht, ist aus p. 338 beigefügt),
allerdings mit einigen Abweichungen und wunderlichen Schreib- oder
Druckfehlern : aus der Epistola Jesu ad Abgarum im Decr. Gel.
sind z. B. Opuscula Jesu ad Abagarum geworden. — Mit der Beifü-
gung dieses Anhanges hängt eine Eigenthümlichkeit des Index selbst
zusammen. Während in den bisher besprochenen Indices nur ein-
zelne mittelalterliche Schriftsteller vorkommen, haben die Compila-
toren des Med. und Ven. eine ziemlich grosse Zahl von Ketzern
und kirchlich Übel berufenen Männern aus älterer Zeit aufgenom-
men ^)y die dann grossentheils durch P. auch in den Rom. Index
1) Unverständlich sind mir einige andere Notizen: Jo. Meyer Ber.
(auch sonst), Theob. Niger Ber. 2, Petrus Ferrariensis Ver., J. B. Pisca*
torius k col., Ars. ScoflFer Tom. pri. gl.
2) Vergerio hat in den Annot. l.'>66 E 2 diese (nicht vollständig)
zusammengestellt. Von den meisten derselben ist § 3 die Rede gewesen.
222 Indioes von Mailand und Venedig 1664.
gekommen sind, darunter auch manche, die nichts geschrieben oder
von denen wenigstens keine Schriften erhalten oder gedruckt sind.
Die Hauptquelle war in dieser Beziehung das Ketzerverzeiohniss von
Lutzenburg, der seinerseits u. a. £ymeric benutzt hat. P. hat ans
Lutz, und aus Gesner noch einige beigefügt, die im Yen. nicht
stehen, dagegen hat er aus diesem ziemlich viele, meist wunderliche
Namen nicht aufgenommen. Nur Med. und Ven., nicht der Köm.
Ind., haben aus Lutz, folgende: Aetius Anomaeus ; — £yagriasPon-
ticus, von dem Lutz, sagt : haeretica scripsit . . ut scribit Hier. adv.
Lucif.; — Gaudentius, bei Lutz. Donatistarum episcopas qui con-
tra Augustinnm duas scripsit epistolas; — Lentitius, fecit libros
quos Ecclesia prohibuit dist. 15. 8. Rom. (Leucius im Decr. Gel.,
der auch bei Eym. Lentitius heisst); — Photinus de Gallogrecia,
bei Lutz, unter Fotiniani erwähnt; — Severus con const. [siel,
Lutz, meint den bei Aug. de haer. 24 erwähnten Enkratiten Se-
verus; — Tatianus, Haupt der Encratitae; sie Mahomet praeoe-
pit suis ne vinum bibant, fügt Lutz, bei ; — Yarimadus, Arianns,
de quo Idacius Clarus; — ferner aus dem Decr. Gelas.: Faustas Be-
giensis. Yerg. fragt mit Recht (E 7), warum man, wenn diese,
nicht alle bei Gratian Causa 24 q. 3 c 39 verzeichneten Ketzer auf-
genommen.
Mit „Jo. Cassianus de libero arbitrio" scheint, obschon „Opus-
cnla Cassiani" im Decr. Gel. steht, die Hagenauer Ausgabe von 1527
gemeint zu sein. P. nahm dieses nicht auf, aber S. Cl. haben ans
U. : Cassiani Ctp. de Hb. arb. collatio illa quae Hagenoae impr. est
per Jo. Secerium. Es ist also nur die von einem Ketzer besorgte
Ausgabe verboten*).
Aus dem Mittelalter haben Med. und Yen. (nicht auch der
Rom. Ind.) den Wycleffiten Richardus Anglicus, die Hasiten Mat-
thias Boemus und Ulricus de Morana (bei Lutz, de Moravia), femer:
Desiderius Longobardus, von dem Lutz, meldet, er habe gegen das
Gelübde der Armuth, und Thomas von Aquin habe gegen ihn ge-
schrieben*), Jo. de Poliaco*), Petrus de Aragonia ^) und zwei G^gen-
1) 1588 erschien zu Rom eine Gregor XHI. gewidmete Ausgabe des
Cassianus von Ciaconius. Aber eine italienische Uebersetzung: Opere di
Giov. Cassiano delle costituzioni e delP origine dei monachi, trad. da Bened.
Ruffi, Eremita Camaldolese, Ven. 1563, 4 (Clement VI, 369) wurde ein
Jahrhundert später, 1674, mit d. c. verboten. (Im Index heiast der Ueber-
setzer noch jetzt Buffi.)
2) Auch Bellarm. de membr. eccl. mil. 2, 45 erwähnt ihn und citirt
Thom. Opusc. 19.
3) Magister Parisiensis, varios errores seminavit circa audientiam
confessionum, qui damnantur per loanneraXXII. in extrav. [c. 2.V,8] Latx.
4) A. 1302 natus de civitate Caesaraugustae, revelationibos deoeptas.
Latz.
Quellen des Venetianisohen Index. 223
päpste, Jo. de Struma (Calixt III, 1168 — 78) und Petrus de Luna
(Benedict XIII, 1394—1409»)).
Die Yorreformatorischen Namen stammen, wie gesagt, aus Lutz. -) ;
bezüglich der anderen von Med. und Ven. benutzten Quellen ergibt
sich folgendes:
1. Von den im Lov. 50 stehenden Schriftstellern fehlt im
Ven. nur Vitns Amerbach (von P. wieder aufgenommen), im Med.
(offenbar nur durch ein Versehen) auch Henr. Bullinger. Einige
Namen sind freilich kaum wieder zu erkennen : Christoph. Tronuerus
= Comerus; Conr. Jagus = Lagus; Ger. Sorichius = Lorichius;
Jo. Camarius = Jahns Cornarius. Dagegen ist Jo. Dragontes des
Lov. nach Gr. in Jo. Draconites corrigirt. Auch sonst sind einige
Namen nach 6. geändert oder vervollständigt: Melchior Clinck in
Kling, Velcurio in Jo. Veitkirch s. Velcurio (bei P. steht auch wie-
der Velcurio); bei Jo. Herolt ist Acropolita, bei Nie. Borbonius ist
Vandoperanus beigefügt u. dgl. — Die Büchertitel hinter den Na-
men sind nur einige Male beibehalten, z. B. bei Henr. Com. Agrippa,
Leop. Dick (beide seit P. in der 1. Cl.). Die anonymen Schriften
des Lov. 50 sind in das Alphabet eingereiht ; weggelassen sind nur
wenige, und diese hat P. alle nachgetragen.
2. Aus Casa sind nicht aufgenommen einige corrumpirte Na-
men: Griov. Salvino, Griov. Diacono, Marcantonio Calvino, Martine
Morhao, Petrus Artophagus, auch Tutte le opere di Jodoco, ferner
Claudius G-uillaud, Hermas Laetmarius, Hieron. Savonensis und Nie.
Clemangis (diese beiden von P. aufgenommen). Auch einige ano-
nyme Schriften sind im Ven. weggelassen, aber von P. wieder auf-
genommen.
3. Aus dem Edict von 1540 scheinen zu stammen Christiana
institntio und Phrases s. script., aus dem Lov. 46 : Petrus Ligneus
und Poggii Florentini et Henr. Bebelii facetiae*).
1) Der erstere wird von Lutz, einfach als schismaticus bezeichnet;
von letzterm sagt er: Probatur esse haereticus, flchismaticus . . . notorie
et publice crrasse contra cath. et evangelicam veritatem super potestate
et auctoritate Ecolesiae. Et Jo. Gerson confecit duos libros, in quibus
articoli generale« et speciales dicti Petri ponuntur et ubi vipera nuncu-
patur.
2) Man hätte auch Alfonsi de Castro Min. adv. omnes haereses 11.
14, Col. 1543, benutzen können; es stimmt aber alles am besten mit Lutz.
Dats dessen Buch, und zwar eine der späteren Ausgaben (ich habe die 5.
von 1537 verglichen) benutzt worden, und nicht etwa nur das Ketzerver-
seichniss, welches GP. f. 109 nach Lutz, gibt, zeigt der Umstand, dass
hier Armachanus, Ulricus de Moravia und namentlich die Stelle über die
Strassburger Prediger (s. u.) fehlen.
8) Im Med. steht Poggii Flor., Ulenspiegelii et Bebelii facetiae. Eulen-
224 Indices von Mailand und Venedig lß64.
4. AuR der die anonymen lateinischen Schriften enthaltenden
Abtheilung von Par. 51 sind 8 Schriften in den Ven. und dann io
den Köm. Ind. gekommen (S. 163), aus den anderen Abtheilungen
wohl nur Jac. Faber, Jo. Irenaeus (Pomeranus, der im Par. unter
Urbanus Regius als Uebersetzer von dessen Liber consolatorius ge-
nannt wird; er heisst im Med. Jo. Scenius, und diese Verhunzung
hat Ven. neben Jo. Irenaeus beibehalten), und ein Name, der ein
Seitenstück zu Gorcinianus (S. 106) bildet. Im Par. 51 steht näm-
lich unter den französischen Büchern Petri Martyris Vironglii (statt
Vermiglii) Firent. Una simplice declaratione. Danach haben Med.
und Ven., den Druckfehler verschlimmernd, P.M. Verunghus. P.
setzte den richtigen Namen P. M. Vermiglius daneben, und beide
haben dann neben einander im Index gestanden, bis Ben. den P. M.
Verunghus hinauswarf. — Aus den anonymen Schriften des Par.
nahm Ven. nicht nur die Rpistola apologetica ad sincerioris christia-
nismi sectatores per Frisiam Orientalem (Ostfriesland) et alias in-
ferioris Germaniae regiones mit dem abgekürzten Titel Ep. ap. ad
s. ehr. s. auf, sondern auch einen Autor Frisias Orientalis, und Ver-
gerio (Annot. FC) hat nichts anderes dazu zu bemerken, als dass
Frisias Orientalis ein angenommener Name sei. In den Rom. Ind.
ist er doch nicht übergegangen.
Unter den anonymen Schriften steht im Ven. Commentaria Ger-
maniae in Cornelium Tacitum. Das ist nicht, wie Vergerio meint,
eine Schrift von Wilibald Pirkheimer (diese heisst Germaniae ex
variis scriptoribus perbrevis explicatio, 1532), sondern die schon im
Par. 51 unter Andr. Althamer stehende, mit dessen Namen er-
schienene Schrift: Commentaria Germaniae in P. Com. Taciti libel-
lum de situ et moribus et populis Germaniae, Nürnb. 1530 ^). Sie
steht als anonyme Schrift seit P. auch im Rom. Index. Nachdem
zu Frankfurt 1617 und zu Amberg 1619 neue Ausgaben erschienen
waren, verbot die Index-Congregation 1624, ohne zu ahnen, dass
das Buch längst verboten war, Andreae Althameri Commentaria in
P. Corn. etc. mit d. c, und seitdem stand dann das Buch unter
diesem Titel niit d. c, unter jenem als unbedingt verboten im In-
dex, bis Ben. Commentaria etc. strich.
5. Aus Gesners Bibliothek sind etwa 30 Namen, die nicht
schon in den früheren Indices standen, aufgenommen (und fast alle
auch in den Rom. Ind. übergegangen), darunter neben theologischen
Schriftstellern wie Andreas Hyperius, Gaspar Schwenckfeldus, Geor-
spiegel gehört ja wohl ebenso gut in den Index, wie manche andere ; aber
wie er gerade in den Med. gerathen und dann im Ven. wieder verschwun»
den, ist mir ein H'äthsel ; ich möchte fast vermuthen, dass ihn Vergrerio
eingeschoben. Er steht sonst nur in der flämischen Abtheilung der Antw.
App. 70: „Wienspieghel, apud loanncm van Ghele, sine privilegio et anno*.
1) Lit. Wochenbl., Nürnb. 1770, I, 347. ü. N. 1718, 783.
Benatzong von Gesners Bibliotheca. 226
gius Major, Jac. Schenk (auch als Jac. Scheuch im Ven. *)) u. s. w.,
auch solche, von denen G. nur nicht theologische Schriften verzeich-
net, auch einige, welche die Compilatoren des Ven. mit Unrecht oder
doch mit zweifelhaftem Eecht für häretische Schriftsteller gehalten
haben. Zu der ersten Kategorie gehören z. B. Gerardus Listrius
(G. führt von ihm nur einen Commentar zu der Moria des Erasmus
an, auch Fris. kennt keine theologischen Schriften von ihm), Jaco-
bus Bedrotus (auch als Jacobus Dedeotus im Yen., G. kennt nichts
Theologisches von ihm^), Jac. Rueff (Mediciner in Zürich, der GP.
f. 155 als Verfasser von deutschen Dramata sacra genannt wird),
Simon Sultzerus (im Yen. als S. Zultzerus und Falterus, G. erwähnt
von ihm nur eine lateinische Uebersetzung der Acta synodi Ber-
nensis 1532). — Maturinus Corderius (Cordier; er steht im Yen.,
nicht im Med., in beiden, aber nicht bei P. Macrobius Carborus,
wahrscheinlich eine Corruption jenes Namens), Calvins Lehrer und
zuletzt bei ihm in Genf, hat zwar einige kleine Streitschriften ver-
fasst^); aber G. kennt von ihm nur Schulbücher. Diese scheinen
freilich auch anstössige Dinge enthalten zu haben; wenigstens er-
wähnt Fris. von seinen Colloquiorum scholasticorum 11. 4 ad pue-
ros in sermone latino paulatim exercendos eine editio pontificia, in
der einiges geändert oder weggelassen sei.
Im Yen. finden wir zuerst Beatus Ehenanus (s. u.). Einige
andere Katholiken, die Yen. aus G. aufgenommen, sind von P. ge-
strichen: Jodocus Widschemius (Windschemius in Würzburg), den
Yen. wohl darum aufnahm, weil G. erwähnt, dass ein Buch von
ihm vom J. 1519 Oekolampadius gewidmet sei, der ja aber 1519
noch kein Ketzer war; — Jo. Genesius (Juan Gines de Sepiilveda);
eine Schrift von ihm, Democrator alter s. de justis belli causis,
wurde in Spanien nicht approbirt, in Rom gedruckt, und dann in
Spanien confiscirt^), steht aber nicht einmal im span. Index; —
Luscinius, ohne Zweifel Ottomarus Luscinius (Nachtigall), von dem
höchstens die Joci et sales, 1524, verboten werden durften^).
Auch die Aufnahme einiger mittelalterlichen Schriftsteller in
1) J. K. Seidemann, Jacob Schenk, der vermeintliche Antinomer,
Freibergs Reformator, 1875, verzeichnet S. 6S 16 deutsche Schriften
von ihm.
2) Jacobus Bedrotus, im Rom. Ind. J. B. Pludentinus, J. Bedrot aus
Pludenz, Philologe in Strassburg, hat ein Schriftchen von Bucer übersetzt:
Non esse ferendas in templis christianorum imagines . . . Auetoribus ec-
clesiasticis Argentorat., Jac. Bedroto interprete. Item Epist. M. Buceri
in evangelistarum ennarrationes . . . (Strassb.) 1530. 24 Bl. 4. Baum.,
Capito und Bucer, S. 594.
8) J. Bonnet, Nouv. Recits, 1870, p. l.
4) Caballero, Melchor Cano p. 65.
5) Döllinger, Ref. I, 547.'
Benach, Index. 15
226 Indices von Mailand und Venedig 1664.
den Ven. ist durch G. veranlaßst worden. Das gilt namentlich von
Nicolaufl Cahasila (s. u.), von Sigebertus, monachns Gallns contra
Papam Gregorinm et contra epistolas Paschalis Papae (G. verzeich-
net diese Schriften wörtlich so) und von Dantis Monarchia, wahr-
scheinlich auch von Laurentias Valla.
Die Titel der Schriften von Sigebert, Mönch von Gembloux,
sind von Ben. richtig angegeben: Responsum ad Hildebrandi Papae
epistolam, quam scripsit in potestatis regiae calumniam, Widerlegung
des Briefes Gregors VII. an Hermann von Metz über das Recht des
Papstes, den König in den Bann zu thuen und den Eid der Treue
aufzuheben, und Epistola nomine Ecclesiae Leodiensis contra episto-
lam Paschalis Papae, auf Veranlassung des Archidiakons Heinrich
im Namen der Ltitticher Kirche geschrieben, als Paschalis II. 1102
oder 3 den Grafen Robert von Flandern zu einem förmlichen Kreuz-
zuge gegen dieselbe aufgefordert hatte, weil sie nicht von dem
Kaiser lassen wollte. (Wattenbach, Geschichtsqu. II, 110.) — Dieser
Brief wurde während des Streites Pauls V. mit Venedig hier 1606
neu gedruckt, bei dem Streite über die gallicanischen Artikel von
1682 oft citirt, — Bossuet Def. Decl. 3, 8 (Oeuvres 31, 604) nennt
ihn Leodiensis Ecclesiae egregium testimonium, — von Gerbais in
französischer Uebersetzung herausgegeben, Paris 1697. Diese wurde,
als der Bischof d'Oultremont von Lüttich 1765 einen Hirtenbrief
gegen die Utrechter erliess, in Holland neu gedruckt: Lettre de
TEglise de Liege ... au sujet d'un bref de Paschalis II. . . . Avec
un discours de Conrad, 22. eveque d' Utrecht sur le meme sujet
(N. E. 1766, 133). Pereira gab 1770 eine portugiesische Ueber-
setzung heraus (N. E. 1770, 21). — Sigeberts Widerlegung der Be-
hauptung, dass die Messe verheiratheter Priester ungültig sei (Wat-
tenbach II, 112) steht nicht im Index. — Bei Bras. p. 215 wird
Sigebert, den Wattenbach als „allgemein verehrt und bewundert,
wohlwollend und milde" bezeichnet, bei Gelegenheit der Expurga-
tion der Biblioth. Patrum, in deren T. 7 seine Chronographia steht,
Bchismaticus Henrici IV. fautor, Rom. Pontificibus infensus genannt,
dessen Chronographia caute legenda sei, weil er darin in gratiam
german. Imperatorum et in odium Rom. Pontificum multa interdum
mentitur, was Baronius widerlegt habe. Es wird dann aber nur zu
6 Stellen die Tilgung der RÄudnoten des ersten Herausgebers (Henr.
Stephanus 1515) und die Beifügung anderer mit caute lege, nam
mentitur Sig. u. dgl. beginnender Randnoten verordnet. Die erste
Stelle ist die von der Päpstin Johanna, von der gesagt wird, sie
sei eine Interpolation des Henr. Stephanus.
Dantis Monarchia steht im Ven. und dann im Rom. Ind. (seit
Ben. Aligherius Dantes. De Monarchia libri tres), weil G. sagt:
Scripsit opusculum de mon., ubi ejus fuit opinio quod imperium ab
ecclesia minime dependeret, cujus rei gratia tanquam haereticus dam-
natus est cum aliorum, tum Bartoli jurisperiti sententia. Boccaccio
und Bartolo berichten, Card. Bertrand, Legat Johannes^ XXII. in
der Lombardei, habe 1330 Dante's Buch, welches von den An-
hängern Ludwigs des Baiem benutzt wiirde, als ein ketzerische Dinge
Siegebert. Dante. Laurentius Valla. 227
enthaltende» zum Feuer verdammt und auch Dante's Gebeine ver-
brennen lassen wollen*). Das Buch war, als es im Ven. verboten
wurde, noch nicht gedruckt. Vergerio sagt (Catal. Regiom. E 3),
er sei erst durch den Ven. auf dasselbe aufmerksam geworden und
werde es herausgeben. Die erste Ausgabe erschien 1559'), in dem-
selben Jahre wie der Index Pauls IV., die erste in Italien gedruckte
Ausgabe 1758.
Von Laurentius Valla (1406 — 57), dessen Schriften zu
seinen Lebzeiten allerdings vielfach angefochten, aber nicht ver-
dammt wurden**), — er war unter Calixt III. Secretär und starb
als Canonicus im Lateran, — erwähnt G., dass er gegen Boethius
geschrieben, und die Schriften De libero arbitrio, woraus er Auszüge
gibt, und De donatione Constantini, über welche er die Bemerkung
des Raphael Volaterranus anführt: Valla wolle beweisen, dass dem
Papste keine Herrschergewalt tibertragen worden. Dieses Buch war
unter dem Titel : Laur. Vallae Patricii Rom. de falso credita et emen-
tita Constantini donatione Declamatio von Hütten mit einer sarkasti-
schen Dedicationsepistel an Leo X. 1517 edirt worden. Im Ven.
steht: L. V. de libero arbitrio et de falsa donatione Const. P. fügte
die von Erasmus, Paris 1505, edirten Annotationes in N. T. und
De voluptate bei. Tr. strich die Annotutiones, S. Gl. setzten sie
aber (aus Q.) mit d. c. wieder ein und fügten Liber de persona
contra Boethium d. c. bei. — Das Verbot der Donatio ist erklär-
lich*). Die Annotationes sind hauptsächlich Berichtigungen der Vul-
gata nach dem griechischen Texte*). Die span. Indices streichen
darin nur vier Stellen, darunter allerdings das ganze Capitel 2 Kor. 7.
1) Dantis Aligh. de monarchia 11. tres, ed. C.Witte, 1874, p. LI.
2) Der Herausgeber, Jo. Oporinus in Basel, meinte, der Verfasser
sei «Mii anderer Dantos Florentinus als der Dichter. 1560 erschien eine
deutsche Ucberaetzung von Basilius Job. Herold. Witte 1. c. p. IV. LX ff.
ii) J. Vahlen, Lorenzo Valla, in dem Almanaoh der Wiener Akad.
1864, S. 181. Bei dem Processe, den die Inquisition zu Neapel gegen ihn
einleitete, handelte es sich zunächst um die Behauptungen, der Briefwechsel
Chrinti mit Abgar sei unecht und das apostolische Symbolum nicht von
den Aposteln verfasst. S. 213.
4) Sie enthält nicht nur eine vernichtende Kritik der Schenkungs-
urkunde, sondern bestreitet die weltliche Gewalt des Papstes überhaupt.
Gregorovius, Gesch. von Rom VII, 654.
5) Das Werk wurde 1444 vollendet. „Dass es von der Kirche unter-
drückt worden, ist nicht wahr. Nicolaus V. hatte es gesehen, Cusanus sich
eine Abschrift erbeten, Bessarion ihm einen Beitrag geliefert. Das Recht,
an der Vulgata Kritik zu üben, verficht Valla in der unter Nicolaus V.
geschriebenen Polemik gegen Poggio, und dieses Recht wurde damals von
der Kirche nicht bestritten". Vahlen, S. 208.
228 Indices von Mailand und Venedig 1554.
In dem Bache De voluptate — über den Endzweck des mensch-
lichen Handelns and das Wesen der Sittlichkeit/), — and in dem
De libero arbitrio, welches einen Anhang dazu bildet, wird beson-
ders Boethius bekämpft, und auch ersteres ist nicht „wegen Ver-
höhnung der mönchischen Tugenden der Entsagung^^ '), sondern wegen
der Invectiven gegen die Scholastik verboten worden *). — Statt L.
de persona hat Ben. gesetzt : Cap. 34 libri VI. Elegantiarum, de per-
sona contra Boethium. Q. streicht darin nur eine Stelle (In Deo
non est persona magis quam in bruto), Sand, und Sot. verbieten
es ganz.
Aus Gr, wird auch Lucianus Samosatensis stammen, von dem
G. sagt: Christianismum in Peregrini vita perstringit inque ipsum
Christum blasphemus est. Im Rom. Ind. steht seit P., wiewohl sonst
die heidnischen Autoren grundsätzlich ausgeschlossen sind, in
der 2. Cl. Luciani Samos. Dialogi Mors Peregrini et Philopatris.
S. fügte: et ejusdem dialogi vernacula lingua impressi, und zu dem
ganzen Artikel d. c. bei, was aber von Cl. gestrichen wurde*).
Aus der Benutzung von G. neben den älteren Indices erklftrt
es sich, dass manche Schriftsteller unter zwei Namen im Ven.
stehen: Gerardus Noviomagus und G. Neomagus (bei P. G. Gelden-
haurius Nov.), Theobaldus Billicanus und Th. Gerlachius und dgl.
Andere Doppelnamen sind durch Schreibfehler entstanden: neben Jo.
a Lasco, der schon im Med. steht, haben Ven. und der Rom. Index
bis Ben. Jo. Alarco. Henr. Bomelius (von welchem freilich G. nur
die Hist. de hello Trajectino kennt; vgl. S. 105) ist als Henr. Bo-
mius in den Index gekommen und hat erst durch Ben. seinen rich-
tigen Namen erhalten. Christophorus Clarius, der noch jetzt in der
1. Cl. steht, wird Chrph. Clauserus sein, von dem G. sagt, er habe
noch nichts geschrieben, und von dem auch Gesners Fortsetzer keine
Schrift nennen.
G. Aus Lutzenburg sind folgende Namen, die nicht bei G.
oder in früheren Indices stehen, in den Ven. und den Rom. Ind.
gekommen: Jacobus Praepositus, Jakob Probst (de Proost) von
Ypem, Augustiner, der 1520 vor Aleander abschwor, aber 1522 zu
Luther ging und Prediger in Bremen wurde. Seit Tr. steht im Ind.
hinter seinem Namen (aus GA) qui scripsit historiam utriusque
1) Vahlen S. 186.
2) Wie man nach Gregorovius VII, 543 meinen könnte.
3) Stöckl, Gesch. der Phil, des M.-A. HI, 279.
4) J. Bernays, Lucian und dieKyniker S. 87 bemerkt richtig: „Walch
sagt mit einer kleinen, für einen Kirchenhistoriker doch nicht hübschen
Ungenauigkeit» unter Alexander VII. sei Lucians Schrift über Peregrinus
auf den Index gesetzt worden. [Er hat sich nicht die Mühe genommen,
einen andern Index als den von 1664 anzusehen.] Dieses ist von anderen
nachgeschrieben worden". — Die Philopatris ist nicht von Lucian; s.
R.-E. 11, 649.
Benutzung Lutzenburgs. 229
captivitatis propter verbum Dei. Der Titel lautet: Fr. Jac. Pr.
Angastiniani H. n. c. p. v. Dei. Ejusdem epistola ad auditores suos
Antwerp. S. 1. 1522. 8 Bl. 4. — Jac. Strauss (Med. Jac. Strant, Ven.
daneben Strauiz, P. ricbtig). — Jac. Lachmann (im Ven. und im
Rom. Ind. bis Ben. Latbmann). Bekannt ist von ihm nur „Gate-
chesis oder Unterricht der Kinder, wie er zu Heilbronn gelehret und
gehalten wird* (1528), 5 B. 12. Naiv ist die Bemerkung von Stro-
bel, Mise. III, 167: „Ohne Zweifel hat er noch mehr geschrieben,
indem sein Name in den Verzeichnissen von verbotenen Büchern,
obwohl in den meisten falsch Job. Latbmann, steht/ Daraus, dass
er im Index steht, folgt nicht einmal, dass er überhaupt etwas ge-
schrieben. — Jo. Vurden, im Eöm. Ind. Jo. de Worden und (aus GA)
Jo. Pistorius a Worden, Jan de Bakker von Woerden, 1525 im
Haag verbrannt. Er hat nichts geschrieben; sein Mitgefangener
Wilh. Gnapheus (Fullonius) schrieb : Jo. Pistorii Wordensis ob evange-
licae veritatis assertionem apud Hollandos primi omnium exusti mar-
tyrium, Strassb. 1529*). — Thomas Montzer Tigurinus (Med. hat
richtig Th. M. Thuringius); bei P. heisst er Thomas Muncerus
(aus Hedio), bei S. auch Th. Monetarius, was Cl. strich.
In der Appendix seines Eetzer-Catalogs sagt Lutz, unter Cas-
par Hedio, archisynagogus Argentinensis: In hac cathedra pestilen-
tiae sedent Wolfg. Capito, Matth. Zeller, Simphorianus Pollio, Theo-
baldus Niger, Jo. Latomus, Antonius 8yrn, Martinus Hog, Mart.
Butzer. Alle diese Namen ^) finden sich auch im Ven. Hedio, Ca-
pito und Butzer hatte er schon aus anderen Quellen. Die übrigen
wird er aus dieser Stelle haben, aber er hat einige Namen noch
mehr entstellt: M. Zell heisst im Med. Matthaeus Cellius, im Ven.
auch Zelor (wahrscheinlich ist er auch mit Zifer gemeint; P. hat,
wie Gr., M. Zell ins Eaisersbergius ; M. Zifer hat er beibehalten),
Ant. Sym, recte Firn, im Ven. Ant. Syrri. P. hat diesen, Niger
und Martinus Hog, recte Hag, die alle drei nichts, und Pollio, der
1) A. D. B. I, 778. Studien I, 542. — In der Antw. App. steht:
Een suyuerlijcke ende scboone Disputatie de welcke ghescbiet is in den Haghe
in Holland tusschen die Kettermesters ende eenen gheestelijoken Priester
ghenoempt Jan van Woorden aldaer gheuanghen eende ook verbrandt,
de welcke questien al wel genoteert zijn van een geleert man [Gnapheus],
anno 1525. — In der Antw. App. und seit S. auch im Rom. Index steht
femer Elegiae aliquot de morte conjugis et liberorum etc. (quae sunt)
haeresiarchae Jo. Pistorii, und Ben. hat die Elegiae unter Jo. Pistorius a
Worden gesetzt; der Verfasser wird aber ein anderer Pistorius sein.
2) Lutzenburg hat sie obne Zweifel aus einer 1525 unter dem Titel
„Grund und Ursach aus göttlicher Schrift der Neuerungen an dem Nachtmal
des Herrn^ u. s. w., welche von den Strassburger Predigern ganz in der-
selben Reihenfolge unterschrieben ist. J. C. Füsslin, Beitr. zur Kirchen-
Ref.-Gesoh. V, S. XIV.
280 Indices von Mailand und Venedig 1554.
nur ein paar kleine deutsche Schriften veröffentlicht 0, gestrichen,
wenn nicht aus Martinus Hog bei ihm Martiniko geworden ist,
der seit Cl. Martinus Ko s. Martiniko, seit Ben. wieder Martiniko
heisst, aber für mich wenigstens unauffindbar ist.
Wahrscheinlich stammt aus Lutz, auch das im Ven. und da-
nach auch im Höm. Ind. (noch heute) stehende Coptis christia-
nuB. Ein Buch mit diesem Titel gibt es nicht; darum ist es wohl
nicht zu kühn, an den Artikel von Lutz, zu denken, der beginnt:
Copti sunt Christiani, sed haeretici, in partibus Indiae . . et utuntur
in ecclesiis quodam libro fabuloso qui dicitur Hecreta Petri et in
missis legunt Evangelium Nicodemi.
7. Aus Hedio's Fortsetzung der Chronica Abbatis Ursper-
gensis scheinen nur die 3 Nummern zu stammen, bei denen Ursperg.
oder ah. Ursp. steht (Crato Mylius, bei dem der Zusatz in Cronica
Urspergen. steht, ist der Drucker von Hedio^s Ausgabe): Scalpetus,
im Köm. Ind. »Scaplerus, erst seit Ben. Christoph. Hchaplerus, der
Bauernführer Clir. Schappeler, dessen sämmtliche Werke sich frei-
lich auf die zwölf Artikel der Bauern, wenn diese von ihm und
nicht von Balth. Hubmaier redigirt sind, reduciren ^). — Synodus
Marpurgensis, so auch im Köm. Ind. neben Colloquium Marj). bis
Ben., das Marburger Keligionsgespräch von 1529, worüber Hedio
ausführlich berichtet, welches aber doch kein Buch ist. — Udelo
Cimher Cusanus, nicht im Köm. Ind., der pseudonyme Verfasser der
£pistola de exustione librorum Lutheri et monachorum dominicanae
factionis nequitia ad Germaniae proceres et cives, s. 1. et a. 4^).
8. Aus der Sammlung der Briefe von Oecolampadius und
Zwingli sind in den Yen. und dann meist auch aus diesem durch
P. in den Köm. Index gekommen : nicht nur a. Männer, welche
zwar noch nicht bei G. aber bei Frisius als Schriftsteller verzeich-
net sind, — Ambr. Blaurer, Balthasar Pacimontanus{ unmittelbar vor
ihm steht, aus Lutz, entnommen, im Yen. und dann im Köm. Ind.
Balth. Hiebmaier; erst Ben. hat Halth. Huebmcir s. Hubmeyer Paci-
montanus), Matthaeus Alberus u. a., — und b. Männer, welche zwar
nicht bei G. und Fris. stehen, aber doch in den reformatorischen
Bewegungen eine Kolle gespielt, zum Tbeil auch ausser Briefen
einiges geschrieben haben: Berchtoldus Hallcr (Yen. Alerus), Chun-
radus Somius (Yen. Conhard Semius, P. Conradus Somius), Diony-
sius Melander, Frid. Myconius, Jo. Yannius, — sondern auch c. solche,
die ganz sicher nur aus dem fraglichen Briefwechsel den Compi-
latoren von Yen. und P. bekannt geworden sind und die in einen In-
dex librorum prohibitorum nicht hinein gehören, weil kein oder doch
kein theologisches Buch von ihnen gedruckt ist: Georgius Batten-
heimer (so P., Yen. G. Batten), Henr. Utinger (im Yen. Herrn.
Abingerus), Jo. Bapt. Piscatorius (nach Fris. nicht identisch mit Jo.
Piscatorius), Otto Vinerius (im Yen. 0. Binder).
1) Weller 8613. Vgl. Baum, W. F. Capito, S. 204. 234.
2) Th. Lit.-Bl. 1877, 272. 3) Böckmg I, 63.
BenntzuDg der Briefe von Oeoolampadius. 231
Ven. hat aus dem Briefwechsel noch folgende, die von P. ge-
strichen sind : Erasmus Ritter und daneben Er. 8caphuriu8, weil ein
Brief Erasnio Scaphusiae episcopo überschieben ist, Jo.Wickius (Jo.
Wijck bei P. ist ein anderer), Jo Xilotectus (Zimmermann s. u.),
Petrus Gyroneus.
Im Ven. steht auchFridericwR Jacobus de Antruyl; es ist der Ritter
Friedr. Jakob von Antwyl, der auf dem Religionsgespräch zu Zürich
1523 den Bischof von Oonstanz vertrat, später aber ein Förderer der Re-
formation war und einen „Versuch einer Beschreibung des Thurgaus*
geschrieben hat. Im Hörn. Index steht er seit P. bis heute als
Fridericus Jacob! — Jo. Denckius, der auch in dem Brief-
wechsel vorkommt, steht nicht im Ven., aber bei P. Wahrschein-
lich ist aber Jo. de Muckhius, der im Med., und Jo. Muchkius, der
im Ven. zwischen Jo. Draconites und Jo. Endlich steht, verdruckt
für Jo. Denckius. Jo. Muchkius ist aber durch P. neben Jo. Denc-
kius in den Rom. Ind. gekommen und hat dort bis heute seinen
Platz behauptet. — Auch Erasmus Benedictus Silesius im Ven. und
im Rom. Ind. bis heute (unter Benedictus) ist wohl nur ein Schreib-
fehler für Erasmus episc. Scaphusius. — Matthaeus Alber steht im
Ven., wie im Briefwechsel, auch als Matth. concionator Reutlingen.
Dazu hat Vergerio den ungehörigen Zusatz gemacht: qui et Assar-
tius Schoffer; Arsacius Sehofer war auch concionator Reutlingensis,
hiess aber nicht Matthaeus. P. hat aber danach Matthaeus qui et
Assart ins Hcoffer, und erst Ben. hat dieses gestrichen.
9. Sehr stark und in charakteristischer, theilweise komischer
Weise sind (xesners Partitiones (im folgenden mit GP citirt) be-
nutzt.
Fol. 40r führt G. ein in Zürich (1536) mit einer Vorrede von
Joh. Zwick *), dann auch in St. Gallen und anderswo gedrucktes Ge-
sangbuch an und nennt die in dem Buche selbst nur mit Anfangs-
buchstaben bezeichneten Verfasser der einzelnen Lieder. Darunter
befinden sich ausser melireren bekannten (und schon aus anderen
Quellen in den Ven. aufgenommenen) Schriftstellern (und Fridericus
Jacob de Annwyl und Jo. Xylotectus) : Adam Ryser, Erhardus He-
genwald, Henr. Vogtherr, Jo. Botzheim, Jo. Dachser, Jo. Endlich,
Jo. Froscliius, Jo. Saxo, Jo. Sohweinitzer (im Ven. Scunemitzo) Jo.
Zwickius, Lazarus Spengler, Lud. Hetzer, Lud. Olearius, Matthaeus
Greiter, Matthias Schiner Formularius, Michael Stifelius, Nie. Cella-
rius, Paulus Speratus, Thomas Blaurerus, Wolfg. Dachstein, Wolfg.
Moesei. Die Compilatoren haben sich diese bequeme Zusammen-
stellung von Ketzernamen nicht entgehen lassen und sie sämmtlich
in ihr Alphabet eingereiht. P. hat sie dann freilich mit Ausnahme
von Jo. Zwickius, Lud. Hetzer und Thom. Blaurer (die er auch bei
GA. fand) gestrichen, auch Hans Sachs, Joh. Frosch, L. Spengler
1) Gödokc, Grundriss § 124, 10. Ebend. § 127 ff. und in der A. D.
B. werden die meisten der im Texte genannten Liederdichter besprochen.
232 Indices von Mailand and Venedig 1554.
und Paulas Speratus, die ja wohl verdient hätten, einen Platz im
Index zu hehalten.
Vergerio macht zu manchen dieser Namen — zum Theil recht
unglückliche — kritische Bemerkungen: Adam Ryser arithmeticus,
— Henr. Vogtherr, pictor, ignarus linguae latinae, — Jo. Botzein
judaeus natus; es ist Joh. von Botfheim, der Freund des Erasmus,
der freilich als der Hinneigung zum Protestantismus verdächtig nach
Rom citirt wurde, aber 1535 als Katholik starb*); — Jo. Sax sutor
Norimb., qui versiculos germ. facit, latinae linguae plane ignarus,
aber deshalb doch wohl eines Platzes im Index nicht unwürdig; —
Lazarus Spengler musicus (1); — Matthaeus Greiter musicus, apo-
stata a vera religione seu mamalucus (ebenso bei Wolfg. Dachstein);
er hat ein theoretisches Werk über Musik geschrieben*); — Michael
Stifelius arithmeticus ; er hat freilich lateinisch nur eine Arithmetica
1544 herausgegeben, zu der Melanchthon eine Vorrede schrieb, aber
deutsch auch anderes, u. a. ein Gedicht über Luther*). — Jakob
Daxer, in Ingolstadt als Lutheraner 1523 einige Wochen in Haft,
dann ausgewiesen *), hat wohl sonst nichts geschrieben ; — Erh. Hegen-
wald, früher Schullehrer im Kloster Pfäffers, schrieb einen Bericht
über das Züricher Religionsgespräch 1523 ^),
Unmittelbar vor dem Zwick'schen Gesangbuche erwähnt GP.
Michael Weiss (Weisse), der 1539 eine deutsche Uebersetzung der
Kirchenlieder der Pickarden (böhmischen Brüder) herausgab •). Auch
er steht nur im Ven. ; desgleichen folgende : Heinr. Montprot (über-
setzte U. Regius' Collatio novae doctr. etveteris, f. 124), Ludovicus
Carbaianus (wird L. Carvaialus sein, der freilich f. 126 als Minorit
und Gegner des Erasmus erwähnt wird), Sebastianus Colditz (so
wird unrichtig f. 98 Wenc. Linck de Colditz als Verfasser der S. 65
erwähnten Schrift genannt). Dagegen hat P. ausser ganz bekannten
Schriftstellern folgende aufgenommen : Diethelmus Gellarius (über-
setzte eine Schrift von Bullinger, f. 3), Georgius Vogler (Excerpta
ex actis quibusdam noviss. comitiorum imperialium, 1538, f. 124),
Jo. Montholon (französischer Jurist, ohne Zweifel Katholik, da sein
Promptuarium div. juris et utriusque humani, pontificii et caesarei,
f. 3, schon 1520 erschien, von Tr. gestrichen), Jo. Rodophanta
(Apologiae contra papistas), Jos. Grumpeck (bei G. wird nur eine
Schrift de morbo gallico genannt, GP. f. 124 De concordia Augustae
acta), Nie. Gallasius, Philippus (im Ven. und im Rom. Index noch
heute unrichtig , Christoph.) Melhofer, von dem f. 101 eine kleine,
allerdings bösartige Schrift ''), und Wolfg. Ruess, von dem f. 124
1) A. D. B. 8, 206. 2) A. D. B. 9, 636.
3) Strobel, N. Beitr. I, 1, 1.
4) Winter, Gesch. der cv. Lehre in Bayern I, 98. Prantl, Gesch. der
Ludw.-Max.-Üniv. I, 149.
6) Jahrb. f. D. Theol. 1858, 264. 6) Gödeke § 135.
7) Offenbarung der allerheimlichsten heimlichkeit der yetzigen Baals-
Benutzung von Gesners PArtitiones. 238
eine 1 Bogen starke Schrift, Universitatis Erfordiae epistola, genannt
wird, der aber noch einige andere deutsche Kleinigkeiten geschrieben*).
lieber Jos. Grünpeck s. A. D. B. 10, 56. Wenn dort gesagt
wird : ,,Das8 sein Hauptwerk, Speculum naturalis, coelestis et pro-
pheticae visionis, 1508, auf den Trienter Index kam, beweist, welch'
ausgebreiteten und nachhaltigen Einfluss sein pessimistisch-fanatischer
Inhalt auf die Volkskreise übte", so ist nicht nur die Folgerung,
sondern auch die thatsächliche Angabe unrichtig : das Speculum wird
in keinem Index genannt, und wenn Jos. Grünpeck in der 1. Cl.
steht, so ist der Name aus dem Ven. herübergenommen, in diesen
aber wegen der Schrift De concordia u. s. w. gekommen.
An den Namen des Nie. Gallasius (N. des Gallars) knüpft
sich eine sonderbare Confusion im Köm. Index. Bei GP. f. 123
steht: Pro Huldr. Zwinglii operum editione Rod. Gualtherius*). Nie.
Gallasii pro Farello et coUegis ejus adversus Petri Caroli theolo-
gastri calumnias defensio**). Ven. hat nicht nur Nie. Gallasius,
sondern auch, die beiden bei GP. neben einander stehenden Apolo-
gieen verwechselnd, Galasius cujus est defensio Zuingl. (vielleicht
rührt der Zusatz von Vergerio her). P. setzte Nie. Gallasius und
Gallasius in die 1., Defensio pro Zwinglio in die 3. Cl. Tr. fügte
dem Gallasius bei : Zwinglii defensor, und Cl. vervollständigte dieses
zu: Gall. Zwinglii defensor vel Nie. Gall. Calvini defensor, was denn
erst durch Ben. zu Nie. Gall. Calvini defensor verkürzt wurde.
Aus GP. f. 123 ff. stammen auch einige angenommene Namen
im Ven. und in der 1. Cl. des Rom. Index: Antonius Halieu8 =
Thomas von Höfen. Zwingli's Schwager, Stadtscbreiber in Bern, der
unter jenem Namen über die Badener Disputation von 1526 schrieb
(Zwinglii Opera VII, 524). G. und Fris. nennen den richtigen
Namen nicht. Im Ind. stehen noch heute beide Namen. — Didy-
m u 8 F a V e n t i n u 8, bei G. : Philippi Melanchthonis sub nomine Did.
Fav. (daher auch im Ind. Didymus Faventinus vel oder qui est Ph.
M.) adv. Thomam Placentinum pro M. Luthero oratio, 1521 (Corp.
Ref. I, 286), gegen die Oratio ad principes et populos Germaniae
des Dominicaners Thomas Radinus Todesco Placentinus, die in Leip-
zig nachgedruckt und darum in Wittenberg anfangs als von Emser
verfasst angesehen wurde*). — Conradus Trewe de Fridesleven
priester, durch wölche die weit lange zeyt geblendt, genandt Canon oder
die Styllmess. S. 1. 1525.
1) Kuczynski 2298. K.-L. 1, 860. Die Epistola heisst: Intimation
der hochberüempten Vniuersitet Erdfurt, in Martiuum Luther durch
Wolffang Busen verteütscht. S. 1. et a. (1521). 4 Bl. 4. Weller 1935.
2) In der Bibl. : Ad cath. ecol. omnemque fidelium posteritatem pro
H. Zwinglii et operum ejusd. editione Apologia, 1545.
8) S. 1. 1545. Die Schrift ist von Calvin verfasst, aber unter Gallars'
Namen erschienen; Stähelin, Calvin II, 272.
4) Cochlaeus deact. Luth. a. 1525 p. 113. Seckendorf 1. 1, S. 27 § 70.
284 Indioes von Mailand und Venedig 1554.
(seit Ben. einfach Conr. Trew) und Waremundus Luitholdus.
Die unter diesen beiden Namen erschienenen kleinen deutschen Schrif-
ten, ,, gedruckt zu Freyberg durch Jo. Gutmann" (bei Wendelin Rihel
in Strassb.), sind von M. Bucer: „Conrad Trew von Friedeeleven,
etliche gesprech ause Göttlichen vnd gCHchribnen Kechten vom Nürn-
bergischen Fridestand, der streitigen Religion halb etc. (1539), — Von
Kirchengütern, was deren Besitz und Eigenthum sey etc. (1540), —
Vom Tag zu Hagenaw . . . durch Waremunden Laitholden (1540)" *).
Die unter dem Namen Ulricus Velenus Minhoniensis (von
wem, ist nicht bekannt) veröffentlichte Schrift: In hoc libello
. . . probatur, Ap. Petrum Komani non venisse nee illic passum,
proinde satis frivole et temere Rom. Pont, se Petri successorem
jactat et nomiuat, s. 1. et a. (1520), die wiederholt gedruckt wurde
und eine Reihe von Streitschriften hervorrief -), steht nicht bei G. ;
Ven. hat den Namen Ulricus Velenus vielleicht aus dem f. 140
angeführten Titel: Simonis Hessi A])ologia contra Roffensem episc.
super concertatione ejus cum Ulrico Veleno u. s. w. (s. o. S. 135). P.
hat dann aus GA. den Namen vervollständigt. Seit Ben. steht der
Name (wohl nur in Folge eines Versehens) nicht mehr im Index.
Fol. 156 stehen bei GP. Ludicra, Scoptica, Pasquill i u. s. w.
Sie sind fast alle in den Ven. (und in den Rom. Ind.) eingereiht^):
Alphonsus Aemilius — bei G. Al})honsi Aemilii Pasquillus.
£s ist ohne Zweifel dasselbe Pasquill, welches f. 156 als Pasquillus
proscriptus a Tridentino Concilio, in Germania exulans, und im
Ven. und im Rom. Ind. bis heute als Pasq. proscriptus (Ven. prae-
scriptus) a Trid. Conc. steht. Der vollständige Titel ist: Pasq. . . .
1) Clement V, 362. Baum, Bucer und Capito S. 601. Arch. des D.
Buchh. V, 141.
2) Vecsenmeyer, Samml. von Aufsätzen S. 138. Deutsche .ausgaben
der Schrift bei Weller 1959. 1566 erschien auch eine italienische üeber-
sctzung: Trattato nel quäle . . si manifesta u. s. w. W. Preger, M. Fla-
cius III. II, 565. Ausser dem Bischof John Fisher von Rochestcr schrieben
auch Cochlaeus und der italienische Benedictinor Cortesc gegen Velenus.
Noch Bellarmin, Controv. de Rom. Pout. 2, 1 ff. bekämpft ihn ausführlich,
und in neuester Zeit ist er wieder besprochen worden bei Gelegenheit der
1872 zu Rom mit Genehmigung Pius' IX. stattgehabten öffentlichen Dispu-
tation über die Frage, ob Petrus in Korn gewesen. Rolfus, Kirchenge-
schichtliches, 1882, II, 66.
3) Auch einige bereits besprochene Pasquille stehen hier bei G. und
sind wohl eher von hier als aus den anderen Indices in den Ven. ge-
kommen : Litania Germanorum, Pasquillus extaticus und germanicus. Von
den hier von G. verzeichneten Pasquillen ist nur die Missa de nuptiis
Carolostadii (4 Bl. 4. Jäger, Carlstadt S. 258) nicht in den Index gekommen,
offenbar nur durch ein Versehen.
Pseudonymi. Pasquille. 285
exulans. Alphonso Aemilio Sebasto autore. Impr. Tridenti. S. a.
8. '). Die Schrift ist im Juli 1546 verfasst; am Schlüsse wird auf
den ConcilsbeBchluss über die Bibel hingewiesen und gerügt, dasB
das Concil die Uebersetzung des N. T. von Erasmus verboten,
welche Leo X. gebilligt habe, obschon doch der Papst höher zu
stehen glaube als das Concil. — Statt Alph. Aein. (Sebastus, so
auch GA.) steht im liöm. Ind. seit P. Alph. Aem. Chemnicensis.
Cordigerae navis conÜagratio [über impr. olim in Germania
in 4. |.
Diulogus obscurorum virorum, in quo colloquuntur tres theologi
— bei G. der Titel etwas ausführlicher, vollständig seit Ben.: Dial.
ex obsc. virorum salibus cribratus, in quo introducuntur Colonienses
theologi tres, Ortuinus, Gingolphus, JjUpoldus, tres item celebres
viri Jo. Reuchlin, Des. Erasmus et Jac. Eaber de rebus a se recenter
factis disceptantes |1519, bei Hoecking VI, 301], nach Weller von
Marcus Borsius.
Dialogi adv. Jo. Eckium (so Ven. und der Köm. Ind. bis Ben.),
daneben Dialogi duo quorum prior de costio alter Eccius monachus,
— bei G. Dialogi duo adv. Eocium, quorum prior Decoctio, alter
Eccius mon. inscribitur, seit Ben. genauer: Dialogi. Decoctio. Eckius
monachus. [S. 1. eta., 1521 oder 1522. 7 Bl. 4, abgedr. bei Böcking
IV, 544.].
Eccius dedolatus libellus [olim impressus]. Der vollständige
Titel ist Eccius dedolatus. Authore Joanne Francisco Cottalambergio
poeta laureato. S. 1. et a. (Erfurt 1520, abgedr. bei Boecking IV,
515). Im Rom. Ind. steht Eccius dedolatus nicht, aber seit P. in
der 1. Cl. Jo. Franc. Cotta Lambergius. Als Verfasser wird ziem-
lich allgemein Wilibald Pirkheimer angesehen-).
Sancti Francisci nocturna apparitio [et quaedam alia lectu ju-
cunda, impr. in 8].
Huldricus Echkstein — bei G. Huldrichi Eckstein dialogi duo
metris germanicis, quorum alter Concilium, alter Barbara inscribitur.
In den Höm. Ind. ist Utz Eckstein^) nicht aufgenommen oder Hui-
drichus Enchaustius dafür substituirt, unter welchem Namen Job.
Brenz ^), das Syntagma eorum quae nomine . . . Christophori Ducis
Wirtemberg in synodo Trid. . . . acta sunt, 1552, herausgab.
1) Es gibt auch eine Uebcrsetzung: Von dem Pasquill us, der ver-
tribcn vou Rom, so yetzund diser zeyt in Teutschland im eilend vmb-
zeucht. Durch Alphonsum Aemilium Scbastum erstlich in Latein gemacht ,
hernach in Teutsch transferiert worden. IS. 1. et a.).
2) R. Rösler, Der gehobelte Eck, Zts. f. ü. Kulturgesch. 1873, 457.
(Gegen Pirkheimers Autorschaft A. D. B. 9, 294.) lieber ein anderes Pas-
quill: Eckii dedolati ad Caesar cam majestatem magistralis oratio. S. 1.
eta. 8 Bl. 8. s. Strobel, N. Beitr. II, 2, 400. Wiedemann, Job. Eck. S. 584.
3) A. D. B. 5, 636.
4) Schelhorn, Am. bist. II, 390. Hartmann, Job. Brenz, 1862, S. 208.
286 Indioes von Mailand und Venedig 1554.
Julius Dialogus. Ebenso in Yen., seit P. im Rom. Ind. : Julius
dialogns alias Aula und Dialogus de morte Julii II. Papae sive
Julius, seit Ben. : Julius. Dialogus viri cujuspiam eruditissimi festivus
sane et elegans [quomodo Julius II. P. M. post mortem coeli fores
pulsando ab janitore illo D. Petro intromitti nequiverit, quamqnam
dum yiveret, Sanctissimi atque adeo Sanctitatis nomine appellatus
totque bellis feliciter gestis praeclarus vel dominum coeli futurum
se esse sperarit. Interlocutores Julius. Genius. D. Petrus. S. 1. et a.],
1513 gedruckt *), vorher unter dem Titel: F(au8ti) A(ndrelini) F(oro-
liviensis) poetae regii Libellus de obitu Julii P. M., dann mit dem
Hutten'scben Dialog Aula zusammen : Aula dialogus. Julius Dialogus,
Mailand 1521. (Boecking I, 30) Letztere Ausgabe wird mit Julius
dial. alias Aula gemeint sein. Als Verfasser dieses oft gedruckten
Pasquills ist ausser Erasmus, Hütten u. a. auch Grirolamo Balbi, Bischof
von Gurk, bezeichnet worden*).
Ludus pyramidum de fide papistica [et evangelica, 1. germanice
impr.], im Rom. Index nur Ludus pyramidum **).
Oratio ad Christum Opt. Max. [a quodam bene docto et chri-
stiano perscripta], im Rom. Ind. seit P. : Oratio pro Julio IL Ligare
a quod. u. s. w., vollständiger seit Ben. : Oratio ad Chr. 0. M. pro
Julio IL Lig. [P. M.] a quod perscr. [in Germania t^ndem
jam sapiente 1513, bei Böcking IV, 459], ein noch zu Lebzeiten
des Papstes verfasstes satirisches Gebet für seine Seele: Christus
möge durch seine Allmacht diesen Teufel in einen Engel des Lichtes
verwandeln, — mit Unrecht Hütten zugeschrieben, übrigens nur
8 Bl. 8.
Panegyristae [liber in 4], nicht im Rom. Ind. — Passio [Doc-
toriö] Martini Lutheri secundum Marcellum. Bei G. steht unmittel-
bar dahinter Dialogus Karsthans et Kegelhans, weil die beiden Pam-
phlete 8. 1. et a. (1521) zusammen erschienen; sie füllen zusammen einen
Bogen, der Dialogus 37 Hexameter*). Im Ven. und im Rom. Ind.
stehen sie getrennt (seit Ben. der letztere unter Karsthans; Kegel-
hans hiess bis auf Ben. im Rom. Ind. Regellians).
Philalethis civis Utopiensis de facultatibus Romanensibus [nuper
1) Baumg. n, 405. Abgedruckt in Pasq. tomi duo p. 123, bei
Boecking IV, 421. — Paradis du Pape Jules im Par. 51 ist wohl eine
französische Uebersetzung.
2) Marchand II, 268. — Julius II. Ein Gespräch vor der Himmelsthür.
Aus dem Lateinischen des 6ir. Balbi, Bischofs von Gurk. Berlin 1877. Vgl.
Theol. Lit.-Bl. 1877, 221.
3) Vielleicht „Kögelspil gebracttiziert auss dem yeczigen zwytracht
des glaübens'S Mrnb. s. a. 8 Bl. 4. Weller 2113. Gervinus II, 408.
4) A. v. Dommer No. 74. Abgedr. bei Gerdes, Hist. Ref. II Doo. p. 24.
Deutsche Ausgaben bei Weller 1918 ff. Vgl. Hagen II, 156 und A. D. B.
15, 481.
Pasquille. 287
publicatis Dialogas] gegen Arcimboldi als AblasB-Commissar '). G.
gibt Hütten als mutbrnasslichen Verfasser an, Boecking, Opp. Hott.
IV, 485 Jacob Sobius. Im Köm. Ind. steht seit P. Philoletes, seit
Ben. Philaletbes Utopiensis in der 1. Gl.
Pasquillorum tomi duo [impr. in Germania a. 1544], bei Ben.
vervollständigt: quorum primo versibns ac rbytbmis, altero soluta
oratione conscripta qnamplurima continentur . . . £leutheropoli
(Basel) 1544. Die Sammlang ist von Coelius Secundus Cario ver-
anstaltet und enthält im 1. Theile 80,. im 2. 32 Pasquille, von denen
einige auch einzeln im Index stehen. Von den lateinischen und
italienischen Gedichten des 1. Theils werden manche Römische Pas-
quille sein, von anderen sind die Verfasser genannt: Geltes, Job.
Sapidus, Hütten, Fischart, Etienne Dolet u. s. w. Im zweiten Theile
stehen Stücke von Hütten u. a. ').
Pasquillus semipoeta, ebenso im Ven. und im Köm. Ind. seit
P. noch jetzt; im Ven. mit dem Zusatz (von Vergerio): Gastal. (von
Seh. Gastalio?).
Bei G. stehen femer Dialogi septem festive candidi . . . Au-
thore S. Abydeno Gorallo Germano. S. 1. et a. 54 Bl. 8 (abgedr.
bei Böcking IV, 553). G. fügt bei: Huldrichi Hutteni, ut puto;
nach Böcking sind sie nicht von Hütten, vielleicht von Grotus Ru-
bianus, nach Muther') von Job. Apel. Ven. hat dieses nicht auf-
genommen; im Rom. Ind. steht seit P. in der 1. Gl. Abydenos
Gorallus, alias Huldricus Huttenus. Nur zwei der 7 Dialoge hat
Ven. aufgenommen; Apophthegmata Vadisci et Pasquilli de depra-
vato Ecclesiae statu als Apotegmata Vadegii (von P. gestrichen)
und Gonciliabulum theologistarum (theologicorum im Ven. und im
Rom. Ind. bis Ben.) adversus [Germaniae et] bonarum literarum
studiosos [Goloniae celebratum 16. Kai. Mali 1520]^).
Eine schlimme Gonfusion in dem Rom. Ind. hat G. angerichtet
mit den Dialogi: Murnarus Leviathan vulgo dictus Geltnar oder
Genss Prediger. Murnarus, qui & Schönhenselin oder Schmutzkolb,
de se ipso . . . Raphaelis Musaei in gratiam Martini Lutheri et Hutteni,
propugnatorum christianae et germanicae libertatis, ad osores epistola.
S. 1. eta. (1521). 4^). Im Ven. steht Dialogi Murnarus Leviathan;
P. hat dieses beibehalten, aber ausserdem Murnerus in die 1 . Gl. gesetzt.
Damit kann doch kein anderer gemeint sein als der Murnarus, gegen
den der Dialog gerichtet ist, der Franoiscaner Thomas Murner, der
1) S. o.S. 216. Krafft in derZts. des berg. Geschichtsvereins VI, 232,
2) Zts. f. bist. Tb. 1860, 588. Clement VII, 869. Baurog. II, 392.
3) Aus dem Univ.- und Gel.-Leben S. 474. 484.
4) Beide auch inPasq. tomi duo p. 241. Vgl. über beide Hagen II,
88. 44, über das Gonciliabulum (von Grotus Rubianus) Kampschalte, Er-
furt, n, 81.
5) So A. v. Dommer No. 69. G. verzeichnet die Ausgabe Basel, Adam
Petri 1522, in der Actio Lutheromastigum beigefügt ist.
238 Indices von Mailand und Venedig 1554.
freilich von Hütten und Pirkheimer zu den heftigsten Feinden der
Scholastik und zu den eifrigsten Freunden Reuchlins gezählt wird,
der aber später einer der derbsten Gegner der Reformation war.
Erst Ben. hat ihn aus der 1. Cl. erlöst *) und statt seines Namens
wieder Murnarus Leviathan u. s. w. eingesetzt. — Unter dem Namen
Raphael Musaeus der auch bei G. in der ßibliothek steht und daraus
in den Ven. und in die l. Cl. des Rom. Ind. gekommen ist, ver-
birgt sich nach der gewöhnlichen Annahme Urbanus Rhegius, nach
Anderen Matthias Gnidius, der aber selbst wieder ein Pseudonymus
zu sein scheint*).
GP. f. 156 gibt uns endlich auch Aufschluss über die Genesis
des Bartholomaeus Conformi, welcher, obschon ein Schrift-
steller dieses Namens nie existirt, sich von P. bis Ben. in der 1. Cl.
behauptet hat. G. verzeichnet nämlich Liber Conformitatum Barto-
lemaei cujusdam Minoritae, ubi S. Franciscus Christo comparatur,
germanice redditus et impressus in 4. cum praefatione M. Lutheri
et redargutione scoptica eorum, quae stulte ridiculeque in eo scri-
buntur. Das ist ohne Zweifel das oben S. Ifi3 erwäante Buch von
Erasmus Alber. Im Ven. ist dieser Titel in folgender Weise abge-
kürzt und verhunzt : Bartholomeus Conformi. Germ, in missam (aus
germanice impress. entstanden) cum praefatione Mart. Luth., und aus
dieser Nummer des Ven. haben die Gelehrten Pauls IV. einen Autor
1. Cl. Barth. Conformi gemacht. Schon Götze, Merkwürdigkeiten
der K. Bibl. zu Dresden III, 272 meinte, Barth. Conformi in Rom.
Ind. solle die Conformitates des Bartholomäus von Pisa bedeuten,
und Clement VIII, 452 meinte, man habe dieses Buch verbieten
wollen, ein Abschreiber habe aber die Abkürzung missverstanden,
und so sei es gekommen, dass „das Buch, welches verboten werden
sollte, nicht verboten und ein Autor verdammt wurde, der nie exi-
stirt hat". Gegen diese Vermuthung hat aber Baumgarten I, 353
mit Recht eingewendet, dass dann Barth. Conformi nicht habe in die
erste Classe kommen können. Die Sache war nicht aufzuklären,
so lange man nicht beachtete, dass der Ven. eine Hauptquelle von
P. war. Man hat übrigens ohne Zweifel in Venedig und Rom auch
gar nicht daran gedacht, den Liber Conformitatum verbieten zu
wollen. Dass dieses Buch wiederholt mit kirchlicher Genehmi-
gung gedruckt worden, hat freilich Katholiken in Controversen mit
Protestanten schon oft in Verlegenheit gebracht. Gretser versucht
es, Hunnius, der ihm vorhielt, dass die Fioretti di San Francisco
und der Liber conformitatum von den Päpsten nicht verboten seien,
mit der Hinweisung auf die Bestimmung (in der 8. Regula Indicis)
1) Ohne Zweifel in Folge der Erinnerung Schelhoms, De cons.
emcnd. cccl. I, 47; Refertur etiam inter 1. cl. auctores Mumerus, quem
si recte novissent indicis conditoros, nomen ejus utpotc vehementissimi
Ecclesiae Rom. promachi hac infamia haiid aflfecissent.
2) Uhlhorn, Urbanus Regius S. 33. Kawerau, Joh. Agricola S. 24.
A. D. B. 9, 293.
Barth. Conforrai. Anonyme Schriften. 289
abzuweisen: Bücher deren Hauptinhalt gut sei, worin aber einzelnes
vorkomme, das ketzerisch, irreligiös oder abergläubisch klinge,
sollten nur, nachdem sie von diesem gesäubert, gelesen werden *).
Hätte man in Rom die Fioretti und den Liber conf. zu dieser Classe
von Büchern gezählt, so würden sie ohne allen Zweifel, — und
das hat auch Gretser gewiss gewusst, — mit d. c. im Index stehen.
— Der Liber Conformitatum ist 1399 auf dem Generalcapitel der
Franciscaner zu Assisi approbirt und vollständig zu Mailand 1510
und 1513 gedruckt worden. In der Ausgabe Bologna 1590 und
den folgenden sind die am meisten angefochtenen Stellen modificirt
oder weggelassen. Der Franciscaner H. Sedulius gab 1607 zu
Antwerpen einen Apologeticus adv. Alcoranum Franc, pro Libro
Conformitatum heraus, und noch neuestens hat man dem Verfasser
nur „naive Ueberschwänglichkeiten*' vorgeworfen -).
Ein anderer Abschnitt von GP., aus welchem Ven. ileissig
geschöpft hat, ist: De Lutheranis u. s. w. f. 123. Hieher stammen,
ausser einer Anzahl von Namen:
Reformatio ecclesiae Coronen[si8 et ac totius Barcensis provin-
ciae cum praef. Melanchthonis. Wittenb. 1543. 3 BogenJ. Es ist
die von Job. Honter verfasste Kirchenordnung von Kronstadt in
Siebenbürgen*). P. hat dasselbe; aber schon Tr. hat den Schreibfehler:
Ref. eccl. Coloniensis, und Ben. hat dafür substituirt: Deliberatio Sim-
plex ac pia, qua ratione christiana et in verbo Dei fundata refor-
matio doctrinae, administrationis div. sacramentorum, caeremoniarum
tantisper instituenda sit, — die lateinische Ausgabe des Reforma-
tionsplanes des Hermann von Wied: Nostra Hermanni Archiep.
Colon. . . . Simplex ac pia deliberatio u. s. w., Bonn 1545 fol., deutsch
ebend. 1543, die im Ven. sicher nicht gemeint ist, da sie als
Hermanni Episcopi Colon. Deliberatio darin steht*).
Liber (bei GP. L. germanicus hoc titulo) de omnibus actis
Adolphi Ciarenbach [et quomodo Coloniae combustus sit u. s. w.] und
Acta Adelphi [sie] Ciarenbach, der deutsch gedruckte Bericht über
den Process des 1529 mit Peter Fliesteden hingerichteten Ad. Claren-
bach (R.-E. 8, 21). — P. hat statt dessen Adolphus Clarenbach
in die 1. Cl. gesetzt, wo er noch steht, obschon ausser einem Send-
schreiben an seine Vaterstadt Lennep nichts von ihm gedruckt
ist (bei Q. steht er sogar ausdrücklich mit omnia opera).
Disputatio Groningensis. Sie wird von G. später noch einmal
erwähnt: Confutatio determinationis doctorum Parisiensium contra
M. Lutherum ex ecclesiasticis doctoribus desumpta, recognita et
aucta. Adjecta est disp. Groningae habita, cum duabus epistolis et
1) Opp. XIII, 474. 2) K.-L. I, 441.
3) Strubel, Beitr. I, 467. A. D. B. 18, 81. Die Schrift ist neu ge-
druckt Wien 1865; vgl. Arch. f. D. Buchh. VI, 9. .
4) Strobel, N. Beitr. V, 291. Schelhorn, De con8. I, 47, monirt also
mit Unrecht Ref eccl. Coron. als Fehler für Colon.
240 Indices von Mailand und Venedig 1554.
indice. Bas. 1523. Yen. hat einfach Disp. Groningensis, der
Rom. Ind. seit P. Disp. Gronicen. cum duabus epistolis, obschon
dieser Abdruck nur als Anhang der Confutatio (Melanchthons) exi-
stirt, die natürlich auch im Ven. und im Rom. Ind. steht, —
seit ßen. : Disp. Groningae habita, cum duab. ep. . . . una anonymi
de certa fiducia in Deum habenda u. s. w., altera Lutheri ad Wolfg.
Fabr. Capitonem. — Es ist der Bericht über eine im J. 1523 zu
Grüningen zwischen dortigen Weltgeistlichen und Dominicanern über
die Gewalt des Papstes stattgehabte Disputation *).
Bemensis disputatio Helvetica; daneben hat Ven. noch Brevis
(sie statt Bernensis) disp. Helv. und Disputatio Bemensis; P. nur
letzteres. G. fügt bei: liber excusus germanice, meint also: ,, Handlung
oder Acta gehaltener Disputation zu Bemn in tichtland", Zürich
1528 (R.-E. 2, 313).
Confutatio 21 propositionum de differentia legis et evangelii
[deque fide justificante Wittenbergae disputatarum. S. 1. 1541], 10
Bl. 4. — Themata 114Basileae disputata [in auditorio theologorum],
bei Fris. unter den Werken des Oecolampadius.
Admonitio ministrorum verbi Argentinensium [ad ministros
Helveticos contra impiam disputationem Conradi provincialis ordinis
Augustiniani, germanice excusa]. Ben. hat den deutschen Titel
eingesetzt: Verwarnung der Diener des Worts und der Brüder zu
Strassburg u. s. w. Der Verfasser der gegen den Augustiner Conrad
Treger gerichteten, 1524 gedruckten Schrift (16 Bl. 4) ist Capito*).
Quamobrem papae et discipulorum ejus libri a Martino |Lu-
thero] combusti sint s. 1. et a. (Witt. 1520), von Luther, (Erl.
Ausg. 4, 251), nur im Ven.
Wenn Ven. aus den in GP. stehenden Büchertiteln mitunter
bloss die Namen der Verfasser aufgenommen (S. 232), so hat er
anderseits oft die Büchertitel abgeschrieben und die Namen der
Verfasser weggelassen, so dass die Bücher im Ven. und dann auch
im Rom. Index, zum Theil noch jetzt, als anonym stehen und bei
vielen nur aus GP. zu ersehen ist, welche Bücher gemeint sind.
So stammen aus GP. f. 7: Catechismus major et minor (Leonis
Judae ; im Tr. und in den folgenden Indices bis Ben. steht : Cat. cui
titulus: Cat. major et minor; das Cat. cui titulus ist aber nur aus dem
unmittelbar davor stehenden Cat. cui titulus: Qual maniera u. s. w.
irrthümlich wiederholt) ; — Cat. pro ecclesia Wirtembergensi (M. Lu-
theri cat. major et minor pro eccl. Wirt.); — Cat. super evange-
lium Marci (Jo. Draconitis); — Cat. sive symboli expositio (Petri
Martyris, italice Basileae excusus, s. S. 190), — Cat. s. explicatio
symboli apost. (dom. precationis et decalogi, Hortensii Tranquilli);
— Cat. quo Genevensis ecclesia utitur (Jo. Calvini), 1542 franzö-
sisch, 1543 lateinisch gedruckt*), von P. Tr. weggelassen, von S. Cl.
1) Abgedr. bei Gerdes, Bist. Ref. III, Doc. 25. Vgl. üllmann, Ref.
II, 648. .
2) Baum, Bucer und Capito, S. 245. 580.
3) Kampschulie, Calvin I, 458. Stähelin, Calvin I, 126.
Catechismon. Medicina animaö. 1^41
aus Q. als Cat. Grenevensis aufgenommen; — Catechesis puerorum
in fide, literis et moribu« (0. Brunfelsii); — Cat. Tnbingensis (auch
bei GP. ohne weitere Angabe); — Cat. ecclesiae Argentoratensis (wird
der von Capito 1529 sein, neben dem aber GP. noch einige StrasR-
burger Katechismen nennt); — Trilogium pro catechistis (Conradi
Pellicani, über Credo, Vaterunser und Decalog, im Auftrage des Bi-
schofs von Basel, Christoph von Utenhoven, 1502—27, verfasst).
Aus anderen Stellen von GP. stammen :
Alchimia purgatorii [Petri Vireti dialogus f. 86, vorher von
demselben Fumus purgatorii dial. gallice]. Die Schrift von Viret
heisst: Disputations chrestiennes en mani^re de devis divisees par dia-
logues, mit Vorrede von Calvin, Genf 1544, sechs Dialoge, je zwei
in einem Bändchen, darunter L'alchumie du purgatoire, Toffice des
mortz, in der Ausgabe von 1552 mit verändertem Titel: La cosmo-
graphie ou la geographie infernale *). — Alch. Purg. steht noch
jetzt ohne weitere Angabe im Index.
Concordantiae graecae N. T. [Xysti Betuleji, f. 9], Basel
1546 fol.2),
Medicina animae [Urbani Regii pro sanis simul et aegris in-
stante morte, f. 82]. Dieses Büchlein spielt in den Indices eine
grosse Rolle. Es erschien zuerst deutsch: „Seelenärtznei für gesund
und kranken zu diesen geferlichen zeyten durch Vrbanum Khegium**,
Angsb. 1519 u. o., lat. von J. Freder: Medicina animae u. s. w., Witt.
1537, 56 Bl. 8^). GP. citirt a. a. 0. eine deutsche Ausgabe Strassb.
1540, und diese ist also im Ven. mit Med. an. gemeint. — Im J.
1542 erschien zu Lyon Imagines mortis (der Todtentanz von Hans
Holbein, 41 Bilder) et epigrammata e gallico idiomate a Georgio
Aemylio in lat. translata. His accesserunt Medicina animae tam bis
qui firma quam qui adversa corporis valetudine praediti sunt, in
mortis agone et extremis his periculosissiniis temporibus maxime
necessaria. Ratio et methodus consolandi periculose decumbentes.
D. Cypriani sermo de mortalitate. D. Chrysostomi de patientia u. s. w.
(Graesse, Tresor III, 317). Im J. 1547 erschien eine Ausgabe
mit 53 Bildern: Imagines mortis duodecim imaginibus praeter
priores totidemque inscriptionibus praeter epigrammata . . cumulatae
u. s. w. Diese Ausgabe steht im Lov. 58, aber der Titel ist so ge-
theilt, als ob Imagines, Medicina und Ratio drei verschiedene Bücher
wären. P. nahm nur die beiden letzteren auf (Ratio u. s. w. ist von
Ben. gestrichen), das vorletzte in der abgekürzten Fassung Med. an.
1) Schmidt, W. Farel und P. Viret, 1660, S. 71.
2) H. E. Bindscil, Concordantiarum Homericarum Specimcn 1867,
p. LXV.
3) ühlhorn, U. Regins S. 857. La medecine do Tarne, impr. ä Ge-
növe im Par. 51 und Een Medccijn der sielen voor den ghesonden ende
crancken in den doot8 noot ende allen menschen seer profitelijek in Antw.
App. werden Uebersetzungen davon sein.
BeuBcb, Indoz. \Q
242 tndices von Mailand und Venedig 1554.
pro sanis siinul et aegrotis instante morte. Statt der lat. Aasgabe
der Imagines findet sich bei ihm, wie im Ven., die italienische:
Simolachri, historie et figure della morte [La medicina de lanima.
II modo e la via di consolar grinfermi u. s. w. Ven. 1545. Lyon 1549.
Im Par. 51 und Antw. App. steht die französische Ausgabe: Les
simulachres de la mort und Simulachres et histoires sacrees u. s. w.].
Aus Q. kamen aber doch durch S. auch der vollständige Titel von
Medicina aniniae, Imagines mortis cum medicina animae und Medicina
aniniae adjuncta Imaginibus mortis auch noch in den Rom. Ind.
(letzteres von Ben. gestrichen). Wenn, was kaum zu bezweifeln, die
Medicina animae hinter den Imagines mit dem Büchlein des U.
Rhegius identisch ist, so steht dieses in den Index-Ausgaben vor
Ben. viermal, noch heute dreimal.
Ven. hat endlich aus GP. folgende anonyme Schriften aufge-
nommen:
Basileensis Ecclesiae ministrorum [responsio ad senatum] cur
missam ahoi, [abominationem dixerint f. lOl], deutsch gedruckt, wahr-
scheinlich von Oecolampadius, steht im Ven. auch als Christiana
responsio u. s. w., auch bei P. Tr. als Christ, resp. und Liber in-
scriptus Bas. ecclesiae cur missam; durch S. Cl. kam dann noch aus
Q. hinzu: Basileensium ministrorum responsio contra missam. Die
drei Titel blieben im Index bis auf Ben., der nur den letzten bei-
behalten. — Eine andere Schrift von Oecolampadius, die bei G.
unter seinem Namen steht, steht gleichfalls im Ven. als anonyme:
De genuina (im Ven. gemina) verborum Dni : Hoc est corpus meum
[juxta vetustissimos authores] expositione [liber], Strassb. 1525 *),
P. hat statt dessen ein anderes Buch: Liber inscr. Ex vetustissimis
orthodoxorum patrum libris ... de genuino eucharistiae negotii
intellectu et usu u. s. w., seit Ben.: Libellus ex scriptis vetustissimorum
orth. patrum Cypriani, Hil., Ambr., Aug., Hieron., Isichii et Pa-
schasii de gen usu.
Collectanea demonstrationum ex prophetis, apostolis et docto-
ribus Ecclesiae, quod Spiritus sanctus ex solo Patre procedat (con-
feratur autem dignis a Filio, f. 49 v).
In orationem dominicam commentarius, im 'Rom. Ind. bis Ben.
L. i. in or. dom., stammt aus der Notiz f. 30: In or. dorn, commen-
taria deoerpta ex omnibus qui hactenus scripserunt tam veteribus
quam recentioribus per Jo. Gastium. Damit ist aber das im Ven.
unmittelbar davor stehende, aus dem Par. 51 stammende Buch ge-
meint: In or. dom. saluberrimae ac sanctiss. meditationes ex libris
cath. patrum selectae, Basel 1543, in demselben Jahre von der
Sorbonne censurirt, welche u. a. rügt, dass als „katholische Väter"
darin auch Luther, Bucer, Calvin, Melanchthon, Faber Stapulensis,
Erasmus und andere Männer dieses pestilentialischen Gelichters (hujus
pestilentis farinae) citirt würden*). Erst Ben. hat die Identität der
beiden Bücher erkannt, aber nicht Jo. Gast als Verfasser bezeichnet.
1) Hagenbach, J. Oecolampadius S. 79.
2) Arg. U a 226.
Anonyme Schriften. 243
Im Ven. und im Rom. Ind. (bis heute) stehen Elementa chri-
stiana ad institueudos pueros und Enchiridion christianismi. Was
das für Werke sind, erfahren wir aus GP., von dem Yen. die Titel
abgeschrieben. Von ersterm sagt er f. 62: El. christianae reli-
gionis ad inst. p. Adjecta est pia officiorum communium e s. bibliis
recensio, quae a quibusdam tabula domestica vocari solet, gedruckt
bei Jac. Jucundus zu Strassburg 1536, 3 Bogen 8., — von letzterm
f. 46: Doctrina, vita et passio J. C. juxta Novi T. fidem et or-
dinem artificiosis figuris repraesentata, Francof. 1547, 4, chartis 11
lat. et gall., et Argentorati apud Jo. Schottum in fol. chartis 20
ab altera solnm facie impressis, ut parietibus affigi possint, hoc titulo:
Enchiridion christianismi, de promissionibus, incarnatione, miraculis,
doctrina, vita et passione J. C. — Noch winzigere Werke sind: Brevis
tractatus ad omnes in christ. libertatem malevolos (f. 59, Vs Bogen) =
»Ein kurze Anrede zu allen Missgünstigen Luthers und der christ-
lichen Freiheit*, unterzeichnet: „J. A. hat es gemacht, da er fröhlich
war**, von Job. Agricola ; und zwar ist nicht einmal die vollständige
Ausgabe, 4 Bl. 4, gemeint, sondern eine Ausgabe, die nur den An-
fang der Flugschrift in Prosa (die übersetzte Schlussrede des Mur-
narus Leviathan) ohne Agricola's Spottgedicht enthält, o. 0. und .1.
(Basel 1522), 2 Bl. 4*). — Speculum coecorum ad cognitionem
evangelicae veritatis (GP. f. 3, 1. germ. 1523) = Ein Spiegel der
blinden zu erkenntniss Evangelischer warheit. (Basel) 1523,
16 Bl. 4, von Hang Marsohalk gen. Zoller (Weller 2691). — Sup-
plicatio quorundam apud Helvetios evangelistarum [ad R. D. Hu-
gonem Episc. Constant., ne se induci patiatur, ut quicquam in prae-
iudicium Evangelii promulget, neve scortationis scandalum ultra
ferat, sed presbyteris uxores ducere permittat, f. 104 v.], s. 1. 1522,
8 Bl. 4, von Zwingli mit unterzeichnet und wohl von ihm verfasst.
Nur im Ven. stehen : De laude parochorum et ministrorum neces-
sariorum [deque inutili sumptu, qui ab inscio populo confertur ad
missarum celebrationem u. s. w., deutsch, IV2 B., f. lOlJ; es ist
„Das lob der Pfarrer" u. s. w. von Job. Eberlin von Günzburg,
Basel 1522 und sonst, 6 Bl. 4, auch „Der 7. Bundtgnoss" (Weller
2037). — Paulus Olearius De fide concubinarum in sacerdotes
(f. 104), 8. 1. et a. (Ulm 1501) 30 Bl. 4 u. 0., wahrscheinlich von
Wimpfeling (Panzer VI, 171. Weller 4065).
In dem Abschnitt de conciliis erwähnt GP. f. 141 die In-
dictio concilii Pisani; das wird das Concilium Pisanum von 1511
in den Index (Ven. und P.) gebracht haben, welches von Julius II.
auf dem 5. Lateranconcil durch eine besondere Bulle verdammt
wurde. Tr. fügte dem Conc. Pis. bei: quod verius conciliabulum
dicendum est^). Aus demselben Abschnitte stammen noch einige
Nummern, welche ebenso wenig Bücher sind wie das Concilium
Pisanum: Conventus Augustensis [1518]. Daneben steht Acta comi-
1) Weller 1981. Vgl. Kawerau, Job. Agrioola, 1881, S. 28.
2) GregoroviuB, Gesch. der St. Rom VIII, 67. 77.
i^44 tndices von Mailand und Venedig 1554.
tiorum Augustae, weil GP. f. 124 Acta Lutheri Augustae typis
excusa (die Verhandlungen mit Cardinal Cajetan, auch in Luthers
Werken, Erl. 2, 367) anführt. P. hat dafür Acta comitiorum Au-
gustae et Haganoae und dann noch speciell Liber de conventu Haga-
noensi (1540), womit die hier von GP. angeführte Schrift von
Waremund Luithold (S. 234) gemeint ist. Von Tr. wurden diese
Dinge bis auf das am wenigsten passende Conventus Augustensis
gestrichen ; dieses steht noch jetzt im Index. Der von S. Cl. wieder
eingesetzte L. de conv. Hag. wurde von Ben. gestrichen. — Acta
coUoquii Eatisponae, nur im Ven., sind die Acta coli. Ratisb. de
articulis religionis u. s. w. per M. Bucerum (Strassb. 1541) bei
GP. f. 124.
In den vorstehenden Bemerkungen ist von dem weitaus grössten
Theile der Nummern des Med. und Ven. nachgewiesen, woher sie
stammen. Es bleibt aber immer noch eine Anzahl übrig. Von den
italienischen Schriftstellern und Schriften ist wohl anzunehmen, dass
sie den Compilatoren direct bekannt waren; bei anderen muss ich
es dahin gestellt sein lassen, ob sie dieselben aus eigener Kenntniss
in den Index gesetzt oder dafür ähnliche, mir nicht bekannte Quellen
wie die Bücher von Gesner benutzt haben. Was die Personennamen
betrifft, so sind es zum Theil Namen von bekannten Schriftstellern
(Rodulphus Baus, bei P. Tr. Robertus Baus, daneben seit S. Cl.
Rob. Bannes, ist Roh. Barnes, wie erst Ben. corrigirt hat), zum
Theil aber von solchen, die als Schriftsteller nicht nachzuweisen
sind, wie Henr. Lupulus (Zwingli's Lehrer), Jo. Balistarius (Ben.
hat wie Q. beigefügt: non ille Carmelita, weil Fris. einen solchen aus
dem 14. Jahrb. erwähnt), Jo. Postellus (im Ven. auch Posselius und
Postellusius, vielleicht Guil. Postellus) u. a. — Joancs li caula,
seit P. im Rom. Index Jo. Licaula, richtiger Lycaula, (Wolfstall)
ist ein obscurer Prediger, von dem nur ein zu Altena geschriebenes,
1539 bei Jo. Soter zu Solingen gedrucktes confuses Schriftchen
von 28 Bl. 12 existirt^). Wie hat man in Venedig von diesem Kunde
erhalten?
Im Ven. und seit P. in der 1. Cl. steht Paulus Gommodus
Britannus (seit Ben. Brett^nus). In der 1. Ausgabe von Luthers
Commentar zum Galaterbrief vom J. 1519 steht nämlich eine Vor-
rede von Otho Germanus und ein Epilogus Pauli Commodi Brettani,
beide vielleicht von Melanchthon, der ja zu Bretten geboren war.
Die Vorrede füllt bei Seckendorf (Hist. Luth. 1. 1, s. 35, § 85), der
beide Stücke hat abdrucken lassen, eine, der Epilog eine halbe
1) Apologia Joannis Lycaulae Montani super eo verbo Dni: Omnis
scriba doctus .... [Matth. 13, 52]*. Die Vorrede ist ^Itena 1538 da-
tirt. Das Schriftchen „stellt den evangelischen Standpunkt in sehr ver-
hüllter und unklarer Weise dar", und wenn Heppe den Verfasser „gelehrt"
nennt, so hat er dafür keinen andern Beweis, als dass er einige hebräische
Citate gibt. K. Krafft bei Evertsbusch, Theol. Arbeiten I, 37; III, 143.
Card. Zabarella. Jo. Petrus de Forrariis. 245
Spalte. Aber nur der Verfasser der letztem, nicht auch Otho tier-
manus ist in die 1. Cl. gekommen.
Eine Schrift von Oecolampadius über die Eucharistie, wahr-
scheinlich die oben erwähnte, steht im Ven. als Jo. Buschini (sie)
de eucharistia; so ist Jo. Husch in us*) durch P. in den Köm.
Ind. gekommen, wo er noch jetzt ohne ein qui est Jo. Oecolampa-
dius steht.
Nicolaus de Wile, (Wyle, aus Bremgarten im Aargau, ein
Schüler Felix Hemmerlins, 1445 — 47 Stadtschreiber in Esslingen),
der nur im Ven. steht, wird von Gr. in dem Artikel Aeneas Sylvius
als Herausgeber von dessen Briefen (Nürnb. 1496) genannt und als
S. Lateran. Palatii et Aulae Imperialis Consistorii Comes bezeichnet,
wie er sich selbst in diesem Werke nennt. Das kann nicht wohl
zu seiner Aufnahme in den Index Anlass gegeben haben. Er hat
sonst noch allerlei Sachen ins Deutsche übersetzt^).
Von dem Cardinal Franciscus Zabarella sagt G. nur:
scripsit in jure non spernenda opuscula. Im Ven. steht Franc. (Card,
hat Vergerio beigefügt) Zabarellus de schismate cum praefatione
impr. Argentinae. Die Compilatoren scheinen diese Ausgabe, Strassb.
1 545, in Händen gehabt zu haben ; so erklärt es sich, dass auch der
Herausgeber Lucas Schroteysen, in ihrem Index steht. Das Verbot
ging durch P. in den Rom. Index über, — Tr. fügte d. c. bei, —
bezieht sich aber wohl nicht bloss auf die Zuthaten des Heraus-
gebers; denn Bellarmin sagt, auch in Zabarella^ s Buch (aus der Zeit
des Constanzer Concils) sei einiges zu corrigiren, und Possevin, die
Vorreden sammt dem Buche selbst seien verboten. Seit Ben. steht
darum im Ind.: Fr. Zabarella de schismate tract. d. c. und Idem
cum praef. Lucae Schroteisen ohne d. c. ').
Auch Petrus Ferrariensis im Med. und P. de Ferrariis
qui scripsit practicam Papiensem (wohl von Vergerio zugesetzt) im
Ven. kann nicht wohl aus G. stammen, der ihn als Jo. P. de Fer-
rariis aufführt. Sein Buch, eigentlich Practica nova judicialis, um
1400 verfasst, ist „eine Zusammenstellung von gerichtlichen und
sonstigen Klageformeln u. dgl. nebst ausführlichen Erläuterungen,
welche, wie die zahlreichen Drucke beweisen (13 vor 1500) in hohem
1) Oecolampadius ist bekanntlich die Uebersetzung von Husschin;
er hiess aber eigentlich Hussgen (Heusgen). R.-E. 10, 708.
2) Transziation oder tütschungcn . . etlicher Bücher Ence Silvii,
Pogii Florentini, Felicis Hcmcriin doctoris mit sampt andern Schryfften
(Strassb. 1510. 147 Bl. fol.). Seine Uebersetzungen sind zuerst einzeln,
seit 1478 wiederholt gesammelt gedruckt (neu herausg. von A. v. Keller,
Bibl. des Lit. Vereins No. 57, 1861). Strobel, Mise. 4, 134. G. Voigt, Enea
Silvio n, 355.
3) Im Antw. Exp. p. 111 heisst es: Fr. Zabarellae . consilium de
quaestione duorum pontificum de papatu contendentium . . visitatum est
et admissum.
246 Indices von Mailand und Venedig 1&54.
Ansehen stand***), im 16. Jalirh. aber wegen zahlreicher anticleri-
caler und anticurialistischer Stellen dem Verfasser einerseits einen
Platz im Index, anderseits bei Flacius unter den Testes veritatis
verschaffte. Im Köm. Ind. steht er seit P. als Petrus Ferrariensis,
wie im Ven., in der 1. Cl. In dem Antw. Exp. wurde die Practica
Jo. Petri de Ferrari is expurgirt. Nun scheint Q. Petrus Ferra-
riensis und Jo. Petrus de Ferrariis für zwei verschiedene Autoren
gehalten zu haben; denn er verbietet von jenem opera omnia, von
diesem die Practica nisi repurgetur. Ihm folgend, Hessen S. Cl.
Petrus Ferr. in der 1. Cl. und setzten in die 2. Jo. P. de Ferr.
Practica Papiensis d. c, und so stehen bis zur Stunde beide Namen
neben einander, was L. Bouchel ^) zu der boshaften Bemerkung ver-
anlasst, er werde an der einen Stelle ganz verdammt, an der andern
lasse man ihm das Leben unter der Bedingung, dass er castrirt
werde, welche Operation man denn auch sehr gut ausgeführt habe.
Die Antwerpener Expurgation wurde mit nicht unbedeutenden Ver-
mehrungen von Bras. und von Sand, und Sot. aufgenommen; bei
letzteren wird bemerkt, in den neueren Ausgaben sei schon manches
weggelassen. Bei Bras. werden in der Ausgabe Venedig 1545 34,
zum Thjßil umfangreiche Stellen gestrichen^). 1580 ist zu Venedig
eine approbirte Ausgabe mit Zusätzen erschienen *). Die echte
Practica Papiensis findet man also nur in den älteren Ausgaben.
Ihre Vergleichung mit den Indices expurgatorii zeigt sehr anschau-
1) Schulte, Gesch. II, 294.
2) Bibliothdquc du droit de France, Par. 1667, II, 578; vgl. Seabra
II, 494. Bouchel spricht a. a. 0. überhaupt von der Ccnsurirung der
Schriftsteller, welche ,.von den Fürsten anders als von Vasallen des h.
Stuhles reden."
3) £s sind zum Thuil starke Sachen, z. B. Nota, qupmodo et quot
modis isti clerici iliaqueant laicos et suam jurisdictioncm ampliaut . . .
In curia Rom. Pont, est fundamentum omnis avarit'iac et ambitionis. . . .
Die Appellationen unmittelbar an den Papst hat man eingeführt, ut quae-
stiones in curiani traherent et corum avaritiam satiarent, quod tamcn
nunquam facient, quia clericorum appetitus estenixus prae ceteris in pe-
cuniis cumulandis contra honestatem communem . . . Papa in ipso Impe-
ratore nititur superioritatem habere, quod ridiculum est dicere et abomina-
bile audire . . . Bonus Imperator donationem Constantini revocet et legem
faciat, ut onmium clericorum status ad statum mendicantium fratrum
reducatur et Papa cum cardinalibus similiter ad vitam Christi et aposto-
lorum ejus dcveniat . . . Ego vero dico salva reverentia, quod haec jura
[das Asylrecht] facta sunt sine ratione, imo et contra jus divinum, quo
cautum est: Domus mea domus orationis vocabitur, vos autem fecistis
eam speluncam latronum.
4) Gregorius Capuccinus, Institutiones eccl. f. 158 erwähnt dieselbe.
Fasciculas des Ortuin Gratius. 247
lieh, wie freimüthige Aeussemngen bis zur Mitte des 16. Jahrb.
ungehindert in vielen Ausgaben gedruckt und gelesen werden durf-
ten, während sie später verpönt waren *).
Als anonyme Schriften stehen im Ven. und im Köm. Ind.:
Amica et humilis et devota admonitio, seit Ben. vervollständigt: ad
gentem sanctam regaleque Antichristi sacerdotium de corrigendo
canone missae (Magdeb. 1550. 8 Bl. 8), von Ben. unter M. Flacius
Illyricus gestellt, der sich auf dem Titel nennt; — Civitatis Mag-
deburgensis publicatio literarum ad omnes Christi fideles a. 1550;
— öermones convivales, die von Jo. Gast Basel 1550 herausgegebene
Sammlung von Facetien; die des 1. Bandes sind meist aus den Joci
des 0. Luscinius (1527), die des 2. aber specifisch protestantisch,
über Tetzels Ablasshandel und dgl.^).
Zu Fasciculus rerum expetendarum et fugiendarum hatVer-
gerio beigefügt Ortuini Gratii, und 'unter dessen Namen steht das
merkwürdige Buch seit Ben. im Köm. Ind. In neuerer Zeit sind
aber beachtenswerthe Gründe dafür angeführt worden, dass ein an-
derer unter dem Namen des Ortwin Graes das Buch herausgegeben').
£s liegt demselben übrigens die 1521 oder 1522 von Jakob Sobius
besorgte Ausgabe der Commentarii des Aeneas Sylvius (8. 40) zu
Grunde, denen 19 andere Stücke, die in derselben Handschrift stan-
den, beigefügt waren. Im Fasciculus sind nur die Kandnoten zu
Aeneas Sylvius stellenweise gemildert und noch einige Stücke bei-
gefügt*).
Duae disputationes Herfordianae Lang! et Meclerii (im Rom.
Ind. Naucleri, daneben seit S. Cl. Colloquium Herphordiense , von
Ben. beides gestrichen), stammt offenbar aus dem Titel: Libellus F.
Barth, de Usingen de duobus dispntationibus Erphurdianis, quarum
prior est Langi et Mechleri monachorum exiticiorum contra eccle-
siam cath., posterior est Usin^i Augustiniani pro eccl. cath. priori
ad versa et contraria. 1527. 8^. So ist also auch eine Disputatio
1) PoBsevinus, App. s. s. v. Jo. P. Ferrarius, bezeichnet ihn als vir
nobilis et eruditus und bemerkt nur unter Berufung auf Mart. Navarrus,
in seinem Buche finde sich einiges, quae egent lima, sagt aber nichts vom
Index.
2) Archiv f. Lit-Gesch. 11, 46.
8) Von H. Cremans in den Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrh.
H. 23 (1871), 203. Vgl. sonst über den Fasciculus Clement VIII, 238.
Baumg. II, 498.
4) Die Ausgabe: Fasciculus .... una cum appendice sivo tomo II.
Cum Indice rerum praecipuarum amplissimo, in omnium quidem gratiam
ooncinnato, sed solis D. Inquisitoribus dcdicato opera et studio Edwardi
Brown. Lond. 1690. 2 fol., — der 2. Band enthält 77, zum Theil sehr
böse Stücke, — ist auffallender Weise nicht auf den Index gekommen.
5) Kampschulte, Erfurt II, 157.
248 Löwener Index von 1558.
des einzigen dem Orden treu gebliebenen Erfurter Augustiners, der
vormals Luthers Lehrer gewesen und allerdings kurze Zeit in seinen
Ueberzeugungen geschwankt hatte, aber seit 1522 den alten Glauben
tapfer vertheidigte, in den Köm. Ind. gerathen. Bei Öot. steht er
sogar in der 1. Cl. als Barth. Arnoldus Usingensis, Prof. Erfurd.
seetarius, qui scribebat de conjugio sacerdotum et alia theologica et
controversa perpetuo prohibita.
Unverständlich sind mir: Suermenica (seit Ben. Suermerica)
doctrina, — die Schwarmgeister heissen zwar bei Cochlaeus und
sonst suermerici spiritus; ein Buch mit jenem Titel hat es aber
schwerlich gegeben, — und Trigamus contra quem Cochlaeus, wozu
allenfalls Cochlaeus' Uuaestio utrum liceat christiano duas aut plures
habere uxores simul et eodem tempore (über die Doppelehe Phi-
lipps von Hessen) 1540^), Anlass gegeben haben könnte.
Aus den im Anhange abgedruckten Auszügen aus Eymeric
stammt das im Ven. (und seit P. im Köm. Ind.) stehende Verbot:
Georaantiae, Nigromantiae (d. i. Necromantiae), Pyromantiae (beige-
fügt ist Notoriae artis) opera omnia. Speciell verboten wird im
Ven. nur Nie. Perazonus de arte notoria et memoria. P. hat diesen
gestrichen, aber viele andere Bücher der Art aufgenommen.
24. Üer Löwener Index vom J. 1558.
Ehe wir von dem venetianischen Index zu dem haupt-
sächlich auf ihm beruhenden Index Pauls IV. übergehen, ist
eine auf Befehl Philipps II. von der Löwener Universität aus-
gearbeitete neue vermehrte Ausgabe ihres Index zu besprechen,
welche im J. 1558, also gerade noch früh genug erschien, um
von Paul IV. noch benutzt werden zu können. Sie wurde fran-
zösisch und flämisch gedruckt^). An der Spitze steht eine Or-
1) De actis Luth. a. 1640 f. 238.
2) Le Catalogue dos livros reprouvoz et des liures que Ion pourra
lire aux enfans es escholles particulieres, solou le jugcment de Luniversite
de Louuain Imprime par ordonnance de la Mageste Royalle. A Louuain.
Par Martin Verhasselt Imprimeur Jure. Lan de grace M.D.LVIII. Auec
Grace & Priuilegc du Roy. 20 Bl. 4*. — Cataloghe ende Intitulatie van
den quaden verboden boecken, ende van andere goede, die men den Jongen
scholieren leeren mach, na aduys der Vniuersiteyt van Loeuen. Met een
edict oft mandement der Conincklijcker Maies teyt. Te Louen bij Merten
Verhasselt ghesworen Boecprinter In die Yette hinne : Int Jaer ons Heeren
Löwener Index von 1568. 249
donnanz Philipps II. vom IG. Dec. 1557 und eine Vorrede des
Rectors und der Universität. In dieser heisst es: es seien
alle ihnen bekannt gewordenen seit 1550 von Ketzern oder
„nicht allzu katholischen^' Personen heindich ins Land gebrachten
gefährlichen Bücher beigetUgt, durch welche die Gläubigen zur
Ketzerei verführt, die anderen in der Ketzerei befestigt werden
könnten.
Zu den Schriftstellern, von denen alle Werke verboten
werden, kommen hier hinzu Jo. Athanasius Veluanus, Jo. Slei-
danus und Memno Symonis (Menno Simonis). Von 10 Schrift-
stellern, die schon in dem Index von 1550 stehen, werden eine
oder zwei, von Jo. Rivius vier Schriften mehr verboten. Dann
werden noch von etwa 30 Schriftstellern je eine oder zwei Schriften
verboten, von den meisten theologische, von einigen juristische,
philosophische oder poetische, auch einzelne Schriften von
Erasmus, Cassander und einigen anderen Katholiken. In dem
Verzeichnisse anonymer Schriften sind 12 beigefügt; einige
stehen ausserdem in dem Verzeichnisse der nicht anonymen.
Auch die französische und „deutsche" Abtheilung sind vermehrt.
Die Löwener haben bei dieser Vermehrung ihres Index
keine anderen Indices benutzt, wiewohl sie natürlich manche
Schriften verbieten, die auch in anderen Indices stehen. Sie
geben durchweg die Titel ziemlich vollständig und genau an;
überhaupt ist der Index, abgesehen von einigen argen Druck-
fehlern, viel besser gearbeitet als die italienischen. Die Zu-
sätze desselben sind fast alle in den Index Pauls IV. aufge-
nommen, und zwar sind die anonymen Schriften in die 3., die*
Namen der Schriftsteller, wie die der früheren Ausgabe, meist
in die 1., einige in die 2. Cl. gekommen.
Eigenthümlich ist, dass gerade der Name eines holländischen
Schriftstellers, von dem alle Schriften verboten werden, falsch ge-
druckt ist (im Rom. Ind. ist er erst durch Ben. berichtigt). Er
hiess Jo. Anastasius (Jan Geeraerds ter Stege oder Verstege)
Veluanus (Pfarrer zu Garderen in Veluwe). Seine sämmtlichen
Schriften reducirten sich übrigens auf eine kleine flämische Schrift,
M.CCCCC.LVm. Door beuel der Conincklijcker Maicsteyt. 20 Bl. 4* (beide
in Brüssel).
250 Löwener Index von 1556.
„der Laien -Wegweiser", 1554, die freilich damals in den Nieder-
landen Aufsehen erregte*).
Von Jo. Sleidanus werden zuerst seine beiden Hauptwerke,
De statu religionis et reip. Carolo V. Caesare commentarii (zuerst
Strassb. 1555) und De quatuor imperiis (zuerst 1556), dann quae-
cunque alia ejusdem opera verboten. In der unten zu erwähnenden
Satire von Gratianus Verus wird (p. 37) dem Inquisitor Ruard
Tapper die Klage in den Mund gelegt, Karl V. habe sich an der
Leetüre des erstem Werkes ergötzt, er selbst habe am Hofe wieder-
holt die Verbrennung desselben angerathen, aber erst nachdem es eine
grosse Verbreitung gefunden und in viele Sprachen übersetzt worden, das
Verbot desselben durchsetzen können. Wie es sich um die Richtig-
keit dieser Angaben auch verhalten mag*), von 1558 an war das
Buch streng verboten. Der Rath von Strassb urg klagte 1558, dass
er Unannehmlichkeiten durch das Buch gehabt').
Von manchen Schriftstellern, von welchen hier nur eine oder
einige Schriften verboten werden, ist es nicht auffallend, dass sie
im Rom. Ind. in der 1. Cl. stehen, wie Andr. Fricius Modrevius,
Andr. Hyperius, Georgius Aemilius Mansfeldensis, Henr. Pantaleon,
Joachim Camerarius, Jo. Foxus, Lucas Lossius, Nie. Selneccerus, Seb.
Castalio. Auch Jo. Hospinianus, von dem im Lov. nur Quaestiones
dialecticae verboten werden, hat zwar auch sonst nur philosophische
Schriften verfasst, aber in diesen sich vielfach als eifriger Lu-
theraner gezeigt*). Auch dagegen, dass Jo. Doelschius Veltkir-
chensis in der 1. Cl. steht, ist nichts anders zu erinnern, als dass
er nichts geschrieben als die Schrift, welche im Lov. von ihm ver-
boten wird: Contra doctrinalem quorundam magistrorum nostrorum
Lovaniensis et Colon, studii e sacris literis petita defensio, 1530.
Anderen Schriftstellern aber ist, wenn auch das Verbot einzelner
Schriften von ihnen im Lov. gerechtfertigt war, mit ihrer Versetzung
in die 1. Cl. Unrecht geschehen.
Joannis Carionis Chronica impr. Basileae a. 1557 ist eine
der Ausgaben von Hermann Bonnus' lat. üebersetzung der zuerst
1532 von Melanchthon umgearbeitet deutsch herausgegebenen „Chro-
1) Vau der Aa s. v. Anastasius; Kerkh. Archief 1855, 1, 1. — »Een
kortc onderrichtinge van alle de principale puncten des Christen gheloofs
. . . ghenaemt der Leccken-wcchwijscr, — auffallender Weise nicht in
der fiäm. Abth. des Antw. 70. Der Dominicaner Jo. Bunderius (van der
Bundcrc) schrieb dagegen »Schildt des Geloofs tegen den L. W.^, 1556.
— Später (1561) schrieb Anastasius noch eine Vertheidigung des Gate-
chismus von J. Monheim (s. u): »Bekenntniss von dem wahren Leibe
Christi gegen der Papisten abgottische Messe^. R.-B. 10, 224.
2) Wilh. Lindanus, Ruewardus (1567), p. 271 erzählt, Karl V. habe
sich De statu rel. vorlesen lassen, aber bei manchen Stellen ausgerufen :
Daer liegt de buiff.
3) Arcb. des D. Buchh. V, 39. 4) A. D. B. 18, 185.
Sleidanus. Carion. Jurisien. 261
nica durch Mag. Joh. Carion fleissig zusammen gezogen** ^). Dass
das Buch verboten wurde, ist erklärlich; aber dass Carion (1409 —
1537) in die 1. Cl. gesetzt wurde, war unbillig; denn er stand zwar
mit Luther, Melanchthon u. a. auf gutem Fusse; von einem Ueber-
tritt desselben zum Protestantismus ist aber nichts bekannt und die
astrologischen Schriften, die er selbst 1522 — 31 deutsch herausgab,
sind wohl in Kom nicht bekannt geworden, vielmehr ist er ledig-
lich wegen des Löwener Verbots der Chronik, für deren anstössige
Stellen jedenfalls mehr seine Herausgeber als er selbst verantwort-
lich zu machen, in die 1. Cl. gekommen. — Im Antw. Exp. wer-
den die Ausgaben Par. 1550 und Basel 1564 expurgirt; am Schlüsse
wird bemerkt, die Expurgation gelte auch für die Ausgaben Antw.
1540 und ir)47 und für die französische Üebersetzung von Le Blond,
Par. 1547. Diese Expurgation ist von Bras. abgedruckt^). Es han-
delt sich um 50 — 60 Stellen aus der Geschichte der Päpste und
der deutschen Kaiser, in denen bald ganze Sätze gestrichen werden,
bald nur einzelne Worte getilgt oder geändert werden sollen, z. B.
in dem Satze; Benedicto (IX.) fugato Sylvester pecunia papatum
redemit (statt pec. redemit zu schreiben occupavit). Porro reversus
Benedictus, ut factiones concitaret (die drei Worte zu streichen)
contra Sylvestrum tertio cuidam, qui Gregorius VI. dictus est, ven-
didit (dafür zu setzen cessit) jus suum in papatum.
Von dem französischen Juristen Franciscus Balduinus (Bau-
douin, 1520—73) verbietet Löv. 58 Constantinus Magnus sive de
Constantini Imperatoris legibus ecclesiasticis atque civilibus commen-
tariorum 11. 2, Basel 1556. Diese Schrift steht auch im Rom. Ind.
in der 2. Cl. ; sie wird, obschon unbedingt verboten, im Antw. Exp.
p. 135 expurgirt. Es ist auffallend, dass gerade er von P. nicht
in die 1. Cl. gesetzt worden, da er zur Zeit der Abfassung von
dessen Index Calvinist war; später wurde er wieder Katholik^).
Jedenfalls wäre es weniger auffallend, wenn Balduinus in die 1. Cl.
gekommen wäre, als dass Jo. Sagittarius Burdegalensis von P.
in die 1. Cl. gesetzt wurde. Von ihm verbietet Lov. 58 Canones con-
ciliorum omnium . . . cum gemino indice . . . (Basel 1553, fol.),
und sonst hat er nichts gesciirieben. — Von HieronymusSchiurpff
de Sancto Gallo (Schurff von St. Gallen, 1481 — 1554), Professor
der Rechte in Wittenberg, wird im Lov. 58 verboten Consiliorum
seu responsorum juris centuria prima, Frankf. 1545; es sind 1551
1) Strobel, Mise. VI, 141. Ueber eine wahrscheinlich vonW. Postel
besorgte Ausgabe mit Zusätzen und Aenderungen, Yen. 1553, s. Strobel
S. 175, Schelh. Am. lit. II, 642.
2) Bei Sand, und Sot. werden spätere Ausgaben expurgirt. In diesen
Indices heisst es ; von Carion seien alle Werke verboten ; nur seine Chronik
sei, nachdem sie expurgirt worden, gestattet, also gerade das Werk, welches
ihn in die 1. Cl. gebracht, und das einzige, welches eine Bedeutung hatte.
3) A. D. B. U, 18.
252 Löwener Index von 1558.
und 53 noch zwei Centurien erschienen ; sonst hat er nichts ge-
schrieben '). In dem Antw. Exp. p. 111 werden vier in verschie-
denen Sammlungen stehende Consilia von ihm gestrichen; er ist also
jedenfalls nur wegen eines ganz geringfügigen Theiles seiner Schrif-
ten auf den Index gekommen, und diese sollten also mit d. c. in
der 2. CL, nicht der Verfasser in der 1. Cl. stehen^). — Im J. 1621
verbot die Index - Co ngregation die zu Frankfurt 1612 erschienene
neue Ausgabe der Cons. Cent, prima, und so steht denn seit Ben.
im Index zuerst Hier. Schiurpff mit 1. CL, also mit allen Werken,
und unmittelbar darunter Cons. Cent, prima, also das Buch, das ihn
auf den Index gebracht.
Von Justus Velsius Hagensis (Josse Velsen aus dem
Haag), Mediciner, Professor in Köln, steht im Lov. 58 die Schrift
KpicTi^ verae christianaeque philosophiae comprobatoris atque aemuli
[et sophistae], quique Antichristi doctrinam sequitur, per conten-
tionem comparationemque descriptio, 1554, wegen der er in Köln in-
quirirt und eingekerkert und 1556 verbannt wurde ^). P. setzte ihn
in die 1. Cl. Ob er im Tr. durch ein Versehen oder mit Absicht
ausgelassen ist, — vielleicht weil man eben damals hoffte, er werde
sich bekehren*), — ist nicht auszumachen. Im Antw. 70 steht er
wieder in der 1. Cl. und die KpicTi^ in der 2. Ebenso seit S. im
Rom. Ind., nur steht hier (bis Ben.) in der 2. Cl. Julii Velsii
KpiCTi^ u. s. w.
Von Matthias Flacius Illyricus stehen im Lov. 58 nur
zwei Schriften: Scripta quaedam Papae et Monarcharum de Concilio
Trid. ad cognoscendam veritatem admodum lectu utilia, nunc pri-
mum in publicum edita, cum praef. M. Fl. HL, Bas. s. a. (c. 1550),
76 Bl. 8^), — und Varia doctorum piorumque virorum de corrupto
Ecolesiae statu poemata . . . cum praef. M. Fl. 111. 1556, auffallen-
der Weise nicht der Catalogus testium veritatis, zu welchem die
Gedichtsammlung eine Ergänzung bildet^). Im Köm. Ind. steht
1) Stintzing, Gesch. I, 266.
2) „Schurpff wird nicht bloss von einigen seiner Zeitgenossen, son-
dern auch von einem Theilc der Nachwelt für einen Papisten gehalten.
Wollen wir als Kennzeichen eines solchen gelten lassen, dass jemand auf
die Wiedervereinigung der christlichen Kirche unter einem gemeinschaft-
lichen sichtbaren Oberhaupte hofft, so ist Schurpff Papist gewesen**. Muther,
Univ.- und GeL-Leben S. 215.
3) Ausführlich darüber Ennen, Gesch. v. Köln 4, 688. 780.
4) In einem Briefe an Granvella vom J. 1563 beiGachard, Corresp.
de Philippe IL, I, 2471 heisst es, er zeige jetzt viclRespect vor der Kirche,
sei ein gelehrter und angesehener Mann, und man hoffe, er werde sich
mit der Kirche aussöhnen.
5) Schelhorn, Am. hist. II, 354.
6) Preger, Flacius Hl. II, 463. 555. Preger, sagt II, 280: »Flaoius
J. Velsias. Flacius III. Marc. Palingenius. Stan. Orichovius. 253
natürlich seit P. Flacius in der 1. Gl. ; P. nahm aber auch die bei-
den in dem Lov. stehenden Schriften auf, aber mit Weglassnng des
Namens in die 3. Gl. und fügte den Catalogus bei. Seit Q,. stehen im
spanischen und seit S. im Rom. Ind. (bis jetzt) auch Poemata varia
doctorum mit d. c. Man hat offenbar nicht geahnt, dass dieses die
Varia poemata waren, und weder in Spanien noch in Rom an eine
Expurgation eines Buches von Flacius gedacht. Ben. hat den Cata-
logus unter Flacius gestellt, bei Scripta und Poemata dessen Kamen
beigefügt und bei letzterm nisi corrig. beibehalten!
Die Zahl der Pseudonymen in der 1. Gl. ist durch Lov. 58
um Einen vermehrt worden. Er verbietet Marcelli Palingenii
Stellati Zodiacus vitae, ein Lehrgedicht in zwölf Büchern, welche
die Namen der zwölf Sternbilder als Ueberschrift haben, mit satiri-
schen Stellen gegen Papst und Mönche, von Pierangelo Manzolli ans
Stellada bei Ferrara, dem Leibarzt des Herzogs Hercules IL von
Ferrara, 1528 gedichtet und diesem gewidmet, zu Lyon 1556 und
sonst gedruckt. In der Widmung unterwirft sich der Verfasser der
Autorität der Kirche; gleichwohl soll seine Leiche ausgegraben und
verbrannt worden sein *).
Eigenthümlich ist es dem Stanislaus Orichovius Ruthenus
ergangen, von dem Lov. 58 vier Schriften verbietet. St. Orze-
chowski hatte in Wittenberg studiert, wurde Priester und Canonicus
in Przemisl, verheirathete sich aber 1551 und wurde von dem
Bischof excommunicirt und abgesetzt. Der Reichstag von Petrikau
1552 setzte ihn aber wieder ein, nachdem er ein Glaubensbekennt-
nisR abgelegt, und der König verwandte sich für ihn bei Julius III.
Dieser versprach, wie Zaccaria angibt, ihn zu dispensiren, so dass
er ohne geistliche Functionen mit seiner Frau leben könne, doch
solle er zuvor ein Buch gegen die Ketzerei veröffentlichen. Indess
scheint er erst nach 1563, nachdem seine Frau gestorben war, förm-
lich rehabilitirt worden zu sein. Schon 1561 schrieb er aber als
eifriger Katholik ; in der Chimaera s. de Stancari funesta regno
Poloniae secta, 1563, legt er eine Art Sündenbekenntniss ab*). —
Im Lov. 58 werden von ihm verboten De lege caelibatus contra
Byricium in concilio habita oratio. Ad Julium III. P. M. supplica-
vermehrte mit diesen [den 1560— 1566 verfassten antipapistischen] Schriften
den Haas, der ihn unschädlich zu machen suchte^, und in der Note dazu :
„Auf dem Rom. Ind. stand er inter haereticos 1. cl. Pope-Blount, Censura
celcbriorum theol. 1710." In der 1. Cl. stehen einige hundert, und Flacius
gehört gewiss zu denjenigen, von denen man sich nicht wundem kann,
dass sie darunter sind.
1) Peignot II, 18. Baillct 1250. Burckhardt, Cultur der Ren. I, 804.
II, 301. Das Gedicht ist neu herausg. von C. Q. Weisse, Lpz. 1832.
2) Raess, Convertitcn II, 508. Salig II, 576. Zaccaria, Dissertazioni,
Rom. 1780, II, 818.
264 Löwener Index von 1558.
tio de approbando matrimonio a se inito (1551) und De hello adv.
Turcas »uscipiendo Turcica I. et II. (1552). P. setzte ihn in die
1. Cl., im Tr. wurde er ganz gestrichen. Die Antw. App. nahm
die im Lov. 58 verbotenen Schriften wieder auf; sie sind daraus in
den span.y aber nicht in den Rom. Index übergegangen.
Von Adam Siberus werden im Lov. Poematum sacrorum libri
16, von Bruno Seidelius Querfurdensis Poematum libri 7, von Geor-
gius Fabricius Cheranicensis Odarum libri 3 ad Deum omnipoten-
tem, von Jo. Fabricius Montanus Poemata verboten. P. setzte den
ersten und den dritten, ohne Zweifel weil ihre Gedichte als reli-
giöse bezeichnet sind, in die 1., die beiden anderen in die 2. Cl.
Bruno Seidelius, der im Lov. Seylius gedruckt ist, heisst bei ihm Hei-
delius und hat erst durch Ben. seinen richtigen Namen erhalten.
Adam Siber wurde im Tr., ohne Zweifel durch ein blosses Versehen
weggelassen, aber von S. Cl. wieder eingesetzt. — Noch zwei, aller-
dings ganz unbedeutende, theologische Sachen hat P. so, wie sie im
Lov. 58 stehen, in die 2. Cl. und nicht ihre Verfasser in die 1. Cl.
gesetzt: Antonii Reuchlini Exegesis dictionum in psalmos sex (das
sex hat P. weggelassen), allem Anscheine nach rein sprachliche Er-
läuterungen zu einigen Psalmen, die nach Fris. den Tabulae hebrai-
carum institutionum, also einer kleinen hebräischen Grammatik, an-
gehängt waren, — und Jo. Rutheni Tabulae locorum communium
utriusque testamenti fadjunctae Joanni Spangenbergio hat P. weg-
gelassen). Ant. Reuchlinus wurde von Tr., wahrscheinlich durch
ein Versehen, weggelassen, von Cl. aber wieder eingesetzt. Jo. Ru-
thenus wurde von Tr. aus der 2. in die 1. Cl. versetzt (er hat nach
Fris. noch eine lat. Grammatik herausgegeben und Joannis Franco-
fordiani aurei compendii V. et N. T. libros V in certas tabulas di-
gessit). Durch S. kamen dann aber, während Jo. Ruthenus in der
I. Cl. blieb, die Tabulae wieder in die 2. CL, und Cl. fügte ihnen
d. c. bei!
Friderici Furii Ceriolani Valentini Bononia sive de libris
sacris in vernaculam linguam convertendis [libri duo ad Franc. Bo-
vadillum Mendozium Card. Burgensem, Basel 1556, 365 S. 8] ist
in die 2. Cl. gekommen, weil man in Rom wusste, dass der Ver-
fasser, Fadrique Furio Ceriol aus Valencia, Katholik war. Seine Schrift
ist gegen den Löwener Professor Jo. de Bononia aus Sicilien ge-
richtet, dem gegenüber er, was für einen Spanier allerdings ein auf-
fallendes Unternehmen war, die Riithlichkeit der Uebersetzung der
ganzen Bibel in die Volkssprachen verth eidigt *). Furio lebte da-
1) Schelh. Am. lit. 8, 485. Furio bekämpft die Appendix zu Bo-
nonia's De aet. Dei praedestinatione u. s. w. Löwen 1565. Carranza be-
kämpfte Furio in seinem Catechismo (Col. de doc. ined. 5, 431). Ein Ab-
druck: Furii Bononia ed. H. G. Tydeman, Leyden 1819. Furio scheint da-
mals noch weitere bedenkliche Sachen haben veröffentlichen wollen.
Lorenzo de Villavincencio rühmt sich (Gachard, Corr. de Phil. II. sar lea
Fr. Farius. Libri Carolini. 266
mals in Löwen , ging aber bald darauf nach Spanien zurück und hat
sich als politischer Schriftsteller') einen Namen gemacht (f 1592).
Opus illustrissimi et excelleutissimi seu spectabilis viri Ca-
roli Magni . . . contra synodum, quae in partibus Graeciae pro ado-
randis imaginibus gesta est, ist der Titel der ersten, von Jean du
Tillet (Tilius, seit 1553 Bischof von St. Brieuc) unter dem Namen
Elias Philyra, s. 1. (Paris) 1549, veröffentlichten Ausgabe der sog.
Libri Carolini, der im Auftrage Karls des Grossen geschriebenen
Streitschrift gegen die Synode von Nicäa von 787^). Das Buch
kam durch P. auch in den Rom. Ind. Bei Q. steht es als Carolo
magno adscriptum opus de imaginibus sub titulo Illustr. u. s. w.^).
Daraus machte S. Carolo M. falso adscriptum u. s. w., Cl. stellte
aber die frühere Fassung wieder her. — S. setzte auch auf den In-
dex Franchfordiensis Synodus contra cultum imaginum und Ludovici
Imperatoris nomine liber fictus contra sacras imagines, — beide wur-
den damals in den Streitschriften vielfach erwähnt; — die Frank-
furter Synode wurde von Cl. wieder gestrichen, Ludovici Imp. u. s. w.
blieb im Index und steht noch jetzt darin mit dem Zusätze: ejus
nomine confictus. Der Zusatz ist nicht richtig; denn es sind ohne
Zweifel die von der Versammlung von Bischöfen, welche Ludwig
der Fromme 824 nach Paris berief, ausgegangenen Actenstücke ge-
meint, worunter sich zwei Entwürfe zu Schreiben Ludwigs befinden,
oder die wirklich von Ludwig unterzeichneten Schreiben an Eugen IL
und die Bischöfe Jeremias und Jonas *).
äff. des P.-B. II p. XVII), er habe ihn aus Deutschland weggeführt und
den Druck seiner drei Bücher hintertrieben, die dem Beichtvater des
Königs, dem Card. Granvella und dem Könige selbst zur ewigen Schmach
gereicht haben würden.
1) Sein Buch El consejo y consejeros del principe, Antw. 1559, wurde
1560 ins Italienische, 1568 (von Simon Schard) ins Lateinische übersetzt.
Nie. Antonio I, 363.
2) Clement VI, 292. R.-E. 7, 585.
3) Sixtus Sen., Bibl. Praef. § 8., meint, die Bücher seien von
Carlstadt fabricirt (so noch Sot. in dem Index von 1640), Possevin, App.
s. V. Carolus, und Bellarmin, Controv. de Eccl. triumph. II, 16, die Bücher
seien zwar zur Zeit Karls geschrieben, aber, wie aus der Widerlegung P.
Hadrians hervorgehe, von irgend einem Ketzer verfasst und von Karl dem
Papste nur übersandt, um sie zu widerlegen.
4) Hefele, Conc.-Gesch. 4, § 42.'>. Possevin, s. v. Ludovicus, scheint
auch diese Schreiben für unecht zu halten. — Bras. p. 136 verordnet
p. 136, in der Bibl. Patrum zu Jonas Aurelianensis ein langes Antidotum
beizufügen. Er sagt von Jonas: In synodo Parisiensi sub Ludovico Pio
praecipuus hujus erroris antesignanus fuit, verweist auf Bellarmin, Baronius
u. a., welche die historia de concilio Franoof. et oollatione Paris, u. s. w.,
256 LÖwener Index von 1558.
Das einzige andere Werk aus einem frühem als dem IG. Jahrb.,
welches noch im Lov. 58 (seit P. auch im Köm. Ind.) steht, ist
Laonici ('halcondylae Atheniensis (im 15. Jahrh.) de origine et
rebus gestis Turcarum libri 10, nuper e graeco in lat. conversi,
Conrado Clausero Tigurino interprete, Basel 155G. Das Buch ist
nicht etwa bloss des häretischen Uebersetzers wegen verboten wor-
den. In dem Antw. Exp. p. 152 wird hinsichtlich der Ueber-
setzung nur monirt, dass dTTiCTKOTTO^ an vielen Stellen durch epi-
scopus übersetzt werde, wo es praefectus bedeute; dann wird aber
die Streichung einer Anzahl von Stellen über Päpste, Lateiner u. s. w.
verordnet. Sot. p. 758 streicht nur zwei Stellen, eine über die Päpstin
Johanna, die ohne Zweifel von dem Uebersetzer eingeschoben sei.
— P. schrieb Ludovicus statt Laonicus Gh., Tr. Laonicus, S. wieder
Lud., Gl. Ludovicus seu Laonicus Gh.; Ben. hat den richtigen Namen
hergestellt, das Buch aber unter Glauserus gesetzt.
Im Lov. 58 stehen neben einander, — sonderbarer Weise
unter den nicht anonymen Schriften, — die vollständigen Titel der
Gonfessio Augnstana und der Gonfessio Tetrapolitana von 1530, der
von Job. Brenz verfassten Gonfessio piae doctrinae, quae nomine
111. . . D. Ghristophori Ducis Wirtembergensis . . . proposita est
per legatos ejus die 24. m. Jan. a. 1552 congregationi Goncilii
Trid. (Tüb. 1552) und der von Melanchthon verfassten Gonfessio
doctrinae Saxonicanim Ecclesiarum Synodo Trid. oblata a. D. 1551
(Lpz. ir»52). P. kürzte dieses ab in (-onfessio fidei Augustana, Gonf.
Saxonica und Genf. Wirtembergensis. Q. nahm dagegen die vollen
Titel auf und aus ihm nahm S. diese von den drei letzten auch in
den Rom. Ind. auf, ohne die abgekürzten Titel Gonf. Sax. und Wir-
temb. zu streichen. So ist es geblieben bis auf Ben., der die ziem-
lich lang gewordene Reihe der Gonfcssiones durch das generelle
Verbot von omnes hacreticorum confessiones ersetzte. — Die Apo-
logia Gonfessionis Augustanae steht nicht im Lov., P. hat sie aus
Ven. — Ob die Angabe richtig ist, Karl V. habe den Löwenern
nicht gestattet, die Gonfessio Augustana in den Index (von 154ß
und 1550) zu setzen *), mag dahin gestellt bleiben; auffallend ist
es, dass sie erst 1558 verboten wurde.
Epitoma responsionis ad Martinum Lutherum [per Silvestrnm
de Prierio u. s. w., seit Ben. ist beigefügt a Luthero edita] ist die
Streitschrift des Prierias mit Randglossen , Vor- und Nachwort
richtig gestellt, und fügt dann dem Buche des Jonas de cultu imaginum
drei Randnoten bei.
1) Thesaurus bibliogr. s. v. Gonfessio. Wenn dort weiter bemerkt
wird, die Apologir» sei in den neueren Indices weggelassen, vielleicht weil
lange keine Exemplare mehr in päpstliche Gegenden gekommen seien,
so ist die Vermuthung thöricht, die thatsächliche Angabe falsch: die Apo-
logie steht in allen Indices seit 1559, die ich kenne.
Confessiones. Orthodoxographa. 257
Luthers, Witt. 1520. 14 Bl. 4*). — Noraenclator insignium scri-
ptoruin (quorum libri extant vel manuscripti vel impressi), ein Aus-
zug aus GesnerR Bibliothek von Robert Constantinus, Par. 1555. 8,
ist ohne Zweifel nur verboten, weil darin auch Häretiker als insig-
ncR scriptores verzeichnet sind. — Aotiones duae Secretarii Ponti-
ficii, quarum altera disputat, an Paulus P. IV. debeat cogitare de
instaurando Conc. Trid , altera vero, an vi et armis possit deinde
imperare protestantibus ipsis decreta, ist eine Satire von Vergerio,
1556, mit einer Tertia actio vermehrt 1559*). Im Rom. Ind. stan-
den bis Ben. nur die vier ersten Worte des Titels. — Eine andere
Publication Vergerio's, die im Lov. 58 steht, ist auffallender Weise
nicht in den Rom., wohl aber in die spanischen Indices überge-
gangen: Reginaldi Poli Card. Britanni Pro ecclesiasticae libertatis
defensione libri IV, alioqui cätholici, sed habentes coimpressos libros
alionim contra primatum Rom. Pont, et praefationem Petri Pauli
Vergerii, — Strassb. 1555 fol. Die Schrift Pole's war 1536 zu
Rom erschienen^).
Ein anderes der wenigen Bücher, welche P. aus dem Lov. 58
nicht aufgenommen hat, ist : Orthodoxographa. Theologiae sacro-
sanctae ac syncerioris fidei doctores numero 76, . . . partim graeci
partim latini . . quorum quidam nulli hactenns visi, verbis breves,
divini vero Spiritus doctrina multorum scriptorum quantumvis pro-
lixa Volumina superantes : ut vere possint appellari theologica biblio-
theca, — Basel 1555 fol., herausgegeben von Job. Jac. Grynaeus.
Eine vermehrte Ausgabe erschien 1569 in 2 Fol. unter dem Titel:
Monumenta ss. patrum orthodoxographa, h. e. Theol. . . . tiumero
circiter 85 u. s. w. Bei Q. werden beide Ausgaben mit d. c. ver-
boten, und so sind beide durch S. auch in den Rom. Ind. gekom-
men*). Q. verordnet übrigens nur, auf dem Titelblatte ,,ac since-
rioris fidei*, femer die Epistola dedicatoria und in der Sammlung
selbst das Protevangelium Jacobi und das Evangelium Nicodemi, die
Epistola S. Udalrici und das Buch des Bertramus zu streichen, und
bemerkt sonst noch, der Pastor des Hermas und die Testamenta
duodecim patriarcharum könnten wegen ihres hohen Alters stehen
bleiben, seien aber als Apokryphen anzusehen, quorum non liceat
dictis et auctoritati fidere. — Erst durch Q. *) kam in den span.
1) Erl. II, 79. Köstlin, Luther I, 821.
2) Abgedr. im Primus tomus operum Vergerii, 1563, p. 1—94. Vgl.
Serapeum 1858, 85. Baumg. II, 71. Eine deutsche Uebersetzung davon
ist „Geist der römischen Kurie. 1819. Deutschland". Mastiaux, Lit.-Ztg.
1818, IV, 246.
3) Serapeum 1858, 83. Dixon, Hist. of the Ch. of E. I, 431.
4) Der Inhalt wird vollständig angegeben Unius saeculi . . . Elen-
chus, 1602, I, 70.
5) Oder eigentlich zuerst durch V. 59; denn mit Veteres Theologi
wird dieser doch wohl nicht überhaupt die alten Theologen, sondern jene
Beutoh, Tndex. 17
260 index Pauls IV.
zwei Ausgaben desselben, noch im Jahre 1559 Abdrücke in
Bologna*), Venedig*), Genua") und Avignon*). Im J. 1560 gab
ihn Vergerio mit einer polemischen Einleitung heraus*).
nnndatur u. s. w. Dagegen steht auf der letzten Seite: Romae apud An-
tonium Bladum Cameralem Impressorem de mandato Sacri Officij S. R.
Inquisitionis Anno Dfii 1558, und auf dem Titelblatt ist in einen kleinen
leeren Kreis der Bordüre geschrieben: „Romae anno 1668** (wohl von
derselben Hand, die f. 2r beigeschrieben hat: „Paulo Papa IV. qui sedit
a die 23« Mai 1555 ad diem 18. Augusti 1559"). Solcher Exemplare, in
denen auf dem Titelblatt keine Jahreszahl gedruckt ist, auf der letzten
Seite 1558, werden mehrere erwähnt (Biblioth. Casan.; Bocca, Cat. XII,
132: Schelhorn, Ergötzl. II, 8). In einem Exemplar dieser Art, welches
Zacc. p. 146 erwähnt, ist auf dem Titelblatte das Datum beigeschrieben, an
welchem der Index einem Kloster mitgetheilt wurde: „Datus est in Tra-
pontina die 2. Jan. 1559." — So viel sich ohne genauere Vergleichung
der verschiedenen Exemplare urtheilen lässt, sind nicht drei inhaltlich
von einander verschiedene Indioes Pauls IV., von 1557, 1658 und 1569,
anzunehmen, sondern zwei: der erste, vom J. 1557, wurde unterdrückt;
der zweite wurde 1658 in Quart gedruckt ohne Jahreszahl auf dem Titel
und mit der Angabe des Druckjahres auf der letzten Seite. Nach der
Publication am 80. Dec. 1558 wurde dieser Index in kleinem Format ge-
druckt mit dem Jahre 1559 auf dem Titelblatt und dem Vermerk über
die am 30. Dec. 1658 geschehene Publication hinter dem Decrete der In-
quisition. Die Exemplare in Quart, welche das Jahr 1559 auf dem Titel-
blatt und auf dem letzten Blatte das oben erwähnte Decret vom 24. Juni
1561 haben, gehören zu einem Drucke aus dem J. 1561.
1) Index Avctorvm et Librorvm . . . (wie S. 259) contentis. Bologna
per Antonio Giaccarello & Pelegrino Bonardo compagni alli 17. di Gennaro
1550.* 32 nicht numcrirte Bl. 8. Am Schlüsse steht: Ego Fr. Eustachios
Lucatellus Inq. Bon. feci potestatem typographo imprimendi indicem supra
scriptum, qui in omnibus et per omnia conforrais est ei qui mihi trans-
misBus est ex Roma et a Sanctissimo et universali Off. Romanae Inqui-
sitionis. — Jo. episc. Bonon.
2) Index Auctoruro . . . contentis. Venetiis Lilius et socii excudo-
mnt die 21. Julii 1659. Gleich hinter dem Titel steht Excerptum ex
Bulla quae lecta est in die Coenae Dni S. D. N. Pauli III. P. die 23. Martii
1568, dann Tenor prohibitionis u. s. w., wie in der Originalausgabe, am
Schlüsse: Frater Felix Perettus ex Monte alto [später Sixtus V.], Regens
et Inquisitor vidit, legit, contulit, et concordat cum Romano. Vgl. Schoett-
gen, Comm. De Indicibus I, § 11.
Index Pauls IV. 261
Das Breve Pauls IV. vom 21. Dec. 1558^) ist gleichen In-
halts mit der Balle Jalius^ III. vom J. 1550 (S. 180), in der
Fassung aber an einigen Stellen in charakteristischer Weise
davon verschieden. Im Anfange heisst es : „Verschiedene Welt-
und Ordensgeistliche, welche meinten, sie könnten die Luthe-
raner und andere Ketzer unserer Zeit bekämpfen und ihre Irr-
thümer widerlegen, und welche zu dem Ende dem apostolischen
Stuhle die Erlaubniss, die BUcher der Ketzer zu lesen, abge*
nöthigt hatten (concedi extorserant), haben sich der Leetüre
dieser BUcher so ergeben, dass sie . . . sich in die IrrthUmer
der Ketzer verwickelt haben*^ Es werden alle Ermächtigungen
3) Die Ausgabe ist de mandato Officii Inquisitionis gedruckt, s. a.,
aber mit dem Wappen Pauls lY., also 1559. Zaco. p. 147.
4) Die Ausgabe erschien Reverendissimi Domini Vicclegati mandato.
Schoettgen 1. c.
5) Postremvs Catalogvs Haereticorum Romae conflatus, 1559. Con-
tinens alios quatuor Catalogos, qui post decennium in Italia, nee non eos
omnes, qui in Gallia & Flandria post rcuatum Euaugelium fucrunt sediti.
Cum Annotationibus Vergerij. M.D.LX.* Auf der letzten Seite: Corvinvs
excvdebat Pfortzheimij, 1560. 75 Bl. 12. Dem Abdruck des Iudex liegt
die kleinere Kömische Ausgabe zu Grunde. Sixt, Vergerio S. 600 erwähnt
eine zweite Ausgabe des Schriftchens, Königsberg 1560. Es ist auch
abgedruckt in dem Primus Tomus Operum Vergerii adversus Papatum,
Tüb. 1563,* fol. 245—308. — Ausserdem veröffentlichte Vergerio ein
polemisches Schriftchen gegen den Index unter dem Titel AgP Inqvisitori
che sono per l'Italia. Del Catalogo di libri eretici, stampato in Roma
nelP Anno presente. M.D.LIX.* (Ulm) 54 ßl. 8. (Die Vorrede AlSerenissimo Re
di Boemia ist datirt Tübingen 1. Sept 1559). Vgl. Mendham p. 39. —
Nach Mendham p. 50 hat auch Thomas Naogeorgus (Kirchmayr) im J.
1559 8. 1., aber ohne Zweifel zu Basel, den Index abdrucken lassen mit
einem satirischen Gedichte In Catalogum haereticorum nuper Romae edi-
tum. Dieses Gedicht steht (mit dem Datum 20. Juni 1559) auch in Reg-
num Papisticum Thoraa Naogeorgo auctore. 1559 Mense Soptembri* (am
Ende: Basileae ex off. Jo. Oporini), p. 279—300. In demselben Bändchen
stehen: In Joannem della Casa archiep. Benevent, sodomiae patronum Sa-
tyra (p. 175 — 179), Expostulatio musarum de libris a Papa prohibitis (p.
301 — 308) und andere derartige Sachen. Einige dieser Satiren stehen auch
in De dissidiis componendis Th. Naogeorgi Straubingensis, Basel 1559.*
1) Es steht (abgekürzt) bei Raynald. a. 1558, 21, vollständig bei
Scbelborn, Sanmil. f. d. Gesch. I, 143.
262 Index Pauls lY.
zuriickgeDommen, auch diejenigen, welche „Bischöfen, Erzbi-
schöfen und Cardinälen, Markgrafen, Herzogen, Königen und
Kaisern, ... sei es auch in Breven oder Bullen gegeben worden,
in welcher Form und aus welchem Grunde und wenn es auch
kraft der Fülle der apostolischen Gewalt geschehen sein niag'^
Ausgenommen sind nur die General-Inquisitoren und „die Car-
dinäle, denen von Uns ein specieller Auftrag ertheilt worden*'.
Die Bücher sind in einer von den einzelnen Inquisitoren durch
ein öffentliches Edict festzusetzenden Frist abzuliefern. Wer
weiss, dass jemand verbotene Bücher besitzt, hat ihn anzuzeigen.
Das Breve soll in Rom in der üblichen Weise, von allen Bi-
schöfen in ihren Diöcesen publicirt werden.
An der Spitze des Index steht ein Decret der Inquisition
(Tenor prohibitionis ex decreto S. Rom. et Univ. Inquisitionis),
welches nicht datirt, aber nach dem Vermerk am Schlüsse am
30. Dec. 15r»8^) an den Thüren von St. Peter und des Inqui-
sitiunspalastes und in acie campi Florae angeheftet worden ist.
Es lautet:
Allen Christgläubigen, welchen Standes und Ranges sie auch
sein und wo immer sie auch wohnen mögen, gebieten wir bei den
in der Bulla Coenae Domini und in den Üecreten des Lateran-Con-
cils ausgesprochenen Censuren und Strafen, sowie bei Strafe des
Verdachts der Ketzerei, der Entziehung aller Würden, Aemter und
Beneticien, die sie innehaben, und der beständigen Unfähigkeit, diese
und andere Aemter und Beneficien zu erlangen, und der ewigen
Infamie und bei anderen nach unserm Ermessen zu verhängenden
Strafen: dass niemand fortan es wage zu schreiben, herauszugeben,
zu drucken oder drucken zu lassen, zu verkaufen, zu kaufen, leih-
weise, geschenkweise oder unter irgend einem andern Verwände
öffentlich oder heimlich zu geben, anzunehmen, bei sich zu behalten
oder sonst irgendwie aufzubewahren oder aufbewahren zu lassen
irgend eines der Bücher oder Schriften, die in diesem Index des h.
Officiums verzeichnet sind, oder irgendwelche andere Schriften, von
denen bekannt ist, dass sie von der Makel irgendwelcher Ketzerei
befleckt oder von Ketzern ausgegangen sind. Wer zu gehorchen
1) Gedruckt ist: Die 30. Dec. M.D.LIX., aber es ist hier, wie in
anderen Decreten der Inquisition aus dieser Zeit, a Nativitate datirt; s.
Zacc. p. 146; dcnu am 2. Jan. 1559 wurde der Index bereits den Car-
mehtern in Transpontina mitgetbeilt und am 17. Jan. 1559 in Bologna
publicirt
Index Pauls IV. 263
unterlägst oder dergleichen Bücher oder Schriften, die er besitzt,
nachdem er von diesem Decrete in irgendwelcher Weise Kunde er-
halten, nicht 80 bald wie möglich den Ortsbischöfen oder den In-
quisitoren oder ihren Vicarien oder den von dem Officium der
h. Römischen und allgemeinen Inquisition Bevollmächtigten getreu-
lich und thatsächlich (re ipsa) vorlegt oder nicht mit allem Eifer
und Fleiss dafür sorgt, dass sie ihnen vorgelegt werden, der soll
den vorbesagten Censuren der Excommunicatio latae sententiae und
den anderen Strafen ipso facto verfallen.
Der Index selbst ist alphabetisch; aber bei den einzelDen
Buchstaben werden drei Classen (hier Series genannt) unter-
schieden, eine Anordnung, die sich hier zuerst findet, aber bei
den folgenden Römischen Indices beibehalten wird. In der
ersten Classe stehen, so heisst es in den Vorbemerkungen, „die
Vornamen oder Zunamen derjenigen, von welchen erkannt
worden ist, dass sie mehr als die übrigen und gewissermassen
ex professo geirrt haben, und darum werden ihre sämmtlichen
Schriften, worüber sie auch handeln mögen, durchaus verboten */',
— noch schärfer in der auf die Vorbemerkungen folgenden
Ueberschrift: „»Schriftsteller, von denen alle und jegliche liücher
und Schriften, die unter ihrem oder ihrer Anhänger Vornamen
oder Zunamen geschrieben oder herausgegeben worden sind
oder in Zukunft werden geschrieben oder herausgegeben werden,
auch wenn sie gar nichts gegen die Religion oder über die Re-
ligion sagen, allgemein verboten werden*'. In der zweiten Classe
stehen die Namen „gewisser Schriftsteller, von denen einige
Bücher darum verworfen werden^), weil die Erfahrung hinläng-
lich gelehrt hat, dass dieselben entweder zur Ketzerei oder zu
irgend einer Art von zauberischer Gottlosigkeit, — ad aliquod
praestigiosae impietatis^) genus ; es sind Bücher über Astro-
logie, Wahrsagerei u. dgl. gemeint, — oder überhaupt zu nicht
1) Etwas anders hiess es in der Ausgabe von 1557: welche als ex
professo irrend und irreführend mit allen ihren Schriften, welchen Inhalts
sie auch sein mögen, als besonders schädlich angesehen werden (pro dam-
nosissimis habentur).
2) In der Ausgabe von 1557 hiess es besser: Bücher von bekannten
Verfassern, welche darum verworfen worden sind u. s. w.
3) In der Ausgabe von 1557 war hier noch beigefügt: aut obscoenae
alicujus turpitudinis.
264 Index Pauls lY.
ZU duldenden Irrthtiniern mitunter verlocken". In der dritten
Classe stehen „Titel von Büchern, welche, meist von ungenannten
Ketzern verfasst, sehr verderbliche Lehren enthalten". — Die
Formel donec corrigatur kommt bei P. nicht vor, eine damit
gleichwerthige Bestimmung nur bei Boccaccio (s. u.).
In der 1. Cl. stehen nur einfache Namen. Nur bei drei
Namen wird eine Ausnahme gemacht: offenbar mit Absicht wird
bei Erasmus die Bestimmung der Ueberschrift, noch etwas er-
weitert, wiederholt (s. u. § 32), und gegen Ende des Alphabets
wird bei Xistus Bethulius [Betulejus] Augustanus und Zellius
Keyserspergen. beigefügt: cum omnibus operibus, — oflFenbar
durch ein blosses Versehen, zumal vorher bei Matthaeus Zellius
Keiserspergen. nichts beigefügt ist. — Luther, Melanchthon,
Calvin und viele andere stehen unter beiden Namen in der
1. Gl., Ämbrosius Blaurerus auch als Blaurerus Ambrosius u. s. w.
Paulus Eberus auch als Heberus, Jo. Agricola Islebius auch
als Islebius u. dgl. Einige stehen nur unter ihren Zunamen,
wie Fursterus (Jo. Forster), Knipstro Pomeranus, Rabelesius,
Scaplerus u. a. Viele Namen sind verschrieben oder verdruckt,
wie in allen Römischen Indices. — Auch viele angenommene
Namen stehen bei P. und in den folgenden Indices in der 1. Gl.,
nur hie und da mit Beifligung des eigentlichen Namens: Aby-
denus Gorallus, alias Huldrychus Huttenus, Entichius Mion, qui
et Musculus u. s. w.
Eine Reihe von allgemeinen Verboten steht in der 3. GL,
unter Libri. Hier wird zunächst die in der Vorbemerkung und
in der Ueberschrift zu der 1. Gl. enthaltene Bestimmung noch
verschärft :
(Verboten sind) alle Bücher und Tractate, unter welchem
Titel, über welchen Gegenstand und in welcher Sprache sie auch
geschrieben sein mögen, femer die Auslegungen, Uebersetzungen,
Commentare, Geschichten, Briefe, Gedichte, Dialoge, Apologe und
überhaupt alle Sachen, die von Ketzern verfasst sind oder in Zukunft
werden verfasst oder unter dem Namen oder der Benennung oder
dem Patrocinium von Ketzern werden gedruckt werden (vel sub
haereticorum nomine vel nuncupatione sive patrocinio imprimentur,
also auch die Ketzern gewidmeten Schriften), auch wenn sie gar
nichts über den Glauben oder die Religion enthalten.
Ferner werden hier im Anschlnss an die Trienter Ver-
ordnung (S. 195) verboten: alle Schriften, — welchen Inhalts
Index Pauh lY. 265
sie auch sein imd in welcher Sprache sie auch geschrieben sein
mögen, auch wenn darin nirgendwo Über den Glauben und die
Religion gehandelt wird, — die seit 40 Jahren ohne Angabe
des Verlassers oder Druckers oder der Zeit und des Ortes des
Druckes gedruckt sind, und alle Schriften, welche fortan mit
oder ohne Angabe des Verfassers, Druckers . . . ohne eine
schriftliche Erlaubniss und Gutheissung des Bischofs und In-
quisitors des Druckortes oder anderer von dem apostolischen
Stuhle oder von den Inquisitoren dazu speciell bevollmächtigter
Personen und ohne einen Abdruck dieser Erlaubniss und Gut-
heissung in dem Buche selbst erscheinen werden. (In Trient
war nur für Bücher de rebus sacris die Gutheissung des Bischofs
gefordert). — Das in dem Ven. enthaltene Verbot der Bücher über
Geomantie, Nekromantie u. dgl. wird hier ausgedehnt auf »alle
Bücher und Schriften über Chiromantie, Physionomie, Aeromantie,
Geomantie, Hydroman tie, Onoma»tie [Oneiromantie], Pyromantie
oder Nekromantie" und auf Bücher , „welche Zaubereien,
Wahrsagereien, magische Künste oder astrologische Weissa-
gungen über künftige zulUllige Ereignisse enthalten (astrologiae
judiciariae divinationes circa futuros contingentes eventus aut
eventuum successus sive fortuitos casus), mit Ausnahme der
natürlichen Beobachtungen, welche zur Förderung der Schiflf-
fahrt, des Ackerbaus oder der Heilkunst aufgeschrieben sind**.
— Endlich werden verboten „alle Bücher, welche durch die
Decrete irgendwelcher Päpste oder Concilien verdammt sind",
— ein Verbot, welches wohl den Anhang des Ven. ersetzen soll.
— Unter P. werden nach Aufzählung mehrerer einzelner Pas-
quille verboten „alle Pasquille und alle Schriften, in welchen
Gott oder den Heiligen oder den Sacramenten oder der katho-
lischen Kirche und ihrem Gultus oder dem apostolischen Stuhle
irgendwie zu nahe getreten wird (detrahatur)." In dem Tri-
enter Index ist beigefügt: „Alle Pasquille, welche aus Worten
der h. Schrift zusammengesetzt sind**. Clemens VIII. dehnte
das erste Verbot auch auf die handschrittlichen Pasquille der
angegebenen Art aus. Beide Verbote stehen seit Ben. in den
Decreta generalia II, 13.
Hinter dem eigentlichen Index wird unter der Ueberschrift
Biblia prohibita eine Reihe von lateinischen Ausgaben der Bibel
266 Index Pauls IV.
und des N. T. verzeichnet. Am Schlüsse des Verzeichnisses
steht: ,,nehst allen ähnlichen Bibeln (Neuen Testamenten), wo
sie auch gedruckt sein mögen**, und: „Alle Bibeln (Neuen Testa-
mente) in der Volkssprache (vulgari idiouiate), in deutscher,
französischer, italienischer, englischer oder flandrischer Sprache
u. s. w. dürfen nicht gedruckt, gelesen oder behalten werden
ohne (schriftliche) Erlaubniss des h. Ofticinms der Römischen
und allgemeinen Inquisition".
Dem Verzeichniss der Bibeln liegt das des Lov. 50 zu Grunde
(die einzige griechiRche Bibel ist auch hier die Strassburger von
1526); es ist aber alphabetisch (nach den Druckorten) geordnet und
um einige Nummern vermehrt. Zu den 3 Ausgaben des Robert
Stephanus sind noch 3 hinzugekommen, femer u. a. Biblia Seb.
Castalionis (aus Ven. u. Lov. 58), Biblia Venetiis Isidori Clarii und
Biblia cum recognitione M. Lutheri. Den Schluss bildet, wie im Lov.,
Bibliorum Index Col. 1529. — Die Zahl der Neuen Testamente ist
von 3 auf 12 vermehrt; hinzugekommen sind u. a. 4 Lyoner und
2 Venetianische Ausgaben und . N. T. cum diiplici inter])retatione
D. Erasmi et veteris interpretis, harmonia item evangelica et in-
dice u. 8. w.
Die Bibel des Isidorus Clarius, — er hie^s eigentlich Taddeo
Cucchi, als Bencdictiner l8idor, gebürtig aus Chiari bei Brescia,
war Bischof von Foligno, t 1555, — war zuerst zu Venedig 1542,
dann 1557 erschienen: die Uebersetzung war im wesentlichen die
Vulgata, aber vielfach verändert, nicht immer verbessert; es waren
kurze Noten beigegeben, die zum Theil aus Seb. Münster stammen *).
In der 3. Kegel des Trienter Index wird die Bibel, wenn der Prolog
und die Prolegomena daraus entfernt würden, frei gegeben, aber
bemerkt, man dürfe ihren Text nicht als den der Vulgata ansehen.
Darauf wurde 1564 die Ausgabe von 1557 mit Weglassung der
drei ersten Blätter und mit einem neuen Titelblatt ausgegeben, auf
welchem es heisst: V. et N. T., quorum alterum ad hebraicam, al-
terum ad graecam veritatem emendatum est diligentiBsime*).
Endlich ist noch beigefügt ein Verzeichniss von 61 „Druckern,
aus deren Officinen die Werke verschiedener Ketzer hervorge-
gangen sind", mit der Bemerkung am Schlüsse: „Alle Bücher,
Tractate und Werke, von welchem Verfasser, welchen Inhalts
und welcher Sprache sie auch sein mögen, die mit den Typen
oder durch die Thätigkeit (typis, arte vel industria) der vor-
besagten und ähnlicher ketzerische Bücher druckenden Buch-
1) R. Simon, Bist. crit. du V. T. p. 448. Comm. du N. T. p. 572.
2) Tirab. VH, 340.
Bibeln. Buchdrucker. 267
drucker iu Zukuuft werden gedruckt werdeu, sind als verboten
anzusehen^'. Dieses Verbot ist auch im Index selbst unter Libri
ausgesprochen; nur heisst es dort: „alle Bücher die von ketze-
rischen oder ketzerische Bücher druckenden Buchdruckern^'
n. s. w., und es geht die Bestimmung vorher:
„Alle Bücher und Tractate, welche von den Druckern irgend-
welcher ketzerischer Bücher bisher gedruckt worden sind, sollen
als verdächtig angesehen und nicht verkauft oder gekauft oder ge-
lesen werden, wenn nicht zuvor von den Ortsbischöfen in Gemein-
schaft mit den Inquisitoren oder den Commissaren der h. Inquisition
erklärt worden ist, dass dieselben weder Ketzereien oder Irrthümer
enthalten noch von Ketzern verfasst oder herausgegeben sind noch
von irgend einem Ketzer verfluchenswerthen Andenkens den Namen
oder irgendwelche Spur enthalten* (nomen vel uUum penitus vesti-
gium servare, — die Namen u. s. w. durften also ausgestrichen
werden).
Die geächteten Buchdrucker sind (nach den Vornamen) alpha-
betisch verzeichnet; ich stelle sie der Kürze und Uebersichtlichkeit
wegen nach den Orten zusammen. Die mit * bezeichneten stehen
auch (noch jetzt) in der 1. Gl.
Augsburg: Sigism. Grym. — Basel: Adamus und Henr. Petri,
*Andr. Cratander, ßalth. Lasius, *Barth. Westhemerus, Hervagius,
Hieron. Curio, Jo. Bebel, *Jo. Oporinus, jMierh. Isyngrinus, Mich.
Martinus Stella, *Nic. Brylinger, Rob. Winter, *Thom. Platter,
*Thom. Wolfius. — Frankfurt: *Petru8 Brubachius^. — Genf: Ant.
Dauodeus, Franc. Jacchius, Jac. Burgesius, *Jo. Gerardus, Laur.
Merlinus. — Hagenau: * Jo. Secerius. — Leipzig: Mich. Blum, Nie.
Wolrab. — Marburg: Christ. Egenolphus '^), Eucharius Cervicornus.
— Nürnberg : Fredericus Peypus, Georgius Wächter, Jo. Montanus,
Jo. Petraeius, Ulricus Neuber. — Poschlav : Rodulphus Landulphus.
Schwäbisch-Hall : Petrus Frentz. — Strassburg: *Crato Mylius,
Georgius Machaeropeus, Georgius Ulricher, Jac. Cammerlender, * Jo.
Hervagius, *Jo. Knoblouchus, *Jo. und Windelinus Rihelius, Mat-
thias Apiarius, Wolfius Cephalaeus. — Tübingen: Ulricus Morhar-
dus. — Venedig: Franc. Brucciolus. — Wittenberg: Georgius Raw,
Jo. Crato, Jo. Lufft, * Jos. Klug, Petrus Seitz. — Zürich : Andr.
Gesnerus, *Chri8toph. Froscoverus, Rodulphus Wyssenbachius ; —
ohne Angabe des Ortes: Adamus und Jo. Riueriz, *Jo. Aloysius
Paschalis, Jo. Bapt. Pinerolius, Petrus Scheffer, Phil. Ulhardus,
*Rob. Stephanus.
Der General der Augustiner Christoph von Padua sagte
zu Trient: er habe an dem Index Pauls IV. mit gearbeitet; es
1) Franoofurt. Hagenoen. sive Haien impressor.
2) Marpurg. et Francfurten.
/
/
268 Index Pauls. IV.
seien damals ,,alle Bücher der Häretiker aus der Vaticanischen
Bibliothek" herbeigeschafft und unter Angehörige verschiedener
Orden vertheilt und „alle sorgfältig geprüft", auch alle Indices
anderer Provinzen eingesehen und der Index Pauls IV. mit grossem
Fleisse zusammengestellt worden '). Dass man „alle Indices
anderer Provinzen eingesehen", ist zu wenig, und dass man
„alle Bücher der Häretiker aus der Vaticanischen Bibliothek"
herbeigeschafft und sorgfältig geprüft, ist zu viel gesagt Die
Grundlage des Index bildet Ven.; ausserdem ist der Inhalt des
Lov. 58 fast vollständig, aus Gasa und Par. 51 noch einiges,
was nicht schon in den Ven. übergegangen, aufgenommen. Wenn
Vergerio sagt, der Index Pauls IV. enthalte die vier italienischen
und alle französischen und belgischen (S. 261 Anm. 5), so ist das
auch eine Uebertreibung; denn manches ist aus den älteren Indices
nicht aufgenommen. -— Ausser den älteren Indices wurde iUr
die 1. Classe die mittlerweile (1555) erschienene Appendix zu
Gesner's Bibliothek von Josias Simler excerpirt, — auch einiges
in der 2. Gl. stammt daraus, — und die Bibliothek selbst und
die Briefsammlung von Oecolampadius und Zwingli nochmals
ausgebeutet. Ziemlich vieles in der 1. und 3. Gl. ist aus Goch-
laeus' Historia De actis et scriptis M. Lutheri geschöpft Selb-
ständig haben die Gompilatoren des Index am meisten für die
2. Gl. gesammelt und die italienische Literatur verzeichnet. Von
manchen Nummern muss es dahin gestellt bleiben, ob sie selb-
ständig gesammelt oder aus mir nicht bekannten Werken ähn-
lich wie Gesner und Gochlaeus entnommen sind.
Manche im Ven. stehende Namen von Männern, die nichts
oder nur Unbedeutendes geschrieben, sind von P. nicht aufge-
nommen; dafür sind aber aus Zwingli und Gochlaeus andere in
die 1. Gl. gekommen, die nicht bedeutender waren. Auch aus
dem Drucker- Verzeichnisse sind nicht nur solche, die wie Robert
Stephanus, Joh. Oporinus u. a. zugleich Schriftsteller waren,
sondern auch solche in die 1. Gl. gesetzt worden, die bloss
Drucker und Verleger waren oder doch an ihren Verlagswerken
nur einen ganz untergeordneten Antheil hatten. Ferner sind
1) Acta Conc. Trid. a Gabr. Card. Paleotto descripta, ed. Jos. Mend-
ham, 1842, p. 44.
Quellen des Index Pauls IV. 269
aus Gesner viele Schriftsteller in die 1. Cl. gesetzt worden, von
denen dort nur ganz unbedeutende literarische Leistungen ver-
zeichnet sind, und, was schlimmer ist, nicht wenige, die vieles
und Bedeutendes, aber nichts oder so gut wie nichts Theologi-
sches geschrieben, wie auch solche Schriftsteller in die 1. Cl.
gekommen sind, von denen im Lov. nur das eine oder andere
nicht theologische Buch verboten war, so dass nun z. B. die
sämmtlichen Werke von Männern verboten wurden, wie von
dem Polyhistor Conrad Gesner, dem Philologen Joachim Came-
rarius, den Juristen Hieronymus Schurff, Joh. Oldendorp und
Melchior Kling u. a. ~ Endlich finden wir aus Gesner (und
den älteren Indices) eine Anzahl von Namen in die 1. Cl. ver-
setzt, welche ebensowenig oder noch weniger wie Erasmus mit
Luther und Calvin, Schwenkfeld und Thomas Mtinzer auf eine
Linie gestellt werden können, wie Wilibald Pirckheimer, Georg
Cassander, Ulrich Zasius, Gerhard Lorichius u. a., auch einige,
die von den Gelehrten, welche den Gesner excerpirten, aus
purer Unwissenheit als Protestanten angesehen wurden, wie
Joh. Haner, Joh. Huttich, Henr. Loriti Glareanus. Im Tr. ist
diesen Fehlern nur unvollkommen abgeholfen worden, einmal
dadurch, dass einige Namen, die überhaupt nicht in den Index
oder doch nicht in die 1. Glasse gehörten, gestrichen oder
in die 2. Cl. versetzt wurden, dann durch die Bestimmung, dass
nur von den Häresiarchen sämmtliche Schriften, von den an-
deren Häretikern nur die ex professo über Religion handelnden
Schriften unbedingt verboten sein sollten, andere Schriften der-
selben nach vorheriger Prüfung durch die Bischöfe und Inqui-
sitoren freigegeben werden könnten.
Die Compilatoren des Index sind augenscheinlich auf
möglichste Vollständigkeit bedacht gewesen. Gleichwohl haben
sie sich einige kaum zu entschuldigende Versehen zu Schulden
kommen lassen. In der 1. Gl. fehlt z. B. Theodorus Beza, ob-
schon er im Ven., in der 3. die Epistolac obscurorum virorum,
obschon sie im Lov. 58 standen ; beide sind erst 1590 durch S.
in den Rum. Index gekommen.
In einer derben Satire auf den Löwener Theologen Ruard
Tapper, welche Heinrich Castritius Geldorp unter dem Namen Gra-
270 Index Pauls lY.
tianuBVerus herausgab*), werden Tapper die Worte in den Mund
gelegt: ^Da wir am Hofe Philipps II. nichts ausrichteten, haben
wir vor anderthalb Jahren beschlossen, durch eine feierliche Ge-
sandtschaft den Papst zu bitten, er möge Philipp zwingen, auf unser
Verlangen einzugehen: nihil omissum est; inter pessimos primus
factus est Erasraus" (p. 38). Von einer solchen (resandtschaft ist
sonst nichts bekannt ; die Löwener werden aber ihren Index von
1558 nach Rom geschickt und gebeten haben, man möge dort Eras-
mus auf den Index setzen (Franc. Sonnius war 1558 in Rom, um
über die Errichtung der neuen Bisthümer zu unterhandeln). Weiter-
hin antwortet Tapper auf die Frage, wie man Zeit gefunden, alle
Bücher, die man verboten, zu lesen : das sei nicht nöthig gewesen :
omnia congessit in bibliothecam suam Conradus Gesnerus; transscrip-
tione saltem opus fuit u. s. w. Das Abschreiben Gesners kann nicht
von dem Lov. 58, wohl aber von P. behauptet werden.
I. Die Benutzung der älteren Indices ist bereits bei der Be-
sprechung derselben nachgewiesen worden ; es ist also noch die Be-
nutzung der anderen Quellen, zunächst für die 1. Cl., nachzu*
weisen.
1. Aus Gesner (G. und GA.) sind gegen 100 Namen in die
1. Cl. gekommen. Dass darunter viele sind, vor deren sämmtlichen
Werken zu warnen, schon 1559 nicht sehr nöthig war und vollends
jetzt (sie stehen fast alle noch heute im Index) keinen Sinn mehr
hat, ist von vornherein selbstverständlich. Wir finden z. B. in der
1. Cl. Männer, von denen bei G. nur je eine oder zwei Reden an-
geführt werden, die in Melanchthons Declamationes abgedruckt seien,
und die speciell zu verbieten, da diese Sammlung ja ohnehin ver-
boten war, mindestens überflüssig war: Ambrosius Interbocensis (so
noch jetzt, bei G. steht natürlich Juterbocensis ; eine seiner beiden
Reden handelt de ingratitudine cuculi), Erasmus Ebner (Encomium
formicarura), Jac. Milichius, Jo. Stolsius. — Auch der Philologe
Vitus Winsemius ist wahrscheinlich darum in die 1. Cl. gekommen,
weil eine Declamatio von ihm in Melanchthons Sammlung steht und
weil er eine Bearbeitung von Melanchthons Syntax mit einer Vor-
rede von diesem herausgegeben. Seh. Lepusculus (Häslin, Lehrer in
Basel) hat Anmerkungen des Simon Grynaeus zu einem Buche des
Aristoteles herausgegeben, Gaspar Heldelinus ein Encomium cico-
1) ClarisB. Theologi D. Ruardi Tappart Enchusani, haereticae praui-
tatis Primarii & generalis inquisitoria, Cancellarij celeberrimac Acaderaiae
Louaniensis, pridem inconsolabili suorum luctu uita functi, Apotheosis:
Gratiano Vero Theologiae Baccalaureo autore. S. 1. et a.* 85 S. 4. — Die
auf der Rückseite des Titelbatts stehende Jahreszahl 1558 kann nicht
richtig sein, da die Satire erst nach dem Tode Tappers (2. März 1559)
und dem Erscheinen des Index Pauls IV. geschrieben ist. Ueber Geldorp
8. A. D. B. 8, 583. — Gratianus Verus kam durch Antw. App. in die
1. Cl.
Erste Classe. 371
niae verfasst und Schriften von Plutarch und Lucian übersetzt, An-
dreas Diether philologische Sachen und einige biblische Comödieu
geschrieben, Jo. Entomius die Comödie Zorobabel des Xystus Betu-
lejus übersetzt (GP. f. 15n). — Petrus Cholinns hat ein lateinisch-
deutsches Wörterbuch und eine französische Grammatik, aber auch
eine lateinische Bibelübersetzung herausgegeben, aber Petrus Das}'-
podius (bis Ben. stand er im Index als Paulus D.) nur ein griechisch-
lateinisches und ein lateinisch-deutsches Wörterbuch und sein Sohn
Conradus D. , der Erfinder der Uhr im Strassburger Münster, nur
mathematische Schriften '), wie auch der Rostocker Henr. Welphius
Lingensis. Von Henricus ab Eppendorf kennt G. nur die Querela ad
Erasmum«).
Albertus Draco, — um zu theologischen Schriftstellern zu
kommen, — hat ein deutsches Buch mit Aussprüchen von heiligen
and profanen Autoren über die Ehe herausgegeben (Marb. 1546),
Benedictus Scurmegistus die Vorrede zu Wolfg. Wissenburgs libel-
lus de authoritate synodorum geschrieben, Jo. Huser den Index zu
der Baseler Ausgabe des Chrysostomus von 1530 gemacht^). Jo.
Blasius hat mit Jo. Comander einen. Catechismus herausgegeben, —
auch eine deutsche Schrift gegen den Bischof von Chur^), die aber
6. und darum auch wohl P. nicht kannte. Phil. Gallicius, wenn
auch nicht als Schriftsteller, doch als Reformator in Graubünden
bedeutender als Blasius, Comander und (der aus Zwingli's Briefen
hinzu gekommene) Nie. Baling^), steht nicht im Index, weil nicht
bei G. — Nicolaus Quodus ist nach G. der Verfasser einer 1 Bogen
stiirken an Hermann von Nuenar angeblich aus Rom gerichteten
Epistola miranda nuncians de quodam novo opere brevi Romae
emersuro, cui titulus: De memorabilibus Praedicatorum et Carmeli-
tarum, ubi illorum flagitia graphice depinguntur (Quodus ist von
Ben. gestrichen).
Aus G. kam durch P. Huldrichus Mutius (Hugwaldus), dessen
Historia de Germanorum origine schon unter den anonymen Schrif-
ten stand, in die 1. GL, gleichzeitig aber Hugonis Waldi (Tr. Hu-
galdi) Epistolae in die 2. Gl., womit ohne Zweifel gemeint sind die
bei G. und GP. f. 1 54 kurz erwähnten Tres eruditae Udalrici Hug-
waldi epistolae, quarum ultimam legant, qui hodie evangelistas per-
sequuntur ... S. 1. 1521. 6 Bl. 4°). In die 1. Gl. kam dann noch
durch 8. (aus Q.) Hugo Hugaldus. Alles dieses stand bis Ben. fried-
lich neben einander, und auch dieser hat nur wenig gebessert: Mu-
tius (Huldricus) Hugwaldus 1. cl., — Hugvaldus Udalricus, qui et
Huldr. Mutius, Epistolae, — Hist. de Germ, origine.
1) A. D. B. 4, 763. 2) A. D. B. 6, 868.
3) Also nicht der als Herausgeber der Werke des Theophrastus
Paracelsus (1616) bekannte Jo. Huser steht in der 1. Cl.
4) Porta, Hist. Ref. I, I, 257.
5) Zts. f. hist. Th. 1868, 813. 6) Wolf Lect. II. 628.
:272 Index Pauls IV.
Albertus Brandenburgensis und Otto Henricus in der 1. Cl.
veranlassen Vergerio zu der spöttischen Frage, warum denn nicht
auch der Landgraf Philipp von Hessen, der Kurfürst Job. Friedrich
von Sachsen und andere fürstliche Gegner des Papstes aufgenommen
seien (Postr. Cat. f. 24. 25). Wenn Verg. weiter fragt, welcher
Albrecht von Brandenburg gemeint sei, so steht bei 6A. die Ant-
wort: Albertus marchio Brandenb., dux Prussiae scripsit librum de
causa Andr. Osiandri. Otto Henricus, Kurfürst Ottheinrich von der
Pfalz, der nicht bei G. steht, ist vielleicht wegen seiner Kirchen-
ordnung von 1556 in die 1. Cl. gekommen. Philipp von Hessen
steht nicht in der 1., aber in der 2. Cl. : Philippi Catti 1. adv. Hen-
ricum Brunsvicensem (seit Ben. Responsio adv. Ducis Henr. Brunsv.
sycophanticum scriptum, 1541). Apologia contra Henricum Ducem
in der 3. Cl. wird dieselbe oder eine andere der groben Streit-
schriften sein, die 1538 ff. von Philipp gegen Heinrich (und von
diesem gegen jenen) veröffentlicht wurden. — Auch ein anderer
hochstehender Auetor 1. Cl. , Nie. Badivil, Palatinus Wilnensis,
stammt nicht aus G.; von ihm weiss- Verg., dass er eine Entgeg-
nung auf ein Schreiben des päpstlichen Nuncius Aloys Lipomanni
geschrieben; Verg. hatte beide Schriftstücke drucken lassen^), viel-
leicht das von Radziwil unterzeichnete auch verfasst. — Ein an-
derer fürstlicher Schriftsteller, der seit P. in der 1. Cl. steht, ist
Henricus VIII. Anglus; erst S. Cl. fügten die Notiz bei: Assertio
Septem sacramentorum adv. M. Lutherum pennittitur. Leo X. hatte
ja auch für dieses Buch 1521 dem Verfasser den Titel Defensor
fidei und den Lesern desselben einen Ablass verliehen*).
Jo. Huttichius steht bei G. als Verfasser eines Compendium
de Bom. Imperatoribus una cum imaginibus ad imitationem veterum
numismatum, Strassb. 1526. Er war ein Anhänger Beuchlins und
wird als solcher in den Epp. obsc. vir. mehrfach genannt; an den
religiösen Bewegungen scheint er sich nicht betheiligt zu haben;
er starb als Canonicus in Strassburg 1544*). Noch weniger als er
gehört in die 1. Cl. Jo. Haner, der zwar 1526 und 1527 mit Oeco-
lampadius und Zwingli correspondirt, sich aber schon 1534 der alten
Kirche wieder zugewendet hatte, der er bis zum Tode treu blieb.
Das einzige Buch, welches G. von ihm anführt, Prophetia vetua et
nova, ist eine „Entwicklung der katholischen Lehre von der Recht-
fertigung und der damit zusammenhangenden Lehrpunkte auf bibli-
scher Grundlage, wie Döllinger sagt, eine der besten derartigen
1) Duae cpistolae altera AI. Lipomanni Veneti . . . Legati ad 111.
Princ. D. Nie. Radiwilura, . . . altera vero ejusdem ill. D. Radiwili ad
Episc. et Legatum illum. Königsb. 1556.
2) Wilkins III, 693. 702. Kuczynski 995 verzeichnet eine Ausgabe
mit einem Anhange: Librum hunc . . . Icgentibus decem annorum et toti-
dem XL [quadragenarum] indulgentia apostolica anthoritate conoessa est.
3) A. D. B. 13, 479. Böcking VII, 398.
Erste Classe. d7S
Schriften jener Zeit* *). — Jo. Host steht bei GA. als Verfasser
einer Schrift De idoneo verbi Dei ministro, 1532, ^und anderer"
(nicht angeführter) Schriften. Die Gelehrten Pauls IV. haben ihn,
wie es scheint, darum für einen Verbi Dei Minister gehalten und in
die l.Cl. gesetzt. Er war aber ein Dominicaner in Köln, geb. auf
dem Hofe Romberch bei Kierspe in Westfalen, darum gewöhnlich
Jo. Romberch Kyrspensis genannt, der in dem Reuchlin'schen Han-
del auf Seiten Hochstratens stand, 1529 Beisitzer des Inquisitions-
gerichts, welches Adolf Ciarenbach und Peter Fliesteden verur-
theilte, und überhaupt ein eifriger Gegner der Reformation war*).
Er steht noch heute in der 1. Cl.
Ob Paulus Ritius Israelita aus 6. in die 1. Cl. herüberge-
nommen, ist zweifelhaft. Nach seiner Bekehrung zum Christenthum
docirte er jn Pavia, wo er 1507 — 10 einige Schriften gegen die
Juden herausgab , welche Sixtus Sen. praeclara volumina nennt
(Possevin kennt nur diese und weiss nichts davon, dass er im In-
dex steht). 1514 wurde er Leibarzt Maximilians I. Er schrieb
mehrere kabbalistische Bücher. Seine Ansicht de coelorum anima-
tione verwickelte ihn in einen Streit mit Joh. Eck^). Noch mehr
AnstosB erregte seine Statera prudentum, Reg. 1532, 64 Bl. 8., die
während des Regensburger Reichst-ags von 1532 dem Card. Cam-
peggio und dem Nuncius Aleander denuncirt wurde. Cochlaeus
berichtet, Ritius, — den Namen nennt er nicht, er bezeichnet ihn
als quidam homo eruditus, — wolle in dieser Schrift „die Luthe-
raner mit den Katholiken in der Lehre einigen, aber vieles schon
lange beobachtete Katholische beseitigen" und die Schrift sei auf
sein und dreier spanischen Theologen Gutachten hin von den beiden
Vertretern des Papstes als judaisirend verdammt worden*). Aus-
führlich berichtet über die Sache Aleander im März 1532: Ritius
habe schon seit Jahren verschiedene Schriften veröffentlicht, die
zwar die gute Absicht zeigten, den christlichen Glauben zu ver-
theidigen, die aber judaisirende Sätze enthielten. Alan habe diese
Bücher, so lange noch nicht „die jetzige Verwirrung der Sachen des
Glaubens" geherrscht, im guten Sinne gedeutet und nicht daran ge-
dacht, sie zu censuriren. Seit zehn Jahren aber habe Ritius, wie
der Erzbischof Faber von Wien sage, sich in Gesprächen über die
Lutheraner nicht orthodox geäussert, was bei dem Ansehen, in wel-
chem er bei dem Kaiser stehe, bedenklich sei. Jetzt habe er die
Statera herausgegeben, — Aleander legte seinem Briefe ein Exem-
plar bei, — worin er sage, die Kirche sei jetzt in zwei fast gleiche
Theile zerrissen, zwischen denen er vermitteln wolle. Faber habe
ein Buch dagegen geschrieben und dieses dem König Ferdinand
1) A. D. B. 10. 511. Döllingör, Beitr. III, S. XV. 105.
2) Quetif. II, 88. K. Krafft in Zts. des berg. Gesch.-V. 9, (1873),
148. — Bei Sot. steht er als Jo. Host a Romberch, Germ. Luth.
3) Wiedemann, J. Eck S. 335.
4) Hist. de actis Lutheri a. 1532 p. 218.
B«iifloh. Index. 13
274 Index Pauls IV.
überreicht und Ritius habe von diesem einen Verweis erhalten und
jetzt die Sache seinem (Aleandcrs) Urtheil anheim gestellt. Am
11. Mai konnte Aleander einen „authentischen Widerruf" nach Rom
schicken *). Wenn man Ritius' Buch in Rom auf den Index gesetzt
hätte, so wäre das also in der Ordnung gewesen ; aber in die 1. Cl.
gehörte er doch nicht, und Vergerio hatte nicht ganz unrecht, wenn
er sagt: Paulus Ritius, quem vos magna cum filiorum injuria Israe-
litam sive Judaeum appellastis (er nennt sich auf dem Titel seiner
älteren Schriften selbst P. R. Israelita), quid quid fuerit, ex nostris
certe minime fuit. Habete cum vobis cum sua Statera prudentum.
— Die Statera kam übrigens zum Ueberfluss durch S. (aus V. U.)
in die 3. Cl. und ist erst von Ben. unter Ritius gesetzt.
Aus G. hat P. auch einige Engländer aufgenommen, die
uns schon in § 10 begegnet sind, und einige andere; die meisten
englischen Schriftsteller sind erst aus Fris. durch S. Cl. in die 1. Cl.
gekommen. John Rogers hcisst bei P. Jo. Rochors, im Tr. Jo. Ro-
gors, S. setzte dann Jo. Rochus daneben, und seit Cl. stand dann
Jo. Rogors vel Rochus in der 1. CL, bis Ben. dem Manne seinen
richtigen Namen gab. Nicht aus G. stammen Nie. Ridlaeus (Ridley,
Bischof von London, 1555 verbrannt) und Thomas Cranmer, den
Paul IV. feierlich excommunicirt hatte. — Auch eine Anzahl von
Wycleffiten hat P. aus G. abgeschrieben (S. 36), ferner Robertus
Anglus, den Henr. Corn. Agrippa neben Roger Baco als Verfasser
von Deliramenta de magia citirt.
In der 1. Cl. hat P. auch drei griechische Theo logen aus
dem Mittelalter: Marcus [Engenicus] Ephesius, Nie. Cabasila und Ni-
lus Thessalonicensis. Die beiden letzteren stammen aus G., Nie. Ca-
basila unmittelbar aus Ven.-). Nur der erste ist in der 1. Cl. bis
heute geblieben, obschon gerade er als Schriftsteller der unbedeu-
tendste unter den dreien ist (1559 war wohl noch nichts von ihm
gedruckt). Von Nie. Cabasilas, Erzbischof von Thessalonich im
14. Jahrb., einem heftigen Gegner der Lateiner, sagt G., Schriften
von ihm, u. a. über den Ausgang des h. Geistes gegen Thomas von
Aquin, seien handschriftlich vorhanden. Gedruckt war von ihm nur
Compendiosa interpretatio in div. sacrificium (lat. von Gratian Her-
vet, Ven. 1548). Er wunle von Tr. gestrichen. Das genannte, in
die Bibliotheca Patrum aufgenommene Buch wurde von Bras. p. 190
nur mit Caute lege und anderen Antidota versehen und bemerkt,
namentlich seien cap. 29 und 30 cautissime zu lesen. Auch Bellarmin
(De scr. eccl.) sagt von diesen Capiteln: omnino expungenda essent
vel cautissime legend a, — sie handeln von der Controverse über die
Consecration ^). — Auch Nilus (Cabasilas), Erzbischof von Thcssa-
1) Laemmer, Mon. Vat. p. 106. 111. 113.
2) üeber beide s. R.-E. 7, 372. Fabricius Bibl. gr. 5, 27, 14. Busse
§ 1613. 1642.
3) Werner, Gesch. der apol. Lit. 3, 169.
Krste Cla86('. 275
loTiich um 1340, der Oheim des vorgenannten, wurde von Tr. ge-
strichen. Aber S. nahm aus Q. resp. Antw. App. in die 2. Cl. auf:
Niblus (sie) Thess. contra Papara. ; Cl. corrigirte Nilus (seit AI. heisst
er dann Niblus seu Nilus), fügte aber den von S. weggelassenen
wunderlichen Zusatz bei : alias Illyrico snppositus. Bei Ben. ist
dann endlich die Sache richtig gestellt: Nilus Thess., libellus de pri-
matu Rom. Pont, a M. Flacio 111. in lat. sermonem conversus cum
praef. ejusdem (Frankf. 1555). Andere Ausgaben des Buches, wie
die von Bonav. Vulcanius 1595 und Salmasius 1645, sind also nicht
verboten.
Ein anderer Schriftsteller aus älterer Zeit, der aus G. in die
1. Cl. gekommen, ist Fe lix Malleolus (Hemmerlin, f «m 1460).
Der gelehrte französische Theologe J. B. Thiers') meinte, er sei in
die Classe der Ketzer oder der Ketzerei Verdächtigen versetzt wor-
den, weil er in dem Tractate de exorcismis abergläubische Be-
schwörungsformeln vertheidigt habe. Das würde P. kaum so hart
gestraft haben ; er hat wohl überhaupt nur die von G. verzeichneten
Titel seiner Schriften gekannt, und unter diesen zeigte nicht nur
der erste, contra validos mendicantes, dass er, wenn auch dogma-
tisch ganz orthodox, doch kein im Römischen Sinne correcter Schrift-
steller gewesen^). In der Tliat „erschöpft er, möchte man sagen,
das Lexikon, um den Betrug und die Räuberei zu schildern, deren
der Römische Hof sich schuldig mache" ').
Von den Pseudonym i, welche seit P. in der 1. Cl. stehen,
stammen aus GA.: Eutychius Myon qui et (Wolfg.) Musculus (Li-
ceatne homini christiano evangelicae doctrinae gnaro papisticis super-
stitionibus ac falsis cultibu« externa societate communicare, dialogi
4, 1549, gegen das Interim), — Jo. Withlingius qui et Brentius
(Explicatio Ps. 94 et 130, 1550, auf dem Bergschloss Hohen witt-
lingen bei Urach verfasst, wo sich Brenz 1548 verborgen hielt*);
über Huldricus Enchaustius ('ETKaücTTloq = Brennt's) s. S. 235 — Va-
lerius Philarohus; GA. verzeichnet unter diesem Namen, ohne den
Verfasser, Vergerio, zu nennen: Dialogus super Tridentini Concilii
progressu et successu, 1552, 143 S. 8.**). — Henricus Scotus, den
GA. als Verfasser einer Schrift über den Tod des Italieners Franc.
Spiera nennt*), ist der in Basel lebende Jurist Henr. Scrimger aus
Schottland.
Folgende Pseudonym! finden sich nicht in früheren Indices und
nicht bei G., und es scheint, dass man die betreffenden Schriftchen
in Eom in Händen gehabt: Christophorus Thrasybulus: Pontificem
1) Traite des superstitions I, 403.
2) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref. I, 60. A. D. B. 11, 721.
Seine Schriften, b. 1. et a. (1497?) gedruckt, bei Freytag, Anal. 434.
3) Ranke, D. Gesch. im Zt. der Ref. (WW.) I, 167.
4) Hartmann, Jo. Brenz, S. 208.
5) Serapeum 1858, 76. G) Serapeum 1858, 68.
276 Index Pauls IV.
Kom. cum suis conjuratis esRe manifeBtnm hostem cum Del tum im-
perii et ideo jure ei resistendum. Autli. Chr. Thr. (die Vorrede
datirt Biturigis in Grallia 1556), Bas. 1550, 50 S. 12.*, von Basilins
Monner. — Heliodoruß Alexicacus: Epigrammata in juris canonici
incendium. S. 1. et a. [1520]. 4 BI. 4. '). — Lambertus de Nigro
monte: Lectnra super canone de consecr. dist. III de aqua benedieta
spectabilis viri D. Lamperti de Nigro monte, Witt. 1543, von Ver-
gerio neu herausgegeben als Lectura . . . benedieta. Per Rev.
Epiflc. . . . Gerardum Busdragum . . . Denuo impr. cum additioni-
bus; am Ende: Impr. Romao mandato Card. Inq. . . . per Ant. Bla-
dum. (Tüb.) 1554. 3V2 B. *)• — Lucius Pisaeus: Lutii Pisaei luve-
nalis Monachopornomachia. Datum ex Achaia Olympiade nona.
S. 1. et a. 3 B. 8. Wenn die Gelehrten der Inquisition diese Schrift
in Händen gehabt, müssen sie nur den Titel angesehen oder die sehr
derbe Satire nicht verstanden haben: sie ist nicht gegen wirkliche
Mönche, sondern gegen Luther und seine Genossen gerichtet und
von dem Humanisten Simon Lemnius (f 1550 als Lehrer am Gym-
nasium zu Chur) verfasst, der sich damit in boshafter Weise dafür
rächte, dass ihn die Wittenberger, namentlich Luther im Zorn über
seine 1538 veröffentlichten dem Cardinal Albrecht gewidmeten Epi-
gramme aus Wittenberg vertrieben hatten*). Unter seinem wahren
Namen steht Lemnius nicht im Index.
So viele Namen die Gelehrten Pauls IV. «aber auch aus G.
abgeschrieben, so haben sie doch, offenbar aus blosser Nachlässig-
keit, manche nicht aufgenommen, die wenigstens bedeutender waren
als viele, die sie aufnahmen. Manche von diesen sind später durch
S. Cl. (aus Fris.) in den Index gekommen, wie Rsaias Heiden-
reich, Jo. Balaeus, Lud. Berquin, Lud. Lavater, andere nicht, wie
Mart. Micronius, Val. Cratoaldus.
2. Aus dem schon im Ven. benutzten Briefwechsel von Oeco-
lampadius und Zwingli sind durch P. noch folgende Namen in den
Index gekommen, die mir wenigstens nur aus dem Briefwechsel be-
kannt sind : Fridolinus Brombach, Jasparus Bigel , Jo. Grelus ,
Jo. Mantelius, Jo. Stuckius (Jo. Guil. Stuckius, der durch Cl. in
den Ind. kam, ist ein anderer), Leonhardus [Lienhard] Strubin,
ferner Erasmus Fabricius (bis Ben. Fabrieus), d. i. Erasmus Schmidt
in Zürich, t 1547*), Fridericus Myconius, Jo. Hessus in Breslau,
Melchior Ambach, Michael Cellarius (Keller) in Augsburg, Thomas
ab Höfen (S. 233), — endlich noch zwei, die in keiner Weise in
1) A. V. Dommer, Autotypen No. 42.
2) Abgedruckt bei Strobel, N. Beitr. II, 149. Serapeum 1858, 82.
3) Strobel, N. Beitr. III, 3. 137. Lessing, Briefe aus dem 2. Theil
der Schriften 1753 (Ges. Werke, Lpz. 1841, IV, 24). Muther, Aus dem
Univ.- und Gel.-Leben S. 342.
4) Pestalozzi, Leo Judae S. G8. 70.
Erste Classe. 277
den Index gehören : Fridolinus Lindoverus, — Zwingli Bchrieb Ad Fr.
L. Bremgartensium concionatoreni super ])ublica de gratia per Chri-
stum halluüinatione expostulatio; der Mann war also ein Gegner
Zwingli's, — und Petrus Sebivilla. Er hiess Pierre de Sebiville und
war Minorit in Grenoble. Aus einem Briefe von Zwingli an ihn er-
gibt sich, dass er an diesen im evangelischen Sinne geschrieben.
Er wurde als Ketzer verhaftet, von Margaretha von Valois ge-
schützt, revocirte 16. Nov. 1524, mag aber protestantisch gesinnt
geblieben sein. Geschrieben hat er ausser einigen Briefen nichts ^).
3. Sehr charakteristisch ist die Ausbeutung des Buches von
Cuchlaeus. Von einigen Namen der 1. Cl., die bei ihm und bei G.
vorkommen, wie Guil. Tindalus, Melchior Hof mann, Hieb. Morison,
oder bei Cochl. und bei Oecolampadius- Zwingli, wie Henr. U tinger
und Jac. Imelius, ist nicht auszumachen, woher sie entnommen sind ;
aber sicher stammen aus Cochl. zunächst folgende, die zwar Schrift-
steller, wenn auch zum Theil nichts weniger als bedeutende, waren,
aber nicht bei G. stehen : Couradus Cordatus, Cochl. f. 259 : hat
deutsch gegen Wicel und Cochlaeus geschrieben, — David Geor-
gius ex Delphis, f. 290, — Jo. Campanus s. Campensis, f. 219;
der ungeschickte Zusatz s. Campensis wurde von Tr. durch qui
scripsit contra trinitatem ersetzt^), — Nie. Krompach, f. 186: über-
setzte die von seinem Freunde Jo. Agricola herausgegebenen Acta
Concilii Constantiensis ^), — Kaidenus, f. 238: verfasste eine Schrift
1) Christoficl, U. Zwingli S. 177 (er nennt ihn Sebilla). Haag, s. v.
Uermiujard, Corr. des lief. I, 313.
2) Jo. Campanus (Job. Wulf aus Campen) hat geschrieben: „Gött-
licher und heiliger Schrift, vor vielen Jahren verdunkelt und durch uu-
heilsame Lehrer aus Gottes Zulassung verfinstert, Restitution und Besse-
rung", 1532. Cornelius, Wiedert. II, 158. Schelh. Am. lit. III, 1 (De Jo.
Campauo antitrin.). Jo. Campensis (f 1538) ist der gut katholische Ver-
fasser eines Psalmenoommentars. In einer Vorbemerkung zu J. B. Folengii
Comm. in Ps. 1585 wird ausdrücklich vor einer Verwechslung der beiden
gewarnt. Auch mit Jo. Aesticampianus ist Jo. Campanus mitunter ver-
wechselt worden. Evertsbusch, Theol. Arbeiten II, 18.
3) Ilistory und wahrhafte Geschichte, wie das h. Evangelion mit
Job. llussen jm Concilio zu Costnitz verdampt ist, 1529. N. Krumpach,
Geistlicher in Querfurt, hat auch einige neutestamentliche Bücher und
anderes übersetzt; aber nicht, »dass er nicht die Vulgata zur Vorlage
nahm und in Vorreden und Glossen freimüthige Zeugnisse wider manche
Uebolstände der Rom. Kirche ablegte, war Ursache, ihm die Ehre zu er-
weisen, ihn auf den Index, und zwar unter die Hauptketzer, die auctoros
1. cl. zu setzen, deren Schriften ohne alle Ausnahme zu lesen und zu be-
278 Index Pauls IV.
gegen Wicel, zu der Luther eine Vorrede schrieb*); seit S. Cl.
steht neben ihm Balthasar Ralde, wie der Name bei Fris. gedruckt
ist; erst Ben. schrieb richtig Balth. K^ida (s. Reida) und strich
Raidenus, — Rieh. Samson, f. 269 : schrieb für Heinrich VlIL, —
Sebastianus Francus, f. 243 wird über seine Chronik und Cochlaeus'
Polemik gegen dieselbe ausführlich berichtet, — Wilh. Nesenus,
f. 36: „Poet und Schulmeister in Frankfurt, der später in der Elbe
elend ertrank".
Ferner finden wir in der 1. Cl. einige Namen, die wohl in
ein geschichtliches Werk, wie das des Cochl., aber nicht in einen In-
dex librorum hineingehören : Gaspar Tauber, ein Wiener Bürger, der
als rückfalliger Lutheraner 1524 hingerichtet wurde; in einer frü-
hern Revocation desselben, die f. 92 mitgetheilt wird, bekennt er
auch, quod etiam proprios tractatus perscripserim ; davon ist aber
jedenfalls nichts gedruckt^); Jacobus Peregrinus presby.ter Pata-
viensis, der, wie Cochlaeus gleichzeitig berichtet, mit Tauber pro-
cessirt wurde, aber widerrief und nicht rückfällig wurde, ist wohl
aus diesem Grunde von P. nicht aufgenommen worden (der seit 8. Cl.
im Index stehende ist ein anderer) ; — Henricus Sudphanus (seit Ben.
auch Zutphaniensis), Heinr. (Moller) von Zütphen, l.'>24 zu Meldorf
ermordet*); f. 96 r wird ausführlich darüber berichtet; geschrieben
hat er nur Brevis commemoratio rerum Coloniae gestarum in causa
Lutheri 1520, die in Luthers Werken (Jen. II, 314) steht; — Jaco-
bus Kautius, der Wiedertäufer Jakob Kautz; geschrieben hat er wohl,
abgeselien von den f. 159 erwähnten 7 Thesen vom J. 1527, nichts;
— Jo. a Leydis, f. 252. — Beruardus Rotmanus und Knopper Del-
lingius (durch S. Cl. kam Bern. Knipperdollingus hinzu, neben
welchem sich aber Knopper Dellingins bis auf Ben. behauptet hat)
stammen wohl aus Hedio's Fortsetzung der Chron. Abb. Ursperg.,
desgleichen Felix Manzius, der Wiedertäufer F. Manz, der 1527 er-
tränkt wurde ; dagegen ist Michael Sellarius der bei Cochl. f. 163 unter
diesem Namen erwähnte 1527 zu Rothenburg hingerichtete Michael
Sattler. — Bern. Rottmann hat übrigens einiges geschrieben *) ; eine
sitzen schlechterdings verboten ist^ (A. D. B. 17, 248), sondern lediglich
die Notiz bei Cochlaeus.
1) Antwort widder das Icster und lugen Büchlin . . . Wicels, 1533.
2) Ranke, D. Gesch. im Z. der Ref. (WW.) II, 117. Wiedemaun,
Ref. und Gegenref. I, 86.
8) R.-E. 10, 166. A. D. B. 11, 642.
4) Gerdes, Floril. Ed. 8. p. 146. Cornelius, Wiedert. II, 208. Seine
plattdeutsche Schrift „Von Verborgenheit der Schrifft des Rickcs Christi
vnd von dem Dage des Herrn**, 1585, ist neu herausg. von H. Hochhuih,
1857. Bei Arg. III b 82 steht eine Censur der Kölner theol. Facultät vom
J. 1532 über Sätze aus Rottmanns Eingabe an den Rath von Münster,
aus dem „Westfälischen'* übersetzt.
Erste Classe. 279
Schrift von ihm steht in der 3. Cl. : Restitutionum (seit Ben. De
restitutione) doctrinae et vitae christ. über per Monasterienses ana-
baptistas editus^).
Ulricus Studerius wird f. 142 neben Bercht. Haller und Ja-
cobuR Imeli als Theilnehmer an der Badener, Franc. Kolbius f. 176
als Theilnehmer an der Berner Disputation genannt, Jo. Schneppius
und Gregorius Brück, der kursächsische Kanzler Brück, f. 198 unter
den Vertretern der Lutheraner bei den Verhandlungen in Augsburg
1530 und Christianus Beyer, der kursächsische Kanzler, f. 194 als
derjenige, welcher die Augsburgische Confession deutsch verlas,
Laurentius Czoch (seit Ben. Zoch) f. 292 als Abgesandter des Kur-
fürsten von Sachsen zum Eegensburger Colloquium 1546. Auflal-
lender Weise steht Hieronymus Vehus, der badische Kanzler, der
f. 277 als Verfasser der Acta colloquii Augustensis erwähnt wird,
nicht bei P. ; er ist aber von S. Cl. aus Frisius, der ein paar andere
kleine Schriften von ihm erwähnt, nachgetragen.
Aus Cochlaeus sind auch einige, die schon aus Ven. in die 1. Cl.
aufgenommen waren, unter einem andern Namen nochmals hinein-
gekommen. So Justus Jonas als Jodocus Coch sive Cocus qui et
Justus Jonas, weil Cochl. f. 219 sagt: Justus Jonas, quem rectius
Judocum Koch seu Cocum vocat (Wicelius), — Jo. Sapidus (Witz)
als Sapidus poeta, weil f. 114 steht: Ausus fuit Argentinae quidam
paedotriba, Sai)idu8, poeta profecto nimis insipidus . . . carmina in
sepulturam et exequias missae contexere; — vielleicht stehen auch
Bullingerus und Musculus neben Henricus B. und Wolfg. M., weil
Cochl. f. 291 sie ohne Vornamen erwähnt.
Jo. Staupitius ist durch P. in den Index gekommen, weil
Cochlaeus bei dem Jahre 1517 f. 3 ihn neben Luther als Gegner
Tetzels erwähnt. Er ist in der 1. Cl. geblieben bis auf diesen Tag,
obschon man in Rom oder wenigstens in Trient, jedenfalls Benedict
XIV. wohl hätte wissen können, dass er als guter Katholik, als Abt
von St. Peter zu Salzburg gestorben*).
4. Neben dem Buche von Cochlaeus scheint noch irgend ein
anderes Buch über Luther benutzt worden zu sein. Nur aus einem
solchen kann man, scheint mir, in Rom Kunde erhalten haben von
Marcus Cordelius Torgensis, womit doch Marcus Crodel, Schulrector
zu Torgau, bei dem Luthers Sohn unterrichtet wurde*), gemeint sein
wird. Aus einem solchen Buche könnten noch einige andere Namen
stammen, die theils in keinem Schriftsteller-Lexicon stehen, — wie
Frid. a Thann*), Wolfg. Maler*), — theils nicht bei Gesner, wie
1) Eyne Restitution odder Eine wedderstellinge rechter unde gesunder
christliker leer, gelovens unde levens: Münster Oct. 1534. Ranke, D. Gesch.
(WW.) 8, 384. 2) üllmann, Ref. II, 256. 3) Köstlin, Luther II, 478.
4) Eberhard von Thann war Hauptmann auf der Wartburg. Köstlin
II, 319.
5) Prediger in Halle, gab 1544 die Homilien von J. Brenz de poe-
nitentia heraus. Jahrb. f. D. Th. 1671, 8. 5.
280 Index Pauh IV.
GeorginR Eorarius (bei G. nur 8. v. Luther), Knipstro Pomeranns
(erst seit Ben. Jo. Kn.), Marcus Tilemannus Hesshusius (erst Ben.
hat das aus M. = Magister entstandene Marcus gestrichen), Martinus
Meglin*), Ortbolphus Marolt Francus*), auch vielleicht Matthaeus
Philargyrus (ein Pseudonymus?). — Henr. ab Einsidel"), Henr.
Stollius, Jac. Kungius (bei P. Tr. Kungius), Jo. Marbachius, Ludo-
vicus ab Eberstein und Victorinus Strigelius sind vielleicht in Rom
als Theilnehmer an dem Wormser Heligionsgespräch von 1557 be-
kannt geworden.
Auch Jo. de Indagine steht nicht bei (i. Seit Tr. steht
hinter seinem Namen : non ille Carthusianus, um ihn von dem al-
tern Schriftsteller dieses Namens (t 1475) zu unterscheiden^). Es
ist der Jo. de Indagine (Hagen) gemeint, der sich im Anfange des
16. Jahrh. als Astrolog einen Namen machte*). Er war Dccan zu St.
Leonard in Frankfurt und zugleich Pfarrer in Steinheim bei Hanau und
wurde von dem Kurfürsten Albrecht von Mainz nach Rom geschickt,
um das Pallium zu holen. Sein Buch über Astrologie u. s. w. er-
schien zuert 1522^) mit einer Zuschrift an den Cardinal Albrecht
und seinen Generalvicar Theodor Zobel. Possevin meint, er sei als
Astrolog in den Index gekommen ; aber die anderen Astrologen stehen
in der 2. Cl.; dass er in der 1. Cl. steht, hat seinen Grund darin,
dasH man ihn wegen eines am Ende des Buches, welches man in
Rom gekannt haben wird, abgedruckten Briefes an 0. Brunfels')
für einen Lutheraner hielt.
II. Die 2. Classe ist bei P. die am wenigsten umfangreiche;
bei E und K fehlt sie ganz. Sie enthält eine grosse Zahl von ita-
1) Zwei kleine deutsche Schriften von ihm, 1529 und 1530, bei Ku-
czynski 11K)3.
2) Nach Jöchor Arzt in Schmalkalden.
3) Kapp, Nachlese I, 80.
4) Nur der Karthäuser steht bei Fris., der seine zahlreichen, bis
auf eine nicht gedruckten, Schriften verzeichnet; vgl. Busse 1887. Ueber
einen gleichnamigen Bcnedictincr, f 1469, s. A. D. B. 14, 65.
6) A. D. B. 14, 67. Friedrich, Astrol. und Ref. S. 149.
6) Introductiones apotelesmaticae ... in Chiromantiam, Physio-
gnomiam u. s. w. Es gibt mehrere Ausgaben, auch eine deutsche von 1538.
7) Der Brief vom 1. Juli 1522 (Othoni Brunfolsio sacordoti vere
christiano) ist abgedruckt F. S. 1762, 456. 473. Er klagt darin über die
Sitten der Geistlichen und seine Verfolgungen und sagt u. a.: Dicunt
Lutherianum mc esse; nam apud hos, qui vitia insectatur, qui Christi
negotium agit, hie Lutherianus est . . . A me lectus est Lutherus. Non
docet male vivere neque male facere . . . Meum hie munus ago, quod
ante mihi incumbobat, quam usquam Lutherus scriberet.
Zweite Classe. 261
lienißchen, ziemlich viele astrologische u. dgl. und einige mit EraRmun
zusammenhangende Schriften, von denen später die Rede sein wird.
Die Schriften dieser Kategorieen haben die Compilatoren des Index
wohl selbständig zusammengestellt. Manche andere sind aus den
älteren Indices, viele aber auch hier aus Gesner entnommen.
1. Von einigen Autoren der 2. Cl., die aus G. oder GA.
stammen, ist nicht re<;ht einzusehen, warum sie nicht in diel. Cl. ge-
setzt worden sind, in welcher jedenfalls Männer stehen, deren Schriften
unbedeutender waren, als die in der 2. Cl. stehen. Sie sind zum
Theil auch später in die 1. Cl. gesetzt, aber dann sehr überflüs-
siger Weise die bei P. speciell verbotenen Schriften in der 2. Cl.
belassen worden.
Chumannus Flinspach de Tabernis montanis, Chronologia
ex sacris literis. Von P. bis Ben. hat er freilich Elinspach ge-
heissen. Ben. hat auch den Titel des Buches aus Fris. vervoll-
ständigt: Chr. ex s. atque eccles. auctoribus desumta, ab orbe con-
dito usque ad a. 1552. Es ist wohl auf den Index gekommen,
weil GA. angibt, es sei zuerst zu Wittenberg gedruckt und es seien
conjecturae extremi judicii beigefügt. Der Antw. Exp. sagt
davon, in dem ersten Theile stehe nichts, was nicht auch bei ka-
tholischen Bistorikern zu finden sei, in dem zweiten suche der Ver-
fasser zu erweisen, dass das Ende der Welt bevorstehe, und dabei
trage er horrendas blasphemias de Rom. Ecclesia vor; quare non
meretur, ut ejus vel nominis exstet memoria.
Jacobus Brunsvicensis, Catechesis puerilis [carmine red-
dita, 1546. GA]. Jacobus a Burgundia, Apologia ad Carolum
Caesarem [qua reddit rationem fidei suae, Genf., GA]. Jacques de
Bourgogne, Seigneur de Falais et de Bredam, wurde als Protestant
aus dem Dienste Karls V. entlassen, worauf Calvin für ihn diese
Apologie schrieb *). Jac. Brunsvicensis kam durch S. Cl. auch noch
in die 1. CL, und noch jetzt steht er (unter Brunsvic.) im Index
als auctor 1. Cl., dessen sämmtliche theologische Schriften ver-
boten sind,* und darunter steht dann die einzige, die von ihm be-
kannt ist, jener Catechismus. Jac. a Burgundia wurde von Tr. in die
1. Cl. versetzt mit dem Zusätze: ille qui scripsit Apol. ad Car.
Caes., und in der 2. Cl. gestrichen. Aber S. Cl. stellten die Notiz
von P. in der 2. Cl. wieder her, und noch jetzt steht er im Index
ebenso wie Jac. Brunsvic, ist also härter gestraft als dieser, der
seinen gereimten Catechismus doch wohl selbst gemacht haben wird.
Von anderen minder bedeutenden Schriften in der 2. Cl. mögen
noch erwähnt werden: Pauli Polscii (Tr. richtig Dolscii) Psalterium
graeco carmine versum^ 1555. Dolscius steht seit S. Cl. auch in
der 1. Cl.; er hat auch den Prediger und den Sirach in griechische
Verse gebracht und die Augsburgische Confession ins Griechische tiber-
1) Excuse composee par J. do B. pour se purger vers Sa Maj. Imp.
de calomnies k lui imposöes ä l'occasion de sa foi, de laquelle il fait pro-
fession. S. 1. et a., dann Strassb. 1548. — Stähelin, Calvin II, 293.
282 Index Pauls IV.
setzt'). — Jo. Sutel de terribili excidio HieroBolymorum (aus GP.);
Ben. hat den deutschen Titel des mit einer Vorrede von Luther 1539,
36 Bl. 4, gedruckten Öchriftchens.
2. Unter den nicht aus G. stammenden Schriften linden sich
u. a. Nie. Winmanni Colymbeses s. de arte natandi dialogU8(!),
und Jo. Soteris Epigrammata ex variis auctoribus coUecta; der Her-
ausgeber, der Kölner Buchhändler Jo. Hoter (Heyl) kam durch S. Gl.
auch in die 1. Cl.*).
Im Ven. steht Jo. Cuspinian cum annotationibus, bei P. Jo.
Cuspiniani 1. inscr. Imperatorum et Caesarum vitae cum imaginibus
ad vivam eftigiem expressis, im Tr. mit d. c. Das Buch des Cu-
spinianus, welches erst nach seinem Tode (t 1529) 1540 erschien,
heisst (auch bei G.) : De Caesaribus atque Imp. Rom. opus insigne ^).
Ein Buch Imperatorum u. s. w. ist schon 1526, dann cum iconibus
consulnm auctus 15H4 von Jo. Huttich veröffentlicht (dieses wird
auch mit Imperatorum et Caesarum vitae in der 3. CI. gemeint sein).
Erst Ben. hat den richtigen Titel. Eine starke Expurgation hat
schon Antw. Exp. ; es werden namentlich Stellen gestrichen, welche
sich auf die Geschichte der Päpste und ihrer Beziehungen zu den
Kaisern beziehen, bei Q. die ganze Geschichte der Kaiser Fried-
rich I., Philipp und Friedrich II. U. streicht auch einige Stellen
in der Austria, die nur bei S. steht.
3. In der 2. Cl. stehen einige interessante Verbote von älteren
Schriften.
Aus GA. stammt sicher Jo. Wunschelburgensis de signis
et miraculis falsis et de superstitionibus; denn G. gibt diese beiden
Titel an und fügt über den Inhalt der ersten Schrift bei: Recenset
aliquot fallacias avarorum sacerdotum, ut de imagine Christi sudante
. . . de ementito sanguine Christi in Walsnag (Wilsnack) oppido
Saxoniae, cujus causa eum librum scripsit^). G. fugt freilich bei,
die Schriften seien noch nicht gedruckt, und meines Wissens sind
sie noch heute nicht gedruckt.
Benonis 1. de vita Hildebrandi (bis Ben. auch in 8er 3. CL),
seit Ben. Beno s. Benno Card, de vita et gestis üildebrandi Papae,
ist die in 0. Gratius' Fasciculus (auch bei Flacius, Cat. 157) abge-
druckte „leidenschaftliche Schmähschrift" des von dem Gegenpapst
Clemens III. zum Cardinal ernannten Benno*), die in der 3. Cl.
1) A. D. B. 6, 321. 2) A. D. B. 12, 371.
3) A. D. B. 4, 664.
4) Serapeum 15, 331. Wünschelburg soll 1409 von der Kanzel ver-
kündigt haben, ein Patriarch der deutscheu Kirche werde einem aus den
Ilheinlunden erwählten Kaiser die Krone aufsetzen, der dann gegen den
Lilienkaiscr, den französischen Usurpator der Kaiserkrone, die Waffen er-
greifen, ihn tüdten und Rom einnehmen werde. Jo. Wolf, Lect. mem. I,
728. Döllinger im Hist. Jahrb. 1871, 359.
5) Wattenbach II, 160.
Zweite Classe. 268
•
stehende Vita Henrici IV. die gleichfalls im Fasciculus stehende Schrift,
die dem Bischof Otbert von Lüttich 1106 zugeschrieben wird').
Cyri Theodori Prodromi Epigrammata stammt wahr-
scheinlich aus G. Es sind argumenta seu capita utriusque Test,
(nur einiger Bücher) in Versen, übersetzt von Jo. Ribittus, Basel
1536. Der Antw. Exp. p. 136 erklärt nur eine am Kande beizufügende
Explicatio zu Einer Stelle für nöthig und Possevin s. v. Theod.
Prodr. (Cyrus ist nur eine Corruption des Titels Kupioq) sagt, er
werde mit Unrecht als Häretiker bezeichnet, und erwähnt nicht,
dass er im Index steht ^). Er steht noch heute darin, und zwar
ohne d. c.
Gaufridi de Monte Electo Tractatus super materia s. concilü
Basil. [seit Ben. factus in Basilea a. 143G].
Nie. de Tudisco abbatis Panormitani (f 1445) Tractatus super
concilio Basileensi (Lugd. s. a.) Dieses wurde von Tr. gestrichen;
aber von S. Cl. wieder eingesetzt'). S. setzte auch die sämmtlichen
Acta des Baseler Coucils mit Ausnahme der von Nicolaus V. be-
stätigten auf den Index, was Cl. denn doch wieder strich.
Jacobi Alma in 1. contra Thomam de Vio ist die im Auf-
trage Ludwigs XII. verfasste Schrift des Pariser Theologen Jac.
Almain (f 1515) De auctoritate Ecclesiae et sacrorum conciliorum
eandem repraesentantium, 1512, gegen des Cardinals Cajetan Trac-
tatus de com])aratione anctoritatis Papae et conciliorum ad invicem,
den das Concil von Pisa 10. Jan. 1512 als librum suspectum et
plenum injuriis contra Concilia Constantiense et Basil. ac nostrum
et contra Jo. Gersonem, oi)timum Ecclesiae defensorem, der Pariser
Facultät zur Censur übersandt hatte*). Von Tr. wurde dieses
Verbot gestrichen.
Raimundi de Sabunde Theolog ia naturalis bei P. wurde im
1) Fasciculus ed. Brown I, p. XXIV. Busse 945.
2) Vgl. (Lazzari) Miscellanea, 1754, I, 8.
3) S. schrieb: Concilium Basileenso delcatur ex Conciliis Panormi-
tani, Cl. corrigirte: Consilium abbatis Pan. pro Concilio Bas., Ben.: Pan-
ormitauus abbas, Tract. super Conc. Bas. — 1699 wurde eine 1697 erschie-
nene französische Uebersetzung des Tractats von J. Gerbais verboten (unter
Gerbais).
4) .\rg. Ib 852. Almains Werke wurden zu Paris 1517 und 1526 und mit
den Schriften Gereons zusammen 1606 gedruckt. Als Dupin eine neue
Ausgabe der Werke Gereons und Almains veranstaltete, wurde auf Betreiben
des Erzbischofs Harlay die Druckerlaubuiss nicht gegeben, weil bei Almain
eine bedenkliche Stelle über das Recht des Volkes, den König abzusetzen,
vorkomme. Die Ausgabe erschien 1706 in Antwerpen. Der Antrag, den
Verkauf derselben in Frankreich zu verbieten, wurde auf ein interessantes
Gutachten des Kauzlers d'Aguosseau hin (in den Oeuvres XIII, 521)
abgelehnt.
284 Index Pauls IV.
Tr. geändert in R. de S. Prologus in Th. nat. — Kaimund de Sa-
bunde aus Barcelona, ein Anhänger des Kaymund Lull im 15. Jahrb.,
bezeichnet in dem Prolog seines Buches die sichtbare Welt als
librum infalsificabilem ... ad demonstrandam homini sapientiam et
doctrinam sibi necessariam ad salutem; er versucht denn auch alle
katholischen Dogmen, auch von der Trinität u. s. w. aus der Natur
zu begründen. Das Buch wurde zuerst zu Deventer (1684), dann
zu Strassburg 1496, im 16. Jahrhundert mindestens zehnmal ge-
druckt, seit Tr. aber in manchen Ausgaben die Vorrede weggelassen.
(Montaigne übersetzte die Theol. nat. und vertheidigte sie in seinen
Essais). Das Verbot der Vorrede steht auch in den spanischen In-
dices von Q. und Sand., aber nicht mehr bei Sot. — Ein Auszug
aus der Theol. nat. in Gesprächsform, vielleicht von Kaymund selbst,
erschien unter dem Titel Viola animae per modum dialogi de ho-
minis natura, Köln 1499 und sonst. Wahrscheinlich eine Ueber-
setzung davon ist die Violeta del anima, die seit V. in den spani-
schen Indices steht, als Viola animae auch von S. aufgenommen,
aber von Cl. wieder gestrichen wurde').
4. In der 2. Cl. stehen noch folgende Curiosa: Merlini Angli
liber obscurarum visionum (aus GA), die im Mittelalter hoch an-
gesehenen Weissagungen des Zauberers Merlin *) ; später, freilich
erst 1700, kam auch der dem Alanus von Lille (im 12. Jahrh.)
zugeschriebene Commentar zu denselben^) auf den Index. — Ogerii
Dani fabulae [sie], der Kitterroman (fabula) Ogier le Danois, seit
1498 oft französisch, auch italienisch u. s. w., aber nicht lateinisch
gedruckt*). Gabriel Putherbeus (Puy d'Herbault) nennt in seinem
Theotimus*) unter den weit verbreiteten schlechten Büchern Mer-
linus Anglus, Arturus Britannus, Ogerius Danus. So wird denn
mit Arturus Britannus, der seit P. in der 1. Cl. steht, der
Kitterroman von König Artus gemeint sein, und war es also nicht
richtig, dass Ben. dafür einen Thomas Arturus aus dem 16. Jahrh.
(bei Fris.) substituirte. — Putherbeus tadelt viel schärfer noch als
die genannten Bücher Komantium Kosae, den Koman de la Kose
aus dem 13. Jahrh. ; er meint, der Verfasser sei, wenn er sich nicht
bekehrt habe, ebenso schlimm daran wie Judas ^); dieses Buch steht
1) 1614 erschien eine approbirtc üobcrsetzung der Viola von dem
Franciscaner Ant. Ares uutcr dorn Titel: Dialogos do la ualuraleza del
hombre, de su principio y fin. Pclayo, Ilctorodoxos I, 632.
2) Döllinger im Hist. Jahrb. 1871, 272. K.-L. 7, 340.
3) Alani Magni de Insulis, Doctoris universalis, cxplanationum in
prophetiam Merlini Ambrosii Britanni 11. 7, zuerst Frankf. 1603.
4) Querard VI, 705.
5) Th. 8. de expurgandis malis libris 11. 3. Par. 1547.
6) L. c. p. 131. Noch Alfons Liguori, Theol. mor. App. ad 1. 3.
(Regensb. 1846, II, 183) erwähnt den Roman de la Rose und dass Gerson
Dritte Classe. 285
aber nicht im Index, anch nicht der Amadis, Froissart, Chaucer u. 8. w.
— In Ovidii MetamorphoseoR libros commentaria s. enarrationes alle-
goricae vel tropologicae wird MetamorphoRe d'Ovide moraÜRee par
ThomaR Waleya, 1484, Rein *). Er fehlt seit Ben. im Index.
•
III. In der dritten Classe hat P. zu den aus den älteren In-
dices entnommenen Schriften viele beigefügt, zum Theil aus Gesner
und CochlaeuR. Es sind darunter manche wenig umfangreiche und
bedeutende Schriften, auch manche kleine deutsche Streitschriften,
deren Titel lateinisch angegeben werden, manche, die ich nicht
identificiren kann. Dazu kommen dann noch Articuli, die nur Flug-
blätter, und Colloquia, Comitia und dgl., die gar keine Schriften sind.
Diese Sachen stehen freilich seit Ben. nicht mehr im Index, weil er
in den Decreta generalia § I, 8 die Articuli, Colloquia u. s. w. hae-
reticorum im allgemeinen verbot. — Viele Schriften der 3. Cl. stehen
in den älteren Indices unter Liber inscriptus.
1. Aus GP. stammen folgende: Apologia Graecorum de igne
purgatorio (conqilio Basileensi exhibita, Jo. Hartungo interprete,
f. 8G), angeblich von Marcus von Ephesus, nach den katholischen
Gegenschriften von Barlaam oder im IG. Jahrh. fabricirt"). — Ceu-
tum et quatuordecim sententiae patrum de officio verorum rectorum
ecclesiae (Dei, Köln 1531, f. 90). G. gibt den Inhalt und die
Kirchenväter an, woraus die Sätze entnommen sind; woran man An-
RtosR genommen, erhellt darauR nicht. — EpiRtola chriRtiana de coena
Domini, nach f. 100 der Brief defl niederländischen Juristen Corne-
lius Honius (Hoen), den er 1520 mit Wessels Schriften an Luther
sandte und der von Zwingli 1525 herausgegeben wurde*); seit Ben.
ist der Titel vervollständigt, aber der VerfasRer nicht genannt. —
Epistola ministri cujnsdam verbi Dei (ad Rymmistam quendam) de
ecclesiae clavibus, sacramentis veraque miniRtrorum Rpiritus electione,
nach f. 87 12 Bl. 8. — De gratia (Dei) et libero ejuR velocique
cursu (et quod sacramentis alÜRque rebuR externiR alligatu non sit
neque conferatur per eas), nach f. 53 deutsch gedruckt, 12B1. 8. —
Syncrama [erRt seit Ben. Syngramma] clariss. virorum, qui Halae
gegen ihn geschrieben ; neben ihm nennt er als similis farinae den Pastor
fido des Guarini (1585), der übrigens auch nicht im Index steht. — Vgl.
Eist. Taschenb. 1871, 179.
1) Panzer 1493.
2) Werner, Gesch. der apol. Lit. III, 127. Nach Sainjore IV, 24
ist es ein abrege von zwei Reden, die Marcus zu Florenz gehalten.
3) Ep. ehr. admodum ab annis quatuor ad quendam, apud quem
omne Judicium scripturae fuit, ex Batavis missa, sed spreta, long^ aliter
tractans coenam Dominicam, quam hodie tractata est, per Honiom Bata-
vum, abgedr. in Zwingli's Werken und bei Gerdes, H. Ref. I, Mon. 228.
Vgl. üllmann, Reform. II, 564. Studien en Bijdr. I, 86.
286 Index Pauls IV.
Suevorum
ampadium
convenerunt super verbi« coenae dominicae [ad Jo. Oeco-
, Witt. 1546 u. 8., gegen Oecolampad^s Schrift De ge-
nuina u. s. w. (s. o. S. 242 ), von J. Brenz veriPasst *). — Universi-
tatis Witenberg. seria actio apud Principera Fridericum de misaa
[f. lOlr], deutsch gedruckt, 12 Bl. 4.*^).
Auch Colloquium Cochlaei et Lutheri stammt aus GP. f. 123;
ohne Zweifel meint Gesner die unter diesem Titel 1540. erschienene
Schrift über das Gespräch des Cochlaeus mit Luther zu Worms 1521.
Diese ist aber von Cochlaeus, wie dieser selbst (Acta Luth. f. 278)
erzählt, so dass also F., ohne es zu wissen, eine gewiss orthodoxe
Schrift eines Hauptgegners der Reformation auf den Index gesetzt
hat. Eine andere, Aequitatis discussio u. s. w., steht, wie wir sehen
werden, gleichfalls im Index. -— Von zwei anderen Disputationen
gibt GP. Schriftsteller an, die darüber geschrieben: De disputatione
Badensi (1526) in Helvetia H. Zwingli, Jo. Faber, — De dispu-
tatione Lipsica M. Lutherus, Hier. Emser. P. hat daraus gemacht:
Disputatio Badensis und Disputatio Lypsica inter Martinum et Em-
serum, und dieser Unsinn ist erst von Ben. in Disp. inter Jo. Ecki-
um et M. Lutherum habita a. 1519 corrigirt worden.
Der Hanpttheil von Gesners Pandecten scheint für den Index
nicht benutzt worden zu sein, bot auch dafür nicht viel Material.
Aus dem darin abgedruckten Verlagskatalog von Chr. Froschover
könnte Christianae jnventutis crepundia stammen , welches wahr-
scheinlich sehr harmlose Schriftchen noch heute im Index steht.
2. P. hat eine ziemlich grosse Zahl von Schriften in die 3. Cl.
gesetzt, von welchen entweder bei G. ausdrücklich der Verfasser ge-
nannt wird oder deren Verfasser P. aus G. oder seinen anderen
Quellen hätte ermitteln können, deren Verbot er sich also, da die
Verfasser in der 1. Cl. stehen, hätte ersparen können. Bei einigen,
aber bei weitem nicht bei allen, hat Ben. den Namen des Verfassers
beigefügt oder die Schrift unter diesen Namen gestellt. So sind
von Luther: Capita fidei christianae contra Papam et portas infero-
rum, 1541 (Rrl. 7, 4r)2), — Enarrationes epistolarum et evangelio-
rum, 1521, — Fundamentum malorum et bonorum (bei G. richtig
bonorum et falsorum) opernm, ein deutsches Schriftchen von 1523'),
— Supputatio annorum mnndi, ir>4l, 101 BI. J.*); bei Sot. wird
diese Schrift sogtar, was bei Schriften der Häresiarchen sonst grund-
sätzlich nicht geschieht, expurgirt, und zwar nur eine Stelle ge-
1) Strobel, Mise. 3, 167.
2) Ernstlich Handlung der Vniuersitet zu W die Mes« be-
treffende S. 1. et a. (1521). Weller 1843. ü. N. 1722, 427. 1060.
3) GP. f. 59. fiS fügt bei impr. cum Theologia germanica M. Lutheri,
Bas. 1523. Es ist also: „Vom grund Gutter vnd Falscher Werck. Von
bereytung zu einem seligen vnd* Fröhlichen todt. Deutsch Theologia . . .
(Basel) 1523. 56 Bl. 4. Weller 2620.
4) Köstlin. Luther II, 577.
Dritte Classe. 287
strichen, ein Zeichen, dass Sot. keine Ahnung von dem Verfasser
hatte, — von Zwingli: Brevis pastornm Tsagoge'), — von Melanch-
thon: Epitome Ecclesiae renovatae; gemeint ist Ep. ren. Eccl. doctri-
nae ad III. Principem Hassiae (Philipp, GP. f. 3), 1524, 8 Bl. 8.*-');
Commentarius de angelo Melanchthonis wird Melanchthons Commen-
tarius de anima sein, 1540 u. s. ®); Augustanae Confessionis eccle-
siarum causae quare et amplexae sint et retinendam ducant suam
doctrinam (seit Ben. richtig: Cansae quare . . . ducant doctrinam
quam protitentur ecclesiae quae Confessionem Augustae exhihitam
Imperatori sequuntur, 1546), eine andere Ausgahe der S. 125 er-
wähiiten Schrift^), — von Hütten: Phalarismus, — von Fr. Lam-
hert: Contra regulam Minoritarum u. s. w., — von M. Bucer: De-
fensio adversus axioma catholicum i. e. criminationeni Roherti Episc.
Ahrincensis, die Schrift üher das Ahendmahl gegen den Bischof von
Avranches, 1534, und Metaphrases epistolarum D. Pauli, 1536, heide
mit Bucers Namen erschienen^), — von Menrad Molther: Lucta
christiana [et in Ps. 50], 1527, — von Jo. Spangenberg (im Par. 51
unter dessen Namen): Margarita theologica, — von Theodor Biblian-
der: De fatis monarchiae romanae somnium. Vaticinium Esdrae u. s.w.,
1553, wozu durch S. Gl., gleichfalls ohne Nennung des Verfassers,
Sermo divinae maiestatis voce pronunciatus in monte Sinai u. s. w.,
1552, hinzukam. — Auch Flacius' Catalogus testium veritatis [qui
ante nostram aetatem reclamarunt Papae u. s. w.], zuerst Basel 1556,
hat von P. bis Ben. unter den anonymen Schriften gestanden, und
zwar als Cat. t. v. ex sanctis patribus.
Dragale locorum communium (von Ben. gestrichen) kann nicht
wohl etwas anderes sein als Farrago loc. comm., die im Par. 51 als
Anhang zu der Methodus des Erasmus Saroerius verzeichnet wird.
Mit Enchiridion piarum precationum, — bei G. unter Luthers Werken
mit dem Zusatz : Justo Jona interprete, cum calendario et passionali, ut
vocant, u. s. w. Witenb. 1529, im Par. 51 eine Ausgabe von 1543,
— ist jedenfalls eine der lateinischen Ausgaben von Luthers „Bet-
büchlein" gemeint, das zuerst deutsch ir»22 erschien*); es enthält
die zehn Gebote, den Glauben, Vaterunser, Ave Maria und einige
Psalmen. Ganz überflüssiger Weise steht seit S. Cl. (aus Antw.
App. , noch jetzt) daneben Enchiridion aliud piarum precum cum
kalendario et passionali, ut vocant, Wirtembergae [sie] apud Jo.
1) Isagoge ad pastores ecclesiarum H. Zwinglii, GP. f. 90.
2) Strobel, N. Beitr. 4, 2, 88.
3) in einem InquisitionsproccsB von 1565 (Riv. orist. 1880, 12) kommt
liber de anima Melanchthonis vor.
4) Schelhom, Am. bist. IIl, 380.
5) Baum, Capito und Buoer, S. 498. 597. — Bucer wird von GP.
f. 124. 141 als Verfasser beider Schriften genannt, als Verfasser der ersten
auch im Lnv. 50.
6) Kostlin 1, 613. Erl. 65, 266.
288 Iudex Pauls IV.
Luft 1539 (Antw. App. 1529). Auch Precationum aliquot et piarum
meditationum Euch. (Ven. P., noch jetzt) wird eine Ausgabe des
Betbüchlein sein; denn das Bucb, Strassb. 1525, hat nach Panzer VI,
109 denselben Inhalt. Auch Simplex et succinctus orandi modus
ist nach GP. f. 70 und Par. 51 (an beiden Stellen steht S. et ap-
tissimus o. m.) von Luther, also „Ein einfältige Weise zu beten, für
einen guten Freund, Meister Peter, Baibier**, 1534 *). — Ratio bre-
vis sacranim tractandarum concionum wird identisch sein mit der
bei G. unter Melanchthon erwähnten -Ratio brevis s. tr. c. a quodam
docto et pio Rhapsodo Phil. Melanchthonis familiari congesta, cui
juncta est Ph. Mel. de officio concionatoris disscrtatio, 1535, 40 ßl. 8.
Aus diesem Titel ist Rapsodus^), von P. als Eigenname angesehen,
in die I. Cl. gekommen, aus der ihn erst Ben. entfernte.
Liber (seit Ben. Opus eximium) de vera differentia regiae po-
testatis et ecclesiasticae [et quae sit ipsa veritas ac virtus utriusque]
ist allerdings 1534, etwas vor der ähnlichen Schrift von Gardiner
(S. 130), anonym erschienen; der Verfasser ist Edward Fox, Bischof
von Hereford. Die gleichzeitig erschienenen ähnlichen Schriften von
Heinrich VIIL'*) und Richard Sampson*) stehen nicht im Index,
ihre Verfasser aber schon bei P. in der 1. CI., während Ed. Fox
nicht in diese gekommen ist.
3. Aus Cochlaeus stammt : Argyrophylacis seu Thesaurarii
Epistola, f. 138 als eine während des Reichstags zu Speyer 1526
verbreitete, deutsch und lateinisch gedruckte Flugschrift erwähnt,
worin vorgeschlagen wird, die Güter der Kirchen und Klöster für
Arme und staatliche Zwecke zu verwenden. (Cochlaeus schrieb da-
gegen Admonitio contra seditiosum et sacrilegum lib. Argyr. Spirae
in conventu imp. 1526; In Causa rel. Mise. f. 120). — Aus Coch-
laeus stammt ferner eine Reihe von Nummern der 3. Cl., die kaum
oder nicht einmal kaum Schriften zu nennen sind: Articuli ana-
baptistarum Saxoniae und Art. anab. Moraviae, a. 1527 f. 162 er-
wähnt, 8 als Artikel der Wiedertäufer in Nickelspurg, 8 als von
einem abgefallenen Prämonstratenser für eine Disputation in Magde-
1) Köstlin II, 800.
2) Es bedeutet Sammler; vgl. De singulari auctoritate V. et N. In-
8trumcnti sacrorum ecclesiasticorumque testimoniorum 11. 2, rapsodo Herrn.
Buschio. Marb. 1529. In einer andern Ausgabe lautet der Titel: Ratio
brevis . . . conc, vulgo Modus praedicandi adpellata, a quodam .... con-
cinnatoro ... S. 1. et a. 48 Bl. 8. Kuczynski 3534, wo Holdr. Wieland
als Herausgeber genannt wird.
3) De potestate christianorum regum in suis ecclesiis contra Pontificis
tyrannidem et horribilem impietatem, 1534.
4) Oratio, qua docet, omnes . . . potissimum Anglos, regiae digfni-
tati cumprimis ut obediant u. s. w. 1535, abgedr. bei Gerdes, H. Ref. IV,
Doc. 148.
Dritte Classe. 289
■
bürg aufgestellt, — Articuli novoruin Wormaciae evangelistÄrum,
die Thesen des Jakob Kautz *), von denen Cochlaeus f. 159 berich-
tet, er habe sie ins Lateinische übersetzt und an Robert Ridley ge-
sandt mit einer Vorrede, worin er sagt: Mitto ad te aliquot arti-
culos nov. Worm. ev., — Articuli 47 plebis Francfordiensis, die
f. 106 zum J. 1525 erwähnten, während des Bauernaufstandes auf-
gestellten 41 Artikel (in anderen Drucken 46; 47 hat der Index wie
Cochlaeus), 4 Bl. 4.^). — Berneneis disputatio fand P. im Yen. Das
unmittelbar darunter stehende Bernensis reformatio contra missam
(von Ben. gestrichen) stammt aus f. 177, wo Cochlaeus nach dem
Bericht über die Berner Disputation von 1528 das Reformations-
edict vom 7. Febr. 1528') erwähnt. Acta synodi Bernensis ist die
„Berner Synodus" (Kirchenordnung) vom 9. Jan. 1532*). Collo-
quium Wormatiae institutum anno 46 stammt aus Cochl. f. 278, wo
Melanchthons und Bucers Schriften darüber erwähnt werden. —
Comitia Spirae et Wormatiae stammt aus Ven. Cochl. erwähnt f. 287,
Paul III. habe über den Reichstag von Speyer von 1544 dem Kaiser
eine paterna epistola geschrieben, gegen welche die Lutheraner hor-
renda convicia veröffentlicht hätten (s. u. Admonitio). So wird also
dieser Reichstag und der Wormser von 1545 im Index gemeint sein.
— Mit Decretum Norimbergense editum a. 1523 wird nach f. 79
die Ausgabe desselben mit Luthers Auslegung (Weller 2603) ge-
meint sein. Visitatio Saxonica ist nach f. 190 der Unterricht der
Visitation an die Pfarrherren u. s. w. von 1528 (von Melanchthon,
C. R. 2(), 29), Iiistructio visitationis Saxonicae die 1538 für Däne-
mark von Bugenhagen angefertigte lat. Uebersetzung.
Andere derartige Sachen: Acta cum protestantibus Francofurti,
der sog. Frankfurter Anstand von 1539, und Acta comitiorum Au-
gustae (1530) et Hagenoae (1540), stammen nicht aus Cochlaeus,
sondern sind wohl auf Grund der in Rom darüber stattgehabten Ver-
handlungen in den Index gesetzt ^). — Ferner: Confessio Baronum
ac Nobilium Boemiae (a. 1535 Romanorum Regi Viennae oblata),
Witt. 8. a., nochmals 1558 mit einer Vorrede von Vergerio ^), --
Apologia de doctrina Valdensium, 1538 mit einer Vorrede von Luther
1) Kapp, Nachlese II, 700.
2) Abgedruckt Forschungen z. D. Gesch. 9, 635. Vgl. Janssen, Gesch.
n, 610,
3) R.-E. 2, 318. 4) R.-E. 2, 324.
5) Card. Aleander schreibt d. d. Rom 24. Juli 1640: der Papst habe
die Beschlüsse des Augsburger Reichstags von 1630 einer Commission
von Cardinälen, Theologen und Canonisten überwiesen und sei auch über
die Frankfurter und Hagcnauer Verhandlungen sehr ungehalten. Er ver-
langte von dem Kaiser die Aufhebung des Frankfurter Anstandes (Ranke,
D. Gesch. 4, 88). Laemmer, Mon. Rom. p. 233. 297.
6) Clement IV, 463. Serapeum 1858, 89.
Beiuob, Index. \(^
Ö90 Index Pauls IV.
gedruckt^), — Valdensium Confessio et Apologia fidei ad Vladifllaum
Reß^em Ungariae, d.i. Duplex Confessio Waldensiiim u. b.w. 1518*).
Causae quare synodum indictam a Rom. Pont. Paulo III. (das
nach Mantua berufene Concil) recusarint PrincipeR, Status et Civi-
tates Imperii profitentes pnram et cath. doctrinam, ist die lat.
Uebersetzung des Titels „Ursachen, so die Chur und Fürsten, auch
Stande und Stedte der f^ekenntniss wahrhafftiger göttlicher und evan-
gelischer Lehr** u. s. w., Witt. 1537, wovon gleichzeitig eine lat.
Ausgabe erschien : Protestantium Imperii Statuuni rationes cur sy-
nodus illa quam Paulus III. u. s. w. Eine andere Protestation
gegen die Berufung des Concils nach Mantua steht zweimal bei P.
(erst seit Ben. nur einmal, unter Angliae): Liber inscr. lUust. et
Potent. [Regis], Senatus Populique Angliae sententia de eo concilio
quod Paulus Ep. Rom. [Mantuae futurum simulavit, et de ea Bulla
qua ad Calendas Nov. id prorogavit, declaratio. Wittenb. 1537.
30 S. 8] und Regis et Senatus Anglici sent. . . . simulavit^).
4. In der 3. Cl. stehen zwei päpstliche Actenstücke wegen der
ihnen beigefügten polemischen Glossen (beide Schriften sind ursprung-
lich anonym erschienen, aber von Calvin verfasst): Consilium [ad-
modum paternum] Pauli III. P. R. datum Imperatori in Belgis [per
Card. Farnesium pro Lutheranis a. 1540] et Eusebii Pamphili [ejusdem
consilii] pia [et salutaris] explicatio, impr. per Job. Zelotem Nico-
poli Pamphiliae; am Schlüsse: Datum Bethuliae Judaeae a. 1541
m. Martio*), — und Scholia in Epistolam Pauli III. Pont. Max.,
— 80 noch jetzt; gemeint ist: Admonitio paterna Pauli III. P. M.
ad invictiss. Caesarem Carolum V., qua eum castigat quod se
Lutheranis praebuerit nimis facilem, deinde quod tum in cogenda
synodo, tum in definienda fidei controversia aliquid potestÄtis sibi
sumpserit. Cum scholiis. 1545, 90 S. 8*). Etwas früher war von
Calvin erschienen: Supplex exhortatio ad invictiss. Caesarem Ca-
rolum V. et 111. Principes aliosque Ordines Spirae nunc Imperii con-
ventum agentes, ut restituendae Ecclesiae curam serio velint suscipere,
eorum omnium nomine edita qui Christum regnare cupiunt, per D.
Jo. Calvinum. 1548*). Eine italienische Uebersetzung davon ist ge-
meint oder der Titel italienisch wiedergegeben mit Supplice essor-
taziono di nuovo (neulich) mandata alT invittiss. Cesare Carolo V.
— Nicht ein päpstliches Schreiben, sondern eine Satire ist: Pauli IV.
1) KÖ8tlin, Luther II, 359. 2) Clement IV, 458.
3) Clement I, 336. Baumg. 6, 70. Abgedruckt bei Gerdes H. Ref. IV
Doc. 173.
4) Kampschulte, J. Calvin S. 335. Abgedr. Opp. Calv. V, 461-508.
Uebcr das Consilium vgl. Seckendorf, H. Luth. 1. 8, s. 21, § 79.
5) Stähelin, J. Calvin, II, 167. Opp. Calv. VII, p. XXIX. Das
Schreiben Pauls III. steht bei Pallav. 5, 6, der ursprüngliche schärfere
Entwurf bei Raynaldus a. 1544 No. 7. Vgl. Seckend. 1. 3, s. 29. § 114. 115.
6) Opp. Calvins t. VI, p. XXIX.
Dritte Ciasse. 291
Papae Rom. Epistola consolatoria et hortatoria ad suos dilectos filios;
Ben. hat beigefügt: quae tarnen falso ei tribuitur.
5. PasquilluH FagiuH (noch jetzt im Index) ist ein pures Yer-
flehen, dadurch entstanden, dass im Ven. auf die Pasquille Paulus
Fagius folgt. Evangelium Pasalli (erst seit Ben. Pasquilli) ist ein 1520
auch deutsch erschienenes Pasquill: Ein Evangelium Pascuilli, darin
das Römisch leben gegründet vnd bestetiget würt, 3 Bl. 4*). —
Andere Pasquille und pasquiliähnliche Schriften, die durch P. in
die 3. Cl. kamen, sind: CoUatio divinorum et papalium canonum. —
Concordantiae principum nationis Germaniae de astutiis christianorum
(ohne Zweifel verdruckt für curtisanorum ; Ben. hat wie Sot. chri-
stianorum vel curtisanorum!). — Dialogus paradoxos, quo Rom. Pon-
tificis Orator una cum eo qui est u. s. w. und Dial. Oratoris Pon-
tificis Rom. et illius qui est Pontifici a confessionibus u. s. w. (dieser
schon bei Casa) scheinen identisch zu sein. — Epistola de non apostolicis
quorundam moribus, qui in apostolommse[locumsuccessisse gloriantur],
S. l. et a. 4 Bl. 4*). Sie beginnt: Lucifer princeps tenebrarum universis
sociis regni nostri, . . praecipue modernae Ecclesiae principibus. Eine
andere Ausgabe (von 1507) hat den Titel: Epistola Luciferi ad malos
principes ecclesiasticos. Diese Ausgabe steht seit S. auch im Tndex
(mit christianos statt eccles.). Flacius gab sie als Ep. Luc. ad
spirituales 1549 und deutsch 1550 heraus und bezeichnete Nie.
Oren — Oresmius, Bischof von Lisieux, t 1382^), — als Verfasser.
Jedenfalls erst aus dem 16. Jahrb. ist Bulla diaboli, [qua pateme
Papam suum admonet atqne instruit], 1545. 8 Bl. *). — Epistola
de magistris nostris Lovaniensibus, [quot et quales sint, quibus
debemus magistralem illam damnationem Lutheri] 1520, datirt von
1518, unterzeichnet G(uilelmus) Nfesenus) N(astadiensis), nur einige
Blätter'*). — Germanicae nationis lamentationes und Threni Hiere-
miae mysticati stehen noch jetzt beide im Index (ersteres unter Lam.).
Es ist aber dasselbe Schriftchen ^). Es enthält eine Travestie von
Stücken der Klagelieder des Jeremias mit Commentar und beginnt:
Threni Hieremiae mysticati. Quomodo sedet sola Germania u. s. w.
1) Lat. in Gurions Pasq. tomi duo 802 und bei Wolf, Lect. mem. II,
868, deutsch bei Schade, Satiren II, 105.
2) Abgedr. bei Wolf, Lect. mem, I, 654. Schade 11. 80.
3) Busse 1693. F. S. 1734, 885. Strobel, Mise. II, 135.
4) Peignot II. 212.
5) Abgedruckt in Zwinglii Opp. VII, 36. Neeb, Denkschr. des Sem.
zu Herborn III, 24.
6) Lamentationes germanicae nationis; am Ende: Excusus est libel-
lus istc . . . apud inclytae Asiac civitatcm Lactophagam ubi plures
uigent Lutherani. A. 1526. 11 Bl. 4. Abgedr. bei Wolf II, 294. Schade
n, 312.
2^2 Index Paul» IV.
— Modus flolennis et authcnticus ad inqiiirendum (LuteranoR, valde
necessariuß ad salutem S. Apost. »Sedis . . a. 1519 compoRitus ii. r. w.]
ist die von Vergerio 1553 besorgte vermehrte A*iisgabe einer dem
Mag. S. Pal. Prierias unterschobenen Anweisung zur Verfolgung
der Ketzer, speciell der Lutheraner '). Das Pasquill steht seit Ben.
unter Prierias, allerdings mit: qui tarnen falso ei tribuitur.
Der dem h. Ulrich, Bischof von Augsburg, f 937, unterscho-
bene Brief an P. Nicolaus I., — er wird in der Fortsetzung der Chron.
Abbatis Ursperg. erwähnt und ist seit 1521 oft gedruckt, auch bei
Flacius Cat. 77, — steht seit P. im Index als Epistola S. Ulrico
adscripta. In der Antw. App. wurde er auch als Uldarici ad P.
Nicolaum Ep. quam finxerunt Balaeus et Westmerus verboten, von
S. sogar als Huldarico Episc. Aug. Ep. adscripta adversus Nie.
Papam, und dieses hat dann neben jenem im Index gestanden, bis
Ben. schrieb : S. Hulrici s. Hulderichi Aug. Episc. Epist. ad Nie. I.
pro defensione conjugii sacerdotum, quae tamen falso ei tribuitur.
G. Wenn P. eine Anzahl von älteren Autoren und Schriften, die
im Ven. stehen, gestrichen hat, so hat er anderseits einige beigefügt.
So (unter Liber inscriptus): Itinerarium Petri per dementem, die
Clementinischen Recognitionen, aus dem im Anhang des Ven. abge-
druckten Decr. Gelas., — Abdias de vitis XII Apostolorum und
Nicodemus de passione ChrisH. Die beiden ersten wurden von Tr.
gestrichen; das Evangelium Nicodemi steht noch jetzt im Index*).
— Nur bei P. steht auch Opus imperfectum in D. Matthaei evange-
lium, D. Chrysostomo falso attributum s). — Tractatus de vera et
pura Ecclesia D. Athanasio falsissime adscriptus — von BuUinger?
— steht noch jetzt im Index.
Belial s. de consolatione peccatorum ist das im 15. und 16.
Jahrhundert in vielen lateinischen Ausgaben und mehreren Ueber-
setzungen erschienene Buch des Canonisten Jacobus Palladinus de
1) Serapeum 1858, 78. Abgedr. bei Brown, Fasciculus II, 875. Die
erste Ausgabe, Ars et modus inquircndi et damnandi u. s. w., s. 1. et a.
(1519) 8 Bl. 4 (Kuczynski 2519), abgedr. bei Boecking I, 489.
2) In der Antw. App. steht auch „De Passic ons Heeren Jesu Christi
als rtns Nicodemus ende de vier Evangelisten bescrijucn, Antwerpiae*^ (es
gibt auch eine s. 1. et a. gedruckte deutsche Uebersetzung des Ev. Nie.
8. Kuczynski 779), forner „De Testamenten der XII Patriarchen, a. 66
«fe 62".
3) Es ist bekanntlich das Werk eines lateinischen Arianers aus dem
6. Jahrh. Im 16. Jahrh. meinte man vielfach, es sei von Chrysostomus,
aber von den Arianem verfälscht (Gibbings, An exact reprint of the
Rom. Ind. Exp. p. XXVI. XXX). Jo. Mahusius gab heraus: D. Jo. Chrys.
commentariorum in Ev. Mth. opus hactcnus inscriptum Opus imp., ab
Arianis foecibus purgatum et recens ad vetusti exemplaris fidem recognitura,
Antw. 1637. 1648.
Dritte Classe. 29S
Theramo (f als Erzbiscbof von Tarent 141 7\ worin die Wahrheit,
(lass Christus die Menschen erlöst, in der Form eines Processes
zwischen Christus und Belial dargestellt wird. Prosper Marchand
meint, gewiss mit Unrecht, es sei auf den Index gesetzt worden,
um den Vorwurf zu vermeiden, dass man de si grandes pauvretes
autorisire. Wenn man das Buch nicht als eine Art von Profana-
tion des Dogma's angesehen, könnte die von Flacius hervorgehobene
Stelle in cap. 54 dazu Anlass gegeben haben, wonach 1409 der
Antichrist kommen sollte. Das Verbot scheint sich übrigens zu-
nächst auf die italienische Uebersetzung zu beziehen, die den Titel
hat: Belial volgare intitolato Consolatione de' peccatori . . . Ven.
1544»).
7. Von einigen noch nicht erwähnten Schriften der 3. Cl.
scheinen die Compilatoren des Index ein Exemplar in Händen ge-
habt zu haben, da sie den Titel genau angegeben; so, abgesehen von
den italienischen Schriften, von Commentarius in priorem Timothei
epist. a viro summae pietatis conscriptus (Basel 1533). Dagegen
werden sie die lateinische Uebersetzung der Titel einiger ganz un-
bedeutender deutscher Schriftchen irgendwo abgeschrieben haben,
z. B. Li her inscriptus: Cur Ecclesia quatuor evangelia accepUivit
(seit Ben. unter Ecclesia) ist das Schriftchen: Warum die Kirch
vier Evangelisten hat angenommen, eyn papistisch frag. Ein Christ-
1) Zacü. p. 127. Die älteste lateinische Ausgabe hat den Titel: Jacobi
de Ancharano Processus Luciferi contra Jesum coram judice Salomone,
s. 1. et a., eine andere: Jac. de Theramo Compeiidium perbreve Consolatio
peccatorum uuucupatum et apud uonnullos Belial vocitatum, ad P. Urba-
uum VI. conscriptum, i. e. Processus Luciferi principis daemoniorum nee
nou totius infernal is congregationis, quorum procurator Belial, contra
Jesum Christum, . . . cujus procurator Moyscs, de spolio animarum, quae
in lymbo erant, coram judice Salomone, s. 1. et a. Vgl. Marchand s. v.
Palladiuus. Stintzing, Gesch. der pop. Lit. S. 271. Schulte, Gesch. II,
377. — V. 59 und die folgenden span. Ind. verbieten Belial procurador
de Lucifer contra Moysen procurador de Jesu Christo ; S. hielt dieses für
den Titel eines andern Buches und nahm ihn, ins Lateinische übersetzt,
neben Belial s. de cons. pecc in den Index auf; er wurde aber von Cl.
gestrichen. In der Antw. App. steht auch Belial, een rechtelijck ghcdinge
tuschen Belial den heischen procureur, by Jan van Ghele a. 1558. — Bei
Sot. (nicht im Rom. Ind.) wird auch der Processus joco-serius, Hanoviae
1611 (von Goldast) verboten, welcher ausser dem Belial mit dem Cora-
mentar von Jac. Ayrer auch Bartoli a Saxoferrato Proc. Satanae contra
D. Virginem coram judice Jesu und Martialis Arvcrni Arresta amorum s.
proc. intcr amantes enthält. Uebersetzungen des letzten Stückes werden
die Arrestos de amor sein, die im Liss. 81 in französischer, spanischer
and jeder andern Sprache, spanisch auch bei Sot. verboten werden.
294 Index Paah IV.
liehe antwort darüber . . . von Gallus Korn, 8. 1. et a. (1524), 8
Bl. 4 (Weller 2936). — Contra sanctos Zeylleysten (in Antw. App.
Zeghelfttein c. s.) ist: Dass die Heyligen für Gott nicht anzurüffen,
noch für keyne Miller zwischen Gott vnd dem menschen zu
halten seyn, eyn kurtzer vndterricht Vlrichi Zeüleysen, — dem Kath
und der Gemeinde von Steinach gewidmet, b. 1. 1524, 8 Bl. 4
(Weller 3226).
26. Aufiialime des Index Pauls IV. Edict des GeBeral-
Iiiquisitors Card. Ghislieri vom J. 1561.
Der Index Pauls IV. erregte als der erste päpstliche Index
überall, wo er bekannt wurde, grosse Aufmerksamkeit und wegen
seines Inhalts bei vielen grosses Aufsehen. Es ist allerdings
unrichtig, wenn öeabra (II, 8), nachdem er von dem im Auf-
trage Karls V. von der Löwener Universität angefertigten und
auch in Spanien publicirten Index von 1550 (und der neuen
Ausgabe desselben von 1558) gesprochen, — die Pariser und
italienischen Indices erwähnt er nicht, — sagt: unter Paul IV.
hätten die Curialisten und Jesuiten diese in ganz Europa mit
Beifall aufgenommenen (!) Indices beseitigen wollen ; sie hätten
gemeint, es zieme sich für die Curie nicht, dieselben anzu-
nehmen; sie hätten auch den Fürsten und Universitäten das
Recht nicht bestreiten können, Indices zu machen; sie hätten
darum Paul IV. verleitet, einen eigenen Index anfertigen zu
lassen, um dadurch den Löwener zu beseitigen. Es lag doch
sehr nahe und war nach der Errichtung der Römischen In-
quisition eigentlich selbstverständlich, dass man in Rom das
Aufistellen solcher Verzeichnisse selbst in die Hand nahm und
nicht mehr den Fürsten, Universitäten und Local-Inquisitoren
ttberliess. — Auch darin liegt das Bedenkliche nicht, dass Paul IV.
die drei Glassen einführte, die die Löwener Indices allerdings
nicht kannten: die Unterscheidung der 2. und 3. Glasse war ja
eine rein formelle und fand sich auch schon in dem Löwener
Index, und auch das, was das Wesentliche bei der 1. Glasse
ist, das Verbieten sämmtlicher Schriften von bestimmten Schrift-
stellern, kommt schon in dem Löwener Index, ja schon in dem
Aufnahmü düsselbcn. 296
Edicte Karls V. von 1540 vor. Das AuflFallende war die weite
Ausdehnung, welche der 1. Classe (nach dem Vorgange von
Med. und Ven.) von Paul IV. gegeben war, und in dieser Bezie-
hung hebt Seabra nicht mit Unrecht hervor, dass man nach der
1. Classe die sämmtlichen „vergangenen, gegenwärtigen und zu-
künftigen" Schriften von vielen, auch von katholischen Schrift-
stellern in odium auctorum als verboten habe ansehen müssen
und dass, was mindestens ebenso schlimm war, die sämmtlichen
Verlagsartikel von vielen Buchhändlern verboten worden seien
(definitiv allerdings nur die zukünftigen, vorläufig aber auch die
bereits vorhandenen). Auch das hebt Seabra mit Recht hervor,
dass Paul auch Bücher verboten habe, die nichts mit dem Dogma
zu thun hätten; aber dieser Vorwurf trifft, wiewohl in viel ge-
ringerm Masse, auch die Löwener.
Richtiger sagt Spondanus (Annal. Baron, contin. a. 1557, 5) :
„Während bis dahin sowohl die von Päpsten als die von
Kaisern erlassenen Bücherverbote sich auf ketzerische Bücher
beschränkten und andere schlechte Bücher nur dann verboten
wurden, wenn auch ihre Verfasser verdammt worden", — von
dem Edicte Karls V. von 1540 gilt das aber doch nicht, — habe
Paul IV. „verderbliche Bücher jeder Art, auch nicht religiösen
Inhalts, auch Bücher von katholischen Verfassern und die von
verdächtigen Druckern herausgegebenen Schriften, worüber sie
auch handeln mochten, verboten". Spondanus findet freilich,
das sei prudentissima cautione geschehen, da ausser den ketze-
rischen Büchern auch viele andere für den Glauben und die
Sitten gerährlich seien und ketzerische Schriftsteller und Drucker
auch bei der Behandlung anderer Gegenstände ihr Gift beizu-
mischen pflegten. — Man wird sagen müssen : Paul IV. ist nur
auf dem Wege weiter fortgeschritten, den die Verfasser der
älteren Indices schon betreten hatten, aber freilich so viel weiter,
dass er alle seine Vorgänger sehr weit hinter sich zurückliess.
Welchen Eindruck der Index auf Römische Gelehrte machte,
zeigt ein Brief, den Latinus Latinius am 19. Jan. 1559, also kurz
nach der Publication, an Andreas Masius schrieb:
„Was kommt dir in den Sinn, dass du in der Zeit, in welcher
uns fast alle bisher erschienenen Büclier entzogen werden, neue ver-
öffentlichen willst? Bei uns wird, denke ich, viele Jahre niemand
296 Index Pauls IV.
etwas zu schreiben wagen als Briefe. Es ist kürzlich ein Index der
Bücher erschienen, die wir bei Strafe der Excomniunication nicht haben
dürfen; es sind ihrer so viele, dass uns nur sehr wenige übrig
bleiben, namentlich von denjenigen, die in Deutschland gedruckt
sind. Darum rathe ich dir, die Uebersetzung des Demosthenes und
die Varianten der Bibel liegen zu lassen. Faernus ist schon einige
Tage mit der Säuberung seiner Bibliothek beschäftigt; ich werde
morgen damit beginnen, damit man bei mir nichts findet, was zu
besitzen nicht erlaubt ist. Soll ich das einen Schiffbruch oder eine
Feuersbrunst für die Bücher nennen? Es wird jedenfalls viele von
euch vom Bücherschreiben abschrecken und sehr vielen Buch-
druckern zur Warnung dienen, nicht alles ohne Auswahl zu
drucken" *).
Dass die Bücher, welche nach dem Decrete der Inquisition
an die Bischöfe oder Inquisitoren abzuliefern waren, verbrannt
werden sollten, ist nicht ausdrücklich gesagt, war aber nach
dem Brauche der Inquisition gemeint. Ohne Zweifel sind auch,
so weit der Arm der Inquisition reichte, damals viele Bücher
abgeliefert oder confiscirt und verbrannt worden'-). Aber es ist
doch eine rhetorische üebertreibung, wenn Natalis Comes er-
zählt: „Es wurde überall eine solche Menge von allerlei Bü-
chern verbrannt, dass es, wenn man sie zusammen verbrannt
hätte, beinahe einen Trojanischen Brand gegeben hätte. Keine
private oder öffentliche Bibliothek wurde verschont und nicht
beinahe ausgeleert. In vielen Städten Italiens wurden Bücher
verbrannt, nicht ohne viele Klagen der Leute über den Verlust
der Kosten"*).
In seiner ganzen Strenge ist das Decret wohl selbst in
Rom nicht ausgeführt worden. Ein Avviso di Roma vom 14. Jan.
1559*) meldet: ein Ordensgeistlicher habe den Vorsitzenden der
Inquisition [also wohl den General-Inquisitor Card. Ghislieri]
darauf aufmerksam gemacht, dass man in Spanien milder ver-
fahre, indem man in vielen Büchern das Bedenkliche ausstreiche
und sie dann den Eigenthümem zurückgebe (er habe ein so ex-
purgirtes Buch vorgezeigt); so könne man auch in Rom ver-
1) Jul. Pogiani Epp. III, 149. Schclhorn, Erg. I, 11. Mcndham p. 53.
2) In Padua wurde auch Melanchthons Grammatik verbrannt, aber
doch nur privatim. Schelh. Am. lit. 7, 98.
3) Bist. 8ui tomporis 1. 11, p. 262 bei Mcndham p. 52.
4) Bei Friedrich, Gesch. des Vat. Concils I, 10.
Aufnahme desselben. 297
fahreu, um nicht den Buchhändlern und den Gelehrten durch
Vernichtung der Bücher so grossen Schaden zuzufilgen. Der
Vorsitzende habe allerdings geantwortet, Rom gebe Spanien und
der ganzen Welt Gesetze, nicht Spanien den Römern; aber
andere hätten doch den Vorschlag des Paters zweckmässig ge-
funden, und man hoffe, es werde eine Verordnung erscheinen,
durch welche die Sache so werde gemildert werden, dass nicht
alle im Index stehenden Bücher verbrannt würden. — Aus Bo-
logna meldet ein Avviso vom 9. und 11. Febr. 1559: „Der Index
wird hier beobachtet. Es ist nichts anderes erlaubt worden
als der Thesaurus linguae latinac und die Commentarii von
Dolet ; von den Sachen des Erasmus darf man nichts behalten
als einige seiner Uebersetzungen [von Kirchenvätern], in denen
aber überall sein Namen beseitigt werden muss." — Wenn
Bullinger an Ambr. Blaurer schreibt: „Zu Rom verbrennt (exurit)
Paul IV. Bücher, und zwar von Erasmus alle. Auch Cyprianus,
Hieronymus und Augustinus werden jetzt verbrannt (combu-
runtur), weil sie durch die Scholien des Erasmus beschmutzt
sein sollen"'), so will er, wie der Gebrauch des Präsens zeigt,
offenbar nicht ein wirklich stattgefundenes Verbrennen der Bü-
cher in Rom berichten, sondern den Index Paul IV. charakte-
risiren.
Paul IV. starb am 18. Aug. 1559, und nach seinem Tode
und der Lynchjustiz, welche die Römer an der Inquisition übten
(S. 173), wird von einer strengen Durchführung ihres Decretes
auch im Kirchenstaate zunächst nicht mehr die Rede gewesen
sein, und im J. 1561 wurde dasselbe, wie wir sehen werden,
durch Pius IV. gemildert. Ausserhalb des Kirchenstaates wurde
das Decret noch weniger strenge durchgeführt. Der Index
wurde ausser in Bologna auch in Venedig und Genua auf Ver-
anlassung der dortigen Inquisitoren abgedruckt und publicirt,
aber zu einer strengen Ausführung des Decretes kam es wenig-
stens in Venedig nicht. Der Vicekönig von Neapel und der
Gouverneur von Mailand Hessen den Index nicht publiciren,
sondern berichteten an den König von Spanien 2). Der Herzog
1) Hottinger, H. E. 9, 408.
2) Galluzzi, Ist. di Toscana 1. 2, a 9 (Fir. 1781, I, 238) berichtet
298 Index Pauls IV.
Gosimo von Toscaua, an den sich die Magistrate von Basel,
Zürich, Frankfurt u. s. w. mit der Bitte um Schutz für ihre
Buchdrucker und Buchhändler gewendet hatten, beauftragte den
Juristen Livio Torelli, ein Gutachten abzufassen, und dieser hob
hervor, dass die Ausführung des Decretes den Florentinern einen
Schaden von 100,000 üucatcn bringen, die Buchdrucker und
Buchhändler ruiniren und alle in Deutschland, Paris und Lyon
gedruckten Bibeln und Glassiker und viele andere nützliche
Bücher in Asche verwandeln würde. Auch der Leibarzt des
Herzogs, Andrea Pasquali, machte Vorstellungen. Da der Car-
dinal von Alexandria drängte, veriügte der Herzog endlich, alle
Bücher, die gegen die Religion oder über Magie und Astrologie
handelten,' sollten verbrannt werden, — was denn auch am
8. März 1559 auf der Piazza San Giovanni und Santa Croce
feierlich geschah, — die übrigen vorläufig nicht. Den Mönchen
von San Marco, welche das Decret wörtlich ausführen wollten,
verbot der Herzog als Patron des Klosters, die von seinen Vor-
gängern geschenkten Bücher zu verbrennen.
Ausserhalb Itiiliens wurde, — abgesehen von Avignon, —
das Decret noch weniger ausgeführt. In Spanien wurde der
Index Pauls IV. nicht berücksichtigt (§ 27), und als er in der
Sitzung der Sorbonne vom 16. Juni 1559 mit der Bitte um die
Erlaubniss zum Drucke vorgelegt wurde, beschloss dieselbe, ehe
sie den Abdruck gestatte, ihn zuvor durch einige Doctoren
sorgfältig prüfen zu lassen 0- Er wurde in Paris nicht gedruckt.
Benito Arias Montauo sagt: „Der Index empörte alle Ge-
lehrten, die davon Kunde erhielten. Er fand in Frankreich und
in dem grössern Theile von Italien keinen Gehorsam und in
Spanien wurde nicht erlaubt, ihn zu publiciren"*). Selbst in der
Vorrede zu dem Trienter Index wird bemerkt, man habe in
ausführlich über die Verhandlungen in Florenz: Si attcndevano le reso-
luzioni dclli altri governi, ma i Veneziani dissimulavano, il Vicere di
Napoli e il Governatore di Milauo ne aveano parte al Re in ßandra u. 8. w.
Vgl. Cantü, GH eretici II, 438.
1) Arg. I ad ind. XXI. II a 278.
2) Brief vom 16. Nov. 1571. Memorias de la R. Acad. de Hist.
VII, 154.
Moderatio Indicis von 1561. 299
Trient coustatirt, daös der Index Pauls IV. in eiuigeu Proviuzen
und an einigen Orten darum bis jetzt nicht angenommen worden
sei, weil darin einige Bücher verboten würden, deren Verbot
für Gelehrte grosse Unzuträglichkeiten habe.
Eine von den in dem Index Pauls IV. enthaltenen drakoni-
schen Bestimmungen wurde im Auftrage seines Nachfolgers
Pius' IV. von dem General-Inquisitor Card. Michael Ghislieri
(später Pius V.) durch eine vom 24. Juni 1561 datirte Moderatio
Indicis librorum prohibitorum etwas geändert:
„Bezüglich der Bücher von rechtgläubigen Vätern und anderen
gläubigen oder noch nicht verworfenen ungläubigen Schriftstellern,
welche von Ketzern übersetzt, gedruckt oder herausgegeben worden
sind, ist bestimmt worden, dass man dieselben nicht lesen oder be-
halten dürfe ohne eine schriftliche Erlaubniss von dem Officium der
h. Römischen Inquisition oder von den Commissaren desselben h.
Officiums oder von den Inquisitoren oder ihren Vicarien. Diese
Erlaubniss ist aber niemand zu ertheilen, wenn nicht zuvor die
Vornamen, Zunamen, Anmerkungen, Scholien, Censuren, Argumente,
Summarien und alle anderen Spuren des Andenkens und der Tliä-
tigkeit aller derjenigen, die in der 1. Classc des Index des h.
Officiums verzeichnet sind , wegradirt oder so durchgestrichen
sind, dass sie nicht gelesen oder wahrgenommen werden können.
Sobald aber solche von Ketzern übersetzte, herausgegebene oder
gedruckte Schriften durch Schriftsteller von bewährtem Glauben neu
herausgegeben und zugänglich gemacht sein werden, soll jede er-
theilt« Erlaubniss als zurückgenommen und ungültig angesehen
werden.**
Es ist charakteristisch, dass der spanische General-Inqui-
sitor Vald^s den Inquisitoren befahl, dieses Decret nicht zu
publiciren, bis der König verfügt haben werde'). — Vielfach
gemildert wurden die Bestimmungen Pauls IV. in dem auf dem
Trienter Concil vorbereiteten, 1564 publicirten Index.
Dass die Moderatio vom 24. Juni 1561 datirt war, gibt Zac-
caria p. 147 an; sonderbarer Weise bezeichnet er aber Paul IV.,
der schon l559 gestorben war, als denjenigen, der sie habe ver-
öffentlichen lassen. Derselbe Irrthum findet sich bei Heymans p. 157
und A. J. P. II, 2624, wo von der Moderatio gesagt wird:
flDas sind die Concessionen, die Paul IV. dem Unglück der Zeiten
und der menschlichen Schwachheit machte**. Mendham meint irr-
thümlich p. 43, die Moderatio gehöre zu dem Index Pauls IV.,
weil er sie (ohne Datum) in seinem Exemplare fand (s. o. S. 259
Anm. 2). Wäre sie ein Bestandtbeil des Index von 1559, so müsste
1) Llorente I, 472.
300 Index des Valdes von 1559.
sie sich, was nicht der Fall ist, in allen Exemplaren der Quart-
ausgabc, in der Octavau8gabe und in dein Abdruck dcH Vergerio
finden. Wenn «ie in [dem Münchener Exemplar] der Ausgabe von
Bologna (S. 200) vor dem am Schlüsse befindlichen Imprimatur
des Inquisitors steht, so lässt das vermuthen, dass diese Ausgabe
erst 1561 gedruckt ist und das Datum auf dem Titelblatt, 17. Jan.
1559, das Datum eines frühern Druckes oder der ersten Publica-
tion des Index in Bologna ist.
Joh. Herold in Basel bat den Cardinal Otto Truchsess, Bischof
von Augsburg, er möge sich dafür verwenden, dass sein und seines Ver-
legers llerwag Name aus dem Index entfernt werde. Der Cardinal
antwortete d. d. Koni 10. Oct. 1562 : eine derartige Verwendung sei
nicht möglich, so lange niclit ^die Unschuld** von Herolds Schriften
erwiesen sei; er möge also zunächst irgend einen Beweis seiner
katholischen Gesinnung für diejenigen liefern, welche eine andere
Meinung von ihm hätten, und die Kirche versöhnen, wenn er etwas
Anstössiges gesagt oder geschrieben, was ihm ja nach dem, was er
über seine Gesinnung in seinem Briefe sage, nicht schwer fallen
werde ; vor allem müsse er in den Büchern, für welche er die
päpstliche Genehmigung wünsche, die Namen der verdammten Schrift-
steller streichen, auf deren Autorität er sich stütze; er möge doch
diese Erinnerungen beachten, damit nicht die Ausgabe der Werke
des gelehrten und heiligen Mannes, von der er spreche (Herold
hatte also wohl für eine von ihm beabsichtigte Ausgabe eines Kir-
chenvaters eine Gutheissung oder vielmehr ein Nicht- Verbieten von
Seiten des Papstes gewünscht), „um des Herausgebers willen das
Licht der Kirche, die er durch seine Schriften erleuchtet habe, zu
meiden genöthigt werde** ^).
27. Der Index des spanischen General-Inquisitors
Valdes vom J. 1559.
Valdös publicirtc, wie wir gesehen, 1551 den Löwener
Index rait einem Anhange, 1554 einen Index expurgatorius zu
lateinischen Bibelausgaben. 1559 veröflfentliebte er den ersten
selbständigen spanischen Index prohibitorius^). Er erschien einige
1) Der Brief von Herold ist nicht gedruckt, die Antwort des Car-
dinais in Jul. Pogiani Epp. HI, 149.
2) Cathalogus Librorum, qui prohibentur mandato Illustrissimi &
Reverend. D. D. Ferdinandi de Valdes, Hispalcn. Archiepi, Inquisitoris
Generalis Hispaniae. Ncc non et Supremi Sanctao ac Generalis Inquisitionis
Senatus. Hoc Anno M.D.LIX. editus. Quorum jussu & licentia Sebastianus
Index des Valdes von 1559. 301
Monate später als der Index Pauls IV., — das betreffende Ediet
ist Valladolid 17. Aug. 1559 datirt, — nimmt aber neben diesem
eine selbständige Stellung ein.
In diesem Index ist ein Breve Pauls IV. vom 4. Jan. 1559 ab-
gedruckt, welches für das Verhältniss der spanischen Inquisition
zu dem Römischen Stuhle charakteristisch ist. Der Papst sagt
darin: Valdös habe ihm neulich vortragen lassen, dass er als
General-Inquisitor in Spanien gegen die ketzerischen und ver-
dächtigen Bücher einschreite, dass aber viele Geistliche und
Laien vorgegeben hätten, sie hätten von dem apostolischen
Stuhle die Erlaubniss, solche Bücher zu lesen, um sie zu wider-
legen; er bitte also den Papst um Abhülfe. Er habe, fährt der
Papst fort, kürzlich alle derartigen Ermächtigungen zurückge-
genommen (folgt in extenso das Breve vom 21. Dec. 1558; s.o.
S. 261) und beauftrage Vald6s, nicht zu gestatten, dass irgend
jemand die besagten Bücher behalte, lese, drucke oder verkaufe,
vielmehr alle zu nöthigen, dieselben abzuliefern, diejenigen, von
denen ihnen bekannt sei, dass sie solche Bücher hätten, anzu-
zeigen u. 8. w., gemäss den ihm als General-Inquisitor über-
tragenen Vollmachten, mit Ausschliessung jeder Appellation
(juxta facultates tibi in officii hujusmodi concessas, appellatione
postposita).
Von dem Römischen Index, der eben damals gedruckt oder
im Drucke war, sagt Paul IV. in diesem Breve nichts. Er scheint
also vorausgesetzt zu haben, dass die spanische Inquisition selb-
ständig für Spanien das zu thun habe, was die Rrtmische Inqui-
sition für die übrige Welt. Auch in dem vor dem päpstlichen
Breve stehenden Edicte erwähnt Valdös den Römischen Index,
obschon er ihn gewiss gekannt hat, mit keiner Silbe.
In diesem Edicte gibt Valdßs zunächst den Inhalt des
päpstlichen Breve's an, und sagt dann weiter: Da er erfahren,
dass einige die Vorschriften des Breve's nicht beachteten und
verbotene Bücher besässen, läsen und aus anderen Ländern ein-
führten, unter dem Vorgeben, sie wüssten nicht, welche Bücher
Martinez Excudebat. Pinciae. — Auf der Rückseite des Titelblatts Phil.
4, (8. 9); am Endo Fue impresso en Valladolid. En casa de Sebastian
Martinez. AÜo de 1559. Pedro de Tapia. — 72 S. 4.* (München, Univ.).
302 Index des Valdes von 1559.
verboten seien, so habe er im Einverständnisse mit dem obersten
Inqnisitionsrathe beschlossen, die Bücher durch gelehrte und
gewissenhafte Männer prüfen und ein Verzeichniss derjenigen,
die zu lesen nicht gestattet sei, anfertigen und drucken zu lassen.
„Hiermit verordnen wir, heisst es weiter, dass niemand die in
diesem Catalog verzeichneten oder andere Bücher, welche von
ketzerischen Verfassern sind oderlrrthümer und Ketzereien ent-
halten, behalten und lesen, drucken, einführen oder verkaufen
soll, bei Strafe der gWissern Excommunication latae sententiae
und 200 Goldducaten. Auch soll gegen die Uebertreter als der
Ketzerei Verdächtige eingeschritten werden." Sonderbarerweise
werden mit der Excommunication und der gleichen Geldstrafe
auch diejenigen bedroht, welche „den Catalog drucken, verkaufen,
oder ausflihren, ausser Seb. Martinez, dem wir den Druck über-
tragen." Schliesslich werden die Inquisitoren beauftragt, für
die Publication des Edictes, namentlich in den Kirchen durch
die Prediger zu sorgen. — Am Schlüsse des Index (S. 72) wird
eine Vermehrung desselben in Aussicht gestellt: „Alle in diesem
Verzeichnisse enthaltenen Bücher werden verboten und es wird
befohlen, dass niemand sie behalte. Es werden noch viele andere
Bücher untersucht (se estan vieudo), und wenn sich darunter
Bücher von falschen, schlechten oder verdächtigen Lehren finden
sollten, werden sie verboten und den in diesem Verzeichnisse
enthaltenen beigefügt werden*'.
RaynalduR a. 1559, 15 — 21 theilt aus dem Liber brevium
Pauli IV. noch mehrere intereBsante Breven aus der ersten Hälfte
des Januars 1559 mit. In einem derselben, vom 5. Jan., wird bei
Strafe der reservirten Excommunication allen Beichtvätern in Spanien
befohlen, die Beichtenden sorgfältig zu fragen, ob sie Bücher von
Ketzern oder der Ketzerei Verdächtigen oder andere von dem Papste
oder von dem General -Inquisitor verbotene Bücher besitzen . . .
oder von derartigen Büchern Kenntniss haben oder andere kennen,
die sich in dieser Hinsicht etwas haben zu Schulden kommen lassen ;
eventuell sollen die Beichtenden nicht eher absolvirt werden, bis sie
die Bücher abgeliefert und der Inquisition Anzeige gemacht. —
Durch ein Breve vom 7. Jan. wird der Inquisition zur Bestreitung
ihrer Kosten je ein Canon icat und eine Präbende in jedem Capitel
überwiesen. — In einem Breve vom 4. Jan. wird der General-
Inquisitor mit dem obersten Rathe ermächtigt, Ketzer, von denen
mit Wahrscheinliclikeit vermuthet werden kann, dass sie ihre Ketze-
reien nicht aufrichtig, sondern nur um frei zu werden, abgeschworen
und dass sie nach Wiedererlangung der Freiheit dieselben zu ver-
Index des Valdes von 1659. 803
breiten fortfahren könnten, anch wenn sie nicht Rückfällige sind,
dem weltlichen Arme zu übergehen, um sie nach seinem Ermessen
hinrichten zu lassen. — Durch ein Breve vom 7. Jan. wird Valdes
für zwei Jahre ermächtigt, auch gegen Bischöfe wegen Ketzerei ein-
zuschreiten und sie nöthigenfalls zu verhaften; er soll aber darüber
sofort an den Papst berichten und die Gefangenen und die Acten
nach Rom schicken (diese Vollmacht hatte sich Valdes, wie wir
sehen werden, geben lassen, um gegen den Erzbischof Carranza von
Toledo vorgehen zu können). — Durch ein Breve vom 11. Jan. wird
Philipp II. aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das, was der Papst
Valdes aufgetragen, auch durch seinen königlichen Befehl zur Aus-
führung gebracht werde.
Wenige Jahre vorher waren die Beziehungen zwischen Rom
und Spanien weniger freundlich gewesen: Paul IV. nahm Bullen
zurück, in denen der spanischen Regierung Privilegien verliehen waren,
namentlich die einträgliche Bula de Cruzada, und wollte Philipp II.
excommuniciren und absetzen, dieser jenen mit Krieg überziehen.
Philipp II. liess 1.556 (angeblich durch Martin de Azpilcueta) eine
Denkschrift über die Feindseligkeiten des Papstes, in der starke An-
klagen gegen ihn vorgebracht werden, anfertigen und Bischöfen und
Theologen zur Begutachtung vorlegen. Melchor Cano, Soto und
andere Theologen erklärten in ihren Gutachten, der Papst könne
jene Bullen nicht ohne Einwilligung des Königs zurücknehmen und
der König dürfe den Papst als Souverän des Kirchenstaates be-
kriegen. Cano, der schon 1548 in Rom denuncirt war, wurde im
April 155H von dem Auditor der apostolischen Kammer citirt, die
Citation aber von der Regierung zurückgehalten ^).
Ueber die Vorgeschichte des Index von Valdes berichtet Llo-
rente (I, 468) folgendes: Im J. 1558 erliess die Inquisition eine
neue Instruction für die Inquisitoren : alle auf dem Index [dem von
1551 und dem handschriftlichen, S. 133] stehenden Bücher seien zu
confisciren, die ketzerischen zu verbrennen; die dem Melanchthon
zugeschriebenen Scholien und Noten in grammatischen Büchern seien
zu tilgen; die verdächtigen Bibeln seien zu untersuchen, desgleichen
alle in Deutschland seit 1519 ohne Angabe des Verfassers und
Druckers erschienenen Bücher [im Index werden alle seit 1525 er-
schienenen Bücher der Art verboten] ; die Uebersetzungen des Theo-
phylaktus von Oecolampadius und des Chrysostomus von diesem
und Wolfg. Musculus seien zu confisciren, die Commentare von
Ketzern zu katholischen Werken zu tilgen u. s. w. Francisco San-
chez, Prof. zu Salamanca, der seit mehreren Jahren bei der Revi-
sion der Bücher beschäftigt worden war, trug darauf in einer Ein-
gabe an die Superma in neun Artikeln Zweifel und Anträge vor,
1) Llorcnte I, 466. F. Caballero, ConquenseR illustres. 11. Melchor
Cano, 1871, p. 279. 382. In der Citation hoisst es: Perditionis filius Melchior
Canus, diabolicis motus suasionibus, non erubnit praedicare, antichristum
▼enisseu. s. w. — Vgl. Döllinger, Beitr. 1, 217.
30 i Index des Valdes von 1559.
und diese verordnete nnn weiter: die Professoren, welche orienta*
lische Sprachen studirten, seien von der Verpflichtung nicht befreit,
bei »Strafe der Exconimnnication die hebräischen und griechischen
Bibeln [zur Revision?] abzuliefern; bei den Buchhändlern seien diese
zu sequestriren ; die Besitzer von nicht auf dem Index stehenden
hebräischen, griechischen und arabischen Büchern seien nicht zu be-
unruhigen; die Verordnung über die ohne Angabe des Dnickorts
erschienenen Bücher beziehe sich nur auf neue und verdächtige Bücher
[also uicht auf Neudrucke von patristischen und anderen älteren Wer- '
ken]; den Poinponius Mela mit dem Commentar des Vadianus und
ähnliche Bücher dürfe man nicht behalten unter dem Vorgeben, dass
sie fast nichts Schlechtes enthielten und dass man die anstössigen
Stellen ausstreichen wolle; sie seien vielmehr als verboten anzu-
sehen, bis die Inquisition sie untersucht habe; alte Bücher, Schrif-
ten der Kirchenväter und mittelalterlichen Theologen, auch Lucian,
Aristoteles, Plato, Seneca und dgl. seien nicht verboten.
Wenn Llorente angibt, die Inquisition habe in diesem Erlass
angekündigt, sie werde die vorhandenen Indices, namentlich den
Löwener und den portugiesischen und den zu Rom auf Befahl des
Papstes angefertigten, in einen einzigen Index vereinigen lassen,
so kann das richtig sein; bei dem portugiesischen Index wird man
an einen handschriftlichen denken müssen, denn ein gedruckter er-
schien erst 1564. Wenn aber Llorente weiter sagt, Valdes habe
auf Sanchez' Rath in seinen Index alle Bücher aufgenommen, die in
den genannten und in den älteren spanischen Indices gestanden, so
entfernt sich das bezüglich des Römischen Index sehr weit von der
Wahrheit.
Formell unterscheidet sieb der Index des Valdes von dem
Pauls IV. in zwei Punkten:
1. Die Bücher werden nach Sprachen unterschieden: au
der Spitze steht das Verzeiehniss der lateinischen Bücher (S.
13—46); dann folgen die Verzeichnisse der spanischen (libros
en romance, S. 47— -66), flämischen oder niederdeutschen (libri teu-
tonici, S. 66), hochdeutschen (libri alemanici, S. 69), französischen
(S.70) und portugiesischen (S. 71). Die beiden ersten und umfang-
reichsten Verzeichnisse sind (nicht ganz genau) alphabetisch ge-
ordnet.
2. Die Eintheilung in drei Glassen hat Vald^s^ nicht,
etwas der 1. Classe Analoges insofern, als von vielen Schriftstellern
Opera omnia verboten werden. — Die Formel donec corrigatur
kommt auch bei Valdös nicht vor.
Materiell unterscheidet sich die lateinische Abtheilung des
spanischen Index von dem Römischen namentlich dadurch, dass
sie viel weniger reichhaltig ist. Von den etwa 50 Namen, die
Index des Vald^ von 156d. d06
bei Paal IV. unter A und B in der 1. Gl. stehen, finden sich
, bei Vald^s nur 8 mit opera omnia, 7 mit einzelnen Schriften,
darunter freilich einige, von denen eben nur diese Schriften
\ existiren (wie die Pseudonymen Antonius Anglus, Aretius Felinus).
Von den zahlreichen vor reformatorischen Schriftstellern (und
Nicht-Schriftstellern), die bei Paul in der 1. Cl. stehen, finden
sich bei Vald6s nur diejenigen, die auch im Lov. stehen. Auch
BUcher, wie sie bei Paul in der 2. und 3. Cl. stehen, finden
sich bei Valdäs in geringerer Zahl: bei jenem stehen unter A
und B 60, bei diesem, die Bibeln nicht mitgerechnet, 15, und
I noch 6 in der spanischen Abtheilung.
l Der Index des Vald6s ist auch für die Geschichte des Rö-
mischen Index von Wichtigkeit, weil er die Grundlage des
nächsten spanischen Index, des von Quiroga vom J. 1583, dieser
aber von Sixtus V. sehr stark benutzt worden ist.
Die Grundlage des Valdös'schen Index bildet der Löwener
von 1550 resp. dessen spanische Ausgabe von 1551 (Lov. 58
ist nicht benutzt). Wahrscheinlich ist einiges aus Par. undVen.,
vielleicht einzelnes aus Paul IV. aufgenommen, sicher, jedoch nur
sparsam auch Gesner benutzt'). Aber sehr viele Bücher sind
ohne Zweifel auf Grund einer Untersuchung durch die spanische
Inquisition aufgenommen.
Was im Lov. steht, ist so gut wie alles aufgenommen, — die
paar Kleinigkeiten, die fehlen, sind wohl nur durch ein Versehen
weggelassen, — einiges wörtlich; von manchen Schriftstellern, von
denen Lov. einzelne Schriften verbietet, verbietet V. mehr oder alle;
hie und da sind die Namen oder die Büchertitel (ohne Zweifel aus
Gesner) vervollständigt-). Wo V. hei den nicht im Lov. stehenden
1) Dass Gesners Bibliothek benutzt worden, zeigt die Thatsache, dass
Yen. von der Schrift des Didymus Faventinus, (S. 283) die Ueberschriften
der einzelnen 6 Abschnitte gerade so gibt, wie sie bei G. stehen; er hat
sie aber *für selbständige Bücher gehalten (Did. Faventinus Oratio u. s. w.,
Ejusdem Keprobatio philosophiae n. s. w.) und so Did. Fav. zu einem
fruchtbaren Schriftsteller gemacht.
2) Merkwürdiger Weise steht die Dialectica Jo. Caesarii, die im
Lov. unter den empfohlenen Schulbüchern steht, seit V. im span. Ind.
unter den verbotenen Büchern. Dass Caesarius, der hervorragendste
rheinische Humanist, der löfjl als Katholik in Köln starbt mit BuUinger
Benaoh, Index. 20
;
d06 Index des Valdig von 166d.
Sachen mit Par., Ven., P. oder G. übereinRtimmt, ißt allerdings
wahrscheinlich, dass er eine dieser Quellen benutzt hat, aber in den
meisten Fällen nicht auszumachen, welche, weil dieselben Sachen in
der Regel in mehreren vorkommen, wie Polydorus Vergilius und
Hippophilus Melangeus bei Par. und P., Jac. Faber bei Par., Ven.
und P. u. s. w. — Die Benutzung von P. ist höchstens bei einigen
Nummern anzunehmen. Dass V. von P. nicht abhängig ist, zeigt
ausser der Weglassung vieler Namen und Büchertitel (s. o.) auch
die Thatsachc, dass er von manchen Autoren, die bei P. in der 1. CI.
stehen, sogar von Erasmus, nur bestimmte Bücher verbietet.
Einige Schriftsteller, von denen V. alle Schriften verbietet,
sind durch Tr. oder durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommen. Der
einzige, der wirklich dahin gehört, ist Jo. Atrocianus (von V. wahr-
scheinlich aus G. entnommen). — Vincentius Grunher (im Rom. In-
dex noch jetzt Y. Gruncher) wird V. Grüner sein, den G. als Ver-
fasser eines Buches über die Messe und als decanus gymnasii Lip-
siensis, aber aus der Zeit der Gründung der dortigen Universität
durch die aus Prag ausgewanderten Deutschen, erwähnt. — Conra-
dus Gibelius Tigurinus ist C. Grebelius, von dem GA. eine Vorrede
zu einer Ausgabe des Pomponius Mela und einige noch nicht ge-
druckte Epigramme anführt; er steht seit Tr. in der 1. Gl., seit Cl.
wie bei Q. als C. Gibelius s. Grebelius Tig., seit Ben. als C. Gre-
belius Tig.
Während V. von den Genannten alle Schriften verbietet, wird
— merkwürdiger Weise in diesem spanischen Index zuerst — von
einem deutschen Juristen ein in Italien gedrucktes einzelnes Buch
verboten: J o. Musler ii liber ex captivitatis tenebris ab orco in
lucem redactus. — Jo. Muslerius (Muschler), geboren zu Oettingen
1502, ein Schüler des Petrus Mosellanus, — er hielt 1525 auf diesen
eine Gedächtnissrede, — hielt sich von 1534 an einige Jahre inPadua
auf. In dieser Zeit Hess er zu Venedig eine Sammlung von kleinen
Schriften drucken ; aber in Folge einer Denunciation von Padua aus
wurde die ganze Auflage vor Vollendung des Drucks confiscirt, und
erst nach einem halben Jahre wurden ihm die Exemplare stark ver-
stümmelt ausgeliefert; einige Aufsätze waren ganz beseitigt, aus
einem einige Bogen, in einigen Worte, Zeilen und halbe Seiten ge-
strichen. In diesem Zustande wurde das Buch veröff*entlicht mit
dem Titel : En tandem libellus ex captivitatis tenebris quasi ab orco
in lucem a Venetis Principibus revocatus privilegioque auctus. Qui
quid contineat, aversa pagella facile indicabit. Cum gratia et privi-
legio. Ven. 1539 (mit einem Privileg des Dogen Andrea Griti vom
10. Sept. 1538). Das Buch enthält eine zu Padua gehaltene Rede
de liberalibns disciplinis cum jurisprudentia conjungendis, einige
Streitschriften gegen persönliche Gegner und Briefe. Gestrichen
correspondirt und Melanchthon ihm 1541 die Epistola de conventn Rati-
apon. gewidmet hatte (Zts. des berg. Gesch.-V. 1869, 224), hat man doch
in Spanien wohl nicht gewusst. Im Rom. Index steht er übrigens nicht.
Index des Vald^ von 1669. d09
sind namentlich einige heftige Stellen gegen seine Feinde, ein Aus-
fall gegen impii sacrificales und einige Lobsprüche auf deutsche
protestantische Gelehrte '), Den Spaniern ist, wie Valdes' Index
zeigt, die Expurgation nicht gründlich genug gewesen. Aber bei
Valdes wird doch nur dieses Buch verboten; im Köm. Ind. steht
Musler seit Tr. in der 1. Cl., obschon er sonst nur Signa in artem
notandi, Lpz. 1553, Super 1 Digesti veteris de statu hominum und
einige akademische Reden herausgegeben (einer derselben ist das
Vaterunser und Ave Maria in Versen von dem Bischof Lucas Gau-
ricus beigedruckt, die dieser Musler als Zeichen der Freundschaft
geschenkt).
Von Jo. Schoner, der bei P. in der 1. Cl. steht, verbietet
V. nur De nativitatibns , d. i. De judioiis nativitatum 11. 3 cum
praef. Ph. Melanchthonis. Der Antw. Exp. verordnet, Melanchthons
Namen und was etwa in der Vorrede Anstössiges vorkomme, zu
streichen, und erklärt, in dem Buche selbst sei nichts zu be-
anstanden als eine oft vorkommende Initiale mit einer anstössigen
Verzierung*); es werden dann noch einige andere mathematische
und astrologische Schriften Schoners genannt, in denen man nichts
Bedenkliches gefunden. Gleichwohl blieb er in der 1. Cl. (auch in
den späteren span. Indices). — Von Leonhard Fuchs dagegen werden
bei V. wie bei P. alle Werke verboten, drei medicinische Bücher
aber noch speciell genannt und in der span. Abtheilung Herbario de
Fusio en romance. Ein anderes medicinisches Buch ist aus V. Q.
in den Rom. Index gekommen: Kalzii liber tle sanitate tuenda; erst
Ben. hat den richtigen Namen: Jo. Katzschius, De sanitate guber-
nanda secundum sex res non naturales. — Fabulae Laurentii Ab-
stemii et Gilberti Cognati, quae adduntur fabulis Aesopi vel ubi-
cunque scriptae sint, wurde mit Weglassung von quae u. s. w. schon
von Tr. aufgenommen. Unter den Fabeln (und Anekdoten) nament-
lich in dem Hecatomythium s. 100 fabulae des Lorenzo Bevilacqua
(so hiess Abstemius), welches zuerst Ven. 1495 mit dem Aesop ge-
druckt wurde, finden sich allerdings auch solche, die obscon und
anticlerical zugleich sind").
V. ist der erste, welcher Alberti Erantzii Hamburgensis
Ecclesiastica historia s. Metropolis verbot; S. Cl. verboten allgemein
seine Historiae seu Chronicae d. c, und Bras. lieferte dann eine Ex-
purgation zu den einzelnen Werken nach der Frankfurter Ausgabe
von 1575 — 80. Bellarmin sagt: die Bücher von Erantz (t 1517)
seien wegen „der von den Ketzern beigefügten gottlosen Randnoten^
1) Francus p. 188. Altes und Neues (von J. 6. Weller), 1762, I,
266—276. N. Lit. Anz. 1808, 161.
2) In initiali littera D saepius repetita (nam eiusmodi typi deoorari
solent, maximi si sint) caput Pontificis cum diademate et ex adverso dia-
boluB diploma sivc buUam Pontifioi ostendens.
3) Bayle und Biogr. univ. s. v. Lessing, Werke 1842, IV, 120.
dOd Index des Valdes von 1559.
verhüten worden, und Bras. verordnet allerdings namentlich das
Weglassen der Vorreden der Heraus^eher Nie. Cisnems und Joh.
Wolf und des Druckers Andreas Wechel und das Streichen vieler
Randnoten; aber auch im Texte werden viele Stellen (z. B. der Satz
Quid enim hodie per dispensationem apostolicam non obtinetar?j,
ja ganze Capitel (Saxonia 4, 10. 11 über die Constantinische Schen-
kung) gestrichen, und Sot. erwähnt ausdrücklich, auch in den Wer-
ken von Krantz kämen manche anstössige Dinge vor'). — Seit
Ben. werden die Titel der einzelnen Werke nach der Frankfurter
Ausgabe wie bei Bras. angegeben.
Von den antipapistischen Schriften des Mittelalters findet sich
zuerst bei V., dann bei S. Cl. die Querimonia Friderici II., seit Ben.
mit vollständigerm Titel unter Petrus de Vineis: Querimonia Fri-
derici II. Imp. qua se a Rom. Pont, et cardinalibus immerito per-
secutum et imperio dejectum esse ostendit, Hagenau 1529.
Nur S. hat aus V. Q. aufgenommen Speculum exemplorum [om-
nibus christicolis salubriter inspiciendum, ut exemplis discant dis-
ciplinam], eine dem Karthäuser Aegidius Aurifaber t 146G zuge-
schriebene Sammlung von erbaulichen (und unerbaulichen) Anek-
doten aus den Dialogen Gregors des Grossen, Beda, Vincenz von
Beauvais, Cäsarius von Heisterbach u. a. , aus deutschen Büchern
und eigenen Erlebnissen, namentlich zum Gebrauch für Prediger,
Deventerl481 (502 S. kl. fol.) und sonst gedruckt^). Sot. bemerkt,
nur diese älteren Ausgaben seien verboten, nicht die von dem Je-
suiten Joh. Major besorgte Umarbeitung : Magnum spec. ex. ex plus
quam HO auctoribus u. s. w. (Douay 1605 u. s.). — Dagegen steht
(aus Q.) seit S. Cl. im Rom. Ind. (noch jetzt) eine andere Samm-
lung von Geschichten und Legenden zur Unterhaltung und Erbauung
und zur Benutzung für Predigten, die Gesta Romanorum, wahr-
scheinlich zuerst von dem Cistercienser Helinand t 1227 angelegt,
von anderen vielfach vermehrt, seit 1472 oft geiruckt *). — In der
Legenda aurea des Jacobus a Voragine t 1298 wird von Liss. 1024
und Sot. eine einzige Stelle im 6. Buche (in der Ausgabe Lyon
1540) gestrichen. In diesen beiden Indices wird auch Caesa-
rius von Heisterbach um 1200 (Köln 1591. Antw. 1605 — zuerst
Köln 1481) verboten, donec prodeat expurgatio. — Im span. Ind.
1) Vgl. A. D. B. 17, 43. Döllinger, Reform. I, 491.
2) Freytag 885. In dem Prolog heisat es : Sis licet Doctor theologus,
non verearc unum aut duo vel ad majus tria exempla ex hoc Speculo
oollecta materiae praedicandae inserere. J. B. Thiers, Des superstitions
I, 92 citirt ausM. Canus, Loci 11, 6: Nee libri illius auctorcm oxcuso, qui
Speculum exemplorum inscribitur, ncc historiae ctiam ejus, quae Legenda
aurea nominatur. In illo enim miraculorum monstra saepius quam vera
miracula legas, hanc homo soripsit ferrei oris, plumbei cordis, animi oerte
parum severi et prüden tis.
3) Grässe, Lit.-Gesch. UI, 1, 427.
Index des Valdes von 1559. 309
steht seit V. auch Nicolai Hana])i Exempla virtutum et vitiorum,
das Buch Hes Dominicaners Nico] ans von Hanaps im Erzbistham
Rheims, der von Nicoiaus IV. zum Patriarchen von Jerusalem er-
nannt wurde und 1291 zu Acco starb, welches im 16. Jahrb.* wie-
derholt gedruckt wurde als Exempla . . . sive Biblia pauperum,
unter diesem Titel auch unter den Werken Bonaventura's *). Das
auch in den Rom. Index übergegangene Exempla v. et v. sine au-
thore ist wohl nicht eine anonyme Ausgabe desselben Werkes*),
sondern Ex. v. et v. atque etiam aliarum rerum maxime memora-
bilium (so seit Ben.), gr. et lat., Basel 1555. — Manipulus cura-
torum, seit V. in den span. Indices (auch in der span. Abtheilung),
im Rom. nur bei S., überall ohne nähere Angabe, kann doch wohl
nur das im 14. Jahrb. von Guido de Monte Rocherii verfasste, vor
1500 etwa ßOmal und wiederholt im 16. Jahrb. gedruckte Buch
sein, „ein zweckmässiges Hülfsbuch für Pfarrer und Beichtväter,
welches im 2. Theile von dem Sacrament der Busse, im 1. von den
anderen Sacramenten , im 3. von dem Glauben und den zehn Ge-
boten handelt" ^).
V. verbietet die Contemplationes IdiotAe, ein ascetisches Werk
des Raymund Jordanis, Augustiner - Abt von Celles in der Diöcese
Bourges um 1380*), welche Jac. Faber Stapulensis, Paris 1519,
herausgegeben. Q. beschränkte das Verbot auf Uebersetzungen in
der Volkssprache; S. setzte aber: Contemplatio Idiotae quoc. ser-
mone edita, was indess Ol. strich. Bellarmin lobt das Werk und Bras.
verordnet in der Expurgation der Bibliotheca Patrum, worin das-
selbe abgedruckt ist, p. 161 nur die Beifügung einer erläuternden
Note zu einer Stelle. — Eine grössere Rolle spielen in der Ge-
schichte des Index drei kleine ascetische Schriften des Minoriten
Heinrich von Herp (aus Erp in Brabant t 1477, der Name wird
auch Herpf, Harphius u. a. geschrieben und sogar mit CitharoeduB
übersetzt, als hinge er mit Harfe zusammen), den Card. Bona, Ma-
billon u. a. zu den besten Schriftstellern über mystische Theologie
zählen'*). Sie wurden als Henrici Citharoedi vel Harphii Theolo-
giae mysticae 11. 3 zu Köln 1538 gedruckt (das 2. Buch, welches
später besonders Anstoss erregte, ist eine unter dem Titel Directo-
rium aureum contemplativorum von dem Kölner Karthäuser Peter
von Blomevenna t 1536 besorgte lateinische Uebersetzung einer
flämischen Schrift von Herp) und nochmals mit einer Widmung des
Karthäusers Bruno Loher an Ignatius von Loyola 1555. Dieses
Buch wurde also von V. und Q. verboten. In Rom erschien nun
1) Busse 1471. Marchand I, 289.
2) Liss. 1624 sagt freilich, das Buch des Hanapus stehe sino nomine
im Rom. Index.
3) Gcffcken, Bildorkatechismus S. 36.
4) Busse § 1700. Vgl. Th. Raynaud, Erotem. p. 246 (Apop. p. 44).
5) A. D. B. 10, 617.
310 Index des Valdes von 1569.
1585: Theol. myst. H. Harphii S. Min. 11. 3, nnnc denuo . . . piu-
rium theologorum upera castigati et correcti, addita introductione
ad doctrinara libri 2. admodum neccRsaria per P. Petruin Paulum
Plnli|)pum 0. P., und seit S. Cl. steht im Köm., seit Sand, im span.
Index: H. Harphii Theol. myst., nisi repurgata fuerit ad exemplar
illius quae fuit impressa Romae 1585 *). Auf Grund dieser appro-
birten Ausgabe erschien dann auch ein besonderer Index expurga-
torius zu dem Werke*). — Die Angabe, Herp sei auf den Index
gekommen wegen einer (harmlosen) Bemerkung über die superiores,
qui alios regunt, und wegen des Ausdrucks: omnium, qui sumserunt
originem in tempore et in aeternitate**), ist unrichtig; die Existenz
eines besondern Index exp. und die Expurgation bei Sot zeigen,
dass man mehr als dieses beanstandet hat. — Die spanische Ueber-
setzung eines Schriftchens von Herp, Espejo de perfeccion, wird in
den span. Indices unbedingt verboten, während die italienische Ueber-
setzung*) in Rom nicht verboten wurde.
Das Verbot des Enchiridion militiae christianae auctore Jo.
Justo Lanspergio — Karthäuser f 1539 — ist mit Beifügung von
d. c. in den Rom. Ind. übergegangen. Liss. und Sot. lieferte eine
starke Expurgation nicht nur der von V. verbotenen Ausgabe Com-
pluti 1551, sondern auch der (nach dem Verbote erschienenen) „viel
correctern"* Ausgabe Köln 1607. — Unbedingt wird wie bei V. Q.
auch im Rom. Ind. verboten Fr. Francisci de Evia Praeparatio
mortis (in den span. Indices auch eine span. Ausgabe).
V. verbietet Hortulus animae absque nomine authoris ; im Rom.
Ind. steht seit S. Cl. und bei Sand. Hort, animae d. c. Es gab aller-
dings Ausgaben dieses Gebetbuches oder Gebetbücher unter diesem
Titel, welche einer starken Expurgation bedürftig waren. Marchand
bespricht eine Ausgabe Strassb. 1500 mit abergläubischen und lächer-
lichen Gebeten und obscöneu Heiligenbildern^), und Clement*) eine
Ausgabe Lyon 1517, worin 15 Gebete der h. Birgitta, und eine
1) Quctif II, 559. Ein Abdruck der Rom. Ausgabe Brixiae 1601.
Sot. gibt die Expurgation (für das 2. Buch) für die Ausgabeu Paris
1587 und Köln 1611, die also nicht expurgirt sind, und erwähnt eine Aus-
gabe Valencia 1546.
2) Index expurgatorins in libros Theol. myst. D. Henr. Harphii,
thoologi eruditissimi, 0. Min. ... ad exemplar eorundcm librorum Romae
imprcssum oollectus. Ex decreto S. D. N. Clcmentis VIII. Opera Car-
thusianae familiae, jussu superiorum. Par. 1598. 8.
3) Poiret, Biblioth. script. myst, 1708, p. 116 bei Clement IX., 444.
4) Specchio della perfettione humana. Ven. s. a. De la perfectione
humana Ven. 1522.
5) S. Ursule et autres vierges toutes nues et exposees aux attouche-
ments impudiques d'un cavalier. Marchand I, 292.
6) Clement I, 349. In der ersten Ausgabe wird gesagt, der h. Bir-
Iudex des Valdes vou 1559. 311
Ausgabe von Koberger in Nürnberg 1519, worin Gebete zu Maria
mit Verheiösungen von abenteuerlichen Wirkungen stehen. Expur-
gationen der älteren Ausgaben sind indess nicht veröffentlicht wor-
den; aber im Liss. 1624 und danach bei Sot. steht eine Expurgation
von Hortulus animae. Libellus Boras ß. V. et pia exercitia com-
plectens, Antw. 1590'). — Den Gebetbüchern hat V. überhaupt
eine löbliche Aufmerksamkeit zugewendet. Er verbietet eine ganze
Reihe von lateinischen und spanischen Horae B. M. Y., quia conti-
nent plura curiosa et superstitiosa, auch Compendium orationum [cum
multis orationibus et psalmis contra inimicos] impr. Ven. per Jun-
tas et alios (im Rom. Ind. seit S. Cl. mit d. c). — Oratio domi-
nica cum aliis quibusdam praecatiunculis graece cum lat. versione e
regione posita, quibus adjunctum est alphabetum graecum, noch
heute im Rom. Ind., wird das harmloseste unter den Gebetbüchern sein.
Einige Schriften stehen bei V. und Q. und in Folge davon
auch im Rom. Ind. ohne Namen des Verfassers : Chronogra])hia
ecclesiae christianae, Basel 1551, seit Ben. (wie im Lov. 58) unter
Henr. Pantaleon; — Exemplorum variorum liber de apostolis et
martyribuSy sive seorsum sive conjunctus catalogo S. Hieronymi de
eccl. scriptoribus, so noch jetzt, ohne Zweifel die im Lov. unter
dem Namen des Herm. Bonnus stehende Farrago praecipuorum ex.
de ap., mart., episcopis et sanctis patribus veteris ecclesiae ; —
Collectio ligurarum omnium s. scriptnrae, im Rom. Ind. mit d. c,
gitta sei zu Rom geoffenbart worden, wer die 15 Gebete ein Jahr lang
bete, aus dessen Familie würden 15 Seelen aus dem Fegfeuer befreit, 15
Sünder bekehrt und 15 Gerechte in der Gnade befestigt werden. In der
zweiten wird ein Lied zu Maria als Mittel gegen Unbussfertigkeit empfohlen
und als Beweis dafür angeführt : in Aragonien sei 1290 ein Mann, der die
Verse täglich gesungen, enthauptet worden, die ganze Seele aber so lauge
in dem Kopfe geblieben, bis er alle seine Sünden vollständig gebeichtet
und die Lossprechung empfangen habe. Achnliohe Dinge stehen in einem
Hortulus von 1516; s. Luthardts Zts. f. kirchl. Wiss. 1882, 363. Vgl.
Riederer, Nachr. II, 157. Die angeführten und ähnliche Verheissungeu sind
ohne Zweifel gemeint, wenn im Index als im J. 1671 verboten stehen:
Orationi, le quindici, di S. Brigida, nisi deleatur prologus. Auch der
Port. Index v. 1624 p. 342 verordnet die Beseitigung des (mit Fuit quae-
dam devota beginnenden) „Prologes".
1) Einige Monita betreffen Druckfehler und kleine Ungenauigkeiten.
Aber zu den Geboten der Kirche wird erinnert, dass „die Zehnten und
Erstlinge entrichten'* ausgelassen sei. In einem Gebete zu Maria soll:
„Dir allein** in „Gott allein habe ich gesündigt** geändert und wo in
einem Gebete vom Leiden Christi Maria als flens et semimortna bezeichnet
wird, der letzte Ausdruck gestrichen werden (dieses Monitum kommt in
den span. Indioes auch sonst vor).
312 Index des Valdes von 1559.
wird CüllectÄnea communium troporum 8. scripturae von Barth.
Westhemer sein (V. gibt die Titel auch sonst ungenau), und Epi-
tome figurarum s. scr. ist vielleicht auch dasselbe. — Comraentarium
Bibliorum, ohne Zusatz (noch jetzt) ist nicht zu identificiren ; ebenso
wenig Missa evangelica 0- Formula missae Wittenbergensis, welches
auch erst durch 8. Cl. in den Köm. Ind. gekommen, ist von Ben.
vervollständigt zu Formula missae et communionis pro eccl. Wittenb.
Opus M. Lutheri, also : Die Weyse der Mess und Genyessung dess
Hochwürdigen Sacraments für die christliche gemayn verdeutscht.
Witt. 1524.
Aus V. Q. ist in den Rom. Ind. gekommen : Expositio in epi-
stolas Pauli ad Rom. et ad Gal., cujus praef. in ep. ad Rom. in-
cipit u. s. w. ; es werden auch die Anfangsworte der Expositio zum
1. Capitel angegeben. Der Titel ist trotz dieser Umständlichkeit
unrichtig angegeben und erst von Ben. unter Commentarii berich-
tigt : In Pauli ad Rom. et ad Gal. Epistolas Commentarii, — Lugd.
apud Seb. Gryphium 1544, 447 S. 8., mit einem Widmungsschreiben
an Paul III., an dessen Schluss der Verfasser sagt: er habe sich
nicht genannt, ut lectores de his scriptis liberius judicare possin t.
Im Par. ist das Buch nicht verboten.
Von der spanischen Abtheilung wird später die Rede sein ; die
flämische und die französische sind aus Lov. 50 abgedruckt; in der
hochdeutschen sind aber neue Bücher beigefügt, und zwar mit ziem-
lich genauer Angabe des Titels, so dass man annehmen darf, sie
haben den Weg nach Spanien gefunden. Es sind einige kleine Schrif-
ten von Caspar Huberinus, Melancbthon, Bugenhagen, eine Ausgabe
von Luthers Enchiridion geistlicher Lieder, „Eine christliche Ver-
manung an alle Stände u. s. w. durch Dr. Joh. Carion", und „En-
chiridion des kleinen Catechismus Joh. Brentii in Fragen gestellt".
Letzteres ist dann als Enchiridion parvi cat. Jo. Brentii in coUo-
quia redactum durch S. Cl. in die 3. Cl. des Rom. Ind. gekommen
(noch jetzt).
28. Verhandlangen aaf dem Trieiiter Concil
1562. 1563.
Als das Trienter Concil zum dritten Male zusammentrat,
war man in Verlegenheit darüber, welche Gegenstände zunächst
auf die Tagesordnung zu setzen seien. Die Legaten schrieben
am 14. Dec. 1561 au den Cardinal Borromeo, sie hätten an den
1) Schriften mit dem Titel ,,Von der evangelischen Mess" von Caspar
Kantz, Th. Münzer, Andr. Döber bei Weller 2108. 3067. 340L
Verhandlungen in Trient 1562—63. 313
Index gedacht, meinten aber, es sei besser, den Mitgliedern des
Concils die Auswahl der Berathungsgegenstände zu überlassen.
In Rom erklärte man sich damit einverstanden, dass über den
Index verhandelt werde, und damit man nicht darum, weil
Paul IV. schon einen Index publicirt. Bedenken trage, sich mit
dieser Sache zu beschäftigen, wurde auf den Rath der Legaten
das Concil durch ein Breve vom 14. Jan. 15G2 dazu aufgefordert^).
In der Generalcongregation vom 28. Jan. 1562 Hess der
erste Legat, der Cardinal von Mantua (Hercules Gonzaga), ein
Actenstück vorlesen, worin die Berathung über folgende Punkte
als nöthig bezeichnet wurde: 1. die Prüfung der seit dem Auf-
tauchen der Ketzereien geschriebenen Bücher und der an ver-
schiedenen Orten von Katholiken herausgegebenen Censuren
solcher Bücher; 2. die Berufung der bei dieser Sache intcres-
sirten Personen, damit sie nicht sagen könnten, sie seien ungc-
hört verurtheilt worden; 3. die Einladung an alle in Ketzerei
Gefallenen, sich zu bekehren, mit Ertheilung eines ausgedehnten
freien Geleites und Zusicherung grosser Milde für diejenigen,
die der Einladung Folge leisten wollten. — In der General-
congregation vom 30 Jan. wurde dann das Breve vom 14. ver-
lesen, worin es heisst: Mit wichtigeren Sachen möge man warten
bis zur Ankunft der Bischöfe, die noch zu erwarten seien; einst-
weilen möge man über eine Sache verhandeln, die der Papst
schon früher dem Concil vorbehalten, über den von Paul IV.
herausgegebenen Index und über die Missbräuche bezüglich der
Herausgabe von Büchern, die einer Abstellung bedürften^).
Nachdem in mehreren Generalcongregationen lebhaft über die
Sache discutirt worden, wurde in der Sitzung vom 26. Febr. 1562
folgender Beschluss gefasst:
„Da die Synode wahrgenommen, dass gegenwärtig die Zahl
der verdächtigen und verderblichen Bücher, in welchen eine unreine
Lehre enthalten ist und weit verbreitet wird, übergross geworden,
— was Anlass dazu geboten hat, dass vJele Censuren in verschie-
denen Provinzen und namentlich in der hehren Stadt Rom mit
frommem Eifer verkündet worden sind, — und dass doch diese so
grosse und verderbliche Krankheit durch keine heilsame Arznei bo-
1) Pallav. 16, 16, 2 und 18, 1.
2) Theiner I, 677. U, 534.
314 Verhandlungen in Trient 1562 — 68.
seitigt worden ist, so beschliesst sie, dass einige für diese Unter-
suchung ausgewählte Väter sorgfältig erwägen sollen, was bezüglich
der Censuren und der Bücher zu thuen sei, und dass sie seiner Zeit
der Synode darüber bericliten sollen, damit diese um so leichter die
mann ich fachen und fremden Lehren gleichwie Unkraut von dem
Weizen der christlichen Wahrheit sondern und darüber bequemer
das erwägen und beschliessen könne, was geeignet erscheint, die
Gemüther mancher zu beruhigen und den Anlass zu vielen Klagen
zu beseitigen. Alles dieses bringt die Synode hiemit zur allgemeinen
Kenntniss, damit jeder, welcher glaubt, dass das, was die Synode
bezüglich dieser Angelegenheit der Bücher und Censuren oder be-
züglich anderer Dinge zu verhandeln beschlossen, ihn angehe, nicht
daran zweifle, dass er bei der Synode wohlwollendes Gehör finden
werde".
Die ErnenDung der Mitglieder der Index - Commission
wurde den Legaten überlassen. Sie ernannten vier Erzbischöfe,
darunter Anton Brus von Müglitz von Prag, welcher Vorsitzender
wurde, neun Bischöfe, die Generale der Obscrvanten und der
Augustiner und einen Benedictincr-Abt. Die Wahl der Theologi
minores wurde der Commission anheimgegeben. Der portugie-
sische Dominicaner Francesco Foreiro fungirte als Secretär.
Den bei den Arbeiten der Commission Betheiligten ertheilten die
Legaten kraft päpstlicher Vollmacht (S. 182) die Erlaubniss,
verbotene Bücher zu lesen*). — Den übrigen Mitgliedern des
Coucils wurde anheimgegeben, ihre Vorschläge und Wünsche
der Commission mitzutheilen.
lieber die Verhandlung der Commission haben wir nur
wenige Nachrichten. Sie beschloss, wie Forerius in der Vor-
rede zu dem Trienter Index berichtet, nach langer Ueberlegung,
den Index Pauls IV. mit einigen Weglassungen und Zusätzen
beizubehalten, und entwarf ,,nach langer und vielfacher Bera-
thung und nach Anhörung gelehrter Theologen aus allen Na-
tionen" die allgemeinen Regeln, welche dem Trienter Iudex
vorausgeschickt sind und durch welche die allgemeinen Be-
stimmungen Pauls IV. bedeutend modificirt werden. Gegenstand
spccieller Verhandlungen waren u. a. die Schriften von Ray-
mundus Lullus (S. 28), Barth. Carranza, der Talmud (S. 48).
Von einigen Schriften (von Clemangis und Savonarola) wurden
Expurgationen augefertigt, von anderen (z. B. Boccaccio) waren
1) Thciner II, 549.
Verhandlungen in Tricut 156^—63. 315
solche in Arbeit, als das Coueil geschlossen wurde *). Die Ex-
purgation des Erasmus wurde der Pariser oder Löwener, die
des Faber Stapulensis irgend einer theologischen Facultät oder
General-Inquisition anheimgegeben. Von anderen Schriften (Ant.
de Rosellis, Augustinus de Roma, Zabarclla, Cuspinianus u. a.)
wurde ohne nähere Bestimmung eine P'xpurgation angeordnet.
In den Gencralcongregationen und Sitzungen des Concils
kam die Index- Angelegenheit nicht mehr zur Verhandlung. Erst
kurz vor dem Schlüsse legte der Secretär der Index-Commission
den von ihr ausgearbeiteten Index mit einem einleitenden Be-
richt vor, — dieser ist in dem sog. Trienter Index als Prae-
fatio abgedruckt, — und in der letzten Sitzung, 4. Dec. 1563,
wurde folgender Beschluss gefasst:
«Die Synode hat in der zweiten unter Pius IV. gehaltenen
Sitzung [26. Febr. 1562] einigen Vätern aufgetragen, zu berathen,
was bezüglich der verschiedenen Censuren und der entweder ver-
dächtigen oder verderblichen Bücher zu thuen sei, und darüber der
Synode Bericht zu erstatten. Da sie nun hört, dass die Arbeit ab-
geschlossen sei, aber wegen der Manniclii'altigkeit und Menge der
Bücher von der Synode nicht speciell und mit Müsse (distincte et
commode) beurtheilt werden könne, so beüehlt sie, alles, was jene
ausgearbeitet haben, dem Papste vorzulegen, auf dass es nach seinem
Urtheile und kraft seiner Autorität vollendet und veröffentlicht
werde."
Schon aus diesem Beschlüsse ergibt sich, dass der von
Pius IV. im J. 1564 publicirte Index nur in dem Sinne als
„Index des Trienter Concils*' bezeichnet werden kann, dass er
von einer durch das Concil bestellten Commission ausgear-
beitet ist.
Aus der ersten Discussion in den Gencralcongregationen vom
30. Jan., 6., 9., 10. und 12. Febr. 1562 verdient folgendes auf den
Index Bezügliche mitgetheilt zu werden^).
Daniel Barbaro, Coadjutor des Patriarchen von Aquileja: Der
Index Pauls IV. sei allerdings der Verbesserung bedürftig; es dürften
nicht alle verwerflichen Bücher in gleicher Weise verdammt werden,
während in dem Index Pauls IV. ein opus licentiae juvenilis [Ca-
sa's Gedichte?] gerade so verdammt werde wie ketzerische Bücher;
auch dürften nicht von auctores damnati [der 1. Classe] ohne wei-
1) Regula 10. Ind.
2) Pallav. 15, 19. Theiner I, 678. Acta Conc. Trid. a Gabr. Card.
Paleotto descripta, ed. J. Mendham, 1842, p. 89.
316 VerhandlunjTcn in Tricnt 1662—63.
teres alle Schriften, au(;b die niclits VerdamraenRwerthcB enthaltenden,
verhüten werden. — Petrus Guerrero, Erzhischüf von Granada: Die
Anfertigung eine« Index sei eine schwierige und viele Zeit bean-
spruchende Arbeit und würde die Vornahme wichtigerer Reform-
arbeiten hindern; man müsse sich auch davor hüten, mit den schon
vorhandenen, in verschiedenen Provinzen gemachten Censuren in
Widerspruch zu kommen; von den schon verdammten Autoren seien
alle Schriften als verdammt anzusehen. — Bartholomäus de Marty-
ribus (Dominicaner), Erzbischof von Braga: Das Concil könne keinen
Index machen, da es nicht alle Bücher habe, die zu prüfen seien;
wenn ein Buch übersehen werde, werde man es als nicht verdammt
ansehen; zudem kämen täglich neue Bücher hinzu; das Concil möge
diese Angelegenheit den katholischen Universitäten zu Bologna,
Paris, Salamanca und Coimbra überweisen. — Jo. Franc. Verdura,
Bischof von Chirona: Die Anfertigung eines Index sei fast unmög-
lich ; die Synode könne sich darauf beschränken, im allgemeinen
die Bücher der Ketzer zu verdammen, wie die unter Silvester I.
gehaltene Synode [die von Nicäa] gethan. — Hieron. Machabaeus,
Bischof von Castro : Man möge einen Index anfertigen, aber zu-
gleich allgemein die Bücher verdammen, welche etwas gegen die
christliche Religion, die Sacramente, die Tradition, die Römische
Kirche u. s. w. enthielten. — Jac. Naclantus (Dominicaner), Bischof
von Chiozza: Die Bücher der Häresiarchen brauchten nicht erst ge-
prüft zu werden; im übrigen dürften Bücher, die nicht ketzerisch
seien, nicht um ihrer Verfasser willen verdammt werden; man könne
die Sache den Theologen des Concils überweisen, die nicht mit an-
deren Arbeiten beschäftigt seien, auch die Universitäten zu Rathe
ziehen. — Donatus de Laurentiis, Bischof von Ariano (Süditalien):
Die Sache sei nicht unausführbar; die offenkundig ketzerischen
Bücher brauche man nicht nochmals zu prüfen; bei der Prüfung
der Bücher, von denen nur Theile zu verdammen seien, könne man
einige von denjenigen zu Rathe ziehen, die an dem Index Pauls IV.
; gearbeitet, oder deren Aufzeichnungen benutzen. — Aegidius Fosca-
1 rari (Dominicaner), Bischof von Modena: Die offenkundig ketzeri-
I sehen Bücher bedürften keiner nochmaligen Prüfung; diejenigen
Bücher könne man passiren lassen, welche von den Alten als apo-
kryph, aber nicht als schlecht angesehen worden seien, wie das
Evangelium des Nikodemus [es steht bei P., aber auch im Tr.]; es
handle sich also nur um die Prüfung zweifelhafter und nach dem
Auftauchen der neuen Ketzereien erschienenen Bücher. — A. Moya
de Contreras, Bischof von Vieh (Spanien): Man solle nur die von
Ketzern verfassten und offenbar ketzerischen Bücher ins Auge fassen;
andere könnten nicht so sicher verdammt werden. — Marcus Lau-
reus (Dominicaner), Bischof von Campagna: ähnlich wie der vorige;
die nicht ketzerischen Bücher könne man privaten und weniger be-
schäftigten Censoren überlassen. — Franc. Blanco, Bischof von
Orense (Spanien): In den Index seien nicht blos ketzerische, sondern
auch Bücher von katholischen Verfassern aufzunehmen. — Petrus
Contareno, Bischof von Pavia (ein Freund Pauls IV.): Man solle
Verhandlungen in Trient 1562—63. 317
den Index Pauls IV. reeipiren, und wenn dazu etwas zu bemerken
sei, dieses dem Papste mittheilen ; man könne aber aucli ein Bücher-
verbot erlassen wie das Concil von Chalcedon. — Andreas de
Cuesta, Bischof von Leon: Das Concil möge keine Index-Commission
ernennen ; es könne Bücher prüfen, solle dann aber das weitere dem
Papste anheimgeben, der kraft seiner Autorität einen Index publi-
ciren möge; das Concil könne nicht verwerfen, was der Papst ge-
billigt, und dieses könnte leicht eintreten, wenn das Concil einen
neuen von dem Index Pauls IV. verschiedenen Index mache. —
Petrus Gonzalez de Mendoza, Bischof von Salamanca: Man möge
eine Index-Commission wählen, aber den Index erst am Schlüsse
des Concils publiciren, damit nicht die Ketzer, wenn sie sähen,
dass ihre Bücher verdammt worden, nicht zum Concil kämen'). —
Annibal Saracenus, Bischof von Lecce (Öüditalien) : Die Prüfung der
Bücher sei den Ortsbischöfen zu überlassen. — Vincentius Justinia-
nus, General der Dominicaner: Man möge in die Index-Commission
nicht, wie vorgeschlagen worden, Ordensgenerale wählen, überhaupt
keine Mönche; der Römische Index sei darum bei manchen miss-
liebig, weil Mönche daran mitgearbeitet; man könne die Universi-
täten zu Käthe ziehen und sie auffordern, ihre Indices einzusenden.
— Christoph von Padua, Generalprior der Augustiner-Eremiten : Es
sei kein neuer Index zu machen, sondern der Pauls IV. zu verbessern ;
er habe selbst mit an diesem gearbeitet (s. o. S. 267), es fehle dem-
selben nur nitor aliquis majoris claritatis; bei den einzelnen Büchern
seien der vollständige Name des Verfassers und das Jahr des Druckes bei-
zufügen; das Fehlen dieser genaueren Angaben habe Missverständnisse
veranlasst; übrigens gebe es auch Bücher, die neben vielem Guten einiges
Schlechte enthielten, und diese seien zu emendiren, nicht zu verwerfen.
Bei der Abstimmung am 12. Febr. stimmte die Mehrzahl
dafür, unter Zugrundelegung des Index Pauls IV. einen neuen Index
anfertigen zu lassen. Die Ernennung der Bischöfe, welche das
Decret zu entwerfen hätten, wurde den Legaten überlassen. Sie
ernannten den Erzbischof Mutius Calinius von Zara und die Bischöfe
Foscarari von Modena, Jacobus Maria Sala von Viviers und An-
tonius Augustinus von Lerida. Der Entwurf wurde am 17. Febr.
vorgelegt, am 20. wurde darüber discutirt und einige Aenderungen
beantragt; am 24. Febr. stimmten 104 für den etwas abgeänderten
Entwurf unbedingt, 18 vorbehaltlich einiger nicht bedeutender Aen-
derungen^).
Mitglieder der Index-Commission waren ausser dem Erzbischof
von Prag anfangs der Patriarch von Venedig, Jo. Hieron. Trevi-
sano, die Erzbischöfe Barth, de Martyribus von Braga, Seb. Lecca-
vella von Naxos, Lud. Beccatelli von Ragusa und Julius Pavesius
von Sorrent (Dominicaner), die Bischöfe Aegidius Foscarari von
Modena, Thomas Casellus von Cava (beide Dominicaner), Donatus
1) Sein Votum bei Döllinger, üngedr. Berichte II, 66.
2) Theiner I, 685. 686. II 540. Mendham p. 58. 59. A..J. F. II, 2625.
318 Verhandlungen in Trient 1562—68.
de Laurentiiß von Ariano, Dom. BollanuR von Brescia, Hieron. Tre-
visanus von Verona (f 4. Sept. 1562), Nie. SfondratuR von Cre-
mona, Urbanus Vigerius von Sinigaglia, Antonius Augustinufl von
Lerida, Hieron. Velasquez von Oviedo, der Observanten-General
Franc, a Zamora (Spanier), der Augustiner-General Christoph von
Padna und der Abt Eutychius von Monte Cassino*), wie es scheint,
später noch der Erzbischof Leonardus Marinus von Lanciano (Domi-
nicaner) und Octavius Praeconius von Palermo (Pranciscaner) und
die Bischöfe Mutius Calinius von Jaen, Hieron. Burgensis von Cha-
lons, Jac. Maria von Viviers, Didacus de Leon von Goimbra (Kar-
meliter) und Andreas Dudith von Tinnia*). Als Theologen der
Commission werden ausser Foreiro genannt die Jesuiten Jakob
Laynez und Alfons Salmeron, Melchior Canus, Alfons de Castro,
Peter Malvenda, Ruard Tapper, Joh. Gropper und Ambr. Pelargus.
— Die grosse Mehrzahl der Mitglieder bildeten also die Italiener
und Spanier, und wenn Cardinal Morone bei den Verhandlungen in
Innsbruck im Mai 1563 auf das Verlangen des Kaisers, man solle
bei den Verhandlungen in Trient fromme und gelehrte Männer aus
allen Nationen zuziehen, entgegnete, das geschehe, in die Index-
Commission z. B. seien Bischöfe aller Nationen gewählt worden*^),
80 war das doch eine nicht sehr zutreffende Ausrede.
In den Instructionen Philipps II. vom 30. Oct. 1562 für seinen Ge-
sandten, den Grafen Luna heisst es: Spanien habe seinen besondern
Index und seine besonderen Regeln über Bücherverbote; es sei nicht zu-
lässig, es unter das allgemeine Gesetz zu stellen; denn Bücher, die in
einem Lande unbedenklich seien, könnten in einem andern gefährlich
sein. Luna schrieb 26. Oct. 1563 an den König: er habe alles aufge-
boten, um zu bewirken, dass die Index-Commission nichts zu Stande
bringe oder dass ihre Beschlüsse für Spanien keine Geltung erhielten.
Die Legaten hätten ihm gesagt, die Commission sei nicht vom Papste,
sondern von dem Concil eingesetzt; er möge sich mit seinen Ein-
reden an dieses wenden; das werde aber nichts helfen. Er könne
nur darüber wachen, — und der Bischof von Lerida (Antonio Agustin)
unterstütze ihn dabei , — dass die Commission ihre Vollmachten nicht
überschreite. Diese sollte eigentlich nur den Index Pauls IV. (der
in Spanien nicht recipirt war) revidiren, habe sich aber ein Breve
Pins' IV. erwirkt, wonach sie ihre Arbeit auch auf alle anderen
Indices ausdehnen könne *), Es wird das oben erwähnte Breve vom
14. Jan. 1562 gemeint sein. — Auch in Rom machte der spanische
1) Diese werden genannt im Universum S. Conc. Trid., Antw. 1564,
p. 86 und bei Paleotto p. 67, nur nennt dieser auch Joh. Thomas de San
Feiice von La Cava.
2) Mehrere von diesen werden bei den Verhandlungen über Carranza
genannt. Castro, Hist. de la Ref. p. 215.
3) Pallav. 20, 13, 8.
4) Llorente III, 265. 272. Col. de doc. ined. 9, 185, 187.
Die Trienter Index-Commission. 319
Gesandte Vargas im Mai 1562 dem Papste Vorßtelhingen wegen
des Index; der PapBt versprach mündlich» es solle darüber nichts
ohne Vorwissen des Königs definitiv entschieden werden. Im Dec.
1562 schrieb Philipp II. an Vargas: er habe den Grafen Luna in-
struirt, darauf zu achten, dass in Trient nichts beschlossen werde,
was der spanischen Inquisition Eintrag thue; einige spanische Bi-
schöfe seien in diesem Punkte nicht eifrig genug ; Vargas solle dem
Papste vorstellen, wie nothwendig es sei, die spanische Inquisition
in ihrer bisherigen Autorität zu erhalten, und ihn zu bestimmen
suchen, in diesem Sinne an die Legaten zu schreiben*). — £inen
Eingriff in die Autorität der Inquisition fanden die Spanier freilich
mehr noch als in den Verhandlungen über den Index in dem den
Ketzern bewilligten Salvus conductus-). — Ende 1562 bat Philipp II.
auch den Kaiser, mit ihm dahin zu wirken, dass die Index-Ange-
legenheit vertagt werde, und der Kaiser erklärte sich in Anbetracht
der wichtigeren Fragen, welche vorlägen, damit einverstanden*).
Die Commission hielt aber, wie es scheint, ohne Unterbrechung ihre
Sitzungen.
Interessante Mittheilungen über die Verhandlungen der Index-
Commission enthält die Correspondenz des Erzbischofs von Prag
mit dem kaiserlichen Hofe. Am 3. Febr. 1562 bat er den Kaiser,
Staphylus nach Trient zu schicken, damit er bei der Revision des
Index helfe ; „denn es sind hier wenige, welche die Ketzereien oder
die Sitten der Deutschen kennen" ; Staphylus lehnte aber ab. Gegen
seine Ernennung zum Mitgliede der Commission machte der Erz-
bischof Vorstellungen: er sei als Orator des Kaisers zu sehr be-
schäftigt und fürchte auch, sich den Ilass der Ketzer zuzuziehen,
unter denen er leben müsse; die Legaten erwiederten aber, er wohne
dem Concil in doppelter Eigenschaft bei und schulde als Erzbischof
demselben Gehorsam. Auch der Kaiser wies ihn an, sich ja nicht
von der Commission zurückzuziehen. Am 28. April 1562 berichtete
der Erzbischof an den Kaiser : in dem Index Pauls IV. stehe eine
ganze Reihe von Catechismen, von denen man nicht wisse, welche
gemeint seien; man denke daran, einen Catechismus auszuarbeiten
und durch das Concil approbiren zu lassen und dann alle anderen
zu verbieten (die allerdings kaum verständlichen Catechismus -Verbote
bei P. blieben schliesslich unverändert); ferner verbiete der Index
auch Reichstagsverhandlungen, freilich in so unbestimmten Aus-
drücken, dass man deren Sinn nicht errathen könne; er habe darauf
aufmerksam gemacht, dass die Fürsten und Stände des Reichs sich
doch ein Verbot der Verhandlungen und Abschiede der Reichstage
nicht gefallen lassen könnten ; die Mitglieder der Commission hätten
1) Döllinger, Beitr. I, 454. 472. Col. de doc. 203. 211. 241.
2) Mendham, Memoirs of the C. of Trent p. 189. Col. de doc. p. 212.
3) Buchholfj!, Gesch. Ferdinands L, 9, 685. Sickel, Zur Gesch. des
Concils von Trient S. 424.
820 Verhandlimgeu in Trient 1662—68.
ihn einmüthig und dringend gebeten, darüber an den Kaiser zu
schreiben. Der Kaiser antwortete 10. Mai 1562: die Acten und
RecesRc aller Reichstage hätten die Kraft von Keichsgesetzen ; man
werde wohl thuen, sich damit als mit einer weltlichen und das Concil
nicht angehenden Sache nicht zu befassen; durch ein gänzliches oder
theil weises Verbot derselben könne man sich nur lächerlich machen ' ).
Demgemäss wurden denn auch Acta Comitiorum Augustae et Haga-
noae, Acta in Conventu Ratisponensi, Acta cum protestantihus Franeo-
furti, Comitia Spirae et Wormatiae, Liber de conventu Hagenoensi
gestrichen; die beiden letzten wurden aber von S. Gl. wieder ein-
gesetzt.
Am 3. Febr. 1563 schickte der Erzbischof folgenden interes-
santen Bericht an den Kaiser: ^Die Commission hat jetzt fast ein
Jahr an der Säuberung des Index Pauls IV. gearbeitet, in welchem,
sei es in Folge eines Irrthums, sei es aus anderen Gründen (sive
secus), auch solche, die katholisch und fromm gelebt, unter die
Ketzer gesetzt und von vielen Bücher verboten sind, welche für die
Welt nützlich sind und von der Religion und dem Glauben gar
nicht handeln. Wir haben diejenigen gestrichen, von denen wir
wissen, dass sie im Schoosse der Kirche gelebt haben oder noch
leben und welche ihre Schriften dem Urtheile der Kirche unter-
werfen, z. B. Jo. Campensis (S. 277), M. Ant. Fiaminius, Henr. Glarea-
nus, Georg Agricola, ferner Abdias Babylonius, der, zu den Zeiten
der A])ostel lebend, ihre Geschichte sehr elegant geschrieben [1], auch
solche Bücher, welclie die Religion nicht berühren, wie Schriften
von Leon. Fuchs, Conr. Gesner u. a. Wir sind jetzt mit den Schrif-
ten des Erasmus beschäftigt. Viele derselben sind verworfen worden,
Moria, Colloquia, einige apologetische Schriften und viele Briefe;
andere werden so überängstlich corrigirt, dass Erasmus, wenn er
auf die Erde zurückkäme, sie nicht als die seinigen anerkennen
würde. Der eine und der andere sind mit mir darum für die Frei-
gebung seiner Werke, weil er sich immer dem ürtheil der Kirche
unterworfen, weil Leo X. ihn zur Fortsetzung seiner literarischen
Arbeiten aufgefordert hat, weil er als Katholik gestorben ist und
gegen die Ketzer oft rühmlich und siegreich gekämpft, weil er die
Schriften der Kirchenväter in guten Ausgaben wieder zugänglich
gemacht, die vernachlässigte Wissenschaft wieder belebt hat, so dass
uns andere Nationen darum beneiden. Aber die meisten Mitglieder
sind anderer Ansicht; für sie genügt es, dass Erasmus von Paul IV.
in die 1. Cl. gesetzt worden, und sie meinen, es geschehe ihm eine
Gnade, wenn man nach Säuberung einiger seiner Bücher und Ver-
werfung der übrigen sein Andenken nicht untergehen lasse. So
werden wir wenigen, welche die Werke eines um das christliche
Gemeinwesen wohl verdienten Geistes zu erhalten wünschen, majori-
sirt." Er bittet schliesslich den Kaiser, dahin zu wirken, dass ihm
gestattet werde, aus der Commission auszuscheiden. „Meine Stel-
1; Sickel S. 249. 271. 294. 301.
Index Pias' IV. 1564. 821
Inng ist eine andere als die derjenigen, welche in Spanien nnd Ita-
lien nichts mit Ketzern zu schaffen haben;- ich bin oft durch die
Geschäfte, die mir als kaiserlichem Orator obliegen, verhindert, an
den Sitzungen theilzunehmen" u. s. w. Der Kaiser Hess dem Erz-
bischof antworten, er möge als der einzige Deutsche in der Com-
mission ausharren und dahin wirken, dass nicht ferner, wie bisher
geschehen, auch treffliche Werke und deren Verfasser verdammt
würden *).
Im J. 1563 wurde in Trient eine Angelegenheit erledigt,
welche indirect mit dem Index zusammenhängt. Der Dominicaner
Leonardus von Udine war 1549 bei dem Patriarchen Giovanni Gri-
mani wegen einiger Sätze über die Prädestination, die er vorge-
tragen, denuncirt worden. Grimani erklärte in einem Schreiben an
seinen Vicar in Udine die Sätze für ganz orthodox. Der Patriarch
wurde nun selbst in Eom bei der Inquisition denuncirt, und diese
beschäftigte sich mit der Untersuchung von mehreren Sätzen des
Briefes. Als Pius IV. 1561 Grimani auf den Vorschlag des Dogen
von Venedig zum Cardinal ernennen wollte, protestirte die Inqui-
sition, und der Papst erklärte mit Zustimmung des Cardinals-
collegiums, erst wenn Grimani die Inquisition zufriedengestellt, solle
er, dann aber ohne neue Ernennung, als Cardinal angesehen wer-
den^). Mit Genehmigung des Papstes brachte Grimani seine Sache
an das Concil und übersandte diesem eine Vertheidigungsschrift.
Eine Commission von 26 Mitgliedern wurde beauftragt, mit den
Legaten die Sache zu untersuchen, und am 17. Sept. 1563 wurde
das Urtheil gefallt: das Schreiben Grimani's verbunden mit der
Apologie sei weder ketzerisch noch der Ketzerei verdächtig noch,
so wie es (in der Apologie) erklärt sei, anstössig (scandalosa), solle
aber nicht veröffentlicht werden, weil darin einige schwierige Fragen
nicht ganz genau (minus exacte) behandelt seien ^).
29. Der Index Pins' IV. vom J. 1564.
Der zu Trient ausgearbeitete Index wurde zu Rom Ende
März 1564 publicirt unter dem Titel: „Index der verbotenen
Bücher mit den Regeln, welche durch die von der Trienter
1) Buchholtz 9, 686. Sickel S. 424.
2) J. Pogiani Epp. III, 416.
3) Pallav. 22, 8, 10. Paleotto, Acta C. Trid. ed. Mendham p. 696.
606. Werner, Thomas von Aqain S, 470; am ausführlichsten de Saint-
Amour, Journal p. 288 und Recueil p. 88.
Beufloh, Index. 21
822 Index Pios' IV. 1664.
Synode gewählten Väter angefertigt worden sind, von Papst
Pius IV. genehmigt" *). Vor dem eigentlichen Index steht eine
Bulle (Dominici gregis) vom 24. März 1564, dann als Praefatio
der Bericht des Secretärs der Trienter Commission, P. Foreiro,
mit den dazu gehörenden Regeln.
In der Bulle, — sie wird auflFallender V^eise in den Index-
Ausgaben seit Benedict XIV. (1758) nicht mehr abgedruckt, —
heisst es:
Die Beschlüsse des Trienter Concils haben es ,Jedein leicht
gemacht, die gesunde und katholische Lehre von der falschen zu
unterscheiden; da aber das Lesen der von den Ketzern herausgege-
benen Büchern nicht nur die Einfältigeren zu verderben, sondern
auch oft Gelehrte und Unterrichtete zu verschiedenen Irrthümem
und von der Wahrheit des katholischen Glaubens abweichenden Mei-
nungen zu verleiten pflegt, haben Wir in dieser Beziehung Anord-
nungen treffen zu müssen geglaubt. Da Wir aber wussten, dass es
das geeignetste Mittel gegen dieses üebel sein würde, wenn ein Ver-
zeichnisB (Index sive Catalogus) derjenigen Bücher angefertigt und
herausgegeben würde, die entweder ketzerisch oder der Ketzerei
verdächtig oder für die Sitten und die Frömmigkeit schädlich seien,
so hatten Wir diese Aufgabe der h. Trienter Synode überwiesen.
(Der schon vorhandene Index Pauls IV. wird nicht erwähnt.) Diese
hat aus der grossen Zahl der anwesenden Bischöfe und anderen sehr
gelehrten Männer für die Anfertigung dieses Index viele durch Ge-
lehrsamkeit nnd Urtheilsfähigkeit ausgezeichnete Prälaten aus fast
allen Nationen ausgewählt. Diese haben nicht ohne sehr grosse
Mühe und viele Nachtwachen unter Zuziehung einiger ausgezeich-
neter Theologen den Index endlich mit Gottes Hülfe vollendet.
Nach Beendigung des Concils aber wurde gemäss dem Be-
schlüsse der Synode dieser Index Uns überreicht, damit er nicht
herausgegeben würde, bevor er von Uns gutgeheissen wäre. Wir
haben ihn einigen sehr gelehrten und erprobten Prälaten übergeben,
mit dem Auftrage, ihn ganz genau zu lesen und zu prüfen; Wir
haben ihn auch selbst gelesen, und Wir haben erkannt, dass er mit
grossem Fleisse, scharfem Urtheil und ausdauernder Sorgfalt ange-
fertigt und ausserdem sehr bequem geordnet ist. Da Wir also für
das Heil der Seelen sorgen und darum eine Veranstaltung treffen
wollen, dass nicht Bücher und Schriften irgendwelcher Art, welche
darin entweder als ketzerisch oder als der ketzerischen Schlechtig-
keit verdächtig oder als für die Frömmigkeit und Sittenreinheit
1) Index Librorum prohibitorum cum Regulis confeotis per Patres
a Tridentina Synodo delectos, auctoritate Sanctiss. D. N. Pii lUL, Pont.
Max., comprobatuB. Romae. Apud Paulum Manutium, Aldi F. 1564.^ 72
S. 4. In demselben Jahre bei demselben Drucker eine Ausgabe in 8.
Index Pias' IV. 1564. 828
nicht förderlich oder als wenigstens einer Verbesserung bedürftig
missbilligt werden, fortan von Christgläubigen gelesen werden: so
approbiren Wir durch Gegenwärtiges kraft apostolischer Autorität
den Index sammt den ihm vorausgeschickten Eegeln und befehlen
und verordnen, dass er gedruckt und veröffentlicht und dass er von
allen katholischen Universitäten und von allen anderen überall an-
genommen werde und dass die Regeln beobachtet werden, indem
Wir sowohl allen und jeglichen Welt- und Ordensgeistlichen jedes
Grades, Standes und Ranges wie den Laien jedes Standes und Ranges
verbieten, der Vorschrift jener Regeln oder dem Verbote des Indfix
zuwider irgendwelche Bücher zu lesen oder zu haben. Sollte aber
jemand jenen Regeln und jenem Verbote zuwiderhandeln, so soll der-
jenige, welcher Bücher von Ketzern oder Bücher von irgend einem
Verfasser, die wegen Ketzerei oder wegen des Verdachtes einer
falschen Lehre verdammt und verboten sind, liest oder hat, ipso
iure der Strafe der Excommunication verfallen und soll deshalb
gegtn ihn als einen der Ketzerei Verdächtigen inquirirt und ver-
fahren werden dürfen, ausser anderen Strafen, die dafür von dem
apostolischen Stuhle und den heiligen Canones festgesetzt sind ; wer
aber Bücher, die aus einem andern Grunde verboten sind, liest oder
hat, der soll wissen, dass er, abgesehen von der Schuld einer Tod-
sünde nach dem Ermessen der Bischöfe strenge zu bestrafen ist.
Schliesslich wird verordnet, die Bulle solle in Rom in der
üblichen Weise publicirt werden und nach drei Monaten vom
Tage dieser Publication an gerechnet lür jedermann so ver-
bindlich sein als ob sie ihm vorgelesen wäre.
Unter demselben Datum wurde eine andere Bulle publicirt,
worin der Papst nach dem Vorgange Julius' III. und Pauls IV.
(s. 0. S. 180) alle bisher ertheilten Ermächtigungen zum Lesen
„lutherischer oder anderer häretischer oder der Ketzerei ver-
dächtiger Bücher'^ (mit Ausnahme der den Inquisitoren ertheilten)
zurücknimmt^). Er motivirt diese Massregel in folgender Weise:
jene Ermächtigungen seien einigen ertheilt worden zum Zwecke der
Widerlegung der in den Büchern enthaltenen Irrthtimer; es sei
aber nicht selten vorgekommen, dass diese durch die Leetüre
der Bücher selbst in die Irrthümer verwickelt worden seien, von
denen sie andere hätten zurückführen wollen; zudem seien auf
dem Trienter Concil die Ketzereien der Gegenwart so wider-
legt und verdammt worden, dass die Autorität einer so grossen
Synode, deren Decrete nach reiflicher Ueberlegnng von dem
1) Bull. II, 115.
824 Index Pius' lY. 1564.
apostolischen Stahle bestätigt worden, zur Vermeidung der Irr-
thümer und zur Anerkennung der Wahrheit des katholischen
Glaubens allen genügen müsse und es einer Widerlegung durch
einen andern daneben nicht mehr bedürfe.
Der als Vorrede vorgedruckte Bericht Foreiro's *), — auch
er wird seit Benedict XIV. in den Index-Ausgaben nicht mehr
abgedruckt, — lautet mit Weglassung einiger unwichtiger
Stellen :
„Die Väter [die Mitglieder der Trienter Index - CommißBion]
sind nach langer Ueberlegnng zu der Ueberzengung gelangt, es sei
am besten, den von den Inquisitoren zu Rom zuletzt angefertigten
Index der verbotenen Bücher mit einigen wenigen Weglassungen und
Zusätzen beizubehalten, weil er von vielen gelehrten Männern nach
reiflicher üeberlegung zusammengestellt ist, sehr viele Autoren um-
fasst und sehr bequem geordnet ist. Da sie aber erfuhren, dieser
Index sei darum in einigen Provinzen und Gegenden bis jetzt nicht
angenommen, weil darin einige Bücher verboten würden, deren Ver-
bot für Gelehrte grosse Unzuträglichkeiten habe, und da sie wahr-
nahmen, dass einiges darin nicht deutlich genug ausgesprochen sei
und der Erklärung bedürfe, so haben sie nach langer und vielfacher
Berathung und nach Anhörung gelehrter Theologen aus allen Na-
tionen beschlossen, die beiliegenden Eegeln zu entwerfen, um da-
durch, so viel wie möglich, dem Nutzen und den Studien der besagten
Gelehrten ohne Schaden für die Wahrheit und die Eeligion Rück-
sicht zu tragen.
Zunächst ist zu bemerken, dass fast jeder Buchstabe des Alpha-
betes drei Classen hat.
In der ersten sind nicht so sehr Bücher als Verfasser von
Büchern enthalten, welche entweder Ketzer oder der Ketzerei ver-
dächtig geworden sind. Ein Verzeichniss von diesen musste ange-
fertigt werden, damit jeder wisse, dass nicht nur die von ihnen
herausgegebenen, sondern auch die von ihnen herauszugebenden
Bücher verboten seien. Dabei ist zu bemerken, dass es noch viele
andere giebt, welche aus den gerechtesten Gründen in diese Classe
1) Franciscus Forerius, Dominicaner, war seit 1555 Hofprediger des
Königs Sebastian von Portugal und wurde 1561 von diesem als Theologe
nach Trient gesandt. Nach dem Schlüsse des Concils ging er nach Rom
und wurde dort nach der Publication des Index auch bei der Aus-
arbeitung des Catechismus romanus und anderen Arbeiten beschäftigt.
1566 kehrte er nach Lissabon zurück. Er starb 10. Jan. 1581. Quetif.
II, 261. Catalanus, De Secretario Indicis p. 87. 1566 erschien von ihm
zu Antwerpen : Jesaiae prophetao vetus et nova ex hebraico versio, cum
commentario u. s. w. 888 S. 8.
Index PiuB' IV. 1564. 825
aufgenommen werden konnten, dass aber die Väter nicht die Absicht
und die Aufgabe hatten, diese alle aufzusuchen, sondern dass sie
im allgemeinen sich mit denjenigen, welche in dem Eömischen Ver-
zeichnisse stehen, begnügt und es den Bischöfen und Inquisitoren
überlassen zu müssen geglaubt haben, bezüglich anderer Schrift-
steller derselben Gattung das nämliche zu beschliessen.
In die zweite Glasse sind nicht Autoren, sondern Bücher auf-
genommen, welche darum, weil sie eine Lehre enthalten, die nicht
gesund oder verdächtig ist oder den Gläubigen sittlichen Anstoss
geben kann, verworfen werden, wenn auch die Verfasser derselben
niemals von der Kirche abgefallen sind.
Die dritte und letzte Classe umfasst diejenigen Bücher, welche
ohne den Namen des Verfassers veröffentlicht worden sind und eine
solche Lehre enthalten, welche die Römische Kirche als der katho-
lischen Wahrheit oder der Reinheit der Sitten widersprechend
verworfen hat. Denn sie haben nicht alle anonymen Schriften ver-
dammen zu müssen geglaubt, da bekanntlich oft gelehrte und heilige
Männer, damit die Christenheit von ihren Arbeiten Nutzen habe, sie
selbst aber eiteln Ruhm vermieden, sehr gute Bücher anonym her-
ausgegeben haben. Nur diejenigen anonymen Bücher haben sie also
als verwerflich angesehen, welche entweder eine augenscheinlich ver-
kehrte oder eine zweifelhafte oder den Sitten verderbliche Lehre
enthalten. Welche Bücher ausser den in diesem Verzeichnisse ent-
haltenen als solche anzusehen sind, werden die Bischöfe und Inqui-
sitoren nach Berathung mit katholischen Theologen bestimmen.
Wegen der Bosheit unserer Zeiten ist aber durch das Decret der
vierten Sitzung angeordnet worden, dass in Zukunft keine Bücher
ohne den Namen des Verfassers veröffentlicht werden sollen.
Die zehn Regeln sind das Hauptergebniss der Trienter Gom-
mission. Von diesen und von der Weglassnng der Verzeichnisse
der verbotenen Bibeln und der geächteten Buchdrucker abgesehen,
ist der sog. Trienter Index in der That nur eine revidirte und ver-
besserte Ausgabe des Index Pauls IV. Die wichtigste Neuerung ist
die Beifügung von quousque expurgatus fuerit oder einer ähnlichen
dem später üblich gewordenen d. c. (donec corrigatur) ähnlichen
Formel bei einer Anzahl von Büchern. Ausserdem sind einige bei
P. in der 1. Gl. stehende Namen gestrichen, namentlich einige
mittelalterliche Ketzer und die Katholiken Georg Agricola, Henr.
Glareanus, Geiler von Keisersperg, Jo. Montholon u. a., oder
in die 2. Gl. versetzt, namentlich Beatus Rhenanus, Erasmus,
Nie. Glemangis und Ulrich Zasius, anderseits aber auch neue
Namen beigefügt und einzelne aus der 2. Gl. in die erste ver-
setzt, Berengar von Tours, Glaudius Senarclaeus und Jac. a
826 Index Pius' lY. 1564.
Burgundia. Auch in der 2. and 3. GL sind manche Bücher ge-
strichen, einige beigefügt.
Die bedeutendste Vermehrung hat die 1. Cl. auf eine sehr
eigenthümliche Weise erhalten. Im März 1563 erschien eine
von Flacius lliyricus entworfene Protestation gegen das Trienter
Concil mit 34 Unterschriften von lutherischen Predigern'). Die
Unterzeichner, von denen nur einige schon bei P. standen,
wurden alle in die 1. Cl. gesetzt (nur einer ist, ohne Zweifel durch
ein Versehen, verschont geblieben), obschon einige darunter gar
keine, andere nur unbedeutende Schriften herausgegeben.
Die Protestatio selbst, die anonym erschien, steht nicht im
Index. Von den Unterzeichnern standen 4 schon bei P. in der 1.,
Jo. Fabricius Montanus in der 2. Cl. % 7 andere werden bei Fris.
als Schriftsteller erwähnt. Von den übrigen haben einige nach
1564 sich durch Schriften, wenn auch meist nur durch unbedeutende,
eines Platzes im Index würdig gemacht, wie ßened. Morgenstern,
Georgius Coelestinus, Hieron. Rauscher, Wilh. Radensis (Mitarbeiter
an den Centurien), Wolfg. Waldner; die meisten sind nicht als
Schriftsteller oder nicht als nennenswerthe theologische Schrift-
steller bekannt : Alexius Bresnicerius, Verfasser einer deutschen
Comödie'), Antonius Otho (Northusianus, von Ben. gestrichen oder
vielmehr mit dem durch S. Cl. in die 1. Cl. gekommenen Ant. Otho
Herzbergensis identiticirt), Chrph. Reiter, Conr. Perca, David Sche-
fer, Franc. Burcardi (Superintendens Vilnensis), Georg Neccarus
(seit Ben. richtig Necker), Jo. Kleinaw, Jo. Scheltling, Mart. Wol-
phius. Mich. Schulteis, Petrus Trimersheim, Timotheus Neocorus,
Wigandus Grosher, Wolfg. Rupertus. Petrus Egerdes ist der ein-
zige Unterzeichner, dessen Name nicht durch Tr. verewigt worden ist.
Ausser den genannten sind in die 1. Cl. gesetzt Conr. Gibe-
lius und Jo. Muslerus (aus V. 59), Marcus Ant. Calvinus (S. 210),
1) Raynald. 1564, 14. Vgl. den Brief von Canisius an Card. Uosias
vom 8. Mai 1563 bei Cyprianus, Tab, p. 311. Preger, M. Flacius 111. II,
274. Der Titel ist: Protestatio concionatorum aliquot Augustanac Con-
fessionis adversus conventum Tridentiuum perniciem verae religioni et
Ecclesiae molientem et adv. ejus conventus autorem Antichristum Rom.
u. 8. w. S. 1. 1563. 176 S. Die Unterschriften stehen p. 94. Der Prote-
station sind andere polemische Sachen beigedruckt.
2) In den Briefen an Card Hosius (J. Pogiani Epp. III, 155) wird
von ihm erwähnt Oratio qua docetur, Conc. Trid. sine scelore a chrisi.
hominibus frequeutari non posse; 15G5 schrieb er Adv. Fontidonium et
Cardillum Hispanum, Couciiii Trid. propugnatores.
S) A. D. B. 3, 317.
Erste Classe. 827
Laurentius Humfredns ÄDglus, von dem 1559 De religioniB conser-
vatioDe et reformatione vera deque primatu regum et magiBtratuum
erschienen war, Hierou. Sahir de S. Gallo, ein Schriftsteller, der nur
einem Schreibfehler seine Existenz verdankt ^), aber erst von Ben.
gestrichen ist, und Jo. Aventinus, der schon im Ven. gestanden,
aber von P., wohl durch ein Versehen, nicht aufgenommen war.
Aventin (1477—1534) war 1528 als der Ketzerei verdächtig
einige Tage in Haft*); seine religiösen Ansichten waren nicht correct
und in seinen Schriften finden sich zahlreiche Ausfälle gegen Päpste,
Geistlichkeit u. s. w.*). Als man ihn in Venedig auf den Index
setzte, war ausser ganz unverfänglichen Sachen von ihm nur ge-
druckt: Chronica von Ursprung, Herkommen und That^n der uralten
Teutschen, herausgegeben von Caspar Brusch, 1541, 49 Bl. 4. Erst
in Deo. 1554 erschienen zu Ingolstadt Annalinm Boiorum 11. VII.
nachdem im Auftrage Herzog Albrechts V. von Hieron. Ziegler
duriora, etiam invectivae contra ecclesiasticas personas gestrichen waren
(eine vollständige Ausgabe von Nie. Cisner erschien erst Basel
1580, eine deutsche Umarbeitung von Simon Schard unter dem Titel
Chronica 1566). In dem Mttnchener Abdruck des Trienter Index
von 1569 (s. u. § 45) ist Aventin ausgelassen und in dem beige-
fügten Anhang wird seine Chronica Bavarica (ohne Zweifel ist die
Ziegler'sche Ausgabe der Annales gemeint) zur Anschaffung em-
pfohlen. Aber in dem Münchener Index von 1582 steht Aventinus
wie im Römischen. 1589 beauftragte Wilhelm V. seinen Hofkaplan
und Archivar Mich. Arrodenius, von den Annalen und der Chronik
eine expurgirte Ausgabe zu besorgen, und Arrodenius erhielt von
der Inquisition für 5 Jahre die Erlaubniss, für diese Arbeit die
Schriften Aventins und andere verbotene Bücher zu lesen*); die
Arbeit ist aber wahrscheinlich nicht vollendet, jedenfalls nicht ge-
druckt.
Obschon Aventin schon in der 1. Cl. stand und Phil. Loni-
cerus durch S. Cl. hineinkam, setzten S. Cl. (aus Q.) in die 2. Cl.
mit d. c: Chronica turcica coUecta a Ph. Lon. (1578), cui est ad-
1) Bei P, stehen: Hier. Sauonen., Hier. Schiurpff, bei Tr. Hieron.
Sahir de S. Gallo, Hier. Sauonen., Hier. Schiurpfif. Man hat de S. Gallo zu
dem letzten Namen beifügen wollen; Sahir ist aus dem Sauonen. entstanden.
2) Sämmtl. Werke, München 1880, I, S. XLIX.
3) Döllinger, Aventin und seine Zeit S. 21.
4) Wiedemann, Joh. Turmair gen. Aventinus S. 803; s. o. S. 185.
Ueber die Noth wendigkeit einer Expurgation schreibt auch P. Canisius
an Marcus Welser (v. Aretin, Maximilian I, S. 816): Hujus autoris Bavaria
multis fraudibus foedisque sordibus referta circumfertur, quando libuit
illi non modo cath. fidei desertorem hostemque praestare, verum etiam
historicis rebus vim aperte inferre et mala fide citare plurima. Vielleicht
hat Canisius dafür gesorgt, dass Aventin in Trient nicht vergessen wurde.
828 Index Pius' IV. 1564.
jectum (I, 113 — 130) opus quoddam Jo. Aventini baeretici, in quo
declarantur causae miseriaram (quibus christ. respublica premitur;
seit Ben. steht unter Lonicerus die Chronica mit d. c., unter Aven-
tinus ohne d. c. Liber, in quo declarantur u. s. w.). Es ist eine lat.
Uebersetzung der allerdings sehr anticlericalen , Beschreibung der
Ursachen des Türkenkrieges und Anzeigung noch grüssers Verder-
bens der Christen" u. s. w. (Sämmtl. Werke I, 171), die von Heinr.
Müller in seinen ,, Türkischen Historien" 1563, also während des
Trienter Concils herausgegeben war. Bei Sot. wird die Chronica
von Lonicer expurgirt, dabei aber Aventins Schrift ganz gestrichen.
Von der Ausgabe der Annales von 1580 gibt Sot, eine starke Ex-
purgation.
Gestrichen sind in der 1..C1. ausser einigen mittelalterlichen
Ketzern, Almaricus, Dulcinus Novariensis, Gondisalvus, Guilelmus
de S. Amore, Henr. Tolosanus, Durandus de Baldach und Henr.
Senensis (sonderbarer Weise wurden gerade die beiden letzten von
S. Cl. wieder aufgenommen) und den oben genannten Katholiken Petrus
Scalichius und Stan. Orichovius, der Grieche Nicolaus Cabasila und,
wohl bloss durch ein Versehen, Adam Hiber, Erasmus Alberus, Jo.
Härtung, Justus Velsius (der erste durch Cl., die anderen durch
S. Cl. wieder aufgenommen) ; Ambr. Blaurer ist gestrichen, aber als
Blaurerus Ambr. stehen geblieben.
In Folge der Aufnahme der Unterzeichner der Protestatio ist
trotz der Streichungen die 1. Cl. im Tr. etwas umfangreicher ge-
worden; die 2. und 3. dagegen sind vermindert: unter ABC stehen
bei P. in der 2. Cl. 24, im Tr. 16, in der 3. bei P. 94, im Tr. 88.
Gestrichen sind in der 3. Cl. die durch die Kegel 9 überflüssig ge-
wordenen allgemeinen Verbote : Geomantiae , Hydromantiae ....
libri omnes und in der 2. Cl. eine Reihe von Büchern dieser Kate-
goricen und von unsauberen Poeten, Jo. Casa u. a. (von S. Cl. meist
wieder aufgenommen); beigefügt wurde von der letztern Sorte nur
Laurentius Abstemius (aus V. 59). Ferner wurden in der 2. Cl. ge-
strichen die vorreformatorischen Schriften von Jac. Almain, Joachim
Abbas, Nie. de Tudisco, llaymundus Lullus, einige mit Erasmus zu-
sammenhangende Schrifsteller, die alle von S. Cl. wieder eingesetzt
wurden, ferner M. A. Flaminius und, wohl durch ein blosses Ver-
sehen, Ant. Reuchlinus und Jo. Ruthenus (beide wieder bei S. Cl.). Et-
was geändert wurden die Bestimmungen über Aeneas Sylvius, Laur.
Valla, Raymundus Sabunde.
In der 2. Cl. ist beigefügt: Alcuini seu potius Calvini in
libros de trinitate. Calvin hat Exemplare seiner Institutio unter
Alcuins Namen drucken lassen (S. 150), aber mit den libri de trini-
tate hat er nichts zu schaffen ; sie werden zwar auch von Sixtus von
Siena und auch noch von Späteren als ein dem Alcuin unterschobenes
Werk Calvins bezeichnet*), aber schon von Beliarmin und Posse vin
1) Sixt. Ben. Bibl. Praef. § HI: Calvini opus emiserunt (haeretici)
Bub nomine Alcuini praeceptoris Caroli M. ad eundem Carolum Aug.
Ebenso Raynaud, Erot p. 267. Sot. p. XXI.
Zweite und dritte Classe. 829
unter Alcuins Werken aufgezählt. Erst Ben. hat für jenes Verbot
(unter Lossius) substituirt: Alcuini Abb. Turon. de fide s. et in-
dividuae trinitatis libri (a Luca Lossio commentario illustrati, 1555).
In der 3. Cl. wurden ausser den Reich stagsacten (S. 320) ge-
strichen: Abdias de vitis XII apostoloruni, Itinerarium Petri und
Opus iniperf. in Matth. und einige unbedeutende neuere Sachen, die
von S. Cl. alle wieder aufgenommen wurden, beigefügt in der 2.
und 3. Cl. keine einzige bedeutende Schrift, — in der 3. Liber
inscr. Lettera di N. ad uno ambasciatore di Papa Giulio III., —
nicht einmal die Magdeburger Centurien, obschon 1562 bereits der
6. Band erschienen war und das Werk in der Correspondenz des
Card. Truchsess und des P. Canisius mit dem Legaten Card. Hosius
erwähnt wird *).
Einige Namen der 1. Cl. sind vervollständigt oder corrigirt:
Fursterus heisst jetzt Jo. Forsterus, Martinus Alberus richtig Mat-
thaeus A. Anderes ist verschlimmbessert: Jo. Herold Acropolita (aus
Höchstett) steht auch als Basilius Jo. Herolei Acr. in der 1. CL;
erst Ben. hat Herold corrigirt, aber die beiden Namen als Namen
verschiedener Personen stehen lassen (Herold nahm den Namen Ba-
silius an, als er 1556 Bürger von Basel wurde). Jo. Stigelius hat
den Zusatz vel Stiphelius und David Peiferus Lipsius den Zusatz
vel Pfeffinger erhalten (von Ben. beide gestrichen). — Die Berichti-
gungen und Erläuterungen, die in der 2. und 3. Cl. beigefügt sind,
sind nicht von grossem Belang: Articuli a Fac. Theol. Par. ... cum
antidoto (auctore ut creditur Calvine), Comoediae et Tragoediae ,
u. s. w. (collectore Jo. Oporino); Frid. Fregosii Tractatus . . . (qui f
tamen falso illi creditur adscriptus). — Die Zusätze sind nicht ein-
mal immer richtig: Disputatio inter clericum et militem . . . alias
Somnium Viridarii, in der 1. Cl. Galasius Zwinglii defensor. Manche
der schlimmsten Druck- und anderen Fehler sind nicht corrigirt:
Barth. Conformi, Jo. Alarco, Knoper Dellingius, Dragale, Syncrama
u. s. w.
Man wird sagen dürfen, dass, abgesehen von der Anfertigung
der Regeln und den Verhandlungen über eine Anzahl von einzelnen
Schriftstellern und Schriften, die Revision des Index Pauls IV. den
Trientern nicht sehr viel Zeit und Mühe gekostet haben kann.
1) Jul. Pogiaui Epp. HI, 154. Canisius schreibt von Augsburg
9. Febr. 1562 : ütinam prodeat aliquis ex doctissimis episcopis et theologis,
quorum ingens isthic (in Trient) est numerus, qui ex professo refcllat pe-
stilentissimum illud opus Magdeburgensium theologorum de eccl. bist, nuper
editum. Cyprianus, Tab. p. 215.
830 Regeln des Trienier Index.
30. Die Regeln des Trienter Index.
Die zehn Regeln, welche in Trient ansgearbeitet wurden,
sind zum Theil nur neue Formulirungen, zum grossem Theile
Milderungen allgemeiner Bestimmungen im Index Pauls IV.
Sie verdienen besondere Beachtung, weil sie im wesentlichen
bis heute in Geltung geblieben sind. Sixtus V. ersetzte sie
durch andere Regeln, aber Clemens VIII. stellte sie wieder her
und fügte nur einige Zusätze bei. Auch durch spätere Päpste
ist einiges beigefügt und modiiicirt worden. Ich gebe eine (nur
stilistisch etwas abgekürzte) Uebersetzung der Regeln und einige
Erläuterungen zu denselben M*
I. Alle Bücher, welche vor dem J. 1515 von Päpsten oder
allgemeinen Concilien verdammt worden sind und nicht in
diesem Index stehen, sollen als in derselben Weise verdammt
angesehen werden, wie sie früher verdammt worden sind.
Das ist im wesentlichen die Bestimmung Pauls IV. S. 265.
S. fügte bei : „Ausgenommen sind die Bücher, welche die Kirche trotz
der darin enthaltenen Irrthümer von Alters her als Zeugen für alte
Gebräuche und kirchliche Traditionen und für die Verdammung
der Ketzer angenommen hat, wie die im Decrete des Gelasius u. s. w.
verzeichneten.'* Gelasius verbietet aber gar nicht das Lesen der
von ihm verworfenen Bücher, wie solche Verbote überhaupt in der
altern Zeit nicht vorkommen. Die im Mittelalter verbotenen Bü-
cher stehen fast alle im Index. Man hat die Reg. I. auf Ray-
mundus Lullus anwenden wollen (S. 33).
II. Von den Häresiarchen, d. i. von denjenigen, welche seit
1515 Ketzereien erfunden oder angestiftet haben oder Häupter
oder Führer der Ketzer gewesen sind oder sind, wie Luther,
Zwingli, Calvin, Balthasar Pacimontanus und Schwenckfeld
u. dgl., werden alle Bücher ohne Ausnahme verboten. Von den
anderen Ketzern werden nur die ex professo über Religion han-
delnden Bücher ganz verboten; die nicht über Religion han-
delnden werden, nachdem sie von katholischen Theologen auf
Befehl der Bischöfe und Inquisitoren geprüft und gut geheissen
worden, erlaubt. Auch die katholisch geschriebenen Bücher von
solchen, die später in Ketzerei gefallen, und von solchen, die
1) Vgl. A. J. P. I, 760.
Regel I. II. in. 831
in den Scbooss der Kirche zurttckgekefart sind, können, wenn
sie von einer theologischen Facultät einer katholischen Uni-
versität oder von der Römischen Inquisition gutgeheissen sind,
erlaubt werden.
Etwas der UDterBcheiduDg zwinchen Häresiarchen und an-
deren Ketzern Aehnliches findet sich schon im Lov. (S. 118). Die
hier gegebene Definition von Häresiarchen ist an sich nicht sehr
präcise und gewinnt nicht dadurch an Klarheit, dass neben Luther,
Zwingli und Calvin noch Huebmaier und Schwenckfeld als ^Beispiele
genannt werden. Das Kichtige wäre gewesen, die Häresiarchen
speciell zu bezeichnen. Wir werden bei Q. und nach dessen Vorgang
bei S. einen besondem Catalogus haeresiarcharum finden ; aber dieser
wurde von Cl. beseitigt, jener nur von Sand, beibehalten, dann auch
im Span. Ind. weggelassen. — Eine wesentliche Milderung der Be-
stimmung von P. S. 264 liegt darin, dass nicht von allen Autoren
der 1. CL, sondern nur von den Häresiarchen alle Bücher, von den
übrigen nur die über Religion handelnden verboten werden. Die
nicht verbotenen Bücher der Autoren der 1. Cl. zu bezeichnen, ist
den Bischöfen und Inquisitoren überlassen. In den span. Indices
werden von vielen Autoren der 1. Cl. die Bücher, die nicht ver-
boten sind, verzeichnet, von manchen auch im Antw. Exp., von
einigen bei Bras. In den amtlichen Rom. Indices findet sich nichts
der Art. Das Richtige wäre natürlich gewesen, nicht hunderte von
Namen in die 1. Cl. zu setzen und dann zu sagen, die nicht von
Religion handelnden Schriften dieser Autoren seien nicht verboten,
sondern die Schriften anzugeben, die man verbieten wollte. Dass
dieses nicht geschehen, erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte
des Rom. Index.
Nach dem letzten Satze der Reg. II. bedurften z. B. das
Buch Heinrichs VIII. gegen Luther und die späteren Schriften von
Georg Wicel einer ausdrücklichen Gutheissung. S. machte einen
Versuch, die Schriftsteller der letztern Kategorie speciell zu be-
stimmen, indem er bei Wicel und einigen anderen bestimmte, die
von ihnen als Häretikern herausgegebenen Schriften seien unbedingt,
die nach ihrer Conversion veröffentlichten, so lange sie nicht unter-
sucht worden, verboten. Cl. strich dieses, und nun steht Wicel gar
nicht im Index, sein Freund Gerardus Lorichius in der 1. Cl.
III. Die von Autoren der 1. Cl. bis jetzt herausgegebenen
Uebersetzungen älterer, auch kirchlicher Schriftsteller (von
Kirchenvätern u. s. w.) werden, wenn sie nichts gegen die ge-
sunde Lehre enthalten, erlaubt. Die von Autoren der 1. CL
herrührenden (lateinischen) Uebersetzungen von alttestament-
lichen Büchern dürfen gelehrten und frommen Männern von den
Bischöfen gestattet, aber nur als Erläuterungen der Vulgata
zum Verständnisse der h. Schrift, nicht als Bibeltexte gebraucht
832 Regeln des Trienier Index.
werden. Dagegen sollen (lateinische) Uebersetzungen des N. T.
von Autoren der 1. Cl. niemand gestattet werden, weil das
Lesen derselben den Lesern wenig Nutzen, aber sehr viel Ge-
fahr zu bringen pflegt. Wenn mit derartigen Uebersetungen
des A. T. oder mit der Vulgata Anmerkungen von Autoren der
1. Cl. verbunden sind, können sie frommen und gelehrten Män-
nern gestattet werden, nachdem die verdächtigen Stellen von
einer theologischen Facultät oder von der Römischen Inquisition
entfernt worden sind. Dieses gilt speciell von der sog. Bibel
des Vatablus. Aus den Bibeln des Isidorus Clarius sind Vor-
wort und Prolegomena zu entfernen; den Text derselben aber
möge niemand für den Text der Vulgata halten.
Der erste Satz enthält eine weitere Milderung der Moderatio
Piufi' IV. (S. 289), die folgenden Sätze Bind an die Stelle des Bibel-
verzeichnisses bei P. gesetzt. — S. verbot in seiner Eeg. 6 alle
Bibelübersetzungen von Häretikern in allen Sprachen und bestimmte,
ihre Uebersetzungen von Kirchenvätern und kirchlichen Schriftstel-
lern sollten nur geduldet werden, bis in der Vaticanischen Druckerei
neue Uebersetzungen gedruckt seien. Dieses wurde von Cl. besei-
tigt; aber Alexander VII. setzte unter Biblia in den Index die Be-
stimmung, die seit Ben. in den Decr. gen. I, 3 steht: (Verboten
sind) Bibeln, die von Ketzern herausgegeben (eorum opera impressa)
oder mit Anmerkungen, Argumenten, Summarien, Scholien und In-
dices von Häretikern versehen sind. Das klingt wie eine Ver-
schärfung der 3. Regel; AI. wollte aber sicher mit dieser Bestim-
mung die von Ketzern herausgegebenen Bibeln nur in derselben
Weise verbieten, wie sie in der 3. Regel verboten werden (s. u. zu
Reg. IV). Anders verhält es sich mit einer andern Bestimmung,
welche seit Ben. in den Decr. gen. I, 4 steht. Durch ein von dem
Magister S. Palatii im J. 1603, also noch unter Clemens VIII. publicirtes
Decret (in der Sammlung vonDecreten im Index Alexanders VII. No. 4)
werden verboten: „Die h. Schrift oder Theile derselben in metrischer
Form, die nach 1515 gedruckt sind.** Dieses Verbot steht dann seit
AI. im Index unter Sacra Scriptura. Ben. setzte es in die Decr. gen.,
aber in der veränderten Fassung: „Bibeln oder Theile derselben,
die von Ketzern versificirt sind**. Das Decret von 1603 scheint
doch nicht bloss poetische Bearbeitungen biblischer Bücher von
Ketzern verbieten zu wollen, und der Lissaboner Index von 1624
(p. 178) erwähnt eine Erklärung der Index-Congregation, wonach
versificirte Uebersetzungen von Katholiken nur in lateinischer, nicht
in der Volksprache gestattet waren.
Wenn protestantische Bibelausgaben zu den verbotenen Büchern
gehörten, so war es nur consequent, wenn Gretser u. a. sagten,
sie seien zu verbrennen, und wenn dieses vielfach geschehen ist').
1) Schelh. Am. lit. VUI, 478. Der Inquisitor Gregorius GapnccinuB
Regel IV. Bibellesen. S8S
IV. Da die Erfahrung lehrt, dass, wenn das Lesen der
Bibel in der Volksprache allen ohne Unterschied gestattet wird,
daraas wegen der Verwegenheit (temeritas) der Menschen mehr
Schaden als Nutzen entsteht, so soll in dieser Beziehung das
Urtheil des Bischofs und Inquisitors massgebend sein: diese
sollen nach dem Rathe des Pfarrers oder Beichtvaters das Lesen
der Bibel in Uebersetzungen in der Volksprache, die von
katholischen Autoren herrühren, denjenigen gestatten dürfen,
von denen sie erkennen, dass ihnen diese Lecture keinen Schaden,
sondern Mehrung des Glaubens und der Frömmigkeit bringen
könne. Diese Erlaubniss soll schriftlich ertheilt werden. Wer
ohne eine solche Erlaubniss eine Bibel in der Volksprache
liest oder hat, soll von seinen Sünden nicht losgesprochen
werden können, bis er sie dem Bischof abgeliefert hat. Buch-
händler, welche Bibeln in der Volksprache solchen, die jene
Erlaubniss nicht haben, verkaufen oder sonstwie verschaflFen,
sollen den Preis der Bücher zahlen, den der Bischof zu frommen
Zwecken zu verwenden hat, und anderen je nach der Beschaf-
fenheit des Vergehens von dem Bischof zu verhängenden Strafen
verfallen. Ordensgeistliche dürfen solche Bibeln nicht ohne Er-
laubniss ihrer Oberen lesen und kaufen.
Nach P. sollte die Erlaubniss zum Lesen der Bibel in der Volk-
spräche nur von der Rom. Inquisition ertheilt werden. Die mildere
Bestimmung im Tr, wurde schon durch S. wieder aufgehoben. In
seiner Reg. 7 wird bestimmt: „Bibeln oder Theile von Bibeln in
Uebersetzungen in der Volksprache, auch von Katholiken, werden
ohne neue und specielle Erlaubniss des apostolischen Stuhles nirgend-
wo gestattet; Paraphrasen in der Volksprache werden unbedingt
verboten" *). Cl. beseitigte zwar die Regeln von S., fügte aber der
4. Regel des Tr. eine Observatio bei, in welcher er sich den An-
schein gibt, als wolle er dieselbe erläutern, in Wirklichkeit aber
dieselbe abändert: „Es ist zu bemerken, dass durch diese Regel den
(bei James, Treatise A. 2) rühmt sich: wenn er eine Vulgata-Ausgabe mit
fehlerhaftem Texte finde, continuo transeo ad ipsam non oensurando sed
igniendo.
1) Diese Regel allein genügt, um das, was seit Leti von einer von
Sixtus Y. veranstalteten italienischen Bibelübersetzung erzählt wird (vgl.
Mendh. p. 109; van Ess, Gesch. der Yulgata S. 495) als Fabel zu er-
weisen. Die Sage ist durch die verunglückte Vulgata-Ausgabe Sixtus* V.
entstanden.
884 Regeln des Trienter Index.
Bischöfen, Inquisitoren oder Ordensoberen nicht aufs neue die Voll-
macht gegeben wird, die Erlaubniss zum Kaufen, Lesen oder Be-
sitzen von Bibeln oder Theilen des A. oder N. Testaments ') oder
Summarien und geschichtlichen Compendien der Bibel oder biblischer
Bücher in der Volksprache zu ertheilen, nachdem ihnen diese Voll-
macht durch das Mandat und den Usus der Rom. Inquisition ent-
zogen worden." Damit ist die Bestimmung Pauls IV. einfach wieder-
hergestellt, und fortan konnte also ein Bischof nur etwa dann die
Erlaubniss ertheilen, wenn er speciell durch den Papst oder die
Rom. Inquisition ermächtigt worden war.
Wenn Alexander VII. Biblia vulgari quocunque idiomate con-
scripta in den Index setzte, so wollte er damit nicht die 4. Regel
aufheben, die er ja unverändert abdrucken Hess, sondern die Bibeln
in der Volksprache in derselben Weise verbieten, wie sie in dieser
Regel verboten sind. Man kann aber nun allerdings sagen, dass sie
von 1664 bis 1758 im Index gestanden haben. In der Ausgabe
von 1758 von Benedict XIV. wurden sie im Index gestrichen und
zugleich wurde, wie wir später sehen werden, die 4. Regel modifi-
cirt. Bis dahin ist dieselbe mit dem Zusätze Clemens' VIII. nach der
curialistischen Anschauung geltendes Recht gewesen.
Die Praxis gestaltete sich aber in den verschiedenen Ländern
verschieden. In Spanien waren schon durch Valdes 1551 und 1659
alle Bibeltibersetzungen unbedingt verboten; Quiroga fügte 1583
bei: IJebersetzungen von allen Theilen der Bibel, mit Ausnahme der
Sätze und Stücke, welche in katholischen Büchern citirt und erklärt
werden, und der Episteln und Evangelien der Messe, wenn die-
selben mit Predigten oder Erklärungen von katholischen Schrift-
stellern verbunden sind. Demgemäss wurden von einem seit 1506
in einer Reihe von Auflagen erschienenen Perikopenbuche des Francis-
caners Ambrosius de Montesino in dem Index des Sandoval 1612
nur die Ausgaben ohne Erklärungen verboten ; aber 1614 wurde das
Verbot auf alle Ausgaben ausgedehnt. Auch eine Uebersetzung der
BuBs- und Stufenpsalmen und der Klagelieder des Jeremias von
Maestro Jarava (Antw. 1543 u. s.) wurde in Antw. App. und Q.
verboten, von Sot. auch die uebersetzung des Buches Job in der
1527 erschienenen Uebersetzung der Moralia Gregors des Grossen
von Alonso Alvarez de Toledo. Eine katholische Bibelübersetzung
ist, abgesehen von der Bibel im Valencianischen Dialect von 1478,
in Spanien erst 1790 von Phelipe Scio de San Miguel, später Bischof
von Segovia, und 1823 von Felix Torres Amat, Bischof von Bar-
celona, herausgegeben worden*). Noch strenger war man in Portu-
gal. In dem Lissaboner Index von 1624 (p. 178) werden nicht
nur die eben genannten spanischen Uebersetzungen einzelner Theile
1) In allen Ausgaben, auch in der neuesten von 1881 steht: Biblia
ynigaria aut alias s. scripturae tarn N. quam V.T. partes. Ohne Zweifel
sollte aliquas stehen.
2) Boehmer, Bibl. Wiffen. II, 858.
Regel IV. Bibellesen. 886
der Bibel und die (erst 1798 gedruckte) Uebersetznng des Hoben
Liedes von Luis de Leon verboten, sondern aueb erklärt, es sei
nicbt erlaubt, in einem Buche grössere Stücke ans der Bibel in der
Yolkspracbe anzuführen, und darum verordnet, in dem Buche von
Luis de Leon über die Namen Christi^) vier übersetzte Psalmen,
sogar in Lope de Vega's „Hirten von Bethlehem* die üebersetzung
des Magnificat, Benedictus, Nunc dimittis, des Miserere und einiger
anderer Psalmen zu streichen. Die erste portugiesische Bibelüber-
setzung ist die von Antonio Pereira de Figueiredo vom J. 1778. —
In Italien erschienen vor 1560 mehrere Uebersetzungen der Bibel,
von da bis 1776 nur Uebersetzungen der Perikopen, der Psalmen
und anderer einzelner Theile. Auch diese durften nicht ohne Er-
laubniss gebraucht werden. Im J. 1596 gestattete die Inquisition
durch ein förmliches, von Clemens VIII. bestätigtes Decret den Mit-
gliedern des Ordens der Jesuaten, eine katholische Üebersetzung
der sonn- und festtäglichen Evangelien in der Volksprache, — was
sonst verboten sei, wird ausdrücklich beigefügt, — zu lesen *).
Dagegen erschien im 16. und 17. Jahrb. eine Reihe von
katholischen Uebersetzungen der Bibel und des N. T. in französi-
scher, deutscher, czechischer, ungarischer und polnischer Sprache®),
und wenn auch die 4. Regel des Index auf einigen Provincialsynoden
promulgirt wurde*), so constatiren doch streng katholische Schrift-
steller, dass dieselbe in praxi diesseits der Alpen nicht überall als ver-
bindlich angesehen wurde. So sagt der Jesuit Serarius 1612: „Wenn
jemand in Deutschland ohne ausdrückliche Erlaubniss die Bibel von
Eck oder Dietenberger liest, so wird das von den Bischöfen, Pfar-
rern und Beichtvätern nicht nur nicht getadelt und bestraft, sondern
vielmehr gebilligt und sehr gelobt, als wenn die Erlaubniss allge-
mein ertheilt wäre* *).
In Belgien wurde durch eine Ordonnanz vom 19. Mai 1570
(s. u. § 38) den Buchhändlern befohlen, Bibeln (und Schriften über
Controversen) in der Volksprache an niemand zu verkaufen, der
nicht eine schriftliche Erlaubniss habe, und mehrere Synoden schärfen
die 4. Regel, einige auch die Bestimmung der Ordonnanz ein; auf
einer Synode von Tournay von 1600 wurde sogar verordnet, das
Verbot der 4. Regel jährlich zweimal von den Kanzeln zu verlesen •).
Auch in der Approbation der von den Löwener Theologen 1578
herausgegebenen französischen Bibel heisst es, ihr Gebrauch könne
von den Bischöfen oder Inquisitoren denjenigen u. s. w. (wie in der
1) ReuBch, Luis de Leon S. 25. 65.
2) A. J. F. 2, 2688.
8) E.-L. 2, 733. 742. Die polnische Bibel von dem Jesuiten Jacob
Wnjec wurde auf Veranlassung Ghregors XIII. und mit Outheissung
Clemens' VIII. 1598 gedruckt. Possevinus, App. s. v. Jao. Viecius.
4) Malou, Das Bibellesen I, 44.
5) Proleg. Bibl. c. 20. 6) A. J. P. 6, 1788.
886 Regeln des Trienier Index.
4. Regel) gestattet werden*); (der Bischof von Toumay erklärte auf
der Diöcesansynode von 1589. er habe, damit die Erlaubniss leichter
erlangt werden könne, seine Generalvicare und die Decane von Lille
und Courtrai ermächtigt, das Lesen einer von den Facultäten zu
Löwen oder Douay approbirten Uebersetzung zu gestatten). Bei
der grossen Zahl von Auflagen, welche diese Löwener Ueber-
setzung erlebte, ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass alle Leser
eine specielle Erlaubniss nachgesucht. — Fr. Veron sagt in seiner
französischen Bibel (1646): „Da die 4. Regel nirgends in Frankreich
bekannt gemacht worden, vielmehr durch den entgegengesetzten Gre-
brauch verworfen wird, so kann man in ganz Frankreich ohne vor-
herige Erlaubniss die Bibel lesen", und Billuart (um 1750): „Li
Frankreich, Deutschland und Holland wird von allen ohne Unter-
schied die Bibel gelesen; die Bischöfe wissen dieses und keiner
sucht es zu hindern , vielmehr wird das Lesen der h. Schrift von
mehreren Bischöfen empfohlen" ^). Auch der italienische Canonist
L, Ferraris (Promta Biblioth. s. v. Script, sacra N. 63) sagt: „In
Frankreich, Deutschland, England und Polen sind wiederholt Bibeln
in der Volksprache erschienen und ist das unterschiedslose Lesen
(promiscua lectio) derselben von dem apostolischen Stuhle geduldet
worden, woraus erhellt, dass dieser das Lesen derselben gestattet,
wenn die- Gründe weggefallen sind, wegen deren er dasselbe mit
Recht verboten hat".
Das zuerst in der Observatio Clemens' VIIL ausgesprochene
Verbot der Summarien, biblischen Geschichten und dgl. hat auch
von 1664 — 1758 im Index gestanden: Bibliorum summaria et com-
pendia etiam historica vulgari quocumque idiomate conscripta. Ben.
hat nicht nur dieses gestrichen, sondern auch in der Observatio die
betreffenden Worte stillschweigend weggelassen***).
1) R. Simon, Hist. crit. des versions p. 340.
2) Diese und andere Stellen bei L. van Ess, Auszüge über das . . .
Bibellesen, 1816, S. 170.
3) Die Titel der in der 3. Cl. stehenden Schriften sind allerdings
vielfach bis zur Unvei-ständlichkcit verkürzt und entstellt. Es ist aber
doch kaum zu entschuldigen, wenn in einer 1841 in Paris mit einem Preise
gekrönten und der Erlanger theol. Facultät gewidmeten Schrift, „Die Bibel
ist von Gott« von Ph. J. Oster, V. D. M., 1842, S. 175 zum Beweise dafür,
dass Geistlichen und Laien das Lesen der h. Schrift verboten sei, auf den
Index von 1704 verwiesen wird, nworin wörtlich folgende Titel vorkommen:
. . . Die Citatc aus beiden Testamenten [Loci utriusque Test.], die Redens-
arten der h. Schrift [Phrases s. scr.], die Auszüge aus der Schrift [Ex-
cerpta quaedam capita u. s. w.], alles, was von der Vortreffllichkeit, Würde,
Autorität u. s. w. der h. Schrift handelt" [De scripturae sanctae prae-
stantia, dignitate, auctoritate dissertatio] u. s. w. u. b. w. Es ist incon-
sequent, dass Oster nicht auch daraus, dass Catechismus s. symboli oxpo-
llegrel V. VI. g87
V. Bücher von Ketzern, in welchen sie die Aussprüche
anderer zusammenstellen nnd nichts oder wenig von dem Ihrigen
vortragen, wie Lexica, Goncordanzen, Apophthegmen, Gleich-
nisse, Indices n. dgl. sollen erlaubt, nöthigenfalls aber zuvor
von den Bischöfen und Inquisitoren mit Hülfe von katholi-
schen Theologen expurgirt werden.
S. verlangt Reg. 5 noch, die Namen der ketzerischen Heraus-
geber seien zu beseitigen und der Name des Expurgators beizu-
fügen, denkt also an neue unter dem Namen eines katholischen Her-
ausgebers zu veranstaltende Ausgaben. Seit Ben. steht in den Decr.
gen. I, 10: „Wörterbücher, Glossare, Thesauri und ähnliche von
Ketzern, wie die von Heinrich und Carl Stephanus, Jo. Scapula, Jo.
Jao. Hofmann u. s. w., werden nur erlaubt nach Beseitigung dessen,
was gegen die kath. Eeligion darin steht. '^
VI. Bezüglich der Bücher, welche in der Volksprache über
die Streitfragen zwischen den Katholiken und den Ketzern
unserer 2^it handeln, gilt dasselbe wie bezüglich der Bibeln
in der Volksprache. Bücher, welche in der Volksprache über
die Weise, gut zu leben, zu betrachten, zu beichten und über
ähnliche Dinge handeln, sowie Predigten in der Volksprache
sind, wenn sie die gesunde Lehre enthalten, nicht zu verbieten.
Wenn bisher in irgend einem Reiche oder in irgend einer
Provinz Bücher verboten gewesen sind, weil sie einiges ent-
halten, was sich nicht zur Lectttre fttr alle ohne Unterschied
eignet, so können dieselben, wenn die Verfasser katholisch sind,
nachdem sie verbessert worden, von dem Bischof und dem In-
quisitor erlaubt werden.
Den ersten Satz wollte S. Heg. 8 dahin modificiren, dass
solche Bücher in Gegenden mit confessionell gemischter Bevölke-
rung erlaubt, in anderen, wie in Spanien und Portugal der Fall war,
verboten sein sollten. (In der Volksprache geschriebene Bücher
gegen Juden und Muhammedaner sollten nur mit Erlaubniss der In-
quisition gelesen werden.) Thatsächlich sind in Deutschland u. s. w.
zahllose Streitschriften in der Volksprache erschienen, und eine spe-
cielle Erlaubniss zum Lesen derselben nachzusuchen, war noch weni-
sitio im Index steht, folgert, alle Catechismen und A uslegungen des Glaubens-
bekenntnisses seien verboten. Den Index von 1704, anf den er sich beruft,
hat er übrigens allem Anscheine nach nie gesehen, sondern alles, was er
darüber sag^t, aur der 1818 erschienenen Schrift „Die Bibel nicht, wie viele
wollen, ein Buch für Priester allein^ u. s. w. S. 112 abgeschrieben.
RcnRob, ludftx. 22
tSB Kegeln des Trienter Index.
ger Gebranch, als bezüglich der Bibelüberpetzungen. — Bezüglich
der in dem zweiten Satze erwähnten Bücher verordnete S. Reg. 17:
sie Reien zu Rom von der Index-C(»ngregation , anderswo von einer
allgemeinen Inquisition, in Universitätsstädten von dem Bischof und
Decan zu prüfen und nur mit deren Approbation zu drucken; sonst
seien sie verboten. In Zukunft dürften dergleichen Bücher, auch
lateinisch, von Laien oder Frauen, denen verboten sei, in der Kirche
öffentlich zu lehren, nicht ohne Approbation veröffentlicht werden.
VII. Bücher, welche schlüpfrige und uuzücbtige Dinge ex
professo behandeln, erzählen oder lehren, werden, da nicht nnr
anf den Glauben, sondern auch auf die Sitten Rücksicht zu
nehmen ist, durchaus verboten, und diejenigen, welche sie
haben, sollen von den Bischöfen strenge bestraft werden. Die
alten von Heiden geschriebenen Bücher aber werden wegen der
Eleganz und Schrmheit der Darstellung ^stattet, sollen aber
auf keinen Fall bei dem Unterricht von Knaben gebraucht
werden.
Ausser Luoian (8. 228) stehen im Rom. Index nur Priapeia
quae cum Virgilio circumferri solent, von Gl. aus Antw. App. auf-
genommen. Im Liss. 1624 werden Martialis^ Epigramme nur nach
vorheriger Expurgation oder in den Ausgaben der Jesnilen Andr.
Fusius, Matth. Radius und Edm. Augerius gestattet; Ovids erotische
Gedichte privatim zu lesen, wird gestattet, in Schulen dürfen nur die
Epistolae selectae, Tournay 1615, gebraucht werden. — S. ver-
bietet Reg. 14 auch obscöne Bilder und libri musicae in quibus ob-
scoenae et amatoriae cantiones continentur.
VIII. Bücher, deren hauptsächlicher Inhalt gut, in denen
aber nebenbei einiges eingeflochten ist, was auf Ketzerei oder
Gottlosigkeit, Wahrsagerei oder Aberglauben abzielt, können
gestattet werden, nachdem sie im Auftrage der Römischen In-
quisition von katholischen Theologen gereinigt worden. Das-
selbe gilt von Vorreden, Summarien oder Anmerkungen, welche von
verdammten Autoren nicht verdammten Schriften beigefügt sind;
aber in Zukunft sollen sie nur verbessert gedruckt werden.
Üeber die Expurgation der Bücher erliess Clemens VIII. spe-
cielle Vorschriften; s. u. § 52.
IX. Alle Schriften über Geomantie, Hydromantie, Aero-
mantie, Pyromantie, On[ir]omantie, Chiromantie, Nekromantiey
oder in welchen Sacrilegien, Zaubereien (veneficia), Angnrien oder
magische Beschwörungen enthalten sind, werden ganz und gar
verworfen. Die Bischöfe aber sollen darauf achten, dass nicht
Regel Vn— X. 3J9
astrologische Bücher, Tractate, Verzeichnisse (astrologiae artis
libri, tractatus, iudices) gelesen und behalten werden, welche
Über zukünftige Dinge oder zufällige Vorgänge (de futuris con-
tingentibus, successibus fortuitisve casibus) oder solche Hand-
lungen, welche von dem menschlichen Willen abhangen, etwas
Bestimmtes vorhersagen. Gestattet werden Urtheile und natür-
liche Beobachtungen, welche zur Förderung der SchiflFfahrt, des
Ackerbaus oder der Heilkunde geschrieben sind.
Zu dieser Eegel hat Clemens VIII. den Zusatz gemacht: gegen
diejenigen, welche solche Bücher lesen und behalten, könne auf
Grund der Bulle Sixtus' V. vom 5. Jan. 1585 (Bull. IT, 553) nicht
nur von den Bischöfen, sondern auch von den LocaMnquisitoren
eingeschritten werden.
X. Bei dem Drucke von Büchern sollen die Bestimmungen
des Lateran-Concils unter Leo X. beobachtet werden (S. 55).
Demgemäss sollen die in Rom zu druckenden Bücher vorher
durch den Vicar des Papstes und den Magister Sacri Palatii
oder durch die von dem Papste bestimmten Personen, die an
anderen Orten zu druckenden Bücher durch den Bischof des
Druckortes oder einen von ihm zu bestellenden Censor und
durch den Inquisitor geprüft und durch eine eigenhändige un-
entgeltlich und ohne Verzug zu ertheilende Unterschrift appro-
birt werden. Eine von dem Verfasser unterschriebene Abschrift
des zu druckenden Buches soll in den Händen des Gensors
bleiben. Die Verfasser von Büchern, welche ohne Approbation
erscheinen, sollen dieselben Strafen treflfen, welche von dem
Lateran-Concil ttir die Drucker bestimmt sind. Diejenigen,
welche solche Bücher haben und lesen, sollen, wenn sie nicht
die Verfasser angebet, als Verfasser angesehen [gleich diesen
bestraft] werden. Die Approbation ist schriftlich zu ertheilen
und an der Spitze des Buches abzudrucken.
Die Druckereien und Buchläden sind von Personen,
welche der Bischof und der Inquisitor zu bestellen haben, oft
zu visitiren. Die Buchhändler sollen ein von diesen unterschrie-
benes Verzeichniss der bei ihnen verkäuflichen Bücher haben
und keine nicht in diesem Verzeichniss enthaltenen Bücher ohne
Erlanbniss der besagten Personen abgeben. Den besagten Per-
sonen ist auch von den Büchern, welche von auswärts in eine
Stadt gebracht werden, Mittheilung zu machen; niemand darf
840 Hegeln des Trienier Index.
solche importirte Bücher ohne ihre Erlaubniss verkaufen oder
verleihen, es sei denn, dass es notorisch allgemein gestattete
Bücher sind. Die Erben und Testamentsvollstrecker sollen die
von einem Verstorbenen hinterlassenen Bücher oder ein Ver-
zeichniss derselben den erwähnten Personen vorlegen, ehe sie
dieselben gebrauchen oder an andere abgeben. Wer diese Be-
stimmungen übertritt, soll mit Verlust der Bücher und anderen
nach der Beschaffenheit des Vergehens zu bestimmenden Strafen
bestraft werden.
Bezüglich der Bücher, welche die Väter der (Trienter)
Commission geprüft oder gereinigt oder deren Reinigung sie
angeordnet oder deren Wiederabdruck sie unter gewissen Be-
dingungen gestattet haben, sollen die Buchhändler und die üb-
rigen alles beobachten, was jene bestimmt haben. Es soll aber
den Bischöfen oder General-Inquisitoren frei stehen, solche Bü-
cher, welche durch diese Regeln erlaubt zu werden scheinen,
zu verbieten, falls sie dieses in ihren Reichen, Provinzen oder
Diöcesen für zweckmässig halten*). Ein Verzeichniss der Bü-
cher, welche von der Commission gereinigt worden sind, und
derjenigen, denen sie diese Aufgabe zugewiesen, soll von dem
Secretär dem Notar der Römischen Inquisition übergeben werden.
Schliesslich wird allen Gläubigen eingeschärft, keine nach
diesen Regeln oder dem Index selbst verbotene Bücher zu haben
oder zu lesen. Wer Schriften von Ketzern oder Schriften von
irgend einem Autor, welche wegen Ketzerei oder wegen des
Verdachtes einer falschen Lehre verboten sind, liest oder hat,
verfällt sofort der Excommunieation. Wer Schriften liest oder
hat, die aus einem andern Grunde verboten sind, begeht eine
Todsünde und soll nach dem Ermessen des Bischofs strenge
gestraft werden.
Ueber das Verfahren bei der Approbation von Btiehera er-
liesß Clemens VIII. genauere Vorschriften (§ 52). Unter Urban VIII.
1) Der Grosscomthur von Gastilicn hebt in dorn Briefe an Philipp IL
d. d. Rom 30. Apr. 1564 (Döllinger, Beitr. I, 562). worin er über das Er-
scheinen des Index berichtet, diesen Satz spcciell hervor mit dem Bemerken:
„Es hat nicht wenig Mühe gemacht, die Beifügung desselben zu erwirken."
Ob die Spanier die Beifügung schon in Trient oder erst nachträglich in
Rom durchgesetzt, erhellt nicht.
Begel X. 341
erklärte die Index-Congregation 1623, auch die Texte musikalischer
Compüsitionen seien der Censur unterworfen*). Ferner verordnete
1625 die Inquisition, dass solche, die im Kirchenstaate wohnen,
ihre Bücher nicht anderswo drucken lassen dürfen ohne schriftliche
Approhation des Cardinal -Vicars und des Mag. S. Pal., falls sie in
Kom, des Bischofs, wenn sie an einem andern Orte wohnen^).
Alexander VII. hat 1667 der Kegel 10 einen Zusatz beigefügt, worin
er zunächst diese Verordnung mittheilt, dann einschärft, die Censur
von zu druckenden Büchern solle nicht Freunden oder Verwandten
der Verfasser und vor allem nicht den von diesen selbst empfoh-
lenen Censoren übertragen werden, die Censur von Schriften von
Ordensgeistlichen (die ausser der von den Ordensoberen selbst an-
zuordnenden Prüfung vorzunehmen sei) nicht Mitgliedern desselben
Ordens. — Benedict XIV. verhängte über diejenigen, welche das
Decret vom J. 1625 übertreten oder welche nicht approbirte Schrif-
ten in Eom ohne Angabe des Druckorts oder mit Angabe eines
falschen Druckortes veröffentlichen würden, die reservirte Excom-
municatio latae sententiae *).
Durch die Strafbestimmungen des letzten Alinea werden die
Strafbestimmungen Pauls IV. ersetzt. Alexander VII. erklärte in
der Bulle von 1664, mit der er seine Index- Ausgabe publicirte, aus-
drücklich, nur die Straf bestimmungen dieser Regel und die der
Bulla Coenae seien noch in Geltung. Demgemäss verfällt der Ex-
communicatio latae sententiae, wer Schriften von Ketzern u. s. w.,
nicht aber wer andere im Index stehende Bücher liesst, wie z. B,
obscöne oder auch katholische Bibelübersetzungen und Controvers-
schriften in der Volksprache. Die Excommunication machte Sixtus V.
zu einer dem Papste reservirten, diese Bestimmung wurde aber von
Clemens VIII. nicht aufgenommen ; so tritt hier also nur die Ex-
communication ein, von welcher jeder Beichtvater absolviren kann,
lieber die Geltung der Strafbestimmungen der 10. Regel in Deutsch-
land war früher unter den Theologen dieselbe Meinungsverschieden-
heit wie über die der Bulla Coenae (S. 76). Durch die Bulle Pius' IX.
vom J. 1869 sind dieselben aufgehoben. Dagegen hat Pius IX. die
reservirte Excommunication für das Drucken, Lesen u. s. w. solcher
Bücher ausdrücklich bestätigt, welche (nicht von der Index-Congre-
gation, Inquisition u. s. w., sondern) „durch apostolische Schreiben
(päpstliche Bullen, Breven oder Encykliken) namentlich" (unter An-
gabe des Titels des Buches) unter Androhung dieser Strafe verboten
worden sind, wie das seit dem Anfange des 17. Jahrhunderts mit
manchen Büchern geschehen ist. Die Umgehung der Präventiv-
censur unterliegt nur der nicht reservirten Excommunication, und
auch nur dann, wenn es sich um den Druck der Bibel oder ihrer
Erklärungen handelt, wie die Inquisition 22. Dec. 1880 erklärt hat ^).
1) No. 28 in der Sammlung von Decreten im Index Alex.
2) Ebend. No. 82. 8) A. J. P. I, 1010.
4) S. o. S. 74. Avanzini S. 14. K.-L. 2, 1442.
342 ReceptioQ des Triunter Index.
31. Reception des sog. Trienter Index.
Der Index Pius' IV. warde noch im J. 1564 abgedrackt
zu Bologna 0, Modena^), Florenz (zusammen mit den Beschlüssen
des Trienter Concils)^), Cremona*), Venedig^), Köln®) und Dil-
lingen (zusammen mit den ConcilsbeschlUssen)''), dann 1565— 93
noch oft, vielfach als Anhang zu den Decretcn des Trienter
Goncils, namentlich 10 mal zu Venedig®), einmal zu Modena'),
1) Index . . . comprobatus. Habita prius facultato et authoritatc a
Rev. D. D. Leone de Lianoriis Canon, et Gen. Yic. Bonon. Ac insuper a
R. P. Inquisitore. Bononiae 1564. 4. (Petzh. p. 140).
2) Index . . . comprobatus. Mutinae apud haeredes Coruelii Gualdiui
1564.* 12.
3) Zaccaria p. 152.
4) Iudex . . . comprobatus. Cremonae apud Vinc. Conatum 1564.
Impouso Barth. Cavalli Bibliopolae.* 70 S. kl. 8.
5) Iudex . . . comprobatus. Vcnctiis 1564* (mit dem Druckerzeichen
des Aldus). 32 Bl. kl. 8.
6) Index . . . comprobatus. Coloniae apud Materuum Choiiuum
1564.* 8.
7) Canoncs et decreta . . . Adjunctus est Index . . . comprobatus. A.1564.
Am Ende: Dilingac, Seb. Mayer. Die Canoncs 368 Bi., der Index 40B1.8.
Letzterer auch allein: Index . . ., am Ende: Dilingae, Seb. Mayer 1564,
40 Bl. 8. (Guicciardini, Suppl. II, 22); in München ein Exemplar mit der
Jahreszahl 1565.*
8) Yen. apud Muschium 1565. 12 (Petzh.).
Yen. apud Dom. de Farris 1568.* 64 S. kl. 8.
Yen. apud Regazolum et Cavalialupum socios 1570. 48 S. kl. 8.
(Petzh.).
Yen., Guerraea 1573. 34 S. 8 (Rosenthal 36, 1100 a).
Yen. apud A. de Alarium 1575.* 8.
Yen. apud Muschium 1581. 16 Bl. (Rosenthal 34, 1174).
Canones et decreta . . . cum Indice 1. p. Yen., Zilotti 1581 (Baumg.
lY, 69; angeblich auch schon 1566).
Yen., Alex. Gryphius 1582. 12 (Schoettgen II § 18).
Yen. apud Hieron. Polum 1590.* 8.
Yen. apud minimam societatcm 1593 (Rosenthal 36, 1101).
9) Mit den Constitutionen des dortigen Bischofs Sisto Yisdomini
Comasco bei Paolo Gadalini e Fratelli 1572. 12 (Zaccaria p. 158).
Reoeptiou des Trieuter Index. 343
4 mal zu Köla^. Zu Rheims erschien 1573 auch eine franzö-
sische Uebersetzang der Coucilsdecrete und des Index-). Ueber
die Ausgaben von Lüttich, Antwerpen und München s. u. § 39.
40. 46.
Einer förmlichen Reception in den einzelnen Ländern be-
durfte der Index oder die Bulle, durch welche er publicirt wurde,
nach der curialistischen Anschauung nicht. Eine solche hat aber
ausserhalb Italiens, wie wir sehen werden, in Belgien, Baiern
und Portugal stattgefunden. Spanien behielt seinen eigenen Index,
in den aber die Bucherverbote des Trienter aufgenommen wurden.
In Frankreich und in Deutschland, abgesehen von Baiern, ist
der Index nur von einzelnen Provinzialsynoden für verbindlich
erklärt worden. Dass hier in der Praxis wenigstens nicht alle
Kegeln des Iudex als verbindlich angesehen wurden, ist bereits
erwähnt worden.
Dass man in Kom den Index als allgemein verbindlich ansah,
zeigt der Umstand, dass Toletus, als er 1580 von Gregor XIII.
nach Deutschland und Belgien geschickt wurde, u. a. die Vollmacht
erhielt, solche, welche ketzerische Bücher, auch die im Index ver-
botenen, wissentlich gelesen oder behalten, wenn sie den festen
Vorsatz hätten, das fortan zu unterlassen, von der Excommunication
und anderen kirchlichen Strafen zu absolviren *).
Die Decrete der in den ersten Decennien nach dem Trienter
Concil zu Mailand 1565, 1573 und 1583, zu Urbino 1569 und zu
Neapel 1576 gehaltenen Provinzialsynoden über Bücherwesen sind im
wesentlichen nur Wiederholungen der 10. Kegel des Index, mit-
unter mit Zusätzen. So verordnet die Mailänder Synode von 1583 :
die Buchdrucker und Buchhändler sollten, ehe sie ihr Geschäft be-
gännen, bei dem Bischof das Glaubensbekenntniss und einen Eid ab-
legen. Mehrere französische Synoden erliessen ähnliche Verord-
1) Index . . . comprobatus. Coloniae apud Matornum Cbolinam 1568.*
40 Bl. kl. 8. Beigedruckt ist die Bullo In sacrosaucta Pius' IV.
Index . . . comprobatus, angehängt au Cauones et Decruta Goncilii
fl'ridentiui. CoL, Henr. Aqueusis 1569.*
Col. apud Mat. Cholinum 1569. 35 Bl. 12 (Petzh.).
Col. apud Mat. Cholinum 1576. 35 Bl. 12 (Petzh.).
2) Le . . . Ck)ncile de Trente . . . Trad. on frangais par üervet
d'Orleans, chanoine de Rheims. Augm. des choses . . . Rheims, chez Jean
de Foigny 1573, 412 8. 16. Enthält: Gatalogue des livres censurez par
las deputez du Conciie (Rosenthal 34, 748).
3) Theiner, Ann. ecol. III, 207.
344 Beoeption des Trienter Index.
Illingen, erwähnen aber den Index nicht; so die von Bouen 1581,
Bordeaux 1583, Tours 1583; nur die von Aix von 1585 verordnet,
niemand solle die in dem auf Befehl des apostolischen Stuhles her-
ausgegebenen Index verbotenen Bücher lesen und die Pfarrer sollten
einen Index besitzen ; ähnlich die von Toulouse von 1590 *). — Hubert
Languet schreibt im März 1564: es würden in Frankreich unge-
hindert viele protestantische Bücher gedruckt und verkauft, obschon
die Geistlichen sich bemühten, ein Verbot zu erwirken. Am 8. Oct.
1566 verordnete dann der König auf den Antrag der Sorbonne, es
dürften keine von dieser censurirte [nicht etwa: keine im Bömischen
Index stehende] Bücher gedruckt oder verkauft werden, und die
von der Sorbonne bestellten Doctoren dürften bei den I3uchhänd-
lern Haussuchung halten^).
In Deutschland haben nur die DiÖcesansynoden zu Augsburg
und Constanz 1567, Salzburg 1569, Olmütz 1592 und Trient 1593
die Beachtung des Index eingeschärft^). Wie wenig aber solche
Decrete wirkten, zeigt die Thatsache, dass Gregor XIII. im J. 1576
in einem Breve an den Erzherzog Ferdinand klagt, in der Stadt
Freiburg und der Diocese (Constanz) herrsche bezüglich des Lesens
und Besitzens ketzerischer Bücher summa licentia, und vorschlägt,
drei von dem Erzherzog, dem Bischof und der Universität zu er-
nennende Commissare für die Durchführung des Beschlusses der
Diöcesansynode zu bestellen*). — Den Erzbischof von Prag, den-
selben, der in Trient Vorsitzender der Index-Commission gewesen,
erinnerte Pins V. 1571 an die Pflicht, dafür zu sorgen, dass man
zu Prag und an anderen Orten in Böhmen Indices habe. Maximi-
lian II. erliess für Böhmen ein Verbot, verbotene Bücher zu ver-
kaufen; aber das bezog sich, wie Hosius in einem Briefe von 1571
klagt, nur auf die Schriften der Zwinglianer und Calvinisten, nicht
auf die der Lutheraner*). Den Erzbischof von Gran und einige Geist-
liche seiner Diöcese beauftragte Maximilian 8. März 1570 nur,
unitarische und sacramentirerische oder zwinglianische Schriften zu
conflsciren und die Verbreiter derselben mit Hülfe des weltlichen
1) Die Decrete bei Zacc. p. 159.
2) H. Languet, Epp. secrctac, Halle 1699, 2, 286. Arg. IIa 413.
Jourdain No. 2030.
3) Mehr wissen die A. J. F. 4, 1402 aus dem 7. und 8. Bande der
Conc. Germ, nicht zusammenzubringen.
4) Theiner Ann. eocl. II, 187. Sehr erbaulich ist eine Erzählung,
die Schelh. Am. lit. I, 877 aus den Literao annuae der Mainzer Jesuiten
vom J. 1593, p. 238 mittheilt : Ein Buchhändler klagte bei einem Jesuiten
über die geringe Zahl der Käufer und die schlechten Zeiten ; der Jesuit be-
stimmte ihn, alle lutherischen Bücher, die er vorräthig hatte, zu verbrennen,
und am folgenden Tage verkaufte er mehr Bücher als zuvor in vielen
Wochen.
5) Laderchi 24, 318.
Reception iu Deutschland. 345
Arms zu strafen *). In einem Breve vom 15. Mai 1574 an Maxi-
milian wurde dieser von Gregor XIII. dafür belobt, dass er, wie
der Nuncius gemeldet, den Ketzern das Predigen verboten und ver-
sprochen habe, die neu erscheinenden Bücher durch katholische und
geeignete Männer censiren und diejenigen bestrafen zu lassen, welche
heimlich ketzerische Bücher verkauften*). — Einige Monate vorher
hatte der Papst mit dem Kaiser eine Correspondenz über das Verbot
eines katholischen Buches gehabt, einer masslosen Streitschrift des
Keichshofraths Georg Eder, die 1573 unter dem Titel „Evangelisch
Inquisition wahrer und falscher Religion" zu Dillingen erschienen
war. Eder erhielt einen Verweis und den Befehl, die ganze Auf-
lage zurückzuziehen und nicht mehr über Religionssachen zu schreiben,
und der Kaiser Hess das Buch auch im Reiche confisciren. Gregor XIII.
machte dem Kaiser Vorstellungen darüber; dieser antwortete aber:
er habe nicht dulden dürfen, dass sein Hofrath ohne sein Vorwissen
mit kaiserlichem Privileg und Approbation der Wiener theologischen
Eacultät ein Buch drucken lasse, welches durch die darin enthal-
tenen injuriösen Ausdrücke den von seinem Vater im Einverständ-
niss mit allen Ständen des Reiches aufgerichteten und von ihm selbst
bestätigten Religionsfrieden verletze °). Nach dem Tode Maximilians
gab übrigens Eder einen lateinischen Auszug aus seinem Buche
heraus, den er Gregor XIII. widmete: Malleus haereticorum, 1580.
Kaiser Rudolf II. wurde 15. März 1581 ermahnt, was er in
Mähren bezüglich der Herausgabe und des Verkaufs verbotener
Bücher pie sancteque beschlossen, zur Ausführung zu bringen*).
Auch in einem Breve vom 3. Dec. 1580 an Erzlierzog Karl in Graz
ist nicht von dem Trienter Index die Rede, sondern von dem Ver-
bote schlechter Bücher durch Concilien und Kaiser, die „wohl ein-
gesehen, dass nichts Besseres und für die katholische Kirche Heil-
sameres geschehen könne, als wenn gegen diesen Krebsschaden, der
plötzlich ganze Städte und Provinzen anzugreifen pflege, sobald als
möglich das Feuer angewendet werde** ^). — Grossen Respect vor
dem Römischen Index verräth es nicht, wenn der Bischof von Wien
1582 vorschlug : den Mauthnern zu befehlen, auf die Druckorte zu
achten, Bücher aus Ingolstadt, München u. s. w. passiren zu lassen,
nicht aber die aus Tübingen, Wittenberg u. s. w., und den Inspec-
toren die Frankfurter Messcataloge in die Hand zu geben, weil darin
die protestantisch-theologischen Bücher verzeichnet seien; „dann sei
ja auch der zu Köln und Venedig gedruckte Trienter Index mit
Nutzen zu gebrauchen" •).
1) Arch. des D. Buchh. 6, 64.
2) Arch. f. österr. Gesch. 15, 209.
3) Theiner, Ann. I, 126. Stieve, Briefe und Acten zur Gesch. des
30j. Kr. IV, 144. Wiedemann, Reform. II, 153.
4) Theiner, Ann. UI, 271. 5) Theiner IU, 135.
6) Archiv f. österr. Gesch. 50 (1873), 268.
346 Reccption des Trieater Iudex.
Im J. 1593 nud 1596 beschwerten sich die Breslauer Buch-
händler bei dem Käthe und dem Bischof: sie hätten seit 50 Jahren
auf den Märkten zu Neisse ungehindert neben katholischen Büchern
auch lutherische feilgeboten, — ,,nur etzliche Postilanten und Bett-
bücher,'^ die sie nicht an die Neisser, sondern an die Ungaren,
Mähren und Böhmen verkauft hätten, — jetzt habe das Capitel zu
Neisse dies verboten. Der Bischof beschied sie mündlich : sie sollten
die lutherischen Bücher nicht so in Augenschein setzen. Sie hatten
1602 ihre Beschwerde zu wiederholen: es sei ihnen gestattet ge-
wesen, Bücher, die der Augsburgischen Confession gemäss und der
katholischen und lutherischen Religion nicht zuwider, zu verkaufen,
nicht aber calvinische, arianische, zwinglianische und andere Zank-
und Famosschriften; daran hätten sie sich auch gehalten; sie seien
bereit, am ersten Marktage ein Verzeichniss ihrer Bücher einzu-
reichen u. s. w. ^)
In Venedig wurden, wie Albizzi (Eisposta a Fra Paolo p. 220)
berichtet, das Trienter Concil und der Index recipirt und auf Grund
der Kegeln des letztern ein Statut für die Buchhändler ausgear-
beitet und 18. Sept. 1567 von dem Nuncius, dem Patriarchen und
dem Inquisitor genehmigt. Genauer unterrichtet sind wir über die
Verhandlungen über den Index Clemens* VIII.; s. u. § 58. Im
J. 1565 wurde in Venedig ein Mecklenburger Christoph Senech (?)
wegen des Besitzens und Lesens verbotener Bücher processirt*) ; ob
es sich aber um Bücher, die im Index von 1564 verboten waren,
handelte, erhellt nicht.
Josias Simler schreibt 1565: „Es ist ein neuer Index er-
schienen, worin so viele Bücher verdammt sind, dass viele Profes-
soren an den italienischen Akademieen klagen, sie könnten ihre Vor-
lesungen nicht halten, wenn das £dict in Kraft bleibe. Die Frank-
furter und die Zürcher und andere deutsche Städte haben an den
Senat von Venedig geschrieben, er möge dieses Edict, wodurch der
Buchhandel ruinirt werde, nicht recipiren". Der buchhändlerische
Verkehr Italiens mit Deutschland wurde freilich durch die Durch-
führung der Regeln des Index so gut wie vernichtet, der italie-
nische Buchhandel isolirt und allmählich ruinirt^). Der Domini-
caner Bernardo Castiglione schreibt 1581: „In Rom ist man jetzt
sehr wachsam bezüglich der Bücher, die in Italien ankommen. Die
Inquisitoren erhalten oft die Weisung, dieses und jenes Buch nicht
verkaufen zu lassen. So wagen die Buchhändler nicht mehr, Bü-
cher kommen zu lassen, und viele, die sie haben kommen lassen,
können sie nicht verkaufen. In Rom sollen schon für einige tausend
Scudi unverkäufliche Bücher liegen"*).
1) Archiv f. D. Buchh. 5, 147.
2) Cecchetti, La Repp. di Von. I, 407.
3) KirchhoflF, Beitr. II, 63.
4) Arch. stör. App. 8, 199.
Erasmus im Index. 847
32. Erasmns im Index.
Mit Pius IV. ist die Entwicklung des Index zu einem ersten
Abschlüsse gelangt. Ehe wir die weitere Entwicklung verfolgen,
wird es zweckmässig sein, einige im Index stehende Schriftsteller,
Schriften und Classen von Schriften zu besprechen, welche bis-
her der Uebersichtlichkeit wegen, eben weil sie einer ausführ-
lichem Besprechung bedürfen, nur kurz berührt worden sind.
Desiderius Erasmus Roterodamus steht bei Paul IV. nicht
nur in der 1. Classe, sondern mit einem Zusätze, der sonst bei
keinem Namen, auch nicht bei Luther und Calvin steht: „mit allen
seinen Commentaren, Anmerkungen, Schollen, Dialogen, Briefen,
Censuren, Uebersetzungen, Büchern und Schriften, auch wenn
dieselben gar nichts (nil penitus) gegen die Religion oder über
Religion enthalten." Von der Trienter Index-Commission wurde
nach lebhaften Verhandlungea (S. 320) dieses drakonische Urtheil
wesentlich gemildert. Bei Pius IV. steht Erasmus in der2. Cl.^,
und nur Colloquia, Moria, Lingua, Ghristiani matrimonii institutio
und die unter dem Namen Bernardiuo Tomitano erschienene
italienische Uebersetzung der Paraphrasis in Matthaeum werden
unbedingt, die übrigen über religiöse Dinge handelnden Schriften
nur bis zu einer von der Pariser oder Löwener theologischen
Facultät zu besorgenden Expurgation verboten, die anderen
Schriften also freigegeben. Von den Adagia, heisst es schliess-
lich, beabsichtige Paulus Manutius eine Ausgabe zu veröffent-
lichen; bis zu deren Erscheinen dürften die bisherigen Ausgaben
gebraucht werden, nachdem die verdächtigen Stellen nach den
Weisungen einer theologischen Facultät oder einer General-In-
quisition entfernt seien. Sixtus V. versetzte 1590 Erasmus wieder
in die 1. Classe und verbot alle seine Schriften, „welchen In-
haltes sie auch sein mögen", mit Ausnahme ; der expurgirten
Adagia. Clemens VIII. stellte aber 1596 die Bestimmungen des
1) Allerdings siebt in der 1. Cl. Erasmus Roterodamus, aber mit
vide supra in litera D; unter D steht aber Desiderius Erasmus in der
2. Cl.
848 Erasmus im Iudex.
Index Pias' IV. wieder her. Thatsächlich ist freilich Erasmus
auch nach dem Tridentinum in Rom als Ketzer und Äuctor 1.
classis behandelt worden. Das zeigt nicht nur die Weise, wie
Bellarmin, Possevin, Kaynaldus u. a. von ihm sprechen '), son-
dern auch die Thatsache, dass die approbirte Ausgabe der
Adagia 1575 oline den Namen des Erasmus erschien und dass
der Grundsatz, bei der Expurgation von Büchern seien die loben-
den Erwähnungen von Ketzern zu streichen, auch auf Erasmus
angewendet wurde ^). Im spanischen Index steht Erasmus erst
seit Sandoval 1612 in der ersten Classe.
Die Vorgänger Pauls IV. hatten Erasmus wohlwollender be-
urtheilt, zu Zeiten ihm grosses Lob gespendet, ihn gegen Anfein-
dungen in Schutz genommen und nur vorübergehend sich durch
seine Schriften oder durch Anklagen seiner Gegner in ihrem gün-
stigen Urtheile irre machen lassen^). Leo X. rühmte 1516 seine
„Sittenreinheit, seltene Gelehrsamkeit und ausgezeichneten Ver-
dienste** (Erasmi Epp. 193), nahm die Widmung der Ausgabe des
N. T. (1516) an, und vor der zweiten Ausgabe (1519) steht ein sehr an-
erkennendes Breve vom 10. Sept. 1518. Auf einen Brief des Er.
antwortete Leo im Jan. 1521 : er habe nicht nur wegen der Be-
richte anderer, sondern auch wegen einiger Schriften des Er. ange-
fangen an der Fortdauer seiner guten Gesinnung gegen den h. Stuhl
und seines Eifers für die kirchliche Einheit zu zweifeln; sein Brief
habe ihn beruhigt; er möge diese Gesinnung nun auch durch die
That bekunden ; kein anderer sei geeigneter dazu als er, die Irr-
thtimer der Gegenwart zu bekämpfen*). — Hadrian VI. versicherte
ihm in einem langen Breve vom l. Dec. 1522, er schenke denje-
nigen keinen Glauben, die ihn als Anhänger Luthers verdächtigt
hätten, und ermahnte ihn, gegen die Ketzer zu schreiben. Unter
dem 23. Jan. 1523 dankte er ihm für die Uebersendung des Amo-
1) Derber als diese Italiener äussert sich der deutsche Jesuit Gretser, der
(Defeiisio Bellarmini I, 558) auf die Bemerkung von Chemnitz, des Er.
üebersetzung des N. T. sei von Leo X. approbirt, von späteren Päpsten
verboten worden, antwortet: Noii mirum fuit, Erasmum literas a Leone
impetrasse, quia nondum liquido constabat, quäle monstrum Erasmus esset.
Dagegen spricht sich ein späterer Jesuit, J. B. Faure, Gommentarium
(s. S. 178) p. 85, sehr scharf über die Angriffe auf Er. aus.
2) So verordnet Bras. p. 463, ein Citat aus Erasmus zu streichen
ob nomen et testimonium Erasmi auctoris damnati.
3) Schlottmann, Erasmus redivivus I, 156. 171.
4) De Burigny, Yie d' Erasme I, 377. (Lazzari) Miscellanea, Rom
1754, I, 397. Laemmer, Mon. Vat. p. 3.
Erasmus im Index. 849
bius mit dem Bemerken, das Begleitschreiben habe jeden Ver-
dacht beseitigt (Epp. 639. 648). Hadrian lud ja auch Erasmus ein,
nach Rom überzusiedeln '). — Paul III. sagt in einem Breve vom
31. Mai 1535: er habe den berühmten Namen des Er. immer geliebt
und seine Gelehrsamkeit hochgeschätzt und er wisse, welche Hülfe
ihm die ausgezeichnete Gelehrsamkeit und Beredsamkeit des Er.
hei der Bekämpfung der neuen Irrthümer gewähren könne (Epp.
1280). Am 1. Aug. 1535, also nur ein Jahr vor dem Tode des
Er., ernannte er ihn zum Propst von Deventer, indem er ausser
seiner „Kechtschaffenheit und Unschuld und Gelehrsamkeit^' auch
die „Verdienste, die er sich um den h. Stuhl durch den tapfem
Kampf gegen die von dem Glauben Abtrünnigen erworben*', her-
vorhob^). Es war sogar die Rede davon, 'dass Paul III. ihn zum
Cardinal ernennen wolle (Epp. 782. 796. 798). So konnte Frie-
drich Nausea in der Monodia über den Tod des Erasmus von dem
Papste sagen: qui dudum sua sacrosancta authoritate doctrinam
Erasmi modis omnibus approbavit.
Der Hauptgegner des Er. unter den Römischen Prälaten war Ale-
ander: in den Briefen, die er 1521 nach Rom schrieb, missbilligte
er die Breven Leo's X., in denen Er. gelobt wurde: dieser sage in
seinen Schriften vieles, was auch Luther sage, sed cum periculosiore
veneno; er habe schlimmer gegen den Glauben geschrieben als
Luther; er sei fomes malorum und das grosse Fundament der neuen
Ketzerei; er verwirre schlimmer als alle anderen Deutschland ab
ortu Rheni usque ad oceanum'). Einige Antworten, die Aleander
aus Rom erhielt, zeigen freilich, dass das Wohlwollen, welches
man dort gegen Er. an den Tag legte, mit von der Befürchtung
eingegeben war, ihn durch eine andere Behandlung zu reizen. Ale-
ander rühmt sich, er habe Er. gegenüber sich freundlich gestellt
Der päpstliche Secretär belobt ihn dafür im Auftrage des Papstes
und meint, man müsse für jetzt ein Auge zudrücken (mostrare di
non vedere, dissimularsi) und die Zeit abwarten und vorerst jeden
Anlass vermeiden, die Sache schlimmer zu machen und ein grös-
seres Feuer zu entzünden*).
Die Stellung, welche Er. in den kirchlichen Streitigkeiten ein-
nahm, hatte schon bei seinen Lebzeiten die Folge, dass er von beiden
Seiten angegriffen wurde, von Hütten, Luther, Bucer, auch von
Heinrich von Eppendorf, Gerhard Geldenhauer, Erasmus Alber,
Anton Corvinus, — die zum Theil wegen ihrer Schriften gegen Er.
in den Index gekommen sind, — und von eifrigen Katholiken. Die
Beantwortungen der Streitschriften dieser füllen fast den ganzen
1) Maurenbrecher, Gesch. der kath. Ref. I, 211.
2) Das Breve theilweise bei Baynald. 1635, 28, vollständig bei Vischer,
Erasmi ana p. 34.
3) Friedrich, Die Briefe Aleanders S. 102. 111. 115. 116. Schlott-
mann p. 241.
4) Munter, Verm. Beitr. zur K.-G. S. 59.
350 firasmus im Index.
neunten Band ßeiner Werke. — AnlasR zu Angriffen gegen Er. von
katholischer Seite gaben namentlich 1. seine satirischen Bemer-
kungen über kirchliche Zustände und Einrichtungen, Mönche und
Geistliche, — Encomium Moriae, Colloqoia. Adagia, Querela pacis
undique ejectae profligataeqne, Encomium roatrimonii (über den
Cölibat), Epistola de interdicto esu carnium deque similibus homi-
nnm constitutionibus (1522 an den Bischof von Basel zur Verthei-
dignng von Aeusserungen in den Colloquia), — 2. die directe oder
indirecte Bekämpfung der wirklichen oder vermeintlichen Mängel
der kirchlichen Frömmigkeit, wie sie damals geübt wurde, in seinen
praktisch-theologischen Schriften, Enchiridion militis christiani. Modus
orandi Deiim, Exomologesis s. modus confitendi, Ecclesiastes s. de
ratione concionandi *), '— 3. die Bekämpfung der Scholastik vom
Standpunkte des Humanismus und in Verbindung damit Abwei-
chungen, wie Erasmus meinte, von der scholastischen, wie seine
Gegner behaupteten, von der kirchlichen Dogmatik in seinen bibli-
schen Arbeiten, in der Praefatio in Hilarium und sonst, — 4. in
seinen biblischen Arbeiten ausserdem Abweichungen von der Vul-
gata und von der herkömmlichen Exegese. Zu den zuerst genannten
Angriffen boten ganz besondem Anlass die Uebersetzungen der be-
treffenden Schriften, welche Er. selbst theil weise missbilligte und
theilweise als untreu bezeichnete.
Einer der ersten literarischen Gegner des Er. war der Eng-
länder Eduard Lee (er wurde 1532 Erzbischof von York und trat
1535 auf die Seite Heinrichs VIII.), der 1520 eine Schrift gegen
die Annotationes im N. T. herausgab. Er. schrieb dagegen drei
Apologieen-), Jo Gertoph eine Recriminatio adv. furiosissimum
sycophantam Edoardum Leum (1520). — In demselben Jahre 1520
erschien eine Schrift gegen die Uebersotzung des N. T. von Jac.
Lopis Stunica (Diego Lopez de Stuniga zu Alcala), — Card. Xi-
menez hatte ihn aufgefordert, die Schrift nicht zu veröffentlichen,
vielmehr Er. seine Ausstellungen mitzutheilen ; darum erschien die
Schrift erst nach dem Tode des Cardinais; — Leo X., dem das
N. T. dedicirt war, Hess ihm befehlen, nichts mehr der Art zu ver-
öffentlichen, vielmehr seine Ansicht massvoll zu vertheidigen. In
dieser ersten Schrift handelte es sich wesentlich um kritische Be-
merkungen, mit denen Stunica vielfach Recht hatte; zu tadeln war
nur der bittere Ton. Die Apologie des Er. (Opp. 9, 283) veran-
lasste Stunica aber zu einer zweiten Schrift: Erasmi Rot. blasphe-
miae et impietates, die er jedoch erst während der Sedisvacanz nach
dem Tode Leo's X. zu veröffentlichen wagte. Der Verkauf der-
selben wurde in Rom verboten und auch von Hadrian VI. trotz der
Bitten Stunica's nicht gestattet. Während der nächsten Sedisvacanz
veröffentlichte Stunica Conclusiones principaliter suspectae et scan-
dalosae, quae reperiuntur in libris Er. Rot. Er. beklagte sich dar-
1) Schlottmann p. 153.
2) Opp. 9, 126. Burigny I, 372. 377.
Erasmus im Index. 351
über bei Clemens VIL, und dieser gebot Stunica Schweigen. Wäh-
rend der Sediavacanz im J. 1522 schrieb auch der in Rom lebende
Spanier Sancho de Carranza de Miranda, ein Bruder des Erzbischofg,
gegen Er.; er wäre beinahe gefangen gesetzt worden.
Auch in Spanien hatte Er. einflussreiche Freunde. Seit dem
J. 1526 wurde er vielfach, zunächst auf Grund einiger ins Spa-
nische übersetzten Schriften ^), von Mönchen, die Lee, damals eng-
lischer Gesandter, verhetzt haben soll, namentlich von Observanten
angegriffen. Der General-Inquisitor Alfonso Manrique forderte die
Gegner des Er. auf, ihm bestimmte Anklagen vorzulegen, bis zur
Entscheidung darüber aber sich der Angriffe in Predigten u. dgl.
zu enthalten. Es wurden im April 1527 21 Anklagepunkte vor-
gelegt und im Auftrage Manrique's zu Yalladolid von einer Com-
mission von 29 Theologen von Alcala, Salamanca und Yalladolid
darüber verhandelt*). Karl V. und Clemens VII. traten für Erasmus
ein. Die Theologen konnten sich nicht einigen, die . Commission
wurde ohne Entscheidung vertagt und Schweigen geboten. — Der
Franciscaner Luis de Carvajal gab anonym eine Apologia mona-
sticae religionis diluens nugas Erasmi heraus, — s. 1. et a. (Paris
1528), dann Salamanca 1528, Antw. 1529, — und als Antwort auf
die Entgegnung des Er. (Responsio adv. febricitantis cnjusdam
libellnm) Dulcoratio amarulentiarum Erasmicae Responsonis ad Apo-
logiam u. s. w., — wieder s. 1. et a. Er. beklagte sich 1530 bei
Manrique darüber, dass dieses Buch in Widersprach mit den kaiser-
lichen Verordnungen ohne Angabe des Druckers und Druckortes
habe erscheinen können (Ep. 1004). — Nach dem Tode des Er.
sehr günstig gCHinuten Erzbischofs Alonso Fonseca von Sevilla
(1534) und des Er. selbst (1536) traten seine Gegner in Spanien
kühner auf. 1535 wurden die Colloquia und die Moria verboten;
zwei Freunde des Er., Juan und Bernardino de Vergara wurden
der Inquisition denuncirt und verhaftet, aber freigesprochen; der
Canonicus Pedro de Lermos von Burgos musste 1537 elf Sätze ab-
schwören. Auch Alfonso de Virues schwor 1537 de levi ab und
wurde in ein Kloster verwiesen; Paul III. cassirte aber 1538 das Urtheil
und 1540 wurde Virues Bischof von Canarias^). — In dem ersten
span. Ind., V. 51, werden nur Colloquia, Epitome colloquiorum und
Ecclesiastes vel modus concionandi verboten, in V. 59 14 Schriften,
meist dieselben wie in Par. 51 (s. u.), aber nicht die Paraphrases
und Annotationes in N. T., daneben aber auch die Dulcoratio von
Carvajal.
Am erfolgreichsten waren die Angriffe auf Er. bei dessen
Lebzeiten in Frankreich. 1525 gab die Sorbonne auf Veranlassung
der Inquisitoren ein ausführlich motivirtes Gutachten über eine fran-
zösische üebersetzung von vier Schriften des Er. ab (Enc. matr.,
Modus orandi, Symbolum apostolorum, Querela pacis). Sie erklärt,
1) Pelayo, Heterodoxos II, 66. Ebert, Jahrb. 1862, 158.
2) Pelayo II, 179. 3) Pelayo II, 92. 768.
852 Erasmus im Index.
die Bücher dürften nicht gedruckt werden, da sie vieles Gottlose,
Absarde, den guten Sitten Zuwiderlaufende oder Ketzerische ent-
hielten. Die Censur bezieht sich freilich zunächst auf die Ueber-
setzung, trifft aber in den Hauptpunkten auch die Originale. In
der Motivirung des harten ürtheils werden aber nur in dem Enc. matr.
die Stellen über den Coli bat, im Symb. apost. einige „lutherische"
Sätze, im Modus orandi zwei Sätze über das Beten in fremden
Sprachen und in bestimmten Formeln, in der Querela Angriffe auf
Geistliche und Mönche beanstandet *). — In demselben Jahre schrieb
Petrus Sutor (le Couturier) und 1526 Natalis Beda gegen die Para-
phrase des Er. Dieser beklagte sich darüber bei der Sorbonne und
bei Franz I., und dieser verbot den Verkauf von Beda^s Schrift*).
— 1526 beantragte die Sorbonne bei dem Parlament das Verbot
der CoUoquia. Sie führte daraus Stellen über Fasten, Heiligenver-
ehrung, Cölibat und Orden an und tadelte es, dass difüciles theo-
logiae quaestiones grammaticulis proponuntur, und dass Er. tanquam
ethnicus homo religionem christ. et sanctas ejus observantias sub-
sannat et immutandas decemit Die Universität stimmte dem An-
trage nur mit Stimmenmehrheit zu'). Ende Juli 1528 beantragte
die Sorbonne nochmals unt^r Berufung auf ihr Gutachten von 1526
das Verbot des Buches, welches Knaben und überhaupt Christen
nicht in die Hand gegeben werden dürfe, und jetzt wurde den Re-
genten der Gebrauch des Buches verboten*). — 1527 gab die Sor-
bonne eine ausführliche Determinatio super quamplurimis assertio-
nibus Des. Er. Rot.*), — die Regierung gestattete anfangs den
Druck nicht; sie erschien erst 1531; — die nach Materien geord-
neten censurirten Sätze sind entnommen aus der Paraphrase, dem
Elenchus dictarum propositionum defensivus, der Praef. in Hil.*)
und den Schriften De misericordia Dei und De interdicto esu
carnium.
Aleander schrieb 1531 von Brüssel aus über die Censuren
der Sorbonne ; die allgemeine Kirche werde dieser Verdammung
1) Arg. IIa 41. Jourdain N. 1634.
2) Jourdain N. 1638. 1639. 1642-45.
3) Arg. II a 47 und mit den Dcclarationeß von Er. Opp. 9, 928.
Jourdain N. 1635. Bulaeus VI, 210.
4) 1548 wurde auch ein Auszug aus den Colloquia verboten. Arg. I
ad Ind. 17.
5) Arg. II a 53—77 und mit den Declarationes von Er. Opp. 9, 814.
Jourdain N. 1646.
6) Die seit Bcllarmin oft heftig, aber mit Unrecht angegriffene Stelle
über den h. Geist {vgl. Tüb. Q.-S. 1880, 672) wird nicht angeführt. Bel-
larmins Missdeutung dieser Stelle wurde schon von dem Card. Passionei bei
den Verhandlungen über Bellarmins Seligsprechung scharf gerügt; Voti
dei Card. . . nella causa della beatif. di Bell. 1762, p. 114.
Erasmus im Index. 858
znstimmen, diese sei eine Vigilie der Verdammung durch die allge-
meine Kirche; wenn man nicht fürchtete Erasmus zu reizen und
dadurch zu schlimmeren Dingen zu treiben, so würde der aposto-
lische Stuhl schon viele seiner Schriften verdammt haben trotz der
Protection, die ihm selbst hochgestellte Leute angedeihen Hessen
und solche, die von ihm gelobt werden wollten und die darum ab-
negant Christum minimae gloriolae causa').
Nach längerm Schweigen und erst nach dem Tode des Er. gab
die Sorbonne einige weitere Censuren. 1540 klagten die Regular-
Canoniker von St. Victor über die Behauptung des Er., zur Zeit
des h. Augustinus habe es noch kein Mönchsgelübde gegeben; die
Sorbonne erklärte, quod religiosi S. Augustini et monachi illius
temporis vovebant et quod illa censura Erasmi est scandalosa-). —
1542 wurde das Encomium Moriae censurirt, sowie nochmals einige
Colloquia, das Enchiridion und De esu camium '). — Die vor und
nach von der Sorbonne censurirten Schriften des Er. stehen denn
auch im Par. 44 und 51 (auch Censura super tertia regula S. Aug.),
ausserdem die Exomologesis und Ecclesiastes, Scholia cum antidotis
in epp. Hieron. und De sarcienda Ecclesiae concordia deque se-
dandis opinionum dissidiis (1533), im ganzen 15 Schriften, von
einigen auch die französische Uebersetzung.
In den Niederlanden wurde Er. von Karl V. geschützt. 1527
tadelten der Kanzler Gattinara und der Secretär Alonso Vald^s in
Schreiben an die Löwener Theologen in starken Ausdrücken die
Angriffe auf einen „um das christliche Gemeinwesen so hoch ver-
dienten Mann"*). — Im Lov. 46 und 50 werden keine Schriften
von Er. verboten; einige stehen unter den in diesen Indices em-
pfohlenen Schulbüchern. 1552 aber Hessen die Löwener die an-
stössigen Sätze aus den Werken des Er. zusammenstellen, um sie
ihren Abgeordneten nach Trient mitzugeben^); aber noch im Lov. 58
wird nur die französische und die deutsche Uebersetzung von De
sarcienda Eccl. concordia verboten.
Der einzige Italiener, der bei Lebzeiten des Erasmus gegen
ihn schrieb (1529), war Alberto Pio, Fürst von Carpi, ein Neflfe des
G. Pico de Mirandola. In dem Consilium de emendanda Ecclesia
von 1536 wird empfohlen, den Gebrauch der Colloquia, — in qui-
bus multa sunt, quae rüdes animos Informant ad impietatem, — und
ähnlicher Bücher in den Schulen zu verbieten. — In dem Index
Casa^s von 1549 wird von Er. nichts verboten, im Med. Annota-
1) Laemmer, Mon, Vat. p. 94.
2) Arg. I ad Ind. 10. 8) Arg. II a 229.
4) Erasmr Epp. 850. Caballero, Valdes p. 821. 344. 850.
5) In Löwen befindet sich eine Handschrift: Erasmi Rot. proposi-
tiones erroneae, scandalosao et haereticae, jussu Fac. Theol. a. 1552, dum
ad Conc. Trid. eundum esset, ex omnibus illius operibus a Jo. Hentepio
0. F. collectae. Quetif. II, 196.
Bonsch, Index. 28
354 ErasmuB im Index.
tiones in N. T., Annot. super Hieron., Golloquia und Moria, im Ven.
ausserdem Paraphrasis in N. T., De sarcienda u. s. w., Enchiridion,
Modus orandi, Exomologesis, Praef. in Hü. und Christ, matr. in-
stitutio.
Quiroga fügte 1583 zu den im Tr. unbedingt verbotenen
Schriften noch hinzu die bereits von V. 59 verbotenen: Modus
orandi, Exomologesis, Enchiridion, Ecclesiastes, Expositio symboli,
Prol. in HiL, De sarcienda u. s. w. und Epitome colloquiorum. Auch
verbot er unbedingt alle üebersetzungen (französische und flämi-
sche Uebersetzungen einzelner Schriften werden auch in Antw. App.
verboten). Seit Er. im span. Index in der 1. Cl. steht, wird natür-
lich verordnet, auch auf dem Titel der Bücher, die freigegeben
werden, beizufügen : Auetore damnato, opus (cum expurgatione) per-
missum *).
Die Ausgabe der Adagia von Manutius erschien 1575 zu
Florenz mit einer Approbation Gregors XIII., worin alle anderen
Ausgaben verboten wurden*). Seit S. Cl. wird im Index (nur) diese
Ausgabe für erlaubt erklärt; seit Ben. aber heisst es: sie sei er-
laubt, andere Ausgaben nur, wenn die verdächtigen Stellen entfernt
würden. In dem Antw. Exp. p. 172 — 207 ist die von der Löwener
theologischen Facultät verfasste, von dem Antwerpener Censoren-
Collegium genehmigte Expurgation der Baseler Ausgabe der Werke
des Er. von 1540 abgedruckt, ferner p. 160 eine Expurgation der
von Er. besorgten Ausgaben des Augustinus, Hieronymus und Ire-
naeus und p. 126 einer flämischen Uebersetzung des Schriftchens
de civilitate morum, von der die Expurgatoren rügen, dass darin
das schönste und katholischste Capitel des ganzen Buches, das über
den Gottesdienst, in ganz protestantischer Weise verstümmelt sei.
Die spanischen Indices seit Q. expurgiren die Schriften des Erasmus
viel stärker als der Antwerpener»). Die Löwener streichen z. B.
1) 1616 erschien zu Antwerpen : T. N., compleotens praeter Vulgatam
Quidonis Fabricii e syriaco et Ben. Ariae Montani translationes, insuper
Des. Erasmi Rot. authoris damnati versionem perraissam.
2) Adagia quaecumque ad hanc diem exierunt, Pauli Manutii studio
atque industria, doctiss. theologorum consilio atque ope ex praescripto s.
8. Concilii Trid. Gregorio XIII. P. M. auspice ab omnibus mendis vindicata,
quae pium et vQritatis cath. studiosum lectorem poterant offendere, sublatis
falsis interpretationibus et nonnullis, quae nihil ad rem pertinebant, longis
inanibusque digressionibus . . . Quem laborem a Conc. Trid. Manutio
mandatum Gregorius XIII. ita oomprobavit, ut omnes adagiorum libros
una excepta editione Manutiana prohibeat et condemnet. Flor. 1575. fol.
Der Hauptarbeiter war Gaspar a Fosso (Riciulli), aus dem Orden des h.
Franz von Paula (Minimi), der als Erzbischof von Reggio in Trient gewesen.
8) Die Expurgation der Löwener und der Spanier steht auch bei
Possevin, App. I, 419, die letztere auch in Erasmi Opp. 9, 1782. Das
firasmianer im Index. d56
einige Briefe von and an Luther, Oecolampadins n. s. w., die Spanier
aber viel mehr (ganz oder theilweise), u. a. auch Briefe von und an
Eck, HogRtraten, Zasins, Petrus Mosellanus, Martin Dorpius, auch
von und an den Cardinal Campeggio, auch einen an Leo X. ; zu dem
Breve Leo's X. vor der Ausgabe des N. T. soll die Entschuldigung
beigefügt werden : Paternis visceribus pius pastor nutantem oviculam
blandis encomiis allicere oonatur. An die Spitze der sämmtlichen
Werke soll geschrieben werden : Opera omnia Erasmi caute legenda;
tam multa enim insunt correctione digna, ut vix omnia expurgari
possint.
P. setzte in die 2. Gl. die Vertheidigungsschrift von Gertoph,
Alphonsi Henriquez Defensio pro Erasmo contra Ed. Laeum et con-
tra Universitatem Paris., Adriani Barlandi 1. selectas quasdam epi-
stolas Erasmi Rot. continens und Jo. Mahusii Aldernadensis Epi-
tome annotationum Erasmi in N. T., Antw. 1538 *). Die drei letzten
Schriften wurden im Tr. gestrichen, aber von S. Gl. wieder aufge-
nommen, die von Mahusius mit d. c. Von A. Barland verboten S.
Gl. auch. Institutio hominis christiani. S. nahm aus Q. auch Lud.
Carvajali Dulcoratio auf; Gl. fügte d. c. bei. In den spanischen
Indices werden seit V. 51 auch die Uebersetzungen von Alberto Pio
Conde Garpense contra Erasmo verboten, wie Pelayo^) meint, weil
darin lange Stellen aus Erasmus stehen und weil man den Streit
überhaupt unterdrücken wollte.
Auffallender Weise stobt in keinem Ind. das anonyme Schrift-
chen Gonsilium cujusdam ex animo cupientis esse consultnm et Rom.
Pontificis dignitati et Christ, religionis tranquillitati, 1521, obschon
es GP. f. 91 erwähnt wird. Es steht in den Ausgaben der Werke
Luthers und Zwingli's, ist aber von Erasmus vor dem Wormser
Reichstage für Karl V. geschrieben*).
33. Erasmianer im Index.
Nach der Erklärung Pauls IV. sollen in der 1. Classe des
Index diejenigen stehen, welche „mehr als die übrigen und ge-
Exemplar der Werke, welches bei der Löwener Expurgation benutzt wurde,
befindet sich im Grand Seminaire zu Mecheln. Ann. Plantin. p. 112. Ex-
purgirte Exemplare der Werke des Hieronymus beschreibt Schelh. Erg. I,
19. 188.
1) J. van Mahieu aus Oudenaarde, Minorit, war 1561 in Trient, 1661
— 70 Bischof von Deventer, f 1672. Archief voor de gesch. van het aartsb.
Utrecht IX (1881), 123. — Barland starb 1639 als Professor in Löwen.
Paquot I, 718.
2) Heterod. 11, 80.
3) Schlottmann p. 230. 280. Archiv f. Lit.-Gesch. 1876, 554.
356 Krasmianer im Index.
wissennassen ex professo geirrt haben". Dagegen heisst es in
der Vorrede zum Trienter Index, in der 1. Classe ständen die-
jenigen ^die entweder Ketzer oder der Ketzerei verdächtig (nota
haeresis suspecti) gewesen." Die letzteren Worte sind sehr dehn-
bar und wohl darauf berechnet, es zu entschuldigen, dass anch
solche in der 1. Classe belassen wurden, welche sich nicht den
Reformatoren offen angeschlossen, aber eine schwankende und ab-
wartende oder vermittelnde Haltung angenommen. Reformfreunde
im Geiste des Erasmus und „Exspectanten" *)> w^d zwar nicht
nur solche, welche im äussern Anschluss an die Reformation
gestorben waren, von protestantischen Geistlichen das Abendmahl
empfangen hatten oder begraben waren, wie Conrad Heresbach,
Caspar Churrer, Hieronymus Schurff, sondern auch solche, die
sich äusserlich nicht von der alten Kirche losgesagt oder wieder
an sie angeschlossen hatten. Von solchen Männern, — die Raess
als Convertitcn behandelt, — Männern, denen man, wie auch
ihre frühere Haltung gewesen sein mochte, mit Rücksicht auf
ihr späteres Verhalten die Schmach, in der 1. Classe zu stehen,
ersparen musste und die zum Theil '^ur durch grobe Missver-
ständnisse durch Paul IV. dorthin gekommen, sind zu Trient
nur einige gestrichen, wie Georgius Agricola, Henricus Loriti Gla-
reanns, oder in die 2. Classe versetzt worden, wie Beatus Rhe-
nanus, Zasius; viele stehen, wie bei Paul IV., so noch heute in
der 1. Classe: Joh. Staupitz, Wilibald Pirckheimer, Joh. Haner,
Theobaldus Gerlachius Billicanus. Von mehreren dieser Eras-
mianer, wie ich sie, freilich nicht ganz zutreffend, der Kürze
halber in der Ueberschrift genannt, war bereits die Rede; einige
verdienen eine ausitihrlichere Besprechung.
Von Beatu 8 RhenanuR, Beatus Bild ans Rheinau im Elsass,
1485—1547 2), der bei (Ven. und) P. in der 1. GL steht, verbot Tr.
nur Scholia in Tertullianum. Die Antw. App. fügte dem Verbote
donec repurgentur bei, und der Antw. Exp. brachte eine Expnrga-
tion; ebenso Q. Nun verbot anch S. die Scholia mit d. c, daneben
Epist. de primatu Petri, nbicunquc reperiatur sivc seorsum sive in
1. X. operis ad Frid. Nauseam. Das d. c. steht seit Gl. nicht mehr
1) Döllinger, Reform. I, 513.
2) Horawitz in Sitzungsber. der Wiener Akad. 70, 189; 71,643: 72,
323. DölUnger, Ref. I, 544.
Beatus Rheuauus. TLeob. Gerlaohius Billicanus. 357
im Rom. Ind.; gleichwohl hat Bras. die £xpurgation abgedruckt').
Das drei Folioseiten füllende Argumentum zu Tert. de poen. wird
ganz gestrichen^), sonst nur einzelne Sätze, wie die Randnote: Bap-
tisma et eucharistia duo sacramenta primitivae ecclesiae, auch
einige harmlose Bemerkungen, wie die Constatirung, dass die An-
sichten der Kirchenväter mitunter von denen der neueren Theologen
abwichen, dass der Hebräerbrief zur Zeit Tertullians vielleicht nicht
dem h. Paulus zugeschrieben worden und dgl., auch eine Berufung
auf Conrad Pellicanus als homo mirae sanctitatis ac eruditionis. —
Der Brief über den Primat, der nur unter den Briefen an Friedrich
Nausea steht, nie besonders gedruckt ist, wird im Antw. £xp. p. 139
gestrichen ob errorem de primatu Petri, quodque adulationem ap-
pellat assertionem, Papam esse supra concilium. — Von einem an-
dern Elsässer, Hieronymus Geh wi 1er, f 1545, der im Elsass
„ein mächtiger Damm gegen die Reformation war***), stehen zwei
kleine Schriften seit P. in der 2. Gl.*).
Von Theobaldus Gerlaohius Billicanus (Diepold Gerlacher
aus Billigheim, f 1554) werden im Lov. 50 De libero arbitrio und
Scholia in Michaeam, 1527, verboten. P. setzte ihn in die 1. Cl. und
in Trient wurde er nicht daraus entfernt, obschon er schon 1530 in
aller Form zur alten Kirche zurückgekehrt war^). Er hat übrigens
bis auf. Ben. im Index Gertachius geheissen.
1) Der Expurgation im Antw. p. 91 liegen die Ausgaben von 1528 und
1562 zu Grunde; in letzterer scheint schon einiges geändert zu sein; die
Expurgation ist bei Q. Bras. Sot. etwas vermehrt. In dem Iudex von
Zapata 1G32 wird ausdrücklich constatirb, dass die Scholia cxpurgirt würder,
obschon sie der Rom. Ind. unbedingt verbiete; der Verfasser, wird bei-
gefügt, gehöre in die 2., nicht iu die 1. Gl., weil in seinen Schulien zwar
Irrthümer vorkämen, aber „noch nicht ausgemacht sei (nondum liquet),
dass er ein Ketzer geweseii*'.
2) Antw. £xp. sagt davon : sunt enim omnia partim imperita, partim
temeraria, partim falsa, partim haeretica, partim aliis modis scandalosa.
Auch eine Note zu de poen. wird gestrichen, in welcher von der Privatbeicht
gesagt wird: quam praestat non abrogari disoiplinae oonservandae causa,
sed emcudari, namentlich durch Fernhaltuug unwissender, unerfahrener
und schlechter Beichtväter.
3) Wiedemann, J. Eck, S. 404.
4) Gravissimae sacrilegii ac contemtae tbeosebiae ultiouis cthni-
^'um, Hebraeorum, Christianorum verissimis comprobatae exemplis
syngramma, 1528. Exhortatio admodum brevis s.. communionem adire cu-
pientibus haud iuutilis, a 11. G. edita. Item conüteudi modus a Deus-
paterio Ninivita per quaestiunculas excussus. S. 1. et a. 8 Bl. 8. Schmidt,
Bist. lit. de l'Alsace II, 407.
5) K.-L. 2, 835. A. D. B. 12, 638.
358 Erasmianer im Index.
Von Gerard US Lorichius (Uadamarius) steht im Lov. 50
nur Institutio catholica iidei orthodoxae [et religionis sanae . . .
1536], im Par. 51 ausserdem De missa [publica] proroganda race-
mationum libri tres, cum diversarum baereseon erroribns et super-
stitionum omnigenum abusionibus tollendis, tum sacri ejus sinceri-
täte orthodoxa conservanda, ex canonica scriptura patrumque san-
ctorum sententiis diligenter oollecti. [S. 1. 1536.] Lor., schon 1511
Pfarrer zu Hadamar, 1536 von dort als Gegner der Reformation ver-
drängt, ^ist nie überzeugter Lutheraner, immer nur ein Erasmianer
gewesen, und wurde im Strome der Bewegung zu einem entschie-
denen Eatholicismus zurückgedrängt" ^). Die Institutio ist in dog-
matischer Hinsicht katholisch und enthält nur einige bescheidene
Bemerkungen über Bilderverehmng, Cölibat, Laienkelch und dgl.
In den Racemationes will er nur die Privatmesse und die Mess-
stipendien, nicht die öffentliche Messe abschafifen, diese aber in ihrer
altkirchlichen Gestalt wiederherstellen, aber ohne deutsche Gesänge.
Die katholische Abend mahlslehre hält er fest; die Messe sei auch
ein Opfer als Darstellung des Opfers Christi u. s. w. Später war
Lor. mit Wicel befreundet und übersetzte dessen Postille ins La-
teinische (Köln 1545); 1549 nahm er an der Provincialsynode zu
Mainz Theil. Dass die Löwener und Pariser jene Bücher von ihm
verboten, mag man in der Ordnung finden; aber nicht in der Ord-
nung ist, dass er seit P. in der 1. Gl. steht. Die Herausgeber des
Lütticher Index von 1569 haben das gefühlt und zu dem Namen
Ger. Lorichius Adamarius beigefügt: non is qui est apud Wicelium,
was freilich völlig aus der Luft gegriffen ist und auch in keinen
andern Index Eingang gefunden hat. — Mit etwas mehr Recht stehen
darin sein Verwandter Reinhardus Lorichius, Prof. der Rhetorik in
Marburg, dann Prediger in Hadamar, f 1564, der ausser vielen
philologischen Büchern auch ein paar theologische geschrieben, und
(seit Gl.) Jo. Lorichius, als Secretär des Prinzen von Oranien ge-
storben 1570, der ausser einem Catalogus jnrisconsultorum auch
das Buch Sirach in elegische Verse gebracht (es steht im Par. 51
als Schrift des Gerhard L.) und eine „Comödie*^ Job herausgegeben
hat ^). — Die Racemationes sind noch das Opfer einer der ärgsten
unter den zahlreichen Gonfusionen in der Geschichte des Rom. Ind«
geworden. Im Lov. 58 steht unter B zunächst Bmnonis Seylii
[d. i. Seidelii] Qnerfurdensis poemata; dann folgt: Ejusdem De
missa . . . Racem. 11. 3 . . . oollecti per Berhardum Locinm Hada-
marium. Das Ejusdem wird der Drucker verschuldet haben ; die
Gorruption des Namens des Lorichius fällt den Löwener Gelehrten
zur Last, da sonst dessen Buch nicht unter B hätte gestellt werden
können. Seidelius kam bei P. als Bruno Heidelius in die 2. Gl., das
weitere wurde von ihm ignorirt. In der Antw. App. 70 tauchte
aber der Unsinn des Lov. 58 vollständig wieder auf. Q. maohte
1) Nebe, Denkschr. des Sem. ssu Herbom II, 45.
2) Strieder, Hess. Gel.-Gesch. VIH, 94.
Ger. Lorichius. G. Wicel. Jo. Philonius Dago. 369
denselben noch etwas grösser: Berhaxdi Lotii Had. sive Gerardi
Lorichii Adamarii Collectio trium librorum racemationum Brononis
Seillii de missa publ. pror., und ans Q. kam dieses dann durch S.
auch in den Rom. Ind. und hat dort anderthalb Jahrhunderte seinen
Platz behauptet, bis Ben. die Eacemationes unter Gr. Lorichius setzte,
wo sie freilich, da dieser in der 1. Cl. steht, ganz überflüssig sind.
Georg Wicel steht nicht im Rom. Ind. S. hat ihn in der
2. Cl. unter den Autoren, von denen die Schriften, die sie als Häre-
tiker veröflfentlicht, verboten sein, die nach ihrer Rückkehr zur
Kirche geschriebenen zuvor geprüft werden sollen; aber von Cl.
wurde er wieder gestrichen. Bei Sand. Sot. werden seine Fasten-
predigten und seine Postille, beide nach der lateinischen Ueber-
setzung von Gerh. Lorichius, Paris 1565, ziemlich stark erpurgirt.
Dem erstem Werke soll auch die allgemeine Bemerkung vorge-
schrieben werden: zwei Dinge seien bei diesem Autor peculiariter
cavenda lectori: dass er zu frei und scharf gegen die Geistlichkeit
losziehe und dass er die Bibelstellen oft nicht nach derVulgata an-
führe *).
£in anderer Erasmianer, der seit P. in der 1. Cl. steht, ist
Jo. Philonius Dugo (S. Rugo, Ven. Jo. Filonius), Priester in der
Diöcese Passau. Im Lov. 46 (nicht 50) steht Jo. Ph. de christiana
institutione. Gemeint ist sein einziges bedeutendes Buch (Fris. citirt
noch von ihm Tilianus vel de scientia bene moriendi. De regimine
sanitatisi Xenocratis 1. de contemnenda morte, zusammen Basel 1553):
Jo. Ph. Dugonis libri christianarum institutionum quatuor. In qui-
bus ad mores Christo et homine christiano dignos paoemque et uni-
tatem ecolesiae eleganter, erudite, modeste vocantur summi et In-
timi. Augsb. 1538. 21 B. 8. Das Buch ist dem Domdechanten Rudbert
von Mosham gewidmet. Er fängt jedes Capitel mit einer wichtigen
Sentenz oder einer merkwürdigen Begebenheit aus einer griechischen
oder römischen Schrift an und geht dann auf das über, was die
h. Schrift und die Kirchenväter über den betreffenden Punkt lehren.
Die Schreibweise und die Ansichten verrathen den Anhänger des
ErasmuB ; dieser wird auch wiederholt gelobt, Luther nicht genannt.
Nach den mir bekannten Auszügen aus dem Buche ^) zu urtheilen,
enthält es nichts Unkatholisches ; über den Cölibat spricht er wie
Aeneas Sylvius. In der Vorrede zum 2. Buche sagt er: er unter-
werfe diese und alle seine Schriften und sich selbst der recht-
gläubigen Kirche.
Robertus a Moshaim (Rudbert von Mosham, seit 1522
Domdechant zu Passau, t 1543), seit P. in der 1 . Cl., war in phan-
tastischer Weise für eine Reformation in der katholischen Kirche
und eine Beseitigung des Zwistes zwischen Katholiken und Luthe-
1) Der Satz im Register: Adorari neminem proprie nisi Deum solum
wird geändert in Ad. nem. latria proprie et primario nisi Deum.
2) Lit. Wochenbl. Nümb. 1770, II, 49. Vgl. Strobel, Mise. V, 16.
/
860 Erasmiauer im Index.
ranern thätig und suchte seine Trojecte auch in Kom anzubringen ^).
Er hat eine Reihe von lateinischen und deutschen Schriften ver-
öffentlicht. Unter den anonymen Schriften steht von ihm seit P.
(noch jetzt), obschon sein Name auf dem Titelblatt steht, Microsy-
nodus Norinbergensis, eine 1541 gedruckte Schrift über seine Dis-
putation mit Andr. Osiander und Wenc. Linck in Nürnberg 1539*).
— Im Antw. Exp. p. 138 wird verordnet: De opere epistolarum ad
Fridericum Nauseam*) . . . initio libri 7. epistolae Ph. Melanch-
thonis et M. Buceri . . . iollantur et lib. 8. Ruberti a Moshaim,
quae librum ipsius a Concilio in catalogo damnatum ob malam de
trinitate doctrinam et neotericam ac periculosam phrasim propugnat
et idem probare conatur. Es sollen also im 7. Buche die Briefe
von Melanchthon u. s. w., im 8. ein Brief von Mosham an Nausea
beseitigt werden*). Unmittelbar vor den Briefen an Frid. Nausea
stehen im Antw. Exp. Schriften von (Georg) Fabricius. So ist es
gekommen, dass, obschon kein Fabricius mit den Briefen an Nausea
etwas zu thuen hat, bei Q. und danach bei S. verboten wird: Fa-
bricii 1. octAvus epistolarum ad Fr. Nauseam, qui est Roberti a
Moshaim. So alle folgenden Indices, seit Ben.: Fabricius, Jo. Pa-
tavin. Epistolarum misc. ad Fr. N., qui est Roberti a M., Über VIII.
— Eine andere Confusion in den Indices ist durch GrA. verschuldet.
In der 3. Cl. steht seit P. : L. inscr. An statui et dignitati eccle-
siasticorum magis conducat admittere synodum nationalem, piam et
liberam, quam decernere hello [Epistolae duae decani et canonici
cujusdam. S. 1. et a. 1540. 24 Bl. 8.; seit Ben. unter Epistolae].
Der erste Brief ist datirt: Hagenoae 1540 und unterzeichet: N. N.
decanus tuus ad vota, der zweite datirt: apud Nemetas, und unter-
zeichnet: Johannes N. tuus collega, und jetzt ist bekannt, dass das
Schriftchen von M. Bucer ist^). GA. erwähnt dasselbe unter Jo.
Decanus et Canonicus Pataviensis in Germania, mit der Bemerkung,
der Name des Verfassers werde nicht genannt, aber am Ende stehe
Jo., und er habe gehört, der Verfasser sei Decan in Passau ge-
wesen und kürzlich gestorben (Fris. vervollständigt die Vermuthung
1) Ueber seine Verhandlungen mit Morone s. Strobcl, Misc. V, 13,
89. Laommer, Anal. Rom. p. 30. (Laemmer macht ihn zum Decan in Padua).
2} Strobel S. 98.
3) Epistolarum miscellanearum ad Frid. Nauseam ... 11. 10, Basel
1550, fol. Baumg. 8, 78.
4) Der lange Brief ist vom 14. Deo. 1541; Mosham übersendet ihm
die Microsynodus und ein anderes (deutsches) Buch, Hierusalem nova u.s.w.,
1540; in diesem kommt nicht eine falsche Trinitätslehro, sondern eine
Reihe von sonderbaren auf die Trinität anspielenden Sätzen vor: Wort,
Glaube und Liebe sind die irdische Trinität u. dgl., und diese Ausdrücke
werden in dem Briefe vertheidigt. Strobel S. 44. 95.
5) Baum, Capito und Butzer S. 601. Strobel, S. 112. Das Schriftchen
ist abgedruckt bei Wolf, Lect. mem. II, 446.
Rudbort von Mosham. Georg Cassauder. 361
durch videtur idem esse cum Rob. Moshaim). Diese Notiz von
GA. hat es veranlasst, dass Jo. Decanus Patavien. seit P. in der
1. Ci. steht, seit Ben. unter Pataviensis.
Von Georg Cassander, — G. Casant, geb. zu Pitthem hei
Brügge 1512, gest. zu Köln 1566 — werden im Lov. 58 verboten:
Hymni ecclesiastici, praesertim qui Ambrosiani dicuntur, multis in
iocis recogniti et multorum hymnorum accessione locupletati, cum
scholiis opportunis in Iocis adjectis et hymnorum indice, Köln 1550, 4.
Der Löwener Canonist Jo. Molinaeus (van der Meulen), an den Cass.
darüber schrieb, antwortete ihm anfangs: es sei gar keine Aussicht,
dass man das Verbot aufheben werde; es würden übrigens nicht
bloss der Ketzerei verdächtige, sondern auch solche Bücher in den
Index gesetzt, die man nicht für zeitgemäss halte. Im Jan. 1561
theilte er ihm aber die von den Theologen beanstandeten Stellen
mit, mit der Bemerkung, wenn er diese ändere, werde das Buch
freigegeben werden. £s handelte sich namentlich um Bemerkungen
über die communio sub utraque, um eine Stelle, worin gesagt war,
die guten Werke seien nicht causa, sondern signum, occasio et vi&
vitae aeternae, um die Bemerkung, Omnes Sancti, orate Deum pro
me bedeute nichts anderes als: Utinam omnes Sancti orent Deum
pro me, und um die Bezeichnung der libri Carolini als insignes *)•
— Paul IV, setzte Georgii Cass. Hymni eccl. (aus Lov. 58) in die
2., und (man sieht nicht, woher das stammt) Cassander Brugensis
in die 1. Cl., und in Trient wurde daran nichts geändert. Den In-
dex von P. hat Cass. augenscheinlich nicht zu Gesicht bekommen;
über Tr. schreibt er 2. Febr. 1565 an Andreas Masius: „Ich wun-
dere mich darüber, dass diejenigen, denen eine so wichtige Arbeit
übertragen worden, so nachlässig verfahren sind und sich durch die
Intriguen gewisser Leute haben bestimmen lassen: in der 1. Cl. steht
Cassander Brugensis, unter welchem Namen kein Buch erschienen
ist, wie ich mich denn auch nie Brugensis genannt habe, in der 2.
Georgii Cass. Hymni. Der Verfasser des Index muss gemeint haben,
Cass. Brug. und G. Cass. seien zwei verschiedene Personen. Ich bin
in den Index gekommen durch die Leute, denen jede Reform der
Kirche und alle, die auf eine solche dringen, ein Abscheu sind. Die
meisten werden ohne Zweifel Cass. Brug. und 6. Cass. für identisch
halten: so steht denn ein Mann, der sich nur für die katholische
Wahrheit und die kirchliche Einheit . bemüht, unter den Schismati-
kern und Revolutionären. Aber diese Unbill wird mich nie dahin
treiben, dass ich mich von der katholischen Einheit losreisse oder
von dem Bemühen, sie zu vertheidigen, ablasse" -). — Masius ant-
1) Burmann, Sylloga U, 247. — Die Expurgation im Antw. £xp.
p. 68 betrifft dieselben und ähnliche Stellen. Zum Schluss wird dabei der
Wunsch ausgesprochen, die schönen alten Hymnen möchten mit Weg-
lassung der Widmung und der neueren Hymnen neu gedruckt werden.
2) Opera, Par. 1616, p. 1190.
362 £ra8mianer im Index.
wortet: «Dass dein Name in Folge der Intriguen üebelwoUender in
den Index gekommen, thot mir um so mehr leid, als ich sehe, dass
es dich schmerzt. Uebrigens wird das bei solchen, die selbständig
urtheilen, dir und deinen Schriften nicht zur Unehre gereichen. Man
weiss ja, mit wie wenig Urtheil und mit wie viel Neid jener Index
zusammengetragen und zusammengeflickt worden. Man kennt ja die
zudringliche Unverschämtheit gewisser Ordensleute und die wunder-
baren Ränke, die sie mit dieser Tugend verbinden, um sich in alle
kirchlichen Aemter einzuschleichen. Auch Erasmus steht ja wie
Cassander in der 1. (s. o. S. 347 Anm. 1), Desiderius wie Georg
in der 2. Cl. Reccus hat mir erzählt, Wicel habe, als er Erasmus'
Namen im Index gesehen , im Ernste den Wunsch ausgesprochen,
dass auch sein Name darin stehen möge. Vielleicht hat es die Vor-
sehung gefügt, dass du in dieses famose Album gekommen, damit
deine Schriften um so lieber von denjenigen gelesen werden, gegen
deren freche und wenig religiöse Neuerungen sie besonders gerichtet
sind. Die Censur wird sicher einmal aufgehoben werden. Keccus
meint, du solltest dich bei dem Kaiser und dem Papste beklagen.
Dazu scheint mir die Sache nicht wichtig genug zu sein; es wird
auch schwerlich etwas helfen. Selbst Gropper, der doch fast bis
zum Aberglauben die hergebrachten religiösen Grebräuche verthei-
digt, hat ja nicht dem frommen Eifer jener Menschen (illorum
religioso, si diis placet, acumini) genügt huen können^ Ein anderer
Freund des Cassander, Jo. Metellus, hatte Cassander Brugensis im
Index ganz übersehen; er schreibt im Oct. 1564 an Cass., er solle
sich über das Verbot der Hymni nicht ärgern ; er sehe daraus, was
unter den jetzigen Religion s wirren die Wohlgesinnten um der Ein-
tracht willen leiden müssten ^),
In dem Briefe an Masius zählt Cass. die Schriften auf, die er
ausser den Hymni mit seinem Namen herausgegeben, und sagt, er
sehe nicht ein, wie sie zu einer so strengen Züchtigung hätten An-
lass geben können. Auch das Buch de officio pii viri, meint er,
habe zwar bei einigen morosiores Anstoss erregt, sei aber von an-
deren gewichtigen, gelehrten und gut katholischen Männern gebil-
ligt worden. Er meint das Schriftchen De officio pii et publicae
tranquillitatis vere amantis viri in hoc religionis dissidio, welches
er auf Veranlassung Franz Balduins geschrieben und 1561 anonym,
dann 1562 mit Beifügung der Defensio insontis libelli de off. . . .
adv. iniquum et importunum castigatorem [Calvin] auctore Veranio
Modesto Paoimontano herausgegeben*). Diese Schrift, die in
1) Epistolae vel a Bclgis vel ad Beigas scriptae (ed. P. Bertius),
Leydcn 1617, p. 264. 859.
2) Anfangs wurde vielfach Balduin für den Verfasser gehalten; gegen
diesen ist Calvins Streitschrift gerichtet. Stahelin, Calvin II, 847. Cass.
meint: alle Parteien, die das apostolische Symbolum anerkannten, ständen
auf christlichem Boden und gehörten zur Kirche; Verschiedenheiten, die
Georg Cassander. 363
streng-katholischen Kreisen ehensowohl wie in streng-protestanti-
schen Anstoss erregte, steht nicht im Tr. In der Antw. App. von
1570 steht in der 2. CL: G. Cass. s. Veranius Mod. Fac. De
ofif. pii viri; ejusd. Cass. repurgentur Hymni; ejusd. Consultatio
sitne communio in utraqne . . specie catholicis optanda, etiamsi iure
divino non sit omnino necessaria; ejusd. de statu infantium, qni in
ecciesia nati citra haptismi sacramentum morinntur. Im Antw. £xp.
werden die zwei Theile des Werkes De haptismo infantium, zu dem
das zuletzt genannte gehört, und ausserdem die Liturgica de ritu
Dominicae coenae (1558) und Preces ecclesiasticae, qnae collectae
dicuntur (1560) verboten.
Q. und nach ihm S. nahmen alle diese Schriften in die 2. Cl.
auf, die Hymni ohne d. c. Aus Liss. 81 und Q,. kam dann noch in
die 3. Cl. De officio u. s. w. sine auctoris nomine (also die erste
Ausgabe) mit dem Zusätze: alius ab eo, quem sub eadem inscriptione
composuit Jo. Hesseis Dr. Lov.'). Durch Cl. kam dann Georgius
Cassander sive Veranius Modestus Pacimoutanus in die 1. Cl. Zum
Ueberfluss wurde auch noch die 1616 zu Paris erschienene Ge-
sammtausgabe seiner Werke: Opera quae reperiri potuerunt omnia.
£pistolae 117 et colloquia duo cum anabaptistis, 1617 verboten mit
der Bemerkung: licet author in Ind. sit inter authores 1. Cl.*).
diesem Fuudamentalbekenntnisse nicht widersprächen, sollten keinen An-
lass zur Zerstörung der Einheit geben. Herrn. Conring sagt 1659: es sei
unglaublich, wie viele Geistliche und Laien, namentlich in Frankrcioh,
heute noch immer durch diese Schrift [durch die darin vertretenen An-
schauungen] in der römischen Kirche festgehalten würden. — Erst 1577
erschien die 1564 von Cass. auf den Wunsch der Kaiser Ferdinand und Maxi-
milian verfasste Consultatio de articulis religionis inter catholicos et prot.
controversis (von Cornelius Wouters herausgegeben), die 1641 von Hugo
Grotius mit Anmerkungen neu herausgegeben und gegen A. Rivet ver-
theidigt wurde (correoter abgedruckt in 6. Cassandri et G. Wicelii de sacris
nostri temporis controversiis 11. . . . cura Herm. Conringii, 1659). Die An-
gaben, Cass. habe die Veröffentlichung der Schrift testamentarisch ver-
boten und er habe auf dem Sterbebette seine Ansichten widerrufen, sind
unrichtig; s. Lossen im Th. Lit.-Bl. 1876, 603 und Hist. Jahrb. 1876, 381.
Diese Consultatio steht nicht im Index, ist aber freilich verboten, weil
G. Cass. in der 1. Cl. steht.
1) De off. pii et ohristianae pacis vere amantis viri exurgente aut
vigente haeresi. Cum refutatione sententiae oujusdam falso hoc ipsum
dooere promittentis. Auth. Jo. Hesseli a Lovanio . . . Antw. 1566. 8.
Annales Plantin. p. 58. Auch Bellarmin, Controv. de membris eccl. mil. 3, 19,
polemisirt gegen Cass.
2) No. 6 der Decreta bei Alex. — Die Ausgabe ist von dem Limou-
364 Elrasmianer im Index.
Bei Alex, werden Cassander Brugensis und Georgias Cas8. unter-
scbieden: jener wird al« auctor 1. Cl. bezeichnet; von diesem werden
verboten opera omnia, praecipue epp. 117 et coli, duo c. anab. und
Hymuiy dann unter V Veranius Mod. u. s. w. und unter 0 De
officio . . . sine auctoris nomine, item alius 1. sub ead. inscr. quem
composuit Je. Hesselz. 8o bat fast ein Jahrhundert, bis Ben., Hesseis
Schrift gegen Cass. im Index gestanden. Bei Ben. ist Cass. als
auctor 1. Cl. verschwunden; seitdem stehen im Index unter Cas-
sander, Georg. Brug. die Hymni und die Opera, unter 0 De officio
. . . opus G. Cassaudri und unter Modestus Ver. Fac. Defensio
insontis libelli u. s. w.
Uldaricus Zasius ist von P. wahrscheinlich bloss darum
in die 1. Cl. gesetzt worden, weil GP. f. 126 seine Apologia contra
Eckium erwähnt wird, die man irrthümlich für eine „lutherische"
Schrift gehalten haben mag*). In der Bibliothek hat G., freilich
unter Huldricus Zasius, einen langen Artikel über ihn, in dem er
sehr gelobt, aber constatirt wird, dass er als Katholik gestorben.
Zasius, t 1535, trat ja auch „entschieden und oft erbittert den Pro-
testanten entgegen, wenn er auch mit der Haltung, den Zuständen
und Massregeln der katholischen Partei nicht einverstanden war"*).
— Im Sept. 1562 bat Zasius* Sohn Joachim, Dr. theol. und Cano-
nicus in Basel, in seinem und seines Bruders Namen, „da sein Vater
von einigen Inquisitoren der Ketzerei beschuldigt worden sei, so
dass sich sein Name sogar in dem Catalogus haereticorum (dem
Index Pauls ly,) finde", die Universität Freiburg um ein Zeugniss,
durch welches er bei dem apostolischen Stuhle beweisen könne, dass
sein Vater fromm und rechtgläubig gelebt und katholisch gestorben
sei. Das Zeugniss wurde ausgestellt*). Ob es in Rom oder der
Trienter Index-Commission vorgelegt worden, erhellt nicht; jeden-
siner Canonicus Jean Cordes besorgt. Th. Lit.-Bl. 187H, 612. Der darin
fehlende Dialogus de communione sub utraque ist 1642 von G. Calixtus
mit anderen Sachen herausgegeben. Schelh., Am. bist. II, 562.
1) Es ist die Apologetica defensio contra Jo. Eckium supra eo quod
olim tractaverat, quo loco fides non esset hosti servanda, 1519, 74 S. 4,
worin er die „sehr disputable'^ Ansicht vertheidigt, dass (nach dem posi-
tiven Civilrecht) einem öffentlichen Feinde gegenüber ein Vertrag nur dann
Gültigkeit habe, wenn er mit Bewilligung des Feldherrn geschlossen sei.
Stintzing, ü. Zasius, 1857, S. 192. Wiedemann, J. Eck. S. 330. Allerdings
wird nebenbei Eck getadelt, dass er Erasmus angegriffen, praestantissimum
virum, veteris i. c. verae theologiae cum paucis laudatissimuro assertorem,
und Luther, doctissimum et vitae integritate probatissimum virum, veteris
i. e. verae theol. in plerisque non poenitendum assertorem.
2) Stintzing, Gesch. der Rechtsw. I, 172.
3) J. A. Riegger, ü. Zasii Epp., 1774, Vita p. 136-
Ulrich Zasius. Jac. Sobius. Jac. Ziegler. d65
falls steht Zasius nicht mehr im Tr. — Im Liss. 81 und bei Q.
wurde die Apologia adv. Eckium verboten (V. 59 verbietet nur
Commentaria in Rhetoricam M. T. Ciceronis) und aus Q. kam diese
dann durch S. Cl. (1590!) in den Rom. Index. Zugleich verboten
S. Cl. Opera omnia d. c. Im J. 1587 war nämlich in Rom von
einer Anzahl von „gelehrten und angesehenen Theologen, Canonisten
uud Juristen'* in mehreren unter dem Vorsitz des Mag. S. P. ge-
haltenen Sitzungen eine Expurgation der Werke des Zasius nach
der Ausgabe Lyon 1550 festgestellt worden; sie ist aber nicht
amtlich veröffentlicht worden '). Im allgemeinen wird darin ver-
ordnet, überall die Namen und lobenden Erwähnungen, auch die
Gedichte der Ketzer, zu denen auch Erasmus und Beatus Rhenanus
gezählt werden, zu streichen; auch mehrere Briefe an Erasmus und
Bonifacius Amerbach werden gestrichen. Ausserdem werden einige
spöttische Bemerkungen über die Mönche und Geistlichen und Aeusse-
rungen über Bestimmungen des kirchlichen Rechtes gestrichen oder
corrigirt^), auch Ausdrücke wie Per Jovem, Dii boni getilgt, vor
den Namen von Heiligen S. beigefügt und Druckfehler verbessert.
Sonderbarer Weise wird auch die Apologia, die doch unbedingt
verboten war, expurgirt.
Der Kölnische Humanist und Jurist Jacobus Sobius (Sobbe),
der 1528 als Katholik starb, ist durch P. in die 1. Cl. gekommen,
weil er bei GA. als Verfasser des unter dem Namen Philalethes
ütopiensis erschienenen Dialogs (S. 236) bezeichnet war. Auch
die (fingirte) Rede an Karl V., die mit einer ähnlichen von Her-
mann von Neuenaar 1520 gedruckt wurde, handelt von der finan-
ziellen Ausbeutung der Deutschen durch Rom, und in den Rand-
noten zu seiner Ausgabe der Commentarii des Aeneas Sylvius
(S. 40) kommen böse Worte vor : Babylonis satellites, meretrix
apocalyptica videtur esse Roma u.dgl.") — Auch Jacobus Zieg-
1) Sic ist abgedruckt bei Possevin, App. II, 533—548. Bei Sot. steht
eine andere Expurgation der Ausgabe von 1590.
2) Zu der ersten Classe gehören z. B. Haec mirabilis creatura (zu
schreiben: status) monachorum non fuit cognita Ulpiano. — Argumentum
contra fratres mendicantes, ut jure haereditario acquirere nihil possint.
Sed dicunt se habere Magnum mare; at roaria aliquando vorant (sehr.:
Sed habent Magnum mare). — Cuculla Abbatis Panormitani (sehr. Abbas
Pan.). — Sacerdotes in concubinas omnia profundunt (zu streichen), —
zu der zweiten : Poenam carceris non debere esse perpetuam (beizufügen :
de jure civili), licet spiritualis potestas hoc usurpaverit (sehr.: aliter
utatur), qui in arctum detrudunt monasterium. Sed haec usnrpatio in eis
toleratur (sehr. : hie usus in eis est receptus), cum nulla alia sit ipsis gladii
potestas. Mitunter wird verordnet, am Rande etwas beizufügen, z. B.
Hodie deferendi sunt libri ad judices fidei.
3) Zts. des berg. Gesch.- V. 1869, 228.
866 Erasmianer im Index.
1er, ein Freund des ErasmuR, starb als Katholik; seine stark anti-
papistiscbe Gesinnung zeigt er in der nicht gedruckten ,,Historia
von der Römischen Bischoif Reich und Religion** *) und in der von
Schelhom*) veröffentlichten Historia Clementis VII. Dass ihn (Ven.
und) P. in die 1. Cl. setzte, ist wohl nur dadurch veranlasst, dass
Casa seinen Commentarius in Gen. et Exodum (1540) verboten hatte.
Sot. gibt einige Schriften von ihm frei und expurgirt einige, be-
zeichnet ihn aber als Theologus Calvin. Zwinglianus, Geographus
et Historicus Lutheranus! — Gasparus Bruschius ist wohl
darum durch P. in die 1. Cl. gekommen, weil bei GA. von ihm
Uebersetzungen von Schriften Luthers und Melanchthons angeführt
werden. Sot. bezeichnet ihn als Luthero-Melanchthonista, — was
doch nicht zutrifft^), — expurgirt aber einige Schriften von ihm.
Den Mediciner und Philologen HadrianusJunius (de Jonghe)
hat P. ohne Zweifel lediglich darum in die 1. Cl. gesetzt, weil bei
GA. steht, sein zu Basel 1548 gedrucktes Lexicon graecolatinum
sei dem König Eduard VI. von England gewidmet. Man braucht
in Rom nicht einmal gewusst zu haben, dass er in der Dedication
dem Könige seinen offiziellen Titel „Fidei Defensor et supremum
Anglicanae Ecclesiae a Christo caput'* gegeben, und wenn Junius
selbst vermuthete, irgend jemand habe ihn deshalb denuncirt, so ist
das auch nicht wahrscheinlich. Junius schrieb auf den Rath des
Arias Montanus nach Rom, erklärte, er sei nicht von der alten
Kirche abgefallen, und bat, seinen Namen in der 1. Cl. zu streichen.
Auch Card. Granvella und der Bischof Lindanus interessirten sich
für ihn. Er blieb aber auch im Tr. in der 1. Cl. Die Antw.
App. von 1570 enthält die Bestimmung: der Titulus, der in einigen
Exemplaren vor der Vorrede zu dem Lexicon stehe (in der 2. Auf-
lage war er weggelassen), sei zu streichen ; im übrigen dürften alle
Werke von ihm gelesen werden, da sie nichts gegen die gesunde
Lehre enthielten und der Verfasser notorisch Katholik sei. Auch
davon hat man in Rom keine Notiz genommen; Junius steht noch
heute in der 1. Cl. Sot. bezeichnet ihn als Calvinisten, obschon es
gar nicht erweisbar ist, dass er nach 1570 (er starb 1575) Prote-
stant geworden, gibt aber seine Schriften mit Ausnahme eines Ge-
dichtes über das Leiden Christi (Anastaurosis) nach einer Ex-
purgation frei. — Die Ausgabe des Eunapius Sardianus widmete
Junius der Königin Elisabeth, die er aber einfach als Serenissima
potentissimaque Angliae, Franciae Hiberniaeque regina bezeichnet.
Die span. Ind. seitQ. verordnen, die Widmung zu streichen. Auch
S. setzte (nach Q.) das Buch mit d. c. in die 2. Cl., es wurde aber
von Cl. gestrichen*).
1) Ranke, Deutsche Gesch. II. Beil. II.
2) Am. H. E. U, 210.
8) A. D. B. 8, 458. K.-L. 2, 1882.
4) Ersch und Gruber II, 29, Ö4. A. D. B. 14, 737 (nach der oben
gegebenen Darstellung zu berichtigen).
Clemanges. Savonarola. Geiler. 367
Von Jacobuß Schoepper, Pfarrer in Dortmund f 1554,
steht seit P. in der 2. Cl. Monomachia Davidis et Goliae (Tragi-
comoedia, 1550). P. wird den Titel aus GA. haben, und wenn Cal-
lidius Loos in dem Illustrium Germaniae scriptorum catalogus 1581
vermuthet, das Buch sei durch inadvertentia oder in Folge der
Intriguen Böswilliger in den Index gekommen '), so wird die erste
Vermuthung richtig sein. Schoeppers Conciones in epistolas et evan-
gelia totius anni, tam de tempore quam de sanctis, die sein Freund
Jo. Larabach (Scevastes) nach seinem Tode herausgegeben, wurden
in der Antw. App. d. c, im Antw. Exp. unbedingt verboten, quia cor-
rectionem non admittnnt (von Sixtus Sen. werden sie ohne Vorbe-
halt gelobt). Das Verbot wurde von Q. und dann von S. aufge-
nommen, von Cl. aber gestrichen, so dass nur die jedenfalls harm-
losere Monomachia im Eöm. Index steht. Sot. aber hat Schoepper
in die 1. Cl. gesetzt, weil er ihn für identisch hielt mit dem Heidel-
berger Professor Jac. Schopper, der seit S. Cl. auch im Rom. Index
in der 1. Cl. steht.
34. Nicolans von Clemanges, Savonarola nnd Geiler
von Keisersberg.
Nicolaus Clemangis steht bei Paul IV. in der 1. Classe;
bei Pius IV. dagegen steht in der 2. Classe: von Nie. Cle-
raangis können nur diejenigen Werke gestattet werden, welche
nach der Anweisung der Trienter Index-Commission (juxta cen-
suras patrum) verbessert, gedruckt werden. Eine solche expur-
girte Ausgabe ist aber nicht erschienen. — Von Savonarola
verbot Paul IV. in der 2. Classe den Dialogo della veriti pro-
phetica und 15 einzelne Predigten; in Trient wurden diese ex-
purgirt und von Pius IV. in dieser expurgirten Form freige-
geben; sie sind aber nie so gedruckt worden. — Geiler von
Keisersberg stand bei Paul IV. in der 1. Classe, wurde in Trient
gestrichen, aber von Sixtus V. und Clemens VIII. wieder ein-
gesetzt und steht, — was nicht ihm, wohl aber der Römischeü
Curie zur Schmach gereicht, — noch heute in der 1. Classe.
Casa verbot Nie. Clemangis archidiaconi Baiocensis . . de
corrupto Ecclesiae statu') oder de ruina ecclesiae; in Folge davon,
1) Th. Lit.-ßl. 1877, 468.
2) S. 1. et a. 84 Bl. 4. Vor der Ausgabe steht ein Brief von Eubulus
368 Clemanges. Savonarola. Geiler.
also wegen eines Baches, welches wahrscheinlich nicht von CU-
manges verfasst ist*), kam er (im Med., nicht im Ven., nnd) bei
P. in die 1. Cl. üeber die Trientor Expurgation ist nichts weiter
bekannt. Die Gesammtausgabe der Werke des Cl. von J. M. Ly-
dins, Leiden 1613, 2 Bände 4^), ist nicht ausdrücklich verboten. —
Q. verbietet Nie. Clemangis omnia opera ; in seiner Expurgation des
8. Bandes der Bibliotheca Patrum von 1575 verordnet er, die Pis-
putatio 1. super materia concilii, ein Stück der CoUatio und De
praesulibus simoniacis zu streichen, mit der wunderlichen Bemer-
kung, der Nie. de Clemangiis, welcher die in der Bibliotheca ste-
henden Schriften verfasst, sei verschieden von dem Nie. Clemangis,
dessen sämratliche Werke verboten seien. Sand, verbietet alle
Werke von Cl. mit d. c, Sot. unbedingt, mit der Bemerkung, sie
seien nicht nur separat gedruckt, sondern auch in den Tractatus
juris von 1549 und in der Bibliotheca Patrum (in der 1. Ausgabe
von 1575 ; in der 2. und 3. sind sie wegelassen).
Girolamo Savonarola wurde 23. Mai 1498 hingerichtet, nach
dem Urtheile Alexanders VI. als Ketzer, nach der Meinung seines
Ordens und seiner zahlreichen Anhänger als Zeuge der Wahrheit.
Im 16. Jahrhundert wurde in italienischen Dominicanerklöstern an
seinem Todestage ein Officium von ihm als einem Märtyrer gebetet,
und Personen, welche selbst zu Rom heilig gesprochen wurden, wie
Philipp Neri, Franz von Paula, Katharina Ricci, haben ihn als Hei-
ligen verehrt'). — Ueber seine Schriften, von denen einige schon
bei seinen Lebzeiten gedruckt wurden, sagt das Urtheil nichts; Ale-
xander VI. soll sie aber verboten und unter Androhung der Ex-
communication ihre Ablieferung an den Erzbischof von Florenz be-
fohlen, später jedoch ihren Wiederabdruck gestattet haben *). Jeden-
Conlatus an Montesius d. d. Rom 1529 (von flutten?), wonach das Manu-
Script aus der Vaticanischen Bibliothek stammt. Banmg. I, 422. Einige
andere Schriften waren schon 1521 gedruckt.
1) R.-E. 3, 248.
2) Baumg. I, 427. Clement VII, 170.
3) Döllinger im Hist. Jahrb. 1871, 356. Auch Julius II. hielt ihn
für einen Heiligen. Unter Clemens VIII. (1592—1605) wurden zu Rom
Bilder von ihm mit dem Heiligenschein und mit der Bezeichnung B. M.
(Beatus Martyr) verkauft. Quetif I, 884. Arch. stör. 2. S. 12, 2, 167. Das
Officio proprio per Fra Gir. Sav. e i suoi oompagni scritto nel sec. 16.
ist zuerst von Carlo Capponi mit einer Einleitung von Carlo Guasti zu
Prato 1860 (2. Ed. 1863) herausgegeben. — Benedict XIV. De Beatif. 3,
15, 17 erörtert die Frage, ob es eine Sünde sei, zu Sav. zu beten, und
erwähnt dabei, dass Philipp Neri ein Bild desselben mit dem Nimbus in
seinem Zimmer hatte, und dass der Brief des Franz von Paula nicht, wie
Papebroch behaupte, unecht sei.
4) P. Villari, Savonarola, übers, v. M. Berduschek ü, 310.
Savonarola. 869
falls wurden sie in den ersten Decennien des 16. Jahrh. wiederholt
gedruckt. Bei der Ausarbeitung des Index Pauls IV. wurde in
mehreren Sitzungen der Inquisition darüber verhandelt: Francis-
caner, Karmeliter, Augustiner und Jesuiten traten als Gegner Sa-
vonarola's auf, einige Dominicaner vertheidigten ihn, namentlich
der Mag. S. Pal. Piero Paolo Giannerino (t 1550) und sein Nach-
folger Daniel Bianchi von Crema und Paolino Bemardini *). Paul IV.
war geneigt, seine sämmtlichen Schriften zu verbieten, und soll, als
eine von vier Cardinälen gemachte Zusammenstellung der bedenk-
lichsten Sätze aus denselben vorgelesen wurde, auf den Boden stam-
pfend gesagt haben: „Das ist ja Martin Luther; das ist eine pesti-
lentialische Lehre**. Schliesslich wurden von P. in den Index ge-
setzt: Dialogo della verita (prophetica, 1497 gedruckt) und 15 ein-
zelne Predigten aus den Jahren 1496 — 98, darunter auch die An-
rede vor der Feuerprobe^).
In Trient kam die Sache wieder zur Verhandlung. Im Tr.
wird bestimmt: „Die früher im Rom. Index verbotenen Sermones sollen
nicht gelesen werden, bis sie nach den Censuren der Commission
emendirt erscheinen** (folgt das Verzeichniss wie bei P.). Die Com-
mission hatte also eine Expurgation genehmigt; diese war von dem
Erzbischof von Palermo, einem Minoriten-Conventualen, gemacht
worden und sollte dem General der Dominicaner zugestellt werden.
Dieser erhielt sie aber nicht und 1598, als der Dorainicaner-Cardinal
Michele Bonelli, Neffe Pius* V., mit Genehmigung Clemens' VIII.
eine Gesammtausgabe der Werke Savonarola's veranstalten wollte,
— auch Philipp Neri interessirte sich dafür, — wurde sie in der
Engelsburg, wo die Acten des Concils deponirt waren, und bei der
Inquisition, welcher Foreiro die auf den Index bezüglichen Papiere
übergeben hatte, wie es scheint, vergebens gesucht. Card. Bonelli
1) Quetif. II, 167. 190. Discorso sopra la dottrina e Popere del R.
P. Fra Gir. Sav. fatto in Roma sotto il P. Paolo IV. alla presenza delli
Card, della S. Inq. dal P. Paulino Bcrnardino da Lucca 1658, abgcdr. im
2. Bande der Vita Hier. Sav. auct. Jo. Fr. Pico Mirandulae Concordiaeque
Principe . . additionibus . . aucta per Jac. Quetif. Par. 1674, 3 vol.
12. Quetif. II, 747. Ein angesehener Dominicaner hatte Savonarola als
Ketzer dargestellt : Discorso del Rev. Fr. Ambrosio Caterino Politi contra
la dottr. e le profezie di Fra 6. S., Ven. 1648 (früher lat., die Ueber-
setzung dem Card, del Monte, dem spätem Julius III., gewidmet). Ueber
andere Streitschriften s. Fontanini II, 150.
2) Seit Ben. sind die Titel der Predigten italienisch gegeben und
etwas vervollständigt, z. B. Predica sopra PEsodo II. sopra una certa
scomrounicazione; vgl. Villari II, 193; von den Prcdiche sopra Ezechiel
ist die 41. (durch ein Versehen) weggelassen. Ueber den Dialogo s. Villari I,
236, über die Essortazione (vor der Feuerprobe) II, 233.
Benaoh, Index. 24
370 Clomangcs. Savonarola. Geiler.
starb 29. März 1598, und die Ansgabe kam nicbt zu Stande*). Die
betreffenden Schriften Savonarola'ß stehen noch heute mit d. c. im
Index ^).
Seit P. steht im Index eine Schrift von einem Schüler Savonaro-
la's, dem Dominicaner Luca Bettini, worin alles auf die Kirche be-
zügliche Prophetische aus seinen Schriften zusammengestellt ist:
L'oracolo della renovatione della Chiesa [secondo la dottr. del R.
P. Gir. Sav., per lui predicata in FirenzeJ, Ven. ir>36 und 1543^).
— 1837 wurden auf den Index gesetzt: Opere inedite di Fra Gir.
Savonarola, vel alio titulo : Libri cinque dell' Italia, cujus initium :
Deir Italia 1. I. I principi.
Geiler von Keisersberg steht bei P. in der 1. Cl. als Jo.
Cheysersbergensis und Jo.Keyserspergius. Woher der Name stammt,
ist nicht ganz klar, wohl nicht aus Flacius' Catalogus*), in dem er aller-
dings als Jo. Keisersbergk und Keisersbergius steht, — denn eine Be-
nutzung des Catalogus durch P. ist überhaupt nicht nachzuweisen, —
wahrscheinlich aus dem auch sonst so fleissig benutzten Gesner. Dieser
nennt ihn zwar in dem betreffenden Artikel Jo. Geiler de Keisers-
perg (sonderbarer Weise sagt er: Geiler habe einige gute opuscula
geschrieben, die ihm aber nicht zu Gesicht gekommen, und : er lebe
noch; er war schon 1510 gestorben); aber ein anderer Artikel lautet:
Jac. Otther Nemetensis . . . collegit Jo. Geileri Keisersbergii Navi-
culam sive Speculum fatuorum. Adjecta est ejnsdem Geileri vitae
descriptio per Beatum Rhenanum; Argent. 151H. Sermones Jo. Kei-
1) Arch. stör. App, 8 (1860), 199. — 1603 ist noch einmal die Rede
davon. Der Card. Alex, von Este schreibt 25. Juli 1003 an einen P. Maestro
Tommaso zu Florenz: „Die Cardinalc der Index-Congregation erwarten
die Ihnen aufgetragene Expurgation (censura) der Werke Taulers [also
auch dieser sollte damals expurgirt werden] und Savonarola's, damit sie
gemäss den Regeln des Index approbirt werden." Nach einem Briefe eines
P. Paolo, d. d. Rom 6. Spt. 1623, scheint eine Gesa mmtausgabe, die dieser
zu Lyon herausgeben wollte, an buchhändlerischen Schwierigkeiten ge-
scheitert zu sein.
«
2) Bei Sand, werden dieselben Schriften wie im Rom. Ind. mit d. c,
bei Sot. unbedingt verboten; ausserdem steht in den span. Indices seit
V. 69 die Auslegung des Pater noster in span, Sprache (bei Sot. in jeder
Sprache). Sot. verbietet auch Jo. Fr. Picus Mirandula, De sententia
excommunicationis injusta pro H. Savonarolae innocentia. In dem span.
Index von 1790 steht von Savonarola nichts mehr.
8) Bettini hat auch das Proemio zu der Sammlung von Savonarola's
Predigten, Ven. 1533, geschrieben. Mazzuchelli s. v.
4) Wie ich in dem Artikel „Drei deutsche Prediger auf dem Index"
in Birlingers Alemannia 8, 24 vermuthet und wie dann auch Lit. Rdsch.
1881, No. 17 angenommen wird.
Geiler von Keisersberg. 371
flerspergü de oratione dominica ab eodem collecti, impr. Argent.
1510. Dieften Artikel hat P. sicher benutzt, — denn wir finden
bei ihm Jan. Ottheru« in der 1. Cl. und in der 2. Cl. Jac. Ottheri
Sermones. Item Speculum fatuorum, — und es sieht ihm schon
ähnlich, dass er, wenn er Otther für einen Ketzer hielt und Beatus
Rhenanus als Biographen Geilers erwähnt fand, auch diesen in die
l. Cl. setzen zu dürfen glaubte. — In Trient wurden Jo. Cheysers-
bergensis und Jo. Keiserspergius gestrichen, bezüglich Jac. Otthers
wurde nichts geändert. Ob man wusste, dass dieser sich der Re-
formation angeschlossen, und darum auch die von ihm herausge-
gebenen Predigten Geilers in der 2. Cl. belassen zu müssen glaubte,
oder ob man, was wahrscheinlicher, gar nicht daran gedacht, dass
es sich nicht um Schriften Otthers, sondern Geilers handelte, mag
dahin gestellt bleiben. Dafür, dass S. Jo. Cheysersbergensis wieder
in die 1. Cl. setzte, wird man nicht nach einem besondern Grunde
zu fragen haben: er hat auch manches andere, was man in Trient
gestrichen, wiederhergestellt, und wenn von Cl. vieles davon wieder
gestrichen wurde, so wird man das aus purer Nachlässigkeit bei
Geiler unterlassen haben. Wer aber einmal in dem Index Cle-
mens' VIII. stand, für den nulla erat redemtio. Selbst Benedict XIV.
hat nur weniges davon weggelassen, und es ist zweifelhaft, ob
irgend etwas (z. B. Georg Cassander in der 1. Cl.) absichtlich. In
unserm Falle hat Ben. den vollen Namen Geyler, Jo., Keisersber-
gius mit 1. cl. App. Trid. eingesetzt und darunter: Navicula s.
speculum fatuorum und Sermones a Jac. Otthero collecti mit Ind.
Trid.. und so steht noch heute im Index.
Possevin bespricht Geiler, ohne etwas davon zu sagen, dass
er im Index steht, — Sixtus von Siena und Bellarmin erwähnen
ihn nicht, — und wenn seit Flacius protestantische Polemiker ihn
unter den testes veritatis aufgeführt *), so haben katholische Schrift-
steller ihn von jeher, namentlich in der neuern Zeit mit Recht als
grossen Prediger und katholischen Reformator gefeiert, — durch-
gängig ohne es zu erwähnen, wahrscheinlich ohne es zu wissen,
dass er in der 1. Cl. steht, — und es sind wiederholt Schriften
von Geiler von Katholiken in deutscher Uebersetzung herausgegeben
worden. Erst der Trierer Domherr Ph. de Lorenzi, der 1881 an-
gefangen, „Geilers von Kaisersberg augewählte Schriften" heraus-
zugeben, ist, und zwar erst, als der 1. Band nahezu vollendet war,
darauf aufmerksam geworden 2), dass Geiler in der 1. Cl. stehe. Er
wandte sich darauf, wie er berichtet, unter Vorlegung des Gutach-
tens eines angesehenen Theologen an die Index-Congregation mit
der Bitte um die Erlaubniss zum Drucke seiner Ausgabe. Er er-
1) Wolf, Lect. mera., Jo. Francus, De Ind. p. 131, Conr. Dietherioi,
Cat. test. ver. Auct. p. 267; vgl. Clement IX, 95.
2) Ohne Zweifel durch meinen oben erwähnten Artikel ; vgl. Deutscher
Merkur 1881, 241.
872 Clemanges. Savonarola. Geiler.
hielt diese 12. Jan. 1881 mit der Auflage, in Gemässheit der Vor-
Bchriften Clemens' VIII. de correetione [vielmehr de impressione
librornm] § 7 von dem bestehenden Verbote der Schriften Geilers
und von der ihm ertheilten Druckerlaubniss auf dem Titelblatte und
in dem Vorworte Erwähnung zu thuen und die anstössigen oder
ausgeschiedenen Sätze des Autors anzugeben. Lorenzi weiss dann
freilich nichts anzugeben, was bei Geiler Anstoss erregen könnte,
als „verletzende Aeusserungen gegen kirchliche Obere und Gesell-
schaften, von denen er in seinem reformatorischen Eifer sich nicht
stets freigehalten." Der „Auflage", die ihm unter Hinweisung auf
die Instruction Clemens' VIII. gemacht worden, glaubt er dadurch
zu genügen, dass er auf das Titelblatt „Mit Druckerlaubniss der
h. Congregation des Index" setzt, was eine etwas sehr stark moder-
nisirte Uebersetzung der von Clemens genau vorgeschriebenen For-
mel ist: Bibliotheca a Conrado Gesnero damnato auctore olim edita
ac prohibita, nunc jussu superiorum expurgata et ])eniii8sa.
Die scandalöse Thatsache, dass die Index-Congregation bei dieser
Gelegenheit indirect Geiler als Auetor L cl. nochmals bestätigt hat,
hat zu allerlei unglücklichen Versuchen Veranlassung gegeben, es
zu rechtfertigen, dass er an diese Stelle gesetzt worden. Lorenzi
selbst meint: im Index ständen nicht nur häretische Schriften, son-
dern auch solche, die anstössige Sätze enthielten. Aber in der 1. Cl.
sollen nur auctores haeretici vel de haeresi suspecti stehen, und
von Savonarola z.B., bei dem sich viel „anstössigere" Dinge finden
als bei Geiler, sind nur einige Stücke verboten, und zwar seit Tr.
nur mit d. c. Ferner sagt Lorenzi : es seien Geiler auch Schriften
zugeschrieben worden, die nicht von ihm seien, und in seinen echten
Schriften hätten sich mehrere Herausgeber Aenderungen und Zu-
sätze der bedenklichsten Art erlaubt, und ein anderer Apologet des
Index meint: das Urtheil der Index-Congregation (die übrigens zur
Zeit Pauls IV. noch nicht existirte), habe sich nach den gefälschten
Schriften Geilers gebildet '). Aber dann hätte man die betreff'enden
Schriften und Ausgaben verbieten, nicht Geiler in die 1. Cl. setzen
müssen, und gerade die im Index namhaft gemachten Predigten sind
von Jac. Otther, dem damaligen Hausgenossen Geilers, unter dessen
Augen druckfertig gemacht worden*). Andere meinen. Geiler stehe
im Index wegen des Missbrauchs, den man mit seinen Schriften ge-
trieben'), die Censurirung sei, wie Dacheux es ausdrückt, une me-
sure präventive, destin^e h enlever k son nom l'autoriti, dont on
abusait contre l'^glise; aber dieser Zweck dürfte doch wohl nicht
das Mittel heiligen, einen Mann wie Geiler unter die ketzerischen
oder der Ketzerei verdächtigen Schriftsteller zu setzen.
1) Lit. Hdw. 1882, 109. 2) A. D. B. 8, tAS.
3) Katholik 1881, H. 451; vgl. Lit. Hdw. 1882. 109.
lialieu. Ileformatiousliteratur. 373
35. Italienische Reformationsliteratar.
In der 1. Ülasse steht seit Paul IV. eine Reibe von Italie-
nern, die sich als reformatorische Schriftsteller einen Namen ge-
macht und auch bei Gesner verzeichnet werden, daneben aber
auch andere, die Gesner nicht kennt. Diese und auch wohl die
meisten der bei Gesner stehenden haben die Compilatoren der
italienischen Indices, — sie stehen grossentheils auch schon in
den vor Paul IV. erschienenen, — ohne Zweifel aus den Acten
der Inquisition oder ihre Schriften aus eigener Anschauung ge-
kannt. In der 3. Classe stehen manche italienische Schriften,
deren Verfasser bekannt sind und wenigstens zum grossen
Theile von den Compilatoren der Indices hätten angegeben
werden können. Die allgemein bekannten reformatorischen
Schriftsteller werden im folgenden nur erwähnt, wenn sie zu
besonderen Bemerkungen Anlass bieten.
Antonio Brucioli gab zu Venedig 1530 eine Uebersetzung
des N. T., 1532 der ganzen Bibel heraus, 1542 — 46 Comniento su
tutti i libri deir A. e N. T., 7 Fol. (der 3. Theil ist dem Card.
Hippolyt von Este dedicirt). Ambr. Catharinus griff dieses Werk
in dem Compendio di errori et inganni Luterani, Kom 1544, scharf
an und sprach seine Verwunderung aus, dass man solche Bücher
drucken und verkaufen lasse. Brucioli wurde von der Venetianischen
Inquisition verfolgt und 1555 wurde , nachdem er abgeschworen,
verordnet, seine über den Glauben handelnden Schriften seien zu
verbrennen , er dürfe ohne Genehmigung der Inquisition nichts
drucken lassen und solle ein Buch schreiben, worin er alle in seinen
Schriften vorkommenden ketzerischen und verdächtigen Meinungen
zurücknehme. Dieses that er nicht. 1558 wurde er wieder ver-
haftet, aber gegen Caution freigelassen und unter die specielle Auf-
sicht der Inquisition gestellt; f 1566^). Im Med. und Ven. stehen:
Ant. Brucioli commentaria italica; seit P. steht er in der 1. Cl., bei
P. sein Bruder Francesco, bei dem seine Bibel gedruckt wurde,
unter den verpönten Druckern. — Der (pseudonyme) Massimo Teo-
Jilo Fiorentino, welcher zu Lyon 1551 eine im protestantischen Sinne
veränderte Ausgabe von Brucioli's Bibel und 1552 eine Apologie
derselben herausgab*), steht nicht im Ind. Dagegen steht seit S. Cl.
in der l. Cl. Philippus Rusticus (Rustici, Arzt aus Lucca), von
1) Riv. crist. 1875, 273; 1879, 1. 49. Mazzuchelli II, 2144. Schelh.,
Erg. I, 379. 663 ; U, 535.
2) Baumg. II, 103. Riv. crist. 1878, 505. Bocca 12, 27.
874 Italien. Rcformatiunsiiteratur.
dem zu Genf 1562 eine revidirte Ausgabe von Brucioli'ö Bibelüber-
setzung mit einer Einleitung über das Bibellesen erschien ^).
Von Augustinus Mainardus, f 1563 zu Chiavenna, steht
in der 3. Cl. Anatomia della messa . . . per Antonio d^Adamo, s. 1.
1552, seit Ben. unter diesem Namen*). — Von Bern. Ochino
stehen seit S. Cl. in der 2. Cl. Thomae de Senis conciones (seit
Ben. Fra Tomaso da Siena, Prediche), quae revera sunt B. Ochini.
Fra Tomaso, unter dessen Namen die Predigten gedruckt wurden,
war Bischof von Justinopolis (Capodistria). Das bei P. in der 3. Cl.
stehende Apologi etc. ist wohl der bis zur Unkenntlichkeit ab-
gekürzte (und wohl darum von Tr. gestrichene) Titel von Ochino's
Apologi nelli quali si scuoprano li abusi, schiocheze, superstitioni . . .
della sinagoga del Papa, 1554®). — Von Coelius Secundus Curio
sind die nur bei S. in der 3. Cl. stehenden Quattro lettere Chri-
stiane, 1552*). Sein Sohn, Coelius Horatius Curio, der 1564 als
Rath des Kaisers Ferdinand, also wohl als Katholik, starb, hat 1550
als 16jähriger junger Mann für seinen Vater drei Predigten des Ochino
u. 8. w. ins Lateinische übersetzt*). — Von Franc. N iger(Negri)Ba88a-
nensis steht in der 3. Cl. Tragoedia de libero arbitrio, erst seit Ben.
genauer Tragedia di F. N. B. intitolata: Libero arbitrio (ähnlich
schon Casa), 1547, 139 Bl.*). Zu Hieronymus Marius fügte
Cl. (aus G.) bei vel Massarius; dieses ist der eigentliche Name des
I Mannes; er war aus Vicenza, später Prof. der Medicin in Strassburg,
t 1564. Unter jenem Namen gab er heraus: Eusebius captivus s.
modus procedendi in Curia Eom. contra Lutheranos, 1553''), über
das Verfahren der Inquisition gegen einen angeblichep Eusebius
Uranius.
Im Ven. steht Hortensius Tranquillus (wozu Verg. beige-
fügt hat: Dalmata), im Köm. Ind. seit P. Hort. Tranq., alias Hie-
remias, alias Landius. Sixtus von Siena spricht ausführlich von
1) Baumg. IV, 98.
2) Die französische Uebersetzung Anatomie de la messe et du messel,
Genf 1556, ist von Calvins Sccretär Charles de Jonvillers (Carolus Jou-
villaeus in der 1. Cl.), eine latein. 1561 von Vergerio. Serapeum 1858, 77.
3) ßenrath, B. Ochino S. 379.
4) Schmidt, Vermigli S. 53.
6) Zts. f. bist. Tbeol. 1860, 615.
6) Bull, du Bibl. Beige 16 (1860), 5. Eine ausführliche Besprechung
der Schrift bei K. Werner, Suarez I, 286; sie beginnt aber: „Das Concil
von Trient crliess ein Verbot gegen ein 1558 zu Paris gedrucktes sati-
risches Libell" u. s. w. lieber Negris' Schrift De Fannii Faventini (Fanino da
Faenza, Riv. crist. 1880, 1) ac Dominici Bassauensis morte, qui nuper ob
Christum in Italia Rom. Pontificis jussu occisi sunt, 1550, s. Schelh.,
Erg. II, 29.
7) Clement VII, 367.
Italiener in der 1. Classe. 376
einem apostasirten Augustiner HortensiuB LanduH, der eine Sa-
tire gegen die Mönche unter dem Titel De persecutione barbarum
geschrieben, — sie ist durch S. aus Liss. 81 und Q. in den ßüm.
Ind. gekommen, aber (noch jetzt) als De persecutione barbarorum').
Ein Ex - Augustiner dieses Namens ist nicht weiter bekannt, wohl
aber ein Mediciner Ortensio Landi, der von 1534 an in Deutsch-
land und Frankreich, 1548 in Venedig lebte und der sich auch Hor-
tensius Tranquillus Landus nannte. Man hat diesen von dem Au-
gustiner unterscheiden wollen und vermuthet, letzterer, der Ver-
fasser der häretischen Bücher, habe Jeremias Landi geheissen ; aber
wohl mit Unrecht*). — Durch S. Cl. kam (aus Q,.) in die 2. Ol.
ein schon 1542 von Ortensio Landi herausgegebenes Buch: Jo. Petri
Petrosellani Liber convivalium sermonum*).
Von Jo. Valdesius, — es ist der Spanier Juan de Valdes,
der aber in die italienische Reformationsgeschichte gehört, — stehen
bei Casa drei anonym erschienene Schriften nach einander, die dann
durch P. in die 3. Cl. gekommen sind: Alphabetum christianum,
seit Ben. Alfabeto christiano che insegna la vera via d'acquistare il
lume dello spirito santo, (Ven.) 1546, Gespräche über religiöse
Fragen zwischen Vald6s und Julia (Gonzaga), — Modo di teuere
nell' insegnare & predicare il principio della religione christiaua,
Rom 1545, 3 Bl. 8, — Maniera di teuere u. s. w. (im Ven. und
seit P. im Rom. Ind. auch als Catechismus cui titulus: Qual maniera
u. s. w.), genauer: Qual maniera si devrebbe tenere a informare in
tino dalla fanciullezza i figliuoli de christiani delle cose della reli-
gione, s. 1. et a., wahrscheinlich vor 1545, 8 Bl. 8*). — Von der
1) Sixt. Sen. Bibl. 1. 5, a. 244. Der Schreibfehler findet sich auch
bei Bellarm. Controv. De membris Eccl. mil. 2, 40. Im span. Ind. steht De
pcrs. barbarum (Liss. 81: vel cum nomine autoris vel sine illo).
2) Tiraboschi VII, 800 und Poggiali, Storia Ictt. di Piaccnza I, 171,
unterscheiden zwei* Landi. Dagegen Fontanini II, 475. Ortensio Landi
nennt sich Tranquillo wohl als Mitglied einer Akademie zu Ferrara. In
seinen Dialogi de Cicerone kommt ein Jeremias Landi Eremita S. Aug.
als Interlocutor vor. Bei G. werden Hortensius Tranquillus und Hort.
Landi unterschieden und die religiösen Schriften jenem zugeschrieben.
8) Beigefügt sind Forcianae quaestiones (von Forci bei Lucca so
genannt) auctore Philalethc Polytopiense Cive, d. i. Ortensio Laudi. Vgl.
Melzi II, 335. Freytag, Anal. p. 668. Burckhardt, Cultur der Renaissance
II, 89. — Nur bei S. stehen in der 3. Cl. (aus Q.) Paradossi cioö sentenze
fuori del comun parere, 1548, von Ortensio Laudi. Fontanini II, 126.
Renouard, Ann. des Etienne p. 106.
4) Alfabeto ist mit spanischer und englischer Uebers. neu gedruckt
London 1861, — Modo di tenere ecc. mit vier anderen Tractaten herausg.
v. E. Boehmer; Sul principio della dottrina cristiaua cinque trattatelli
376 Italien. Reformationsliterator.
dritten Schrift erschien eine neue Ausgabe unter dem Titel: Latte
spirituale col quäle si debbono nutrire & allevare i figliuoli de
• Christ, in gloria di Dio, 1549; diese steht nur bei 8., mit fiber-
setztem Titel: Lac spirituale quo nutriri et educari debent filii chri-
stianorum in gloriam Dei 0* — Alphonsus de Valdis, Juans Bruder,
Secretär Karls V., steht nur im Yen. ; aber in der 3. Cl. steht seit
P. Dialogi di Mercurio & Caronte (Ven. Caronte dialogi, —
versi ex hispano wird von Yergerio beigefügt sein), wofür Ben. mit
Recht substituirt hat: Due dialoghi, 'Vuno di Mercurio et Caronte,
nel quäle si racconta quel che accad^ nella guerra dopo l'anno 1521,
Taltro di Lattanzio et di uno archidiacono [nel auale puntalmente
si trattano le cose avenute in Roma nell' a. 1527] ; denn diese ita-
lienische Ausgabe war seit 1546 wiederholt gedruckt. Der 2. Dia-
log ist von Alfons nach dem Sacco di Roma geschrieben, um den
Kaiser zu vertheidigen und zu zeigen, dass die Katastrophe ein
Strafgericht für das päpstliche Rom sei. Alfons wurde, als der
Dialog in Abschriften in Spanien bekannt wurde, von dem ersten
Secretär des Kaisers, Juan Aleman, bei dem päpstlichen Nuncius
Baidasare Castiglione als Lutheraner denuncirt; auch wurde von dem
Inquisitor Manrique ein Process gegen ihn eingeleitet, dieser aber
nicht zu Ende geführt, wahrscheinlich weil Alfons Spanien verliess
und bald darauf starb. Gedruckt wurde der Dialog zuerst in Italien
1529, wahrscheinlich von Juan corrigirt und zusammen mit dem von
diesem (wahrscheinlich unter Mitwirkung Alfonso's) verfassten ersten
Dialog, beide spanisch^).
evangelici di Giov. Valdesso, 1870, — Maniera ecc. abgedr. Riv. crist. 1882,
4—13.
1) Riv. crist. 1882, 3. Es gibt oino lat. Uebersetzung von Yergerio:
Lac spir. pro alondis ao educandis christ. pueris . . . Muuusculum Yergerii,
1564; aber S. hat nicht diese gemeint. — Lac fidei, 1. sie iuscriptus,
Genevae vel ubicuuquo impr. bei S. ist die in den «pan. Ind. stehende
Schrift Leche de la fe. — Die mit Valdes' Namen erschienenen Schriften
stehen nicht im Rom. Index, im span. Ind. seit Y. 59: Commentario . . .
sobre la ep. a los Romanos, Yen. (Genf) 1556, und seit Q. Com. . . . sobre
la prim. ep. . . . ä los Cor. . . . Compucste por Juan W., pio y sinoero
theologo, 1557.
2) F. Caballero, Alonso y Juan de ValdSs, 1875. Pelayo, Hetero-
doxos II, 96. Eist. Zts. 89 (1878), 98. Die Actenstücke über die Yerhand-
langen in Spanien bei Caballero p. 861. Castiglione tadelte die Angriffe
auf den Papst und einige der Ketzerei verdächtige Sätze ; Alfonso gab zu,
dass er in dem ersten Punkte zu weit gegangen; bezüglich des zweiten
berief er sich darauf, dass er seinen Dialog den Theologen Gattinara,
Coronet, Carranza, Yirues vorgelegt und dass sie nichts Ketzerisches darin
gefunden. Im span. Ind. steht seit V. 59 Dialogo de Mercurio y Caronte
seit Q. danach Dial. donde hablan Lact. u. s. w.
Italiener in der 1. Ciasse. Vergerio. 877
Julius Medio lanensis, Giulio da Milano, Augustiner in
Venedig, seitr 1541 wiederholt mit der Inquisition in Conflict, später
Prediger in Poschiavo, t 1572, nicht zu verwechseln mit Giulio da
San Terenziano, dem Famulus Vermigli's, steht auch als Hieron.
Savonensis, unter welchem Namen Predigten von ihm gedruckt sind,
im Index, schon bei Casa *). Von ihm sind auch die Pie & Chri-
stiane epistole di Gratia Dio de Monte Santo, die bei Casa und mit
latinisirtem Titel im Rom. Ind. (seit Ben. unter Monte stehen). Ver-
schieden davon sind Pie & Christiane epistole di un servo di G. C.
della fede, delle opere e della charitä, gleichfalls bei Casa und
lateinisch im Rom. Ind.
Petrus Paulus Vergerius steht auch mit zwei angenom-
menen Namen, unter denen er je eine Schrift herausgegeben, in der
1. Cl.: Larabertus de Nigro monte und Valerius Philarchus (S. 275.
276). In der 3. CL steht seit P. (noch jetzt ohne Name) eine An-
zahl von seinen vielen kleinen Streitschriften, bei denen er selbst
in seinen Ausgaben des Ven., aus welchem P. die Titel entnahm,
Verg. beigefügt hatte : Conseglio d'alcuni vescovi congregati in Bo-
logna [dato a P. Paulo per stabilimento della chiesa Rom. 1549];
die Versammlung in Bologna ist natürlich erdichtet ^). — Copia
d'una lettera scritta alli 4. di Gennaro 1550; Verg. spottet mit
Recht darüber, dass man diese 1 Bogen starke „Zeitung** verboten
habe, andere ähnliche und schlimmere Publicationen von ihm nicht*).
— Declaratione del jubileo (nell* a. 1550). — Discorsi sopra i Fioretti
di San Francisco^). — Disordine della chiesa. — I)ue lettere d'un
cortigiano nelle quali si dimostra che la fede ecc, 1550, 14 BL;
die in demselben Jahre erschienenen Lettere 3. e 4. stehen nicht im
Iudex ^). — Matrimonio delli Preti e delle monache, 1549. — Zu
diesen aus Ven. entnommenen Schriftehen fügte P. hinzu: Delle
commissioni & facultä che Papa Giulio II 1. ha dato a me Paolo
Odescalco [suo Nuncio & Inquisitore in tutto il paese de' Grisoni.
Atanasio], 1553, 48 Bl. 8'). — Delle statue & imagini [nell' a. D.
1) Leva, Carlo V., III, 371. 374. Riv. crist. 1881, 100. Schmidt,
Vermigli S. 37.
2) Vgl. E. Weller, üebersicht der litt. Thätigkeit des F. P. Ver-
gerio, Sorapcum 1858, 65 und 1866, 314.
3) Verg. gab das Schriftchen l 553 lateinisch heraus als Consilium
. . . Julie III. datum; so steht es auch in seinem Tomas 1. operum contra
Papatum f. 94 und bei Brown, Fase II, 641.
4) AgP Inquis. f. 23. Postr. Cat. f. 7.
5) Abgedr. in Biblioteca della Riforraa it., 1883, I, 21.
6) AgP Inquis. f. 23. sagt Verg., die Briefe seien von einem Freunde
an ihn geschrieben ; er hat sie aber herausgegeben und wahrscheinlich auch
verfasst.
7) Unter dem Namen Athanasius schrieb Verg. auch sonst; S. 219.
378 Italien. BeformatiunBliteratur.
1553], 14 S. 8*). — Giudicio sopra le lettere di XIII huomini
illuBtri [pubblicate da M. Dionigi Atanagi e] stampate nell' a. 1554,
1555, 3 B.; bei diesem Schriftchen wird seit Tr. Verg. als Ver-
fasser genannt^). — Modo e via breve di consolar quelli che stanno
in pericolo di morte^); Katio et methodus consolandi periculose
decumbentes u. s. w. wird der übersetzte Titel desselben Schriftchens
sein. — Precedentie alla Apologia della Confessione Wirtembergense,
1556, eine Uebersetzung der Prolegoniena der 1553 von J. Brenz
herausgegebenen Apologia Confessionis Wirtembergensis(S.256) gegen
die Assertio catholicae tidei des Petrus a Soto von 1552 *). — 8.
fügte noch hinzu : Oratione de* perseguitati & fuorusciti per l'Evan-
gelio und Oratio et defensio pro Vergerio, quoc. sermone edita; beide
wurden aber von Gl. gestrichen. — Es sind also nur verhältniss-
mässig wenige von Vergerio's anonymen und Pseudonymen Schrift-
chen in den Ind. gekommen und, was auffallend ist, keine von den
über die Indices handelnden.
An das Verbot von Vergerio's Schriftchen (seit P.): Alcuni
importanti luochi tradotti fuor dell' epistole latine di M. Francesco
Petrarcha con tre sonetti suoi e 18 stanze del Berna avanti il 20.
Canto, Basel 1555, 8^^), knüpft sich die Controverse, ob sich das-
1) Melzi III, 97; nicht bei Weller.
2) Schelh. Am. bist. II, 7. Die dem Card. Giulio della Rovere de-
dicirte Briefsammlung Delle lettero di XIII uom. ill. libri XIII, erschien
zu Kom und zu Venedig 1554. Fontanini I, 168. S. setzte sie als Literae
tresdecim [sie] virorum illustrium mit d. c. auf den Index; aber Cl. strich
sie. L'Estoile, Mem. XV, 440 sagt, diese Briefe zeigten, combien il est im-
possible d'amener messieurs les prelats de 1' Egl. Rom. ä une reconnaissance
et reformation.
8) Agl* Inq. f. 42 sagt Verg., er habe dieses Schriftchen geschrieben,
als er noch „fariseo 6 poco manco'^ gewesen; einen Theil davon habe der
Cardinal von Mantua (Ercole Gonzaga) vcrfasst, bei dem er sich damals
aufgehalten und der es seineu Inquisitoren vorgelegt habe.
4) Hartmann, J. Brenz S. 217. 236.
5) FonUnini II, 12. Bei Weller, Serap. 1858, 82 wird nicht diese
Ausgabe erwähnt, sondern Stanze del Berna con tre sonetti del Petrarca
dovo si parla dell' Evaugelio & della Corte Rom., (Tüb.) 1554. AgP Inq.
f. 34 sagt Vergerio, er habe vorher 12 Briefe Petrarca's bei Cr. Mylius
drucken lassen. — Die Stanzen von Franc. Berui gehören zu dessen Um-
arbeitung des Orlando Innamorato von Bojardo, welche zu Venedig 1541
in verstümmelter Gestalt erschien. Die Verstümmlung soll von Aretino und
der (Venetianisoben) Inquisition besorgt worden sein und letztere an den
„lutherischen^ Zusätzen Berui's, namentlich in den 18 Stanzen, Anstoss
genommen haben. J. A. Symonds, Renaissance in Italy. It. Lit. II, 874.
543. Leva, Carlo V., III, 345.
Italiener in der 1. Classe. Vergerio. 379
selbe auch auf die fraglichen Sonette Petrarca's selbst erstrecke;
Fontanini (II, 7) bekämpft ausführlich die Ansicht, dass die 4 oder
5 «scandalösen Sonette" nur in Vergerio's Schrift ^von der höchsten
Autorität" verdammt seien ; sie ständen zwar in mehreren im Kirchen-
staat erschienenen alten Ausgaben, sogar in der unter Mitwirkung
eines Hausprälaten Sixtus' IV. veranstalteten Kömischen Ausgabe
von 1473; aber Minturno, der als Bischof von Ugento 1563 in
Trient gewesen, bezeichne in seinem 1564 gedruckten Buche de arte
poetica zweimal die Sonette als verboten und sage, Faul IV. habe
gewollt, dass sie in den Ausgaben getilgt würden, und Bellarmin
sage, Paul V. habe das Weglassen derselben ausdrücklich befohlen,
wie sie denn auch in manchen Ausgaben nicht ständen. Im span.
Ind. werden seit Q. vier Sonette, in denen allerdings starke Aus-
drücke über die Curie vorkommen, ausdrücklich verboten; S. hat
dieses Verbot aus Q. herübergenommen *), aber Gl. hat es gestrichen,
so dass man sagen darf: Petrarca selbst steht nicht im Rom. Index.
Auch Pier Paolo's Bruder Jo. Bapt. Vergerius, der als
Bischof von Pola starb, steht in der 1. Cl. Er stand freilich im
Rufe eines Lutheraners und Pier Paolo selbst bezeichnet ihn als
Gesinnungsgenossen'); aber als Schriftsteller ist er nur bekannt
durch eine Esposizione ¶frasi sopra il Salmo 119: Beati u. s.w.,
1) Die vier Sonette werden auch in dem Enchiridion des Gregorius
Capuccinus (s. u. § 49) verboten. S. gibt die Anfangswortc derselben ; Dell'
empia Babilonia, Fiamma del ciel, Fontana di dolore, L'avara Babilonia.
Es sind No. 99. 105—7. Das letzte beginnt:
Fontana di dolore, albergo d^ra,
Scola d'errori e tempio d'eresia,
Giä Roma, or Babilonia falsa e ria.
In den Ausgaben Ven. 1548 und Lyon 1551 war noch ein boshafter Com-
mentar von Brucioli beigefügt. — Seit 1886 steht eine italienische Ueber-
setzung der Briefe Petrarca 's von Ferd. Ranalli im Index. — Bei Sot. (und
Liss. 1624) wird auch in De remediis utriusque furtunae 11. 2 eine Stelle
gestrichen und die span. Uebersetzung der Trionfi unbedingt verboten.
Possevinus meint, die Gedichte auf Laura fielen vielleicht unter die 7.
Regel des Index. Hätten die Compilatoren des Index das angenommen, so
würde Petrarca wie Boccaccio u. a. in der 2. Cl. stehen. — Von Vergerio
und später in dem Streit zwischen Raynaud und Casalas (Candor lilii
p. 531) wird auch die Angabe besprochen, dass Petrarca von dem Inqui-
sitor Marcus Piccnus de Solipodio bei Innocenz VI. wegen seiner Gedichte
als magus, sortilegus et haereticus angeklagt worden (Spondanus a. 1362,
n. 5). Raynaud sagt: Solipedius tanquam stolidus et bonarum disciplinarum
ignarus cxplosus est, non tarnen sine labore Petrarcha se purgavit.
2) Le Vergeriane del Mutio Justinopolitano, Ven. 1550, f. 96. Lettere
cath. del Mutio, Ven. 1571, p. 187.
360 Italien. Reformatiuuslitcratur.
die Pier Paolo 1550 mit einer Vorrede herausgab*). — Ottonellas
Vida, der auch in der 1. CI. steht, war mit Verg. befreundet, scheint
sich aber von ihm zurückgezogen zu haben, lebte wenigstens bis 1551
unangefochten als Beamter in Crema und Feltro ^). Er wird nur
als Uebersetzer eines Schriftchens von Vergerio bezeichnet '). —
Nur im Ven. stehen Franc. Grisonius und (Hieron.) Vida Justino-
politanus, die in dem Prooess gegen Verg. als des Lutheranismus
verdächtig bezeichnet werden*). — Nur bei S. steht (in der 3. Gl.)
Ludovico Kasoro all' Abbadessa [del mon. di S. Giustina di Veuezia
sopra un libro intitolato Luce di fede [stampato in Milano in laude
della messa], 1553, 3 B., von Verg. herausgegeben, wenn nicht ver-
fasst; er sagt, L. Rasoro sei früher Canonicus in Pola gewesen, dann
Prediger in Graubünden geworden*).
Wenn die Dialogi sacri des Sebastianus Castalio bei Q.
mit dem Zusätze: Seb. Cast. auctore vel sine nomine auctoris und
dann bei S. Cl. mit : sine nomine auctoris, qui tamen sunt Seb. Cast.
haeretici, verboten werden, so darf man daraus allein, da solche Zu-
sätze mitunter in den Indices ganz willkürlich beigefügt werden,
nicht (mit Placcius p. 107) schliessen, es habe eine Ausgabe ge-
geben, in der man aus Furcht vor der Inquisition den Namen weg-
gelassen. Alle bekannten Ausgaben (1545 u. s., auch Col. apud
Jo. Gymnicum 1576) sind unter Castalio's Namen erschienen. —
Castalio hatte 1558 bei Christoph Plantin in Antwerpen von der
früher mit Unrecht Tauler zugeschriebeneu, von einem Priester im
Deutschherrenhause zu Frankfurt im 14. Jahrh. verfassten, von Luther
1518 unter dem Titel „Eyn Deutsch Theologia" herausgegebenen
Schrift eine lateinische Uebersetzung herausgegeben: Theologia ger-
manica, libellus aureus, quomodo sit exuendus vetus homo induen-
dusque novus, ex germanico translatus studio loannis Theophili, zu
Lyon 1580 gedruckt als: Theologia mystica a pio quodam Ordinis
Dominorum Teutonicorum sacerdote, ducentis circiter abhinc annis
germanice conscripta et a Jo. Theophilo in latinum reddita*). Beide
Ausgaben wurden verboten, aber erst 1621. Und erst 4. Dec. 1725
1) Ser. 1858, 73. Bei GA. wird noch ein Tractatus de avaritia mi-
nistrorum ccclesiae papistioae von ihm angeführt.
2) Mutio, Vergerianc f. 166; Lottere p. 8. 35, bezeichnet ihn freilich
noch nach seinem Tode als Gesinnungsgenossen Vergcrio's. Verg., Agl'
Inq. f. 15 sagt, er habe einige Verse gegen Casa geschrieben.
3) Bulla Julii IlL Rom. Episc. qua concilium ad Kai. Maij rursus
fuit convocatum Tridentum cum commentariolo D. Vidae verso ex italica
lingua, 1551. IVs B. Am Ende der Ausgabe Tüb. 1553 steht: Verg. oom-
mentariolum hunc italice scripsit, at D. Ottonellus Vida latinum fecerat.
4) Riv. crist. 1873, 299.
5) Verg. all* Arcimboldo. D 2v. Ser. 1858, 77.
6) Ann. Plautin. p. 16. K.-L. 10, 875.
Italiener in der 1. Classe. 881
wurde verboten: De Christo imitando contemnendisque mnndi vani-
tatibns anetore Thoma Campeeio libri qnatuor. interprete Seb. Casta-
lione, die schon 1563 erschienene Bearbeitung der „Nachfolge
Christi", in welcher Castalio das Werkchen in seiner Weise in
besseres Latein gebracht (S. 203), zugleich aber durch Weglassung
des 4. Buches und durch Aenderung einiger anderen Stellen ver-
stümmelt, wie Lindanus sagt, aus einem katholischen Werke zu
einem ketzerischen gemacht hatte ^).
Von mehreren Italienern der 1. Cl. sind nur einzelne kleine
Schriften bekannt: Franc. Bettus (Betti), — er war Secretar des
Marchese von Pesciara, floh von Rom und starb im Ausland, —
gab 1557 eine Lettera al Marchese ecc. über seine Flucht heraus,
später zwei Streitschriften gegen Muzio, der ihn namentlich in seinen
Malizie Bettine, 1565, angrifft). — Von Felicianus de Civitella,
einem nicht weiter bekannten Observanten, ist ein ascetisches Schrift-
\ eben gedruckt, in welchem ich nichts Anstössiges gefunden*). —
• Franc. Lismaninus, Franciscaner aus Corfu, Beichtvater der Königin
von Polen, später Socinianer, hat fast nichts geschrieben^). — Von
(Jo.) Angelus Odonus, dem Venetianer Giannangelo Odonc, der in
Strassburg lebte, sind nach GA. in Basel Briefe an Gilbertus Co-
gnatus gedruckt. — Julius Dominicus Caramanius (Giulio Dom.
Gallo Caramagnese) gab 1551 eine ital. Uebersetznng von Calvins
La forme des priores et chants u. s. w. heraus, die als Forma delle
orationi u. s. w. in der 3. Cl. steht, und einen Catechismo degli
articoli della fede^). — Julius Caesar P., — Tr. fügte bei Calvini
interpres, Ben.: qui Calvini Institutiones in ital. linguam transtulit®),
1) Lindanus, Ruewardns, Col. 1567, p. 256. Sainjore III, 256.
2) Fontanini II, 486. Mazzuchelli II, 109L
3) Le tre giornate dello infallibile viagio del ciclo. Composto per
Frat« Feliciano da Civitella del Tronte al serviggio de semplici & catolici
christiani . . Ven. 1544* (München II.), 68 Bl. 12. Der Herausgeber, Aug.
Mustardo Reatino sagt, Fei. habe 1544 in Venedig unter grossem Zulauf
gepredigt. Das Schrifichen handelt über Credo, Vater unser und Dekalog.
4) Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 84. Ein Pole Andreas Patricius
schreibt aus Grodno an Hosius (Cyprianus, Tab. p. 867, das Datum fehlt):
Lismaninus habe ihm einen libellus über die Trinitat geschickt; er habe
versucht, ihn ad confessionem Concilii Tridentini revocare; sed hoc tem-
pore ita armis solis intenti sumus, ut ne unum quidem librum Concilii
Trid. in toto regis oomitatu possimus reperire, cum habeamus nobiscum
duos episcopos et plerosque pastores et dootores.
5) Bocca 12, 128.
6) Institutione . . . tradotta per Giulio Caesare P., Genf 1557. Cle-
ment VI, 92. Erst 1592 sind eine Psalmenübersetzung und Rime spirituali
von ihm gedruckt.
/
382 Italien. Reformationsliteratur.
— hie88 Paschale. Je. Aloysin« Paschalis, der auch in der 1. Cl.
steht, ist nicht der 1560 in Rom hingerichtete, sondern der Drucker*).
— Franc. Portus Cretensis hat nur philologische Sachen geschrieben,
— die hei Sot. mit dem Vorbehalt, dass er als Ketzer bezeichnet
werde, freigegeben werden, — Lactantius Ragnonus (Rangoni, Pre-
diger in Genf) nichts. Beide stehen in der l.Cl., weil sie vor der
Inquisition ins Ausland flohen*). — Von Hieronymus Galathens,
einem Observanten, der nach zehnjähriger Haft 1541 in Venedig
starb, ist nach seinem Tode eine im Gefnngniss geschriebene Apo-
logia a lo illustr. Senato di Venezia 1548 gedruckt'). Von Hieron.
Bassanus und Hieron. Cato Pisauriensis, die schon im Ven. stehen,
ist nichts bekannt; sie werden auch zu Venedig processirt worden sein.
Von Jo. Leonardus Sertorius (Pedemontanus) führt G. (und Fris.)
einige Schriften an. Seit S. Cl. steht daneben Jo. Leonis Nardi. Ben.
hat: Jo. Leonis Nardi qui et Jo. Leonardus Sertorius; die beiden
werden aber wohl verschieden sein, denn Gianleone Nardi wird als
Florentiner bezeichnet*). — Bei Gregorius Giraldus ist seit Cl. bei-
gefügt: alius a Ferrariensi, qui vocatur Lilius Gregorius. Die Be-
merkung stammt aus Antw. £xp. p. 153, wo von ein paar Büchern
des Lilius Giraldus Ferrariensis constatirt wird, dass nichts Anstössi-
ges darin vorkomme (bei Sot. werden einige expurgirt), und dann die
Bemerkung folgt: dieser scheine nicht der im Index stehende Gre-
gorius Giraldus zu sein, da dieser nicht Lilius heisse, ein Name,
den jener zur Unterscheidung von ihm angenommen haben möge.
Es ist aber kein anderer Greg. Giraldus bekannt und wahrschein-
lich ist der Philologe durch ein Versehen oder wegen seiner Be-
ziehungen zu der Herzogin Renata von Ferrara durch P. in die 1. Cl.
gekommen. — Seit P. steht in der 3. Cl. Turricella. Ben. hat da-
für gesetzt: Lupano, Otto: Torricella, Dialogo delle statue, demonj,
spiriti (Mail. 1540). Otto Lupano, Lehrer der Rhetorik, ein Freund Cu-
rione's*), wird schon von Q. und Fris. als Verfasser bezeichnet.
Im Med. und Ven. steht Federicus (Verg. hat beigefügt Car-
dinalis) Fregosius de modo orandi. P. hat in der 2. Cl.: Frid.
1) S. o. S. 176. 267. Del N. T. di J. C. N. S. nuova e fedel tradnttione
dal testo greco . . . stampata di nuovo in compagnia di un' altra buona
trad. in lingua francesse . . per Giov. Luigi Paschale, 1555. Riv. crist.
1878, 506.
2) Sie werden beide im Compendium inquis. (S. 176) p. 274. 279
erwähnt.
3) Riv. crist. 1878, 18; 1881, 99. Bocca 12, 117.
4) Tirab. VII, 375. Nach Riv. crist. 1881, 227 ist ein Giov. Leonardi
Sertorio zu Turin im Gefangnisse gestorben, sein Sohn Nicoiao 1557 ver-
brannt. Seine anderen Söhne und seine Brüder flohen nach Genf; einer
der Söhne wird der bei G. und Fris. erwähnte sein.
5) Zts. f. bist. Th. 1860, 576.
Ital. Schriften in der 3. and 8. Classe. 883
Fregoßii Tractatus de oratione, de justificatione, de fide et operi-
bu8 et Praefatio in Ep. D. Pauli ad Rom. ; Tr. fügte bei : qui tarnen
falso illi creditur adscriptus. Dafür hat Ben. : Pio & christianiBsimo
trattato della oratione, il qnale dimostra, come si debbe orare;
Della ginstificatione, della fede e delF opere; Prefatione alla Lettera
di S. Paolo a' Komani, nnd zu den beiden letzten die Notiz: qnae
tarnen falso ei tribunntur. Das erste Schriftchen, zuerst Venedig
1543, 12, ist wirklich von Federigo Fregoso, der 1529 Cardinal
wurde und als Erzbischof von Salemo 1541 starb. Die beiden an-
deren sind Uebersetzungen von Schriften Luthers, die unter dem
Namen Fregoso's mit jenem Schriftchen zusammen gedruckt wurden *).
Apostolo Zeno (bei Fontanini II, 13) meint, nur diese Ausgabe sei
verboten, aber im Med. und Ven. und bei Ben. erstreckt sich un-
zweifelhaft das Verbot auch auf das echte Schriftchen allein.
In der 3. Cl. stehen noch zwei andere Schriftchen von Luther:
Opera divina della christiana vita [nuovamente stampata, s. 1. et a.,
38 Bl. 4] ist eine Uebersetzung von „Von der Freiheit eines Christen-
menschen", und mit De emendatione et correctione status christiani
ist ohne Zweifel „Sulla correzione dello stato cristiano, s. 1. (Ven.)
1533, gemeint, eine Uebersetzung von „An den christlichen Adel
deutscher Nation" von Bart. Fonzio *). — Libretto consolatorio a li
perseguitati per la confessione della veritÄ evangelica (Milano]545,
12; Riv. crist. 1882, 76) bei Casa, im Ven.: Libellus consolatori-
us pro laborantibus, nicht bei P. Tr., bei S. Lib. cons. ad eos qui
persecutionem patiuntur pro confessione ver. evang., vernacula lingna,
von Cl. gestrichen, ist nach Vergerio's Noten zu Casa von Urbanus
Rhegius, also Uebersetzung des Trostbriefs an alle Christen zu Hil-
desheim, die um des Evangeliums willen jetzt Schmach und Ver-
folgung leiden, 1531'), oder der lateinischen Bearbeitung desselben
von Jo. Irenaeus (S. 224). — Auch Dottrina verissima tolta dal cap. 4
a' Rom. per consolar le afflitte conscientie ist Uebersetzung eines
Schriftchens von Rhegius: Doctrina certissima et consolatio soli-
dissima atque firmissima contra desperationem propter peccata e 4.
cap. ad Rom., 1545. Nicht nachzuweisen sind: Espositione della
oration del Signore in voigare composta per un Padre no nominale
(schon Ven.), und Un brieve modo, quäl deve teuer ciascnn padre ecc.
Am meisten, mehr noch als das Summario (S. 104), ist in der
neuem Zeit besprochen worden die Schrift, welche bei Casa und im
Med. II beneficio di Christo, im Rom. Index TrattAto del ben.
di Chr. heisst (im Ven. ist der Titel übersetzt: Beneficium Christi,
und das steht auch bei P. Tr. neben dem ital. Titel). Sie ist zuerst
zu Venedig (1542 und) 1543 unter dem Titel: Trattato utilissimo
del beneficio di Jesu Cristo crocifisso verso i christiani, dann wie-
1) Tirab. VII, 1064. 1069. Vergerio, AgV Inq. f. 28.
2) Zts. f. K.-G. 1880, 467. 469.
8) Uhlhom, ü. Regius S. 175. 259.
884 Italien. Reformationslitcratur.
derholt gedruckt, bald auch in mehrere Sprachen fibersetzt wor-
den '). Der Verfasßer war nicht, wie man vermuthet hat, Aonio
Paleario, sondern, wie in dem Compendium inquisitonim p. 272 an-
gegeben wird, ein Schüler des Juan Valdis, ein Benedictiner Dom
Benedetto aus Mantua; M. A. Flaminio revidirte und überarbeitete
dessen Manuscript und vertheidigte auch das Büchlein gegen eine
1544 erschienene Streitschrift des Ambrosius Catharinus. Dasselbe
verbreitet zu haben, war einer der Anklagepunkte in dem Process
gegen Card. Morone. Im Par. 51 steht Du benefice de J. C. crucifie,
traduit del' Italien, Lyon 1546, bei V. 59: Tractado, cuyo titulo es
Tractado utilissimo del beneficio de Jesu Christo, en qualquier lengua
(seit Q. nur Tratado ut Cristo). Bei S. steht noch Tratt. ut.
del ben. di Gesu Cristo, con li misteri del Kosario, con Tindulgenze
in fine di P. Adriano alle corone de' grani benedetti, wohl eine
spätere Ausgabe mit den allerdings sehr heterogenen Zuthaten. —
Dass „binnen 6 Jahren in Venedig allein -60,000 Exemplare [Ver-
; gerio sagt 40,000] gedruckt wurden, eine Unzahl Ausgaben ander-
wärts erschienen und zu Rom haushohe Scheiterhaufen davon ver-
brannt wurden" (Kurtz, Lehrb. der K.-G. § 139, 13), sind starke
Uebertreibungen. Dass von diesem Büchlein, dem Sommario u. a.
nur noch vereinzelte Exemplare existiren, ist nicht allein der In-
quisition und dem Index zu imputiren; auch von den englischen
Ausgaben sind nur wenige Exemplare erhalten und von einer in Tu-
bingen 1565 gedruckten Ausgabe des Benefizio wie von der Vene-
tianischen nur eins.
In diesen Paragraphen darf auch Marcantonio Flaminio
eingereiht werden. Er starb zwar 18. Febr. 1550 zu Rom so, dass
selbst Caraffa von seiner Rechtgläubigkeit überzeugt war*), und
1) The Benefit of Christ's Death, probably written by Aonio Paleario
. . . With an Introdaction by Churchill Babington, 1555, enthält einen
Abdruck des einzigen bekannten Exemplars der Ausgabe Venedig 1643.
Eine englische üebersetzung hat John Ayre schon 1847 wieder abdrucken
lassen. Seitdem ist das Büchlein oft in verschiedenen Sprachen gedruckt
worden. Ueber den Verfasser s. Benrath, Zts. f. K.-G. 1877, 575. A. Pa-
leario hat eine Schrift mit einem ähnlichen Titel verfasst: Della pienezza,
sufficienza ed efficacia dclla morte di Christo. Die Schrift des Ambr.
Catharinus heisst: Compendio d'errori e d'inganni luterani oontenuti in
un libretto scnza nome de l'autore intitolato: Trattato utilissimo del
beneficio di Christo crucifisso.
2) ßromato II, 157 erzählt, als Flaminio die Sterbesacramente em-
pfangen, sei Caraffa mitgegangen und habe den Geistlichen veranlasst, den
Sterbenden zu einem Glaubensbekenntnisse, auch zu einem ausdrücklichen
Bekenntnisse des Glaubens an die Transsubstantiation aufzufordern; Fla-
minio habe das Bekenntnisss ohne Bedenken abgelegt; darauf sei der
General-Inquisitor, der ungesehen zugehört, hervorgetreten und habe sehr
M. A. Flaminio. 385
Card. Pole Hess ihn in St. Ivo begraben; aber er war, namentlich
wegen seiner engen Beziehungen zu Juan Valdes, während seines
Lebens verdächtig (im Compendium Inquisitorum p. 274 wird er als
Herausgeber des Benefizio, seductor Moroni, complex haereticorum
notirt) und wurde nach seinem Tode vielfach als Ketzer angesehen :
in dem Urtheil gegen Camesecchi (1567) wird er als der Ketzerei
verdächtig bezeichnet*) und von Laderchi (Ann. 22, 325) zu den
Ketzern gezählt; in Deutschland erzählte man sich sogar, Paul IV.
habe seine Leiche verbrennen lassen oder doch das beabsichtigt.
In seinem Index hat ihn Paul IV. nicht als Ketzer behandelt; denn
er hat ihn in die 2. Gl. gesetzt mit seinen Paraphrases et comment.
in Psalmos und Literae et carmina omnia. Im Tr. ist dieses ge-
strichen; S. verbot wieder die Paraphr. u. s. w. unbedingt, die
Literae et carmina mit d. c. ; Gl. strich dieses, und so steht seitdem
nichts von ihm im Index. — Flaminio gab zuerst eine (prosaische)
Paraphrasis in 32 Psalmos heraus, die Paul III. gewidmet ist,
Ven. 1538, dann In 1. Psalmorum brevis explanatio, Ven. 1545 (bei
Plantin in Antw. 1558), dem Gard. Aless. Famese gewidmet, mit
einem Privileg Pauls III. und des Senats von Venedig, dann Para-
phrasis in 30 psalmos versibus scripta, Ven. 1546, gleichfalls dem
Gard. Farnese gewidmet. Diese drei Arbeiten erschienen zusammen
Paris 1547 u. s. (Lyon 1561*). Sie sind bei P. S. an erster Stelle
gemeint 2). Die Garmina de rebus divinis erschienen zu Paris 1552
(mit der Paraphrasis und einem Briefe über Flaminio's Tod von
Petrus Victorius an Gard. Pole und dessen Antwort) und sonst;
die Briefe stehen in mehreren Briefsammlungen, in denen sie dann
in Ausgaben, die nach 1559 erschienen, weggelassen wurden').
freundlich mit Flaminio gesprochen. Schon danach ist das, was Came-
rarius von den Absichten Pauls IV. bezüglich der Leiche erzählt, als Fabel
anzusehen. — Ausführlich handelt „de religione M. A. Flaminii" Schelh.
Am. h. e. II, 87; vgl. Am. lit. X. 1156; XI, 1148.
1) Gibbings, Report . . on P. Camesecchi p. 9. 29.
2) Clement VHI, 363. Die Notiz bei Schelh. Am. lit. VH, 500,
Paul IV. habe das Buch dignum judicavit, qui cum auctore flammis abo-
leatur, ist nur eine etwas starke Paraphrase für: er habe es auf den Index
gesetzt.
3) In der 1. Ausgabe der Lettere di XIII nomini illustri (S. 378)
von 1554 stehen im 8. Buche Briefe von Flaminio. In einem Exemplare,
welches Schelh. Erg. I, 203 beschreibt, sind diese herausgeschnitten (und
ist der Name auf dem Titelblatte ausgestrichen), und in der Ausgabe von
1661 sind Briefe des Paulus Manutius dafür substituirt. In der Ausgabe
der Briefe des P. Manutius, Ven. 1558, kommt der Name Flaminius oft
vor, in der Ausgabe Ven. 1584 ist er weggelassen. Auch in den späteren
Ausgaben der von P. Manutius zuerst Ven. 1542 herausgegebenen Lettere vol-
Bensoh, Index. 25
386 Nichttheologische italienische Schriften.
36. Nichttheologische italienische Schriften.
Unter den nichttheologischen italienischen Schriftstellern,
die im Index stehen, bedürfen Machiavelli, Guicciardini und
Boccaccio eine eingehendere Besprechung. An letztern lässt
sich eine Uebcrsicht über die anderen unsauberen Novellisten
und Poeten, — sie gehören zum grossen Theile dem geistlichen
Stande an, — anreihen. Auch über die Verfasser astrologischer
und anderer abergläubischer Bücher kann hier das Nöthige ge-
sagt werden, weil sie grösstentheils Italiener waren.
Nicolaus Machiavelli (14G9 — 1530) iflt seit P. ein auctor
1. cl. (in den älteren Indice« steht er nicht), und gehört seit dem
Anfange des 17. Jahrh. bis jetzt zu den Schriftstellern, welche bei
den gewöhnlichen Ermächtigungen zum Lesen verbotener Bücher
ausdrücklich ausgenommen werden, also ohne specielle Erlanbniss
des Papstes nicht gelesen werden sollen. Er ist in Kom nicht von
Anfang an so übel angeschrieben gewesen. Angelo Maria Bandini
sagt in einer 1752 erschienenen Schrift, die für diese Aeusserung
auf den Index kam: Machiavelli sei bei Alexander VI. in Gnaden
gewesen; er habe sein Buch dem Fürsten Filippo Strozzi, dem
Neffen Leo's X., gewidmet, und dieser sei darüber nicht unwillig
gewesen, sondern habe von Mach.'s Ingenium eine so gute Meinung
gehabt, dass er ihn mit der Abfassung einer geheimen Denkschrift
über die Reformation der Republik Florenz beauftragt habe; auf
Befehl Clemens* VII. habe er seine Florentinische Geschichte ge-
schrieben und der Papst habe die Widmung derselben wohlgefällig
aufgenommen, auch dem Drucker der apostolischen Kammer, Ant.
Blado für Werke von Mach. (Discorsi 1531, Principe 1532) ein
Druckprivileg für zehn Jahre gegeben ; Mach.'s Schriften seien in
fast allen Ländern Europa^s lange gelesen worden, ohne dass man
ihn als des Atheismus verdächtig angesehen; erst 1552 sei er von
Ambrosius Catharinus [schon 1534 von Reginald Pole], dann von
Ant. Possevinus und Thomas Bozius scharf angegriffen und seitdem
seien auch vom Römischen Hofe seine Schriften gering geschätzt
worden *). Wenn Bandini sagt, noch Paul IV. habe Mach, geschätzt
gmri di diversi nobilissimi uomini „sind Briefe von einigen Autoren weg-
gelassen, welche seitdem von der Kirche verdammt worden waren, und
sind aus diesem Grund auch die Namen von Adressaten einiger Briefe
beseitig^.«* Fontanini I, 166.
1) Collectio veterum aliquot monimentorum, Arretii 1752, p. XLI.
Das Buch wurde gleich, 16. Mai 1753, mit d. c. verboten. Bandini Hess
Machiavelli. 887
und erst Clemens VIII. habe, „durch das Geschrei des Possevinus
und Bozius bewogen", ihn verboten, so ist das allerdings ein unbe-
greiflicher Irrthum. Der Umschlag in den Anschauungen der Curie
trat auch in diesem Punkte mit Paul IV. ein. — Unter Gregor XIII.
(1572 — 85) wurde über eine expurgirte Ausgabe Mach.'s verhandelt,
welche seine Enkel Nie. Machiavelli und Giuliano da* Ricci besorgen
wollten; über die Kxpurgation selbst scheinen sich diese mit der
Index-Congregation geeinigt zu haben, die Ausgabe kam aber nicht
zu Stande, weil die Congregation sich nicht damit begnügen wollte,
dass sie anonym erscheine, was die Neffen zugegeben, sondern ver-
langten, für Mach/s Namen solle ein anderer substituirt werden *). —
1782— 86 erschien zu Florenz eine neue Ausgabe, welche zwei Geist-
liche, Reginaldo Tanzini und Follini, Secretär des Bischofs Scipio Ricci
von Pistoja, nach den Handschriften besorgten, welche Ricci besass,
in dessen Familie der letzte Nachkomme Mach.'s hineingeheirathet.
Als an der Ausgabe gearbeitet wurde, stellte der Erzbischof Incontri
von Florenz auf Betreiben des Nuncius Tanzini darüber zu Rede,
darauf (in den Memoria per servire alP ist. lett. Tom. 3, Von. 1754, F. 2,
p. 29) eine Erklärung drucken, worin er sagt: die Index-Congregation
habe ihm auf seine Bitte den Grund des Verbotes mitgetheilt; demge-
mäss streiche er in der Vorrede drei Stellen, die oben angeführte über
Clemens VIII. und zwei Sätze, in denen Mach, als politiccs summus in-
staurator und politicorum omnium poßt graecos et latinos facile princeps
bezeichnet wird; was er sonst von Mach, gesagt, dem lege er keine grös-
sere Glaubwürdigkeit bei, als die Schriftsteller verdienten, aus denen er
geschöpft (er hatte speciell Reimann, Eist. Atheismi 3, 4, 14 citirt). Vgl.
Fontanini I, 217. — Innocenz IX. f 1691 hatte, wie Possevin erzählt,
eine Schrift gegen Mach, verfasst, die aber nicht gedruckt ist. Im Auf-
trage dieses Papstes schrieb der Oratorianer Bozio gegen ihn. Caspar
Soioppius schrieb 1615 „Machiavellicorum operum pretium" (nicht ge-
druckt), um zu beweisen, dass die Rom. Kirche gerecht und klug gehan-
delt, indem sie die Lectürc Mach.'s anfangs gestattete, dann verbot; er be-
richtet, die Jesuiten hätten zu Ingolstadt Mach, in effigie verbrannt. —
Sot. bezeichnet Mach, als atheus, sed superstitiosus, pseudopoliticus et im-
pius, quamvis visus sit voluisse videri christianus.
1) P. Villari, Nie. Machiavelli, II, 412. Villari hat ein expurgirtes
Exemplar der Ausgabe der Storie Fiorentine von 1551 gesehen, worin am
Schlüsse bemerkt wird, das Buch sei von den beiden Enkeln, dann „von
dem Theologen des Cardinais von Alexandria (Bonelli) im Auftrage der
Oberen" revidirt worden. Villari versetzt die Verhandlungen in das J.
1573; nach dem Briefe Pietro Vottori*s an Cardinal Sirleto vom 17. Mai
1578 (Clar. Italorum et Germ. Epp. ad P. Victorium, ed. A. M. Bandini,
Flor. 1758, I, p. LXXIIl) waren sie 1578 noch nicht abgebrochen.
388 Nichttheologische italienische Schriften.
woher er denn die ErlaubnisR habe, Machiavelli zu lesen. Eicci
schrieb nach Rom und erhielt für die beiden Geistlichen ohne An-
stand (gegen die Zahlung der Gebühr von 20 Lire) durch den Mag.
S. Pal. Mamachi die Erlaubniss, alle verbotenen Bücher, auch Ma-
chiavelli zu lesen. Der Nuncius schickte den Erzbischof auch zu
Ricci und bemühte sich persönlich bei dem Grossherzog Leopold,
das Erscheinen der Ausgabe zu hintertreiben '). Eine von zwei
Abati besorgte Ausgabe des Machiavelli war allerdings dem Index
gegenüber ein starkes Stück, und als Tanzini im August 1800 sich
mit der Curie aussöhnte, musste er ausser über seine Haltung in der
Affaire von Pistoja auch darüber seine Reue aussprechen^ dass er
den Machiavelli, „einen verdammten und proscribirten Schriftsteller**,
mit einer apologetischen Vorrede herausgegeben*).
Im J. 1605, noch unter Clemens VIll. wurde, fast 30 Jahre
nach dem Erscheinen, verboten: Commentariorum de regno aut quo-
vis principatu recte et tranquille administrando 11. 3 adv. Nie.
Machiavellum, mit der Motivirung : quod tamen falso asseritur, cum
ei faveat, — der sog. Anti-Machiavel des protestantischen französi-
schen Juristen Innocent Gentillet (er steht seit S. Cl. in der 1. Cl.),
— so noch jetzt im Index, obschon der Verfasser schon zur Zeit
Clemens' VIII. längst bekannt war*).
Ein jüngerer Zeitgenosse und Landsmann Machiavelli's, Fran-
cesco Guicciardini, 1482 — 1540, unter Clemens VIT. 1531 — 84
Govematore der Romagna, hinterliess eine Geschichte Italiens zu
seiner Zeit in 20 Büchern. Die Erben zögerten mit der Veröffent-
lichung wegen vieler anstössiger Stellen, die darin vorkamen*).
1561 erschienen zu Florenz die 16 ersten, 1564 zu Parma die 4
letzten, 1567 zu Venedig alle 20 Bücher; binnen 50 Jahren er-
schienen 10 Ausgaben und viele ITebersetzungen ^). — Eine 1566
gedruckte lat. Uebersetzung von Coelius Secundus Curio wurde von
S. Cl. d. c. verboten®). In allen älteren Ausgaben sind aber die
1) Potter, Ricci I, 34. 2) Civ. catt. 3, 10, 86.
3) Das Buch erschien zuerst französisch : Discours sur Ics moyens
de bien gouverner u. s. w., (Lausanne) 1576, lat. 1577. Eine deutsche
Uebersetzung von Georg Nigrinus, „Rogcntenkunst oder Fürstenspiegel",
1580, nennt Gentillet als Verfasser ; in der 2. Ausgabe von 1623 heisst der
Titel zuerst „Anti-Machiavellus d. i. Regentenkunst" ; 1630 erschien auch
eine lat. Ausgabe als Anti-Mach. Vgl. Placcius p. 834; Marchand I, 43.
Polenz, Gesch. des Calv. III, 286. — Die Bemerkung der Index -Congr. er-
läutert Possevin 16, 5: Ex antiquis historiis ducit quidem argument-a, qui-
bus Mach, oppugnatur, sed ubi Mach, catholicam oppugnat ecclesiam vel
ubi occasio se dat, facile Machiavellum blasphemando aequat et superat.
4) Tirab. VII, 899. 6) Ranke, Werke 34, 1.
6) Bei S. steht unter Fr. Guicciardini auch noch, was Cl. gestrichen :
Ejusdem Dicta et facta et Horae recreationis ; das sind die Detti e fatti
Guicciardini. Boccaccio. 380
stärkBten anticurialistischen Stellen ausgelassen, namentlich der über
die Entstehung der weltlichen Gewalt der Päpste handelnde Passus
im 4. Buche. 1569 erschienen dann zu Basel: Fr. Guicciardini loci
duo, ob rerum quas continent gravitatem cognitione dignissimi, ex
ipsius Historiarum libris 3. et 4. dolo malo detracti, nunc ab inter-
itu vindicati. Dieses Buch wurde bei der Ausarbeitung des Index
von S. Cl. übersehen, obsohon es bei Fris. steht; erst die Ausgabe
von 1602 wurde sofort 1603, noch unter Clemens VIII., verboten
mit dem Zusätze: Auetor inter haereticos 1. cl. rejicitur, — diesen
Zusatz hat Ben. gestrichen (auch in den span. Ind. steht er in der
2. Cl.). 1627 wurde dann auch die neue vollständige italienische
Ausgabe von Fr. Sansovino (Genf, Jacob Stoer 1621) verboten, und
1859 auch die Opere inedite illustrate da Gius. Canestrini et publi-
cate per cura dei conti Pietro e Luigi Guicciardini (Nachkommen
des Verfassers), Flor. 1857 ff., die allerdings sehr unkirchliche Stellen
enthalten *).
Das einzige Buch, welches Paul IV. mit einer dem später üb-
lichen donec corrigatur ähnlichen Formel verbot, ist Boccaccio*s
Decamerone: Boccatii Decades s. Novellae centum, quae hactenns
cum intolerabilibus erroribus impressae sunt et quae in posterum
cum eisdem erroribus imprimentur^). Die Trienter Index-Commission
trug, wir wissen nicht wem, die Expurgation auf, und so steht bei
piacevoli e gravi di diversi principi, filosofi e cortigiani, 1569, und L'hore
di recreazione (Facotien), 1565, die aber nicht von Francesco, sondern
von Lodovico Guicciardini sind.
1) z. B. I, 27: „Man kann nicht so viel Uebcles von dem Römischen
Hofe sagen, dass man nicht mit Recht noch mehr sagen könnte; denn er
ist eine Infamie, ein Exempel alles Tadelnswerthen und Schmählichen in
der Welt." Vgl. Civ. catt. 3, 12, 67. 577. Burckhardt, Cultur der Ren.
II, 236. Es sind 1857—67 zehn Theile erschienen; das Verbot von 1859
bezieht sich zunächt auf die beiden ersten.
2) Es waren seit 1471 viele Ausgaben erschienen; vgl. M. Landau,
G. Boccaccio, 1877, S. 147. Savonarola hatte 1497 den Decamerone mit
anderen Eitelkeiten verbrannt (Villari II, 107); aber wie man selbst in
streng kirchlichen Kreisen noch 1550 über Bocc. dachte, zeigt ein Brief
des fanatischen Inquisitors Girolamo Muzio (Vergeriane f. 169), worin er
erzählt, er habe zu Certaldo le venerabili ossa des Bocc. besucht, das
Haus, wo er gewohnt, und den Ort, „wo sein sterbliches Theil auf den
Tag der Unsterblichkeit harrt". — R. Simon (Sainjore IV, 3) sagt: Vos
savants, principalement vos predicateurs ont eu raison de presenter une
supplique al S. Padre, afin qu'on ne les privat pas de la lecture de Bocc.
qui est votre Ciceron pour le style; und er fügt bei, er habe bei der Lee-
türe der Geschichte des Trienter Concils von Pallavidni gefunden, dass
er den Bocc. gelesen und manche Wendungen aus ihm entnommen.
390 Nichttheologischc italienische Schriften.
Piu8 ly. : quamdiu expurgatae ab iis, quibus rem Patres coininiseruiit,
non prodierint. Cosimo I. von Toscana bemühte sich darauf, es
möglich zu machen, dass Bocc. „mit Rücksicht auf seine elegante
Darstellung von den der Eloquenz Beflissenen nach den gebühren-
den Correctionen gelesen werden dürfe.** Die Correction wurde von
vier Deputirten des Grossherzogs, zwei Geistlichen und zwei Laien,
und von der Kömischen CensurbehÖrde gemeinsam besorgt. Der
Mag. S. Pal. Manrique und der Beichtvater Pius' V., der Domini-
caner Eustacliio Locatelli, Bischof von Reggio, bezeichneten mit Gut-
heissung des Papstes 1571 die zu corrigirenden Stellen und danach
corrigirten die Deputirten zu Florenz eine Ausgabe von 1527. Diese
Correction wurde nach Rom geschickt und nach langer Correspon-
denz von den genannten kirchlichen Revisoren genehmigt '). Darauf
ertheilte Manrique als Mag. S. Pal. 8. Aug. 1572 die Druckerlaub-
niss, worin es heisst: Pius V. sei wiederholt von vielen Seiten um
diese Begünstigung dringend gebeten worden (importunato), die nun
Gregor XIII. gemäss den Anordnungen seines Vorgängers gewähre.
Man wollte die Ausgabe in Rom selbst durch Paolo Manuzio drucken
lassen, aber die Akademie zu Florenz remonstrirte dagegen, und so
erschien sie denn, mit Druck Privilegien Gregors XIII. und des Card.
Granvella als Vicekönigs von Neapel 1573 zu Florenz: II Decame-
rone . . . ricorretto in Roma ed emendato secondo Tordine del S.
Conc. di Trento e ricontrato in Firenze con testi antichi ed alla sua
Vera lezione ridotto da' Deputati di Loro Alt. Seren, (gewöhnlich
Edizione dei deputati genannt). Der Hauptherausgeber, Yincenzo
Bonghini schrieb zugleich im Namen der Deputirten : Annotazioni e
discorsi sopra alcuni luoghi del Decamerone, die schon 1573 ge-
druckt waren, aber erst 1574 erschienen, weil sie zur Approbation
nach Rom gesandt werden mussten, wo man einige Stellen strich,
die von der Betheiligung der Römer an der Revision reden, ob-
schon diese in der Ausgabe selbst constatirt wird *).
Man hat bei dieser Revision in Rom im allgemeinen nur die-
Beseitigung dessen verlangt, was gegen die Religion und die Geist-
lichkeit sei. So sind viele der schmutzigsten Stellen stehen ge-
blieben, wenn von Laien die Rede ist. Sonst wurden die Nonnen
in Edelfräulein, die Mönche in Zauberer verwandelt, die Äbtissin in
der 21. Novelle in eine Gräfin, der Priester Gianni in „einen ge-
wissen Gianni*, der Erzengel Gabriel in einen Feenkönig. Nur die
Novelle vom Teufel in der Hölle wurde aus Gründen des öflTent-
1) Fontanini II, 191. Mazzuchelli II, 1315. Eine authentische Ab-
schrift der Revision der Florentiner blieb in Rom und befindet sich in
der Albani'schen Bibliothek.
2) 6. B. Baldelli, Vita di G. Boccaoci, Flor. 1806, p. 804 theilt die
gestrichenen Stellen mit. In der Magliabecchi'schen Bibliothek befindet
sich das von Rom mit der Approbation des M. S. P. Paolo Constabili
30. Oct. 1573 zurückgesandte Exemplar.
Boccaccio. 391
liehen Anstände» geändert und die unverbesserliche 6. Novelle ge-
strichen, so dass ihrer nur 99 blieben *).
In Florenz fanden manche die Kxpurgation zu stark und
meinten, es seien auch Sachen gestrichen, die nicht scandalös seien.
Der Cardinal Ferdinand de' Medici bat den Msgr. Cirilli, mit dem
Papste über eine Milderung derselben zu sprechen. Aber andere
meinten, es sei nicht genug corrigirt*), und der Nachfolger Cosimo's,
Francesco, Hess durch Lionardo Salviati eine neue Revision vor-
nehmen. Auf Grrund dieser erschien 1582 eine neue Ausgabe, welche
Fontanini als castratissima bezeichnet^). 1588 erschien in Venedig
noch eine Ausgabe von Luigi Grotto Cieco d'Adria, in welcher
ganze Stücke von Novellen, ja ganze Novellen nach den Weisungen
der Venetianischen Inquisition geändert sind*). Alle diese Expur-
gationen fanden S. Cl. nicht genügend; während bei Sand. Sot. die
Ausgabe von 1573 erlaubt wird, steht bei ihnen der Decamerone
wieder mit donec expurgetur; so, da eine in Rom approbirte Aus-
gabe nicht erschienen ist, noch heute. Indess erschienen in Italien
fortwährend neue Ausgaben, ohne dass das Verbot erneuert worden
wäre^). — Andere Schriften von Bocc. stehen nicht im Index.
Die mit der Expurgation des Boccaccio beauftragten Florentiner
Deputirten wollten auch eine Auswahl der am wenigsten anstössigen
(le piü caste) von den 300 Novellen des Franc. Sacchetti (14. Jahrh.)
herausgeben ; es kam aber nicht dazu ^). Auf den Index kamen sie
1) Landau S. 152.
2) Darauf wird sich der Brief Vettori's an Card. Sirleto vom 6. Febr.
1573 (Epp. cd. Baudini, s. o. S. 387, I, p. LXV) beziehen, worin es heisst:
„Ich empfehle Ihnen die Säule unserer Sprache, ich meine das Hauptwerk
unseres Bocc, welches man, wie ich höre, aufs neue zerfetzen (lacerare)
will" u. 8. w.
3) Diese Ausgabe ist, wie Zeno angibt, oft nachgedruckt worden,
die von 1573 nicht: Salviati, fügt er bei, habe auch vieles geändert, was
mit den guten Sitten nichts zu thuen habe.
4) Cieco d'Adria schrieb 1579 an den Commissar der Inquisition:
nich verspreche Ihnen, so zu corrigriren, dass dadurch Gott Ehre, die
Kirche Geuugthuung, der Magister 8. Pal. Zufriedenheit, Bocc. Leben,
die italienische Sprache ihr zweites Licht erhalten wird" u. s. w. Mazzu-
chelli U, 1349.
5) Alf. Liguori (Theol. mor. App. ad 1. III. n. 11) sagt: verderb-
licher noch als der Roman de la Rose und der Pastor fido (s. o. S. 284)
sei über pestiferus Boccaoii (adhuc ille qui expurgatus dicitur et circum-
fertur), qui meo iudicio plus juvenibus nocere potest quam opera Lutheri
et Calvini.
9) Fontanini II, 195. Für die Charakteristik der folgenden Schrift-
steller verweise ich auf Burckhardt, Cultur der Renaissance, und J. A
392 Nichttheologisübe italienische Schriften.
erst 1729, als 1724 eine Gesammtausgabe erschienen war. Dagegen
stehen schon seit P. im Index die ebenso anticlericalen wie unsau-
beren Novellen von Massuccio (1476), ferner sämmtliche Schriften
des Pietro Aretino*) und Niccolo Franco's Sonetti contra l'Aretino
(1541). Des letztern Commentar zu den Priapeia wurde unter
Paul IV. gleich confiscirt und verbrannt. Dafür rächte er sich nach
dem Tode des Papstes mit der Feder; Pius IV. Hess das hingehen;
aber Pius V. liess ihn 1569 wegen dieser famosi libelli hängen. —
Femer stehen seit P. im Index Gedichte (seit Tr. genauer Ode,
sonetti, canzoni) von Lud. Pulci*), Trionfo angelico und Sonetti von
Marco Pagano, die Lettere von Anton Francesco Doni (1552) und
die lateinischen Gedichte von Franc. Franchini, Bischof von Massa,
die 1554 mit einer Dedication an den Card. Ranuccio Famese ge-
druckt waren*).
Die Carmina (ßime) von Aloisio Tansillo, die bei P. stehen,
sollen gestrichen worden sein, weil er in einer Canzone an Paul IV.,
Le lagrime di San Pietro, Reue über dieselben aussprach *) ; S. setzte
sie mit d. c. wieder ein, aber Cl. strich sie wieder. — Auch die
Gedichte von Casa (S. 214) und von Francesco Berni, dem Begrün-
der der burlesken Poesie, — er lebte lange in Rom im Dienste des
Card. Bibiena und Giberti's, als dieser Datar Clemens* VIII. war,
und starb 1535 als Canonicus in Florenz; die Gedichte waren auch
in Rom 1539 gedruckt, — wurden von Tr. gestrichen, von S. wie-
Symonds, Renaissance in Italy. Italian Literature, 1881. Von Massuccio
sagt Burckhardt II, 231: „Wenn man den Decamcrone und die Novellen
des Sacchetti liest, sollte man glauben, die frevelhaften Reden gegen
Mönche und Nonnen wären erschöpft; aber gegen die Zeit der Refor-
mation hin steigert sich dieser Ton noch um ein merkliches/
1) Es ist also unrichtig, wenn Gregorovius, St. Rom 8, 273 sagt:
„Die päpstliche Censur des 16. Jahrh. nach Leo X. verfolgte nicht die
abscheuliche Literatur Aretino's, aber Schriften des ernsten Flaminius und
Sadolcts Abhandlungen über die paulinischen Briefe wurden auf den Index
gesetzt.'' Sämmtliche Schriften Aretino's stehen im Index, also auch
die religiösen ; denn er hat auch solche verfasst (sie waren freilich danach).
Symonds, II, 394. 416. Im 17. Jahrh. wurden einige Schriften von Pietro
Aretino unter dem Namen Partenio Etiro herausgegeben; von diesen
kamen die Carte parlanti 1680 in den Index unter Part. Etiro mit Bei-
fügung des richtigen Namens.
2) Von seinem komischen Epos Morgante (1545), welches cose vili
cd erapie enthält, sind zu Florenz 1574 und 1606 Ausgaben erschienen,
die da quauto nelle precedenti si leggeva di poco religioso ed onesto» ex-
purgirt und approbirt sind. Fontanini I, 275. Es steht nicht im Index.
3) Toppi I, 90. U, 79.
4) Fontanini II, 332.
Novellisten uud Poeten. 393
der eingesetzt, von Cl. wieder gestrichen*). — Zu Gianbattista
Gelli's Capricci del Bottajo wurde im Tr. d. c. beigefügt, — S. fügte
auch seine Circe (10 Dialoge, 1550) bei, die aber Cl. wieder strich;
— so hat das Buch auch nach Ben. im Index gestanden, obschon
eine Ausgabe Ven. 1605 als corretta del P. Livio Legge, Teologo
diputato deir Ordine di San Agostino, bezeichnet wird ^) ; erst 12. Juli
1877 erklärte die Index-Congregation von einer Ausgabe Turin 1877:
Hoc opus nunc jussu superiorum expurgatum permittitur. — Auch
zu Laelii Capilupi Cento ex Virgilio [de vita monachorum, quos vnlgo
fratres appellant, 1543] fügte Tr. nonnisi expurgatus legatur bei.
Daneben steht seit Cl. Centones ex Virgilio Romae 1590 impressi
permittuntur ; diese Ausgabe') enthält aber jenen Cento nicht, und
die Notiz ist darum mit Recht von Ben. gestrichen.
Sixtus y. vermehrte die 2. Cl. um eine ziemlich grosse Zahl
von unsauberen italienischen Schriften in Versen und in Prosa ; aber
von diesen gingen nur einige wenige in den Index Clemens' VIII.
über, der gedacht zu haben scheint, dass einerseits das allgemeine
Verbot der Regel des Index genüge, anderseits eine irgendwie voll-
ständige Aufzählung dieser Sorte von Schriften nicht möglich sei.
So stehen freilich manche nicht im Index, die schlimmer sind als
die, welche darin stehen, wie z. B. die Novellen von Bandelli,
die nur S. hat*). — Cl. hat aus S. aufgenommen: Joviani Pontani
1) Fontanini I, 214. II, 92. Grcgorovius 8, 342. Font. I, 273 sagt
von Benii: Per le sue scandalose e buffouesche interpolazioni (des Bojardo
(S. 378) si rcndette meritovole della ceusura di chi presiedo alla chiesa
universale con suprema autoritä nelle cose della religioue e della morale
cristiana.
2) Fontanini II, 207. Auf dem Titelblatt der Capricci (Flor. 1648
u. 8. w.) ist beigefügt : uc'quali sotto dieci ragionamcnti morali tra il corpo
e Tanima si discorre di quauto dee operare Puomo per vivere sempre
felico, quieto e coutento.
3) Hippolyti, Laelii, Camilli, Alphousi et Julii Capiluporum carmina
et centones ex ed. Jo. Castalionis; vgl. Clement VI, 219. Der verbotene
Cento steht in Flacius Illyricus' Varia doctorum . . . poemata, 1556.
4) Matteo Bandelli war Dominicaner uud wurde 1550 von Heinrich
II. zum Bischof von Agen ernannt. Als solcher gab er 1554 drei Theile
seiner Novellen heraus („die noch heute jedes Freudenmädchen entzücken
können", Grcgorovius 8, 343). Quetifll, 156 sagt naiv: so lange er unter
der Obedienz des Ordens gelebt, habe er seine schmutzigen uud den eigenen
Orden lächerlich machenden Novellen nicht zu veröffentlichen gewagt,
und die Oberen würden es auch nicht gestattet haben ; sed cum juris plane
sui evasit (als Bischof), tum id sibi persuasit licitum. Es gibt übrigens
auch corrigirte Ausgaben von 1560 und 1566, in denen sogar die Correctoren
jeder Novelle il suo senso morale beigefügt haben. Font II, 201.
394 Nichttheologisohe italieoische Sühriften.
DialuguB Charon, Petrl Mochii (SeneiisiR) de cruciatu et exilio Cupi-
diDis dialugus (Par. 153(3) und mit d. c. Maccaronicorum opus Mer-
linl Coccai poetae Mantuani, ein seit 1520 oft gedrucktes komisches
£po8 des Teofilo Folengo (er war Benedictiner, ein Bruder des Exe-
geten Joh. Bapt. Folengius) in halblateinischen Hexametern (Fo-
lengo ist der Begründer der maccaronischen Poesie). Das Buch
steht noch jetzt mit d. c. im Index, obschon es expurgirte Ausgaben
gibt *). — Le piacevoli notti (unsaubere Novellen) von (t. Fr. Stra-
parola (1550) wurden von Cl. gestrichen, aber 1605 nachträglich
verboten ; ebenso 1603 II Pecorone di Giovanni Fiorentino (im 14.
Jahrb., 50 Novellen), nachdem 1600 eine neue Ausgabe erschienen
war. — Die obscönen und anticlericalen Novellen von Ant. Franc.
Grazzini, detto il Lasca (1507—83), wurden erst 1746 in den Index
gesetzt *), eine Sammlung der Trionfi, canti carnevaleschi u. s. w.
aus der Zeit des Lorenzo de'Medici, die schon 1559 gedruckt waren,
erst 1755, als ein von dem Abate Bracci besorgter Abdruck er-
schienen war**). — S. hat übrigens nicht alle Schriften dieser Ka-
tegorie aus eigener Initiative verboten, sondern theilweise die Ver-
bote aus Liss. 81 oder Q,, herübergenommen ^).
Die Bücher über Astrologie, Chiromantie und dgl. werden
seit P. allgemein verboten. Gleichwohl hat P. eine grosse Zahl der-
selben in die 2. Ül. gesetzt; von diesen wurden im Tr. manche weg-
1) Tirab. VH, 1461. Symonds II, 312. Clement VIII, 389. Ein von
Foutauini I, 327 als ^viel schlechter and scandalöser bezeichnetes '^ komisches
Epos Orlandino, welches Folengo 1527 unter dem Namen Limerno Pitocco
herausgab, — der Held ist ein Mönchsfeind und Haisonneur, — steht
nicht im Index, und es ist also unrichtig, wenn Burckhardt II, 46 sagt:
„Es fiel mit seinen lutherischen Ketzereien bald der Inquisition und der
künstlichen Vergessenheit anheim.'* — I cantici di Fidentio Glottocrysio
ludimagistro (Camilio Scrofa, 1572), ein pedantisches italienisches Gedicht
mit ridiooli latinismi (Tirab. VII, 1199. Serapeum 1851, 380) steht nur
bei S.
2) Seine 30 Novellen sind zu drei Cene (Soupers) geordnet. Im Index
steht nur La secunda cena, die Stambul (Florenz) 1743 erschien; die Aus-
gabe der anderen von 1756 wurde übersehen. Ginguenc, Hist. de la lit.
it. 8, 452.
3) Tutti i trionfi etc. Cosmopoli (Lugano) 1750. 2 vol. 8. Font. 11,94.
Melzi III, 181.
4) Dass unter Sixtus V. die Censur in diesem Stücke strenger war,
zeigt ein Brief von Torquato Bembo, worin er den Cardinal Farnese bittet,
die 1548 zu Kom mit einem Breve Pauls III. erschienenen Gedichte des
Card. P. Bembo vor der Inquisition zu retten (Arch. stör. N. S. I, 2, 206).
— Der Dialogo della bella creanza delle domie, der bei S. steht, ist nach
Astrologen u. dgl. 396
gelasscD , diese von S. grösstentbeils wieder aufgenommen und mit
neuen vermehrt; durch Cl. wurde die Zahl derselben dann wieder
sehr reducirt. Es sind meist Bücher von Italienern, die in den
letzten Decennien des 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrh.
gedruckt waren, von Antioco Tiberto, dem Neubegründer der Chiro-
mantie*), Aless. Achillini (Prof. in Bologna f 1512), Andreas Cor-
vus, Barth. Codes, Patricius Tricassinus *) u. s. w. Neben Italie-
nern findet sich auch eine Anzahl von Arabern in lateinischer Ueber-
setzung: Archandam, Abraham Avenaris, Albubather u. s. w. '). —
Jo. Lubicensis de Antichristo et de Messia Judaeorum, seit P. und
noch jetzt im Index, ist ein Pronosticon super Ant. et Jud. Messia,
an dessen Ende steht: Paduae calculatum per me Jo. de Lubec a.
1474.
Zu den Autoren dieser Classe gehört auch Lucas Gauricus,
von dem schon 1523 ein Prognosticon für 1524 mit einer Widmung
an Clemens VIT. gedruckt ist, der dann 1534 Ephemerides (Weis-
sagungen) für 1534 — 51 herausgab und in einem Briefe sich rühmt,
Paul III. das Pontificat geweissagt zu haben, der 1545 von diesem
zum Bischof von Civitate in Neapel ernannt wurde, 1550 aber nach
Rom zurückkehrte, t 1558. Bei P. und S. steht von ihm ein
Tractatus astrologicus (eine Sammlung von Nativitäten), den er 1552
herausgab und auf dessen Titelblatt er sich als Bischof bezeichnet*).
Einige dieser Autoren, die bei P. und S. stehen, von Tr. und
Cl. aber gestrichen wurden, sind später wieder in den Index ge-
kommen: so Annibal& Raimondi (Opera della antica et honorata
scienza di Nomandia, 1549, von der Weissagung aus den Namen)
und Joachim Fortius (er hiess Sterck) Ringelbergensis, ein Freund
des Erasmus^). Beide tauchen bei Alexander VII. wieder auf, und
Ben. wusste nicht, wann sie wieder in den Index gekommen ; denn
er citirt als Quelle nur den Index Innocenz' XL Bei Jo. Saxo, de
judiciis astrorum, der auch schon bei P. und S. steht, citirt er ein
Decret von 1624.
Font. II, 374 von Häretikern Pias V. oder Paul V. zugeschrieben, aber
schon 1529 u. s. gedruckt und von Alessandro Piccolomini verfasst.
1) Frey tag, Anal. p. 994.
2) Tirab. VII. 479. Freytag p. 1009.
3) Haly de judiciis bei S. ist Praeclarissimus liber oompletus in
judiciis astrorum, quem cdidit Albohazcr Haly filius Abcnragel, Ven. 1485.
Baumg. VIT, 137.
4) Tiraboschi VII, 480. Toppi I, 154. Clement IX, 87.
5) Paquot I, 442.
396 CoDsilium de emendanda £ccle8ia.
37. Das Consilinm de emendanda Ecclesia. [talienische
Theologen im Index.
Wohl kein in dem Röuiischcn Index stehendes Bücherver-
bot hat so viele nnd so gelehrte Discussionen veranlasst wie das
Verbot des Consilium de emendanda Ecclesia, welches eine von
Paul III. ernannte Commission von neun Prälaten, deren Vor-
sitzender Cardinal Contarini war und zu deren Mitgliedern auch
CaraflFa gehörte, im J. 1536 ausgearbeitet hatte 0. Dasselbe
wurde 1538 zu Rom in der Cameraldruckerei, wahrscheinlich in
wenigen Exemplaren, als Manuscript, gedruckt unter dem Titel :
Consilium delectorum cardinalium et aliorum praelatorum de
emöndanda Ecclesia. Noch in demselben Jahre wurde es von
Luther deutsch mit einer polemischen Vorrede, von Job. Sturm
in Strassburg lateinisch mit einem polemischen Sendschreiben
herausgegeben: Gons. . . . Eccl. Epistola Jo. Sturmii de eadem
re ad Cardinales caeterosque viros ad eam consultationem de-
lectos. Vcrgerio gab das Consilium wiederholt heraus, nach
der Thronbesteigung Pauls IV. 1555 unter dem Titel: Consilium
de em. Eccl. Authore Jo. Petro Carapha Neapel, olim Card.
Theatino, nunc sub Pauli IV. nomine Pontifice Romano *). Ver-
gerio machte auch gleich nach dem Erscheinen des Index vom
J. 1559 darauf aufmerksam, dass darin von Paul IV. das von
ihm selbst mitunterzeichnete Consilium verboten sei als Liber
inscrip. Consilium de emendanda Ecclesia. Dieses Verbot blieb
bis 1758 unverändert im Index stehen. Diese merkwürdige
Thatsache ist, wie gesagt, von Katholiken und Protestanten viel-
fach erörtert worden, am ausführlichsten in den Jahren 1745—51
von dem Card. Angelo Maria Querini einerseits und J. R. Kiess-
1) Die anderen Mitglieder der Commission waren Sadoleto, Regi-
nald Pole, Aleander, Federigo Fregoso, Giammatteo Giberti, der Abt Gre-
gorio Cortese und det Mag. S. Pal. Thomas Badia. Der Hauptverfasser
des Gutachtens wird Contarini sein. Brieger, G. Contarini S. 30. Das
Consilium ist oft gedruckt, u. a. bei Le Plat II, 596.
2) Serapeum 1858, 7U. Abgedr. bei Wolf, Lect. II, 398.
Consilium de emendanda Ecolesia. 897
ling und J. G. Schelhorn anderseits 0- Dieser Streit hat die
Folge gehabt, dass seit 1758 im Index steht: Consilinm de
emendanda Ecclesia. Cum notis vel praefationibus haereticorum.
Wenn bis dahin ohne diesen Zusatz einfach Consilium de emen-
danda Ecclesia im Index stand, so konnte das, wenn auch
Paul IV. wahrscheinlich ursprünglich nur eine ketzerische Aus-
gabe, und zwar die des Vergerio, hat verbieten wollen, nicht
anders wie als ein Verbot aller Ausgaben des Actensttickes ver-
standen werden.
Schriften von katholischen Theologen, die der Hinneigung
zur Ketzerei nicht verdächtig waren, finden sich im Trienter
Index in verhältnissmässig geringer Zahl. Die Vennehrung der-
selben ist einer der bemerkenswerthesten Fortschritte, welche
die Index- Gesetzgebung seit dem Ende des 16. Jahrhunderts
gemacht hat.
Die Ausrede, Paul IV. habe mit L. inscr. Consilium de emen-
danda Ecclesia gar nicht das fragliche Consilium gemeint, sondern
das Buch von Clemangis de corrupto ecclesiae statu oder Fr. Sta-
phylus' Consilium de reformatione ecclesiae oder irgend ein anderes*),
wird jetzt allgemein als grundlos anerkannt. Dagegen wird von
den Apologeten des Index noch jetzt gesagt: Paul IV. habe nicht
das Consilium selbst, sondern die mit häretischen Zuthaten versehe-
nen Ausgaben desselben verboten, wie ja auch mit Pontificii Ora-
toris legatio nicht die Instruction Hadrians VI., sondern die Nürn-
berger Ausgabe derselben verboten sei (S. 211). Man hat dabei
darauf hingewiesen, dass das Consilium selbst später oft in katho-
lischen Werken abgedruckt worden sei, dass es namentlich Natalis
Alexander in seine Kirch engeschichte aufgenommen, ohne dass die
Eömischen Censoren dieses Buches, die doch sonst viele Kleinigkeiten
monirt hätten, etwas darüber sagten (Zacc. p. 324). Card. Hergen-
röther behauptet ausdrücklich : Card. Querini habe gezeigt, dass
„bloss die hämisch verunstaltete Edition des Job. Sturm von 1538
verboten worden" (Lit. Rundschau 1879, 11). Aber das hat viel-
mehr Schelhorn Querini gegenüber erwiesen, dass Paul IV. nicht
bloss den Brief, den Sturm seinem Abdruck beigefügt, hat verbieten
wollen; in diesem Falle hätte er sagen müssen: Cons. . . . cum Jo.
1) S. besonders Schelhorn, De Consilio de em. Eccl. auspiciis Pauli
III .. . conscripto . . ad A. M. Card. Quirinum . . . Epistola und De
Cons. de ero. eccl. jussu Pauli III. P. R. conscripto . . . Epistola, beide
1748. Epistolae Ang. Mariae Quirini Card., Ven. 1756, p. 382.
2) Mansi in den Zusätzen zu Nat. Alexander 17, 604.
398 Oonsilium de emendanda Eoclesia.
Starmii epistola, oder: ,To. Sturmii ep. de Cons. u. b. w. , wie er
sagt: Consilium Pauli III. datum Imperator! cum Eusebii Pamphili
explicatione und Scholia in Epistolam Pauli IH. P. M. (S. 290).
Was P. zunächst gemeint hat, hat aber auch Schelhorn nicht er-
kannt und ist erst durch Zaccaria klar gestellt worden. In der
ersten, nicht publicirten Ausgabe des Index von P. vom J. 1557
stand: Liber inscr. Cons. de em. EccI. Authore Jo. Petr. Carapba
Neap. olim Card. u. s. w. Das sind die Anfangsworte des Titels
der Ausgabe von Vergerio von 1555, und diese hat also P. zunächst
verbieten wollen. In der Ausgabe des Index von 1559 wurden
mehrere Büchertitel kürzer gegeben als iu der von 1557, andere
wohl lediglich der Kürze wegen, dieser aber vielleicht darum, weil
Caraffa genannt war (S. 259). Wenn aber auch P. vielleicht auch
noch im J. 1559 nur die Ausgabe Vergerio's hat verbieten wollen,
alle Welt konnte das, was in dem Index dieses Jahres steht, zumal
es weder in Trient.noch in irgend einer spätem Index-Ausgabe bis
1758 geändert worden ist, nicht anders verstehen, als dass das Con-
silium selbst verboten sei. Querini selbst gibt das auch (Epist.
p. 402) halbwegs zu, wenn er sagt, er habe zeigen wollen: mit
Consilium sei entweder nicht das von 1536 gemeint oder nur die
häretischen Ausgaben desselben, namentlich die von Sturm, oder,
wenn es selbst gemeint sei, so habe das Verbot nur den Zweck ge-
habt, zu verhüten, dass man den Inhalt desselben als vom Papste
genehmigt ansehe zu einer Zeit, wo man in Rom schon beabsichtigt
habe, die Reformation der Kirche dem Trienter Concil anheimzu-
geben. Wäre dieses das Motiv gewesen, so hätte man freilich das
Consilium in Trient streichen können. Das Actenstück ist ohne
Zweifel im 16. Jahrhundert der Curie unbequem genug gewesen,
um die Unterdrückung desselben zu wünschen*), und dass später
der Abdruck desselben auch in katholischen Werken nicht bean-
standet wurde, spricht nicht dagegen.
Ben. hat stillschweigend aus dem Index entfernt das Schrift-
chen von Cochlaeus, das seit P. darin stand : Aequitatis discussio
super Consilio delectorum Card. u. s. w. Ad tollendam per generale
concil ium inter Germanos in religione discordiam, Lipsiae 1538*,
19 Bl. 4. Es stand im Index immer in der 3. Cl., obschon es mit
Jo. Sturmio Jo. Cochlaeus beginnt. Dass das Schriftchen eines so
eifrigen Vertheidigers der Curie in den Index kam, wird es wohl
nicht, wie Querini meint, dem Wunsche zu verdanken haben, über-
haupt die Discussion über das Consilium zu unterdrücken, son-
dern den Zugeständnissen, die Cochlaeus Sturm macht : ohne ein
freies Concil könne in Deutschland die Eintracht nicht wiederher-
1) Das Consilium steht in Carranza's Summa conciliorum in den Aus-
gaben von 1549 und 1B51, nicht mehr in denen von 1564 und 1601, in
der Concilionsammlung von Crabbe von 1551, nicht mehr in der von
Surius 1567.
Cochlaeus. ßaptista Cremensis. 899
gestellt werden, durch die Habgier der Geistlichen und die Nach-
lässigkeit der Prälaten seien Missbräuche eingeschlichen und dgl. ").
Eigenthümlich ist, dass P. nach dem Vorgange des Ven. Bap-
tistae Cremensis opera omnia verbietet; seit Tr. steht d. c. dabei.
Baptista (Orefici) von Crema war ein als Prediger und Beichtvater
sehr angesehener Dominicaner ; er war u. a. der Beichtvater des
Gaetano Tiene, des Stifters des Theatinerordens. Es erregte An-
stoss, dass er sich an eine noch jugendliche Wittwe Lodovica To-
relli, Gräfin von Guastalla, anschloss und, um ihr Seelenffihrer zu
sein, und den Damen, die sich in Mailand um sie sammelten, Con-
ferenzen zu halten, ohne Erlaubniss sein Kloster verliess. Paul IV.,
damals noch Bischof Caraffa von Chieti, machte ihm Vorstellungen,
und Crema ging in das Kloster zurück, fügte sich aber nicht und
kam wieder nach Guastalla. Die Gräfin erwirkte bei Clemens VII.
ein Breve, welches seinen Oberen gebot, ihn in Ruhe zu lassen.
Diese machten Gegenvorstellungen und erwirkten ein anderes
Breve, welches ihm unter Androhung der Excommunication gebot,
in sein Kloster zurückzukehren. Er war krank, als dieses Breve an-
kam, die Gräfin verheimlichte ihm dasselbe, und er starb 1. Jan.
1534 in Guastalla, ausserhalb des Klosters, aber sehr fromm. Die Gräfin
gründete später die Frauen- Congregationen der Angeliken und Gua-
stallincn; sie wurde von den Theatinem unterstützt und stand bei
Paul IV. in grosser Achtung*). Nach Crema's Tode scheinen aber
einige unter seinen Anhängern eine bedenkliche Richtung einge-
schlagen zu haben. Paul III. beauftragte 26. Juni 1536 den Bischof |
Morone von Modena, der sich damals in Mailand aufhielt, und den
Provincial der Dominicaner, gemeinsam gegen die Conventikel ge-
wisser Vornehmen beiderlei Geschlechts zu Mailand einzuschreiten, »
quandam sectam quondam Fr. Baptistae de Crema nuncupatam tencntes \
et actualiter observantes, in qua multae haereses ab Ecclesia dam-
natae, praesertim Beghinarum et Pauperum de Lugduno nuncupatae
continentur, — eine pravitas a Satana seminata, die ausgetilgt wer-
den müsse (Rayn. a. 1536, n. 45). Wie viel in dieser Angabe über-
trieben und in wie weit Crema an den Verirrungen Schuld ist, ist
nicht klar. Melchor Cano sagt, seine Lehre sei in ' Rom verdammt
worden, weil er ein Alnmbrado gewesen, weiss aber nichts schlimmeres
von ihm zu sagen, als dass er ihn neben Tauler und Herp stellt •**),
und hat selbst eine spanische Bearbeitung einer Schrift von Crema,
1) Viel anstössiger noch als das Schriftchen des Cochlaeus wird in
Rom ein kurzer Brief gewesen sein, den Sadoleto 1539 an Sturm über
seine Ausgabe des Consilium schrieb und den Sturm mit einer längern
Erwiederung drucken Hess (beide abgedr. bei Schelh. Epist. II, 91 ; der
Brief Sturms von 1538 Epist. I, 51). In die Sammlung der Briefe Sado-
leto's, Lyon 1554, ist er nicht aufgenommen. R. Simon, Lettres I, 167.
2) Bromato, Vita di Paolo IV. I, 201. K.-L. I, 842.
3) Caballero, M. Cano, App. 33. Vgl. Loci Th. 12, 10 p. 311.
400 Italienische Theologen.
«Der Sieg über sich selbst^, herausgegeben, vielleicht ohne zu wisflen,
dass Crema der Verfasser war *). — Neben Crema's sämmtlichen
Werken steht seit. P. im Index eine Apologia pro Baptista de Crema
von Seraphinus Firmanus (Serafino Aceto de Portis aus Fermo), einem
Canonicus regularis Lateranensis, der ein berühmter Prediger und
ascetischer Schriftsteller war*).
Seit P. steht in der 2. GL: Lucianus Mantnanus, Annota-
tiones in D. Jo. Chrysostomi in Ap. Pauli Ep. ad Rom. c^mmen-
taria. Der Verfasser, der Benedictiner Lucianus de Othonibus aus
Brescia, der 1546 in Trient war, gehörte zu den italienischen Theo-
logen, welche mit Rücksicht auf Luthers Lehre den Thomisten
gegenüber die Gnadenlehre der voraugustinischen, namentlich der
griechischen Väter zur Geltung zu bringen suchten. Sein Buch ist
so gründlich unterdrückt worden, dass €ard. Querini um 1750 selbst
in Brescia kein Exemplar mehr finden konnte^). — Eine ähnliche
1) Possevin erwähnt von Crema eine italienische Uebersetzung der
Vita S. Placidi. Die oben erwähnte Schrift ist nach Caballero p. 390 1530
erschienen, 1646 ein Auszug daraus von Serafino. Cano's Tratado de la
victoria de si mismo, traducido del Toscano, 1650, meint Caballero, werde
eine freie Bearbeitung dos zweiten Buches sein, nicht des ersten, da Cano
gewusst, dass Crema „de mala nota" war; das Buch von Cano sei nicht
verboten, weil es keine Uebersetzung sei oder weil man nicht gewusst,
woher es stamme.
2) Mich. a. S. Josepho IV, 151. Possev. s. v. Seraphinus. Er schrieb
auch eine Enarratio in Apoc. Seine ascetischen Schriften wurden von
seinem Ordensgenossen Oaspar Placentinus ins Lateinische übersetzt, Antw.
1581. Durch Serafino*s Predigten sollen die Gründer des Bamabiten-
Ordens bestimmt worden sein, die Welt zu verlassen. K.-L. I, 2031.
3) Epistolae Card. Quirinii p. 198. Auch R. Simon (Sainjore I, 351)
konnte das Buch nirgends finden. Nach Fris. ist dasselbe 1538 zu Bres-
cia gedruckt und enthält es eine lat. Uebersetzung des Commentars von
Chrysostomus und eine Defensio contra eos, qui Chrysostomum divinam ox-
tenuasse gratiam arbitriique libertatem extnlisse aiunt. Sixtus Sen. 1. 6,
n. 231—236 bezeichnet Lucian als scholasticae theologiae expers et ob id
scholastici nominis perpetuus hostis, . . incptus et miserabilis homuncio.
In Trient ereiferte sich, wie in Massarelli's Tagebuch 20. Jan. 1546 (Döl-
linger, Ungedr. Berichte I, 287) berichtet wird, Soto gegen das Buch, in
welchem drei grosse Irrthümer enthalten seien: 1. aliqui dubitant, ignem
esse in inferno (Lucian antwortete dem Cardinal von Jaen, der ihn darüber
fragte, hinter ignem fohle corporeum), 2. dass die ohne Taufe gestorbeneu
Kinder non patiranno cosa alcuna, 3. quod bona nostra bpera sunt causa,
quod Deus praedestinat nos.
Verordnungen in Belgien 166Ö— 1670. 401
Richtung vertrat Jacob Sadoleto (er wurde 1536 Cardinal) in
seiner Erklärung des Römerbriefs. Die Sorbonne verweigerte ihm
1534 (er war damals noch Bischof von Carpentras) die Approbation
für das Buch'); in Rom wurde es 1535 als semipelagianisch von
dem Mag. S. Pal. J3adia verboten, aber in Folge der Intercession
des Card. Contarini wieder freigegeben unter dem Vorbehalt einer
Verbesserung. Die 1536 erschienene neue Ausgabe ist denn auch
nicht in den Index gekommen*).
In der 2. Cl. stehen seitP. noch: Jo. Pici Carthusiensis Para-
phrases et annotationes in Psalmos (wahrscheinlich Septem psalmi
poenit. TTapaq)pa(TTiKiü^ enarrati per Jo. Picum Cartusiae Divionensis
Priorem, Par. 1542) und Juliani Collensis De certitudine gratiae
Dei et salutis nostrae tractatus (bei S. von diesem auch Commentaria
in Cantica Canticorum).
38. Verordnnngen über Bücherweseo in Belgien
1560—1570.
Die unter Philipp IL in Belgien erlassenen Verordnungen
über Bücherwosen sind im wesentlichen nur Einschärfdngen
der Edictc Karls V. (S. 98). Unter den Milderungen der Pla-
cate, welche die Stände von Flandern 1566 beantragten, kommen
auch folgende vor: es mögen nur Bücher verboten werden, in
welchen direct oder indirect ketzerische oder irrige oder auf-
rührerische Sätze vorgetragen werden; das Verbot möge nicht
auf den Antrag der Theologen allein, sondern nach Anhörung
auch der Doctoren anderer Facultäten erlassen werden; den
Schulmeistern möge gestattet werden, alle nicht verbotenen
Bücher zu gebrauchen ; die Visitation der Buchläden möge unter
1) Arg. I ad Ind. p. VUI. In Par. 51 steht auch der Briefwechsel
Sadolets mit Calvin vom J. 1&S9 (Kampschulte, Calvin I, 862); aher nur
Calvins Brief wird verboten.
2) Tiraboschi VIII, 659. Leva, Carlo V. lU, 361. Der Jesuit
d'Avrigny, Mem. chronol. II, 211 sagt: Ich weiss nicht, ob nicht Sadolet
ein Molinist lange vor Molina war. In dem Commentar zieht er oft die
Erklärungen der ^echischen Väter, namentlich des Chrysostomus, denen
des Augustinus vor, dessen Ansicht er geradezu als hart bezeichnet. In
seinen Briefen geht er noch weiter.
BauMh, Indes. 26
402 Verordnungen in Belgien 1B60— 1570.
Mitwirkung von rechtskundigen Beamten stattfinden. Wie Alba
bei solchen Visitationen verfuhr, zeigt eine Verfügung vom
J. 1569: der Magistrat von Löwen solle an einem bestimm-
ten Tage, der nicht vorher bekannt werden dürfe, alle Buch-
druckereien und Buchläden versiegeln und dann der Weih-
bischof und der Franciscaner-Guardian die Untersuchung der
BUcher vornehmen; eine analoge Verfügung wurde für alle
Städte erlassen. In den Jahren 1566 und 1567 wurden in Ant-
werpen vier Drucker und Colporteure zu 4— 6jähriger Ver-
bannung, einer zu 6jähriger Galeerenstrafe verurtheilt, einer
gehängt ')•
Besonders bemerkenswerth ist eine Ordonnanz vom 19. Mai
1570^), worin imAnschluss an frühere Edicte und an „das, was
neuerlich das h. Concil von Trient verordnet hat", u. a. folgen-
des bestimmt wird: Der König wird einen Prototypographen
ernennen; diesem sind alle zu druckenden neuen Bücher vorzu-
legen und von den Censoren alle von ihnen approbirten oder
nicht approbirten Bücher anzugeben. Die Approbation zu er-
theilen steht gemäss dem Concil dem Bischof und dem Inqui-
sitor zu; jedes mit ihrer Genehmigung gedruckte Buch ist aber
dem Statthalter vorzulegen, der den Preis bestimmen wird.
Der Bischof, der Inquisitor und der Prototypograph dürfen
jederzeit die Druckereien visitiren, die Beamten müssen es min-
destens zweimal im Jahre thueu. Die Buchhändler müssen eid-
lich geloben, dass sie ohne Erlaubniss keine Bücher aus dem
Ausland einführen, Bibeln und Schriften über Controversen in
der Volksprache an niemanden, der nicht eine schriftliche Er-
laubniss hat, verkaufen und alle Ordonnanzen und „alles, was
von dem besagten Concil und in der demselben beigefügten
Appendix" (in dem Römischen Index und der belgischen Appendix
von 1570, s. § 40) verordnet ist, beobachten wollen. Die aus
1) Gachard, Corr. de Philippe IL, II, 91. BC5. 674. Bulletin du
Bibliophile Beige 16 (1860), 28.
2) Ordonnantie, Statuyt ende Gheboot provisiouael oub Heeren des
Conincx, aengaende de Printers, Boeck-vercoopers en de scholmeesten, im
Tweeden Placaet-Bouck (s. o. S. 112, N. 4) p. 8—16, französisch im Bull.
L c. p. 130.
Verordnungen in Belgien 1660—1670. 403
dem Ausland kommenden Bttcherballen dürfen nur in Gegenwart
der von dem Bischof und der Inquisition zu ernennenden Com-
missarc geöffnet werden; jedes aus dem Ausland kommende
Buch ist diesen vorzulegen. Durch ein Patent vom 10. Juni
1570 wurde dann Christoph Plantin zu Antwerpen zum Proto-w
typograpfaen ernannt 0-
Nach 1570 wurde auf mehreren Diöcesansynoden das Lesen
der in dem Trienter Index und der „königlichen Appendix" ver-
botenen (nicht expurgirten) Bücher verboten. Einzelne Bestim-
mungen der Trienter Regeln wurden speciell eingeschärft, auch
neue beigefügt, z. B. dass die Drucker und Buchhändler einen
Eid und alljährlich das Olaubensbekenntniss ablegen sollten;
eine Synode von Cambray von 1586 schrieb das Trienter
Glaubensbekenntniss vor; durch ein königliches Placat über die
Ausführung der Decrete dieser Synode wurde aber statt dessen
eine andere, kürzere Formel festgesetzt. Eine Synode von Tour-
nay von 1589 verbot auch den Buchhändlern, den Index libro-
rum haereticorum, der alljährlich auf der Frankfurter Messe und
anderswo feilgeboten werde, zu besitzen, geschweige denn an-
deren mitzutheilen, weil das Einsehen eines solchen Verzeich-
nisses den im Glauben Schwachen Aergerniss geben, ungelehrte
Neugierige irre führen könne*).
1) Compte rendu de la Commission d'hist. 2. S. t. 9, p. 208. Dem
Prototypographen stand auch die Prüfung derjenigen, die maitres et chefs
d'imprimerie werden wollten, und überhaupt die Aufsicht über das Drucker-
wesen zu. — Als Plantin 1562 in Geschäften in Paris war, druckten drei
seiner Arbeiter heimlich ein ketzerisches Schriftchen, Briefre instruction.
Eis wurde eine Untersuchung eingeleitet, Plantin freigesprochen, die drei
zu den Galeeren verurtheilt. Compte rendu 2. S. t. 11, p. 287. Im J. 1B78
wurde verordnet, von allen in Belgien gedruckten Büchern zwei Exem-
plare abzuliefern, eins gratis für die Bibliothek in Antwerpen, eins gegen
Bezahlung für die im Escurial. Gachard II, 197. 861. 410.
2) A. J. P. 6, 1730.
404 Lüttioher Index 1669.
39. Der Lfitticher Index Yon 1569.
Im Jahre 1568 erschien bei Henricus Hovius in Lttttich
ein einfacher Abdruck des Trienter Index ^), schon 1569 aber in
demselben Verlage eine Ausgabe, in welcher einzelne Namen
und Bücher in das Alphabet eingeschoben sind'), ohne dass
diese Zusätze irgendwie kenntlich gemacht wären. Auf dem
Titelblatte wird angegeben, die beigefügten Schriften seien im
Auftrage Philipps IL und durch ein Decret des Herzogs von
Alba und des königlichen Rathes verboten. Diese Ausgabe hat
keine grosse Bedeutung für die Geschichte des Index, da sie
schon 1570 durch eine andere ersetzt wurde.
Schon 1566 beauftragte Margaretha von Parma die Löwener
theologische Facultät, einen neuen Index anzufertigen. Diese über-
sandte der Statthalterin den Trienter Index mit einigen Znsätzen').
Vielleicht liegt diese Arbeit dem Lütticher Index zu Grunde. Wenn
Viglius 31. Dec. 1567 an Joachim Hopper nach Spanien schreibt,
er schicke „den verlangten Index*^^), so kann dieses wohl nur der
Lov. 58 sein oder allenfalls eine Abschrift der 1566 vorgeschlagenen
Zusätze.
Als Ueberschrift der l.Cl. steht in dem Lütticher Index : Au-
thornm nomina, quornm libri de religione aliquid tractantes impressi
vel imprimendi, quovis titulo, nominis vel cognominis transmutatione,
immutatione vel inversione et quavis lingua scripti, editi, translati aut
impressi fnerint, .prohibentur. In der 3. Cl. steht bei A.: Libri
omnes, qui post Conc. Trid. sine authoris nomine prodierunt, pro-
hibentur.
1) Index . . . comprobatuB (genau wie die Römische Ausgabe). Leo-
dii, impensis Houij 1568*. 68 S. kl. 8, dann noch 1 Bl. mit: Leodii typis
Gnalteri Morberij typographi jurati ad Pontcm Insulac sub intersig^io
Patientiae. Anno Dni 1568 (München Univ.).
2) Index . . . comprobatus. Vna cum iis qui Mandato Regiae Ca-
tholicae Maiestatis, et Illustriss. Ducis Albani, Gonsiliiq; "Regü Decreto,
prohibentur, suo quaeq; looo et ordine repositis. Leodii. Impensis Henrici
Houij. 32 nicht paginirte ßl. ; auf dem letzten Blatte: Leodii Typis 6ual-
teri Morberij . . . (wie oben). Anno Dni 1569*. (München Univ.).
3) de Ram, De laudibus, quibus veteres Lovanionsium theologi af-
ferri possunt, 1847, p. 31 (auch J. Molani Eist. Lov. ed. de Ram, 1861,
II, 916).
4) de Ram p. 30.
Antwerpener Appendix 1570. i05
Der Index ist sehr schlecht redigirt und sehr incorrect ge-
druckt. Es stehen z. B. in der 1. Ol. unter A: Alcuinus de trini-
täte (im Tr. in der 2. GL), Antichristus s. pronosticum de tine
mundi, Athanasius de vera et falsa £ccl., unter D: Doni Francisci
Antonii Lntheri (im Tr. in der 2. Cl. Ant. Franc. Doni literae). —
Zu einigen Namen des Tr. sind Zusätze gemacht: Gerardus Lori-
chius Adamarius, non is qui est apud Wicelium (S. 358); Jo. Aley-
dis, rex Monasteriensis; Jo. Fursterus (Forster), etiam Lexicon he-
braicum, quoniam praefatio sacrilega est. — Die meisten, nicht alle
beigefügten Namen und Schriften sind in den Antwerpener Index
von 1570 aufgenommen. Neben diesem hat er nur darum eine Be-
deutung, weil er einige Namen richtig gibt, die im Antw. bis zur
Unkenntlichkeit entstellt sind.
Das Lexicon hebraicum von Jo. Forster (1557) wird von i^,
und noch stärker von Bras. (p. 506 — 519) expurgirt, und zwar nicht
bloss die „sacrilegische" Vorrede, sondern auch das Buch selbst.
Bras. gibt sogar bei den meisten Stellen eine gründliche Motivirung
seiner Expurgation. Polemische Bemerkungen gegen die Vulgata
werden gestrichen, weil ex Concilio Trid. vulgata lectio tanquam
certa, sacra et authentica haben debet et omnes aliae reprobantur,
und Auetor epistolae ad Hebraeos ist überall in D. Paulus in ep.
ad Hebr. zu ändern, nam sie definivit S. Conc. Trid. et alio modo
citare sub dubio haeresis est, u. s. w.
40. Die Aotwerpener Appendix zum Trienter Index
Yon 1570.
Im J. 1569 wurde im Auftrage des Herzogs von Alba eine
reichhaltige Appendix zu dem Trienter Index angefertigt. Sie
wurde noch 1569 bei Christoph Plantin in Antwerpen gedruckt*).
1) Librorum prohibitorum Index ex Mandato Regiae Catholicae
Majestatis et Illustriss. Dacis Albani Consiliique Regii deoreto confectus
et oditus. Antwerpiae ex officina Christ. Plantini 1569. 40 Bl. 16. Auf
der Rückseite des Titelblattes: Regiae Majestatis auctoritate mandatum
est Christ. Plantino, ut hunc libr. prob. Indicem ejusdem R. M. et 111.
Ducis Albani Consiliique Regii deoreto confectum imprimeret et impres-
sum solus distraheret. So wird ein Exemplar dieses seltenen Druckes,
des ersten von Plantin gedruckten Index, in der K. Bibliothek zu Brüssel
in den Annales Plantin p. 93 beschrieben. In München (üniv.) sind zwei
Exemplare ohne Titelblatt, die den Indices von 1568 und 1569 (S. 404)
beigebunden sind. Die Bogen sind mit £ — H bezeichnet, waren also wohl
406 Aniwerpener Appeudiz 1670.
1570 erschien dann bei dieseni eine Ausgabe des Trienter Index
mit dieser Appendix — in zwei verschiedenen Drucken') —
und ein ,,Edict Philipps II. über die Beobachtung des Verzeich-
nisses der verbotenen Bücher'^ datirt vom 15. Febr. 1569, d. i.
neuen Stils 1570, in zwei Ausgaben, in einer französisch,
flämisch und lateinisch, in der andern französisch, flämisch und
deutsch ').
In dieser Appendix stehen zunächst Nachträge zu den ein-
zelnen Buchstaben und Classen des Trienter Index, alphabetisch
geordnet und überhaupt ganz nach der Analogie des Trienter
Index eingerichtet. Dann folgen, wie in den LOwener Indices,
ein Verzeichniss von verbotenen Bibeln und Neuen Testamenten
und (alphabetisch geordnete) Vei*zeichnisse von Büchern in fran-
zuuäohst als Anhang zu dem Index von 1569 bestimmt, welcher 32 nicht
paginirte Blätter (A-— D) hat (der Index von 1668 hat 68 paginirte Seiten).
Es ist vielleicht ein von Hovius veranstalteter Nachdruck zur Beifügung
zu seinen zwei Indices. Zu dem von 1669 passtc diese Appendix freilich
nicht, da dieser ja schon den Trienter Index mit Einschiebungen gibt.
1) Index . . . auct. Pii IV. P. M. comprobatus. Cum Appendice in
Belgio ex mandato Regiao Catholicae Maiestatis confecta. Antverpiae« ex
officina Christ. Plantini 1570. Die zwei Drucke (ich bezeichne sie mit A
und B) sind inhaltlich und dem Formate nach gleich, verschieden nur in
der.Paginirung: A* hat 108, B* 119 S. 12 (B nicht in den Ann. Plant,
p. 102 ; vgl. Rosenthal, 34, U72. 1473). Sie entlialten den Trienter Index
(A p. 3 — 52, B p. 3—55), die Praef- in subjectam App., die Appendix (A
p. 53, B. p. 57), das Bibelverzoichniss (A p. 72, B p. 80), die französische
App. (A p. 76. B p. 84), die deutsche (A p. 81, B p. 90), die spanische
(A p. 97, B p. 108), Ex decreto (A p. 107. 108, B p. 118. 119). A ist
nach Rosenthal impr. k lettres italiques, B k caracteres romains pour le
texte latin et gothiques pour les passages flamands.
2) Philippi II. Regis Catholici Edictum de Librorum catc^logo ob-
servando. Antverpiae, ex officina Christ. Plantini 1570. Cum privilegio*.
8 Bl. im Format des Index, gewöhnlich diesem beigebundon. — Im Bull-
du Bibl. Beige T. 9, 121 wird ein Abdruck Leodii, impensis Ilovii 1670
(am Ende : Leodii, typis G. Morberii typographi jurati) beschrieben, 64 Bl.
kl. 8, also das Edict mit dem Index von 1569 ; s. o. S. 404. — Mendham
p. 75 sagt: das Edict sei datirt Brüssel 16. Febr. 1569, 17. Febr. für
Neapel. Es ist datirt: 15. Febr. im Jahre des Heiles 1569, unserer Re-
gierung in Spanien, Sicilien etc. im 16., in Neapel im 17. (Jahre). Mit
Neapel hat das Edict nichts zu schaffen.
ÄDtwerpeuer Appendix 1570. 407
zösischer, Mnüscber (duytsch) und spauischer Sprache. Ander
Spitze, steht eine ,, Vorrede zu der folgenden Appendix von den
hochwUfdigen Deputirten, denen von dem Herzog von Alba die
Vermehrung des Catalogs aufgetragen worden, Brüssel im Sep-
tember 15G9". Am Schlüsse steht mit der Ueberschrift Ex de-
creto S. Concilii Trid. das Decret der Sessio IV, von Sed et
impressoribus an (S. 195). — In dem Edicte des Herzogs von
Alba wird verordnet: die in dem Trienter Index oder der Appen-
dix verbotenen Bücher seien binnen drei Monaten zu verbrennen
und dürften nicht mehr gedruckt, verkauft, verbreitet oder be-
halten werden; die zu corrigirenden (mit donec corrigatur ver-
botenen) seien in derselben Frist den Ortsbehörden abzuliefern ;
von diesen sei an den Herzog zu berichten, welcher geeignete
Personen mit der Correctur beauftragen werde. Am Schlüsse
der Vorrede der Deputirten wird eine Vermehrung der Appendix
durch Beifügung etwa neu erscheinender Bücher in Aussicht
gestellt. Eine vermehrte Ausgabe ist aber nicht erschienen.
Diese Antwerpener Appendix hat eine grosse Bedeutung
dadurch erlangt, dass ihr Inhalt fast vollständig in den nächsten
spanischen Index von Quiroga und aus diesem (wenigstens der
Inhalt der ersten Hauptabtheilung) durch Sixtus V. in den Rö-
mischen Index übergegangen ist.
Bezüglich der Ausarbeitung der Appendix wird in dem
Edicte Alba's gesagt, sie sei nach dem Gutachten (par Taduis,
ex censura) einiger Bischöfe, Prälaten, Doctoren und anderer
gelehrter und angesehener Männer angefertigt und enthalte
Bücher, die dem Trienter Concil nicht bekannt gewesen oder
erst seitdem erschienen seien. In der Vorrede der Deputirten
heisst es: in Folge eines nach Befragung aller Bischöfe und
Universitäten von dem Herzog von Alba ertheilten Auftrages
hätten eine Anzahl von Gelehrten und angesehenen Männern,
Bischöfe, General-Inquisitoren, Decane und Doctoren, gewisse
Bücher, die erst nach dem Concil erschienen, bekannt geworden
oder geprüft worden, censurirt und es sei von dem Herzog ver-
ordnet worden, diese in der Form einer Appendix dem Ver-
zeichniss des Trienter Goncils beizufügen. Diese Darstellung
ist nicht ganz vollständig, sofern darin die unzweifelhafte That-
sache nicht erwähnt wird, dass viele Namen der 1. und manche
408 Antwerpeuer Appendix 1570.
Bttchertitel der 2. und 3. Cl. der lateinischen Abtiieilung ein-
fach ebenso aus Frankfurter Messkatalogen abgeschrieben sind,
wie in früheren Indices aus Gesner.
Die eigentliche Redaction des Index wird Arias Montanus be-
sorgt haben. Er schreibt 10. Mai 1570: er habe im vorigen
Jahre im Auftrage Alba's ein Verzeichniss der zu verbietenden
Bücher angefertigt, um danach die Bibliotheken der Niederlande zu
säubern, und nach diesem Verzeichnisse sei dann auch die Säuberung
vorgenommen worden ; er habe dann die Anfertigung eines vollstän-
digen Index beantragt; darauf seien die Bischöfe und die Universi-
täten beauftragt worden, die in den Niederlanden lateinisch oder in
modernen Sprachen erschienenen Bücher anzugeben, die zu verbieten
seien ; in Brüssel habe dann eine zehntägige Conferenz stattgefunden,
an welcher die General-Inquisitoren, der Bischof von Antwerpen,
der Decan von Brüssel, Tiletanus und Alonso de Contreras theilge-
nommen ; die Eedaction des Index sei ihm übertragen worden ^).
Das Werk lobt nicht den Meister. Der Index ist, was die
erste Hauptabtheilung angeht, hinsichtlich der Mache einer der
schlechtesten, die es gibt. Dass in der 1. Cl. bald der Vorname
bald der Zuname voran, mancher Autor unter beiden steht (Jacob
Andreae z. B. als Andreas Jacobus Goping. und als Jac. Andreas
D. Theol. Tubing.), ist der geringste Fehler. Viele Namen sind ver-
druckt und grösstentheils in der corrumpirten Gestalt in den Rom.
Ind. übergegangen (bei einigen ergibt sich das Richtige aus dem
Lütticher Ind.): Barth. Cansae ist B. Causse (so Lütt, und Ben. mit
dem Zusatz minister Genevensis) ; er steht im Rom. Ind. in der 2. CL,
1) Col. de doc. iued. 41, 173; vergl. Memorias de la R. Acad. de la
bist , Madrid 1832, 7, 151. Nach dem Briefe Alba's an Philipp IL (Gachard II,
111) nahm auch der Präsident Viglius an den Coufürenzen Theil. — Das
Gutachten, welches iu Folge einer von 18. Mai 1569 datirten Aufforde-
rung Alba's der Erbischof von Utrecht, Friedrich Schenck von Touten-
borch, 28. Juni 1569 einsandte, ist abgedruckt in A. Schorii Epistolae III,
340, enthält aber nichts von Bedeutung. Der Erzbischof sagt selbst, er
sei in der theologischen Literatur nicht so zu Hause wie in der juristischen
(er war früher Mitglied des Reichskammergerichts ; Schulte, Gesch. III,
681). Bemerkenswerth ist, dass er sagt: er habe iu Seb. Münsters Cosmo-
graphia ausser einigen Lobsprüchen auf die Witttmberger nichts Unka-
tholisches, aber sehr viel Nützliches gefunden [1675 erschien eine von der
Ycnetianischen Inquisition expurgirte italienische Uebcrsetzung derselben,
die freilich Sot. nochmals expurgirte], und dass er meint, die Moria und
Lingua des Erasmus, iu denen nie der katholische Glaube angegriffen
werde, könnten doch wohl ebenso gut propter sermonis elegantiam ge-
duldet werden, wie nach der 7. Regula Indicis die heidnischen Clasaiker.
Antwerpener Appendix 1570. 409
aber mit opera omnia; er hat freilieb nur eine Scbrift, Le bouclier
de la füi, verfasst (Haag 3, 271). — Jo. Burstius (im Rom. Ind.
Borstyus) ist Jo. YorBtius (so Lütt, und Ben. mit dem Zusatz superint.
Holsat.). — Tbomas Corbeau (so im Rom. Ind. nocb jetzt) ist nach
Lütt. Tb. Courteau, ein Genfer Bncbdrucker. — Veteranus Pinserus
ist Jo. Pincierus Veteranus (aus Wetterau, so erst Ben.). — Petrus
Dogninns (nocb jetzt im Index) wird P. Boquinus sein. — Hiero-
nymus Pancbus ist ohne Zweifel Hier. Zanebius; S. hat beide Namen,
letztern aus Fris., und hat diesem beigefügt vel Pancus, was Ben.
in vel Zanchus geändert bat. Hier. Pumckcbius (so auch S., Gl.
Pumekobius, spätere Indices Peumekchius vel Paumekhius, seit Ben.
wieder Pumekchius) wird eine zweite Corruption desselben Namens
sein, wenn es nicht Hier. Rauscher sein soll. — Cyriacus Spangen-
berg steht auch als Christophorus Sp. im Index (von Ben. gestrichen)
und der englische Bischof Je well als Yuellius Anglus und als Yo-
nellus vel Jonellus Anglus; beide Namen standen von S. bis Ben.
auch im Rom. Index neben Jo. Juellus. — Hinter Theodor! Bezae
haeresiarchae opera omnia steht: Theodoricus Shnepfius, Theodorus
Bibliander (schon im Tr.), Theodorus Sneppius, etiam haeresiarcha ;
beide Namen standen (ohne haeresiarcha) mit allerlei Varianten auch
im Rom. Index, bis Ben. Theodoricus Sohnepffius vel Sneppius setzte.
— In der 2. Cl. steht (auch im Rom. Index bis Ben.) unter J : Jac.
Sebecii de una persona et duabus personis (im Rom. Index naturis)
in Christo; unter D steht der richtige Name: Jac. Schegkius. —
Andreas Ottho Hertzbergensis dagegen ist erst durch Q,. in den In-
dex gekommen; Antw. hat nicht unrichtig A(ntoniu8) 0. H.
Femer sind in die 1. 01. ohne allen ersichtlichen Grund und
Zweck manche Namen gesetzt, die schon (meist richtiger gedruckt)
im Tr. stehen: Alceus Antonius = Antonius Halieus, Frigo Con-
stantinus = Paulus Constantinus Phrygio u. s. w.. Nie. Selneccerus
und daneben Nie. Selheckerus und dann noch ein Buch von ihm in
der 2. Cl. Unter J stehen einmal vier Namen hinter einander, die
auch im Tr. stehen: Joachimus Magdeburgius und Vadianus, Jo. a
Lasco und a Leydis. — Auch in der 2. und 3. Gl. sind Titel aus
dem Trid. wiederholt, die Epistola S. Udalrico adscripta als Uldarici
ad PP. Nicolaum Epist., quam finxerunt Balaeus et Westmerus, die
Articuli novorum Wormaciae evangelistarum als Wormacienses ar-
ticuli, andere Titel ohne Aenderung,
Von mehreren Schriftstellern, die in der 1. Cl. stehen, werden
ganz überflüssiger Weise einzelne, auch theologische Schriften in der
2. Cl. aufgeführt ; so von David Ghytraeus drei exegetische Schriften
und daneben, was ja einen Sinn hätte, wenn nur der Name richtig
geschrieben wäre, David Christaeus in Historiam Herodoti, donec
fuerit repurgatus; von Martinus Kemnitius das Examen Concilii
Trid. und Refutatio Theologiae Jesuitarum et omnia ipsius opera.
Etwas anderes ist es, wenn in der 2. oder 3. Cl. Sachen stehen,
welche von Autoren der 1. Cl. nur herausgegeben sind, wie
Epistolae consolatoriae [pro afflictisj collectae per Cyr. Spangen-
bergium [cum praef. ad Maximilianum Imp., 1565], Briefe von Me-
410 Auiwerpener Appendix 1570.
lanchthon u. a. an die aus Bölimen und der Lausitz vertriebenen
Prediger*), — und Missa latina quae olim ante circa annum 700.
Dom. in usu fuit, ein von Flacius 1557 herausgegebener Ordo £to-
manus *).
Bei einigen Schriftstellern ist nicht abzusehen, warum sie in
die 2. Cl. gesetzt sind, während viel unbedeutendere in die 1. Cl.
gekommen sind. So Simon Pauli, Herm. Hamelmann, Petrus Palla-
dius (in dominicalia evangelia, sequitur placita Lutheri, quem fre-
quentiss. Sanctum appellat). Im Rom. Index stehen diese seit S.
in der 1. Cl., aber von den zwei Schriften Hamelmanns, die im
Antw. stehen, nahm S. eine in die 2. Cl. auf als Hamelmanni Com-
mentariolus [de vero usu monasteriorum et collegiorum, in quo de-
monstratur, nihil aliud olim fuisse quam scholas, 1569, nicht bei
(|. und von Cl. gestrichen], und die andere mit entstelltem Titel in
die 3.: L. inscr. De divinis et apostolicis traditionibus (noch jetzt
unter Trad.), während im Antw. richtig steht: [Liber] de traditioni-
bus apost. et tacitis, cum prolegomenis et appendicibus (1568, fol.).
Die Magdeburger Centurien stehen dreimal im Antw.: Cen-
turiata Historia, unmittelbar darunter Centuriae Historiarum Magde-
burgensium, und Historiae Magdeburgicae, ab lUyrico et complicibus
mendacissime coacervatae. S. hat die beiden ersten Titel mit sive
verbunden und in dem dritten merkwürdiger Weise mendacissime
gestrichen. Alex, strich das erstere und ßen. setzte statt des
letztern den richtigen Titel ein: Historia eccl. u. s. w.
Die seit Herbst 1564 alle halbe Jahre veröffentlichten (Willer' -
sehen) Messcataloge ') sind nicht etwa nach einem verständigen
Plane, sondern ganz willkürlich und theilweise sehr ungeschickt
benutzt worden. Etwa 50 Namen der 1. Cl. stehen in den Nund.
1565 — 69; einige davon konnten den Compilatoren auch sonst be-
kannt sein, aber die meisten sind aus dem Nund. abgeschrieben;
denn es sind ganz obscure Schriftsteller, deren Schriften gewiss in
Belgien nicht anders als durch die Nund. bekannt geworden und die
1) Salig II, 6G6.
2) Der Titel bei Ben. vollständig. Vgl. Preger, M. Flacius 111. II,
476. Clement VIII, 350. Der Autw. £xp. hat darüber die sonderbare
Censur: Quandoquidem non tarn missa sit quam ordo missao ... et iu-
certi auctoris nee oonstet, unde desumta sit, non videtur posthac impri-
monda, pracsertim quod et orationibus quaedam adjuncta sint, quae lec-
torem possent offendere, et careat ca canonis parte, quae consecrationcm
continct. Praefatio etiam M. Flacii 111. plane haeretica est. Der Ordo ist
abgedruckt bei Bona, Rer. lit. p. 753 und sonst.
3) G. Schwetschke, Codex nundinarius Germaniae literatae bisecularis,
1850. Ich habe die in Darmstadt, Mainz und München befindlichen Mess-
cataloge von 1564—96 (mit wenigen Lücken) benutzt.
Benutzung der Messcataloge. 411
zum Theil vor 1570 nicht» anderes geschrieben haben als die unbe-
deutenden deutschen Schriften, die in der Nund. stehen, wie Christoph
Obenhin, Georg Dieterich (Christliclie Gesänge, lat. und deutsch, zu Be-
gräbnissen), Georg Fladorius (in Nund. Flader: Auslegung über den
4. Ps.), Georg Spintier, Jac. Fridangus (Freydang : Der Layen Biblia,
die fümembsten Historien A. und N. T. in schöne teutsche Keime
verfasst), Joachim Madgeburgius, Jo. Tetelbach, Jo. Ursinus, Jo. Ur-
SU8 (S. Cl. haben nur letztern), Matthias Erbenus (Q. hat £rbius,
5. Erbius und Herbenus, Cl. Erbius aut Erbenus vel Herbenus,
Ben. Erbius aut Erbenus ; der Mann hat zwei kleine deutsche Schriften
verfasst). Mich. Hermann, Nie. Koningus (Einfeitiger Bericht vom
h. Ehestande ; 8. Cl. haben ihn als Nie. Keningius mit dem davor
stehenden Nie. Hemmingius zusammengeworfen; Ben. hat ihn ge-
strichen). Nie. Schmidus (Die zehn Laster, damit die bösen Weiber
behafft, auch die zehn Tugenden, damit die frommen und vernünfti-
gen Weiber gezieret sind, in Reimenweiss gestellt), Thom. Schelbach
und Thomas Seitbach (im Rom. Ind. identificirt, in den Nund. unter
beiden Namen ein deutsches Schriftchen).
Aus Nund. 69 ist denn auch durch Antw. zum ersten Male
ein Frauenzimmer in die 1. Cl. gekommen: Magdalena Haymairin,
^teutsche Schulmeisterin zu Chamb^', wie sie sich selbst nennt. In
den Nund. 69 werden von ihr unter den „teutschen Büchern der
Protestierenden Theologen" angezeigt: Die Sonntags Episteln vber
das gantze jar in Gesangsweiss gestellt durch Magd. Haymairum
(sie), Nürnb. 16G8 0» So steht denn in der 1. Cl. von Antw. Q.
S. Magdalena Haymairus, bei Cl. Aymairus, seit Ben. Heymairus, in
vielen Ausgaben mit dem Vornamen Magdalenas.
Schlimmer als dieses ist, dass der Compilator des Antw. einige
Male den Verleger und den Verfasser von deutschen Schriftchen in
den Nund. verwechselt und so die Buchhändler Andr. Petri in Eis-
leben und Conr. Dreher in Erfurt in die 1. Cl. gebracht hat, und
noch schlimmer, dass er auch Gaspar Franckus in die 1. Cl. gesetzt,
der schon 1568 katholisch geworden war und gegen den die in den
Nund. 69 angezeigte „Widerlegung der vermeinten Ursachen, darum
der abtrünnig M. Caspar Franck vom Evangelio zum Papstthum
abgefallen, durch Joh. Frid. Coelestinum** gerichtet ist. Franck ist
nicht in den Rom. Ind. gekommen, wohl aber die anderen hier ge-
nannten „Hauptketzer", wie im Lov. 50 die Auetores 1. Cl. definirt
werden.
Abgesehen von den aus den Nund. entnommenen Namen sind
in der 1. Cl. natürlich die niederländischen Ketzer, auch solche, die
keine fruchtbaren Schriftsteller waren, speciell vertreten. Wir fin-
den hier zuerst und dann mit wenigen Ausnahmen im Rom. Index:
Carolus und Jo. Utenhovius*), Godofredus Hamelns, seit Ben. de
1) Sie hat noch einige andere fromme Reimereien verübt. F. Finauers
VerzeichnisB gelehrter Frauenzimmer, 1761. Gödeke § 125, 10.
2) Ihre Schriften bei Fris.
412 Antwerpener Appendix 1570.
Hamelle s. Hamellaeus, 1552 zu Tournay hingerichtet^), Guido de
Bruez (de Bree, hingerichtet 1567, nicht im Köm. Index) und Her-
mann Modet (im Antw. und im Körn. Index noch jetzt Henricus
Modec, im Lütt. Hermannus Modeck), die mit einigen anderen die
Confessio Belgica von 1563 verfassten'), Uouardus, seit Ben. Bal-
thasar Uouwaert'), Jo. Taffin^), Nie. Bucerus Brugensis, Petrus (im
Antw. und im Rom. Index noch jetzt Nie.) Bloccius, ludimagister
Leydensis*), Petrus Dathenus^), — femer: Henricus Nicolai
sive libri omnes H. N. signati, qui et sine loco et impressoris nomine
sparguntur in vulgus, und Philipp us Dirixon, qui suos anabap-
tismi foetus inscribit literis P. D. (ähnlich im Köm. Ind.). Letzterer
ist der bekannte Wiedertäufer Dirk Philipps, wie er seit Ben. auch
im Ind. heisst^), ersterer Heinr. Niclaes, der Stifter der Secte der
1) Epistola e carcere scripta bei Gerdes, Bist. Ref. 111. Mon. p. 107.
2) Brandts I, 253. R.-£. 2, 238. Die französische Ausgabe wird mit
Confessiou d'Anvcrs in der franz. Abth. gemeint sein, die niederdeutsche
von 1566 steht in der fläm. Abth. unter Bekonntenissc. (Uebor die gleich-
falls 1566 gedruckte Corte Belijdinghe u. s. w. s. Chr. Sepp, Bibliogr.
Mededeelingen, 1883, p. 45). G. de Bros ist auch der Verfasser des Schrift-
chens, Staf des Geloofs, welches als Baculus fidei im Lüttichcr lud. steht.
3) Er hat mit Flacius die Vorreden zu zwei 1567 erschienenen Ver-
theidigungen der Antwerpener Confession (einer lat. geg^n Jod. Tiletanns,
einer flämischen gegen Lindanus, unterschrieben.
4) Auch in der franz. Abth.' als Taffin ministre. Einige kleine
Schriften von ihm bei Paquot II, 490.
5) Studien en Bijdr. IV, 209. Eine flämische Uebersetzung einer
Schrift von ihm steht in der fläm. Abtheilung: Een slechtelijcke ende
scriftolijckc Onderrichtinge van dat doopsel ende Auontmael . . . van
Peoter Bloxio, Schoolmeester tot Leyden, 1562. In der A. D. B. 2, 707
wird gesagt: sein Hauptwerk, Meer dan tweehondei*t Ketterien . . . welok
uit de Misse zijn ghekomen, sei auf den Antw. Index, den Trienter [!],
den Alexanders VII. und den spanischen gesetzt worden, „woraus klar
hervorgehe, wie gefährlich man diese Schrift gefunden habe.^' Sie steht
in keinem Index, und dass Petrus resp. Nie. Bloccius in der 1. Cl. steht,
womit allerdings die Schrift indirect verboten ist, ist eine Auszeichnung,
die er mit hunderten von Autoren des 16. Jahrh. theilt.
6) In der fläm. Abth. steht unter P seine Uebersetzung der Psalmen
von Marot und Beza.
7) R.-E. 9, 565. David Joris und Menno Simonis stehen schon im
Tr., Adam Pastoris (Sandius, Biblioth. Antitrin. p. 38) kam erst durch
Cl. in die 1. Cl. Von Menno Simonis stehen in der fläm. Abth. Van
dat rechte Christi Gheloove, ende voorts alle zijn boecken. Bei mehreren
anonymen Schriften in dieser Abth. steht sectae Mennonistioae.
Erste Ciasse. 418
Familisten oder des „Hauses der Liebe", dessen 'etwa 50 Schriftchen
alle nur mit H. N. bezeichnet sind. Die beiden wichtigsten der-
selben stehen im Antw. und im Rom. Ind. in der 3. Cl. : Evangelium
laetum regni nuncium und Speculum justitiae*).
In der 1. Cl. steht auch Jo. Torasius (statt Tosarrius) Aqui-
lovicanus, qui est inverso nomine Jo. Sartorius, der unter jenem
Namen 1558 eine Paraphrase der Propheten herausgegeben*). Als
Jo. Sartorius stand er schon seit P. in der l.Cl., weil Lov. 50 von
ihm Exercitus selectissimarum orationum verboten hatte. Von die-
sem Buche sagt Antw. Exp., es enthalte sehr viele Auszüge aus
Erasmus' CoUoquia und Adagia; diese seien aber durchweg nicht
anstössig; nur ein paar Stellen seien zu streichen; his qualibuscun-
que offensiunculis sublatis et passim nominibus colloquiorum obductis
sei das Buch gleich den anderen Schriften des Verfassers (eines
Auetor 1. cLI) für Knaben, die Latein lernten, sehr zu empfehlen.
Von den ausländischen protestantischen Schriftstellern waren
natürlich manche den Gelehrten, die zu dem Index Beiträge lieferten,
bekannt: bei dem Examen von Chemnitz wird beigefügt; adversus
quem D. Tiletanus doctiss. scripsit; von einigen werden, wie gesagt,
Schriften in der 2. Cl. angeführt, und in den polemischen Schriften
von Wilh. Damasi Lindanus werden erwähnt Abdias Praetorius, Cyr.
Spangenberg, Henr. Moller, Hier. Zanchius, Jo. Crispinus, Jo. Langus
Silesius, Paulus Jo. Alciatus, Thom. Erastus, Valentinus Erythraeus
(speoiell seine Tabulae Augustanae confessionis, 1565), Valentinus
Vannius Malburgensis (Judicium de missa, 1557), Wilh. Clebitius. —
Neben Deutschen und Holländern finden sich auch einige Italiener: Georg
Blandrata, Immanuel Tremellius ^), Phil. Eusticus, Simon Simonius,
Jac. Acontius (Aconzio aus Trient). Das einzige bedeutende Buch,
das letzterer geschrieben, steht in der 3. Cl. und ist erst von Ben.
unter seinen Namen gesetzt worden: Stratagemata Satanae in reli-
gionis negotio per superstitionem, errorem, haeresim, odium u. s. w.,
11. 8, Basel 1565 u. o., auch ins Französische, Flämische und
Deutsche übersetzt, eine Apologie für eine sehr weit gehende religiöse
Toleranz*). — Coran Antonius ist der Spanier Ant. Corranus (del
1) Beide sind holländisch geschrieben, sollten also im Antw. in der
fläm. Abtheilung stehen. Nippold in der Zts. f. bist. Theo!. 1862, 382.
835. 484. Die erste heisst: Evangelium offte ein froelicke bodeschap des
rijckes Codes unde Christi. In der Proclamation der Königin Elisabeth
von 1580 (S. 98) werden als ins Englische übersetzt genannt: Evangelium
regni or a joyfal message of the Kingdom, Documental sentences, The
prophecy of the spirit of lovo, A Publishing of peace on earth.
2) Gerdes, H. Ref. III, 76. Im Liss. 81 steht Jo. Tossarius Aq. super
prophetas majores.
8) Antw. Exp. p. 166 werden die Randnoten zu seinem N. T. syr.,
graece et lat. editnm expurgirt.
4) Ma^zuchelli s. v.
414 Antwerpener Appendix 1570.
Corro), früher Hierbnymit, seit 1557 aus Spanien flüchtig, der frei-
lich erst später Bücher herausgab, aber bis 1568 Prediger in Ant-
werpen war. — Manson Anglus, wofür Ben. Robertus Massonins
gesetzt, und Metterus Mentrius adversus Balearium episcopnm sind
mir unbekannt. Auch manche andere Namen, die aus Antw. in die
l.Cl. des Rom. Ind. übergegangen, vermag ich nicht zu identificiren.
Zu den Pseudonymi in der KCL sind durch Antw. folgende
hinzugekommen: Abdias Liberinus, unter welchem Namen ein Syn-
tagma controversiae de coena Domini 1566 erschien*), Gratianus
Verus (S. 269) und Henricus Artopoeus, unter welchem Namen 1561
Ad theologastrorum Coloniensium censuram Responsio pro defensione
catechismi Jo. Monhemii sui praeceptoris conscripta erschien, zur
Vertheidigung des von dem damals sehr berühmten Schulmann Joh.
Monheim zn Düsseldorf 1560, — er steht natürlich auch in der l.Cl.
— herausgegebenen Catechismus, in quo Christ, religionis elementa
syncere simpliciterque explicantnr, gegen die Censura et docta ex-
plicatio errorum catechismi Jo. Monhemii . . per deputatos a s.
theol. facultate üniversitatis Coloniensis, 1560*). — Richtiger stehen
im Antw. und dann auch im Rom. Ind. in der 2. Cl. die Pseudo-
nymen Schriften: Eusebii Candidi Plausns luctificae mortis und
Stephani Lindii Epistola de magistratu et missa, seit Ben. : Epistolae
monitoriae, in quibus curam religionis ad magistratum pertinere et
qua ratione missa in veteri ecclesia celebrata fuerit, ostenditur (Köln
1567); der Verfasser der letztern Schrift heisst Jo. Castelius (K.-L.
I, 249).
In der 1. Cl. steht Gronsalinus Regnaldus, in der 3. Sanctae
Inquisitionis Hispanicae artes. Q. nahm jenes mit omnia opera, S.
nur dieses auf (seit Sand, steht Reginaldus Gonsalvus im span. Ind.
in der 1. Cl., nicht im Rom.). Es handelt sich um das Buch: Sanctae
Inq. Hisp. artes aliquot detectae ac palam traductae . . . Reginaldo
Gonsalvio Montano authore (erst Ben. hat den Titel unter Oonsalvius
1) Pelayo, Heterod. 11,481. Chr. Sepp, Bibliogr. Mcdedcelingen p. 65.
2) *Flaciu8 schrieb dagegen. Preger, M. Flacius 111. II, 259.
S) Nach R.-E. 10, 221, ist Henricus Artopoeus wahrscheinlich der
Arzt Joh. Breidbach. Im Liss. 81 steht: Catechismus Jo. Monhemii und
Hcnr. Artopoei Responsio u. s. w. — Gegen die Kölner Censur schrieb
M. Chemnitz 1563 Theologiae Jesuitarum praecipua capita ex quadam
censura, quae Coloniae a. 1560 edita est, 1566 erweitert zu seinem Examen
Concilii Trid. — Jo. Monhemius hätte man schon in den Index Pias' IV.
setzen können; denn schon 1560 beschäftigte sich auf Grund der von
Hosius, den Kölnern und den Löwenem gegen ihn eingelaufenen Klagen
die Inquisition mit ihm, und 1561 klagte Commendone von Köln aus:
die Söhne der angesehensten Bürger würden auf auswärtige Schulen ge-
schickt, namentlich zu Monheim, der gogen 500 Schüler habe e li fa tutti
heretici. J. Pogiani Epp. II, 189.
Psendonymi. Hcnr. Stephanus. 415
gestellt), welches 1567 zu Heidelberg erschien (297 S. 8), 1568
englisch, französisch, 1569 deutsch und holländisch (von Petrus
Dathenus). Das Buch handelt namentlich von dem Verfahren der
Inquisition zu Sevilla 1558 — 64. Der Name ist allem Anscheine
nach ein angenommener').
Durch Antw. ist Henricus Stephanus (II., Roberts ältester Sohn,
1528 — 98) in die 1. Cl. gekommen. Im £xp. werden einige, in den
Span. Indices viele seiner philologischen Publicationen freigegeben
(bei Sot. gegen 30 ohne alle oder ohne bedeutende Expurgation);
im Rom. Ind. hat der Thesaurus linguae graecae seit S. mit d. c.
gestanden, bis ihn Ben. strich. Einige Sachen von ihm stehen im
Antw. und im Rom. Ind. in der 3. Cl. : Psalmi aliquot Davidis per
H. St. et quosdam alios similis farinae homines graeco carmine tra-
ducti^), — S. Cl. haben doch das similis farinae weggelassen, —
und Introductio admirabilium antiqua et moderna s. Apologia ficta
pro Herodoto a. 1567 ; erst Ben. hat das Buch unter Stephanus ge-
stellt mit dem richtigen Titel L^introduction au trait6 de la con-
formit^ des merveilles anciennes avec les modernes ou traiti pr^-
paratif k Tapologie pour Herodote, — zuerst 1566, dann in kurzer
Zeit noch 12 — 15mal gedruckt, das böse Buch, welches auch von den
Genfer Behörden scharf getadelt wurde, so dass St. zu der 1. Auf-
lage Cartons druckte und in der 2. und 3., die noch 1566 erschienen,
in dem 21. Capitel eine lange Stelle durch eine andere ersetzte'),
nicht zu verwechseln mit der lateinischen Apologia pro Herodoto
(über dessen Glaubwürdigkeit), die vor der Ausgabe des Herodot
von 1566 steht*); in dieser verordnet Antw. App. nur valde in-
1) Das Buch ist (mit anderen Sachen) abgedruckt in Hispanicae Inq.
et camificinae secretiora . . per Joach. Ursinum A nti- Jesu i tarn, Amberg
ICH, und in den Reformistas Esp. T. 13. Vgl. Serapeum 1866, 161. 320.
Boohmer, Bibl. Wiff. H, 113.
2) Psalmi Davidis aliquot metro anacreontico et sapphico, Authore
H. St., cujus etiam ex officina prodeunt, 1568. 32. Renouard, Annales des
Etienne, p. 181.
3) Renoaard p. 126. Die Angabe, St. sei wegen des Buches in Paris
in effigie verbrannt worden, ist grundlos. In der Ausgabe Apologie de
Herodote . . . par L. Duchat, Haag 1735, werden die Varianten der alten
Ausgaben genau angegeben. Sainjore (R. Simon), Bibl. crit. III, 340
bezeichnet das Buch als un livre impie, qni n'est presque qu'un
recueil de oontes forg^s ä plaisir pour toumer en ridicule l'Eglise romaine.
J. B. Thiers in seiner Schrift über die Sainte larme de Vendome citirt
daraus eine Stelle, wo ein Mönch erzählt, der Patriarch von Jerusalem
habe ihm u. a. gezeigt un peu du doigt du S. Esprit, le mnsean du Seraphim
qui apparut a S. Frangois, quelques rayons de Tctoile qni apparut aux
trois rois.
4) Auf dem Titel der französischen Schrift st^ht: L'argument est
416 Antwerpener Appendix 1570.
tolerabilem locnm, nbi de Romanis nonnihil dicit, zu streichen, und
auch die span. Indices geben nur eine Expurgation. — Eine Puhli-
cation des H. Stephanus wird auch mit Glossa ordinaria Genevensis
bezeichnet. Robert St. wollte ein Bibelwerk nach Art der Glossa
ord. herausgeben und publicirte 1553: In evang. sec. Mth., Mrc. et
Luc. commentarii ex eccl. scriptoribus coUecti. Novae glossae or-
dinariae specimen, donec meliora Dominus. Nach dem Tode Robertt
erschienen dann bei Henr. St. Novi Testamenti catholica expositio
ecclesiastica, 1561, Genesis cum cath. expos. eccl. (mit Noten von
Yatablus, Steuchus Eugubinus, Santes Pagninus, Luther und anderen
Protestanten), 1562, und Liber Psalmorum Davidis cum cath. expos.
eccl., 1562, alle drei bearbeitet von Augustinus Marloratus, — er
wurde 1562 zu Rouen gehängt und steht seit Antw. in der 1. Ci.,
— dann aus Mariorats Nachlass noch Isaias 1564 und Job 1585 ^).
— Das Glossa ord. des Antw. wurde von Q. in Glossae ordinariae
specimen corrigirt; in den Rom. Ind. kam beides und dazu noch
durch S. der vollständige Titel unter Novae (Ben. hat nur Glossa
ord. Genev. beibehalten) und Genesis u. s. w. und Liber Psalmorum
u. 8. w. — Nur bei S. stehen mit d. c. die bei H. Steph. 1573 er-
schienenen Juris Orientalis 11. 3 (ab Enimundo Bonefidio J. C. di-
gesti . . . graece cum lat. interpr.).
Jo. Piscatorius (Lithopolitanus, Job. Fischer aus Stein am Rhein)
ist der Herausgeber von Omuium operum Aur. Augustini Epitome,
Augsb. 1537, fol. Diese erschien 1549 zu Köln, recognita, aucta
et locupletata per Jo. Pesseliura Ord. Praed — in dieser Ausgabe ver-
ordnet Antw. Exp. zwei Stellen in der mit abgedruckten Vorrede
von Piscatorius zu streichen, — und 1 565 als erster Theil der von
Jo. Grispinus zu Genf herausgegebenen Bibliotheca studii theologici
ex plerisque doctorum prisci saeculi monumentis coUecta, vid. ex
Epitome librorum S. Augustini, ex Hieronymi operibus et ex sen-
tentiis et dictis alioruni patrum orthodoxorum u. s. w. Diese Biblio-
theca kam durch S. Cl. mit d. c. in den Index, daneben Epitome
omnium op. D. Aur. Aug. per Jo. Piscatorem (erst seit Ben. unter
Piscatorius), quae impressa est per Jo. Crispinum.
Bei einigen Autoren der 1. Cl. des Trienter Index versucht
Antw. die 2. Trienter Regel zur Anwendung zu bringen: von Petrus
Ramus, Seb. Münster und Carolus Molinaeus wird angegeben, welche
Schriften verboten und welche erlaubt seien. Bei Hadrianus Junius
wird dieser Versuch zur förmlichen Opposition gegen Tr. (S. 366).
Auch für die 2. und 3. Cl. sind die Nund. benutzt worden.
Drei Tübinger Disputationes z. B., die unter D stehen, finden sich
in derselben Reihenfolge in den Nund. Aus den Nund. stammen
pris de PApologie pour Herodote composce cn latin par H. E. et est ici
continue par lui memo.
1) R.-E. 9, 335. Bull, du Prot. 1858, 83. R. Simon. Grit. II, 861.
Renouard p. 12(K
Zweite und dritte Glasse. 41
f»
auch: Cantica selecta V. et N. T. . . addita . . expositione Chrph.
Corneri, 1568 (jetzt unter Cornerus), — Multi integri loci 8. doc-
trinae V. et N.T. u. s. w. Lpz. 1561; — Sanctorum Patnim medita-
tioneSf quibus dominicae paRsionis mysterium explicatnr, Marb. 1569
(von Herrn. Hamelmann). Einige Sachen sind aus dem Lov. 58
wiederholt, aus dem sie von P. Tr. nicht aufgenommen warefn; und
sie sind dann durch Q. und S. Cl. in den Rom. Index gekommen,
wie die Epistolae obsc. vir., Brevis cometarum explicatio, Laonicus
Chalcondyias, Orthodoxographa.
Aus Antw. resp. Q. ist in den Ind. gekommen Jo. Wieri me-
dici 11. 5 de praestigiis dacmonum et incantationibus et veneficiis,
zuerst 1563, dann oft, auch deutsch und französisch (bei S. heisst
er Jo. Viverus; daneben hat S. aus Liss. 81 Vierus, ohne Vornamen).
J. Weier, Leibarzt des Herzogs Wilhelm IV. von Cleve, hält nicht
die Zauberei überhaupt für Aberglauben, sondern unterscheidet zwi-
schen Zauberern, die mit dem Teufel im Bunde stehen, und Gift-
mischern einerseits (diese seien mit dem Tode zu bestrafen) und
Hexen, Weibern, die sich durch die Täuschung des Teufels einbilden
mit ihm im Bunde zu stehen und allerlei unmögliche Dinge gethan
zu haben. Die den Hexen gewöhnlich Schuld gegebenen Dinge,
Wettermaclien, Vermischung mit dem Teufel u. dgl., meint er, seien
nur Einbildungen, die ihnen abgepressten Geständnisse nichts be-
weisend und die Hexenprocesse eine Kette von Ungerechtigkeiten *).
Gegen Weier schrieb Jean Bodin La demonomanie des sorciers,
1579, lat. (von Franc. Junius) De magorum daemonomania, 1581,
auch ins Italienische und Deutsche übersetzt*).
Der Jurist Jo. Georg Godelmann nahm in dem Tractatus de
magis, veneficis et lamiis, Rostock 1590, Weiers Unterscheidung auf,
forderte aber auch für die Zauberer und Giftmischer ein gesetzlich
geordnetes Verfahren und bestritt die Ansicht Bodins, dass die
Zauberei zu den delicta excepta gehöre, bei deren Verfolgung der
. Richter nicht an die gesetzlichen Regeln gebunden sei; wenn die
Hexen wirklich Zauberei getrieben und dadurch Schaden gestiftet
hätten, — die Möglichkeit sei nicht zu bestreiten, — seien sie nach
der Carolina zu verbrennen'^). Bodins Buch steht seit S. in der
2. Cl., J. G. Godelmann seit Cl. in der 1. Cl. Durch ein Decret
vom J. 1603 wurde von seinem Buche de magis u. s. w. die Aus-
1) Stintzing, Gesch. I, 644. Lecky, Gesch. der Aufklärung I, 66. Bei
Foppens, Bibl. Belg. H, 754 wird Weier als Lutheraner bezeichnet und
beigefügt: Sed quae de praestigiis . . . scripsit, ad atheismum vergunt;
. . . a solis haercticis laudatur. Idcoquc inter auctores damnatos 1. cl.
rejicitur in Ind. Trid. Im Rom. Ind. steht er in der 2., im span. in der
1. Gl.
2) Clement IV, 401.
3) Stintzing S. 646.
Benaoh, Index. 27
41Ö ^ Antwerpener Appendix 1570.
gäbe von 1601 fipeciell verboten mit der Motivining: est enim auctor
1. cl., und im J. 1677 die Ausgabe von 1676').
Theatrum vitae bnmanae per Theod. Hwingerum [sie] medicnm
Basileensem ist die erste Ausgabe des Tbeatrum . . . a Conrado
Lycostbene Rubeaquensi inchoatum et a Tbeod.Zwingero absolutura,
1565. Diese Ausgabe wurde aucb von der Sorbonne 1571 als so-
forl. zu unterdrücken bczeiebnet; 13 Sätze daraus werden in der
Censur vollständig angefübrt (Arg. IIa 415). In demselben Jahre
erschien in Paris eine expurgirte Ausgabe. Liss. 81 verbot auch
diese und die stark vermehrte Baseler Ausgabe von 1571 in vier
Bänden. Q. gab die Pariser Ausgabe frei, wenn sie nochmals ex-
purgirt werde. Im Rom. Ind. sind seit S. Cl. alle Ausgaben mit
d. 0. verboten. Die Expurgation der Ausgabe von 1586 füllt bei
Bras. 20 Octav-, die der Ausgabe von 1604 bei Sot. 24 Folioseiten.
Julii Caesaris Scaligeri Commentarii in Theophrasti libros de
causis plantarum (1566) werden unbedingt, von Q. S. Cl. mit d. c.
verboten. Q. und Bras. streichen darin drei Stellen, in denen An-
spielungen auf die Faulheit und continentia der Mönche vorkommen.
S. Cl. fügten die Poemata (Poematum partes duae, Genf 1574) d. c.
bei, in denen Sot. ziemlich viele Epigramme auf Mönche, die Aula
Romana und dgl. streicht*). — Unter P. verbietet Antw. einige
Praefationes zu griechischen Autoren; die von Mich. Neander und
Hieron. Wolf sind nicht in den Rom. Ind. übergegangen, weil diese
in der 1. Cl. stehen, wohl aber Jac. Hartelii praef. in 50 comi-
corum sententias graecolatinas.
Analysis, Resolutio dialectica quatuor librorum Institntionum
Imperialium, Strassb. 1567, eine Summa der Institutionen mit einer
Vorrede und wahrscheinlich verfasst von Ludwig Gremp**), wird im
1) „Ein Jahrhundert lang wurden alle in diesem Sinne verfassten
Schriften auf den Index gesetzt; . . . dagegen blieben alle Versuche ver-
preblich, das verderblichste, den Gerichtshöfen als Norm di(»nende Zanber-
Imndbuch des Jesuiten Delrio (Disqnisitionnm magicanim 11. 6, 1593
u. o. Harter, Nomenclntor 1, 352) derselben Censur zu unterwerfen".
Jnnns, der Papst und das Concil S. 280. In einem interessanten für die
Inquisition zur Zeit Alexanders VII. abgegebenen Gutachten über Stigmata
daemoniaca von Petrus Franc, de Rubeis (bei Albit. p. 503) werden Bodin,
Godelmann und Mathias Berlichius (auch ersteht seit 1669 im Index) citirt.
2) Possevin sagt: Scaliger habe librum epigrammatum et poematum
sacrornm in honorem coelitum herausgegeben (Lugd. 1546); von den Cal-
vinisten sei aber dieses Buch unterdrückt und eine Sammlung von iM>e-
mata, alioquin pura, variis erronim labibus inquinata und mit Gedichten,
die nicht von Seal, seien, vermischt herausgegeben worden, und diese Aus-
gabe sei verboten.
3) Stintzing. Gesch. I, 601.
Zweite und dritte Classe. 419
Rom. Ind. unbedingt verboten; gleichwohl steht bei Bras. eine Ex-
purgation : gestrichen werden die vielfachen Erwähnungen und Citate
von Luther, Melanchthon u. s. w. und namentlich Joh. Oldendorp,
die Bemerkung, Justinian habe die Institutionen non sine afflatu
divino publicirt, was man nur von den biblischen Schriftstellern
sagen dürfe, die Behauptung, die ohne Einwilligung der Eltern ge-
schlossene Ehe sei ungültig, die Gegenüberstellung des jus divinum
und canonicum, die Bekämpfung des Ehehindemisses der cognatio
spiritualis und dgl. — Erklärlicher ist das Verbot von 'AvdjLiviicJi^
juris, quod in approbandis pontificibus imperatores habuerunt, — der
Verfasser ist Simon Schard, «^ und von Franciscus Duarenus de
libertate eccl.gallicanae contra aulam Rom. Gemeint ist die von Fr.
Duarein, Prof. in Bourges, ins Lateinische übersetzte und der Aus-
gabe seines Buches De sacris ecclesiae ministeriis 11. 8 (zuerst 1551)
von 1564 beigefügte Pro lib. eccl. gall. adv. Rom. aulam defensio
Parisiensis Curiae Ludovico XI. quondam oblata. Im Rom. Ind.
wird seit S. diese unbedingt, das Buch Duareins wie bei Liss. und
Q. d. c. verboten. Bei Bras. steht die (aus Q. entnommene) Ex-
pnrgation desselben ; es kommen allerdings so viele und so starke
Stellen über kirchliche Missbräuche, Geldsendungen nach Rom, Un-
wissenheit der Bischöfe, Pluralität der Benefizien, Verletzung der
Residenzpflicht u. s. w. darin vor, dass man sich nicht wundem
dürfte, wenn das Buch ganz verboten wäre^). — Von Matthaeus
Wesenbeck, — er steht seit S. in der 1. Cl., — verordnet Antw.
nur eine Stelle in den Paratitla zu streichen, wo er die Gültigkeit
des jüdischen Ehescheidungsgesetzes auch unter Christen behaupte.
Im Exp. werden zwei Stellen in den Paratitla gestrichen. Bei Bras.
werden ausser diesen auch die Comm. Institutionum und in Codicem
von anstössigen theologischen, polemischen Stellen gegen das cano-
nische Recht und dgl. gesäubert.
R P. Domino Jo. Fischerio falso adscriptus über de fiducia
et misericordia Dei. Im Liss. 81 wird beigefügt: das Buch sei ad-
versus merita bonorum operum und Bucer werde für den Verfasser
gehalten. Diesen nennen auch Possevin, Gretser u. a.; Bellarmin
(De Script, eccl.) meint, das Buch sei von einem andern Fisher
als dem Bischof von Rochester oder diesem unterschoben.
In der lat. Abth. werden mehrere Colloquia einzeln, dann
allgemein alle anonym oder von Ketzern herausgegebenen oder nicht
approbirten Colloquia verboten, auch die unter dem Namen Synodus,
1) Schelhorn, De cons. de emend. eccl. II, 7, theilt Stellen mit und
boschreibt ein Exemplar, welches durch Ausschneiden von Blättern und
Ausstreichen expurgirt ist und in welchem die Blätter, welche die Defensio
enthalten, so zasammengeklebt sind, dns sie wie ein Brett nussehen. Die
Defensio ist bei Flacius, Catal. p. 179, und sonst abgedruckt, das Buch
von DuarenuR mit der Def. und den Concordata nationis germ. von Joh.
Schilter 1708 neu herausgegeben.
420 Antwerpener Appendix 1670.
Conventus, Conferentia und dgl. erschienenen, in der franz. Abth. auch
die von ketzeriflchen Conciliabula gemachten ConfesBioneB und die zu
Genf oder an anderen ketzerischen Orten erschienenen Catechis-
men. Ben. setzte ähnliche allgemeine Verbote in den Rom. Index*).
S. Cl. nahmen aus dem Antw. resp. Q. noch alle einzeln aufge-
zählten Colloquia und Confessiones, den Catechismus Genevensis und
sogar aus der fläm. Abth. einen Catech. latinogermanicus (in eccle-
sia Sittardiense per Paulum Chiraaereum) auf, ferner Protoeollum
h. e. acta coUoquii inter Palatinos et VVirtemberg. theologos [de
ubiquitate, zu Maulbronn 1564]. Letzteres und einige Collectiv-
Erklärungen von protestantischen Theologen aus der damaligen Zeit
stehen noch jetzt im Index : Heydelbergensis theologia de coena Do»
mini a. 1566 (vielleicht: Confessio fidei theologorum et ministrorum
Heidelbergensium de uno illo vero Deo . . deque sacra D. N. Jesu
Christi coena, Heidelb. s. a.), Summa purioris doctrinae per Mans-
feldenses ad gallicam eccl. missa (d. i. Summa pur. doctr. de sacro-
sancta Coena Domini ... ad nascentem eccl. Galliae missa a mi-
nistris verbi qui sunt in ditione Comitum Mansfeldensinm. Islebii
1562. 52 Bl. 8), Scripta ernditorum virorum de controversia eoenae
Dom. impr. 1562, Turingicorum exulum responsio (Döllinger, Ref.
3, 450).
Noch heute steht auch im Index: Libellus ABC, tractans ru-
dimenta religionis, qui t-antum meminit duorum sacramentorum ; es
ist übrigens ohne Zweifel eine französische Fibel gemeint, wie die
französ. Abth. zeigt; in dieser und der fläm. stehen noch mehr
ABC-Bücher.
Historia vera de vita, obitu, sepultura, accusatione haereseos,
exhumatione Martini Buceri et Pauli Fagii [zu Oxford 1650]. Item
Ilist. Cath. Vermiliae, Petri Martyris Vermilii conjugis, exhumatae
ejufique ad honestam sepulturam restitutae [1560], — Strassb. 1561,
von Conrad Hubert, Bucers Collegen in Strassburg, verfasst'*), steht
erst seit Ben. mit dem richtigen Titel im Ind., bis dahin seit S. Cl.
mit zwei ungenauen : Historia vera de rebus M. Buceri u. b. w. (aus
Antw. Q.) vel sub alio titulo : Historia de vita u. s. w. — Aehnlich
ist Tür die beiden Titel Orationes funebres et epicedia n. 8. w. (Antw.
Q.) und Orationes fun. de haereticis habitae u. s. w. von Ben. ge-
setzt: Or. fun. et elegiae in funere principum Germaniae T. I, II et
III. Collectore Simone Schardio.
Einige Schriften beziehen sich auf die damaligen kirchlich-
politischen Verhältnisse in Belgien: Oratio ecclesiarum Germaniae
ac Belgiae 1566, — so noch jetzt; richtig: Or. eccl. Christi per
1) Colloquium Altenburgensc (de articulo justificationis 1570, Döl-
linger, Ref. 3, 533, Preger, M. Flacius 111. II, 303) steht als das erste
im Alphabet noch jetzt im Index. — Confessio Anglicana werden die 39
Artikel, Conf. Argentinensis die Tctrapolitana sein.
2) Clement V, .353.
Zweite und dritte Glasse. 421
varias Germ. Belgicae provincias sub Antichristi jugo gemeiitium ad
Maximilianum Caesarem, 1566; — Narratio eorum quae contigeruiit
in patria inferiori a. 1566 '); — Epithemata historiae de hello reli-
gionis; — Apologia contra status Bargundiae.
Lexicon graecum novum, Genevae a. 1564 aut circiter impres-
sum, wird verboten mit dem Zusatz: qnod Genevam facit novam
Hierosolymam, also lediglich wegen eines Passns in der Vorrede oder
Widmung. Es steht noch heute im Rom. Index als unbedingt ver-
boten. Gemeint ist ohne Zweifel das in dem Nund. 68 stehende
Lex. graecolat. ex R. Constantini aliornmque scriptis . . collectum.
Genevae, Jo. Grispinus 156B, in welchem Sot. einige Artikel expur-
girt. — Farrago poematnm, d. c. Gl. hat dem Namen des Heraus-
gebers Leodegarius a Uuercu beigefügt. In den zwei Bänden (Par.
1560) werden von Sot. die Gedichte der auctores damnati Eobanus
Hessus und Georg Buchanan und ein paar andere gestrichen. Erst
Ben. hat unter den Namen desselben Herausgebers gestellt Flores
epigrammatum (1555), die durch S. Cl. aus Liss. Q,. d. c. in die
3. 01. kamen und die im span. Index ähnlich expurgirt werden. —
Enchiridion manualeve Romae cusum apud Thomam Membruuium,
ut quidem loquitur frontispicium, ut vero in calce legitur, Trecis,
ubi eum [sie] excudebat Franc. Trumeau, ähnlich noch jetzt, ist
vielleicht Enchiridion manuale precationum, welches J. B. Thiers
(Trait^ des superstitions I, 301) als ein ^abscheuliches Buch*^ er-
wähnt, worin allerlei hebräischen, samaritanischen, arabischen, grie-
chischen und lateinischen Zeichen magische Wirkungen zugeschrie-
ben werden.
Praxis et taxa officinae Poenitentiariae Papae, ebenso bei U.
und seit S. im Rom. Ind., seit Cl. mit dem Znsatze: ab haereticis
depravata (seit Ben. cum ab haer. sit depr.), scheint eine Ausgabe
der Taxen der Poenitentiarie mit polemischen Zuthaten zu sein;
denn die amtlichen Ausgaben heissen Taxa sacrae Poenit. apostolicae.
Die „Depravation^ durch die Ketzer wird aber nicht in einer Aen-
derung des Textes, sondern in jenen Zuthaten bestanden haben.
Die Taxen der Poenitentiaria und der Cancellaria werden uns im
17. Jahrh. in der Geschichte des Index wieder begegnen. Kurz
vor dem Erscheinen des Antw. hatte sich Claudius Espencaeus in
dem Commentarius in Ep. ad Titnm (1567) sehr schaif über die
Taxa Camerae s. Cancellariae apost. ausgesprochen, und diese Stelle
gehört mit zu denjenigen, wegen deren das Buch d. c. auf den In-
dex kam und die von Q,. gestrichen werden ^).
1) Vraye Narration et Apologie des choscs passees au Pays-bas
touchant le fait de la religiön en Fan 1566. Par ceux qui fönt profcssion
de la rol. reformee audit Pays. 1567. 140 S. 12, wahrscheinlich von Marnix.
L. D. Petit, Bibliothek, van Ncderl. Pamllctten, 1882, No. 120.
2) Die Taxa S. Poen. Ap. ist nach einer Ausgabe Paris 1620 abge-
druckt bei R. Gibbings, The Taxes of the Apost. Penitentiary, 1872, die
Stelle aus Espencaeus ebend. p. CXXXII. Vgl. Th. Lit.-Bl. 1875, 121.
420 Antwerpener Appendix 1570.
Conventus, Conferentia und dgl. erschienenen, in der franz. Abth. auch
die von ketzeriflchen Conciliabula gemachten Confeftsiones und die zu
Genf oder an anderen ketzerischen Orten erschienenen Catecbis-
men. Ben. setzte ähnliche allgemeine Verbote in den Rom. Index*).
S. Cl. nahmen aus dem Antw. resp. Q. noch alle einzeln aufge-
zählten Colloquia und Confessiones, den Catechismus Genevensis und
sogar aus der fläm. Abth. einen Catech. latinogennanicus (in eccle-
sia Sittardiense per Paulum Chimaereum) auf, ferner Protocollum
h. e. acta colloquii inter Palatinos et VVirtcmberg. theologos [de
ubiquitate, zu Maulbronn 1564]. Letzteres und einige Collectiv-
Erklärungen von protestantischen Theologen aus der damaligen Zeit
stehen noch jetzt im Index : Heydelbergensis theologia de coena Do-
mini a. 156G (vielleicht: Confessio fidei theologorum et ministrorum
Heidelbergensium de uno illo vero Deo . . deque sacra D. N. Jesu
Christi coena, Heidelb. s. a.), Summa pnrioris doctrinae per Mans-
feldenses ad gallicam eccl. missa (d. i. Summa pur. doctr. de sacro-
sancta Coena Domini ... ad nascentem eccl. Galliae missa a ml-
nistris verbi qui sunt in ditione Comitum Mansfeldensium. Islebii
1502. 52 Bl. 8), Scripta eruditorum virorum de controversia coenae
Dom. impr. 1562, Turingicorum exulum responsio (Döllinger, Ref.
3, 450).
Noch heute steht auch im Index: Libellus ABC, tractans ru-
dimenta religionis, qui t-antum meminit duorum sacramentorum ; es
ist übrigens ohne Zweifel eine französische Fibel gemeint, wie die
französ. Abth. zeigt; in dieser und der fläm. stehen noch mehr
ABC-Bücher.
Historia vera de vita, obitu, sepultura, accusatione haereseos,
exhumatione Martini Buceri et Pauli Fagii [zu Oxford 1556]. Item
Hist. Cath. Vermiliae, Petri Martyris Vermilii conjugis, exhumatae
ejuSque ad honestam sepulturam restitutae [1560], — Strassb. 1561,
von Conrad Hubert, Bucers Collegen in Strassburg, verfasst''), st^ht
erst seit Ben. mit dem richtigen Titel im Ind., bis dahin seit S. CL
mit zwei ungenauen : Historia vera de rebus M. Buceri u. s. w. (aus
Antw. Q.) vel sub alio titulo : Historia de vita u. s. w. — Aehnlich
ist für die beiden Titel Orationes funebres et epicedia u. s. w. (Antw.
Q.) und Orationes fun. de haereticis habitae u. s. w. von Ben. ge-
setzt: Or. fun. et elegiae in funere principum Germaniae T. I, II et
III. Collectore Simone Schardio.
Einige Schriften beziehen sich auf die damaligen kirchlich-
politischen Verhältnisse in Belgien: Oratio ecclesiarum Germaniae
ac Belgiae 1566, — so noch jetzt; richtig: Or. eccl. Christi per
1) Colloquium Altenburgenso (de articulo justificationis 1570, Döl-
linger, Ref. 3, 633, Preger, M. Flacius 111. H, 303) steht als das erste
im Alphabet noch jetzt im Index. — Confessio Anglicana werden die 39
Artikel, Conf. Argentinensis die Tetrapolitana sein.
2) Clement V, 353.
Zweite und dritte Classe. 421
varias Germ. Belgicae provincias sub Antichriöti jugo gementiuni ad
Maximilianum Caesarem, 1566; — Narratio eorum quae contigeruiit
in patria inferiori a. 1566 *); — Epithemata historiae de bello reli-
gionis; — Apologia contra status Bargundiae.
Lexicon graecum novum, Genevae a. 1564 aut circiter impres*
sum, wird verboten mit dem Zusatz: quod Genevam facit novam
Hierosolymam, also lediglich wegen eines Passns in der Vorrede oder
Widmung. Es steht noch heute im Rom. Index als unbedingt ver-
boten. Gemeint ist ohne Zweifel das in dem Nund. 68 stehende
Lex. graecolat. ex R. Constantini aliornmqne scriptis . . collectum.
Genevae, Jo. Crispinus 156B, in welchem Sot. einige Artikel expur-
girt. — Farrago poematum, d. c. Gl. hat dem Namen des Heraus-
gebers Leodegarius a Uuercu beigefügt. In den zwei Bänden (Par.
1560) werden von Sot. die Gedichte der auctores damnati Eobanus
Hessus und Georg Buchanan und ein paar andere gestrichen. Erst
Ben. hat unter den Namen desselben Herausgebers gestellt Flores
epigrammatum (1555), die durch 8. Cl. aus Liss. Q,. d. c. in die
3. Cl. kamen und die im span. Index ähnlich expurgirt werden. —
Enchiridion manualeve Romae cusum apud Thomam Membruuium,
ut quidem loquitur frontispicium, ut vero in calce legitur, Trecis,
ubi eum [sie] excudebat Franc. Trumeau, ähnlich noch jetzt, ist
vielleicht Enchiridion manuale precationum, welches J. B. Thiers
(Traite des superstitions I, 801) als ein , abscheuliches Buch** er-
wähnt, worin allerlei hebräischen, samaritanischen, arabischen, grie-
chischen und lateinischen Zeichen magische Wirkungen zugeschrie-
ben werden.
Praxis et taxa officinae Poenitentiariae Papae, ebenso bei U.
und seit 8. im Rom. Ind., seit Cl. mit dem Znsatze: ab haereticis
depravata (seit Ben. cum ab haer. sit depr.), scheint eine Ausgabe
der Taxen der Poenitentiarie mit polemischen Zuthaten zu sein;
denn die amtlichen Ausgaben heissen Taxa sacrae Poenit. apostolicae.
Die „Depravation" durch die Ketzer wird aber nicht in einer Aen-
derung des Textes, sondern in jenen Zuthaten bestanden haben.
Die Taxen der Poenitentiaria und der Cancellaria werden uns im
17. Jahrh. in der Geschichte des Index wieder begegnen. Kurz
vor dem Erscheinen des Antw. hatte sich Claudius Espencaeus in
dem Commentarius in Ep. ad Titum (1567) sehr scharf über die
Taxa Camerae s. Cancellariae apost. ausgesprochen, und diese Stelle
gehört mit zu denjenigen, wegen deren das Buch d. c. auf den In-
dex kam und die von Q,. gestrichen werden ^).
1) Vraye Narration et Apologie des choses passees au Pays-bas
touchant le fait de la religion en l'an 1566. Par ceux qui fönt profcssion
de la rcl. reformee audit Pays. 1567. 140 S. 12, wahrscheinlich von Marnix.
L. D. Petit, Bibliothek, van Nederl. Pamlletten, 1882, No. 120.
2) Die Taxa S. Poen. Ap. ist nach einer Ausgabe Paris 1620 abge-
druckt bei R. Gibbings, The Taxes of the Apost. Penitentiary, 1872, die
Stelle aus Espencaeus ebend. p. CXXXII. Vgl. Th. Lit.-Bl. 1875, 121.
422 Antwerpener Appendix 1570.
Antithesis de praeclaris Christi et indignis Papae faciuoribus
(Cum Dei decalogi mandatiB AntichriHti üppositin u. s. w.) ist die
bei Zach. Durant in Genf 1557 gedruckte Schrift, welche 18 Anti-
thesen von je 20 Distichen mit 18 Christus- und Papstbildern ent-
hält. Auf der Rückseite des 1. Hlattes steht ein Tetrasticlion von
Simon Kosarius/ der also als Verfasser anzusehen sein wird. Bei-
gefügt ist eine Uebersetzung von Ochino's Image Antichristi mit
der Ueberschrift De praeclarissimis Christi et indigniss. Antichr.
moribus. Die Bilder sind zum Theil Nachahmungen der 26 Holz-
schnitte nach Lucas Cranach, welche mit kurzem Text von Luther
deutsch als Passional Christi und Antichristi, lateinisch als Anti-
thesis figurata vitae Christi et Antichristi, zuerst s. 1. et a. (Witt.
1521), 14 Bl. 4 erschienen»).
£ine französische Bearbeitung des Passional (Prosa-Text mit
32 Holzschnitten) steht imPar.4B und 51: Les faitz de J. C. et du
Pape par lesquels chacun pourra facilement ^connaitre la grande
dilTerence d'entre eux (nouvellement revus . . . par le Lecteur du
Saint Palais. Impr. a Kome au chateau Saint Ange. Cum privil. apost.
S. 1. et a. — La vie de J. C. et du Pape im Par. 51 ist wohl das-
selbe). — Später erschien Antithese des faicts de J. C. et du Pape,
mise en vers franyais (Genf) 1578 und 1584 (im Liss. 81 wird
Antithesis u. s. w. französisch und in jeder andern Sprache ver-
boten) und imprime a Home Tan du grand jubile 1600 (Genf, Vignon).
Diese letzte Ausgabe wurde 1608 auf den Index gesetzt. Von den
vorher genannten Pasquillen steht mit seinem ricbtigen Titel keines
im Köm. Index, auch nicht Simon Rosarius in der 1. Cl. P. fand
aber bei GA. die Notiz: Jo. Avene Rubeaqnensis habe 1546 aus
dem französischen ins Lateinische übersetzt librum cujusdam anonymi
De repugnantia doctrinae Christi ac Rom. Pontificis, in quo denion-
stratur per antithesim, Pontificuni doctrinam et vitam non tantuni
s. Christi evangelio non consentaneam, sed extra Dei verbum ab
hominibus traditam et confictam esse, und so kam durch P. Jo. Avene
Ruh. in die 1. Cl. und in die 3. Anonymi cuj. 1. de rep. doctr.
christianae (von Ben. corrigirt in Christi ac Rom. Pont.). Dieses
ist vielleicht eine Uebersetzung von Les faictz u. s. w. ^). — Im
1) M. B. Lindau, Lucas Cranach 8. 172. v. Dommer No. 75 ff.
Boehmer Bibl. Wiffen. II, 107. Zte. f. luth. Th. 1871, 70. — Die Anti-
thesis des S. Rosarius abgedr. bei Wolf, Lect. mem. II, 771, das Passional
Erl. 63, 240, neue Ausgabe mit imitirtcn Holzschnitten Lpz. 1874. Anti-
thesis Christi et Pontificis per Pasquillum in den Pasq. tomi duo I, 26
sind nur 13 Hexameter (von Gilbertus Coguatus).
2) Die 1585 erschienene Antithesis doctrinae Christi et Antichristi
de uno vero Deo (Clement I, 359, auch von Bellarmin, Controv. de mem-
bris eccl. mil. 3, 2 erwähnt) ist von dem Antitrinitarier Erasmus Joannis.
Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 87.
Antwerpeucr Index uxpurgatorius 1571. 423
Par. steht Le Catalogue du Pape et de Moyse (schou 1523 bei Ber-
quin contiscirt), bei Casa 11 catalogo del Papa e di MoiKe, seit P.
im Köm. Ind. Catalogus Papae et Moysis (seit Ben. wieder fran-
zösisch), vielleicht eine Bearbeitung der oben mit Cum Dei decalogi
mandatis Antichristi oppositis bezeichneten Zusammenstellung, und
vielleicht Catalogue verschrieben für Decalogne.
Das Verzeichniss der verbotenen Bibeln und N. Testamente in
der Antw. App. ist im wesentlichen das des Lov. 50. Die Ab-
theilungen, welche die französischen und flämischen BUcher enthalten,
sind verhältnissmässig am sorgfältigsten bearbeitet; sie sind al])ha-
betisch geordnet und enthalten mehr als Lov. 50; in der franz. Abth.
ist manches aus Par. 51 entnommen. Die spanische Abtheilung ist
aus V. 59 herübergenommen, aber manches weggelassen und einiges
beigefügt. Diese Abtheilungen sind vollständig in den span., nur
einiges daraus ist in den Rom. Index aufgenommen. — Unter den
„duytschen" Büchern stehen einige hochdeutsche und ein englisches:
Psalmes of David, in engheische metre by Thomas van Sterneholde
u. 8. w. London 1559.
41. Üer Antwerpener Index expargatorius von 1571.
In dem Edicte Alba's vom 15. Febr. 1570 war die Abliefe-
rung der zu corrigirenden Bücher verordnet und die Corrcctur
durch geeignete Personen, die er beauftragen werde, in Aus-
sicht gestellt. In der Conferenz zu Brüssel (S. 408) wurde auch
über die gemäss den Bestimmungen des Concils (des Trienter
Index) vorzunehmende Expurgation solcher BUcher gesprochen,
die einzelne Unrichtigkeiten oder, wie Ausgaben der Kirchen-
väter, Noten und Zuthaten bedenklicher Art enthielten*). Auf
den Rath des Arias Montanas forderte Alba die Bischöfe, die
Universitäten Löwen und Douay und eine Anzahl von Gelehrten
auf, die von ihnen für nöthig gehaltenen Correcturen einzu-
senden. Die eingelaufenen Expurgationsvorschläge wurden von
einer zu Antwerpen niedergesetzten Commission, der ein Bischof,
wahrscheinlich Sonnius, präsidirte und zu der Arias als könig-
licher Commissar gehörte, zusammengestellt und darauf ein
Index expnrgatorius mit einem Edicte Philipps IL resp. des
Herzogs von Alba vom 31. Juli 1571 und einer Vorrede von
1) Col. de doc. iued. 41, 175.
424 Antwerpener Index expurgatorius 1571.
Ariaö, datirt Antwerpen 1. Juni 1571, auf königliche Kosten
gedruckt*). Dieser Index wurde nicht in den Buchhandel ge-
geben, sondern nur den mit der Expurgation beauftragten Per-
sonen eingehändigt, der Kanf und Verkauf und das Besitzen
desselben ohne bischöflische Erlaubniss sogar ausdrücklich ver-
boten. Die Originalausgabe desselben ist darum sehr selten.
Es gibt aber mehrere von protestantischen Buchhändlern be-
sorgte Nachdrucke mit polemischen Vorreden von Franciscus
Junius (Dujon) 1586 «) und Joh. Pappus 1599») und 1609*) und
mit dem Index expurgatorius von Quiroga zusammen 1611^).
1) Index expurgatorius librorum qui hoc seculo prodierunt, vel doc-
triiiae non sanac crroribus inspersis, vel inutilis et offensiuac malcdicentiae
foUibus permixtis, juxta Sacri Concilii Tridentini decretum ; Philippi II.
Regis catholici jussu et auctoritate, atque Albani Ducis consilio ac mi-
nisteriu in Bclgia concinnatus, Anno 1671. Antwerpiae, ex offic. Christophori
Plantini Prototypographi llegii 1571.* 8 Bl. und 108 S. 4. (Mainz. Zwischen
S. 50 und 51 stehen 4 unregelmässig paginirtc Blätter) Das Edict steht
in dem Mainzer Exemplar französisch; es muss aber auch Exemplare mit
dem Edicte in flämischer Sprache gegeben haben; in den Nachdrucken
steht es flämisch mit einer lateinischen Uebersetzung.
2) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Nunc primum
in lucem cditus et praefationo auctus ac regij diplomatis interpretatione.
Apud Jo. Mareschallum Lugdunensem. 1586.* 30 Bl. 292 S. 8. Das an den
Pfalzgrafen Johann Casimir gerichtete Widmungsschreiben ist von H.
Junius unterzeichnet.
8) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Accessit huic
oditioni Collatio censurae in Glossas Juris Canonici, iussu Pij V. Pontificis,
anno 1572 editae, cum iisdem Glossis Gregorii XIII. mandato, anno 1580,
recognitis & approbatis Ratiouem et usum coUationis huiusco demonstrat
Praefatio Doct. loannis Pappi, Theologi Argentoratonsis. Impensis Lazari
Zetzneri. 1599.* 38 Bl. 363 S. 12. — Im J. 1624 verordnete die Index-
Congregation : Jo. Pappi et Franc. Junii Praefationes in ludicem expurga-
torium multorum librorum, impressum Coloniae [sie] apud Laz. Zetznerum,
mandantur removeri a dicto Indice.
4) Index expurgatorius . . . concinnatus, anno 1571. Accesserunthuic
editioni Excerpta aliorum Librorum expurgatorum, qui in Indioe hoc Bel-
gico desidorabantur, ex Indice Hispanico, Illustrissimi ac Reverendissimi
D. D. Gasparis Quiroga, Cardinalis & Archiepiscopi Toletani, Hispan.
generalis Inquisitoris iussu edito. De Consilio supremi Senatus S. Generalis
Inquisitionis Juxta exemplar, quod typis mandatum est Madriti, apud
Antwerpener Index expurgaiorius 1571. 425
Das Edict entbult uäch einer gescbichtHclien Einleitung,
aus der die vorstehenden Notizen grösstentbeils entnommen sind,
die Verordnung: nach diesem Index seien alle bereits abge-
lieferten und noch abzuliefernden Exemplare der betreffenden
Btlcber durch Ausstreichen der betreffenden Stellen von den da-
zu bestellten oder zu bestellenden Visitatoren zu corrigiren und
dann, mit einer Bescheinigung des betreffenden Visitators ver-
sehen, den Eigenthümern zurückzugeben ; wer fortan nicht corri-
girte Exemplare besitze oder verkaufe, verfalle den in den Pla-
caten angedrohten Strafen; die in dem Index verzeichneten
Bücher dürften fortan nur nach einem Exemplar neu gedruckt
werden, auf welchem ein Visitator bescheinigt habe, dass es ex-
purgirt sei, und der Prototypograph, dass dieser Visitator zu
den dazu autorisirten gehöre; ein Verzeichniss der in dem Index
enthaltenen Bücher solle veröffentlicht, der Index selbst nur den
amtlictkbestellten Visitatoren eingehändigt werden; ausser diesen
dürften die Bischöfe an jedem Orte, wo es Buchhändler gebe,
eine oder zwei geeignete Personen ermächtigen, Expurgationen
vorzunehmen und die expurgirten Exemplare einem Visitator
zur Beifügung der Bescheinigung vorzulegen; auch diese dürften
den Index in Händen haben, aber nur insgeheim und ohne
anderen ihn mitzutheilen oder eine Abschrift zu geben*).
Alphonsum Gomezium, regium Typographum, anno 1584. Caetera vid.
pag. sequenti. Argcntorati, Zetzncr 1G09.* 23 Bl. 521 S. 8. — S. 265 be-
ginnen die Excerpta ex indice . . . Gasparis Quiroga, hinter S. 460 Col-
latio Censurae in Glossas . . . wie in der Ausgabe von 1599.
5) Indices Expurgatorii dao u. s. w. s. a. § 48. Nach dieser Aus-
gabe citire ich.
1) Auf der Rückseite des Titelblattes steht: Ducis Albae iussu ac
decreto cauetur, ne quis praeter Prototypographura Regium hunc Indicem
imprimat, neue ille aut quis alius publice vel priuate vendat, aut citra
ordinariorum facultatem, aut permissionem habeat. — In dem Exemplar
der K. Bibliothek zu Brüssel steht von Arias' Hand geschrieben : Doctiss.
viro D. Michaeli Baio Dri Th. et R. Prof. Inquisitori gen. hunc librum
regio nomine ad muneris sui usum Benedictus Arias Montanus D. D. Lo-
vanii Id. Oct. 1571. Ann. Plantin. p. 112. —- Hinter dem Edicte steht
noch : Cavetur etiam ne quis hunc indicem parte aliqua augeat vel minuat
nove ex impressis manuscriptum exprimat citra Gubematoris & Concilii
auctoritatem.
42G Antwerpener Index uxpiirgaturius 1571.
In der Vorrede des Arias Mohtauus wird bemerkt: der
Index mache auf Vollständigkeit keinen Anspruch; es seien die-
jenigen Bücher aufgenommen, die am meisten gebraucht würden
und deren Expurgation oder Freigebung darum am wtinschens-
werthesten gewesen. Die Bücher sind unter die Kategorieen :
Tlieologie, Jurisprudenz, Medicin, Philosophie. Mathematik und
Humanioros disciplinae, in den einzelnen Kategorieen alphabetisch
geordnet. Den Schluss bildet die umfangreiche Expurgation
der Werke des Erasmus. — Von manchen Büchern wird keine
Expurgation gegeben, sondern einfach constatirt, sie enthielten
nichts Bedenkliches, würden also freigegeben, oder, sie seien
einer Expurgation nicht fähig, blieben also unbedingt verboten*).
Jedenf<ills ist in diesem Index, wenn auch nur in einem
beschränkten Masse, ein Versuch gemacht, die Bestimmungen
der 2., 5. und 8. Kegel des Trienter Index zur Ausführung zu
bringen. Von Chr. Hegendorphinus, Hier. Schurff, Conra4l«Ge8ner,
Janus Cornarius, Leonhard Fuchs. Joachim Camerarius, Petrus
Ilamus, Sebastian Münster und anderen Auetores 1. classis
werden manche Werke einfach freigegeben, manche von ihnen
und anderen nur unbedeutend, — andere freilich stärker, —
expurgirt. — In Rom fand dieser Index anfangs keinen sonder-
lichen Beifall; später wurde vieles aus demselben in den Index
von Brisighella aufgenommen. In Spanien dagegen war man
mit dem Index sehr zufrieden, als mit einem guten Anfange.
Quiroga nahm 1584 einen grossen Theil desselben in seinen
Index auf; aber die spanische Inquisition setzte das Expurgiren
in grösserm Massstabe und mit grösserer Schärfe fort, und
während der Antwerpener Index nur ein bescheidenes Quart-
bändchen ist, ist der von Sotomayor vom J. 1640 schon ein
stattlicher Foliant.
1) Die Formeln sind einerseits: legi possunt; nihil offenduut; nihil
quin legantur habere vidcntur; nullam religionis facit mcutionem; nihil
offendiculi habcnt contra pietatem vel bonos etiam mores; admissum est
u. dgl., anderseits: totus liber rejiciatur ut est in catalogo (dem Index
von 1570); tollendi sunt, quia correctionem non admittunt; repurgatione
dignum non censuimus u. dgl.
Antwerpeuer Iudex expurgatorius 1671. 427
Die Thdtsache, daes hinter dem Edicte Alba^s vier der zehn
Eegeln des Tr. abgedruckt sind, die 2., 5., 7. und 8., haben van
Enpen ') u. a. zu öunsten der Ansicht angeführt, Philipp II. habe
für Belgien nicht alle Regeln, namentlich nicht die 4. (über die
Bibelübersetzungen), recipirt. Aber in dem Index von 1570 stehen
alle zehn Kegeln und es ist doch nicht anzunehmen, dass sie hier
ohne höhern Auftrag abgedruckt sein sollten, und die Bestimmung
der Ordonnanz von 1570 über den Verkauf von Bibelübersetzungen
und Coutroversschriften (8. 402) stützt sich auf die 4. und 6. Kegel.
Dass in dem Antw. Exp. (wie bei Bras.) nur die genannten vier
Kegeln abgedruckt sind, erklärt sich einfach daraus, dass sich nur
diese auf die Expurgation von Büchern beziehen.
In der Vorrede des Arias Montanus findet sich die Bemerkung :
man dürfe annehmen, dass viele Verfasser von expurgirten Büchern,
welche bereits verstorben seien und nun in der andern Welt die
Walirheit besser kennen gelernt hätten, wenn sie von den Todten
wiederkehrten, den Censoren sehr dankbar sein würden ^), zumal diese
in manchen Fällen nur beseitigt hätten, was, wie eine Vergleichung
der älteren und der späteren Ausgaben zeige, ihren Werken von
den späteren Uerausgebern beigefügt worden sei, wie das mit der
Chronik des Carion und dem Buche des Polydorus Vergilius(?) ge-
schehen; die noch lebenden Schriftsteller könnten froh sein, dass ihre
Schriften mit Beseitigung des Anstössigen allgemein zugänglich ge-
macht würden, und manche hätten sich bereits in Briefen in diesem
Sinne ausgesprochen und sich bereit erklärt, die Weisungen der
Censoren (bei neuen Ausgaben) zu beachten.
Einen hervorragenden Antheil an der Expurgation hatte die
Löwener theologische Facultät. Sie übernahm 5. Mai 1570 die Ex-
purgation der Noten und Indices des Erasmus zu Irenaeus, Hierony-
mus und Augustinus. Es wurde ihr aber auch die Expurgation der
1) S. das von ihm, Opstraet und Verschurcn unterzeichnete Gut-
achten in seineu Opp., Col. 1777, V, 45; vgl 1, 214.
2) Mit gewohnter Derbheit führt Gretser (üpp. 18, 21) diesen Ge-
danken aus: Die Prädicanteu fragen: was die verstorbenen Schriftsteller
zu solchen Veränderungen ihrer Schriften sagen würden, wenn sie wieder-
kämen. Kämen sie aus dem Himmel oder dem Fegfeuer, so würden sie
sehr dankbar sein; kämen sie aus der Hölle, so würden sie sich verhalten
wie der reiche Prasser; wo nicht, so wäre auf sie ebenso wenig zu hören,
wie wir auf die Prädicanteu hören. Er beantwortet auch noch einige
andere Einwendungen gegen das Expurgiren: „Die Käufer expurgirter
Schriften werden getäuscht." Sie können froh sein, dass sie gute Waareu
statt schlechter bekommen. „Die Kirche hat keine Gewalt über fremde
Bücher." Sie hat ja deren Tausende verbrennen lassen. Zu dem einen
und zu dem andern ist sie ermächtigt durch den Auftrag: Weide meine
Schafe u. s. w.
428 Antwerpener Index expurgatorius 1671.
sämmtlichen Werke des Erasmus fgemäes der BeBtimmung des Tr.)
und des ConKilium de schismate von Zabarella übertragen. Sie
sandte ihren Bericht 17. Nov. 1570 ab *). Die theologische Facultät
von Douay gab Gutachten über Bertramus und ßeuchlin ab. Diese
und einige andere Stücke scheinen so, wie sie eingesandt wurden,
abgedruckt zu sein*).
Die Weisungen des Antw. Exp. sind mitunter ziemlich unbe-
stimmt, wie: videatur locus et tollantur verba acerba, repurgetur
locus (p. 141. 142) u. dgl.; p. 131 heisst es von einem mathemati-
schen Buche von Caspar Peucer: nihil ofFendit, nisi in praefatione
aliqua verba, quibus diligenter deletis reliqua non offendunt; p. 121
von den botanischen Schriften des Euricius Cordus: nihil offendiculi
habere videtur, quin legatur; scomma unum aut alterum habere vi-
detur. In den spanischen Indices werden dagegen die zu tilgenden
oder zu ändernden Ausdrücke genau angegeben. Für uns hat
der Antw. Exp. vor den spanischen Indices den grossen Vorzug,
dass er vielfach die zu streichenden Stellen vollständig abdruckt, so
dass man ohne Mühe erkennt, was beanstandet wurde, während
diese nur die Anfangs- und Schlussworte angeben.
Bei Enchiridion principis et magistratus christiani, quod refertur
ad Petrum Aegidium et Comelium Scribonium, auctores non repro-
batos (Scribonius hatte allerdings 1522 abschwören müssen, war aber
1558 als Katholik gestorben; 8. 106. Paquot I, 603), ist die weitere
Bestimmung durch ein Versehen weggelassen ; wie der Ausdruck
auctores non reprobatos vermuthen lässt, sollte das Buch freigegeben
werden. Q, nahm mit Weglassung dieses Ausdrucks das üebrige
sogar ohne d. o. in seinen Index auf, und so ist es durch S. in den
Köm. Ind. gekommen (jetzt unter Scribonius).
Der Herzog von Alba liess den Index von 1571 mit einem
von Arias Montan us verfassten Schreiben Pius V. durch den Car-
dinal Pacheco überreichen. Arias Montanus schreibt 16. Nov. 1571 :
der Papst sei mit Unrecht verdriesslich über das, was in Belgien
1) de Ram, De laudibus quibus veteres Lov. theologi efiferri possunt,
1847, p. 32 (Jo. Molani Bist. Lov. cd. de Ram, 1861, II, 917). Von dem
Consilium Zabarella's heisst os übrigens einfach: visitatum est et ad-
missum. Einer der Löwoner Mitarbeiter war Heinrich Boxhorn, der später
Protestant wurde und in einer Schrift sagt: Repurgatorii Indicis, quem
tyrannizautc Albauo Ben. Arias Montanus in piorum virorum lucubrationcs
injurius couceperat, executor inter primos factus sexcentas contra falsa
doctrinae papisticae capita observationes virgula oensoria annotaveram,
quam optarera lacrymis et sanguine meo elucre! Francus p. 22.
2) P. 54 wird der Schluss des Gutachtens der drei Löwener Theologen,
die die Ausgabe des Augustinus expurgirt hatten, mitgetheilt. Die Gut-
achten von Douay haben die Ueberschrift : Judicium üniversitatis Dua-
ccnsis censoribus probatum, p. 54. 58.
Die Index-Congregation. 429
geschehen, da man doch für die von ihm beabsichtigte Revision
„seines" (des Römischen) Index eine gute Vorarbeit geliefert; man
wisse übrigens noch gar nicht, wann in Rom ein neuer Index fertig
werde und ob derselbe überall werde recipirt werden; der Index
Pauls IV. sei ja auch nicht recipirt worden*). Ein Jahr später,
18. Dec. 1572, schreibt er von Rom aus: die Cardinäle wollten ihn
dort behalten, um an der Emendation der Vulgata und an der „Cor-
rection der verbotenen Bücher" zu arbeiten, da man mit der in
dem Index von 1571 gelieferten Correction von 100 Büchern zu-
frieden sei^). — Man wird es in Rom nicht gern gesehen haben,
dass in Belgien die weltliche Regierung den Trienter Index mit Zu-
sätzen und Expurgationen publicirte, welche in den Trienter Regeln
(2. 3. 5. 8.) den Bischöfen und Inquisitoren oder den theologischen
Facultäten und der General-Inquisition aufgetragen waren. Man
konnte auch an einigen speciellen Punkten des Antw. Exp. Anstoss
nehmen, wie an den Bemerkungen über Renchlin (S. 62) und daran,
dass Bücher, die ohne d. c. in der 2. oder 3. Cl. des Tr. stehen,
wie die von Bertramus und Zabarella für unbedenklich erklärt, oder,
wie die von Fr. Balduinus, expurgirt wurden. — Wenn Gregor XIII.
1572 die Index-Congregation mit der Ausarbeitung eines neuen In-
dex „mit Beseitigung der Expurgationen anderer" beauftragte (§42),
so kann sich letzteres nur auf den Antw. Exp. beziehen. Derselbe
wurde damit allerdings vorerst nicht cassirt; aber gleichzeitig nahm
der Papst alle irgendwelchen Personen von seinen Vorgängern in
irgendwelcher Form, also auch die durch die Trienter Regeln, ver-
liehenen Facultäten zum Expurgiren von Büchern zurück, und so
ist denn auch ausserhalb Spaniens der Antwerpener Index expur-
gatorius der einzige geblieben» abgesehen von dem später zu be-
sprechenden Römischen.
42. Errichtung der Index-Gongregation.
Wir haben gesehen, dass der Index Pauls IV. durch die
Inquisition promulgirt wurde. Eine besondere Congregation
von Cardinälen ftir die Fortführung des Index und die sonstigen
mit dem Bücherverbote zusammenhangenden Geschäfte wurde
1571 von Pius V. errichtet. Die betreffende päpstliche Verord-
nung ist zwar nicht mehr vorhanden, aber die Thatsache un-
1) Mem. de la R. Acad. de la Eist. 7, 63. 154.
2) Col. de doc. ined. 41, 278.
430 Die Index- Congregation.
zweifelhaft. Benedict XIV. sagt in der Einleitung der über den
Index bändelnden Bulle Solicita vom J. 1753:
Zwei Congregationen sind es, die vom apostolischen Stuhle
beauftragt sind, ßchlechte und schädliche Bücher zu untersuchen und
zu erkennen, welche zu verbessern und welche zu verbieten seien.
Paul IV. soll dieses Greschaft der Congregation der Inquisition über-
tragen haben, und diese nimmt es auch noch jetzt wahr, wenn es
sich um das ürtheil über Bücher gewisser Classen handelt. Sicher
ist, dass iler h. Pins V. der erste Gründer der Congregation des
Index ist, welche darauf die folgenden Päpste, Gregor XIII.. Six-
tus V. und Clemens VIII. bestätigt und mit verschiedenen Privi-
legien und Facultäten ausgerüstet haben. Ihre eigentliche und fast
einzige Aufgabe ist, die Bücher zu untersuchen, über deren Verbot,
Verbesserung oder Gestattung Beschluss zu fassen ist.
In dem Archiv der Index-Congregation findet sich ein Ver-
zeichniss der vier Cardinäle und der neun Consultoren, welche
Pins V. ernannte'). In einem Breve Gregors XIII. vom 13.
Sei)t. 1572'^) werden sieben Cardinäle genannt, zuerst Wilhelm
Sirleto. In diesem Breve heisst es:
Um allen Anlass zur Verbreitung verderblicher Meinungen zu
beseitigen und für die Ruhe der Gewissen, so viel an Uns liegt,
zu sorgen, wünschen Wir sehr, der Index der verbotenen Bücher
möge möglichst bald in die Form gebracht werden, dass die Christ-
gläubigen erkennen können, welche Bücher sie unbehindert lesen
dürfen und von welchen sie sich zu enthalten haben, und dass in
dieser Beziehung kein Bedenken und kein Zweifel übrig bleibe. Da
nun euch die Sorge für diese Angelegenheit von diesem h. Stuhle
übertragen worden ist, so wollen Wir, — damit ihr das übernom-
mene Amt mit grösserer Auctoritüt verwalten und euere Aufgabe
freier und leichter mit Gottes Hülfe vollenden könnet und damit
ferner dieses Werk mit Beseitigung der Kxpnrgationen anderer, die
eine Verschiedenheit herbeiführen könnten, in Einer bestimmten
Form veröffentlicht werden könne, — alle und jegliche Facultäten,
welche zu allen unten angegebenen Zwecken irgendwelchen Personen
von Unseren Vorgängern, aus welchem Grunde und in welcher Form
es auch geschehen sein mag, verliehen worden sind, zurücknehmen
und alles, was in dieser Angelegenheit von irgend jemand wissent-
lich oder unwissentlich unternommen werden mag, für null und nich-
tig erklären, euch aber oder der Mehrzahl von euch volle und freie
Auctorität und Facultät verleihen, — mit Beiziehung von Männern
1) J. CatalanuR, De Secretario S. Congr. Indicis libri duo, Rom
1751, p. 20.
2) Es ist nach einem 1572 apud haoredea Ant. Bladi impressoris ca-
meralis gedruckten Exemplare abgedruckt A. J. P. 2, 22ö6.
Die Index-Conpfregation. 431
bewährten Glaubens aiiR dem weltlichen nnd dem Ordensstande» die
der h. Theologie und der CanoncR kundig sind, denen allein ihr
auch, aber lediglich zu diesem Zwecke, die Erlaubniss zum Behalten
und Lesen verbotener Bücher sollt ertheilen können, -— alle Dunkel-
heilen und Schwierigkeiten^ die in dem Index selbst und in seinen
Regeln entstanden sind oder entstehen werden, zu erklären und zu
entscheiden, die Bücher von ketzerischen oder verdächtigen oder
irgendwie verworfenen Schriftstellern zu expurgiren, Bücher nach
euerm Dafürhalten zu verbieten oder zu gestatten, solche, die nicht
im Index stehen, darauf zu setzen und solche, die gestattet werden
sollen, daraus zu entfernen, und das Lesen und Behalten der ver-
botenen, aber durch Sachkundige expurgirten und von euch geneh-
migten zu gestatten. Und damit die Sache leichter und nutzbringen-
der besorgt werde, sollt ihr allen Bischöfen, . . . Doctoren, Ma-
gistern, BuchhändleiTi, Druckern, Zollbeamten und allen anderen
jeden Ranges und Standes bei den nach euerm Ermessen festzu-
setzenden Strafen und Censuren vorschreiben können, in allem, was
die Erklärung und Verbesserung (reformatio) des besagten Index
angeht, eueren Befehlen unweigerlich Folge zu leisten.
In der Bulle Immensa Sixtus' V. vom 22. Jan. 1587 (Bull. II,
670) heisöt es von der Index-Congregation, sie solle die Voll-
macht haben,
die vorlängst oder jüngst angefertigten Gataloge und Indices
verbotener Bücher und die Regeln derselben zu revidiren, die Bücher,
welche in früheren Indices verboten oder suspendirt (mit d. c. ver-
boten) seien, zu untersuchen und, sofern sie es für gut halte, zu
gestatten, nach der Veröffentlichung des Trienter Index erschienene
Bücher, welche der katholischen Lehre und den christlichen Sitten
widersprechen, zu prüfen und nachdem sie Uns darüber berichtet,
kraft Unserer Auetori tat zu verwerfen, die durch Unrecht und Hinter-
list der Menschen verderbten Bücher zu verbessern, solche, die
nach Beseitigung weniger Irrthümer im übrigen nützlich sein können,
zu reinigen und zu corrigen und Indices expurgatorios anzufertigen,
ausserdem neue Bücher zu approbiren und für den Druck derselben
Vorschriften zu erlassen. Sie sollen die Universitäten zu Paris,
Bologna, Salamanea, Löwen und andere bewährte Universitäten zur
Reinigung und Correctur auffordern und deren fleissige Mithülfe in
Anspruch nehmen. Wir gestatten auch dieser Gongregation, Theo-
logen, Canonisten und andere sachkundige, fromme und geeignete
Männer, auch von auswärts berufene, bei diesem für die Christen-
heit in unserer Zeit so nützlichen Geschäfte zu verwenden und den-
selben, aber nur zu diesem Zwecke und nicht auch anderen zu ge-
statten, verbotene Bücher auch ohne Unsere Erlaubniss zu behalten
und zu lesen.
Eine ausführlichere Darstellung der Organisation und des
Verfahrens der Index-Congregation wird besser später gegeben,
da sie erst mit dem Anfange des 17. Jahrhunderts in volle
432 Die Index-Congregation.
Thätigkeit kam. Zu erwähnen ist aber hier noch die Stellaug
eines bisher schon oft <^enannten päpstlichen Beamten. Der Ma-
gister Sacri Palatii, stets ein Dominicaner, war ständiger
Consultor der Inquisition und der Index-Congregation. Ursprüng-
lich war derselbe der päpstliche Hofprediger, später der per-
sönliche Consultor des Papstes in theologischen Angelegenheiten
und als solcher bis zu der Errichtung jener beiden Congrega-
tionen eine einflussreiche Persönlichkeit. Leo X. übertrug ihm
in Gemeinsamkeit mit dem Cardinal-Vicar die Censur der in
Rom zu druckenden Bücher, und diese Function hat er bis heute
behalten *).
Sehr ungeschickt ist der Ausdruck in einer Admonitio ad
iectorem in der Index-Ausgabe von 1664 (von Alexander VII.):
Pius V. habe die Trienter Commission zur Index-Congregation er-
hoben, statt: er habe letztere errichtet und ihr die Fortführung der
Arbeiten ersterer übertragen. Ebenso verkehrt ist es , wenn Cata-
lani die Reihe der Secretäre der Index-Congregation mit Forerius
(s. S. 324) beginnt, der schon seit 1566 nicht mehr in Rom war.
Der erste Secretiir war der Minorit Antonius Possius. Ihm folgte
1580 der Dominicaner Lancius und seitdem waren die Secretäre
immer Dominicaner.
Die ersten Mitglieder der Index-Congregation waren die Cardi-
näle Hieron. Socheri (Cistcrcienser), Archangelus Blanchi, Vincenz
Giustiniani (beide Dominicaner) und Felix Montalto (Minorit, später
Sixtus V.), 1570 auch Wilhelm Sirleto, Gabriel Paleotto, Michele
Bonelii (Dominicaner) und Nie. de Pelve. Die ersten Consultoren
waren die Bischöfe von Reggio (Dominicaner) und von Segni (Au-
gustiner), der Monsignore Sacrista des Papstes, der Mag. S. Palatii
und die Generalprocuratoren der Minoriten - Observanten und der
Conventualen, der Augustiner, Karmeliter und Serviten, also lauter
Ordensgeistliche. Die Zahl der Mitglieder der Congregation wech-
selte. Sixtus V. bestimmte aber, es müssten bei Beschlüssen
wenigstens drei zugegen sein. Ein Präfect wird bei Sixtus V. noch
nicht erwähnt; in dem Verzeichniss der Mitglieder in dem Index
Alex, ist Paolo Emilio Sfondrato der erste, der als solcher bezeich-
net wird. Ohne Zweifel ist aber auch früher einer der Cardinäle
Vorsitzender gewesen.
Clemens VIII. bestätigte 1595 die der Index-Congregation
übertragenen Vollmachten. Als 1599 Zweifel darüber entstanden,
ob sie das Recht habe, die Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher
zu ertheilen, berichtete in der Sitzung vom 20. Jan, 1600 Card.
1) J. Cat^ilanns, De Magistro Sacri Palatii Apostolici libri dao,
Rom 1751.
Der Magister SacH Palatii. 4dS
BaroniuBj der damalige Präfect, der Papst Labe ihm vivae vocis
oraculo erklärt, die Congregation habe nicht nur Jurisdiction über
die Bücher, sondern auch über die Verfasser, Drucker und Leser
derselben, dürfe sich nur nicht in die (der Inquisition zustehenden)
Angelegenheiten der Ketzerei einmengen.
Latinus Latinius (f 1593) erzählt, er habe einmal das Buch
des Paschasius über das Abendmahl und dann auch das Buch des
Bertramus, welches jenem beigebunden war, gelesen, ohne daran zu
denken, dass dieses im Index stehe; als er seinen Irrthum erkannt,
habe er das Buch weggeworfen und sich von dem Grosspoenitentiar,
dem Cardinal von Ermland (Hosius wurde 1573 Grosspoenitentiar),
lossprechen lassen*); diesen musste er angehen, weil es sich um
eine reservirte Excommunication handelte. Latinius war damals
aber wohl noch nicht Consultor der Index-Congregation.
Später konnte auch der Secretär der Index-Congregation die
Erlaubniss zum Lesen verbotener Bücher (mit einigen Ausnahmen)
ertheilen, aber nur für drei Jahre und nach Ablauf derselben noch
einmal für ein Triennium, und nur auf Grund eines Zeugnisses des
Bischofs, Generalvicars , Ordensgenerals oder eines andern zuver-
lässigen Mannes über die Würdigkeit des Petenten. Dieser hatte
sein Gesuch zu motiviren, und zwar nicht mit der allgemeinen For-
mel, er bedürfe die Bücher zu seinen Studien, sondern mit der An-
gabe, er wolle die Bücher widerlegen oder er bekleide ein Amt,
welches das Lesen bestimmter Bücher, die anzugeben waren, für
ihn nöthig mache. Das Lesen von Büchern über Kirchengeschichte
(historia sacra) oder die eine gefährliche Philosophie lehren, sollte
nur mit grosser Vorsicht, das Lesen von dogmatischen Büchern auch
zum Zwecke der Widerlegung nur tüchtigen Theologen gestattet
werden *).
Als der erste Magister S. Pal. wird der h. Dominicus bezeich-
net. — Der Cardinal Luca sagt von diesem Beamten : ante dictarum
congregationum erectionem longe maiorem faciebat figuram. Er war
übrigens auch ständiger Consultor der Congregationen der Ablässe
und der Riten und ein Prälat von hohem Range. Einige Magistri
S. P. wurden Cardinäle. Oft wui:de der Generalcommissar der In-
quisition oder der Secretär der Index-Congregation zum Mag. S. P.
ernannt. — Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts hatte der Mag,
S. P. einen ständigen Socius, der natürlich auch ein Dominicaner
war. — Für Rom konnte er auch selbständig Bücher verbieten, und
Anfangs wurden auch die Decrete der Index-Congregation durch ihn
publicirt. Für Rom konnte er auch die Erlaubniss, verbotene Bücher
zu lesen, ertheilen, wie denn z. B. Sirleto, ehe er diese Erlaubniss
von der Inquisition erhielt (S. 184), im J. 1562 eine solche von
dem M. S. P. Thomas Manrique erhalten hatte (Zacc. p. 305).
1) Bibliotheca sacra, Rom 1677, p. 110. Schelhom, Samml. f. Gesch.
1, 129.
2) Cntalani, De Secr. p. 66.
Beuanh, Index. 28
434 Die Index-Congregation.
Später wurde diese Vollmacht eingeschränkt: er durfte nicht er-
lauben, Autoren der 1. Cl. und Bücher, die ex professo de religione
handeln, zu lesen*). Er scheint auch für Auswärtige die Erlaub-
niss mitunter vermittelt zu haben. So verschaffte der M. S. P.
Paolo Constabile 1574 dem französischen Gelehrten Pierre Morin
die Erlaubniss, das griechische Lexicon von Stephanus oder Scapula
zu gebrauchen, und 1595 bat Morin den M. S. P. de Miranda, sei-
nem Neffen die gleiche Vergünstigung zu verschaffen *). — Ueber
die Handhabung der Censur in Rom s. o. S. 341 ^).
1) Catalani, De Mag. S. P. p. 35.
2) P. Morini Opera ed. Qu6tif II, 377.
3) Vgl. Catalani p. 28. 28. Von den in Rom gedruckten Büchern
waren 4 Freiexemplare abzuliefern, für den Mag. S. P., seinen Socius,
den Vicesgerens nnd die Vaticanische Bibliothek. — Ein merkwürdiges
Beispiel einer Umgehung der oben angegebenen Verordnung liefert das
schon oft citirte, wegen der vielen darin mitgetheilten Actenstücke sehr
wichtige Buch des Cardinais Francesco Albizzi (f 1684; K.-L. 1, 442)
über die Inquisition. Der Titel lautet: De inconstantia in jure admit-
tenda vel non. Opus in varios tractatus divisum. Primus nunc typis editum
[sie] inscribitur de inconstantia hominum circa virtutes fidei, spei et chari-
tatis carumque actus . . . Auetore Francisco . . . Card. Albitio. Amstelae-
dami sumptibus Jo. Ant. Hug^uetan. 1683. (706 S. fol.). Das Buch hat
keine Approbation, und in einem kurzen Vorwort des Verlegers wird ge-
sagt, er habe durch einen gelehrten Freund eine Abschrift des Manu-
scriptes des Verfassers erhalten und das Buch ohne des letztern Vorwissen
drucken lassen. Diese Angaben sind unwahr; das Buch ist sicher in der-
selben Druckerei gedruckt wie ein zweites, viel weniger wichtiges: De
inconstantia in judiciis Tractatus Franc. . . Card. Albitii . . Romae 1698,
sumptibus Josephi San-Germani Corbi, mit regelrechten Römischen Appro-
bationen. Allem Anscheine nach hat die Inquisition selbst oder Albizzi
im Einverständniss mit ihr das erste Buch mit dem falschen Druckort
lediglich für ihren Gebrauch, nicht für das Publicum drucken lassen;
denn Morone (Dizionario 16, 228) berichtet, noch jetzt werde von der In-
quisition jedem Cardinal, der ihr Mitglied werde, und jedem Consultor
ein Exemplar eingehändigt, welches nach dem Tode oder dem Ausscheiden
des Betreffenden aus der Inquisition zurückgefordert werde. Bei den Ver-
handlungen über die Erhebung des h. Alphons Liguori zum Doctor Ec-
clesiae wurde dieser, der eine Ansicht vorgetragen, welche einer Entschei-
dung der Inquisition vom J. 1661 widerspricht, damit entschuldigt, diese
Entscheidung sei nur bei Albizzi gedruckt gewesen, dessen Buch aber
ausserhalb Roms kaum in einer Bibliothek zu finden; es stehe in dem
Catalog der Casanatensischen Bibliothek, aber mit der Bemerkung, es werde
Pias V. und Gregor XIII. 436
43. Pins V. nnd Gregor XIII.
Pins V. (1565-72) und Gregor XIII. (1572—85) dachten
an die Pablication eines neuen Index, der nach den Andeutungen
in der Bulle von 1572 (S. 430) wesentlich ein Index expurga-
torius nach Art des Antwerpener werden sollte. Ein solcher
ist aber im 16. Jahrhundert in Rom überhaupt nicht erschienen
und ein Index prohibitorius erst 1590, nachdem fUr denselben
nicht. nur in Belgien, sondern auch, wie wir sehen werden, in
Portugal, Spanien und Baiern vorgearbeitet worden. Man be-
schäftigte sich aber in Rom unter den beiden genannten Päpsten,
wie wir gesehen, mit der Expurgation einzelner Bücher, von
Erasmus, Boccaccio, Polydorus Vergilius, Zasius, Harpbius u. a.
Zu dieser Expurgationsthätigkeit kann auch die Veranstaltung
einer neuen Ausgabe des Corpus juris canonici, einigermassen
auch die Revision der liturgischen Bücher (Messbuch und
Brevier) gezählt werden.
Eine fbr die Geschichte des Index in der spätem Zeit fol-
genreiche Massregel war die Verdammung der Lehre des Michael
Bajus durch Pius V.; eine unmittelbare Wirkung für den Index
hatte diese nicht, da die betreffenden Bücher nicht verboten
wurden. Unter den einzelnen Bücherverboten, die in diese
Pontificate fallen, ist das eines Werkes des spanischen Erz-
bischofs Carranza das interessanteste (§ 44).
Auch einige Ketzerprocesse aus dieser Zeit sind für die Ge-
schichte des Index von Bedeutung. Aonius Palear ins (Antonio ;
della Paglia aus Veroli) war schon 1542 zu Siena wegen eines
Schriftchens über das Leiden Christi (S. 384) processirt, aber frei-
gesprochen worden. Nach dem Erscheinen einer Sammlung seiner
schon wiederholt gedruckten lat. Schriften (Briefe, Reden und Lehrge-
dicht de animarum immortalitate) in Basel 1566 wurde er 1567 zu
nicht ausgeliehen (Non si dia! — Urbis et Orbis. Conoessionis tituli Doc-
toris Ecc]. in hon. S. Alph. M. de Ligorio. Responsio in animadv. Pro-
motoris Fidei, Rom 1870, p. 140. 142). Wenn dabei bemerkt, wird: Sa-
specta fides erat Albitii ipsius, cujus opus Amstelodami editum; parum
abfuit, quin in vetitorum librorum Indicem reoensereturf so ist das un-
sinnig.
436 Pius V. und Gregor XllL
Mailand von der Inquisition verhaftet, 1568 nach Rom geführt und
dort 3. Juli 1570, obschon er sich zu einem Widerruf verstand'),
gehängt und verbrannt. Bei S. steht nur in der 2. Cl. Aonii Pa-
learii Verulani Oratio de [pro] seipso, die zu Siena gehaltene Ver-
theidigungsrede, eine der zuerst zu Lyon 1552 gedruckten Orationes
duodecim. Durch Cl. kam er in die 1. Cl. Sot. verordnet in der
genannten Ausgabe der Orationes jene Rede zu streichen, ex-
purgirt auch Epistolarum 11. lY, und streicht in dem schon 1536
zuerst gedruckten Lehrgedichte die Dedication an P. P. Vergerio.
Die Actio in Pontifices Rom. et eorum asseclas ad Imperatorem,
reges et principes conscripta, cum de Concilio Trid. deliberaretur,
schon um 1542 verfasst*), ist erst 1606 gedruckt. Sie wird wedör
im Rom. noch im span. Index ausdrücklich erwähnt. — Pietro Came-
secchi, von Clemens VII. zum Protonotar ernannt, 1546 von der
Inquisition nach Rom citirt, aber freigesprochen, 1559, da er einer
zweiten Citation nicht Folge leistete, als unbnssfertiger Ketzer ver-
dammt, unter Pius IV. wieder freigesprochen, 1566 auf Verlangen
Pius' V. von dem Herzog Cosimo von Florenz, bei dem er gerade
zu Tische sass, als der päpstliche Gesandte Card. Pacheco ankam,
ausgeliefert, wurde 1567 hingerichtet'). Er steht nicht im Index,
— er war ja auch kein Schriftsteller; — aber in mehreren nach
1567 erschienenen Ausgaben von Briefsammlungen ist sein in frühe-
ren Ausgaben stehender Name weggelassen*). — Franc. Cellario,
Prediger im Veltlin, wurde in Mantua verhaftet, nach Rom abge-
führt und 1569 hingerichtet. Als Guido Zanetti da Fano verhaftet
1) In dem Tagebuch der Bruderschaft S. Joannis decollati, welche
die Verurtheilten begleitete, heisst es von ihm : Confesso e contrito do-
mando perdono a Dio e alla Yergine Maria c a tutta la cortc del cielo e
disae voler morire da buon cristiano e credere tutto quello che crede ]a
S. Rom. Chiesa. J. Pogiani £pp. 2, 188. Daunou, Essai bist, sur la puiss.
temp. des Papes, 1818, 2, 278 (vgl.Riv. crist. 1879,145) theilt eine (nicht
datirte) Retractation mit, die allerdings, wenn echt, merkwürdig genug
ist: Credo et confiteor, quidquid 8. Conc. Trid. definivit et quidquid S.
Eccl. cath. Rom. credit et confitetur, insuper particulatim confiteor hoc:
... 8. quod Summus Pont. Rom. potent instituere ministroB, qui occidant
haereticos; 4. quod ipsemet in casu aliquo potest etiam per se haere-
ticos occidere, ut legimus de Samuele et Petro u. s. w.
2) R.-E. 11, 166. Leva, Carlo V., 8, 880. 441.
8) Doch wahrscheinlich gehängt und dann verbrannt, obschon sonst
auch wohl Ketzer lebendig verbrannt wurden. R. Gibbings, Report of the
trial and martyrdom of P. Carneseochi, 1856, p. XXVIII, und Were he-
retics ever burned alive at Rome? A report of the proceedings in the
Rom. Inquisition against Fulgentio Manfredi [1610], 1852.
4) Th. Lit..-Bl. 1874, 509. Schelh. Erg. I, 189.
Aonius Palearius. Jacobus Palaeologus. 437
Wurde, verlangte der Senat von Venedig, der Process solle dort
geführt werden; der Papst erklärte aber, weltliche Behörden hätten
nicht ober Ketzer zu Gericht zu sitzen, sondern das von der kirch-
lichen Behörde gefällte Urtheil zu vollstrecken '). — Ein Italiener,
der sich Jacobus Palaeologus aus Chios nannte (er wollte aus
der Familie der Palaeologen sein) und unter Pius V. aus dem In-
quisitionsgefängnisse entflohen und in effigie verbrannt worden, dann
als Antitrinitarier in Polen und Siebenbürgen thätig gewesen, von
dem Nuncius Bonomi in Deutschland verhaftet und nach Kom ge-
schickt worden war, sollte 13. Febr. 1583 hingerichtet werden, be-
kehrte sich aber auf dem Richtplatze und versprach, eine Retracta-
tion zu verfassen und an die von ihm Irregeleiteten zu schreiben,
und wurde darauf in das Gefängniss zurückgeführt, später (1585?)
aber doch enthauptet^). S. setzte Jacobi Palaeologi Chii opera
omnia in die 2. Gl.; durch Gl. kam er in die 1. Gl.
Welche Bedeutung Pius V. der Thatsache beigelegte, dass
jemand in der I. Gl. des Index stand, zeigt folgendes : Gilbert Gon-
sin aus Nozeroy (Gilbertus Gognatus Nozerenns), der 6 Jahre zu Basel
und Freiburg Amanuensis des Erasmus gewesen und allerlei gram-
matische und rhetorische, auch einige theologische Schriften, im
Sinne des Erasmus veröffentlicht hatte, in denen gewiss manches
für die Gurie Anstössige vorkam, lebte später als Pfarrer in Bur-
gund, zuletzt in Besangon unter spanischer Herrschaft^). Unter
dem 8. Juli 1567 erliess Pius V. ein Breve an das Parlament von
Dole des Inhalts : er habe mit Missfallen vernommen, dass zu Be-
sangen quidam satanae atque iniquitatis alumnns, Gilb. Gognatus,
wohne, dessen Werke auf den Index gesetzt und auch von der h.
Trienter Synode verboten und zuletzt in einer Sitzung der Gardinäle
der Inquisition verdammt worden seien**) ; dem Vernehmen nach be-
fasse er sich mit dem Unterricht von Knaben ; das Parlament werde
ersucht, ihn zu verhaften, gemäss den dort geltenden Verordnungen,
1) Mendham, Pius V. p. 114. 116.
2) Laemmer, Zur Kirchengesch., 1868, S. 146 verzeichnet: Relszione
. . di Pietro dclla Massigliara alias il Palcologo, capo eresiarca in Ger-
mania, fuggito dalle carceri del S. 0. di Roma, abruciato in pittura da
Pio V. e decapitato dopo la sua ritrattazione da Gregorio XIII. — Mis-
ccllanea di storia ital. 18, 589. Sandius, Biblioth. Antitr. p. 58. Quctif
II, 340. Ueber seine Bekehrung liegt ein von Bonomi an den Herzog
Wilhelm von iBaiern gesandter Bericht vom 19. Febr. 1588 im Münchener
Staatsarchiv.
3) Nia 24, 45. Haag s. v. Das Breve bei Baluzius, Mise. 7, 166.
4) Das scheint nur eine rhetorische Amplification der Thatsache zu
sein, dass Gilb. Gognatus von P. in die 1. Gl. gesetzt and weder in Trient
noch vor der Publication des Tr. durch die Inquisition gestrichen worden
war.
488 Pias V. und Gregor XIII.
quas placartoB vulgo appellant, gegen ihn vorzugehen und darüber
an den Papst zu berichten. Der Jesuit Chifilet, in dessen Papieren
Baluze das Breve fand, hat beigefügt: In carcerem archiepiscopi con-
jeotus ibique mortem obiens debitum suis iiagitiis supplicium ante-
vertit. — Andreas Fricius Modrevius, Secretär des Königs Sigis-
mund August von Polen, den Aloysius Lipomanni wegen seines
Baches de ecclesia in Born denuncirt, von dem Lov. 58 De repu-
blica emendanda 11. 5 (Erakau 1551) verboten, war gleichfalls von
P. in die 1. Gl. gesetzt worden. Pius V. forderte den Bischof von
Wladislaw, in dessen Diöcese er seine Güter hatte, auf, den Ketzer
zu vertreiben und seiner scultetia zu entsetzen. Der Bischof antwor*
tete 1568, Fricius sei weggezogen ^).
Neben den vielen Beweisen von Härte gegen Ketzer, die von
Pius y. zu berichten sind, verdient doch erwähnt zu werden, dass
er als General-Inquisitor den Minoriten Sixtus von Siena, als er von
der Inquisition als Ketzer *) zum Tode verurtheilt war, zum Widerruf
bewog und begnadigte und seine Aufnahme in den Dominicanerorden
vermittelte. Sixtus' Bibliotheca sancta, die mit einer Widmung an
Pius y. zuerst 1566 erschien, wird von Sot. nicht gerade expur-
girt, aber verordnet, zu einer Reihe von Stellen berichtigende Rand-
noten beizufügen, wie schon in einigen späteren Ausgaben geschehen
war. £8 sind die Stellen, an denen die deuterokanonischen Stücke
im Buche £sther als Apokrypha bezeichnet werden^).
Zu Trient war eine Commission mit der Revision des Mess-
buches und des Breviers beauftragt, aber mit ihrer Arbeit nicht
fertig geworden. In der letzten Sitzung wurde die Sache dem
päpstlichen Stuhle überwiesen (Cont. Sess. 25. Decr. de indice libro-
rum et catechismo, breviario et missali). Die neue Ausgabe des
Missale erschien 1570 mit einer Bulle Pius* y., worin den Druckern
unter Androhung der £xcommunicatio 1. sent. befohlen wird, das
Missale fortan nicht ohne ausdrückliche £rlaubniss und nur genau
nach der Römischen Ausgabe zu drucken. Am 1. Febr. 1601 er-
liess die Index-Congregatien ein Decret (No. 1 in der Sammlung
von Decreten bei Alex.), durch welches die Drucker, welche das
Missale mit Aenderungen abgedruckt, den Censuren Pius' y. ver-
fallen erklärt und speciell die seit 1596 in yenedig apud Junotas,
Sessas, Mysserinum et ad signum Syrenae atque £uropae gedruckten
1) Schelh., £rg. 1, 671. Sandins, Biblioth. Antitrin. p. 85.
2) Nicht als jnif relaps (Sixtus war ein geborener Jude), wie R.
Simon, Lettres I, 231 angibt, sondern als haereticus relapsus. Quetif II,
206. Werner, Thomas von Aquin 3, 470.
8) Die Gelehrten Sotomayors zahlen auch den 151. Psalm und den
Anhang zum B. Job in der Soptuaginta, obschon beide nicht in der offi-
ziellen Vulgata stehen, zu den Stücken, die man nach dem Tridentinnm
nicht apokryph nennen dürfe. Sie streichen ausserdem noch eine Stelle
über Jo. Ferus, 1. 6, a. 191.
Missale und Brevier. 439
Ausgaben verboten und die Bischöfe angewiesen werden, die be-
reits gekauften Exemplare derselben nach der ofiiciellen Ausgabe
corrigiren zu lassen. Demgemäss stehen seit Alex, die von der
Römischen Ausgabe abweichenden Missalia und speciell die ge-
nannten Venetianischen im Index (seit Ben. in den Decr. gen. IV, 4).
Die Aenderungen in den fraglichen Ausgaben bestehen übrigens
hauptsächlich darin, dass die biblischen Stücke, auch die nicht aus
der Vulgata stammenden, mit der von Clemens VIII. 1592 publi-
cirten Vulgata- Ausgabe in Uebereinstimmung gebracht waren*).
Das neue Brevier erschien schon 1568 mit einer Bulle, worin
alle Diöoesen und Orden, die nicht ein vom Papste genehmigtes
oder seit 200 Jahren in Gebrauch befindliches Brevier hätten, zur
Annahme desselben verpflichtet wurden. Vorschriften und Straf-
bestimmungen, wie in der Bulle von 1570, stehen nicht in dieser
Bulle, sondern in der von Clemens VIII. von 1602, durch welche
eine neue, angeblich nur von willkürlichen Aenderungen des Textes
Pius' V. gesäuberte, in Wirklichkeit aber veränderte Ausgabe des
Breviers vorgeschrieben wurde, ürban VIII. publicirte dann 1631
und 1634 wieder neue Ausgaben des Breviers und Messbuches mit
analogen Vorschriften. Durch die Bulle von 1568 wurde auch das
von dem Cardinal von Santa Croce, Franz Quifiones, im Auftrage
Clemens* VII. ausgearbeite, von Paul III. approbirte und seit 1535
wiederholt gedruckte Brevier (Breviarium Sanctae Crucis) wieder
beseitigt*).
Mit dem Brevier wurde auch das Officium parvum B. Mariae
V. in revidirter Gestalt publicirt. In einer Bulle vom J. 1571
(Bull. II, 354) verordnete Pius V., nur diese Ausgabe dürfe von
denjenigen, die zur Reoitation jenes Officiums verpflichtet seien, ge-
braucht werden, verbot eine 1570 zu Venedig erschienene Ausgabe,
Off". B. M. V. per Conc. Trid. Pio V. P. M. reformatum und alle
Uebersetzungen des Ofi*. in der Volkssprache, und befahl, diese den
Inquisitoren abzuliefern, die von der officiellen Ausgabe verschie-
denen lateinischen Ausgaben aber, auch die unter den Titeln Hor-
tulus animae, Thesauri spiritualis animae compendium u. s. w. er-
schienenen, von den Inquisitoren expurgiren zu lassen, da die meisten
derselben abergläubische Dinge, fälschlich gewissen Heiligen zuge-
schriebene Gebete und apokryphe Ablässe enthielten. — V. 59 hatte
1) Kaulen, Gesch. der Vulgata S. 488.
2) Die Bullen stehen in allen Ausgaben des Rom. Breviers. Vgl.
Probst, Brevier und Breviergebet, S. 54. Laemmer, Coelestis urbs Jeru-
salem, 1866, S. 84. QulQones bezeichnet sein Brevier als ßreviariam Rom.
ex 8. potissimum scriptura et probatis sanctorum historiis oollectum. Es
war viel kürzer als das gewöhnliche. Die Sorbonne gab ein sehr un-
günstiges Urtbeil darüber ab. Arg. IIa 121. Von dem Kölnischen Brevier,
welches zu den mehr als 200 Jahre gebrauchten gezählt wurde, erschien
1576 eine Ausgabe de consensu Gregor ii XIII.
440 Pius V. uud Gregor XIII.
Bchon eine Menge von lateinischen und übersetzten Horae Eomanae
(ein anderer Name des OfF. parvum B. M. V.) aus den Jahren 1513 —
1557 mit dem Bemerken verboten, sie enthielten plura curiosa et
superstitiosa (S. 311). Im Liss. 81 werden die Bestimmungen der
Bulle Pius' V. eingeschärft, in den spanischen Indices seit U. wer-
den ohne Bezugnahme auf die Bulle alle Horae in der Yolksprache
verboten*). — Ein Diumale Komanum, impressum Lugduni in aedi-
bus Feliberti Rolleti et Barth. Freni a. 1548 steht schon bei V. 51
und im Köm. Index seit F. noch heute (ein Diurn. Rom. impr.
Lugd. ap. Theobaldum Paganum 1549 im Par. 51). Die span. Ind.
seit y. 51 verbieten auch Missale Rom. impressum apud Guil.
Rouillium sub scuto Veneto a. 1550, und seit Y. 59 Missale Rom.
impr. Lugd. ap. M. Steph. Baland. a. 1551, letzteres mit: nisi de-
leatur rubrum appositum ad officium missae de s. nomine Jesu.
Durch eine Bulle vom 30. Nov. 1570 (Bull. II, 343) verbot
Pius y., fortan irgend etwas über die Immaculata Conceptio in der
Yolksprache zu schreiben.
Im J. 1566 beauftragte Pius Y. eine besondere Commission
von fünf Cardinälen, denen 12 Gelehrte als adjutores beigegeben
wurden, mit der Bearbeitung einer neuen Ausgabe des Corpus
juris canonici, — die Congregatio de emendatione decreti Gra-
tiani, später gewöhnlich Correctores Romani genannt*). Die Aus-
gabe erschien erst 1582 mit zwei Breven Gregors XIII. von 1580
und 1582, worin verordnet wird, das Corpus j. c. sei fortan nach
dieser Ausgabe unverändert, auch ohne Beifügung von inter|)reta-
menta zu drucken.
Schon 1572, bald nach der Thronbesteigung Gregorys XIII.,
publicirte der Mag. S. Pal. Thomas Manrique, — er war Mitglied
der Commission, sagt aber nichts von einem Auftrage derselben, —
Censura in glossas et additiones juris can., omnibus exemplaribns
hactenus excusis respondens*), mit einer Einleitung, worin er sagt:
die bisher edirten Glossen entstellten an vielen Stellen die Wahr-
heit der kirchlichen Lehre; damit ihre Leetüre keinen Schaden
1) Eine zu Paris 1556 erschienene lat. Ausgabe wurde nach Llorente
I, 477 in Spanien 1570 verboten wegen einer Vignette: Kreuz und Schwan
mit der Umschrift: In hoc cigno vinces.
2) Im Laufe der Zeit wurden weitere Mitglieder ernannt, so dass
im ganzen 35 an der Arbeit betheiligt gewesen sind. Vgl. Theiner^ Dis-
quisitiones crit. p. VIII und App. I. Phillips, Kirohenr. IV, 195. Schulte»
Die Glosse zum Decr. Grat. S. 94; Gesch. I, 72.
8) Ein Abdruck davon ist: Censura in Glossas & Additiones Juris
Canonici, omnibus exemplaribus hactenus excusis respondens. Ex Archetypo
Romano, Pontificis Maximi jussu aedito. Librorum, titulorum & oapitn-
lorum numerus, omnibus: Paginarum vero Lugdun. & Venet Codicibns,
post annum 1553. impressis respondet. Coloniae, Cbolinus 1572. 57 BL 8.
Corpus juris canonici. 441
bringe, verzeichne er im folgenden diejenigen Stellen, welche ver-
derbliche Irrthtimer enthielten und welche sammt den Zusätzen des
impius Carolus Molinaeus binnen drei Monaten in allen Ausgaben
zu streichen seien, bei den im Index angedrohten Strafen ; später
werde eine genauere und vollständigere Eepurgation und eine Aus-
gabe des Corpus juris mit Bezeichnung der Irrthümer erscheinen,
welche die wahre und gesunde Lehre der Kirche verletzen könnten.
— Schon im folgenden Jahre 1573 wurde aber diese Expurgation
cassirt. Manrique^s Nachfolger Paulus Constabilis veröffentlichte
eine Censura in additiones marginales textuum juris can. omnibus
exeniplaribus hactenus excusis respondens de mandato S. D. N. D.
Gregorii XIII. edita, mit einer Vorrede, worin er sagt: Die alten
Glossatoren seien fromme und katholische Männer gewesen, hätten
aber freilich mitunter aus Unwissenheit gefehlt oder über Punkte,
die noch nicht definirt waren, zu frei gesprochen; in der im Auf-
trage des Papstes zu publicirenden neuen Ausgabe des Jus can.
würden den alten Glossen, welche einen Irrthum enthielten, Anmer-
kungen beigefügt werden ; bis zum Erscheinen dieser Ausgabe dürften
die bisherigen Ausgaben ohne irgendwelche Aenderung der alten
Glossen benutzt werden; nach dem Erscheinen der neuen Ausgabe
seien die Anmerkungen denselben beizuschreiben. Dagegen habe
der Papst befohlen, in den Zusätzen des Molinaeus binnen sechs
Monaten die in der folgenden Censura bezeichneten Stellen zu
streichen, bei den im Index angedrohten Strafen'). — Auch in dem
Breve Gregorys XIII. von 1580 heisst es : die alten Glossatoren
seien milde zu beurtheilen, wena sie in Folge eines Irrthums, oder
weil manches noch nicht von den Concilien definirt gewesen, zu frei
gesprochen. In der Ausgabe des Corpus juris von 1582 sind denn
auch die von Manrique gestrichenen Stellen fast alle unverändert
gelassen, die meisten aber mit Noten versehen, in welchen die
Glossatoren nach Thomas von Aquin, dem Concil von Trient u. s. w.
oder nach den curialistischen Rech tsanso hauungen berichtigt werden^).
Es ist erklärlich, dass die protestantische Polemik sich dieses
Stoffes bemächtigte: Job. Pappus fügte seiner Ausgabe des Ant-
werpener Expurgatorius, Strassburg 1599 (S. 424) eine sehr be-
queme Zusammenstellung der von Manrique gestrichenen Glossen
mit den Noten des Corpus juris bei und machte in der Vorrede seine
Glossen dazu').
Die von den Magistri S. Pal. erwähnten additiones impii
Caroli Molinaei sind enthalten in der von diesem besorgten, aber
anonym erschienenen Ausgabe des Decretum Gratiani u. s. w. Lugd.
1) Beide Vorreden bei Theiner p. XV.
2) Beispiele bei Schulte, Die Glosse S. 95.
3) Diese Collatio ist abgedruckt in den Indioes expurgatorii duo . .
Hanoviae 1611, p. 212—251, die Vorrede von Pappus ebend. p. 18.
442 Piu8 V. und Gregor XIII.
1554*). CaroluB Molinaeus, Charles Du Moulin, geb. 1500| nach
einem vielbewegten Leben als Katholik, von seinem Verwandten
Claudius Espencaeus auf dem Sterbebette bekehrt, gestorben 1566,
spielt in der Geschichte des Index eine grosse Rolle ^). £r hat
einige theologische Sachen, zum Theil gegen die Calvinisten ge-
schrieben; aber im Index kommen hauptsächlich seine juristischen
Schriften in Betracht. Im Lov. 58 wird von ihm verboten Com-
mentarius ad edictum Henrici II. Galliarum Kegis contra parvas
datas et abusus Curiae Rom. et in antiqua edicta et senatus con-
sulta Franciae contra Annatarum et id genus abusus, multas novas
decisiones juris et praxis continens, 1552 veröffentlicht, als Hein-
rich II. im Kriege mit Julius III. die Geldsendungen nach Rom
verbot. Diese Schrift hatte auch die Sorbonne, der sie vom Par-
lamente zur Censur übersandt war, 1552 als liber toti orbi christiano
perniciosus, scandalosus u. s. w. bezeichnet, dabei aber erklärt, sie
wolle mit dieser Censur der Autorität und Jurisdiction des Königs
nicht zu nahe treten. Das Parlament verbot darauf den Druck und
Verkauf der Schrift, befahl aber der Sorbonne, ihre Censur vorläufig
nicht zu veröflFentlichen*). Seit P. steht Mol. in der 1. Cl. — 1564
schrieb er gegen die Reception des Trienter Concils. Das Pariser
Parlament setzte ihn darauf gefangen; Karl IX. Hess ihn frei, ver-
bot ihm aber, über theologische Dinge, das Concil und den apostoli-
schen Stuhl zu schreiben^). Pius V. liess die Schrift gegen das
Trienter Concil durch Andreas Vega und Petrus Fontidonius wider-
legen (Laderchi 22, 266). Card. Granvella sagte schon 1562 von
ihm, er sei ein grösserer Ketzer als Luther^), und Raynaldus (a.
1564, 12. 13.) meint, er sei nicht nur ein Ketzer, sondern ein Häre-
siarch gewesen.
In der Antw. App. 70 werden von Mol. verboten omnia opera
ex professo de religione tractantia, caetera quoque donec repurgentur;
in dem Antw. Exp. 71 werden dann mehrere juristische Schriften
einfach freigegeben, andere expurgirt. Ebenso bei Q. (auch im Liss. 8 1
werden nur die theologischen Schriften verboten, einige juristische
expurgirt). Verboten werden von Q. und danach von S. Cl. einige
unter dem Namen Gaspar Caballinus (zu Venedig 1574^—76) er-
schienene juristische Tractate, mit dem Bemerken, sie seien von Mol.
Unter dem 21. Aug. 1602 erliess aber Clemens VIII. eine eigene
Bulle (Bull. III, 153), worin es heisst: C. Molinaeus, damnatae me-
1) Schulte, Die Glosse S. 92. Sie steht mit vollständigem Titel« aber
ohne Namen, bei V. 59 und Q. und danach auch bei S., wurde aber von
Cl. gestrichen.
2) J. Brodeau, Yie de M. Ch. du Moulin et sa mort chretienne et
cath., 1654. Dupin, Bibl. 16, 82. Nie. 33, 96. Prat, Maldonat p. 89.
3) Arg. na 205. Jourdain 1833. Baumg. VI, 51.
4) A. J. P. 14, 249.
5) Qachard, Corr. de Philippe II. I, 205.
Carolus Molinaeas. 443
moriae, homo impius et liaereticu8, stehe in der 1. Cl. und es seien
alle Schriften von ihm verhoten. Gleichwohl würden von einigen,
namentlich Juristen, diese Schriften unter dem Vorgehen, man wolle
sie prüfen und expurgiren oder bei Processen benutzen, mit grosser
Gefahr für ihr und anderer Seelenheil gelesen, und es sei auf jenes
Vorgeben hin mitunter von Bischöfen und Inquisitoren unüberlegter
Weise die Erlaubniss dazu ertheilt, mitunter auch diese Erlaubniss
(mit der Weisung, die Bücher nur nach Ausmerzung aller Irrthümer
zu gebrauchen) von dem h. Stuhle, der Index-Congregation oder der
Inquisition auf verschiedene Weise erzwungen oder erlangt worden
(extortas aut impetratas). Der Papst verbiete nochmals und für
immer bei Strafe der Excomm. 1. sent., irgendwelche Werke des
Mol., auch wenn sie angeblich expurgirt oder unter einem andern
Namen erschienen seien, zu lesen oder zu besitzen, — sie könnten
nicht anders als durch das Feuer expurgirt werden, — annullire
alle bisher ertheilten Ermächtigungen zum Lesen derselben, verbiete
auch den Cardinälen der Inquisition und der Index-Congregation,
solche Ermächtigungen zu ertheilen; nur von dem Papst eigenhändig
unterschriebene Ermächtigungen sollten fortan Gültigkeit haben.
(Seitdem wird in den gewöhnlichen Licenzen zum Lesen verbotener
Bücher C. Molinaeus ausgenommen.) Nicht verboten solle sein das
Behalten von Ausgaben des Corpus juris und von Büchern katholi-
scher Schriftsteller mit Zusätzen oder sogenannten Apostillen des
Mol., — es handelt sich um die von Mol. besorgten Ausgaben von
Werken der mittelalterlichen Juristen Phil. Decius, Dinus Mugellanus
und Alexander Tartagnus, — wenn diese Zusätze nach der 1602 in der
Druckerei der apostolischen Kammer gedruckten Censur getilgt und
verbessert seien. Vor Ablauf eines Monats seien alle Schriften des
Mol. den Bischöfen oder Inquisitoren abzuliefern und von diesen
sofort zu verbrennen.
Die in der Bulle mit ihrem vollen Titel angeführte Expnr-
gation^) ist bei Bras. und seit Sand, in den spanischen Indices ab-
gedruckt. Es sollen gestrichen werden: der Name Carolus Molinaeus
(auch in der Abkürzung C. M.), alle Vorreden von ihm, alle Briefe
von ihm und an ihn oder über ihn, alle Stellen, an denen er andere
Ketzer oder seine eigenen Schriften (mit ut dixi u. dgl.) citirt, und
viele andere Stellen. Zum Schlüsse heisst es noch: wenn jemand
bedenkliche Stellen finde, die der Verfasser der Expurgation über-
sehen habe, so sei er verpflichtet, auch diese zu streichen.
Die sämmtlichen Werke des Mol. wurden schon 1612 zu Paris
und seitdem wied^holt gedruckt und von den Juristen im 17. Jahrb.
1) Censura in omnes Additiones, seu Adnotationes marginales dam-
natae mem. impii Garoli Molinaei ad Textnm Juris Canonici, Commentaria
Deoii in Decretales et Jus Civile, ad Consilia Decii et Alexandri, et ad
Dynum de regulis, et Decium in titulo ff. de Regulis Juris. Romae 1602.
24 Bl.
444 Pius V. und Gregor XIU.
viel gebraucht '). Dass man in Rom das unbedingte Verbot aufrecht
erhielt, zeigt ein von dem Bischof von Tournay auf einer Diöcesan-
Synode 1661 publicirtes Decret: Die Decane und Büchercensoren
seien von einem Beamten gehindert worden, verbotene Bücher,
namentlich die Werke des Mol. zu sequestriren. Mehrere belgisclie
Bischöfe hätten, da sie gesehen, dass sich diese in den Händen aller
Juristen befänden, in Rom angefragt, ob nicht dieselben wenigstens
expurgirt und dann unter einem andern Namen herausgegeben wer-
den könnten; sie hätten aber zur Antwort erhalten, es sei den
Juristen, auch den höchstgestellten, in keiner Weise erlaubt, diese
Bücher zu lesen, und zu expurgiren seien sie nur durch das Feuer.
Be. Majestät solle darum gebeten werden, das Edict gegen die
Schriften des Mol. zu erneuern unter Androhung einer Strafe von
1000 Gulden oder der Vermögensconfiscation oder der Verbannung
gegen diejenigen, welche sie lesen oder bei gerichtlichen Verhand-
lungen citiren würden *). — Etwas später sagt der französische
Theologe Anton Arnauld: „Wenn ein Schriftsteller sich der Römi-
schen Curie dadurch missliebig gemacht hat, dass er gegen ihre
Prätensionen geschrieben, so begnügt man sich nicht damit, diese
Schriften zu verbieten, sondern verbietet oft alle seine Schriften,
auch diejenigen, die nichts Schlechtes enthalten. So ist es dem
gelehrten Juristen Du Moulin ergangen . . .. Einige seiner Schrif-
ten mögen verdienen, censurirt zu werden; aber man hat alle
verdammt, auch die juristischen, die nur viel für die Juristen sehr
Nützliches enthalten, und man hat die Aversion gegen seine Schriften
so weit getrieben, dass man sie bei der Ertheilung der Erlaubniss
zum Lesen verbotener Bücher immer ausnimmt*' •).
Michael Bajus (de Bay) suchte bei der Behandlung der
Theologie die Bibel und die altkirchliche Tradition mehr zur
Geltung zu bringen, als dieses in der Scholastik geschehen. Ausser
dieser allgemeinen antischolastischen Tendenz erregte seine Gna-
denlehre Anstoss, die man als eine der reformatorischen sich
annähernde bezeichnete. Seine Hauptgegner, die belgischen Francis-
caner, legten, ehe Bajus etwas geschrieben, 18 Sätze, die er vorge-
tragen haben sollte, der Sorbonne vor, welche 27. Juni 1560 14 als
ketzerisch, 4 als falsch bezeichnete^). Bajus vertheidigte sich und
erklärte, er habe die betreffenden Sätze überhaupt nicht oder nicht
in dem Sinne, den man ihnen untergelegt, gelehrt. Im Sommer
1561 schrieb der Nuncius Commendone an den Cardinal Gonzaga,
Legaten in Trient : Bajus und sein Freund Hesseis seien gelehrt«
und exemplarische Männer und hätten einen grossen Anhang; der
Papst möge den Franciscanem Schweigen gebieten und sich selbst
1) Van Espen, De prom. leg. 4, 2, 4, Opp., Col. 1777, IV b 160.
2) A. J. P. 4, 1428.
3) Diff. d M. Steyart n. 9 (Oeuvres 9, 283).
4) Arg. II a 208. Linsenmann, M. Bajus, 1867, S. 35. 254.
Michael Bajug. 446
die Entscheidung des Streites vorbehalten ; zunächst aber möge man
beide als Theologen nach Trient berufen, wo dann die Legaten auf
sie einwirken könnten'). Bajus nahm wirklich als Theologe an den
letzten Verhandlungen in Trient Theil. Unmittelbar vor seiner Ab-
reise nach Trient, Anfangs 1563, und nach seiner Bückkehr ver-
öffentlichte er eine Reihe von dogmatischen Abhandlungen. Der
Löwener Theologe Jod. Ravesteyn (Tiletanus) und Lorenzo da Villa-
vicencio sandten 9 Sätze daraus an die Universitäten Alcala und
Salamanca, und nachdem diese dieselben censurirt^), wurden 76
(nach einer anderen Zählung 79) Sätze mit Genehmigung Philipps II.
1566 bei dem Papste denuncirt. In einer Bulle vom 1. Oct. 1567
verdammte Pius V. diese ^»^0° manchen sonst anerkannt gelehrten
und wohldenkenden Männern mündlich und schriftlich vorgetragenen
Sätze"*, — Bajus wird nicht genannt, — als »respective ketzerisch,
irrig^ u. s. w., und „alles, was darüber mündlich und schriftlich
vorgetragen*, .und verbot unter Androhung der Absetzung und der
reservirten Excommunication, „über diese und älinliche Sätze irgend-
wie zu reden, zu ^schreiben und zu disputiren" ^). Die Bulle wurde
vorläufig nicht förmlich publicirt, sondern nur der theologischen
Faoultät zu Löwen und den Vorstehern der belgischen Franciscaner-
klöster mitgetheilt. Während die anderen Mitglieder der Facultät
sich sofort unterwarfen, schickte Bajus Apologieen nach Rom und
deutete in einem Schreiben an den Papst an, er sehe die Bulle als
durch seine Gegner erschlichen und ohne genügende Untersuchung
erlassen an. In einem Breve vom 3. Mai 1569 erklärte der Papst,
er habe die Sache nochmals prüfen lassen, müsse aber das Urtheil
der Bulle aufrecht erhalten. Bajus gab nun eine Erklärung ab, die
man als eine Unterwerfung ansehen konnte. Die Bulle wurde 1570
an der Löwener Universität förmlich publicirt. Da der Streit über
die Geltung derselben fortdauerte, wurde sie von Gregor XIII. durch
eine Bulle vom 23. Jan. 1579 bestätigt, und dem zu diesem Zwecke
nach Löwen gesandten Jesuiten Franz Toletns gelang es, Bajus und
seine Anhänger zu einer als genügend angesehenen Unterwerfung
zu bewegen. Bajus wurde 1575 Decan des Collegiatstiftes St. Peter
zu Löwen, 1578 Kanzler der Universität, auch Inquisitor, f 1589. —
Seine Schriften wurden, wie gesagt, nicht auf den Index gesetzt.
1) J. Pogiani Epp. IIl, 603.
2) Arg. III b 105. Gachard, Gorr. de Philippe II. p. XX und 178.
S) Arg. III b 109. Linsenmann S. 256. Die Bulle war, wie es Sitte
war, ohne Interpnnctionszeiohcn geschrieben. Es ist viel darüber gestritten
worden ob in dem Satze: »Quas quidem sententias stricto coram Nobis
exaraine ponderatos quanquam nonnullae aliquo pacto sustineri possent in
rigore et proprio verborum sensu ab assertoribus intento haerelicas . . .
damnamus** das Komma nach possent oder, wie die Anhänger des Bajus
behaupteten, nach intento zu setzen sei (Comma Pianum).
446 Pius V. und Gregor XIH.
Dass 1697 die 1696 erschienene Oesammtausgabe derselben^) ver-
boten wurde, bat seinen Grund in den Zuthaten des Herausgebers
(Gerberon).
Die Gnadenlehre wurde in Löwen noch zu Bajus' Lebzeiten
nochmals Gegenstand der Controverse ; an die Stelle der Francisoaner
traten aber fortan die Jesuiten. 1587 censurirte die theologische
Facultät zu Löwen 34 Sätze aus den zu Löwen gehaltenen Vor-
lesungen der Jesuiten Leonardus Lessius (Leys) und Job. Hamelius
(Duhamel), von denen sich drei auf die Lehre von der Inspiration
der h. Schrift, die anderen auf die Gnadenlehre und damit zusammen-
hangende Materien beziehen (redigirt ist die Censur von Heinrich
Gravius, der früher als Gegner des Bajus aufgetreten; er wurde
1591 Präfect der Vaticanischen Bibliothek). 1588 wurden die Sätze
auch von der theologischen Facultät zu Douay censurirt; die Sor-
bonne lehnte es ab, sich darüber auszusprechen. Die Jesuiten ver-
theidigten sich und Hessen sich auch von den mit Theologen ihres
Ordens besetzten Facultäten zu Mainz, Trier und Ingolstadt günstige
Gutachten ausstellen. Im Auftrage Sixtus' V. ging 1588 der Nun-
ciuR Frangipani nach Löwen und forderte die streitenden Parteien
auf, die Entscheidung des Papstes abzuwarten, verbot ihnen auch
unter Androhung der reservirten Excommunicatio latae sent., sich
gegenseitig zu verketzern. Auch der Druck der Actenstücke wurde
verboten'). Eine Entscheidung des Streites durch den Papst ist
1) Michaelis Bau . . . opera cum bullis Pontificum et aliis ipsins
causam spectantibus, jam pridem ad Rom. Ecolesiam a convitiis Protestan-
tium simul ac ab Arminianorum ceterorumque hujusce temporis Pelagia-
norum imposturis vindicandam colleota, expurgata et plurimis quae hac-
tenus delituerunt opusculis aucta: studio A. P. Theologi. Köln 1696. 4.
2) Die Censuren von Löwen und Douay bei Arg. III b 120 (die von
Löwen zuerst im Somnium Hipponense 1641 beim Beginn des Jansenisten-
Streites gedruckt). — Censurae Facultatum S. Th. Lovan. ac Duacensis
super quibusdam articulis de s. scriptura, gratia et praedestinatione a. D.
1586 Lovanii scripto traditis. Ed. altera. Par. 1688. 141 S. 8. Justificatio
8. defensio Fac. S. Tb. Acad. Lov. contra assertiones quasdam professorum
ibidem S. J. de s. Script., praed. et gratia Christi. Jussu Rev. et 111. Belgii
Episcoporum a. 1588. Par. 1683. 237 S. 8. (von H. Gravius und Jo. Len-
saeus verfasst; p. 234 steht eine Erklärung der Facultät vom 80. Juli
1613, dass sie bei ihrer Censur verharre, so lange der Papst nieht anders
entschieden). — Apologiae Patrum Societatis contra censuram Lov. et
Duacensem, conscriptae circa a. 1588, quibus hie aocedit brevis descriptio
exordii et progressus totius controversiae ab iisdem authoribus fideliter
concinnata. Leodii 1684, 100 und 69 S. 8. — Die dem Nuncius Frangipani
tiberreichte Responsio P. L. Lessii ad Antapologiam ven. Fac. S. Th. Lov.
(vom 17. Oet. 1588) ist zuerst gedruckt bei Schneemann, Controversiarum
Cardinal Cajetanus. 447
aber nicht erfolgt. — In anderer Form tauchte der Streit, wie wir
sehen werden, im 17. Jahrhundert wieder auf.
Beinahe wäre unter Pius V. der Cardinal Caj et an uß (Thomas
de Vio, geb. zu Graeta 1469, Dominicaner, Cardinal von St. Sixtus
1517, t 1534) in den Index gekommen. — Schon im J. 1512 er-
suchte das Concil von Pisa die Universität Paris, sein Buch über
die Auctorität des Papstes und des Concils zu prüfen. Die Uni-
versität scheint sich nicht damit befasst zu haben ; aber der Pariser
Theologe Jac. Almain schrieb gegen ihn (S. 283). Bezüglich der
päpstlichen Gewalt ein strenger Curialist, hatte Caj. in anderen,
namentlich exegetischen Fragen für seine Zeit sehr freie Ansichten,
die er namentlich in seinen Bibelcommentaren aussprach. Die Com-
mentare zum N. T. wurden von der Sorbonne scharf censurirt;
Caj. vertheidigte sich gegen diese Censur in seinem letzten Lebens-
jahre *). Nach seinem Tode gab sein Ordensgenosse Ambrosius Catharinus
Politus, der damals in Frankreich lebte, zu Paris 1535 eine scharfe
Kritik der Commentare von Caj. heraus •), die von der Sorbonne
mit Stimmenmehrheit gegen den Willen des Decans approbirt wor-
den war. Im J. 1544 wurde in der Sorbonne darüber verhandelt,
ob Cajetans Commentar zum N. T. auf den Index der Facultät zu
setzen sei. Die Magister aus dem Dominicaner-Orden legten einen
libellus Cajetani de revocatione errorum suorum vor (wohl die er-
wähnte Vertheidigungsschrift) ; dieser wurde einer Commission über-
de div. gratia . . . initia, 1881, p. 369. Der Streit wird ausführlich be-
handelt in den Historiae congregationnm de auxiliis von Aug. Le Blanc
(Hyacinthus Serry) und Theodorus Eleutherius (Livinus de Meyer).
1) Die Pariser Censur bei Arg. la 141 (die Zeitangaben sind zum
Theil unrichtig) ; vgl. Quetif II, 17. Seine Vertheidigung schickte Caj.
an einen Mainzer Theologen, der ihm geschrieben, die Censur errege in
Deutschland Aufsehen : Responsio ad censuras 14 articulorum sub nomine
thcologorum Paris, cditas. Mag. Joanni Regenti Moguntino missa. R.
Simon, Crit. I, 654.
2) Annotationes in excerpta quaedam de commentariis R. Cardinalis
S. Xysti dogmata, umgearbeitet als Ann. in comm. Cajetani super s. scri-
ptura, 1542. In der Widmung an den General der Dominicaner sagt er:
Ego vilissiraus Domini catulus (vgl. Reusch, Galilei S. 82) ante pedes
summi pasioris pro causa veritatis debitos latratus emisi. Cajetan wird
darin, weil er die Canonicitat des Hebräerbriefs bezweifelt, mit Julian
dem Abtrünnigen verglichen, weil er Dionysius den Areopagiten nicht
für den Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften hält, mit Yalla,
ErasmuB und Luther zusammengestellt. Sixtus Sen., 1. 4 s. v. Thomas
Vius, citirt das Buch als Annotationura s. Invectivarum 11. 6. Quetif II,
146. K. Werner, Thomas von Aquin 3, 469.
448 Pius V. und Gregor XIII.
wiesen *). Weiteres darüber wird nicht berichtet ; Caj. steht aber
nicht im Par.
In der Pariser Censur werden u. a. die Ansichten beanstandet,
das Evangelium des Matthaeus sei griechisch geschrieben, die Ehe
könne wegen Ehebruchs geschieden werden, das Höllenfeuer sei
bildlich zu verstehen, Joh. 6 handle nicht vom Abendmahl, die Er-
zählung von der Ehebrecherin Joh. 8 sei unecht, die liturgischen
Gebete seien in der Landessprache zu sprechen. Aber nicht diese
und ähnliche Ansichten^) waren es, woran Pius Y. Anstoss nahm,
sondern Stellen in dem Commentar zur Summa des h. Thomas,
namentlich eine über das Loos der ungetauft sterbenden Kinder,
welche auch in Trient zur Sprache gekommen war *). Pius V. verbot
aber nicht den Commentar d. c, sondern befahl, die betreffenden
Stellen in der neuen Ausgabe desselben, die 1570 mit der Summa
des h. Thomas in Rom erschien, zu ändern. Diese Ausgabe wird
darum auch als recognita et expurgata bezeichnet. Welche Aende-
rungen vorgenommen wurden, verrathen Sand., Bot. und Liss. 1624,
welche in der Antwerpener Ausgabe von 1567 mehrere Stellen zu
streichen verordnen, weil sie in der Römischen Ausgabe gestrichen
seien. Von einigen dieser Stellen wird, wie das auch in anderen
Fällen geschieht, gesagt, sie seien fraude haereticorum in die Ant-
werpener Ausgabe gekommen*).
Im Rom. Ind. steht Caj., wie gesagt, nicht, obschon andere
Schriftsteller darin stehen, bei denen weniger zu corrigiren ist. Sei-
nem Gegner Arabrosius Catharinus ist es, wie wir sehen werden, in
dieser Hinsicht weniger gut ergangen. In den span. Indices werden
ausser dem Commentar zum h. Thomas auch einige exegetische
Schriften von Caj. expurgirt. Gestrichen werden bei Sot. z. B. zwei
Stellen in der Pariser Ausgabe des Psalmen-Commentars von 1532
als „von Ketzern eingeschoben" und in dem Commentar zum Römer -
1) Arg. IIa 143.
2) Sixt. San. 1. 5 ann. 1 flf. R. Simon, Hist. crit. du V. T. p. 418;
Comm. du N. T. p. 587. Pallav. 6, 18.
3) Pallav. 9, 8, 2. Caute et irreprchcnsibiliter ageretur, si pericli-
tantibus in utero pueris ob maternam aegritudinem vel partus difficul-
tatem benedictio in nomine Trinitatis daretur et causac discussio deinde
divino reservarctur tribunali. Quis seit, si divina misericordia hujusmodi
baptisraum in voto parentum acceptet, ubi nulla incuria, sed sola im-
possibilitas executionem sacramenti excusat? Die Stelle stand im Com-
mentar zu P. 3, q. 68, a. 2. Vgl. Quetif II, 706.
4) In dem Commentar zu 2, 2, q. 122 a. 4 steht von gewissen frommen
Gebräuchen: haec sunt omnino illicita (zu schreiben: licita) et non am-
plectenda (non zu streichen), quia sunt pars mali (sehr, divini) cultus . . .
haec quoque procul dubio sunt omnino illicita et impia (sehr, licita et
sancta).
Ren6 Benoit. 449
brief der Satz Sola fides exigitnr ad salutem. Ausserdem wird von
anderen Stellen verordnet, sie cum judicio zu lesen, weil an den-
selben die Vulgata getadelt werde, und schliesslich bemerkt, an-
deres, was beanstandet werden könne, sei bei einem so grossen
Theologen der Zeit, in der er geschrieben, und den corrumpirten
Ausgaben zu gute zu halten. So sagt Liss. 1624, jetzt, nach dem
Trienter Üoncil, dürfe man nicht mehr, wie Cajetan thue, die Ca-
nonicität einiger biblischen Bücher bezweifeln oder das-Oebot, vor
der Communion zu beichten, als ein neu (nove) eingeführtes bezeich-
nen^). — Unbedingt verboten wird in den span. Ind. Summa Gaye-
tana en romance, aber nicht das lateinische Original Summula pec-
catorum, 1525 u. s. ^). Anderseits verordnen die span. Indices, in
den Eetzer-Catalogen des Gabriel Prateolus und des Alphonsus de
Castro Cajetanus zu streichen, der kein Ketzer, sondern ein talent-
voller, frommer und um die katholische Kirche sehr verdienter
Mann gewesen.
Im J. 1575 hatte Gregor XIII. Gelegenheit, auf den Antrag
der Pariser Sorbonne eine französische Bibelübersetzung zu verbie-
ten. Sie war von dem Pariser Pfarrer Dr. Ren6 Benoit (Renatus
Benedictus) im J. 1566 mit Approbation von 14 Doctoren und
königlichem Privileg herausgegeben, wurde aber von der Sorbonne
1567 verdammt, weil sie viele aus der Genfer Bibel entnommene
Einleitungen und Noten und darin irrige, ketzerische und schisma-
tische Sätze enthalte und nicht, wie auf dem Titelblatt stehe, nach
der Vulgata übersetzt sei. Auf den Antrag der Facultät wurde die
Bibel dann 1569 durch ein königliches Decret verboten. Benoit
und sein Verleger remonstrirten dagegen und wegen der politischen
Wirren ruhte die Sache bis 1572. Jetzt wurde Benoit, weil er die
Bibel wiederholt habe drucken lassen und sich überhaupt gegen die
Facultät widersetzlich zeige, von dieser ausgestossen. Er erbot
sich, wenn man ihm die Censuren mittheile, nach diesen seine Bibel
zu ändern ; es wurde ihm aber nur geantwortet, die Irrthümer seien
zu zahlreich, als dass sie verbessert werden könnten. Benoit Hess
die Bibel 1574 nochmals mit einer Apologie gegen die Facultät
drucken, in welcher er sich u. a. darauf berief, dass die Löwener
Theologen (Hentenius, Bajus, Jodocus Tiletanus und Aug. Hunnaeus)
die Bibel gutgeheissen und dass das N. T. 1572 zu Antwerpen mit
Approbation des Bischofs von Lüttich und des apostolischen und
königlichen Censors Jo. Molanus gedruckt und die Bibel und das
N. T. in einer Million Exemplare verbreitet sei. Da Benoit von
dem Bischof Gondi von Paris und dem Parlamente protegirt wurde,
wandte sich die Facultät an den Papst mit der Bitte, die Bibel zu
1) Nach R. Simon, Hist. crit. des comm. p. 540 sind in der Gesammt-
auBgabe der exegetischen Werke, Lyon 1689, manche Stellen weggelassen.
2) Eine Ausgabe, Donay 1613, wird von Sot. expurgirt, aber die
Expurgation betrifft nur die Zusätze des Herausgebers (^angerious.
Beuseh, Index. 29
450 Piu8 V. and Qregor XIII.
verdammen and bei dem Könige die Unterdrückang derselben za er-
wirken^). Unter dem 3. Oct. 1575 erlieas Gregor XIII. ein Breve an
die Facnltät und den König ; in letzterm beisst es : die Bibelüber-
setzung sei von der Index-Congregation geprüft worden ; sie entbalte
flowobl im Texte wie in den Einleitungen und Noten viele Irr-
tbüroer, Ketzereien und Blaspbemieen ; unter dem Namen einer Ueber-
setzung nacb der Valgata werde darin die wenig veränderte Genfer
Bibel dem katboliscben Volke dargeboten, wie die Sorbonne in ihren
Censnren nachgewiesen; er habe darum das Buch sub anathemate
verboten und bitte den König, es auch seinerseits zu verbieten ^).
— In den Index ist Benoits Bibel nicht gekommen.
Im J. 1561 censurirte die Sorbonne die Schriften des calvi-
nistisch gesinnten Bischofs Jean Monluc von Yalence und be-
schloss trotz der Remonstrationen gegen die Censur von Seiten des
Bischofs und der Königin-Regentin, dieselben auf ihren Index zu
setzen'); es ist aber nach 1561 kein solcher mehr erschienen
(8. 149). Pius IV. und Pius V. sollen ihn als Ketzer verdammt
1) Die Facultät beklagte sich bei dieser Gelegenheit auch über die
Jesuiten, namentlich über Maldonat, mit dem sie wegen der Immaculata
Conceptio Streit hatte. Arg. II a 443. Theiner, Ann. II, 494. Prat, Mal-
donat, 1856, p. 354.
2) Arg. II a 392—442. Das Breve an den König bei Laemmer,
Mantissa p. 848. Benoit unterrichtete 1598 Heinrich IV. vor seiner Con-
version und wurde von diesem zum Bischof van Troyes ernannt, vom
Papste aber nicht bestätigt. Durch Heinrich IV. erhielt er auch seinen
Platz in der Facultät zurück. Als er 1598 Decan wurde, erklärte er, er
unterwerfe sich dem Urtheil der Facultät und des h. Stuhles und ver-
damme die von diesem verdammte Bibelübersetzung, die ihm übrigens
wenigstens theilweise mit Unrecht zugeschrieben werde. Arg. II a 534. Er
starb 1607. Seine politische Parteistellung spielt übrigens bei dem Streite
eine grosse Rolle. R. Simon, Hist. crit. des versions p. 342 sagt: „Wenn
er nicht die mächtige Partei der Ligueurs gegen sich gehabt hätte, würde
seine Uebersetzung ebenso viel Beifall gefunden haben, wie die der Löwener
Theologen, von der seit 1578 zahllose Ausgaben erschienen sind."
8) Arg. IIa 297. — Raynald. 1560, 41 berichtet, er sei als episco-
palis ordinis proditor ob crimen haereseos von Pins IV. verdammt worden.
Der Jesuit J. Columbi schrieb : L. sing, qnod Jo. Monlucius . . non fnerit
haereticus, 1640, und L. sing, quod Pius IV. non damnaverit haereseos
Jo. Monlucium neque Pius V. damnationem ejus promulgari curaverit,
1651. Auch Quetif II, 252 behauptet, er sei nicht als Ketzer verurtheilt
worden. Dagegen sagt Cr6tineau-Joly, Hist. des Jes. H, 165, er sei «von
dem h. Stuhle als Ketzer verdammt worden, aber 1577 zu Toni als Christ
und Bischof in den Armen eines Jesuiten gestorben. '^
J. Montac. Dialogö. Calender-Reform. 451
haben; von seinen Schriften steht aber keine im Rom. Index nnd
nur eine, die 1559 erschienenen Sermons, in der französischen Ab-
theilnng der Antw. App. und der spanischen Indices.
In einer unter dem Vorsitze Gregors XIII. 8. März 1584 ge-
haltenen Sitzung der Inquisition wurde über ein sonderbares asceti-
sches Buch verhandelt. Es heisst: Dialogo dell' unione spiri-
tuale di Dio con Tanima, war von dem Observanten Barth, de Civi-
tate Castelli verfasst, von dem Capuciner Hieron. de Melfitto mit
einer Einleitung herausgegeben (Perugia 1538); den Schlnss des
Buches bildete ein zusammenfassender Epilog, der mit den Worten
„Iste est circulus charitatis divinae** begann. Dieser Epilog circu-
lirte auch separat auf ein Folioblatt gedruckt, altera parte (folii)
circulis repleta, altera vero triangulo et quibusdam figuris insignita
ad asserendum quendam novum et insolitum orandi modum. Die
Inquisition erwähnt, dass schon vor einigen Jahren gelehrte nnd
fromme Männer erklärt hätten, das Buch enthalte irrige nnd solche
Sätze, die unter dem Scheine der Frömmigkeit gefährlichen Neue-
rungen den Weg bahnen könnten, und verbietet dann, auf Grund
des Gutachtens der von ihr mit der Prüfung beauftragten Theo-
logen, das Buch und den Epilog bei Strafe der Excomm. l. s., ver-
ordnet, dasselbe in die 2. Cl. des Index zu setzen, und grebietet,
die Exemplare abzuliefern und zu verbrennen^). — Es ist charak-
teristisch für die Nachlässigkeit der Compilatoren des Rom. Ind.,
dass bei S. der Dialogus ohne Namen des Verfassers in der 2. Cl.,
bei Cl. gar nicht, Circulus charitatis divinae sive sub alio titulo
Circ. divinitatis mit d. c. steht, daneben Petri Romani Ciro. div.,
ohne Zweifel dasselbe, ohne d. c. Durch ein Edict des Mag. S. P.
von 1603 wurde dann Liber de unione animae cum Deo nochmals
verboten, mit dem Bemerken, dieses schon früher verdammte Buch
sei nochmals erschienen ementito nomine Fr. Barth, de Castello Ord.
Capuc. Seitdem steht das Buch im Ind. unter Barth, de Castello,
(seit Ben. beide Ausgaben), auch das Folioblatt unter Circulus und
unter Romanus, beide Male ohne d. c.*).
Von den vielen Streitschriften, welche Gregors XIII. Calender-
Reform (1582) hervorrieft), ist durch S. Cl. keine in den Index ge-
kommen, — ob Michael Maestlinus durch S. und Georg Mylius
durch Cl. gerade wegen solcher Streitschriften in die 1. Cl. ge-
kommen sind, ist nicht auszumachen ; — aber wahrscheinlich ist das
1) Das Decret steht A. J. P. 2, 2632.
2) Dialogos de la union del anima con Dios, en toscano y en otra
qualquier lengua, seit V. 69 im span. Index und im Lisa. 81, wird dasselbe
Buch sein.
3) Stieve, der Kalenderstreit des 16. Jahrh. in Deutschland, 1880.
Das 1603 verbotene Calondarium Gregoriannm perpetuum, Francofurti
impressum wird ein Abdruck des zu Rom 1582 erschienenen Cal. Gr. perp.
mit polomiflchen Zuthaten sein.
462 Pius y. und Gregor XIII.
bedeutende Werk des Joseph Jnstus Scaliger De emendatione
temporum, 1583, hauptsächlich wegen der von dem „Lilianischen
Jahre" handelnden Schlusscapitel von S. Cl. mit d. c. verboten
worden. Auch die zweite Ausgabe von 1598, in der allerlei
kritisch -theologische Untersuchungen beigefügt sind und welche
namentlich wegen* der Bestreitung der Echtheit der Areopagitischen
Schriften und des apostolischen Ursprungs des Mönchthums scharfe
Gegenschriften hervorrieft), ausdrücklich zu verbieten, wird man
nicht für nöthig gehalten haben. Aber auch andere Schriften von
Scaliger wurden, — ein Beispiel einer seltenen Nachsicht der Index-
Congregation, — nicht verboten; erst die von Daniel Heinsius her-
ausgegebenen Epistolae omnes quae reperiri potuerunt, Leyden 1627,
wurden 1633 mit d. c. verboten, was ja die darin vorkommenden
derben Bemerkungen Scaligers über seine literarischen Gegner Sera-
rius, Delrio, Scribanius und die Loiolitae überhaupt und namentlich
über Scioppius und die Cardinäle, deren Schützling und Werkzeug
er sei, erklärlich machen. In Spanien ist man nicht so glimpflich
mit ihm verfahren: Sot. gibt zwar viele Schriften von Scaliger
frei, aber die Expurgation der anderen füllt 10 Folioseiten.
Pius V. publicirte 1572 ein besonderes Breve (Bull. II, 382)
gegen die sog. M enan ti, Journalisten, welche Bericht« über Komische
Tagesereignisse (Avvisi) verfassten, die handschriftlich vervielfältigt
und von den Römischen Buchhändlern vertrieben wurden^): „Schmäh-
schriften (libelli famosi) und literas monitorias vulgo appellatas
Lettere d^avvisi, welche Schmähungen oder Angriffe auf den Buf
und die Ehre jemands enthalten, und irgendwelche Schriften, worin
über zukünftige Dinge gesprochen (de futuris successibus disseratur)
oder worin das, was von Uns oder den mit der Leitung der allge-
meinen kirchlichen Angelegenheiten Betrauten verhandelt wird, kund-
gemacht wird, soll niemand, welchen Standes und Banges er auch
sein mag, verfassen, dictiren, schreiben, behalten oder versenden,
auch nicht, wenn sie aus anderen Orten oder Ländern in seine Hände
gelangt sind. Wer dergleichen erhält, soll sie gleich verbrennen
oder an den Cardinal Kusticucci abliefern, unter den vorbesagten
und anderen arbiträren Strafen, eventuell bis zur Todesstrafe und
Vermögensconfiscation.** Noch in demselben Jahre erliess Gregor XIII.
eine etwas mildere Bulle (Bull. II, 390), worin es heisst: „Es ist
kürzlich in Rom eine Secte von gottlos neugierigen Menschen auf-
getaucht, welche das, was sie über öflFentliche und private Ange-
legenheiten aufspüren oder auch selbst ersinnen, was geschehen oder
nicht geschehen ist. Wahres und Falsches unterschiedslos aufschrei-
ben, so dass sie dieses gewissermassen zu einem Gewerbe machen
und vielfach auch für einen erbärmlichen Lohn Berichte (commen-
tariolos), meist auf Grund von falschen Gerüchten, nach verschie-
1) J. Bemays, J. J. Scaliger 1866, S. 48. 77.
2) Brosoh, Gesch. des K.-St. I, 271.
J. Scaliger. Mcnanti. Gardona. 453
denen Orten versenden oder auch solche Berichte als von Rom nach
verschiedenen Orten versandt und dann von dort nach Rom zurück-
gesandt herumtragen und verkaufen. Dadurch wird vielfach Fal-
sches statt Wahres verbreitet und der Ruf und die Achtung verletzt.
Wir verbieten also, solche Berichte zu verfassen, von anderen an-
zunehmen, abzuschreiben, zu verbreiten und an andere zu schicken.
Wer dieses thut, soll ipso facto für immer ehrlos sein und, je nach
der Schwere des begangenen Verbrechens, für Lebenszeit oder für
eine beschränkte Zeit zu Galeerenstrafe verurtheilt werden." Unter
Sixtus V. wurde 11. Oct. 1586 ein Bando de' govematori di Roma
gegen die Menanti pnblicirt und im Nov. 1587 der Priester Anni-
bale Capello aus Mantua, weil er „gegen Gott und Seine Heiligkeit
und über das, was im Consistorium vorgefallen, an den König von
Frankreich und wahrscheinlich an die Secretäre der Königin von
England und des Herzogs von Sachsen geschrieben", zum Tode ver-
urtheilt. Im J. 1648 wurden durch ein Bando del govemo die-
jenigen, welche ohne Erlaubniss lettere d'avvisi e gazette schrieben,
abschrieben oder versendeten, mit Prügelstrafe (tre tratti di corda)
und einer Geldstrafe von 100 Scudi oder drei Jahren Galeeren-
strafe und mit anderen von Pius V. festgesetzten Strafen bedroht,
und 1685 berichtet der Benedictiner J. Durand: ein spanischer
Priester, der angeklagt sei, d'avoir composi des nouvelles scanda-
leuses, könne froh sein, s'il en est quitte pour la galire; der Papst
sei mit Mühe dahin gebracht worden, ihm die Todesstrafe zu er-
lassen ; ein sechzigjähriger Laie, der sein Schreiber gewesen, sei ge-
hängt worden; Pasqnino sage zu Marforio: er gehe von Rom weg;
denn chi parla, e mandato in galera; chi scrive, ö impiccato; chi
sta quieto (es waren eben damals einige Qnietisten in Haft), va al
Santo Officio!).
Es wurde früher erwähnt, dass die von Gregor XIII. geneh-
migte expurgirte Ausgabe der Adagia ohne den Namen des Eras-
mus erschien. Auf den Antrag der Index-Congregation verordnete
Gregor XIIL allgemein, bei den von der Congregation vorzuneh-
menden Expurgationen seien die Namen der häretischen Verfasser
der Bücher wegzulassen. Das erfahren wir ans einem interessanten
Schriftchen des damals in Rom bei den Expurgationsarbeiten be-
schäftigten Spaniers Joh. Bapt. Cardona, De expungendis haere-
ticorum propriis nominibus etiam de libris qui de religione ex pro-
fesso non tractant, Rom 1576 *). Cardona berichtet, er selbst und
1) A. J. P. 11, 854. Ciampi, Innocenzo X., p. 255. Val6ry, CJorre-
spondance de Mabillon I, 94, 100. 112. Guillaume de Reboul, ein Con-
vertit und Verfasser von Streitschriften gegen die Hugenotten, der in
Rom, missyergnügt über die Versagung eines Beneficiums, eine satirische
Schrift verfasst hatte, wurde 25. Sept. 1611 hingerichtet Marchand s. v.
2) Es erschien nochmals 1587 zu Taracona mit der oben S. 189
erwähnten Abhandlung zusammen und steht gleichfalls in der dort ange-
führten Sammlung von Gerdano y Rico p. 545.
454 Pius V. und Gregor XIII.
einige andere seien beauftragt worden, Gutachten über die Frage
abzugeben, ob auf dem Titelblatte der nach der 5. und 8. Index-
Regel zu expurgirenden oder freizugebenden Bücher die Namen der
ketzerischen Verfasser stehen bleiben dürften. Für die verneinende
Antwort führt er u. a. folgende Gründe an : Die Beseitigung der
Namen ist das richtigere und Christus zur grossem Ehre, der
Kirche zum grössern Nutzen gereichende Verfahren ; es ist geeignet,
die gute Meinung von den Ketzern und die Liebe zu ihnen aus den
Herzen der Gläubigen zu entfernen und die Absicht der Ketzer,
sich durch ihre Bücher einen Namen zu machen, zu vereiteln; es
ist immer Praxis gewesen, Lobsprüche auf die Ketzer zu streichen,
es würde ihnen aber zum grossen Lobe gereichen, wenn die Kirche
Bücher, auf deren Titelblättern ihr Name steht, freigäbe ; nach vielen
Gesetzen dürfen die Testamente der für infam Erklärten als un-
gültig angesehen, ihre Bilder zerstört, ihre Leichen ausgegraben
werden, also sind auch die Namen der Ketzer, die ja infam sind,
überall zu beseitigen, zumal in ihren Büchern, welche selbst eben-
sowohl als infam anzusehen sind, wie ihre Kinder; wenn nach den
Gesetzen die Kinder der Ketzer an ihrem Vermögen gestraft wer-
den, so sind die Bücher derselben, ihre geistigen Kinder, an den
Titeln zu strafen ; von Eusebius, Origenes, seinem Lehrer Clemens
von Alexandrien, TertuUian wird nie ein Buch in den Acten der
Concilien citirt, von Origenes ist keine, auch noch so fromme und
gelehrte Homilie in das reformirte Brevier Pius* V. aufgenommen;
von Ketzern darf man keine Briefe annehmen oder beantworten,
weil man dadurch ihren Gruss annehmen und erwiedern würde;
bleiben ihre Namen auf dem Titelblatte stehen, so begrüssen wir sie
gewissermassen ; die Ketzer werden nach dem Gesetze mit Einziehung
ihrer Güter bestraft; zu ihren Gütern gehört auch ihr guter Name,
und dieser wird durch ihre Bücher erhalten ; die Ketzer werden
aller Jurisdiction und jedes Eigenthumsrechts beraubt; bleibt ihr
Name auf einem Buche stehen, so wird dieses als ihr Eigenthum
anerkannt, während es doch das Eigenthum der Kirche geworden
ist u. s. w. Nur da, meint Cardona, dürften die Namen der Ketzer
stehen bleiben, wo fromme und gelehrte Männer sie erwähnten, um
sie zu widerlegen oder um etwas Schlechtes von ihnen zu berich-
ten. Ein Mitglied der Index-Congregation, Card. Gabriel Paleotto,
erklärte sich mit Cardona einverstanden und veranlasste ihn, seine
Schrift drucken zu lassen. Gregor XIII. nahm die Widmung der-
selben an und erliess, „aus den angeführten und anderen Gründen^
die erwähnte Verordnung^). Diese scheint aber später aufgehoben
zu sein; denn in der Instruction Clemens' VIII. de correctione libro-
rum wird nur verordnet: Epitheta honorifica et omnia in laudem
haereticorum dicta deleantur, und den Titel nach dem oben S. 372
angegebenen Schema zu vervollständigen, und selbst die spanischen
Indices verlangen nicht mehr. Eine Reminiscenz an Cardona's An-
1) Cardona 1. c. p. 560. 601.
luquisitionsprocess geguu B. Carranza. 456
sieht ist es aber, wenn Bellarmin (Controv. de membris eccl. mil.
3, 20) zur Begründung des Satzes: es sei nicht unrecht, die Bücher
der Ketzer zu verbieten, aus denen man Gutes lernen könne, u. a.
den Gellius anführt, der 18, 3 erzähle : die Lacedämonier hätten,
als ein beredter, aber sittenloser Mann einen guten Antrag ge-
stellt, einen achtbaren Mann gewählt, um den nämlichen Antrag zu
stellen.
Dem in Rom lebenden spanischen Dominicaner Alfonsus Cia-
conius (Chacon) wurde unter Gregor XIII. für ein Werk, welches
Gesners Bibliothek ersetzen sollte, Bibliotheca libros et scriptores
ferme cunctos ... ad a. 1583 complecteus ^), die Druckerlaubniss
verweigert, weil er die Bücher der Eabbinen und Gesner und seine
Fortsetzer, ketzerische Schriftsteller, zu stark benutzt habe. So be-
richtet er selbst in einem Briefe an Card. Sirle.to vom 1. April 1581,
in welchem er bezüglich des zweiten Vorwurfes sagt: Gesners Bib-
liothek habe er nie gesehen, wohl aber mit Erlaubniss der Inqui-
sition Josias Simlers Epitome ; er habe aber aus seinem Buche alle
notorisch häretischen Schriftsteller ausgeschlossen. Die im Tr. in
der 1. Ol. stehenden Autoren finden sich in der That nicht bei
ihm, und von den erst durch S. Gl. in die 1. Gl. gekommenen er-
wähnt er theologische Schriften gar nicht (von Abdias Praetorius
nur De poesi graecorum) oder mit Cautelen, wie Adam Schmid, 12
üonciones germanicae, Francof. 1570, suspectae ex loco impressionis.
Da er ausserdem bei jeder Gelegenheit auf die Ketzer schimpft, so
ist schwer zu begreifen, dass man den Druck des Buches nicht ge-
stattete.
44. Der Inqnisitionsprocess gegen den Erzbischof
Carranza.
Unter Plus V. begann and unter Gregor XIII. endete der
letzte Act in dem langen und scandalösen Inquisitionsprocess
gegen den höchstgestellten spanischen Prälaten, Bartolomö de
Carranza, Erzbischof von Toledo 2), ein Process, bei welchem
1) Ein Theil desselben, die Buchstaben A bis £ umfassend, ist 1780
zu Paris von Franc. Dien. Camusatns (dann von J. E. Knapp, Amst. und
Lpz. 1744) veröffentlicht worden. In dieser Ausgabe steht der Brief an
Sirleto p. X.
2) Vgl. H. Laugwiiz, Barth. Carranza, 1870 und die dort angeführte
Literatur, ferner Caballero, M. Cano, 1871, Döllinger, Beitr. zur Qesch.
u. s. w. 1. Bd.
456 InqaisitionsproGess gegen B. Carranza.
68 sich nicht ausschliesslich, aber doch mit um ein Buch han-
delte, das seit 1559 im spanischen, seit 1590 im Rom. Index
steht, welcher aber auch darum eine ausführlichere Darstellung
verdient, weil er das Verhältniss der spanischen Inquisition zum
päpstlichen Stuhle und den grossen Einflnss, den die Rücksicht
auf den spanischen König in manchen Fällen auch auf die
Römischen Bücherverbote übte, noch deutlicher anschaulich
macht, als die Verhandlungen über Raymund Lull (S. 27).
Bartolom6 Carranza, geboren 1503 zu Miranda in Navarra,
darum vielfach B. de Miranda genannt, seit 1520 Dominicaner, eine
Reihe von Jahren Lector in dem Kloster seines Ordens zuVallado-
lid und Qualificator der Inquisition, wiederholt Festprediger bei
Autos de Fe, 1546 — 48 und 1551 — 52 als kaiserlicher Theologe
anf dem Tri enter Concil, ging 1554 mit Philipp II. nach England
und wirkte dort drei Jahre, dann 1557 in den Niederlanden mit
dem grössten Eifer im Geiste der Inquisition gegen die Ketzerei.
Ende 1557 wurde er von Philipp II. zum Erzbischof von Toledo
und Primas von Spanien ernannt. Von seinen früheren Schriften
war eine Summa Conciliorum et Pontificum nsque ad Julium III.
zuerst zu Venedig 1546, dann zu Salamanca 1551 gedruckt (seit-
dem oft; sie hat nie Anstoss erregt). Eine Schrift über die Residenz-
pflicht der Bischöfe, zuerst Venedig 1547, hatte eine Entgegnung
von Ambrosius üatharinns hervorgerufen und auch bei spanischen
Bischöfen Anstoss erregt, konnte aber nicht wohl zum Anlass eines
Einschreitens der Inquisition gemacht werden. Diesen bot ein aus-
führliches Lehrbuch der katholischen Religion, zu dessen Ausarbei-
tung ihn namentlich der Cardinal Pole veranlasst hatte und welches
1558, Philipp II. gewidmet, zu Antwerpen erschien unter dem
Titel: Comentarios del Rev. Sefior Fray Bartolome Carranza de
Miranda, Arzobispo de Toledo u. s. w. sobre el Cathecismo cristiano,
divididos en cuatro partes, las qnales contienen todo lo que pro-
fesamos en el sacro bautismo. 865 S. fol.^) (die vier Theile han-
deln von dem Glauben, den Geboten, den Sacramenten und den guten
Werken).
Das Buch bot Anlass zu einem Inquisitionsprocess. Dass aber
die spanische Inquisition sich nicht damit begnügte, das Buch zu
verbieten, sondern den Verfasser verhaftete und mit ungewöhnlicher
Härte behandelte, findet seine Erklärung darin, dass Carr. einfluss-
reiche persönliche Gegner hatte, darunter seinen Ordensgenossen
Melchor Cano, mit dem er schon seit 1530 verfeindet war, den
Bischof Pedro de Cas};ro von Cueuca und vor allem den General-
Inquisitor Valdes, der es noch weniger als de Castro verschmerzen
1) Clement VI, 305. Vgl. Laugwitz S. 29.
Inquisitiousprocess gegen B. Carranza. 457
konnte, dass das angesehenste und reicbste spanische Erzhisthum
einem einfachen Mönch zugefallen war^).
Gleich nach dem Erscheinen des Catechismus forderte Vald^s
von mehreren Theologen Gutachten darüher. Carr., der davon hörte,
verschaffte sich seinerseits günstige Gutachten. So erklärte der
Erzbischof Pedro Guerrero von Graaada : die Lehre des Buches sei
gesund und katholisch; einige Ausdrücke seien für sich betrachtet
missverständlich, fänden aber in dem Zusammenhange und in dem
Gesammtinhalte des Buches eine genügende Erklärung, und durch
einige Aenderungen könne der Verfasser in einer neuen Ausgabe
leicht jeden Anstoss beseitigen; dann sei das Buch als ein gutes
und nützliches zu empfehlen. Aehnlich sprach sich die Universität
Alcala aus, welcher in Folge davon Vald^s am 11. April 1559 unter
Androhung der Excommunicatio latae sent. und einer Strafe von 20
Ducaten verbot, Censuren über Bücher abzugeben, ohne dieselben
vorher der Inquisition vorgelegt zu haben ^). Auch einer der von
Valdes befragten Theologen, Domingo de Soto, fand zwar viele miss-
verständliche Sätze in dem Buche, erklärte aber, dieselben könnten
orthodox verstanden werden und seien nach dem Zusammenhange
und Gesammtinhalte so zu verstehen^). Ganz anders lautete das
Gutachten von Cano *) : er missbilligt überhaupt die Veröffentlichung
solcher Bücher, welche religiöse Fragen ausführlich behandelten,
in spanischer Sprache, findet aber ausserdem in Carr.'s Buche 14
ketzerische (meist „lutherische^), 36 nach Ketzerei schmeckende und
viele andere zu beanstandende Sätze.
Ende 1558 wandte sich Carr. wiederholt direct an den Inqui-
sitionsrath. Er erklärte : er habe gehört, dass die Inquisition über
das Verbot spanischer Bücher über religiöse Dinge, speciell des
seinigen, verhandle; er habe dieses in spanischer Sprache veröffent-
licht, um den in der Volksprache geschriebenen Schriften der Ketzer
entgegenzuwirken; nach Spanien seien von demselben bis jetzt nur
einige wenige Exemplare gekommen, und nachdem er erfahren, dass
solche Bücher in spanischer Sprache für das gewöhnliche Volk in
Spanien ihr Bedenkliches hätten, habe er angeordnet, dass keine
Exemplare mehr nach Spanien geschickt werden sollten; er beab-
sichtige, eine kürzere Bearbeitung in spanischer Sprache für seine
Diöcesanen und das grössere Werk vermehrt und verbessert latei-
nisch herauszugeben ^). Noch im J. 1558 wurde Carranza's Buch
von der Inquisition verboten. Es steht bei V. 59 unter Gomentarios
(bei Q. auch unter Catechismo, in den folgenden span. Indices:
1) Caballero p. 331.
2) Coleccion de doc. ined. V, 518. 515. 521.
3) Coleccion p. 517. Caballero p. 325.
4) Abgedruckt bei Caballero p. 536; vgl. p. 166. 322. 409.
5) Coleccion p. 508; vgl. Llorente III, 227.
456 Inquisitionsprocess gegen B. Carranza.
Catechismo y CommentarioK sobre el, als wenn es sich um zwei
Bücher handelte).
Carr. bemühte sich, eine neue Prüfung seines Werkes in Rom
zu erwirken. Er legte dort die günstigen Gutachten über dasselbe
vor und schickte auch den Dominicaner Uernando de Sant Ambro-
sio als seinen Agenten dorthin. Der Card. Pacheco wirkte gegen
ihn, und Paul IV. zeigte für *ein in spanischer Sprache und im
Einverständniss mit Card. Pole geschriebenes theologisches Buch
keine Sympathie, hatte auch keine Lust, sich in die Angelegenheiten
der spanischen Inquisition einzumischen. Cardinal Ghislieri erhielt
sogar einen derben Verweis dafür, dass er den spanischen Ordens-
genossen bei sich aufgenommen^).
Vald^s begnügte sich nicht mit dem Verbote des Buches von
Carr. Seit dem April 1558 hatte die Inquisition von dem Bischof
Pedro de Castro von Cuenca und anderen Denunciationen über
andere Punkte entgegengenommen und Zeugen darüber verhört 2).
Nachdem Philipp II. widerstrebend am 26. Juni seine Einwilligung
dazu gegeben, wurde Carr. 22. August 1559 verhaftet und in das
Inquisitionsgefängniss zu Valladolid abgeführt (er wurde mit unge-
wöhnlicher Härte behandelt). Seine Einrede, dass er als Erzbischof
nicht von der Inquisition processirt werden könne, konnte Valdes
mit der Hinweisung auf das Breve Pauls IV. vom 7. Jan. 1559
zurückweisen, worin der Inquisition für zwei Jahre die Vollmacht
gegeben war, auch gegen Bischöfe einen Process einzuleiten (S. 303),
eine Vollmacht, die sich Valdes ohne Zweifel lediglich um Carr.'s
willen erwirkt hatte. Dagegen wurde, als er Valdes als seinen
persönlichen Feind als Richter recusirte, von den beiden von Carr.
und dem Fiscal der Inquisition gewählten Schiedsrichtern diese Be-
cusation als begründet anerkannt. Philipp II. war aber gegen die
Bestellung eines andern Richters durch den Papst, — Card. Pacheco
warnte wiederholt den König, keine Einmischung Roms in die An-
gelegenheiten der spanischen Inquisition zu dulden^), — und PaulIV.
Hess sich auch bereit finden, 5. Mai 1560 dem Könige die Ernennung
eines andern Richters zu überlassen, — da» definitive Urtheil be-
hielt ef in einem Breve vom 3. Juli 1560 ausdrüclclich sich selbst
vor, — auch die dem Valdes ertheilte, am 7. Jan. 1561 ablaufende
Vollmacht auf zwei weitere Jahre zu verlängern"*); der König er-
nannte den Erzbischof von Santiago, Gas^ar de Züfiiga y Avellaneda,
der dann die Inquisitoren Valtodano und Simancas mit der Führung
1) Döllinger I, 254. 264. Coleccion p. 504. Caballero p.616. 625.
2) Llorentc III, 197—217. Caballero p. 319.
3) Seine Briefe d. d. Rom 19. Jan. und 15. Febr. 1560 bei Döl-
linger I, 329. 336. In dem ersten sagt er: Si los de aca (die Römer) oo-
mienzan a meter los manos en las cosas de la Inquisicion de allä, yo lo
doy todo por perdido.
4) Raynald 1560, 22.
Inquisitioiisprooess gegen B. Carranza. 459
der Untersuchung beauftragte, dieselben, welche Valdis beauftragt
hatte. Carr. erhielt nun auch vier Rechtsbeistände, darunter den
berühmten Doctor Navarro (Martin AzpilcuetÄ). Bei dem ersten
Verhör 1. Sept. 1561 wurden Carr. von dem Fiscal 31 Anklage-
punkte vorgelegt; die Zahl derselben wurde aber im Verlaufe des
Processes bis zu einigen hundert vermehrt, die zum kleinsten Theile
aus dem Catechismus, zum grössern Theile aus den confiscirten
Papieren Carr.'s oder aus Zeugenaussagen (es wurden 06 Zeugen
verhört) entnommen waren. Unter den Papieren hatte man Col-
legienhefte und Collectaneen mit Excerpten aus Schriften der Refor-
matoren gefunden, u. a. einen Commentar zum 2. Johannesbriefe mit
Sätzen aus Oecolampadius, den Carr. jedoch für ein von einem Zu-
hörer geschriebenes Collegienheft erklärte, für dessen Genauigkeit
er nicht einstehen könne ^). Die Zeugenaussagen bezogen sich zum
Theil auf Aeusserungen Carr.'s auf dem Trienter Concil, auch auf
sein Verhalten am Sterbebette Karls V.
Das Concil von Trient, welches im J. 1562 wieder zusammen-
trat, nahm sich des unglücklichen Gefangenen mit rühmlicher Ent-
schiedenheit an. Es bat den Papst wiederholt, Carr. und die Pro-
cessacten nach Rom kommen zu lassen und endlich die Sache zu
erledigen. Ja es soll schliesslich sich geweigert haben, die Briefe
des Königs an das Concil zu eröffnen, so lange er nicht die Be-
leidigung, die er in der Person des Erzbischofs von Toledo dem
Episkopate zugefügt, wieder gut gemacht habe. Pius IV. schickte
denn auch im J. 1562 Odescalchi als ausserordentlichen Nuncius
nach Spanien, mit einem Breve, worin er die Auslieferung Carr.'s
und der Acten verlangte. Philipp II. antwortete 15. August 1562:
ein so imperatives und in seine Souveränetätsrechte eingreifendes
Breve werde er nicht publiciren lassen; die Beendigung des Pro-
cesses liege ihm übrigens sehr am Herzen u. s. w. Diese Corre-
spondenz schickte Philipp an seinen Gesandten in Trient, der Papst
an die Legaten. Die mit dem 7. Jan. 1563 ablaufende Vollmacht
zur Führung der Untersuchung wurde dann aber von Pius IV. bis
zum 1. Jan. 1565 verlängert. Da die Mitglieder des Concils noch-
mals bei den Legaten Vorstellungen machten, Hess der Papst diesen
19. Juni 1563 mittheilen: die Sache sei von seinem Vorgänger bis
zur Fällung des Urtheils der spanischen Inquisition übertragen wor-
den; er habe die Acten eingefordert und aus denjenigen, die er er-
halten, ersehen, dass die Verhaftung Carr.'s nicht unberechtigt ge-
wesen sei; er habe aber die Beschleunigung der Untersuchung ver-
langt und werde sich die gerechte Erledigung der Sache angelegen
sein lassen^).
Auch die Trienter Index-Commission befasste sich mit Carr.'s
Sache. Sie hatte eine Veranlassung dazu, da die Frage aufgeworfen
wurde, ob sein Buch dem von ihr zu bearbeitenden Index einzuver-
1) Castro, Hist. de los prot. p. 209. Coleccion p. 488.
2) Pallav. 21, 7, 7.
460 Inquisitioiisprocess gegeu B. Carranza.
leiben sei. In der Sitzung vom 2. Juni 1563, welcher zehn Mit-
glieder beiwohnten, beschloss sie einstimmig: das Buch sei nicht
auf den Index zu setzen, vielmehr zu approbiren und der ganzen
christlichen Welt mitzutheilen, dass das Buch approbirt sei als ein
solches, das keinen Irrthum enthalte, sondern die Irrthümer unserer
Zeit widerlege und überall die gesunde .und katholische Lehre
vortrage, damit nicht jemand glaube, es könne wegen der in dem
Buche enihaltenen Lehre gerechter Weise etwas gegen den Verfasser
beschlossen werden. Diese Erklärung wurde von dem Secretär der
Commission P. Foreiro protocollirt und von allen Mitgliedern unter-
schrieben^). Es wird berichtet, diese Erklärung habe in der Gre-
neral-Congregation vom 29. Juli vorgelegt werden sollen. Dieses
geschah in Folge der Bemühungen des spanischen Gesandten nicht,
so dass also nicht, wie vielfach angegeben wird, das Concil das
Buch Carr.'s approbirt hat. Cardinal Morone befahl sogar, dem
Agenten Carr.'s die ihm eingehändigte Abschrift der Erklärung
wieder abzunehmen; sie war aber schon abgesandt. Der Bischof
Antonio Agustin von Lerida und der Bischof von Cava, die in der
Commissionssitzung nicht zugegen gewesen, protestirten gegen den
Beschluss derselben und ersterer äusserte sogar, die Commission
habe offenbare Ketzereien approbirt. Der Vorsitzende der Com-
mission, der Erzbischof von Prag, beklagte sich darüber bei den
Legaten und Agustin musste Abbitte thuen. Die Gegner Carr.'s
beschuldigten den Cardinal von Lothringen, der nicht Mitglied der
Commission war, und den Erzbischof von Braga und die Bischöfe
von Coimbra und Modena, den Beschluss zu Stande gebracht zu
haben, und sagten, es seien in der Sitzung nur wenige zugegen ge-
wesen, die spanisch verständen, und man habe leichtfertig über
einen Folioband ein Urtheil abgegeben. Aber in dem Beschlüsse
heisst es ausdrücklich, er sei gefasst worden „nach Anhörung der
Zeugnisse der Bischöfe und Theologen, die das Buch mit der gröss-
ten Sorgfalt durchgelesen und geprüft**, und dass die Mitglieder
der Commission alle persönlich jedes Buch lesen sollten, worüber
sie zu beschliessen hatten, war doch nicht zu verlangen. Wie der
Erzbischof von Prag berichtet, war das Buch durch vier spanische
und portugiesische Theologen geprüft worden und wusste man, dass
vier spanische Prälaten (der Erzbischof von Granada, und die Bi-
schöfe von Almeria, Grenze und Leon) es gutgeheissen und dass
auch die portugiesische Inquisition es untersucht und nicht verboten
hatte ^). Es kam jedenfalls nicht in den sog. Trienter Index.
Ende 1564 glaubte man doch in Spanien endlich die Unter-
suchung gegen Carranza abschliessen zu müssen. Sein Anwalt Na-
varro beantragte nun bei Philipp II. in einer Denkschrift*), worin
er zugleich über die Verschleppung des Processes und die dabei vor-
1) Abgedruckt bei Caballero p. 328.
2) Sickel S. 541. Col. de doc. in6d. 9, 337.
3) Coleccion p. 495—504.
Inqui8ition8proces& gegen B. Carranza. 461
gekommenen UnregelmäsBigkeiten klagte, Carr. und die Acten nach
Bom zu schicken. Der Inquieitionerath aber stellte dem Könige
vor, wie nothwendig es sei, dass der Process in Spanien beendigt
werde, und beantragte, der König solle den Papst bitten. Römische
Prälaten, die dem Könige genehm wären, nach Spanien zu schicken,
um im Einverständniss mit der Inquisition das Urtheil zu fällen.
Philipp II. schickte denn auch 24. Nov. 1564 ein Mitglied des In-
quisitionsrathes, Rodrigo de Castro, mit einem Schreiben dieses In-
halts an den Papst. Er schrieb auch an den Cardin al-Nepoten
Borromeo und 13 andere Cardinäle, an den König und die Königin
von Frankreich und den Herzog von Toscana, an seine Gesandten
in Paris und Genua, den Gouverneur von Mailand u. a. und bat sie
um ihre Verwendung bei dem Papste. Pius IV. ging auf den Vor-
schlag ein und schickte den Cardinal Hugo Buoncompagni (später
Gregor XIII.) als Legaten a latere nach Spanien, um in Gemein-
schaft mit dem Nuncius in Madrid, Giov. Castagna, Erzbischof von
Rossano (später Urban VII.), und dem Auditor der Rota Aldobran-
dini (später Cardinal) das Urtheil zu fällen^). Buoncompagni kam
im November in Spanien an. Philipp II. wollte nun durch den
Inquisitionsrath, dem die päpstlichen Delegaten als Mitvotanten bei-
gesellt werden sollten, das Urtheil sprechen lassen. Diesen Vor-
schlag wies der Legat natürlich zurück. Während dieses Streites
starb Pius IV. 8. Dec. 1565. Card. Borromeo hatte im August
1565 von ihm zu dem spanischen Gesandten gesagt: in der Sache
Carranza^s habe der Papst um des Königs willen mehr gethan und
thue er mehr, als er könne, weil er in Widerspruch mit den Ca-
nones, den Concilien (dem Concil von Trient?) und den Cardinälen
handle ; in seiner Sterbestunde werde ihn nichts so sehr beunruhigen
als dieses^).
Nachdem der Dominicaner und Römische General-Inquisitor
Card. Ghislieri 17. Jan. 1566 als Pius V. Papst geworden, trat in
Carr.'s Sache eine Wendung ein. Card. Buoncompagni berichtete
ihm mündlich, und Pius V. verlangte sofort die Absetzung des
General-Inquisitors Valdes; Philipp ging darauf ein und bestimmte
Diego Espinosa, Bischof von Siguenza (später Cardinal), zu seinem
Nachfolger, und durch ein Breve vom 9. Sept. 1566 ernannte dann
Pius V. „mit Rücksicht auf das hohe Alter" des General-Inquisitors
Valdes und unter Anerkennung seiner „eifrigen Amtsführung** Espi-
nosa zu seinem Coadjutor mit dem Rechte, ganz selbständig zu
handeln, und mit der geheimen Weisung, über die Carr.' sehe Sache
mit ihm gar nicht zu sprechen. Er schickte dann den Bischof von
Ascoli, Pietro Camojani, als ausserordentlichen Nuncius nach Spanien
mit der Weisung, nicht ohne Carr. und die Processacten zurückzu-
1) Raynald. 1565, 7. Colecoion p. 449 wird als vierter Richter der
Franciscaner-General Felix Peretti (später Sixtus V.) genannt.
2) Döllinger I, 628.
462 Inqaisitionsprooess gegen 6. Oarranza.
kommen, und sandtt; dem Nuncius Castagna in Madrid ein Breve
vom 30. Juli 1566 folgenden Inhalts: Carr. sei nun sieben Jahre
in Haft, and er, der Papst, wisse noch nicht sicher, was ihm vor-
geworfen werde, geschweige denn, was gegen ihn erwiesen sei; das
gehe Anlass zu bösen Reden gegen die Inquisition und den h. Stuhl;
er habe darum beschlossen, die so grosse Calamität des Rrzbischofs
und die ebenso grosse Injurie gegen den h. Stuhl, die der ganzen
Christenheit zum Anstoss gereiche, nicht länger mehr anzusehen
(non ferre nee dissimulare diutius); kraft der Fülle seiner apostoli-
schen Gewalt entziehe er also der spanischen Inquisition bezüglich
dieses Processes alle Gewalt und gebiete allen, die es angehe* bei
Strafe der reservirten Excommunicatio latae sent., Carr. sofort frei-
zulassen; dieser solle bei Strafe der Suspension sofort einen Ver-
weser für sein Erzbisthum eniennen und nach Rom kommen; wer
ihn an der Reise hindere, verfalle der Excommunication ; die Inqui-
sition habe bei Strafe der Excommunication binnen drei Monaten
alle Acten versiegelt durch einen zuverlässigen Boten nach Rom zu
schicken oder binnen einem Monate an den Nuncius abzuliefern^).
Der Staatsrath rieth dem Könige, nicht nachzugeben : die spanische
Inquisition sei auf Grund der den katholischen Königen (Ferdinand
und Isabella) von dem h. Stuhle ertheilten Vollmacht als eine von
der Römischen Inquisition völlig unabhängige gegründet worden;
wenn man in diesem Falle nachgebe, würden die Römer auch andere
Processe nach Rom avociren u. s. w. Indess nach einiger Ver-
zögerung, während welcher der Nuncius wiederholt mit der Ex-
communication drohte, wurde Carr. 5. Dec. 1566 aus dem Gefäng-
nisse entlassen. Er kam 31. Dec. in Cartagena an, mnsste dort
einige Monate auf die Acten warten, und segelte endlich 27. April
1 567 ab, begleitet von seinen Rechtsbeiständen Navarro und Delgado,
zwei Domherren von Toledo und — mehreren Inquisitoren.
Am 29. Mai 1567 kam er in Rom an. Er wurde dort in der
Engelsburg in einer anständigen Wohnung in Haft gehalten, erhielt
auch sofort die Erlaubniss, jährlich einmal zu beichten, was ihm
die spanische Inquisition nicht gestattet hatte, aber nicht zu com-
municiren. Das Domcapitel von Toledo, welches sich für seinen
Erzbischof verwendet hatte, belobte der Papst in einem Breve vom
20. Juli 1567 für seine Anhänglichkeit, und sprach sein Bedauern
aus, dass die Sache nicht rasch erledigt werden könne, weil die
Acten spanisch geschrieben seien und übersetzt werden müssten*).
Es stellte sich bald heraus, dass die Inquisition einen Theil der
Acten zurückbehalten; im Nov. 1568 und nochmals im Febr. 1570
wurden von Rom aus fehlende Stücke requirirt. Alle Acten hat man
in Rom nie bekommen. Sie füllen übrigens 24 Foliobände von je
1) Das Breve bei Laderchi 22, 291.
2) J, Pogiani Epistolae IV, 260. Ein anderer Brief an das Capitel
vom J. 1569 bei Laderchi 23, 827.
Inquisitionsprocesd gegen B. Carranza. 4C3
1000 — 1200 Seiten, und die Uebersetzung derselben, — auch der
ganze Catechismus wurde ins Lateinische übersetzt, — wird Zeit
und Mühe genug gekostet haben.
Der Process konnte in Rom natürlich nicht der Inquisition
überwiesen werden. Der Papst ernannte 17 Consultoren, aber die
spanischen Fiscale Lucas Salgado und Geronimo Kamirez bestanden
darauf, dass keine Sitzung gehalten werden dürfe, in der nicht der
Papst persönlich präsidire. Als Consultoren bestellte Pius V. vier
Cardinäle, Rebiba, Pacheco, Gambara und Chiesa, von denen die ersten
drei Mitglieder der Römischen Inquisition waren, den Bischof Felix
Peretti von Sant' Agata (später Sixtus V.) und andere italienische
Prälaten, auch mehrere Mitglieder der spanischen Inquisition, über-
haupt mindestens ebenso viele Spanier als Nicht-Spanier. Als Se-
cretäre wurden zwei Italiener und zwei Spanier bestellt. Der Mag.
Sacri Palatii Thomas Manrique wurde als Dominicaner und Freund
Carr.'s recusirt; als der Papst statt seiner den Jesuiten Franz Toletus
ernennen wollte, wurde gegen ihn eingewendet, er sei ein Verwandter
des Grosspriors der Johanniter, Antonio de Toledo, der ein Freund
Carranza's sei. In einem Briefe vom 11. Oct. 1568 bat Philipp II.
den Papst, er möge noch zwei von ihm ernannte spanische Theologen
zulassen ^). Das Uebersetzen und Vorlesen der Acten, die Verhöre
und die Plaidoyers der Ankläger und Vertheidiger nahmen Über vier
Jahre in Anspruch. Endlich wurde die Untersuchung abgeschlossen
und die Consultoren gaben jeder einzeln schriftlich ihr Votum ab.
In dem geschichtlichen Resumi des Processes in dem ürtheil
Gregors XIII. wird gesagt: Pius V. sei mit dem Studium dieser
Vota beschäftigt gewesen, um das Urtheil zu fällen, als er (1. Mai
1572) gestorben sei. Nach anderen Angaben hat er die Sentenz
entworfen und den Entwurf durch den Cameriere Alessandro Casali
dem Könige von Spanien überbringen lassen. Die Sentenz habe
dahin gelautet: Carr. werde freigelassen und ihm aufgegeben, den
Catechismus mit den nöthigen Verbesserungen lateinisch herauszu-
geben ; die Erklärung des Johannes-Briefes bleibe verboten und von
den anderen handschriftlichen Werken Carranza's dürfe keines ohne
vorherige Revision gedruckt werden. Der Köni^ und die spanische
Inquisiton hätten darauf eine Widerlegung der von Navarro und
Delgado verfassten Apologie des Catechismus und durch den Doctor
Balvas von Alcala eine „neue Qnalification des Catechismus" schreiben
lassen und diese nach Rom geschickt ; als diese in Rom angekommen,
sei der Papst gestorben gewesen^).
Jedenfalls hat Pius V. kein Urtheil gefällt. Wahrscheinlich
wäre es, wenn er es gefällt hätte, mindestens nicht ungünstiger
für Carr. ausgefallen. Als der Fiscal Sftlgado ein Verbot des öffent-
lichen Verkaufs des Catechismus in Rom beantragte, antwortete der
Papst: er halte den Catechismus nicht für verwerflich und man
1) Laderchi 23, 151.
2) Llorente III, 29G. Coleccion p. 463. Laugwitz S. 95.
464 Inquisitionsprocess gegen B. Carraiusa.
möge ihn nicht dazu treihen, ihn durch ein Motu proprio zu appro-
hiren ^) ; und als er gestorben war, schrieb ein Spanier : man habe
nicht zu trauern über den Tod eines Mannes, welcher für einen
Ordensgenossen solche Parteilichkeit gezeigt und durch seine Reden
die Ehre der spanischen Inquisition compromittirt habe^).
Gregor XIII., der als Cardinal Buoncompagni in Spanien so
entschieden aufgetreten war, zeigte sich Philipp II. gegenüber nach-
giebiger als sein Vorgänger. Er liess sich zunächst in einer Reihe
von Sitzungen, — die von Pius V. ernannten Consultoren blieben
im Amte, — die Processacten vorlesen. Mittlerweile hatte Philipp II.
vier neue Theologen, darunter seinen Beichtvater Diego de Chaves
und den Professor Francisco Sancho ^on Salamanca nach Rom ge-
schickt. Diese gaben Gutachten über die CoUegienhefte der Schüler
Carr.'s ab, worauf dessen Vertheidiger Repliken schrieben. Dann
brachte die Inquisition fünf Spanier, Bischöfe und Professoren von
Alcala, dahin, ihre früher zu Gunsten Carr.'s abgegebenen Gutachten
zu widerrufen und neue im entgegengesetzten Sinne abzugeben.
Der Erzbischof Guerrero von Granada z. B., der 1558 Carr.'s Cate-
chismus als ein gutes und nützliches Buch bezeichnet hatte, fand
jetzt 75 Sätze in diesem und 290 in Carr.'s Manuscripten bedenklich.
Dieses wurde dem Papste gemeldet, und dieser beauftragte 7. Aug.
1574 den neuen spanischen General-Inquisitor Gaspar Quiroga,
Bischof von Cuenca, die betreffenden Bischöfe und Theologen zu
vereiden und dann die von ihnen unterzeichneten Gutachten nach
Rom zu schicken. Auch diese wurden mit den Repliken Carr.'s und
seiner Vertheidiger verlesen.
Endlich 14. April 1576, am Tage vor Palmsonntag, wurde
das ürtheil Gregors XIII. in Anwesenheit des Papstes, der Con-
sultoren und einiger Cardinäle u. s. w. von einem Notar verlesen:
Carr. solle als der Ketzerei dringend verdächtig (vehementer suspectus
de haeresi) alle Ketzereien und Irrthümer überhaupt und speciell
16 Sätze abschwören und dann von allen Censuren absolvirt werden ;
er solle vorläufig fünf Jahre von seinen erz bischöflichen Functionen
suspendirt bleiben und in dem Dominicanerkloster zu Veyano wohnen
und diese Stadt nicht ohne specielle Erlaubniss verlassen dürfen;
für das Erzbisthum werde ein Verweser bestellt, dem Erzbischof
aus den Einkünften jährlich die Summe von 1000 Ducaten gezahlt
werden; ehe er Rom verlasse, solle er die sieben Basiliken besuchen
und in jeder die Messe lesen; ausserdem solle er binnen drei Mo-
naten neun bestimmte Votivmessen lesen, sonst aber während der
Suspension nur an bestimmten Festtagen die Messe lesen dürfen;
die Commentare über den Catechismus werden unter den im Index
festgesetzen Strafen verboten^). Der Papst soll geäussert haben,
1) De Castro p. 227.
2) Llorente III, 298.
3) Das Urtheil in spanischer Uebersetzung Coleccion p. 482, die 16
Sätze lateinisch p. 588.
Inquisitionsprocess gegen B. Carranza. 465
Cärr. habe ein strengeres Urtlieil verdient, er habe es in Anbetracht
seiner langen Haft gemildert. — Nachdem Carranza abgeschworen,
wurde er nach dem Dominicanerkloster der Minerva geführt, wo
er bis zu seiner Abreise wohnen sollte. Er erkrankte bald darauf
an einem Harnleiden und starb 2. Mai 1576, 73 Jahre alt, nachdem
er in Gegenwart der Mönche feierlich erklärt hatte, er hajbe nie in
seinem Leben eine Ketzerei gelehrt, unterwerfe sich aber dem Ur-
theil des Papstes und verzeihe allen seinen Feinden. Auf seinem
Grabe in der Minerva wurde mit Erlaubniss des Papstes eine In-
schrift angebracht, worin u. a. seine Gelehrsamkeit und Beredsam-
keit, die treue Verwaltung seiner hohen Aemter, seine Bescheiden-
heit im Glück und sein Gleichmuth im Unglück gepriesen wird ^).
Sein Nachfolger in Toledo wurde der General-Inquisitor Quiroga.
Dass Carr. die 16 Sätze, die er abschwören musste, — die meisten
betreffen die Rechtfertigung, zwei die Heiligen- und Bilderverehrung —
vorgetragen, wird in dem Urtheil nicht ausdrücklich gesagt. Sie werden
jedoch wohl ungefähr so in seinem Catechismus stehen, ohne Zweifel aber
im Zusammenhange eine orthodoxe Deutung zulassen. Die 15. „Ketzerei",
die er abschwören musste, lautet: die Kirche der Gegenwart habe nicht
dieselbe Erleuchtung und Auctorität wie die Kirche der ersten Zeit-).
Sie ist aus der Vorrede seines Buches entnommen, worin er sagt:
er wolle den Catechismus erklären nach der h. Schrift und den
alten Vätern und sich nach Kräften bemühen, „das Alterthum unserer
Vorfahren und der Urkirche wieder zu erwecken; denn dieses sei
das gesundeste und reinste gewesen^); seine Absicht sei gut; was
er in seinem Werke fehlen sollte, werde die Kirche verbessern; er
unterwerfe alles ihrem Urtheile und dem jedes christlichen Lesers,
dem Gott mehr Licht gebe, als er gehabt.^ Cano hatte in seinem
Gntachten gesagt: jener Satz sei, so allgemein ausgesprochen, einer
der gefährlichsten des ganzen Buches und die Lutheraner hätten darauf
viele Irrthümer gebaut: in der ersten Zeit sei die Communion unter
beiden Gestalten gebräuchlich gewesen, der Bischof nicht ohne Wahl
des Klerus und Zustimmung des Volkes eingesetzt worden, der Papst
1) Die Erklärung und die Inschrift bei Quetif II, 240. In der Grab-
schrift heisst es: viro genere, vita, doctrina, concione atquc eleemosynis
claro, magnis muneribus a Carolo V. et Philippo Rege Catholico sibi com-
missis egregie functo, animo in prosperis modesto et in adversis aequo.
2) Quod praesens Ecclesia non est ejusdem luminis neque auctori-
tatis, cuius erat primitiva.
3) En todo ouanto he podido, he procurado de resuscitar aqui la
antignedad de nuestros mayores y de la Iglesia primera; porque aquello
fa6 lo mas sano y lo mas limpio. Castro p. 194. Cano führt dazu in seinem
Gutachten (Caballero p. 548) als Parallelstelle f. 822 a an : En iodas las
cosas de nuestra religion lo mas antiguo tengo por lo mas sano y lo mas
s^furo.
Beneoh, Index. 30
466 Baierische Verordungen 1561 — 1579.
nicht ohne Zustimmung des Eaiserfl [diese Zeit meint doch Carranza
gewiss nicht]; in der ersten Zeit seien auch Verheirathete Priester
geworden und hätten die Bischöfe die Ketzer nicht verbrannt, son-
dern excommunicirt, „und so noch 600 andere Dinge.**
Durch S. kam nun Bartholomaei Caranzae Mirandensis Cate-
chismus in den Rom. Index. Erst Ben. hat den richtigen spanischen
Titel eingesetzt. Auch im Liss. 81 findet sich das Buch.
45. Verordnungen fiber Biicberwesen in Baiern
1561—1579.
Eine Hauptquelle des 1500 resp. 1506 publicirten Rr»mi-
schen Index ist ein zu München 1582 unter Herzog Wilhelm V.
erschienener gewesen. Ehe ich diesen bespreche, ist einiges
über Verordnungen seines Vorgängers, Albrechts V., voraus-
zuschicken.
Schon 1561 wurde von ihm die erste Censurcommission
mit den Jesuiten Theodor Peltanus und Peter Ganisius an der
Spitze eingesetzt, 1562 die Vernichtung der „verftlhrerischen
Tractätl und Büchl" angeordnet. Durch ein Generalmandat vom
1. März 1565 wurde das Verbot der ketzerischen Schriften ein-
geschärft und verordnet, dass fortan nur theologische Schriften,
die in katholischen Städten gedruckt seien, verkauft werden
dürften^). 1566 wurde ein ausführlicher Catalogus der Bücher,
die in Baiern öffentlich verkauft werden dürften, also das Gegen-
theil eines Index librorum prohibitorum, veröffentlicht^). — Ende
1560 Hess Albrecht V. speciell für die baierischen Klöster den
Trienter Index und ein Verzeichniss von Büchern, die zur An-
schaffung fUr die Klosterbibliotheken geeignet seien, drucken^).
1) Hi8t. Zts. 1874, 359. Archiv des D. Buchh. 2, 6.
2) Catalogus. 3)cr ©üc^cr önnb ©c^rifftcn önfcr ^ciliflc SRcIlflion t»nnb
©ciftllcftc fachen bclonflcnbt, welche im ßanbt ^u 93m)m, öffentlich fai)I j^ubnbcn
unb j^uucrfauffcn, crlowbt fcinbt. ©cbnid^t ju g^findjcn, bei ^bam 93cr(|. 7 El. 4*.
Abgedruckt im Archiv des D. Buchh. 1, 176.
3) Librorum Autorumque S. Sedis Apostolicae Sacrique Concilii Tri-
dentini authoritat^ prohibitorum, iterumque eorum, ex quibus iniegra
Albrecht V. 467
Vor diesen beiden Indiees steht eine im Auftrage des Herzogs
von dem Kanzler Eck erlassene Verordnung, d. d. Mönchen
1. Oct. 1569, worin die Vorsteher der Klöster angewiesen wer-
den, ihre Bibliotheken nach den Vorschriften der Väter des
Trienter Concils sorgfältig zu säubern und alle verbotenen
Bücher zu beseitigen, bei der Einrichtung neuer Bibliotheken
aber und der Vermehrung der bestehenden das hier abgedruckte
Verzeichniss zu berücksichtigen. Merkwürdig ist bei dem
zweiten Verzeichnisse, dass darin Schriften empfohlen werden,
welche in dem Trienter Index verboten werden, wie Onus
Ecclesiae, sogar ohne Einschränkung die Werke eines Auetor
1. Cl., Jo. Przibram Bohemus^), in grösserer Zahl von Schrift-
stellern, die in den späteren Römischen Indiees in der 1. Cl.
stehen, wie Geiler von Kaisersperg, oder doqh in der 2. Cl.,
wie Conradus Clingius, Jo. Ferus, Henricus Harpff, Franc.
Guicciardinus u. a. Jo. Aventinus ist in dem Abdruck des
Trienter Index weggelassen (S. 327). — In demselben Jahre
erschien eine Schulordnung, worin die in den lateinischen
Schulen zu gebrauchenden und nicht zu gebrauchenden Bücher
verzeichnet sind-).
1561 Hess Albrecht die Hofbibliothek durch Jesuiten von ver-
dächtigen Büchern säubern^); 1576 Hess er sich aber die Erlaubnis«
geben, verbotene Bücher zu behalten (S. 187). — In dem General-
mandat von 1565 wird das Verbot der „sectischen, unserer wahren,
alten Catholischen Religion widerwertigen bücher, tractätl, famose
schrifften und ergerlich schändlichen gemäll* (Holzschnitte) einge-
schärft und verordnet, es dürften fortan nur theologische Schriften
verkauft werden, die in München oder Ingolstadt, ferner in Dillingen,
Mainz, Köln, Freiburg im Breisgau, Innsbruck, Paris, Leon (Lyon),
Bibliotheca catholica institui recte possit, Indiees duo. Pro U8u monaste-
riorum in Bavaria editi. Monachii typis Ad. Berg. 1569.* N Bogen 4.
1) Der hier genannte Jo. Lorichius Hadamarius ist natürlich nicht
der im Index stehende, sondern der Ingolstadter Professor dieses Namens;
8. Prantl U, 494.
2) Sc^ul Drbnwng bcr Sürftcntl^umb 06cm unnb 9?ibcrcn S5Qi)cr(anb§.
(»ebnidt ju ^Rimdftcn be^ 9Ibam 93crg 1569.* 4 Bogen 4.
3) Agricola, Hist. prov. Soc. J. Germ. sup. I, 63: Bibliothecam in
aala instruxerat plurimis refertam libris; eos a nostris inspici diligenter
jussit et quotquot minus castigatam fidem moresve docerent, omnes auferri.
468 ßaierische Verordnungen 1661 — 1579.
Venedig, Rom, Florenz, Bologna, Antwerpen, Löwen oder in Spanien
gedruckt seien. Wer andere Tractätl, Gebet- oder Gesangbücher
ins Land bringe, solle in Haft gesetzt und mit Confiscation seiner
Büchervorräthe, eventuell, „da die Verbrecher so gar freventlich",
mit Landesverweisung „mit oder ohne öffentliche Schandt" bestraft
werden.
In dem Catalogus von 1566 werden nach einer Recapitulation
des Mandates von 1565 folgende Bücher aufgezählt: 1. Die Bibeln
von Eck und Dietenberger und das N. T. von Emser, die ver-
deutschten Psalmen von Luscinius [Othmar Nachtigal] und Dr.
Gienger, und die ,gar alte Verdolmetschung der Bibel oder etlicher
stuckh daraus, und der heiligen alten Kirchenlehrer verteutsche
Bücher, die aber nit vil mehr getruckt werden." — 2. Die Postillen
von Eck, Nausea, Wild [Job. Ferus], Hoffmais ter, Dietenberger und
Wizel, „item etliche sondere Predig des Bischoffs von Mersenburg
[Michael Heiding oder Sidonius, d. i. Bischof von Sidon i. p.] von
der Mess, yom hochw. Sacrament und anderm, des Eiscngreins von
etlichen sondern strittigen articuln, des Nasen vom h. Sacrament
des Altars und andern mehr Religiousstücken. — 3. Der grössere
Catechismus des Bischofs von Merseburg, „so in Predig aussgethailt,"
der Catechismus des Canisius, der verdeutschte Römische Catechis-
mus und andere an den oben aufgezählten Ortßn gedruckte Cate-
chismen. — 4. Die Hortuli animae und die Gebetbücher von Faber,
Nausea, Wild, Canisius, „und was der Dobereiner, Wallasser und
andere verteutscht", was zu Dillingen und Ingolstadt zu finden sein
wird. — 5. „Von anderen teutschen Tractätlen" Gropper vom Sacra-
ment, Faber von der Mess, vom rechten weg, an das Edl Bayrlandt,
item was der Sedelius, Schatzgeyr, Kaysersperger und andere Catho-
lische mehr geschrieben haben. — 6. Von Streitschriften, was die
Genannten „wider die Newen geschriben", ausserdem die Schriften
von Staphylus, Cochlaeus, Card. Hosius, Wizel, Eisengrein, Lautherius,
Nasus, Bentzius, Caspar Franckh und „ein Büchel Lindani Dubi-
tantius genannt" ^). — Ausser diesen „für die Layen brauchsamisten"
Büchern (von der Trienter Verordnung über deutsche Bibeln und
Controversschriften wird keine Notiz genommen) dürfen auch die
anderen an den oben verzeichneten Orten gedruckten ins Land ge-
bracht werden. Die gelehrten Leute „wissen selbs, wo die heiligen
Bibeln, item der Vätter Bücher und Schrifften in jren Natürlichen
Sprachen, ungefelscht, in Truckh khommen." Die Buchhändler
sollen aber Schriften der Väter nur von den genannten katholischen
Druckereien beziehen, nicht von anderen, „danon auch guete alte
1) DubitantiuB de vera certaque per Christi Jesu evangelium salutis
aetemae via, Libris III instructus. . . . Authorc Wilhelmo Damasi Lindano,
Episc. Eccl. Ruraemundensis. Col. Iö65. — Dubitantius. Drey Schöner
Catholischer Gesprech . . . verdolmetschet durch Jacobum Rabas Ulmensem.
. . . Köln 1568.
Albrecht V. 469
Bücher der vermainten Correctorn vnd Scholiasten Religion halben
verdechtlich seindt^. Auch «alle andere weltliche khunst und Uistori
Bücher'^ aus den genannten Druckereien sind zuläBsig, verboten aber
„alles vnd jedes, was in Geistlichen vnd Weltlichen, Teutsch oder
Lateinisch geschriben haben Alexander Alexius Scotns, Johannes
Foxns Anglns, Sebastian Franckh, item die Cronica Sleidani von
dem was vndter Kaiser Carl geschehen und fürgangen, Türckhische
Cronica Magister Hainrichen Müllers (S. 328), Mägden burgische
Kirchen Cronica, vom lUirico vnnd seinen mituerwandten gemacht,
item alle die Newen Tractätl, die inn Teuffels namen iutituliert
seindt, als Hosen Teuffei, Spilteuffel u. s. w. Dann ob wol alle die
das ansehen haben, als ob sie allerding Politisch vnd allein gueter
zucht halber geschriben seyen, so seindt sie doch der ergerlichen
Exempel vnd anzug halben nicht zeleiden, vnd fast also geschaffen,
das sie deme, dessen Titl sie tragen, zu seinem Reich am maisten
dienen, vnnd ist nit noth das Christlich Yölcklin durch Teuffels
Büechlin von lästern abzetreiben, weil sonsten der hailsamen guten
schrifften bey der Catholischen Christlichen Kirchen eben genueg
darzu verbanden"*).
Auf den 1569 erschienenen Abdruck des Tr. (mit der Bulle
Pius' IV., der Praefatio und den 10 Regeln) folgt: Index selectissi-
morum authorum, ex quibus integra Bibliotheca constitui recte
potest. In der 6 Seiten langen Einleitung heisst es: es handle sich
hier um eine Aufzählung von theologischen und anderen für Klöster
nützlichen, also nicht von juristischen und medicinischen Büchern;
die Prälaten sollten Bücher anschaffen, die in katholischen Ländern,
Spanien, Italien, Belgien, gedruckt seien; bei den in Frankreich ge-
druckten müsse eine Auswahl getroffen werden; in Deutschland
seien Köln, Mainz, Ingolstadt und DiUingen katholische Druckorte,
sehr bedenklich Basel. — Ausser den oben verzeichneten Autoren
und Schriften werden u. a. noch empfohlen: Abdyas Babilonius,
Franc. Petrarcha, Georgius Wizelius, Jo. Thaulerus, Ja. Gropperus,
Jac. Schaepperus (S. 367), Manipulus curatorum, Michael Medina,
Michael Baius, Martinus Eysengreinius, Picus Mirandulanus, Poly-
dorus Yirgilius primae editionis, non auctus, Thomas Mumarus,
Sabellici opera omnia, sed absque eo quod historicis libris ejus nuper
additum est supplemento [von Caspar Hedio], — In der „Schulord-
nung^S werden verboten nicht nur die theologischen, sondern auch
die grammaticalischen u. s. w. Schriften von Melanchthon, Frasmus
Sarcerius, Job. Rivius und allen anderen „so sich von der alten
wahren Religion abgesundert haben", empfohlen Grammatica Jo.
Lorichii, Prosodia Glareani, Elementale und Syntaxis Erasmi, Jo.
Lud. Vivis, Aldi Manutii, in Dialecticis, Rhetoricis et Philosophicis
Joh. Caesarius, Aug. Hunaeus, Clenardus, Georgius Cassander u. s. w.
Die Colloquia puerilia, heisst es weiter, Epistolae familiäres, Sen-
tentiae u dgl., seien „mit Sectischen Scholiis oder Prohemiis fast
1) Ueber diese Sorte Literatur s. Gödeke, Grundriss § 161 II.
470 Baierische Vürordnungen 1561 — 1579.
verderbt"; es würden zu Ingolstadt und München neue Ausgaben
gedruckt werden. Zulässig seien, aber nur die in katholischen
Druckereien und nicht mit ,,Annotata verbotener Authoren" ver-
sehenen Ausgaben von Disticha moralia Catonis, Epist. Plinii, Collo-
quia Jo. Lud. Vivis, Epistolae et Declamationes, Erasmus de con-
scribendis epistolis, De copia rerum et verborum, Apophthegmata,
Adagiorum Epitome. Statt des Virgil sollen Hieronymus Vida und
Baptista Mantuanus, statt des Horaz Prudentius, Flaminius und Job.
Pedioneus, statt des Ovid Ambrosius Novidius gelesen werden;
empfohlen wurde auch, statt der Briefe des Cicero und Plinius die
des Hieronymus zu lesen ^).
In den letzten Monaten des Jahres 1569 wurde unter der
Leitung des Landhofmeisters Grafen Otto Heinrich von Schwarzen-
berg eine „allgemeine Landes Visitation" begonnen, welche fast zwei
Jahre dauerte^). In der Instruction für die Visitatoren vom 31.
Oct. 1569 kommen folgende auf das Bücher wesen bezügliche Weisun-
gen vor: „Gleichfalls ist auch die höchste notturft, die Büchläden
von verfüererischen Büechern Eain zu hallten vnd hergegen guette
eutholische unter die Leute zu bringen ... So haben wir doch jetzt,
damit eine allgemeine durchgehende Gleichheit gehalten vnd dem
Uebel, so aus ketzerischen bösen Büechern hergeflossen, so viel
möglich aller Orten gewehrt werde, ein lautere verzeichniss und
Cathalogum drucken lassen, was wir fürder von Büechern vnd
Schrifften in unseren Fürstenthumben und Landen gedulden könnten
oder nicht [der Catalogus von 1566 ist gemeint] ... So wollen
wir, dass die Prälaten nicht alles, ohne Unterschied vnd zum Ueber-
fluss einkaufen, sondern vornehmlich, was zu theologischen und
geistlichen Sachen gehört, item katholische historicos. Da aber
einer Willens wäre, eine Liberey von neuem anzurichten oder son-
sten einen ansehnlichen Bücherkauf zu thun, der soll deshalb bei
unseren geistlichen Käthen suchen, die werden ihm des nöthigsten
und besten ein Verzeichniss zustellen."
Ueber eine spätere Visitation berichtet Graf Hieronymus Porzia
2. Juli 1576: sie sei in Freising ganz, in München beinahe beendet;
die Buchhändler und die Schulmeister hätten Verzeichnisse ihrer
Bücher eingereicht und die verbotenen Bücher seien bei ihnen con-
fiscirt worden ; ob auch die consiliarii et alii aulici zur Einreichung
solcher Verzeichnisse genöthigt werden sollten? u. s. w.^). — Bei
einer Visitation, welche der gleich zu erwähnende Nuncius Ningaarda
1578 in Freising hielt, wurden zwei Domherren bevollmächtigt, die
Bibliotheken der Mitglieder des Capitels und der übrigen Geistlichen
1) L. Westenrieder, Bayerisch-histor. Calender, München 1801, S. 29.
Bist. Zts. 1874, 863.
2) Sugcnheim, Baierns Kirchen- und Volkszustände, 1842, S. 80.
3) Münchener Reichsarchiv. Ueber Porzia s. Lossen, Der Köln. Krieg I,
339. 440.
Albrecht V. 471
zu unterBucken, um diejenigen, welche verbotene Bücher hätten, zu
strafen, die Bücher zu verbrennen. 1579 ermahnte Ninguarda den
Bischof von Brixen, alljährlich Visitationen zu halten und dabei auch
danach zu forschen, ob jemand der Ketzerei verdächtig sei oder
ketzerische Bücher lese oder besitze, namentlich bei den Adelichen
auf den Schlössern, den weltlichen Beamten und den Priestern^).
Charakteristisch für die damaligen Verhältnisse in Baiern sind
ein paar von C. Th. Heigel 2) veröffentlichte Actenstücke. Das eine
enthält Vorschläge, welche der Jesuit Canisius dem Kanzler Eck
durch Jesuiten, die nach Oberbaiern abreisen wollten, vortragen Hess :
sie wollten die Pfarrer besuchen und dann dem Kanzler ein Ver-
zeichniss der Bücher, welche die Pfarrer hätten und welche sie be-
dürften, vorlegen; darauf möge ein Buchhändler (Colporteur) mit
den geeigneten Büchern ausgesandt werden ; es würde für die Geist-
lichen sehr nützlich sein, Ecks Loci communes deutsch zu drucken ;
auch müsse man darauf Bedacht nehmen, die ketzerischen Postillen,
die von den Leuten zu Hause vielfach gelesen würden, zu verbieten
und zu confisciren und ihnen katholische dafür zu geben. — Das
andere Actenstück ist eine Eingabe des Buchhändlers Samuel Weissen-
horn zu Ingolstadt an den Kanzler Eck vom 9. Jan. 1565, worin
es heisst: es sei ihm ein schriftliches Verzeichniss von Büchern von
(dem Ingolstadter Professor Joh.) Lorichius und dem (Münchener
Propst) Lautherius zugestellt worden; er habe die Bücher, so viel
wie möglich beschafft und bitte den Kanzler, jemand mit seinem
Diener (Colporteur) in die 27 Pfarreien von Niederbaiern zu schicken,
da sonst die „Priester sich spreizen und von den Büchern keines
annehmen würden, die weil das Gift der falschen Lehre so gar ein-
gerissen" ; wenn er niemand mitschicken könne, möge er dem Diener
einen fürstlichen Befehl an die Decane oder Pflegrichter mitgeben,
„damit sie solche Bücher nehmen müssen, da er sonst in einen
grossen Schaden kommen würde von wegen so vieler Postillen und
anderen Bücher"^).
1) Theiner, Ann. lU, 28.
2) Im Arch. des D. Buchh. I, 181.
3) Hinter der Eingabe steht ein Verzeichniss von Büchern, ohne
Zweifel von solchen, die Weissonhoru vorräthig hatte. Es sind aber
meist solche, die er wohl in Ingolstadt verkaufen, aber nicht den Pfarrern
aufdrängen konnte, wie Opera Clementis Alex., 4 Psalteria hebraica, 4
Exemplare der Grammatica hebr. Peraguini [Pagnini], Opera Ciccronis,
Quinctilianus u. s. w. Erst zuletzt werden erwähnt Postilla Eckii und
Iloffmaisteri teutsch, Biblia Eckii tcutsch, 3 Loci communes Eckii und
Hoffmaisteri.
472 Münchener Index von 1582.
46. Der Mttnchener Index vom J. 1582.
Der eifrig katholische Nachfolger des Herzogs Albrecht V.
(t 24. Oct. 1579), Wilhelm V. erliess am 1. August 1580 eine
Verordnung folgenden Inhalts: jedermann habe von Stund an
die ketzerischen Bücher an die Pfarrer und Ortsobrigkeiten ab-
zuliefern und diese sie ad manus einzuschicken; jeder, bei
welchem man noch ein verbotenes Buch finde, solle so bestraft
werden, dass viele tausend ein abscheulich Ex empel empfingen;
sobald fortan jemand sterbe, sollten seine Bücher untersucht
werden, und wenn sich unzulässige oder nicht unterzeichnete
(anonyme?) darunter fänden, solle die gebührliche Strafe von
der Verlassenschaft nicht weniger, als ob die Uebertreter im
Leben wären, unnachlässlich eingebracht werden. Es wird aus-
drücklich hervorgehoben, dass von dem Verbote, schädliche
Bücher zu lesen, auch der geistliche Stand, Prälaten, Pröpste,
Dechanten, Pfarrer und gemeine Priesterschaft, nicht ausge-
nommen seien ^).
Im J. 1578 war der Dominicaner Felicianus Ninguarda, —
früher Generalvicar seines Ordens ttlr Deutschland, 1562—63
als Orator des Fürstbischofs von Salzburg in Trient, 1567 Visi-
tator der Klöster in Deutschland, seit 1576 Bischof von Scala
beiAmalfi; er starb als Bischof von Como 1595 2), — als Nuncius
Gregors XIU. cum potestate legati a latere ftir Oberdeutschland
nach Baieru gekommen. Dieser veröffentlichte 1582 zu München
eine vermehrte Ausgabe des Trienter Index ^) mit einem Mandate
1) Aroh. des D. Bochh. II, 7. Im J. 1581 erschien bei Adam Berg
eine Uebersetzung des Baches von Putherbeus (S. 284) von J. B. Fickler:
Tractat Herrn Gabriel Putherbeien von Thuron . . . Von verbot vnd
auffhebung deren büchcr vnnd Schrifften, so in gemain . . . nit mögen
gelesen oder behalten werden.
2) Quetif II, 313. •
3) Index Librorvm Avthorvmque S. Sedis Apostolicae, Sacrique Con-
cilij Tridentiui authoritate prohibitorum, insertis suo loco nonnullis in
Tridentino Indice non comprehensis , qoorum tamen lectionc omnibus
Christi fidelibus in Bauaria existentibus interdixit Reuerendissiraus in
Münchener Index von 1582. 473
vom 20. Dec. 1581, worin es heisst: da der von dem Herzog Albrecht
veranstaltete Abdruck des Trienter Index vergriffen sei, so habe
es dem Herzog Wilhelm und ihm, demNnncins, gut geschienen,
einen neuen Abdruck zu veröffentlichen, diesen aber durch Bei-
fügung der Namen „einiger Neueren zu vervollständigen, welche,
obschon sie nach dem Concil geschrieben, doch nach den von
diesem darüber erlassenen Canones verboten, oder welche hin-
sichtlich des Glaubens verdächtig'' seien. Alle in diesem Index
enthaltenen Bücher seien den von dem Herzog und demNuncins
dazu bestellten Personen abzuliefern. Wer nicht gehorche, sei
wegen des Behaltens verbotener Bücher der Excommunication
verfallen und als der Ketzerei verdächtig anzusehen und solle
ausserdem, wenn er ein Geistlicher sei, aller Würden sofort
entsetzt werden und zur Erlangung solcher unfähig sein, wenn
er ein Laie sei, der Ungnade des Herzogs verfallen und gemäss
den Canones processirt und mit arbiträren Strafen belegt werden.
Die Bereicherung des Trienter Index durch Ninguarda
hat dadurch eine mehr als loeale Bedeutung erlaugt, dass die
von ihm in die 1. Cl. eingereihten Namen, — in der 2. und
3. Cl. hat er nichts beigefügt, — fast sämmtlich durch Sixtus V.
in den Römischen Index gekommen sind. So hat Ninguarda
am meisten zu dem Anschwellen der 1. Cl. des Römischen Index
beigetragen; denn es sind mehr als 300 Namen, die er einge-
reiht hat. Und woher hat er diese genommen? Er hat fast alle
Namen aufgenommen, die er in den Frankfurter Messcatalogen
von etwa 1568 bis 1581 in den Abtheilungen ^Protestautium
Theologorum scripta de rebus sacris" und „der Protestierenden
Theologen teutsche Schrifften^ fand, auch einige aus den anderen
Abtheilungen: Libri historici, philosophici, poetici u. s. w.
So sind durch ihn neben bedeutenden und fruchtbaren
theologischen Schriftstellern auch solche in die 1. Cl. des Rö-
mischen Index gekommen, welche jetzt ganz verschollen sind,
Christo Pater ac Dfis, Dfis Felicianus, Episcopus Scalensis, & Sanctissimi
DQi nostri Gregorii XIII. ad Bauariae & alias partes Germaniae supe-
rioris Nuncius, cum poiestate legati de laterc, &c. cum praefixo eiusdem
Reuerendissimi Dfii Nuncij hac de re mandato. Monachij Excudebat Ada-
mus Berg 1582.* 48 BI. 4.
474 Münchencr Index von 1582.
welche nur ganz unbedentende Sachen, mitunter nur ein paar
deutsche Gelegenheitäpredigten, ein kleines Erbauungsbuch ^),
eine akademische Dissertation oder dergleichen haben drucken
lassen.
Dass Ninguarda die Zusätze zu dem Trienter Index „auf
Grund der ihm von Rom aus mitgetheilteu neuen Bücherver-
bote^^ gemacht habe, wie Zaccaria (p. 159) angibt, ist aus der
Luft gegriffen und stimmt nicht einmal zu Ningnarda's eigenen
Worten. Dass er nicht etwa die Ausgabe der Gesner'schen
Bibliothek (von J. Simler) vom J. 1574, sondern die Messcataloge
benutzt hat, ergibt sich daraus, dass sich in diesen alle Namen
tinden, während in jener manche nicht stehen, weil sie erl^t
nach 1574 in den Messcatalogen vorkommen.
So stehen z. B. bei Simler nicht: Aemilius Fortus Francisci
ülius (in den Nund. von ihm nur Psalmi carmine heroico conversi,
Bas. 1581; er hat später mehr veröffentlicht, meist philologische
Schriften), Andr. Freyhub, David Thonner, David Voitus, Elchanon
Pragensis (seit Ben. Elch. Paulus Pr., ein getaufter Jude, der 1580
eine deutsche Schrift Mysterium novum u. s. w. herausgab, um die
Messianität Jesu zu beweisen, — sie wird schwerlich etwas Un-
katholisches enthalten) u. s. w.
Theiner berichtet (Ann. III, 326), Ninguarda habe den herzog-
lichen Rath Canonicus Anton Welzer mit der Anfertigung des Index
beauftragt und ihm für die Erfüllung dieser Aufgabe „sehr weise
Vorschriften und eine ausgedehnte Vollmacht" gegeben. Ob Welzer
die Weisung und Vollmacht erhalten, nur die Nund. zu excerpiren,
oder sich in dieser Weise die Arbeit leicht gemacht, ist nicht fest-
zustellen. Was für literarische Missethaten aber für ihn genügten,
um jemand in die 1. Cl. zu setzen, mögen folgende Auszüge aus
den Nund. zeigen (ich wähle Schriftsteller, von denen nur eine oder
zwei Schriften angeführt werden) : Georgius Schmaltzing (Der Psalter
gebet weis mit vielen anderen Gebeten), Nie. Erben ins (Unterricht,
wie ein frommer Christ sich verhalten soll in Sterbensleufften),
Wülfg. Andingus (im Ind. noch jetzt Audingus; drei Predigten),
Wolfg. Amlingus (eine Streitschrift gegen Jo. Matthaeus Smalcaldensis),
Wolfg. Ammonius (Neu Gesangbuch teutsch und lateinisch), Matthias
Vehus (Amos der Prophet mit der . . . Erklärung des . . . hebr.
Doctors David Kimcbi, übers, durch Matthis Vehen, der h. hebr.
Sprach Studenten, Köln 1581), Matthias Eberhart (Scholastica trium
psalmorum explicatio), Jo. Schutz (Appellationes et epitheta filii Dei),
Jo. Hertzberg (Betrachtung des Leidens und Sterbens J. C, dabei
1) Ueber mancbe dieser Autoren finden sich Mittheilungeu bei U.
Beck, Die Erbauungsliteratur der ovang. Kirche, 1883.
Benutzung der Messcaialoge. 475
auch zwo Leichpredigten), Volradus Comes Mansfeldensis (Tapfere
Antwort auf das unchristl.« Schreiben D. Wigandi), Thomas Maurer
(Erklärung von der ersten Verheissung von des Weibes Samen,
Gen. 3, 8), Henr. Efforhen (13 Predigten aus Ezech. 38. 39 von
Gog und Magog oder den Türken; auch lat), Conr. Mercklinus
(Dicta insigniora latinogerm. ex V. et N. T. in usum scholae
Rotenburg, ad Tuberim), Simon Siderus (Oratio declarans typum in
Mosaico tabernaculo foederis propositum, 1578), Frid. Dedekind
Metamorphoseon sacrarum 11. 5, 1565, Liber Prov. Salom. carmine
elegiaco, 1574; sein bekanntestes Gedicht, Grobianus, wird wohl
nicht die Ursache seiner Verdammung sein), Jo. Strauss (Wider den
Kleider, Pluder, Pauss und Krossteuffel, 1581), Theojdiilus Feurelius
(Catechismuspredigten von Paul Eber [dieser steht schon im Tr.],
jetzt in Truck verfertiget durch Th. F., Kirchendiener zu Kitzingen,
1577), Joachim Staubius (Zwo Leichpredigten, 1570), Jo. Buslebius
(Jungkfraw Spiegelin, d. i. ein Büchlein von guter Zucht in Reimen
verfasst, 1570), Valerius Fidler (De obitu Joachimi Morlini Epi-
cedium), Christoph Stolberg (Vigilii fünf Bücher wider Eutychen . . .
verteutscht) u. s. w. u. s. w. — Joachimus von Burg, im Rom. Ind.
Vomburg, ist ohne Zweifel Joachim von Burck ^), von dem in den
Nund. freilich nur musicalische Compositionen verzeichnet werden;
wahrscheinlich hat ihn Symbolum apost., Nicenum et Canticum
Ambrosii -et Aug. ac verba institutionis coenae dominicae quatuor
vocum harmoniis reddita, aut. Joa. a Burgk, 1569, auf den Index
gebracht. In dem Titel eines Büchleins in Duodez: Drei schöne
Trostbüchlin . . durch Caspar Kantzen, Joh. Odenbach und Joh.
Langen, jetzt in ein Handbüchlin zusammen getruckt, Nürnb. 1570,
hatte man gleich drei Autoren der 1. Cl. zusammen. Kantz hat
freilich schon 1522 ff. mehrere deutsche Schriften verfasst, aber
dafür war er bisher nicht in den Index gekommen. — Jo. Hugo
steht in den Nund. 74 als Verfasser eines „Berichtes von der Erb-
süud, was dieselb eigentlich sey, wider Illyricum*; es ist also nicht
der bekanntere Elsässer Jo. Hugo 2), der im Index steht. — Ernestus
Vögelin kommt in den Nund. nur als (Leipziger) Verleger vor.
Weitaus die meisten Schriftsteller, die in den Nund. und darum
auch im Mon. stehen, sind Deutsche und Schweizer, doch finden
sich auch Schriftsteller aus anderen Ländern, — und auch unter
diesen ganz unbedeutende, — wie die Franzosen Bertrandus Loquaeus
(de Loques, De verbo Dei et de coena Dni, 1573), Christoph.
Richardus (Memorabilis bist, persecutionis in populum Valdensem
1555 — 61, a. 1562 gallice edita, nunc a Chr. R. Biturige latinitate
donata, 1581; Baumg. II, 186), Georgius Ebouff (Narratio rerum
in Gallia gestarum 1576 — 1577), Lud. Villebois (Rerum in Ardennia
gestarum . . a. 1577 luctuosa narratio, 1577), Steph. de Malescot
(Catechesis adv. Jesnitarum . . catechesin et sectam, 1570 u. a.),
1) A. D. B. 3, 607.
2) A. D. B. B. 13, 328. Schmidt, Hist. lit. de l'Alsace II, 51.
476 MüDcbener Index von 1582.
TheophiluB Eanosius (Petri Kami . . Comment. de relig. ehr. 11. 4.
Ejusd. vita a Th. B. descripta, 1576), — ferner die Engländer Jo. Park-
hnrstuB (in den Nund. steht keine Schrift von ihm, aber In D. Jo.
Parkhursti Episc. Nordowic. . . obitura epicedia Kod. Gualtheri,
1576), Thomas Drant* (Anglus, Praesul. Ejusd. Sylva, 1578 unter
den Poeten).
Die Nund. sind freilich, obschon so viele unbedeutende Schrift-
steller daraus aufgenommen sind, nicht vollständig ausgebeutet; manche
in den protestantisch-theologischen Abtheilungen stehende Namen
hat Welzer, sei es aus Mangel an Aufmerksamkeit, sei es aus irgend-
welchen Gründen, nicht abgeschrieben, auch die Namen einzelner
Schriftsteller nicht, die jedenfalls bedeutender oder fruchtbarer waren
als die meisten, die er aufgenommen, wie Esrom Küdinger, Jo.
Pomarius, Nicodemus Frisch lin. Manche in den Mon. nicht aufge-
nommene Namen hat S. nachgetragen ; aber die genannten stehen
nicht in der 1. Cl. des Köm. Ind. — Nur etwa ein Dutzend Namen
des Mon. sind von S. Cl. nicht aufgenommen, darunter auffallender
Weise auch einige, die bei Fris. stehen : Caspar Schutzius, C(a8par)
Elaeodus, C(aspar) Cropacius, Daniel Krauxdorfer, Erhardus Cellius,
Eusebius Philadelphus Cosmopolitanus, Frid. Koth, Frid. Widebramus
u. 8. w. Christianus Francken und Jo. Wierus stehen im Köm.
Index nicht, wie im Mon., in der 1. Cl.
Mon. gehört zu den am wenigsten incorrect gedrucMen älteren
Indices. S. hat viele Namen, die im Mon. richtig stehen, corrumpirt
und seine Corruptionen sind dann im Köm. Ind. geblieben (meist
von Ben. corrigirt): so Esaias Heidenreich in E. Heinduhich, Gaspar
Kantz in G. Hantz (noch jetzt), Gregorius Weiser in Gr. Werser
(jetzt Georgius Weiser). Für Christophorus Moll, der 1575 eine
Predigt hat drucken lassen, hat Cl. den bei Fris. unmittelbar davor
stehenden Chrph. Molhusensis, einen Dominicaner des 14. Jahrb.,
substituirt, der denn auch noch heute in der 1. Cl. steht. — Einige
Namen sind freilich schon im Mon. corrumpirt: Christianus Grau-
mundt (im Köm. Ind. Chr. Grannundt, seit Ben. Christophorus Gran-
mundt) ist Christoph. Graumundt, David Stangius ist Daniel St. (so
Ben.), Valentinus Schmidler ist V. Schindler (so Ben.). — Leon-
hardus Schweiglinus wird L. Schweigker sein, der Armatura spiri-
tualis, geistliche Wehr wider die Anfechtung des Teuifels und ver-
zweiffelung geschrieben. M. Mento im Mon. und im Köm. Ind.,
seit Ben. mit dem Zusatz qui et Mento Gogrenius (recte Gogrevius),
in jener Form aufgenommen, weil in den Nund. steht: M. Men-
tonis Bekänntniss und Lebr von warer wesentlicher Gegenwertigkeit,
Exhibition und Empfahung u. s. w. — Vinitor (noch jetzt ohne
Vornamen) stammt aus den Nund. von 1568: Leichpredigt Vinitoris
vber der Leich Abraham von Eynsidel, Churf. Sachs. Landrath.
Durch Mon. ist auch die Zahl der Pseudonym! in der 1. Cl.
vermehrt worden: Christophorus Herdesianus (Hardesheim) steht
unter seinem wahren Namen ^) nicht im Index, aber seit Mon. unter
1) A. D. B. 12, 101.
Pseudonymi. 477
den Namen CliristianuB Hessiander (Kefutatio dogniatis de fictitia
camis Christi omnipraesentia, 1571), Germanus Beyer (German
Beyers Examen . . . des Selneckerisclien . . . unchristlichen Lester-
buchs, 1579), Hermannus Pacificus (Simplex ac dilucida expositio,
qua ratione controv. de coena Dni . . . componi possit, 1578; Theses
de vivifica carne Christi, 1580), seit S. auch unter dem Namen
Ambrosius Wolfius (Fundamenta Lutheranae doctr. de ubiquitate
. . ., 1579; De confessione August. . . ., 1579). — Donatus Got-
yisus ist Johann Fischart, der unter seinem wahren Namen auch
nicht im Index steht (Fides Jesu Christi et Jesuitarnm, h. e. coUa-
tio doctrinae Dni et Salv. nostri J. C. cum doctr. Jesuitarum . . .
Item Juramentum Pii P. IV. . . . cum confutatione . . . per D. G.
Trivonensem, Christlingae 1573). Ben. hat dem Donatus Gotvisus
beigefügt qui et Donatus Wisartus, unter welchem Namen das Buch
zu Oppenheim 1610 erschien^). — Elias Palingenius ist Jo. Pin-
cierius Veteranus (S. 409), der unter diesem Namen Dipnosophi-
sticae tragoediae procatastrophe tractans controversiam de coena
Dni, 1569, und Elenchus sanae de euchar. doctrinae, 1575, heraus-
gab 2). — Jo. Palmerius ist Franciscus Hotomannus, der unter die-
sem Namen durch S. in die 1. Cl. kam (Nullitatis protestatio ton-
tra formulam concordiae, nicht in den Nund., aber Andreae Pou-
chenii ad Jo. Palmerii Sacramentarii Protestationes . . . Christ,
responsio, 4579). — Josua Lagus ist Zacharias Ursinus (Josue Lag!
Bericht vom Nachtmahl unseres Herrn, 1565, und zwei andere
deutsche Streitschriften). — Laonicus Antisturmius a Sturmeneck
(eques auratus) ; unter diesem Namen erschien Spongia adversus Lam-
berti Danaei . . Anti-Osiandrum, 1580, eine der Schriften in dem
Streit zwischen Joh. Sturm und Lucas Osiander, nach einigen von
Oslander, nach anderen in dessen Auftrage von Nicodemus Frisch-
lin geschrieben^), — Nathanael Nesekius i. e. Theod. Beza (Adv.
sacramentariorum errorem pro vera Christi praesentia in coena Dni
hom. duae, Theopoli 1575)*). Wolfg. Prisbachius ist gleichfalls
Beza (Kesponsio ad orationem habitam nuper in concilio Helvetiorum
pro defensione caedium et latrociniorum , quae in Gallia commissa
sunt, Rupellae [Genf] 1573, 60 S. 8, über die Bartholomäusnacht^).
— Ein Pseudonymus ist auch Theophilus Baldanns (WarhaflFtige
. . . Ausführung, dass das Concilium zu Triendt hat wider Gott
und sein h. Wort falsche . . und gotteslästerliche Canones und
Satzungen gemacht . . . Laugingen 1570. 52 Bl. 4).
1) Gödeke, Grundriss § 164, 12.
2) Bayle s. v. Pincier.
3) Salig, Gesch. der Augsb. Genf. I, 456. Baillet, Jugem. VI, 105.
A. D. B. 8, 102.
4) Hcppe, Tb. Beza S. 377.
5) Serapeum 1858, 59.
478 Münchener Index von 1582.
In einem zweiten Erlasse vom 1. Mai 1582 ^) verkündete
Ninguarda, dass der Index publicirt und mit Zustimmung des Her-
zogs von ihm der Canonicus Welzer zu seinem Commissar ernannt
sei, um die verbotenen Bücher überall in Baiern aufzusuchen und
zu beseitigen. Derselbe werde nötbigenfalls die Hülfe des welt-
lichen Armes anrufen. In jeder Diöcese solle ihn ein von dem
Bischof zu deputirender Commissar begleiten, dem der Nancias
gleiche Vollmacht gebe. In allen Klöstern und bei den Land-
dechanten, Kümmerern, Stadt- und Landpfarrern sei ein Exemplar
des Index zu hinterlassen. Ferner bestimmt er: In den Büchern
der Kirchenväter oder anderer katholischer Schriftsteller, welche an
ketzerischen Orten gedruckt sind, sollen der Name des Druckers,
falls er zur Zeit des Druckes ein Ketzer war, der Name des
Druckorts und die von Ketzern beigefügten oder irgendwie ver-
dächtigen Anmerkungen gestrichen werden. Bücher, welche von
Ketzern verfasst sind, aber Glaubenssachen gar nicht betreffen,
können für jetzt geduldet werden, wie das Lexicon von Frisius, der
Thesaunis linguae latinae von [Petrus] Dasypodius und dgl. Da-
gegen sind solche Bücher zu beseitigen, welche durch schlechte Bei-
spiere den Grlauben und die Ehrfurcht vor heiligen Dingen und die
Sittenreinheit gefährden, wie die Colloquia des Erasmus, die Dia-
lektik, Rhetorik und Grammatik von Melanchthon und dgl. In den
Büchern von ketzerischen Verfassern, welche gestattet w^den, sind
die Namen der Verfasser, Drucker und Druckorte und die Vorreden
zu beseitigen. In den Klöstern haben dieses der Prälat und einer
der gelehrteren Mönche, anderswo, wenn es die Commissare nicht
gut selbst besorgen können, ein benachbarter Theologe zu besorgen.
Deutsche Bibelübersetzungen von Katholiken und deutsche Schrif-
ten über religiöse Controversen zu lesen, können die Commissare
geeigneten Personen gestatten. Das Jus canonicum mit Glossen
ist nach der Anordnung der Römischen Curie zu emendiren. Bücher,
welche falsche Wunder, falsche oder verdächtige Ablässe, fabulose
Geschichten über heilige Dinge und dgl. enthalten , sollen, nö-
tbigenfalls nach einer geeigneten Belehrung, weggenommen werden.
Die Verbesserung der Bücher, von denen die 8. Regel des Index
handelt, wird der theologischen Facultät zu Ingolstadt oder anderen
Theologen übertragen werden.
Sehr interessant ist ein langer Brief, den der Jesuit Peter
Canisius am 8. Aug. 1581 an den Herzog Wilhelm schrieb^). Er
spricht darin von einem ihm übersandten Index, womit das Manu-
script oder der Entwurf des 1582 publicirten gemeint sein wird,
und knüpft daran folgende Bemerkungen: Es sei zweckmässig, je
einen von dem Bischof und dem Herzog zu ernennenden Inspector
sive Censor librorum zu München, Ingolstadt, Straubing, Burghausen
und an anderen Orten, namentlich an solchen, wo grosse Jahrmärkte
1) Theiner, Ann. III, 826.
2) Im Münchener Staatsarchiv.
Brief des Petrus Canisius. 479
stattfänden, anzustellen, um die Bibliotheken zu visitiren, die von
auswärts iraportirten Bücher, Lieder, Bilder u. s. w. vor der Ge-
stattung des Verkaufs derselben zu revidiren und die Buchhändler
zu überwachen ; diese Censoren seien einem Superintendens für ganz
Baiern zu unterstellen. Die Prediger hätten oft über das Lesen
verbotener Bücher zu predigen und denjenigen, die sich dessen
schuldig machten, die Verweigerung der Absolution anzudrohen.
Sehr rathsam sei es, eine durch Strafgelder oder sonstwie zusam-
mengebrachte Summe (pecunia e mulctis aut aliunde corrasa) zur
Anschaffung von guten Büchern, namentlich Gebetbüchern, cate-
chetischen Schriften und einigen Theilen der Bibel zu verwenden
und diese Bücher gebunden an die Pfarrer und Prediger zu ver-
theilen, um sie an solche zu verschenken, welche schlechte Bücher
ablieferten, da dieses ohne Aussicht auf einen solchen Ersatz kaum
geschehen werde. Zum Verkaufen von Büchern dürften nur zuver-
lässige Leute, die zu vereiden seien, ermächtigt werden ; die herum-
ziehenden Buchhändler seien meist Ketzer oder unzuverlässig. Der-
artige praktische Massregeln seien nöthig. Das Publiciren von
Edicten und eines Index genüge nicht. Einen neuen Index mit Bei-
fügung der in dem Römischen ausgelassenen Ketzer anzufertigen,
sei nicht leicht^); denn die Frankfurter Messe weise immer neue
ketzerische Schriftsteller und Schriften auf, so dass man dieselben
nicht wohl zählen, geschweige denn in einem Index verzeichnen
könne; ebenso erschienen fortwährend neue katholische Schriften
(es scheint im Plane gewesen zu sein, auch einen Index der zu em-
pfehlenden Schriften, wie 1569, herauszugeben). Ein für das Pub-
licum bestimmter gedruckter Index sei also nicht zweckmässig,
wenn man nicht fast jedes Jahr einen neuen veröffentlichen wolle;
vielmehr sei zu empfehlen, einen Index der ketzerischen und der katho-
lischen Bücher so herauszugeben, dass er zunächst für den Ge-
brauch der erwähnten Censoren und der Gelehrten und Besitzer von
Bibliotheken bestimmt sei. — Canisius denkt also an einen hand-
schriftlichen oder in wenigen Exemplaren zu druckenden Index, der
alle Jahre oder alle paar Jahre aufzustellen wäre-). Er bemerkt
1) In der Handschrift steht non est difficile, — wie der Zusammen-
hang zeigt, verschrieben.
2) Später ist einige Zeit der Gedanke des Canisius in etwas anderer
Weise verwirklicht worden. Von 1606 an bis 1619 (?) erschien zu Mainz
alljährlich ein allerdings zunächst für die Buchhändler in katholischen
Ländern bestimmter Auszug aus dem Messcatalog unter dem Titel : Index
novus librorum imprimis catholicorum theologorum aliorumque celebrium
auotorum quarumcunque facultatum et linguarum, causas religionis tarnen
non tractantium . . . pro Italia ceterisquc nationibus confectus. Auf der
Rückseite des Titelblattes des von 1606 steht ein kurzes Vorwort von
Valentinus Leuchtius, S. Th. Dr., S. Sedis Apost. librorum revisor, Imp.
480 Münchener Index von 1582.
dann weiter: „Ich kann und darf hier nicht verschweigen, dass
einige Schriftsteller der Gegenwart als katholisch bezeichnet und
ihre Schriften geschätzt und gepriesen werden, die in Wahrheit und
im vollen Sinne (revera et integre) nicht katholisch sind, wie
Georg Wicel, Conrad Cling, Jo. Ferus, Jac. Schöpper, Georg Cassan-
der [die in dem Catalog von 1569 stehen, S. 469], Wenn deren
Schriften richtig geschätzt und nach der Norm des Concils von
Trient und soliden theologischen Eegeln geprüft werden, so ent-
halten und vertheidigen sie zwar zum grössten Theile die katholi-
sche Lehre, weichen aber mitunter von dem gesunden Glauben und
der katholischen Religion ab (in fide sana . . claudicant) und ent-
behren einer gewissen Feile und Fräcision, welche für Schriften
nöthig ist, die ohne Anstoss gelesen werden und die Leser erbauen
sollen. Dasselbe möchte ich von gewissen Gebetbüchern sagen, die
nicht im Geiste der Kirche geschrieben und durch geheime Künste
der Ketzer so corrumpirt sind, dass sie nicht katholisch genannt zu
werden verdienen, obschon sie von Katholiken gebraucht werden . . .
Ich weiss auch nicht, ob es rathsam ist, im allgemeinen die Bücher
als katholisch anzusehen, die in katholischen Städten oder Drucke-
reien gedruckt sind. Denn in Köln, Lyon, Mainz sind, wohl ohne
Yorwissen der katholischen Behörden, einige Sachen erschienen,
welche von Katholiken nicht gebilligt, sondern nur verdammt wer-
den könnten. Auf der andern Seite wird man auch nicht alles als
ketzerisch ansehen dürfen, was von Ketzern oder in ihren Städten
herausgegeben worden; sonst müsste man ja auch Schriften der
Kirchenväter verdammen." Schliesslich hebt Canisius drei Puncte noch
einmal hervor: 1. es kommt weniger auf strenge Gesetze über das
Bücherwesen an, als auf tüchtige und eifrige Censoren der oben be-
schriebenen Art; 2. es ist nicht bloss auf die Beseitigung schlechter,
sondern auch auf die Herstellung und Verbreitung guter, nament-
lich auch populärer kleiner Schriften Bedacht zu nehmen; 3. die
vorhin charakterisirten „katholischen" Schriften, welche in Baiem
verbreitet und um so gefährlicher sind, je eifriger und argloser sie
gelesen werden, sollte der Herzog durch gelehrte Männer expur-
giren und überarbeiten und in Ingolstadt neu drucken lassen.
Rodolphi II. necnon 111. D. Jo. Steph. Ferrerii, Episc. Veroell. . . Pauli V.
cum potestate Legati de latere Nuncii, in re libraria oommissarius,
worin or sagt, er gebe diesen Index proprius librorum, quorum lectio
ubique permittitur, ex speciali mandato heraus. Schwetschke, Codex nun-
dinarius p. XIX.
Lissaboner Index von 1681. 461
47. Der Lissaboner Index vom J. 1581.
Unter der Regierung des Königs Sebastian (1557—78), in
der Zeit, als sein Oheim, der Cardinal-Infant Heinrich die Regent-
schaft imhrte (1562—68), wurden in Portugal 1564 die Decrete
des Trienter Concils publicirt^). Der Cardinal, der schon 1539,
27 Jahre alt, von Paul III. zum General-Inquisitor von Portugal
ernannt war (Cardinal wurde er 1545) und dieses blieb, bis er
König wurde (1578), Hess auch die Regeln des Trienter Index
übersetzen und publicirte 1564 einen portugiesischen Index,
lieber diesen ist nichts Genaueres bekannt. Nach dem Tode
des Königs Heinrich (1580), als Portugal eben unter die Herr-
schaft Philipps IL von Spanien gekommen war, im J. 1581 Hess
derGeneral-Inquisitor Dom Jorge Dalmeida, Erzbischof von Lissa-
bon, den Index Pius' IV. und als Anhang dazu ein „Verzeich-
niss der in Portugal verbotenen Bücher mit anderen auf das
Verbieten der Bücher bezüglichen Sachen" drucken^). An der
Spitze dieses Anhanges steht ein Erlass Dalmeida's, worin der
Römische Index als für Portugal verbindlich erklärt und zugleich
das Lesen, Behalten u. s. w. der in dem Anhang verzeichneten
Bücher bei Strafe der den Inquisitoren reservirten Excommuni-
1) II. Schäfer, Gesch. von Portugal IV, 418; vgl. III, 867.
2) Index librorum . . . comprobatus. Nunc recens de mandato Illu-
striss. ac Reuerendiss. D. Goorgii Dalmeida Metropolyt. Archiepiscopi
Olyssiponensis, totiusque Lusitanicae ditioniB Inquisitor is Genera iis in luce
editus. Addito otiam altero Indico eorum Librorum qui in his Portugaliae
Regnis prohibentur, cum permultis aliis ad eandem Librorum prohibi-
tionem spectantibus, eiusdem quoque Illustriss. ac Reuerendiss. Domini
iussu. Olyssipone excudebat Antonius Riberius. 1581. Auf den Abdruck
des Trienter Index (44 Bl. kl. 4) folgt ein neues Titelblatt: Catalogo dos
livros que se prohibem nestes Regnos & Senhorios de Portugal, por man-
dado do Illustrissimo & Reuerendissimo Senhor Dom Jorge Dalmeida Me-
tropolytano Arcebispo de Lisboa, Inquisidor Geral, etc. Com outras
ooasas necessarias a materia da prohibigäo dos Liuros. Impresso em
Lisboa per Antonio Ribeiro impressor de sua Illnstrissima & Reuerendiss.
Senhoria. 1681.* (Oxford) 44 Bl. kl. 4.
Bcnncb, Index. 3X
482 Lisflahoner Index von 15Ö1.
catio latae sententiae verboten wird. Dann folgt eine portu-
giesische Uebersetzung der Trienter Regeln, darauf ein doppeltes
alphabetisches Verzeicbniss von verbotenen Büchern: lateinische
Bücher und Bücher in der Volksprache (livros era lingoajem,
portugiesische, spanische, italienische und franz()sische durch
einander), zuletzt „Anweisung bezüglich des Büchervvcsens und
der Reformation (Expurgation) der Bücher", worin sich auch
specielle Verordnungen über die Expurgation einer Reihe von
einzelnen Büchern finden. Jedes der beiden Verzeichnisse von
verbotenen Büchern enthält 80—90 Nummern. Sie haben darum
eine mehr als locale Bedeutung, weil ziemlich viele Nummern
in den nächsten spanischen Index, den von Quiroga, und aus
diesem grossentheils in die 2. und 3. Classe des Index Sixtus' V.
übergegangen, einige von Sixtus direct aus dem Lissaboner In-
dex aufgenommen sind. Namentlich finden sich viele Schriften
von Katholiken, die durch Sixtus V. in den Rom. Index kamen,
zuerst in dem Lissaboner.
Einiges in diesem Iudex stammt aus dem von Paul IV.,
manches aus dem von Vald6s. Weitaus das meiste aber hat
die portugiesische Inquisition selbständig verboten.
In dem Edicte Dalmeida's werden alle früheren portugiesischen
Indices cassirt, und dabei wird speciell der 1564 gedruckte als
ultimo ßol genannt. Dalmeida erwähnt auch die frühere Ueber-
setzung der Trienter Regeln und bezeichnet seine neue Uebersetzung
als eine von den Fehlern der frühern gereinigte (Catalogo f. 2. 3.
11). In der Abtheilung, welche von der Expurgation der Bücher
handelt, wird wiederholt auf Verordnungen Bezug genommen, welche
König Heinrich als General-Inquisitor erlassen, z. B. dass aus dem
8. Bande der Bibliotheca Patrum das Werk des Nie. Clemangis zu
entfernen und an der Spitze des ersten Bandes eine „Censur" (all-
gemeine Bemerkung) beizuschreiben sei.
Es ist eigenthümlich, dass Seabra Silva, dessen im J. 1771
erschienenes Buch freilich beweisen soll, dass in Portugal ursprüng-
lich die Bücherverbote lediglich von der Regierung ausgegangen
seien, weder den Index von 1581 noch irgend einen frühern er-
wähnt, sondern nur einige Verordnungen, welche im Namen des
minderjährigen Königs Sebastian von dem Cardinal-Infanten erlassen
wurden. Durch ein Gesetz vom 14. Juni 1571 wurde unter Be-
rufung auf eine Verordnung des Königs Emmanuel und unter An*
drohung von strengen Strafen, bis zu Vermögensconfiscation und
Todesstrafe, verordnet, dass niemand „die Bücher von Luther, Zwingli,
Calvin, Melanchthon, Oecolampadius und anderen notorischen Ketzern,
welche über die christliche Eeligion handeln, oder andere Bücher
Lissaboner Index von 1681. 488
von ketzerischen oder ungenannten Schriftstellern, welche offenkun-
dige und von der Kirche verworfene Ketzereien enthalten", besitzen
dürfe. Ferner wurde 1578 verordnet, es dürfe kein Buch, auch
wenn es von dem Deputirten der Inquisition approbirt sei, gedruckt
werden, ohne zuvor den königlichen Käthen (Desembadores do Pa^o)
vorgelegt zu sein, und einem hohen Beamten, Antonio da Gama,
der dieses bei einem juristischen Werke unterlassen, wurde geboten,
den Verkauf desselben zu inhibiren und alle Exemplare zur Censur
einzuliefern, unter Androhung einer zweijährigen Deportation nach
Africa und einer Geldstrafe von 500 Cruzados. 1602 wurde diese
Verordnung erneuert und auch auf ausserhalb Portugals zu druckende
Bücher von Portugiesen ausgedehnt ^).
Der portugiesische General-Inquisitor nimmt Rom gegenüber
gar nicht eine so selbständige Haltung an wie die spanische In-
quisition. Dass er dem sog. Trienter Index einen Anhang beifügt,
rechtfertigt er ausdrücklich durch Bezugnahme auf die 10. Regel,
die den Bischöfen und Inquisitoren gestatte, Bücher zu verbieten,
welche im Trienter Index nicht verboten seien, und auf die 2. Regel
stützt er sich, wenn er verordnet, die nicht über religiöse Dinge
handelnden Bücher von Häretikern der Inquisition zur Prüfung und
Expurgation vorzulegen (f. 11. 25). Bezüglich der Horas (der Aus-
gaben des Officium parvum B. M. V.) ordnet er die genaue Aus-
führung des Motu proprio Pius' V. vom J. 1571 an (f. 19), und
bezüglich der Expurgation der Commentare des Card. Cajetan ver-
weist er auf eine Anordnung der Römischen Inquisition (f. 34).
Das Lesen der in dem Anhange verzeichneten Bücher wird unter
Androhung der den Inquisitoren reservirten Excommunicatio latae
sent. verboten. Dieselbe Strafe wird denjenigen angedroht, welche
die Besitzer von verbotenen Büchern nicht denunciren (f. 3). —
Die Bestimmung der 6. Trienter Regel, welche das Lesen von Büchern
in der Volksprache, die über die Controversen zwischen den Katho-
liken und Ketzern handeln, von einer Erlaubniss des Bischofs ab-
hängig macht, wird im Liss. 81 bedeutend verschärft: er verbietet
allgemein „die Bücher, welche ex professo über die Controversen
zwischen den Katholiken und den Ketzern unserer Zeit handeln", und
Bpeciell nicht nur die italienischen Schriften von Muzio Justinopoli-
tano, Selva odorifera und Vergeriane, sondern auch die Tabulae
vigentium nunc atque gras9antium passim haereseon u. s, w. und
Cochlaeus de actis et scriptis Lutheri! Von Cochlaeus wurde frei-
lich auch eine andere Schrift, auf der Wage der portugiesischen
Orthodoxie gewogen, zu leicht befanden : seine Catholioa consideratio
adv. Lutheri articulos wird expurgirt^). Seit Sot. werden beide
1) Seabra II, 61. 88. 97. 698.
2) Es wird freilich nur eine Stelle in dem Capitel de humania tra-
ditionibufl gestrichen, wo Cochlaeus sagt : wenn jemand Gebote der Kirche
nicht aus Hochmuth oder preflissentlich, wie die Lutheraner, sondern aus
484 Li8flal)0jier Index von 1581.
Bücher im spanischen Index unbedingt verboten. Wahrscheinlich
ist auch mit Historia Husitarum, die ohne weitern Zusatz im Liss.
und dann auch im Hörn, und Span. Ind. steht, die von Cochlaeus
gemeint.
In den allgemeinen Anordnungen der „Anweisung*^, mit welcher
der Index schliesst, werden durchweg die Bestimmungen der 10.
Trienter Regel umschrieben, erläutert und über die Ausftihrung der-
selben Weisungen ertheilt. Eine Keminiscenz an den Index Pauls IV.
ist es, wenn in § 10 den Beamten der Inquisition eingeschärft wird,
diejenigen Bücher besonders sorgfältig zu prüfen, die in Basel,
Frankfurt, Zürich, Tübingen, Marburg, Nürnberg, Strassburg, Magde-
burg, Wittenberg oder bei Andr. Cratander, Barth. Westhemerus,
Jo. Hervagius, Joh. Oporinus, Robert Stephanus, Chr. Froscoverus,
Chr. Egenolfus, Henricus Petri, Thomas Wolf, Crato Mylius, „aus
deren Druckereien Werke von verschiedenen Ketzeni hervorge-
gangen", erschienen seien. In § 11 werden Ausgaben der Kirchen-
väter verzeichnet, welche keine ketzerischen oder verdächtigen Vor-
reden, Randnoten u. dgl. enthalten (meist Pariser Ausgaben; einige
zu expurgirende Ausgaben werden § 2 f. 28 verzeichnet). In § 12
wird verordnet, „mit grosser Strenge, wie es in unserm Reiche
Brauch ist", die aus dem Auslande importirten Bilder zu untersuchen.
In der lat. Abtheilung finden sich nur unbedingte Verbote,
während in der zweiten einige Male eine dem d. c. ähnliche Formel
vorkommt. Die mit d. c. verbotenen lateinischen Bücher stehen in
der Abtheilung, welche die Expurgation betrifft. In dieser werden
bei manchen Büchern die zu streichenden Stelleu angegeben, bei
vielen aber wird nur verordnet, sie seien der Inquisition zur Ex-
purgation vorzulegen, und dabei mitunter angedeutet, dass diese für
die Expurgation bestimmter Bücher genauere Vorschriften für die
Revisoren erlassen habe, z. B. die sog. Bibel des Vatablus könne
frommen und gelehrten Männern gestattet werden, wenn die bedenk-
lichen Stellen nach dem Verzeichniss, welches in den Händen des
Revisors sei, entfernt seien.
lu die 1. Cl. des Rom. Ind. ist aus Liss. nichts gekommen.
Auch von Claudius Baduellus verbietet er wie Liss. Q. nur De ratione
vitae studiosae ac literatae in matrimonio coilocandac, 1577; bei
Sot. steht er in der 1. Cl. und werden speciell die ActA martyrum
nostri saeculi, 1556, verboten, Baduels Uebersetzung der Histoire
des martyrs von Jean Crespiii (Crispinus), 1554 u. o. ^).
Einige Schriften, deren Verfasser bekannt sind, stehen im Liss.
ohne Angabe derselben und sind so durch S. Cl. in die 3. Gl.
gekommen; erst Ben. hat die meisten derselben unter den Namen
Unwissenheit oderVcrgesslichkeit oder auch ans menschlicher Schwachheit
und Gebrechlichkeit übertrete, so möge er das nicht als Todsünde be-
zeichnen.
1) Bull, de la Soc. du prot. 1880, 275.
Lissäbuner Indox von 1581. 485
des Verfassers gestellt: Centuria prima monasteriorum Germaniae,
von Caspar Braschius; Chronicon prodigiorum et ostentorum, von
Conrad Lycosthenes ; Chronologia ex sacris literis, von Jo. Funccius
(noch jetzt unter Chron., obschon sie im Antw. Exp. p. 147 unter
Funks Namen steht und stark expurgirt wird); Comoedia tragica
Susannae, von Xystus Betulejus (seit Ben. noch heute Butelejus!),
Dialectica legalis, von Chr. Hegendorphinus ; De regno, civitate et
domo . . Jesu Chr., von Fr. Lambert (noch jetzt unter Regno); De
re metrica, von Jac. Micyllus; Sermo div. majestatis von Th. Bibliander;
Zodiacus vitae von Marcellus Palingenius.
Aus Liss. resp. Q. sind mehrere Schriften durch S. Cl. 1590
resp. 159(5 in den Rom. Ind. gekommen, die man schon früher in
Rom kennen oder aus älteren Indices entnehmen konnte: Commentarius
captae Urbis ductore Carolo Borbonio ad exquisitum modum con-
fectus (über den Sacco di Roma), schon 1527 s. 1., dann mit Zu-
thaten herausgegeben von Joachim Camerarius, 1536. — Gasparis
Stiblini Coropaedia s. de moribus et vita virginum sacrarum, 1555.
— Mirabilis liber (der Titel von Ben. vervollständigt: qui pro-
phetias revelationesque nee non res mirandas praeteritas, praesentes
et futuras demonstrat), zuerst Lyon s. a. (90 und 28 Bl. 8), dann
wiederholt, u. a. Rom (Lyon) 1524, eine Sammlung, welche im
1. Theile lateinische, im 2. französische Prophezeiungen enthält, u. a.
Prophetiae Sibyllae, Pronosticatio quaedam super futuro ecclesiae
statu edita per Brigidam de Suevia et Sybillam Cretensem et per . . .
Cyrilhim et Abbatem Joachim; eine französische Ausgabe, Livre
merveilleux u. s. w. steht schon im Par. 51 ^). — Francisci Irenici
Ettelingiacensis Germaniae exegeseos volumina 12, schon 1518 zu-
erst gedruckt, eines der ersten Bücher über deutsche Geschichte 2),
mit d. c. verboten. Bei Sot. werden im 2. Buche die Cap. 37. 38. 40
über Erasmus und Reuchlin, 42 de Germaniae theologis nobilioribus,
43. 44 über andere deutsche Schriftsteller, in den anderen Büchern
nur einige Stellen gestrichen. — Alberti Argentinensis chronicon, im
Liss. unbedingt verboten, im span. und Rom. Ind. mit d. c, ist die
zuerst 1553 von Jo. Cuspinianus, dann 1569 von P. Pithoeus heraus-
gegebene, bis 1350 gehende Chronik des Matthias von Neuburg,
mit der Fortsetzung des Albert von Strassburg. Bei Q. wird nur
ein Absatz de potentia et superbia Sedis apost. ac Praedicatornm
et Minorum gestrichen : „Nach Friedrich (II.) wuchs die Macht und
der Uebermuth des apostolischen Stuhles und der Minoriten und
1) 1565 censurirte die Sorbonne eine Ausgabe: Livro merveilleux
. . . . revü et corrige par Mess. do la Fac. de Theol. de Paris, 1565,
als continens propositiones multas ridiculas, falsas ... et quasdam hacrc-
ticas haereticisve omnis fero generis hujus temporis conspirantcs et ad
seditionem excitantes inter hierarchicum ordinem et civilem. Arg. II a
890. Vgl. Graesse, Tresor 4, 537.
2) A. D. B. 14, 582.
Lissabonor Index von 1581. 487
stricheD wird, hätte ja freilich ohne Schaden für die Wissenschaft
ungedruckt bleiben können; manches aber konnte nur Kömischen
oder spanischen Censoren anstössig sein, z. B. Stellen, wu er, wie
der Expurgator sagt, das Hervorbrechen einer Oelquelle in ßom
zur Zeit der Geburt Christi natürlich zu erklären sucht, wo er die
Erzählung des Flavius Josephus von einem Flusse in Syrien, der
am Sabbath kein Wasser habe , als Fabel behandelt und dgl.
Speciell wird eingeschärft, überall die Namen der Ketzer, wie
Agrippa, Erasmus, Melanchthon, Münster, zu streichen; zu einer
Stelle wird bemerkt : habetur hie laudatio Edoardi VI. AngUae
regis, (|ui fuit haereticus, ob id eradendum nomen ejus una cum
laude. — Q. expurgirt den Commentar zu Ptolemäus und streicht
darin u. a. die Genitura (das Horoscop) Christi^). Von dem Liber
geniturarum, 1555, der auch Mittheilungen über Nativitäten enthält,
die für Paul III. angefertigt wurden*^), gibt es keine Expurgation.
Petrus Crinitus, Commentarii de honesta disciplina, Florenz
1504 u. s., wie bei Liss., so noch jetzt d. c. Bras. streicht ein etwas
scharfes Capitel über Bonifaz VIII., eine Stelle, worin gesagt wird,
die für die heidnischen Priester geltenden Vorschriften über einen
sittlichen Wandel sollten auch den christlichen Priestern gegenüber
geltend gemacht werden, und eine Stelle, die als ein Tadel des Cö-
libatsgesetzes gedeutet werden konnte. Dagegen ist merkwürdiger
Weise das Buch des Guil. Budaeus De asse et partibus ejus, 1531,
nicht in den Eöm. Ind. gekommen, obschon Liss. constatirt, er
spreche mehrfach schlecht von den Priestern, Bischöfen, der Curie,
Concilien, Ablässen, Mönchen und der Vulgata, und Q. 30 — 40
Stellen streicht, wie luxus pontificalis, bellatores pontifices, pontifi*
cum inscitia et incuria, concilia hujus aetatis speciosiora quam reli-
giosiora, Concilia Eomanum (das 5. Lateran-Concil) et Pisanum stu-
dio magis cupiditatis et vindictae quam caritatis indicta, und gar:
ut coUapsa ecclesiae majestate ipsa jam Dei sponsa velut fidei con-
jngalis oblita non modo a sponso divertisse, sed etiam nullo pu-
doris respectu per trivia et plateas evagari licenter videretur.
In dem seit 1485 wiederholt, 1491 auch italienisch gedruckten
Supplementum chronicorum (orbis ab initio mundi usque ad a. 1485
11. 15) des Jac. Philippus [Foresta] Bergomas (Augustiner-Eremit,
geb. 1434) streicht Liss. eine Stelle, an der Felix IV. als extremae
UDctionis institutor bezeichnet wird, Sot. auch einen Passus über
die Päpstin Johanna^). In den In s. Apocaljpsim Collectanea,
welche der Ungar Franz Georg BanflPy, Prior eines Klosters auf
dem Mons Coelius in Rom^), unter dem Namen Coelius Pannonius
1541 und 1547 herausgegeben, streichen Liss. und Q. eine Stelle
über die Beichte. Beide Bücher wurden von S. mit d. c. aufge-
1) Clement VI, 259.
2) Schelhorn, Am. bist. II, 462.
3) Clement ID, 172. 4) Melzi I, 218.
488 Lissabonur Index von 1582.
nommen, aber von Gl. gestrichen. Dagegen stehen noch heut« mit
d. c. im Index des Minoriten Franc. Polygranus Assertiones quo-
rundam ecclesiae dogniatum cum ab aliis tum a Lutherana factione
denuo in dubium revocatorum, Köln 1571, weil Liss. und Q. die
Sätze beanstandeten : Per immodicis indulgentias enervaretur pe-
nitus satisfactio und De jure divino quilibet sacerdos posset dare
indulgentias.
Welche gefährliche Sachen auf dem Umwege über Lissabon
und Madrid in den Eöm. Index gekommen sind, davon sind Bei-
spiele: Practica musica Hermanni Finckii, schon 1556 zu Witten-
berg gedruckt, — Liber inscr. De protrahenda vita ultra viginti
quinque annos (jetzt unter Vita). — Auch Albertus de secretis
mulierum, ipsi falso inscriptus, steht zuerst im Liss., dann bei Q.,
bei S. als Alberto Magno adscriptum opus de secr. mul. mit d. c. !
Es wurde von Gl. gestrichen, aber 1605 unbedingt verboten^). Aus
Liss. stammt auch das noch heute im Index stehende Opus magni
lapidis per Lucidarium; im Liss. steht dabei: manuscriptum ; ob es
je gedruckt worden?
Zu den italienischen Autoren, die durch Liss. in den Eöm.
Ind. kamen, kann man auch Amatus Lus i tan us zählen, einen portu-
giesischen Juden (Ghabib), der sich taufen Hess (als Ghrist hiess er
Joao Kodrigo de Gastelbranco), in Italien als Arzt sehr angesehen
war, auch von Julius III. consultirt wurde, unter Paul IV. aber
vor der Inquisition floh und 1562 als Jude zu Salonichi starb *'^).
In seinen Curationum medicinalium centuriae VII, Florenz 1555
u. s., werden bei Bras. u. a. unsaubere medicinische Anekdoten da-
durch expurgirt, dass da, wo ein Mönch oder Priester erwähnt wird,
quidam, wo eine Nonne vorkommt, mulier innupta substituirt wird;
ferner werden Lobsprüche auf Erasmus, Leonard Fuchs u. a. ge-
strichen, die Bezeichnung eines Eabbinen als concionator egregius,
das Epitheton divus oder divinus bei Hippokrates, Galenus u. a.;
faxint dii wird in faxit Dens corrigirt und dgl. — Nur im Liss. wer-
den mit d. c. verboten (wegen „einiger jüdischen und platonischen
Fabeln") Dialoghi d'amore composti per Leone [Abarbanel] medico
di natione hebreo e depoi fatto christiano, 1535^).
Wenn im Liss. und im span. Ind. Ariosto*s Orlando Furioso,
Bojardo's Orlando inamorato und sogar Dante's Divina commedia
mit d. c. verboten werden, so hat das doch selbst S. nicht nach-
geschrieben^). Von den beiden ersten Gedichten sagt Lies., es seien
1) Es wurde schon 1489 als Hönrici de Saxonia, Alberti M. discipuli,
1. de sccr. mul. gedruckt. Frey tag. Anal. 1121. Eine Randnote im Liss.
1624 sagt: Yerus auctor Joannes Rex Aragonum teste Jo. Weckero de
secretis 15, 1.
2) Graetz 9, 363. Pelayo, Ileterodoxos II, 592.
3) Graetz 9, 236.
4) In einem im Auftrage des Papstes zur Zeit des Card. Borromeo
Lissaboncr Index von 1681. 489
im 7., 14. und 27., resp. 2., 4. und 24. Canto einige scandalöse und
unanständige Sachen zu streichen. In dem Lissaboner Index von
1624 wird bei Ariosto eine ganze Reihe von Ottaven und einzelnen
Versen im Original und in der span. Uebersetzung von Geronimo
da Urrea (1572 u. s.) gestriclfen. Sot. streicht nur 4 Stellen, die
ziemlich harmlose Spöttereien über Mönche und dgl. enthalten (die
5. Satire wird verboten). In dem Index von 1624 werden auch
vier „unanständige" Ottaven in Tasso's befreitem Jerusalem ge-
strichen. Das Pariser Parlament verbot 1595 dieses Gedicht, welches
eben damals in Paris gedruckt war, wegen einiger Verse im An-
fange des 20. Canto, die man politisch anstössig fand^). — ■ Von
Dante sagt Liss., es seien einige Stellen zu streichen, die man an-
geben werde, wenn das Buch der Inquisition vorgelegt werde.
Sot. gibt die Stellen an, die man in Spanien strich : Par. 9, 136 — 142,
die Stelle, die anfängt:
Danach nur trachten Papst und Cardinäle,
Nicht steht ihr Sinn auf Nazareth . . .
Inf. 11, 7, die Grabschrift:
Anastasius verwahr^ ich,
Den Papst, den ab vom rechten Weg Photin zog,
und Inf. 19, 106 — 117, die Stelle, welcbe schliesst:
0 ConstÄutin, wie vieles üebel deine
Bekehrung nicht, doch jene Schenkung zeugte,
Die du ertheilt dem ersten reichen Vater!
Dagegen wurde von S. mit d. c. aufgenommen, aber von GL.
gestrichen der 1536 und 1564 zu Venedig gedruckte Commentar
des Crifitoforo Landini (1424 — 1504) zur göttlichen Comödie, ob-
schon Liss. und Q. nur zwei Stellen beanstanden, darunter freilich
den Satz, man solle Ketzer nicht mit dem Tode, sondern mit Ge-
fängniss bestrafen (Sot. expurgirt freilich die Ausgabe der göttlichen
Comödie von Landino und Velutello, 1596, viel stärker).
Von den Epigrammen des Jac. Sannazar verordnet Liss. die-
jenigen, welche gegen einige Päpste (Alexander VI. und seine Sipp-
schaft und Leo X.) gerichtet und welche unanständig seien, zu
streichen. Q. und die anderen span. Indices bezeichnen diese, 15
in der Ausgabe Lyon 1560, genauer-). — Die Utopia des Thomas
Monis verbietet Liss. unbedingt. U. hat das doch gemildert: Th.
Mori, viri alias ])ii et catholici.. Utopia, nisi repurgetur. Er streicht
einige Stelleu und die in der Ausgabe von 1563 beigefügte Apo-
logia pro Moria Erasmi. Sand, und Sot. haben auch dieses fallen
verfassten Reformplane (bei Döllingcr, Beitr. IIIi 239) wird freilich das
wirksame Verbot des Petrarca, Ariosto und Boccaccio und anderer las-
civer Bücher empfohlen.
1) Fontanini I, 293.
2) In der Ausgabe von J. A. Vulpius, Padua 1731, sind sie wegge-
lassen. Schelh., Erg. II, 187. Francus p. 170.
490 Indices des Quiroga 1588. 1584
lassen und expurgiren nur zwei den Lucubrationes Th. Mori 1568
beigefügte Briefe von anderen. Liss. 1624 aber hält das Verbot
der Utopia aufrecht mit der Motivirung : cum multu in ea commen-
dentur a christ. reipublicae statu abhorrentia. — Im Köm. Ind. 8t«ht
weder Sannazar noch Morus.
48. Die Indices des spaniscben General-Inquisitors
Quiroga von 1583 und 1584.
Der nächste spanische Index nach dem des Valdös von
1559 ist der von dem General-Inquisitor Cardinal Gaspar Qui-
roga, Erzbischof von Toledo, im J. 1583 veröflFentlichte^). An
der Spitze desselben steht ein Erlass d. d. Madrid 20. Mai 1583,
worin es heisst: da bei der weitern Entwicklung und Ausbrei-
tung der Ketzereien die bisherigen Cataloge verbotener Bücher
nicht mehr genügten, so habe der Inquisitionsrath nach wieder-
holten Berathungen beschlossen, einen neuen zu veröffentlichen
und demselben zugleich allgemeine Kegeln beizufügen; bei der
Ausarbeitung desselben seien die Universitäten und viele Ge-
lehrte zu Rathe gezogen worden. Kraft seiner „apostolischen
Autorität" gebietet dann der General-Inquisitor bei Strafe der
Excommunicatio latae sent., keine Bücher zu behalten oder zu
lesen, die in dem Verzeichnisse stehen oder unter die allge-
meinen Regeln fallen oder schlechte und verdammte Lehren
enthalten, und droht, es werde gegen die Ungehorsamen als im
Glauben verdächtig eingeschritten werden. Schliesslich wird
1) Index & Catalogus Librorum prohibitorum, mandato Illustriss.
ac Reverendiss. D. D. Gasparia a Quiroga, Cardinalis Archiepiscopi Tole-
tani ac in regnis Hispaniarum Generalis luquisitoris, dcnuo cdilus. Cum
consiliu supremi Senatus Sanctac Generalis Inquisitiouis. Madriti apud
Alphonsum Goraoziura, Reg. Typogr. 1583* (Stuttgart). 6 nicht nuraerirte,
90 numerirte Bl. — Die spanische Abtheilung ist abgedruckt bei A. de
Castro, Hist. de los protestantcs cspafioles p. 435—46. — Quiroga (S. 464)
stand bei Philipp II. in grosser Gunst, weil er sich lieber hatte excom-
municiren lassen, als dass er regelwidrige Bullen des Papstes angenommen
hätte. Ranke, Fürsten und Völker (WW. 35), 136.
Indices des Quiroga 1583. 1584. 491
dem Secretär der Inquisition, Matheo Vazquez, ftir seine Ar-
beit bei der Redaction des Index das Verlagsrecht desselben
verliehen.
In dem Erlass Quiroga^s und in dem ganzen Buche wird
der Trienter Index mit keinem Worte erwähnt. Aber thatsäch-
lich liegt dieser, wie wir sehen werden, dem Index Quiroga's
zu Grunde, und auch die 14 allgemeinen Regeln, die vor diesem
stehen, sind unter Zugrundelegung der 10 Trienter Kegeln ver-
fasst. Diese werden freilich theilweise modificirt. Wo sie von
einer Prüfung und Expurgation der Bücher durch Bischöfe, In-
quisitoren oder Universitäten oder von einer von Bischöfen und
Inquisitoren zu ertheilenden Erlaubniss sprechen, substituirt
Quiroga natürlich die Inquisition. In der 2. Regel wird die
Unterscheidung zwischen einfachen Ketzern und Häresiarchen
durch die Verweisung auf ein am Schlüsse beigefügtes Ver-
zeichniss der Häresiarchen vervollständigt. Bücher, die in
dem Index in einer Sprache verboten werden, sollen, wenn
nicht das Gegentheil ausdrücklich gesagt wird, in allen Sprachen
verboten sein, — eine Bestimmung, die durch Clemens VIII.
auch in den Römischen Index aufgenommen wurde. Ucber-
Setzungen der Bibel oder biblische Bücher in der Volksprache
werden unbedingt verboten, desgleichen (gemäss der Bulle Pius'V.,
die aber nicht, wie im Lissaboner Index, erwähnt wird) Ueber-
setzungen des Officium parvum. Auf das letztere Verbot folgt
das sehr lobenswerthe Verbot aller in Gebetbüchern stehenden
Summarien und Rubriken, welche temeräre oder eitle Ver-
sprechungen enthalten, z. B. dass derjenige, der das betreffende
Gebet spreche, nicht eines plötzlichen Todes oder nicht im Feuer
oder Wasser sterben oder in einer bestimmten Stunde zu Un-
serer Lieben Frau kommen werde.
Den Haupttheil des Index bilden lateinische Bücher (f. 7—63),
dann folgen spanische (en romance f. 63—71), portugiesische,
italienische, französische, flämische und deutsche (f. 72—93).
Die italienische Abtheilung enthält die im Trienter, die portu-
giesische die im Lissaboner Index stehenden Bücher; die spani-
schen, französischen und flämisch-deutschen Bücher sind aus
dem Antwerpener Index her übergenommen; in allen diesen Ab-
theilungen ist aber einiges beigefügt. Ueberbaupt hat Quiroga
492 Indices dos Quiroga 1588. 1584.
den Inhalt des Trienter Index ganz aufgenommen, ferner fast
alles, was in der Antwerpener Appendix von 1570, in dem Lissa-
boner Index und was in dem des Valdes von 1559 steht und
nicht schon in den Trienter Index aufgenommen war, einzelnes
auch aus dem Antwerpener Index expurgatorius von 1571. Neu
hinzugekommen ist verhältnissmässig wenig. In der allge-
meinen Geschichte des Index ist Quiroga von Bedeutung, weil
er einerseits die genannten Indices zusammengefasst hat, an-
derseits eine Hauptquelle flir den Index Sixtus' V. gewesen ist
Die einzelnen Abtheilungen sind alphabetisch geordnet;
in der lateinischen sind die drei Classen des Römischen Index
in ein Alphabet zusammengezogen. Bei den Autoren der 1. Classe
steht opera omnia, — auch z. B. bei Jo. a Leydis, Knoper Dellingius,
Felix Mansius, Kautius u. a.; — auch bei manchen, von denen
in den früheren Indices nur einzelne Bücher verboten werden,
steht opera omnia. Bei manchen werden dann aber, der 2.
Trienter Regel entsprechend, einzelne Schriften verzeichnet, wel-
che ohne weiteres oder nachdem sie expurgirt worden, erlaubt
werden. Denjenigen Schriften, von welchen der gleich zu be-
sprechende Index expurgatorius von 1584 die Expurgation gibt,
ist ein Sternchen beigefügt.
In noch viel grösserer Zahl als der Lissaboner Index hat
Quiroga katholische Schriften aufgenommen. Eine hinter seinem
Erlass stehende, nicht unterzeichnete Vorbemerkung „an den
Leser" (f. 5) sagt darüber folgendes:
Wenn iu diesem Catalog einige Bücher von Männern von
eifriger und weltbekannter christlicher Gesinnung (de grande chri-
stiandad y muy conocida en el mundo) verboten werden, wie von
Johann (Fisher) von Rochester, Thomas More, Hieronymus Osorio,
Francisco de Borja, Herzog von Gandia, Fray Luis de Granada,
Juan de Avila u. s. w., so geschieht das nicht, als ob solche Schrift-
steller von der h. Römischen Kirche und von dem, was sie uns
immer gelehrt hat und lehrt, abgewichen wären, da sie vielmehr
dieselbe als ihre wahre Mutter und Lehrerin anerkannt und als
solche geachtet und geehrt und ihr gedient haben, sondern entweder,
weil die Bücher ihnen fälschlich zugeschrieben werden oder weil
sich darin Worte oder Sätze finden, die durch die Nachlässigkeit
der Drucker oder durch die Bosheit der Ketzer eingeschoben sind,
oder weil es nicht angemessen ist, dass sie in der Volksprache ver-
breitet werden, oder weil sie Sachen enthalten, welche zwar solche
fromme und gelehrte Schriftsteller in einem gesunden und katholi-
Indices des Quiroga 1683. 1584. 493
sehen Sinne ansgesprochen haben, welche aber bei der Bosheit
unserer Zeit von den Feinden des Glaubens zu Gunsten ihrer ver-
dammten Irrlehren verdreht werden. Das thut der Ehre und dem
guten Andenken jener Männer keinen Eintrag, deren Leben und
Lehre stets dem Dienste und der Förderung unserer h. Religion und
des h. apostolischen Römischen Stuhles geweiht war. Aus denselben
Rücksichten werden auch in diesem Catalog die Bücher und Tractato
einiger Schriftsteller censurirt, welche einige besondere Meinun-
gen hatten, die zu ihrer Zeit zulässig waren, jetzt aber aufgehört
haben es zu sein, weil eine entgegengesetzte Entscheidung der
Kirche erfolgt ist, deren Urtheile sie ihre Schriften unterworfen
haben, oder weil seitdem die Wahrheit auf anderm Wege, durch
weitere Erörterungen entdeckt worden ist, wie das von einigen
Sätzen gilt, die sich bei dem Card. Cajetanus, Ruard Tapper, Albert
PighiuR u. a. finden, deren Andenken in der katholischen Kirche
stets wird in Ehren gehalten werden.
Im J. 1584 Hess Quiroga seinem Index librorum prohibi-
torum einen Index librorum expurgatorum folgen^), — dieser
ist viel leichter zugänglich als jener, weil zwei von protestanti-
schen Gelehrten besorgte Abdrücke desselben existiren^). Der-
1) Index Librorum expurgatorum, Illustrissimi ac Reverendis. D. D.
Gasparis Qviroga, Cardinalis & Archiep. Toletani, Hispan. Generalis In-
quisitoris jussa oditus. Do consilio supremi Senatus S. Generalis Inquisit.
Madriti, apud Alfonsiim Gomezium Reg. Typogr. 1684.* 2 nicht numerirte,
194 numorirte, 4 nicht numorirte Bl. 4. — Dem von mir benutzten Exemplar
(zu Stuttgart) sind einige Blätter beigebunden, auf denen die seit dem
Erscheinen des Index bis 1613 (1612 erschien der neue Index von Sandoval)
verbotenen Bücher in alphabetischer Ordnung (für jeden Buchstaben ist
eine Seite bestimmt) beigeschrieben sind.
2) Index Librorum expurgatorum . . . Anno MLXXXIIII [so statt
1684]. Salmuri, Apud Thomam Portav. 1601.* (Bonn) 6 nicht numerirte
Bl. (Vorrede), 168 numerirte, 2 nicht numerirte Bl. (Register) 4. Nach
der Vorrede zu der folgenden Ausgabe p. 25 hat Philipp Mornay du
Plessis von Jakob James ein Exemplar der Originalausgabe erhalten,
welches bei der Eroberung von Cadiz 1696 in die Hände der Engländer
gefallen war. Vgl. Schelhorn, Erg. II, 181. Es wird Thomas James ge-
meint sein ; denn Mendham p. 182 berichtet, der Earl von Esscx habe die
bei jener Eroberung erbeutete Bibliothek des portugiesischen Bischofs
nieron. Osorius dem Sir Thomas Bodley geschenkt, dem Gründer der Bod-
leyana, deren erster Bibliothekar Thomas James war.
Indices Expurgatorii duo, testes fraudum ac falsationum Pontifi-
ciarum; quorum Prior iussu & auctoritate Philippi IL Regis Hisp. atq.
494 Indices des Qairoga 158B. 1684.
selbe enthält zu vielen in dem Index von 1583 bedingungsweise
freigegebenen Büchern die Expurgationen in bequemer alpha-
betischer Ordnung. Sie sind grossentheils, unverändert oder
tiberarbeitet und verschärft, aus dem Antwerpener Expurgatorius
entnommen, aber mit vielen neuen vermehrt. Nach Llorente
(I, 479) hat der bekannte Jesuit Juan de Mariana diesen Index
ausgearbeitet. In einem kurzen Vorwort wird derselbe als „ein
Anfang und eine Probe" bezeichnet und der Wunsch ausge-
sprochen, gelehrte und fromme Männer möchten die Inquisition
bei der Weiterführung der Arbeit unterstützen. „Denn es sind
noch viele Bücher zu expurgiren, weil einerseits die Ketzer
nicht aufhören, die besten Schriftsteller zu corrumpiren, ander-
seits auch Schriften von Ketzern, so weit es ohne Gefähr-
dung der Religion geschehen kann, im Interesse der Wissen-
schaft geduldet werden sollen, was nur geschehen kann, nach-
dem einige Stellen daraus beseitigt worden sind. Dabei wird
auch darauf Bedacht genommen werden, dass die Correctionen
mit möglichst geringen Kosten und Mühe vorgenommen werden
können." In der 13. Kegel des Index von 1583 war bereits be-
stimmt: wer in neuen Büchern etwas gegen den Glauben u. s.w.
Verstosscndes finde, habe dieses der Inquisition anzuzeigen und
Albani Ducis consilio concinnatus est in Belgio, Anno 1671, Posterior
erlitus iussu D. D. Gasparis Qviroga, Cardinalis & Archiepiscopi Toletani
Hisp. generalis Inquisitoris; de consilio supremae Senatus S. Generalis In-
quisit. iuxta exemplar, quod typis mandatum est Madriti apud Alphonsum
Gomezium Regium Typographum, Anno 1671 [so statt 1584], recusus primo
Salmuri in Gallia. & nunc secundo in Germania. Additus est raaioris com-
moditatis gratia Index Librorum Prohibitorum cum Registris (so statt
Regulis] confectis per Patres a Tridentina Synodo delectos auctoritate
Pii IV. primum editus; postea vero a Sixto V. auctus ; denique ClementisVIII.
iussu rccognitus et publicatus. Hanoviae Apud Guilelmum Antonium, Anno
1611.* 251 S. 8, die Vorreden (auch die der früheren Abdrücke) und den
Antw. Exp. und Censurae in Glossas juris canonici u. s.w. enthaltend, dann
mit neuem Titelblatt Index . . . Quiroga . . . Anno 1584. Hanoviae, Im-
primebatur Anno 1611, 502 S., zuletzt mit neuem Titelblatt Index . . .
Clementis Papae VIII. . . . Hanoviae, Imprimebatur Anno 1611, 111 S.S.
— Excerpta aus dem Index exp. Quiroga's stehen in dem Abdruck des
Antw. Exp. Strassb. 1009 (s. o. 8. 424).
IndiceB des Quiroga 1583. 1584. 495
dürfe es nicht etwa selbst ausstreichen oder das BacL verbrennen ;
auch die Expurgation der im Index stehenden Bücher dürfe
nicht von dem Besitzer, sondern nur von den Beamten der In-
quisition vorgenommen werden.
Einige Expurgationen kommen auch schon bei Q. 83 vor. So wird
unter Annotatio und Epistola die Streichung von Noten, Widmungs-
episteln in einzelnen Büchern verordnet, z. B. Annotatio marginalis
ad D. Illefonsura de illibata virg. S. Mariae f. 16, p. 2, quae sie
habet: Totam christiani hominis felicitatem esse, Christum verum
Deum et hominem confiteri, expungatur. Dieses wird unter M
wiederholt in der abgekürzten Form : Mich. Carranzae Annot. marg.
ad D. Illefonsum, und dieses hat S. abgeschrieben, und erst Ben.
hat es im Rom. Ind. gestrichen. Auch Franc. Jureti Annotationes
in Symmachi epistolas hat S. abgeschrieben, obschon Q. nur eine
einzige Stelle beanstandet; dieses hat schon Cl. gestrichen.
Das Verzeichniss der Häresiarchen (heresiarchas, rcnouadores,
cabe^as y capitancs de heregias, f. 94), welches Q. „zur Erläuterung
der 2. Regel", also um diejenigen zu bezeichnen, deren sämmtliche
auch nichttheologischen, Werke verboten sind, beifügt, darf man
wohl ein Curiosum nennen. Es enthält 76 Namen, darunter An-
dreas Muncerus, Gaspar Peucerus Budissinus, Helius Eobanus Hcssus,
Jo. Bapt. Vergerius, Jo. Carion, Jo. Lonicerus, Jo. Sleidanns, Lucas
Sternberger, Nie. Cambasius, Petrus Ramus, Seb. Munsterus, Steph.
Doletus und die Pseudonym! Firmanus Chlorus und Jo. Palmerius,
dagegen nicht Balth. Pacimontiinus und Schwenkfeldius, die in der
2. Trienter Regel genannt werden. Sand, hat das Verzeichniss auf
18 Namen reducirt: Wycleff, Hus, Luther, Melanchthon, Zwingli,
Calvin, Beza, Carlstadt, A. Osiander, Brenz, Bucer, Oecolampadius,
Servet, Stancanis, Pacimontanus, Schwenkfeld, Bernard Rotmann,
David Georgius. Sot. hat das Verzeichniss weggelassen. Von den
Rom. Indices hat nur S. etwas Aehnliches.
Die 1. Cl. hat Q. nicht nur dadurch vergrössert, dass er
omnia opera von solchen verbot, von denen im Tr. oder in Antw.
App. nur einzelne Schriften verboten waren; — so z. B. aus Tr.
Hugo Hugaldus, Jo. Soter, aus Antw. App. Andr. Muncerus (von
dem dort Eclogae verboten werden), — sondern auch dadurch, dass
er zu den Namen des Tr. noch die anderen oder verschriebenen
Namen der Antw. App. aufnahm, wie Alcaeus Antonius neben Ant.
Halieus, Alexius Alexander Lipsensis neben Alexander Alesius Scotus.
Neue Namen sind durch ihn nur wenige hinzugekommen: Jac.
Schmidelinus {=Jac. Andreae), Jo. (viel\pehr Petrus, wie erst Ben.
corrigirt hat) Loyselerius Villerius, Lambertus Danaeus, Petrus
Boquinus, ferner Jo. (vielleicht verschrieben für Matthaeus) Judex,
Nie. Cambasius (mir unbekannt, vielleicht verdruckt für Nie. Caba-
silas) und Lucas Sternberger, der bei Surius, Prateolus u. a. als ein
in Mähren thäti^er Ketzer, aber nicht als Schriftsteller erwähnt wird.
In die 2. Cl. des Rom. Index sind aus Q. folgende längst ge-
496 Indices des Quiroga 1583. 1584.
druckte Schriften mit d. c. übergegangen : Antonii de Hampilogis
Figurae biblicae, ein Buch eines Augustiners aus Genua, der in
Constanz gegen die Husiten disputirte, worin unter 138 alphabetisch
geordneten Kategorieen (Abstinentia, Adulatio u. s. w.) Stellen und Bei-
spiele aus der Bibel und mittelalterlichen Exempelbüchern gesammelt
sind, also eine Art biblisches Real Wörterbuch, seit 1476 oft unter
verschiedenen Titeln gedruckt. Posse vin behauptet, es ständen viele
von der Kirche verdammte Irrthümer darin, erwähnt aber speciell
nur fabulose Geschichten, ungenaue Citate aus der Bibel und den
Kirchenvätern, auch Citate aus Apokryphen (3. B. Esdras), SolÖ-
cismen und Barbarismen. Er berichtet ferner, im Auftrage des
Inquisitors von Mantua habe der Jesuit Petrus Maturus zu Lyon
eine expurgirte Ausgabe drucken lassen. Das ist vielleicht die
Ausgabe Lyon 1561, welche Bras. expurgirt ; denn dieser hat fast
nur Druckfehler zu corrigiren, die freilich zum grossen Theile haar-
sträubend sind. Später sind approbirte Ausgaben erschienen, gleich-
wohl steht das Buch noch heute mit d. c. im Index. — Gaudentii
Merulae (er war ein Mailänder Geistlicher) Liber memorabilium,
1556. Q. streicht 5 Stellen darin; eine beginnt: Donec episcopi
Rom. pauperes erant, und eine enthält ein abergläubisches Mittel
gegen Zahnweh^). — Janoccius de Manettis, De dignitate et excellentia
hominis 11. IV. Der Verfasser (Gianozzo Manetti) war einer der
angesehensten und gelehrtesten Italiener des 15. Jahrh., Secretär
Nicolaus' V. und Calixtus^ III., in Florenz in hohen Aemtem ^).
Das Buch war schon 1532 gedruckt, und Bras. streicht darin an
einer Stelle die Worte veneranda ac sacrosancta vestigia und eine
Stelle von zwei Seiten.
Ferner stammen aus Q. einige Bücher von Spaniern in der
2. GL: Benjamini Cantabri Itinerarium, Benjamin von Tudela's Reise
nach Palästina (im 12. Jahrb.), zuerst zu Constantinopel 1543
hebräisch gedruckt, von Benedict Arias Montanus auf den Wunsch
eines spanischen Bischofs übersetzt und zu Antwerpen 1575 gedruckt ').
Diese üebersetzung ist gemeint. Sie wird bei Sand. Sot. expurgirt
und namentlich bonae felicis oder probandae memoriae u. dgl. hinter
den Namen von Rabbinen, honesti viri hinter judaei, sacra vor
synagoga u. dgl. gestrichen. — Petri Fernandez de Villegas (arohidiaconi
Burgensis) Flosculus sanctorum (1532. 1558). Auch Crux christiani
1) Possevini App. I, 104. II, 418. Marchand I, 289. Baumg. 7, 500.
Das Buch ist auch unter den Titeln Aurea biblia, Directorium oder Re-
pertorium bibliae, Biblia figurarum gedruckt. Der Verf. wird auch Ant.
Rampigolus (Ampigollus) und Ant. de Genua (Janua, Senis) genannt. Pos-
sevin hat drei Autoren daraus gemacht. Zu Antw. 1667 erschien in 12.
eine Ausgabe nunc primum juxta Romanae correctionis indicem expurga-
torium emcndata.
2) Tirab. 6, 773. Burckhardt, Cultur I, 242. 260.
3) Annales Plantin. p. 164.
Zweite Classe. 497
cum quibusdam annotationibus in S. Hilarium und Margarita pastorum
werden spanische Sachen sein. — Ein Buch eines spanischen Medi-
ciners, Juan Hu arte de Sant Juan, Examen de ingeniös, 1575,
welches allerdings so viele anstössige Dinge enthält, dass man
nicht begreift, wie die Inquisition den Druck gestatten konnte ^),
wird von Q. stark expurgirt (Liss. verbietet es ohne Nennung des
Verfassers unbedingt) und dann auch von S. d. c. verboten. Bei
Cl. findet es sich auffallender Weise nicht, obschon es Possevin in
seiner- Bibliotheca sei. I, 13 weitläufig bekämpft (er schrieb auch
eine besondere Widerlegung); aber 1605 wurde dieses Versehen
wieder gut gemacht durch das unbedingte Verbot aller Ausgaben
und üebersetzungen.
Von Theophrastus Paracelsus (t 1541) werden bei Q. und
S. nur verboten: Libri tres chirurgiae, quam Berthconiam inscripsit
(1573), Chirurgia magna in duos tomos digesta (1570) und Chirurgia
minor, alle drei mit d. c. Expurgirt wird von Q. (und Bras.) nur
die letzte, in der 7 Stellen gestrichen werden. Cl. setzte ihn in
die 1. Cl. und Sot. macht ihn zu einem Lutheranus, expurgirt auch
andere Bücher und bemerkt nicht unrichtig: in seinen mehr als 100,
1560 — 90 gedruckten Schriften kämen viele magische oder kabbali-
stische Namen vor, die kaum zu verstehen seien u. s, w. — Von
einem holländischen Mediciner, Levinus Lemnius Zirizaeus (Lievin
Lemniens aus Ziriczee, er wurde später Geistlicher, t 1568), w^ird
bei Q. S. Cl. mit d. c. verboten Occulta naturae miracula ac varia
rerum docuraenta, zuerst 1559 mit einer Widmung an den Abt von
Middelburg gedruckt, dann wiederholt bei Plantin in Antwerpen ^).
Bei Q. und Bras. werden einige grössere Stellen gestrichen, u. a.
ein Capitel, worin abergläubische Volksgebräuche (Johannis-Feuer,
St, Martin u. dgl.) beschrieben und getadelt werden, auch eine
Stelle über die auf die Auferstehung Christi gestützte christliche
fiducia, ein 8 Seiten langer Abschnitt über den Einfluss körperlicher
Zustände und des natürlichen Temperamentes auf die Seele und
merkwürdiger Weise einö Bekämpfung des Wahnes, als ob der Lauf
der Gestirne einen Einfluss auf die irdischen Verhältnisse übe.
Unbedingt verboten wird von Q. S. Cl. Juliani Taboetii (Ta-
bouet I französischer Jurist) De quadruplicis monarchiae primis
auctoribus et magistratibus (in miscellaneo divini et hum. juris cor-
pore dispersis ephemerides historiae), 1559^). — Constantini
Forste ri de successionibus ab intestato II. 5 d. c. wurde von Cl. in
Valentini F. corrigirt, Joachimus super titulum ff. de jurejurando
erst von Ben. in: Joachimi a Beust Lectura in tit. digesti veteris
de jurej. Beust war übrigens aus Mon. durch S. in die 1. Cl. ge-
1) Nie. Antonio I, 543. Bayle s. v. — J. M. Guardia, Essai snr
l'oeuvre de J. Huarte, Examen u. s. w., 1855.
2) Paquot I, 91. Ann. Plantin. p. 73. 227.
3) Nie. 38, 240. Morery, Suppl. s. v.
lionnch, Iudex. 32
49d Enchiridion des Gregorius Capuccinufi.
kommen, wurde aber hier, obschon er auch theologische Schriften
verfasst hat, (wohl nur durch ein Versehen) von Cl. geßtrichen.
Erst 1623 wurde sein Tractatus de aponsalibus et matrimoniis von
1586, durch welchen er der Begründer des sächsischen protestanti-
schen Eherechts geworden ist, verboten.
Quae regia potestas, quo debent authore solemnes Ecclesiae
conventus indici cogique? compendiosa discussio CL G. Praet. Se-
nensi authore (seit Ben. unter Potestas) ist ein Schriftchen ^) von
Claude Gouste, Pr6v6t de Sens, geschrieben bei Gelegenheit der
Verhandlungen der französichen Keichsstande zu Orleans über eine
zu berufende Nationalsynode, 1560. — In die 3. Cl. ist durch Q.
noch gekommen : Conventus Genevensis s. concilium ministromm
Genevensium in diversorio quodam juxta Genevam habitum a. D.
1565 (so wird der Titel schwerlich lauten).
Im J. 1602 erschien zu Leyden ein Schriftchen : Lettre mysti-
que touchant la conspiration derniere^). Auf dem Titelblatte steht:
Cum examine Indicis Expurgatorii; es enthält aber nur einige de-
clamatorische Bemerkungen über den Antw. Exp. und seinen Bear-
beiter Arias und über den Ind. exp. von Quiroga.
49. Das Encbiridion ecclesiasticnm des F. Gregorias
Capnccinus von 1588.
Im J. 1588 erschien unter dem Titel Encbiridion eccle-
siasticnm^), 1597 nochmals unter dem Titel Institutiones eexile-
1) Die 1561 erschienene französ. Uebers.- Traicte de la puissance et
authorit^ des Reis u. s. w. (Schulte, Gesch. 3, 561) füllt 55 Bl. 12.
2) Die Fortsetzung des Titels lautot: Avcc Pouverture de la Caballe
misteriello des Jesuistes, revellee par songe, a un Gentilhomme des Trouppe«
du Conte Maurice, escrite k Frerc Jean Boucher. Cum oxamine Indicis
Expurgatorij. Le tout dedie a Lexcellencc du Conte Maurice. Par M. D.
L. F. Qui habet aures audiat, et intelliget misteria. Apocalip. 41. 21.
Esa. 7. 10. Derniere edition augment^e. A Leiden. 1602* (Wolfenbüttel).
3 Bl. 49 und 124 S. 16. (nach p. 124 folgt nochmals p. 65—124). Von
dem Antw. Exp. wird B p. 77, von Q. B p. 104 gesprochen.
3) Encbiridion Ecclesiasticum sive Pracparatio pertinens ad Sacra-
mentum Poenitentiae et Sacri ürdinis, Editum a R. P. V. Gregorio Capuc-
cino Neapolitano uno ex Dcputatis Patribus pro Revisione Librorum in
Civitate Neapolitana per Illustriss. et Reverendiss. Archiepiscopum, Nunc
denuo auctum, vi amplificatum ab eodem Auetore, et tandem typis chalco-
Encbiridion des Gregorius Capncciniis. 499
siasticae^) ein Handbuch für Beichtväter von einem Capuciner
Gregorius zu Neapel, der auch zu den von dem dortigen Erz-
bischof bestellten Bücherrevisoren gehörte. Das Buch handelt
ausführlich von verbotenen und zu corrigirenden Büchern, ist
zwar nur eine Privatarbeit, enthält aber interessante Materialien,
namentlich über Expurgation einiger Bücher. Pikant ist, dass
P. Gregorius sich erlaubt, vor dem Index expurgatorius Quiroga's
ernstlich zu warnen, weil darin Werke des Carolus Molinaeus
freigegeben, die Werke des Raymundus Lullus nicht verboten
würden und in der Practica Papiensis des Jo. Petrus de Ferrariis
nicht genug gestrichen werde. In den folgenden spanischen
Indices (Sand. Sot.) wird dann natürlich das Buch des P. Gre-
gorius d. c. verboten und die Streichung der den Index Qui-
roga's betreffenden Stelle angeordnet.
In der Vorrede (der Ausgabe von 1597) sagt GregorinB: er
habe für seine Coadjutores in revisione librorum ein Verzeicbniss
von zu corrigirenden Stellen in sein Buch aufgenommen ; die Ju-
risten mache er darauf aufmerksam, dass sie, wenn sie nicht den
Censuren verfallen wollten, gewisse Bucher nicht gebrauchen dürf-
ten, wie die Glossa Parisiensis und die Practica Papiensis, die von
ketzerischen Auetores 1. cl. (Carolus Molinaeus und Jo. Petrus de
grapbis traditum. Cura admodum excel. acR. P. D. Horatii Venetia V. I. D.
Canonici Ecclesiae Neapolitanac Ecclesiasticis Viris ac pbilosophiae, et
legum studiosis valde utile, et necessarium. Cum Privilegio S. Fran. Insti.
Rejrv. Fr. Min. Venetiis. Sumptibus J. Anelli de Maria Bibliopolac Nea-
politani. II. Polo Typograpbo Veneto imprimente. 1688.8. (Mendbam p. 95).
— Die erste Ausgabe war einige Jabre vorber (die Approbation ist vom
10. Dec. 1683) anonym erscbienen. Gibbings, An exact Reprint p. XLVIII.
1) Institutiones ecclesiasticac, in quibus, qui ad s. ordines et ad con-
fessiones animarumque curam admittendi sunt, facilc breviterque instruun-
tur . . . librorum corrigendorum ratio et regularum Indicis de libris
prohibitis cxplicatio ac privata quorundam librorum ad ss. literas, ad
pbilosopbiam et jurisprudentiam pertinentium correctio . . . Auetore F.
Gregorio Capuccino Neapolitano librorum Neapoli Expurgatore. Cum
privilegio. Venetiis 1597 apud Jo. Bapt. et Jo. Bern. Sessam* (Freiburg)
239 Bl. 8. — An der Spitze steht die Approbation von 1683 von Mag.
Philocalus Pharaldus Carmelita und eine Widmung an den General der
Capuciner von 1687, f. 238 eine Approbation von Honorius de Porta,
Vic. gen. Neap., vom 5. Febr. 1586: Opus hoc alias impressum et de novo
auctum et amplificatum . . . potest imprimi u. s. w.
Index Sixtus' V. 1590. 501
Wissenschaft das Buch ganz verhieten dürfen, statt so viele geist-
liche Herren mit der Expurgation desselben zu belästigeu oder zu
amusireu ; denn es handelt sich bei dieser, ausser um unrichtig
citirte oder erklärte Bibelstellen, um das Erwähnen von Luther (er
wird oft citirt), Hütten, Erasmus u. s. w. , an den allermeisten
Stellen um Pinge, die Possevin mit Kecht als spurca, obscoena et
foeda bezeichnet.
50. Der Index Sixtns' V. vom J. 1590.
Am 22. Aug. 1588 ertheilte Sixtus V. der Index-Congregation
den Auftrag, eine neue vermehrte Ausgabe des Trienter Index
fertig zu stellen. Diese wurde im J. 1590 von dem Cameraldrueker
Paul Bladus gedruckt und hat den Titel: „Bulle unseres aller-
heiligsten Herrn Papst Sixtus* V. über einen verbesserten In-
dex mit seinen Regeln über das Verbieten, Expurgiren undRe-
vidiren der Bücher, sowie mit Abrogation der übrigen bisher
herausgegebenen Indices und Zurücknahme der Vollmacht, solche
anders als nach der Norm dieser Regeln herauszugeben"*).
Das Buch enthält ausser der vom 9. März 1589 datirten Bulle,
was der Titel nicht vermuthen lässt, auch den „verbesserten In-
dex mit seinen Regeln." Sixtus V. starb noch in demselben
Jahre, 27. Aug. 1590. Es scheint, dass sein Index noch nicht
versandt und in Rom selbst erst wenige Exemplare desselben
vertheilt waren. Jedenfalls wurden, ganz ähnlich wie mit seiner
Ausgabe der Vulgata. geschah, nach seinem Tode keine Exem-
plare mehr ausgegeben, vielleicht auch die bereits ausgegebenen
so viel wie möglich wieder eingesammelt und später alle Exem-
plare, die man in Händen hatte, vernichtet. So existiren nur
1) Bulla S^^' D. N. Sixti Papae V. Emendatioris indicis cum suis
regulis super librorum prohibitiono, expurgatione, & rcvisione, neonon cum
abrogationc caetcrorum indicum hactenus editorum, & rcvocatione facul-
tatis cdcndorum, nisi ad praescriptam harum regularum normam. Romac,
apud Paulum Bladum Impressorem Cameralem. M. D. XC. 60 Bl. 4. Die
Blätter sind numcrirt 1—58; dann folgt auf 2 Blättern, von denen das
erste gar nicht, das 2. mit 46 numerirt ist, der Catalogus haeresiarcharum.
502 ^ Iudex Sixius' V. 1590.
noch wenige Exemplare: Zacearia fand in Rom nur zwei, im
Römischen Golleg und in der Bibliothek des Card. Passionei.
Der Index ist weiteren Kreisen erst wieder zugänglich gemacht
worden durch einen ganz genauen Abdruck, welchen Mendham
im J. 1835 besorgt hat^).
In dem Breve Clemens' VIII. vor seinem im J. 1596 publi-
cirten Index heisst es:
„Sixtus V. hat, nachdem er den Kegeln viele nöthige Erläute-
rungen und Zusätze beigefügt, verordnet, dem Index einige andere
Bücher derselben Art [verderbliche Bücher, die nach Plus IV. er-
schienen oder diesem unbekannt geblieben waren] beizufügen. Da
aber Sixtus starb, ehe die Sache vollendet war (re minime ab-
soluta), so haben Wir . . . das, was schon längst in nützlicher
Weise begonnen und von vielen lange gewünscht war, jetzt ganz
zu vollenden und zu veröffentlichen beschlossen und demgemäss den
Cardinälen der Index-Congregation . . . alles, was von Sixtus, wie
gesagt, angeordnet war (instituta erant), zur sorgfältigen Prüfung
überwiesen, und es ist, sehr fleissig revidirt, endlich vollendet (ab-
soluta) worden.**
Das klingt so, als ob der Index Sixtus' V. nicht nur noch
nicht förmlich publicirt, sondern auch noch nicht fertig gedruckt
gewesen wäre, und manche curialistische Schriftsteller haben
wirklich die Sache so dargestellt. Andere, welche den Sach-
verhalt kannten, gehen darüber mit diplomatischen Wendungen
hinweg. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Index Sixtus' V.
ganz dasselbe Schicksal gehabt hat wie seine Ausgabe der Vul-
gata, dass er fertig gedruckt und wenigstens zur Publication
bestimmt war, dass er aber von seinem Nachfolger zurückge-
zogen und dass dann, um die förmliche Cassirung einer päpst-
lichen Bulle zu verschleiern, in dem Breve Clemens' VIII. eine
Ausdrucksweise gewählt wurde, welche geeignet war, die
Meinung hervorzurufen, als ob die Arbeit Sixtus' V. nicht vollen-
det gewesen und unter Clemens VIII. zu Ende geführt worden wäre.
1) Index librorum prohibitorum a Sixto V., Papa, confectos et
publicatus : at vcro a successoribus ejus in sede Romana suppressus. Edente
Josepho Mendham, A. M. London 1835. 4. VI S., dann der Abdruck des
Index mit Beibehaltung der Numcrirung der Blätter, dann noch 1 BI.
Corrigcnda. Mendhams Exemplar stammt c supellectili celcbrium bibliopo-
larum Payue et Foss.
Iudex Sixtus' V. 1590. 503
Weshalb der Index Sixtus' V. dieses Schicksal gehabt, ist
nicht so genaa und sicher nachzuweisen, als weshalb seine Vul-
gata dieses Schicksal hatte. Es ist aber sehr wahrscheinlich,
dass Sixtus hier von den Vorschlägen der Index-Congregation
in ähnlicher Weise eigenmächtig abgegangen war, wie bei der
Vulgata von den Vorschlägen der mit der Revision derselben
beauftragten Commission, dass namentlich das Aufgeben der
Trienter Regeln und die neuen Regeln, die an deren Stelle
treten sollten, und das beigefügte Verzeichniss der Häresiarchen
nicht den Beifall aller Mitglieder der Index-Congregation gehabt.
Jedenfalls haben die oder doch mehrere Mitglieder derCongre-
gation und andere massgebende Persönlichkeiten in der Um-
gebung seiner nächsten Nachfolger Anstoss daran genommen,
dass einige Bücher auf den Index gesetzt waren, insbesondere
die Controversen des Jesuiten Bellarmin und die Relectiones
des spanischen Dominicaners Franz Vittoria, — beide Werke
wurden von Sixtus d. c. verboten, weil sie sich bezüglich der
Gewalt des Papstes in weltlichen Dingen massvoller aussprachen,
als Sixtus es für zulässig hielt.
Der Index Sixtus' V. ist also nicht zur Geltung gekommen,
nimmt aber in der Geschichte des Index schon darum eine be-
deutungsvolle Stelle ein, weil er in ähnlicher Weise die Grund-
lage des Index Clemens' VI IL geworden ist wie der Pauls IV.
die Grundlage des sog. Trienter.
Sixtus V. war als Cardinal unter Gregor XIII. selbst Mit-
glied der Index-Congregation gewesen. Als er dieser den Auftrag
ertheilte, den Index fertig zu stellen, gehörten zu ihr, wie aus der
Bulle hervorgeht, die Cardinäle Marcantonio Colonna, Girolamo Ro-
vere, Wilhelm Allen, Ascanio Colonna und Federigo Borromeo. In
dem Breve Clemens' VIII. vom J. 1595 werden Allen und Rovere
nicht mehr genannt, aber ausser den anderen noch Aug. Valerie,
Simeon de Talliavia (Terranova), Girolamo Bernerio (Dominicaner)
und Franz Toleto (der erste Cardinal aus dem Jesuitenorden; Bel-
larmin wurde erst 1599 Cardinal).
In den Acten der Löwener theologischen Facultät wird unter
dem 21. Dec. 1587 berichtet, es sei ein Breve Sixtus' V. verlesen
worden, worin dieser die Facultät aufgefordert, bei der Herstellung
eines neuen Index mitzuwirken ; die Faculät habe zu dem Ende
eine aus den Theologen Henr. Gravius, Joh. Clarius und Hcnr.
Cuyckius und je einem Mitgliede der canonistischen, civilrechtlichen.
504 Index Sixiua' V. 1590.
medicinischen und Artisten-Facultät bestehende Commisäion gewählt.
Ueber ihre Arbeiten ist nichts bekannt^).
Card. Albizzi (Risposta a Fra P. Sarpi p. 293) sagt: ^Sixtus
dachte daran, den auf dem Trienter Concil festgesetzten Regeln
einige Instructionen beizufügen, durch welche er dem Uebel (der
fortdauernden Bosheit der Ketzer) abhelfen zu können glaubte; aber
der Tod hinderte ihn, seine heilige Absicht auszuführen", und Cata-
lani (De Secr. Ind. p. 17): „Da Sixtus starb, ehe sein Index voll-
endet war, Hess Clemens VIII. denselben herausgeben.** In den
Anal. Juris Pontif. von 1857 (2, 2617) heisst es: „Sixtus V. hatte
sich mit der Veröffentlichung einer neuen Ausgabe des Index be-
schäftigt und wahrscheinlich Hess er dieselbe drucken. Aber alle
Bemühungen, sie wieder zu finden sind erfolglos gewesen [schon
1777 hatte Zaccaria zwei Exemplare beschrieben und 1835 Mend-
ham den Index neu drucken lassen], und man hat darum geglaubt,
der Tod habe den Papst gehindert, seinen Plan auszuführen" ; einige
Seiten weiter (S. 2634) wird gesagt, über die Frage, ob der Index
Sixtus' V. das Schicksal seiner Bibel getheilt, seien die Ansichten
getheilt, und dann wird der Aeusserung Albizzi's eine Stelle aus
M. Ruele (Saggio dell' Istoria dell' Indice) gegenübergestellt, worin
gesagt wird: der Index sei gedruckt; da er aber ebenso selten sei
wie die Sixtinische Vulgata, hätten einige gemeint, Sixtus sei vor
der Vollendung seines Werkes gestorben. Noch Heymans (p. 219)
behauptet: das Buch von Bellarmin sei nicht auf den Index, son-
dern in einen Entwurf eines Index (proposita ad ampliorem inqui-
sitionem et discussionem futuri indicis delineatio) gesetzt worden;
denn Sixtus habe keinen Index herausgegeben, da er vor Vollen-
dung desselben (opere infecto) gestorben sei. Fessler übergeht die
Sache ganz mit Stillschweigen. Die französischen Jesuiten er-
kennen in ihrer Zeitschrift (Etudes relig. 1870, V, 634) den richti-
gen Sachverhalt an.
Bellarmin selbst erzählt in seiner Selbstbiographie: er sei 1589
mit dem Card. Caetani nach Frankreich gesandt worden und habe
dort Anfangs September 1590 die Nachricht von dem Tode des
Papstes erhalten. Er fügt bei: „Sixtus war dem Cardinal und sei-
nem Secretär und auch Bellarmin aufsässig (infensus) propter in-
ventam in libris suis propositionem negantem, Papam esse dominum
directum totius mundi." Er erzählt dann weiter: 1591, unter Gre-
gor XIV. sei darüber verhandelt worden, was mit der Vulgata-
Ausgabe Sixtus' V. geschehen solle; einige hätten vorgeschlagen,
sie förmlich zu verbieten, er aber habe gerathen, die Ausgabe zu
corrigiren und dann nochmals unter dem Namen Sixtus' V. zu publi-
ciren mit einer Vorrede, in der zu sagen sei, in den ersten Ab-
druck hätten sich in Folge der eiligen Herstellung „duroh die
Schuld der Drucker und anderer" Fehler eingeschlichen; et sie,
fährt er fort, N. (d. i. Bellarmin) reddidit Sixto Pontifici bona pro
1) De Kam, Do laudibus etc. p. 34.
Bellarmin im Index. 505
inalis. Sixtas cnim propter illam propoeitionem de dominio Papae
directo in totum orbem posuit Controversias ejus in Indice 11. jtroh.
d. c; sed ipso mortuo S. Eituum [vielmehr Indicis] Congregatio
jassit deleri ex libro Indicis nonien illius^). Genauer gesagt: Nach
dem Tode Sixtus' V. (und nach Bellarmins Rückkehr aus Frank-
reich) wurde die Index -Congregation (ohne Zweifel auf Bellarmius
Betreiben) zu einem Gutachten aufgefordert. Dieses lautete: ^Nach-
dem wir auf Befehl Seiner Heiligkeit alles sorgfältig geprüft haben,
was der Pater Franciscus Victoria und der Pater Bellarmin über
die weltliche Macht des Papstes geschrieben, und nachdem wir
darin, — wir unterwerfen uns übrigens in allem dem weisen Ur-
theil Seiner Heiligkeit, — keine anstossige Neuerung gefunden,
richten wir an Seine Heiligkeit die Bitte, auf den guten ßuf dieser
Patres Rücksicht zu nehmen. Sollte übrigens auch in den genannten
Werken sich eine unvorsichtige Behauptung finden, so weiss man
doch, dass die Kirche von jeher lieber guten Schriftstellern ein Ver-
sehen nachgesehen als sie durch das Verbot ihrer Werke be-
schimpft hat" 2).
1) Vita Ven. Roberti Cardinalis Bellarmini, quam ipscmet scripsit
rogatu familiaris sui P. Eudaeraon-Jonnuis Cretensis, eruta ex scriniis
Societatis. S. 1. et a.* Das Ueftohcn wurde, als 1754 unter Benedict XIV.
zum zweiten Male über Bellarmius Seligsprechung verhandelt wurde* (schon
unter Clemens XI. 1674 war der Process eingeleitet worden), auf Veran-
lassung des Card. Passionci gedruckt und hochstehenden Personen in Rom
durch die Post zugesandt. Die Bitterkeit, mit welcher Bellarmin darin
von Sixtus V. spricht, die Naivetät, mit welcher er allerlei Händel er-
zählt, bei denen er sich ebenso wenig heiligmässig benahm wie bei der
Edirung der Vulgata, die lächerliche Selbstgefälligkeit, mit welcher er seine
Fähigkeiten, Leistungen und Tugenden herausstreicht, — er versichert
u. a., er wisse nicht, dass er jemals eine Todsünde gethan, und er habe
eigentlich nichts zu beichten gehabt, — wurden von Passionei und anderen
Cardinälen sehr kräftig gegen Bellarmins Seligsprechung geltend gemacht.
Die Voti degli . . . Cardinali Barbarigo, Casanate, Azzolini, Passionei sind
zu Ferrara 1761 und 1762* gedruckt (s. L. van Ess, Gesch. der Vulgata
S. 298); dazu gehört noch Raccolta di lettcro del Card. A. M. Quirini al
Card. D. Passionei coUa risposta alle medesime appartenenti alla causa
della beatificazione del Card. Bellarmino, Lucca 1762*.
2) In der offiziellen Historia Societatis Jesu (von Sacchini u. a.)
wird die Sache so berichtet: Sixtus habe sich durch keine Vorstellungen
der Gelehrten und der Cardinäle davon abhalten lassen, Bellarmins Werk
wegen der Lehre über die weltliche Gewalt des Papstes auf den Index zu
setzen. Vor dem Erscheinen (prodire) des auf Sixt\^' Befehl gedruckten
Index sei er gestorben und ürban VII. habe verordnet, die Ausgabe zu
506 Index Sixtus' V. 1590.
Cretineau-Jüly erzählt, der Jesuit Julian Vincent habe den
Brief des h. Ignatins über den Gehorsam, nachdem er einen Tadel
desselben durch die spanische Inquisition erwirkt, auch bei Sixtus V.
denuncirt; dieser habe den Brief einigen Theologen zur Begutach-
tung gegeben; diese hätten sehr scharf darüber geurtheilt, Bellar-
min aber den Brief vertheidigt. Dafür dass ihm Bellarmin in dieser
Sache Unrecht gegeben, habe ihn Sixtus dadurch gestraft, dass er
sein Buch de summi pontificis potestate (den 1. Band der Contro-
Versen) trotz der Vorstellungen des ganzen h. Gollegiums ['?] auf
den Index gesetzt. Die Index-Congregation habe seiner Weisung
gehorcht, aber nach seinem Tode (lorsqu'il n'exista plus) das Werk
gelobt und aus dem Index entfernt^).
Sixtus V. war überhaupt kein Freund der Jesuiten^); aber er
hatte von der Gewalt des Papstes eine so hohe Vorstellung, dass
unterdrücken und zu vernichten (supprimendam obolendamque decrcvit),
das Buch Bcll.'s aber sei durch ein sehr ehrenvolles Urtheil der Cardinäle
der Index-Cougregation von jeder Censur cutlastet worden (omni uota
liberatus). — In der von den Jesuiten herausgegebenen Biographie Bellar-
mins (von Fuligatti, übers, von Silv. Petra Saucta, 1626) wird die Sache
so dargestellt: Nonnulli (Gegner Bell.'s) re non discussa urgero atque in-
stare, quo ejus opcra inhiberentur ... et inseri catalogo doberent volu-
miuum proscriptorum. Fraudem excepit eventus, et ii, quorum iavidia in
occulto, adulatio in aperto erat, facile impetraruut, ut hoc pacto in Bel-
larmini libros saeviretur. Sed haec sacvitia vocem veritatis, quae in libris
iisdcm loquebatur, non diu afflixit. Nam excedente Pontifice, cum eo (ut
aulici sunt plerumque suorum principum iuferiae) cecidere advcrsarii
ejus, et S. Congregatio Cardinalium rcputaus injurium esse, ita damnari
eximiura virum, sponte roandavit, ex iudice probrosorum scriptorum eximi
auctorem egregium, nullo in opinionibus ejus deprehenso vitio. Mendham
p. 106.
1) Hist. des Jes. II, 259. 264. — Liguori, Theol. mor. App. ad 1. 3.
n. 24 sagt : Jure merito opusculum quoddam Bellarmini traditur fuisse ve-
titum. Damit werden nicht die Ck)ntrover8en gemeint sein, sondern das
ascetische opusculum De gemitu columbae (1617), gegen welches wegen der
darin vorkommenden Bemerkungen über die älteren Orden der Domini-
caner Dom. Gravina die Vox turturis (1625) schrieb. Dieses opusculum
ist aber nie verboten worden; Vinc. Baron, L. apol. II, 612 sagt nur:
Parum abfuit quin prohiberetur. — „Beinahe verboten" wurden auch
andere Schriften von Bell. Card. Passionei berichtet wenigstens: als er
das Buch De translatione imperii und zwei ähnliche geschrieben, seien der
Papst (Gregor XIII.) und Cardinal Sirleto gegen die Veröffentlichung ge-
wesen: gleich nach ihrem Tode (1585) habe er sie drucken lassen.
2) Hübner, Sixtus V. II, 82.
Catalogus hauresiarcharam. 507
er über Bellarmins Buch unzufrieden gewesen sein würde, auch
wenn derselbe kein Jesuit gewesen wäre, wie er denn ja auch
gleichzeitig das Buch des Dominicaners Vittoria verbot. Als Bel-
larmins Buch erschien, soll ihm der französische Jesuit Fronton le
Duc Vorstellungen darüber gemacht haben, dass er dem Papste zu
viel Gewalt in weltlichen Dingen eingeräumt; Bellarmin soll ihm
geantwortet haben : „Wärest du in Rom, so würdest du anders urthei-
len; ich musste so schreiben; es fehlte nicht viel, so hätte sich die
Inquisition mit meinem Buche zu thun gemacht/ Die Inquisition
hat also das Verbot nicht beantragt und auch die Index-Congregation
ist allem Anscheine nach dagegen gewesen, und Sixtus V. hat die
Aufnahme der beiden Bücher in den Index aus eigener Machtvoll-
kommenheit decretirt.
Francisci a Victoria (t 1546) Relectiones 13 de potestate Eccle-
siae, de pot. civili, de pot. Pontificis et Concilii u. s. w. waren
zu Lyon 1557, zu Salamanca 1565, zuletzt zu Ingolstadt 1580 er-
schienen, der 1. Band von Bellarmins Disputationes de contro-
versiis fidei ebendaselbst 1586, der 2. 1588. Den Anlass zu dem
Verbote gab das 5. Buch der im 1. Bande stehenden Disp. de
Summo Pontifice, welches von der potestas temporalis des Papstes
handelt. Bell, verwirft die Ansicht, der Papst habe nach gött-
lichem Rechte plenissimam potestatem in Universum orbem terrarum,
tum in rebus ecclesiasticis, tum in politicis, und die Ansicht, er
habe nach göttlichem Rechte keine weltliche Gewalt, und begrün-
det „die gewöhnliche Ansicht der kath. Theologen", Pontificem ut
Pontiiicem non habere directe et immediate ullam temporalem po-
testatem, sed solum spiritualem, tamen ratione spiritualis saltem
indirecte potestatem quandam, eamque summam in temporalibus,
wofür er u. a, auch Victoria citirt. In den späteren Ausgaben
wird die zweite Ansicht nicht als altera sententia, sondern als non
tam sententia quam haeresis bezeichnet, die dritte durch Anführung
neuer Auctoritäten und Argumente ausführlicher begründet.
S. ist der einzige Rom. Index, der einen Catalogus haere-
siarcharnm^) enthält. Demselben liegt der von Q. (S. 495) zu
Grunde; 15 Namen sind in diesem gestrichen, dafür aber 20 neue
beigefügt, so dass die Gesammtzahl 81 beträgt, wenn man die dop-
pelt vorkommenden Namen (Andreas Musculus und Musculus, Tho-
mas Monetarius und Thomas Muncerus und dgl.) nicht mitzählt.
Gestrichen sind u. a. Bern. Ochinus, G. Buchanan, Henr. Com.
Agrippa, Henr. Nicolaus, Jo. Carion, Petrus Ramus, beigefügt die
in der 2. Regel stehenden Balth. Pacimontanus und Gaspar Svench-
1) Catalogus Haeresiarcharum, Haeresum auctorum, eorumque qui
eas suscitarunt, seu Haorcticorum duccs aut capita extiterunt, qui ad
faciliorem intolligcutiam quartae regulac hujus indicis (diese entspricht
der 2. Trienter Regel) apponitur.
508 Index Sixtus' V. 1690.
feldius (sie), Claudius TaurinenRis, Marsilins de Padua, die Hasiten
Jac. MisnensiB alias Jacobellus, Nie. Galecus und Petrus Esdrensis
(i. e. Dresdeosis), Hermannus Kisüuik (i. e. Rijswijck, S. 61), Jo. a
Leydis, Nie. Storkius, Jac. Praepositus, endlich drei, die S. ohne-
Zweifel aus Gabriel Prateolus (de Preau), De vitis, sectis et dog-
matibus omnium haereticorum, 1569 u. s., genommen hat: Aegidius
Aquensis (Gillis van Aken), ein Wiedertäufer, der zu Antwerpen
hingerichtet wurde, aber allem Anscheine nach nichts geschrieben,
— Ludovicus Alemani, von dem Prateolus weitläufig berichtet, er
sei ein italienischer Zwinglianer gewesen, der 1566 in Lyon durch
Bekämpfung der Calvinischen Lehre Aufsehen erregt habe ^) — und
Jo. Valentinus, ohne Zweifel Jo. Val. Gentilis (Prateolus gibt den
Namen vollständig, nennt aber die Anhänger Valentinistae), der
Antitrinitarier, der 1566 in der Schweiz enthauptet wurde. Der
letzte steht merkwürdiger Weise in keinem Rom. Index, auch nicht
bei S.; die beiden ersten hat nur S. in der 1. CL, sie wurden von
Cl. gestrichen.
Der spanische Dominicaner Alfonsus Ciaconius (Chacon) war
von der Index- Congregation beauftragt, über die Unterscheidung
zwischen Häresiarchen und einfachen Häretikern ein Gutachten aus-
zuarbeiten. Dieses wurde von einem andern Spanier, Franc. Pefia,
damals Uditore der ßota in Rom, scharf getadelt, weil danach einige
Namen aus dem spanischen Verzeichniss gestrichen werden sollten.
Aus Ciaconius' Antwort (abgedruckt bei Zacc. p. 161) ersehen wir,
welche Kriterien er aufgestellt hatte: Häresiarchen seien diejenigen,
welche entweder neue Ketzereien erfunden oder alte erneuert oder
an ketzerischen Akademieen die Ketzerei vertheidigt oder in ketze-
rischen Conciliabula für die anderen das Wort geführt hätten; auf
die schriftstellerische Thätigkeit allein komme es nicht an, da man
sonst fast alle zu den Häresiarchen, nur sehr wenige zu den ein-
fachen Ketzern zu zählen habe. Wenn Pefta es tadle, dass er Henr.
Com. Agrippa nicht unter die Häresiarchen zähle, der doch zum
Lobe des Ehebruchs geschrieben, so bemerke er, dass letzteres nicht
wahr sei, da Agrippa nur zwei Declamationen von Andocides und
Demades übersetzt habe, von denen die eine für, die andere gegen
den Ehebruch spreche. Wenn Pefia hervorhebe, dass die Spanier
nach reiflicher Ueberlegung und nach Befragung der Löwener Uni-
versität ihr Verzeichniss aufgestellt, so erinnere er daran, dass man
in Spanien manches von dem, was in Belgien von einer Commission
von Bischöfen und Theologen und mit königlicher Auctorität fest-
gesetzt worden , ausser Acht gelassen und Seb. Münster, Stephan
1) Also nicht der als Verfasser des Lehrgedichtes über den Land-
bau bekannte Luigi Alemani, der schon 1556 in Frankreich starb. Gre-
gorovius 8, 344. Nie. 13, 53. Seine 1532 erschienenen Opcre toscane, worin
auch Icggiadre poesie, sind nach Mazzuchelli unter Clemens VIII. in Rom
verbrannt worden.
Catalogas haeresiarchaionn. 509
Dolet und Jo. Carion unter die Häresiarchen gesetzt, die man in
Belgien als einfache Ketzer angesclien, da man Schriften von ihnen
expurgirt habe. — Interessant ist in Ciaconius' Schreiben folgender
Passus, der zeigt, wie man sich in Rom das Verhältniss der spani-
schen Inquisition zur Curie dachte: ,,I)ie Römische und die spani-
sche Inquisition haben denselben Zweck, die Erhaltung der katholi-
schen Religion. Es besteht unter ihnen nur der Unterschied, dass
jene übergeordnet, diese untergeordnet (illa praeest, ista subest),
jene die Mutter, diese die Tochter, jene die Sonne, diese der Mond
ist, der von jener sein Licht erhält. In Spanien waltet der Geist
des Elias, in Rom der doppelte Geist des Elisäus. . . . Die Spanier
haben die Bücher vieler katholischen und ketzerischen Schriftsteller
expurgirt, von denen man in Rom bei einer nochmaligen Prüfung
erkannt hat, dass sie von Irrthümorn wimmeln, die man in Spanien
übersehen. . . . Wenn die spanische Inquisition einen Beschluss und
die Römische einen entgegengesetzten fasst, wirst du doch als guter
Katholik den letztern anerkennen.*' — In Spanien dachte man frei-
lich anders. Die spanische Inquisition hat auch in der Folgezeit
eine gewisse Unabhängigkeit von der Römischen Index-Gesetzgebung
bewahrt, und wenn der Cardinal Albizzi einmal behauptet: sie
nehme mit pünktlichem Gehorsam alle päpstlichen Constitutionen in
Glaubenssachen an und führe alle Befehle des Papstes aus^), so ist
das bezüglich des letztern Punktes, wie viele Fälle zeigen, eine Ver-
wechselung dessen, was die spanische Inquisition nach der curia-
listischen Anschauung hätte thun sollen, mit dem, was sie that.
Man wird übrigens Ciaconius nicht* für alle Thorheiten des
Häresiarchen- Verzeichnisses verantwortlich machen dürfen; wahr-
scheinlich hat Sixtus V. selbst manches hineincorrigirt. Als man
sich unter Clemens VIII. mit der Ausarbeitung eines neuen Index
beschäftigte, wurde in der Congregation (im Sept. 1592 und im
Juli 1596) auch über die Fragen verhandelt, ob man das spanische
Häresiarchen- Verzeichniss aufnehmen oder ein neues anfertigen solle;
man beschloss, es solle bei der 2. Trienter Regel sein Bewenden
haben ^). »
In der Bulle, die vor dem Index steht, sagt Sixtus nach
einer geschichtlichen Einleitung: die Cardinälc der Index-Con-
gregation hätten mit Zuziehung frommer und gelehrter Männer
einen Index ausgearbeitet, der viel reichhaltiger sei und zahl-
reichere und klarere Regeln enthalte als der von Plus IV.; er
selbst habe denselben sorgfältig geprüft und beschlossen, ihn zu
veröffentlichen. Alle anderen bisher an irgend einem Orte kraft
irgend welcher Autorität, auch die von früheren Päpsten heraus-
1) Risposta a P. Paolo Servita p. 282.
2) Zacc. p. 166. 168.
510 Index Sixtus' V. 1590.
gegebenen Indices hebe er hiermit auf und verordne, dass der
neue Index allein als „Norm, die von dem apostolischen Stuhle
vorgeschrieben sei, von welchem alle Gesetze für das richtige
<
Denken, Glauben und Lehren für die ganze Kirche auszugehen
hätten'^ angesehen werde. Niemand solle fortan, auch kein
Collegium und keine Universität ohne Genehmigung des apostoli-
schen Stuhles anders als gemäss den neuen Regein Bücher ver-
bieten oder einen andern Index verbotener Bücher herausgeben
oder Anordnungen über Expurgation von Büchern treffen. Alle
bisher in dieser Hinsicht ertheilten Vollmachten seien zu-
rückgenommen. Nach der in üblicher Weise erfolgten Anheftung
der Bulle solle sie in einem Monate in Rom, in drei Monaten in
Italien, in sechs jenseits der Berge jedermann so verpflichten,
als ob sie ihm persönlich intimirt wäre.
Die 10 Trienter Regeln werden durch 22 neue ersetzt.
Manche Bestimmungen derselben stimmen inhaltlich im wesent-
lichen mit den Trienter überein; von einigen Modificationen
derselben war bereits §30 die Rede. Von den neuen Bestim-
mungen sind manche in anderer Form in den Index Clemens'
VIII. übergegangen. Bemerkenswerth sind folgende:
1. Wer die Bücher oder Schriften der h. Väter, die den
Glauben und die Sitten betreffen und von der Kirche bisher ange-
nommen worden sind, nicht anerkennt, soll mit den im Rechte fest-
gesetzten Strafen bestraft werden.
2. Weil aber eben diese heiligen Lehrer, entweder weil sie
vor dem Auftauchen der Ketzereien oder weil sie, um die auf-
tauchenden Ketzereien zu bekämpfen, [geschrieben], von Glaubens-
eifer entzündet, mitunter Ausdrücke gebraucht haben, welche später
die Kirche Gottes, vom h. Geiste belehrt, verworfen hat, so soll
es fortan niemand gestattet sein, diese beizubehalten oder zu ge-
brauchen ; den heiligen Lehrern selbst aber soll, weil sie dergleichen
nicht in der Absicht, sich von der katholischen Kirche zu entfernen,
geschrieben, die gebührende Achtung gezollt werden (vgl. die In-
struction Clemens' VIII. II, 4).
4. Von den Häresiarchen wird alles verdammt, was sie unter
irgend einem Namen geschrieben, mag es über Religion oder über
irgend einen andern Gegenstand handeln und bevor oder nachdem
sie in Ketzerei gefallen, herausgegeben worden sein. Desgleichen
auch die Sätze derselben, welche unter ihrem Namen in die Bücher
von Katholiken aufgenommen worden sind, falls sie nicht zum
Zwecke der Bekämpfung derselben angeführt werden. Desgleichen
werden ihre Bilder, Lobsprüche auf sie und alles Aehnliche durch-
Regeln. 611
aus verboten, damit ihr Andenken aus der Gemeinde der Gläubigen
völlig ausgetilgt werde (vgl. S. 453).
9. Thesen, Behauptungen oder Axiome oder Probleme und
anderes der Art, auch solche, die nur zur Uebung des Geistes oder
zum Zwecke der Disputation oder aus einem andern Grunde auf-
gestellt werden, werden, wenn sie der Lehre der h. Väter, dem
orthodoxen Glauben und der christlichen Frömmigkeit zuwider sind,
aus welcher Wissenschaft sie auch entnommen sein mögen, durchaus
verboten. Sind dieselben von Ketzern gesammelt, so werden sie,
auch wenn sie in keiner Weise dem Glauben zuwider sind, mit
Rücksicht auf den den Ketzern gebührenden Abscheu (in haereti-
corum detestationem) verboten, wenn nicht deren Namen gestrichen
werden und der Name dessen, der sie gestrichen, angegeben wird.
10. Bücher der neueren Griechen, mögen sie griechisch ge-
schrieben oder ins Lateinische übersetzt sein und mögen sie was
immer für einen Namen, Titel und Inhalt haben, werden, wenn sie
ex professo gegen irgend ein Dogma, einen Artikel, einen Ritus
oder die Disciplin der katholischen Kirche geschrieben sind, durch-
aus nicht gestattet. (Von Clemens nicht aufgenommen. Thatsäch-
lich stehen auffallend wenige Schriften von Griechen im Index; in
der 1. Gl. stehen nur Leo Achrydanus und Marcus Ephesius, in der
2. Nilus Thessalon., Laonicus Chalcondylas und Theodorus Prodromus,
und in der Expurgation der Bibliotheca Patrum bei Bras. werden
einige Griechen wohl als schismatici, impii u. dgl. bezeichnet, aber
nur mit Caute lege oder Antidota versehen, wie Gregorius Palamas,
Georgius Pisida, Balsamon).
15. Duell-Bücher, Briefe, Broschüren, Schriften u. s. w., in
welchen die Duelle vertheidigt, angerathen und gelehrt werden,
werden verboten, wie auch der abscheuliche Gebrauch der Duelle
von dem Trienter Concil verboten ist. Wenn aber solche Bücher
zur Beilegung von Controversen und zur Wiederherstellung des
Friedens dienen können, werden sie, nachdem sie gereinigt und
approbirt sind, gestattet. (Diese Bestimmung steht in kürzerer Fas-
sung auch bei Q,. , bei Clemens VIII. im Index unter D, seit Ben.
in den Decreta gen. II, 7. Fontanini II, 397 verzeichnet viele
Bücher der Art unter Filosofia cavalleresca und erwähnt p. 335.
407, dass Plus V. dem Girolarao Muzio durch ein Breve gestattet
habe, seine opere cavalleresche und Schriften über religiöse Dingo
nach vorheriger Prüfung durch den Mag. S. Pal. oder die Inquisi-
tion drucken zu lassen).
16. Alle Bücher, welche ohne den Namen ^es Verfassers
oder unter dem Namen eines andern in Umlauf sind, sollen in Zu-
kunft nicht herausgegeben, die schon herausgegebenen sollen emen-
dirt und mit dem Namen des Correctors oder Revisors bezeichnet
werden. Fortan sollen keine Bücher, welchen Namen oder Titel
sie auch haben mögen, ohne den Namen eines bestimmten Verfassers,
Approbators oder Revisors und ohne Angabe des Ortes und der Zeit
des Druckes herausgegeben werden (ähnlich die Instruction Cle-
mens' VIII. Iir, 1); widrigenfalls sollen sie als heterodoxe Bücher
512 Index Sixtus' V. 1590.
angesehen werden. Noch nicht gedruckte Schriften sollen nicht von
einer Hand in die andere gegeben werden, wenn sie nicht zuvor
mit dem Namen des Verfassers versehen oder in Rom von der
Index -Congregation revidirt und von dem Magister Sacri Palatii
unterschrieben, an anderen Orten von den Inquisitoren und Ordi-
narien, oder in Universitätsstädten von dem Bischof und dem Decan
[der Universität] approbirt worden sind. Uebrigens werden solche
Bücher von unbekannten Verfassern, welche vor dem J. 1515 ge-
druckt und in der Kirche in Gebrauch sind, gestattet.
Die umfangreichen Regeln 18 — 21 enthalten im wesentlichen
die Bestimmungen der 10. Trienter Regel über das Drucken von
Büchern. Was Sixtus beigefügt hat, ist meist in die betreffende
Instruction Clemens' VIII. übergegangen. Eigenthümlich und von
Clemens VIII. nicht aufgenommen ist folgendes: Wo in der 18.
Regel von der Büchercensur die Rede ist, wird von Rom gesagt:
„von wo, wie aus einer Quelle, aller rechte Bücherdruck zu den
übrigen Provinzen und Gegenden hinströmt". In derselben Regel
wird ein Formular für die Approbation eines Buches angegeben.
In der 19. Regel wird bestimmt: „Die heiligen [biblischen] und
kirchlichen [wohl die liturgischen] Bücher sollen nicht an jedem
beliebigen Orte, sondern in grösseren Städten, wo sich ein Inqui-
sitor, eine Universität und Censoren befinden, gedruckt werden, und
nicht von jedem beliebigen Drucker, sondern nur von hervorragen-
den, die von den Oberen als rechtgläubig, zuverlässig und in ihrer
Kunst erfahren anerkannt und vereidet sind. Dem Drucke sollen
Vaticanische Drucke, sobald solche erschienen sind, zu Grunde ge-
legt werden.'' In der 20. Regel wird bestimmt: „Niemand darf
ein verbotenes Buch zerreissen oder verbrennen; er hat es in Rom
an den Magister S. F., an anderen Orten an den Ordinarius und In-
quisitor oder den Decan der Universität abzuliefern, und diese haben
an den Abliefernden die geeigneten Fragen zu stellen", femer :
„Bücher, deren Gebrauch den Gläubigen verboten ist, dürfen auch
Juden, Ungläubige und andere derartige Menschen, die in christ-
lichen Provinzen oder Orten leben, nicht haben, lesen, kaufen, ver-
kaufen, cxportiren. Wenn einer von ihnen sich gegen diese Be-
stimmung verfehlt, soll er von den Vorbesagten (Magister S. P.,
Ordinarius u, s. w.) je nach der Grösse der Schuld bestraft werden."
In der 21. Regel wird bestimmt: „Bibeln, Schriften der h. Lehrer,
Bücher der Decrctalen und kirchengeschichtliche Bücher, die von
Ketzern oder anderen schlechten Menschen corrumpirt oder depravirt
sind, dürfen nur in Rom von der Index- Congregation oder anderen
vom h. Stuhle deputirten Personen, von niemand ausserhalb Roms
expurgirt werden". Femer wird in der 21. Regel die am Schlüsse
der 10. Trid. Regel stehende Bestimmung, dass diejenigen, welche
häretische Bücher lesen oder haben, ipso facto der Excommunication
verfallen sollen, dahin verschärft, dass von dieser Excommunication,
von dem articulus mortis abgesehen, nur der Papst absolviren könne,
Die Regel schliesst mit dem Satze: „Damit niemand bei einer so
wichtigen Sache Unwissenheit vorschütze, wollen Wir, dass die
ßrste Ciasde. ßlä
Buohbändler , bei den von den Bischöfen und Inquisitoren zu be-
stimmenden Strafen, diesen Unsern Index bei sieb haben; dieUebri-
gen aber, welche aus anderen Ursachen Bücher haben, fordern Wir
im Herrn auf und ermahnen Wir, zur Vermeidung von Ueber-
tretungen diesen Index zu haben und zu lesen."
Im Index finden sich seit S. die allgemeinen Verbote : Agenda
seu formulae precum aut officia haereticorum und Kalendaria omnia
(Cl. hat beigefügt : ab haereticis confecta), in quorum corpore nomina
haereticorum recensentur. Seit Ben. stehen sie in den Decreta gen.
I, 1 und 5, das letztere in der Form: Calendaria, martyrologia ac
necrologia haereticorum.
In dem Index selbst hat Sixtus in der 1. Glasse reichlich
doppelt so viele Namen als Plus IV. (unter A, B und C hat
dieser 93, Sixtus über 200 Namen). Er hat mit sehr wenigen
Ausnahmen alle beigefügt, die er in dem Münchener und dem
Quiroga'schen Index fand, femer in ähnlicher Weise das Lexicon
von Frisius benutzt wie Paul IV. das von Gesner, — etwa 140
Namen stammen aus Frisius, — und endlich auch einige Frank-
furter Messcataloge, jedenfalls die von 1583 — 1587, in ähnlicher
Weise ausgebeutet wie der Münchener Index. Nur sehr wenige
Namen sind nicht aus diesen Quellen geschöpft. Auch die 2.
und die 3. Classe sind von Sixtus bedeutend vermehrt, die 2.
namentlich durch die Aufnahme von Schriften katholischer Ver-
fasser mit d. c. (unter A, B und C hat der Trienter Index 16
Schriften in der 2., 88 in der 3. Cl., Sixtus 88 und 177). Auch
hier sind Quiroga (in einigen Fällen auch direct der Antwer-
pener und der Lissaboner Index) und die Messcataloge seine
Hauptquelle gewesen. Dass manches, was in Trient in dem
Index Pauls IV. gestrichen war, durch Sixtus wieder eingesetzt
wurde, ist schon früher erwähnt worden.
Die ungeschickte Benutzung des Frisius und der Mess-
cataloge hat zur Folge gehabt, dass nicht nur viele ganz unbe-
deutende Schriftsteller, auch einige, die in den Messcatalogen
nur als Respondenten bei Disputationen genannt werden, son-
dern auch eifrige Katholiken in die 1. Classe kamen und, wie
z. B. der polnische Erzbischof Andreas Gritius und der Regens-
burger Weihbischof Caspar Macer, noch jetzt darin stehen.
1. DasB unter den 140 Autoren, die S. ausFris. aufgenommen,
manche sind, die nur ein oder wenige ganz unbedeutende und harm-
lose Schrift eben verfasst, ist selbstverständlich. Neben den Deut-
Reuflch, Index. 33
514 Index Sixias' V. 1590.
Bchen sind bei Fris. mit Hülfe von Jo. Balaens besonders die Eng-
länder sehr stark vertreten, deren auf diese Weise dnrch S. viele in
den Index kamen, jetzt (1590) auch manche, die wir in den engli-
schen Indices aus dem dritten und vierten Decennium kennen ge-
lernt haben. Mit Einschluss der bereits im Tr. stehenden werden
der Engländer bei S. gegen 100 sein. Darunter sind natürlich viele,
die nur eine oder einige Broschüren, Predigten oder dergleichen ge-
schrieben oder nichts Theologisches, wie Jo. Caius, der Arzt John
Kaye, einer der Gründer des Cajus-College in Oxford, von dem es
übrigens nicht einmal feststeht, dass er nicht Katholik geblieben^).
Durch S. ist auch Anna Askew (Ascough) in die 1. Cl. gekommen,
— die einzige Frau neben der Magdalena Ueymairin, — von der
Fris. berichtet, sie habe eigenhändige Berichte über ihre Verhöre
hinterlassen (sie wurde 1546 hingerichtet), die Balaeus herausge-
geben*). Sie heisst bei S. Anna a Skeve, bei Cl. und in den fol-
genden Indices Andreas a Skeve, seit Ben. Anna Askeve. — Unter
den Franzosen, die aus Fris. durch S. in die 1. Cl. gekommen, ist
auch Antonius Pocquius, — erst Ben. hat den richtigen Namen,
früher hiess er im Index A. Paquius, — von dem Fris. sagt, eine
conoio von ihm stehe in Calvins Schrift gegen die Libertiner. In
der Schrift Coutre la secte fantastique des libertins, 1545 (Opp. VII,
226), führt Calvin als je ne sais quel brouillon de M. Ant. Pocque
einige Spalten von ihm an. — Den Musikern Joachim von Burgk
und Hermann Fink (in der 2. Cl.) wurden aus Fris. zugesellt: Jo.
Steurlin und Matthaeus Ludtke (Ludecus), die aber freilich ausser
Noten auch einige unbedeutende deutsche Schriften haben drucken
lassen.
Nicht nur Schriftsteller aus der ersten Hälfte des 16. Jahrb.,
wie viele Engländer und Lud. Berquin, sondern auch mittelalter-
liche sind erst durch S. aus Fris. in den Index gekommen. So
mehrere Wyclef fiten (S. 37), ferner Leo Achrydanus, Leo von
Achrida in der Bnlgarei, der mit Michael Caerularius den Brief an
Job. von Trani schrieb, in welchem dem ganzen Abendlande der
Fehdehandschuh hingeworfen wurde ^), von dem aber sonst nichts
gedruckt ist (Michael Caerularius kam nicht in den Index, weil er
nicht bei Fris. steht, während er von Leo sagt, er habe una cum
Niceta(!) contra Romanos de azyma, sabbatho et nuptiis sacerdotum
geschrieben), — und Petrus Cassiodorus, von dem Fris. sagt: Italus
c. 1302, scripsit monitorie ad Anglorum ecclesiam, ne amplius ferrent
Rom. Pontificis tyrannidem, librum unum*).
1) Niceron 20, 6. Clement VI. 44. Frey tag, Anal. 180.
2) Select Works of John Bale, Bp. of Ossory, Cambr. 1849, p. 135.
Gerdas, H. R. IV, 334.
3) Hefele Conc.-Gesch. IV, 727. Baron, a. 1053, 23.
4) Abgedr. bei Flacius, Catal. 193 (er nennt sich hier Petrus filiua
Cassiodori, miles cath.).
Erste Glasse (Katholiken). 615
Die Katholiken, welche in Folge von — theilweise nicht ver-
zeihlichen — Missverständnissen aus Fris. in die 1. Cl. gerathen,
sind folgende: Andreas Critius Polonus, von dem Fris. anführt:
Encomia de Luthero cum aliis quibusdam impr. sunt Wittenbergae.
Das konnte allerdings zu der Vermuthung Anlass geben, dass es
sich um einen Lobredner Luthers handle. Hätte man aber zu
Sixtus' V. Zeit ebenso sorgsam wie unter Paul IV. Cochläus De
actis Lutheri gelesen, so würde man aus f. 111 gesehen haben, dass
A. Critius Bischof von Przemisl, später von Plock, zuletzt Erz-
bischof von Gnesen und ein eifriger Gregner Luthers war, wie denn
auch seine Encomia Luteri ibq ^k Tpmoboq, eine Spottschrift auf
Luther sind. Auf dem Titelblatt steht unmittelbar dahinter An-
dreae Cricii Episcopi Premis. in Luterum oratio . . . S. 1. 1523*
(8 Bl. 4). — Von Jo. Avicinius führt Fris. an: Chronologia
evangelica, h. e. summa chronicorum novorum evangelicorum de ori-
gine, progressu et fructibus novi christianismi, germanice rhytmis
conscripta, Ingolst. 1570. Hier hätte doch, wenn nicht der Titel,
80 der Druckort die Gelehrten der Index-Congrcgation stutzig machen
müssen^). — Jo. Richardus Osanaeus war Professor in Ingol-
stadt, später Assessor am Reichskammergericht, — er hat einige
juristische Sachen geschrieben^), — jedenfalls Katholik. Manscheint
ihn mit dem bei Fris. unmittelbar nach ihm stehenden Jo. Richar-
duB, J. C. et mathematicus Argentinensis, verwechselt zu haben, der
Melanchthons Declamationes neu herausgegeben. Bei Ben. steht Ri-
chardus, Jo., als ob jenes der Zuname wäre, aber mit dem Zusätze
Ossanaeus, so dass auch hier nur jener gemeint sein kann. — Mi-
chael Hager wird von Fris. ganz deutlich als Professor der Theo-
logie in Freiburg und Verfasser von zu Ingolstadt gedruckten Streit-
schriften gegen Jakob Heerbrand bezeichnet. — Von Gaspar
Macer wird bei Fris. eine deutsche Schrift Evangelicae quaestiones
ex variis libris M. Lutheri diligenter collectae angeführt, aber als
Druckort Ingolstadt angegeben und Macer als Weihbischof von
Regensburg bezei(;hnet. Er war ein eifriger Gegner der Lutheraner^).
2. Da in den*Nund. die protestantischen und die katholischen
Theologen gesondert verzeichnet werden, so würde S. vor dem Feh-
ler, aus den Nund. Katholiken in den Index aufzunehmen, bewahrt
geblieben sein, wenn er sich an die protestantisch-theologische Ab-
theilung gehalten hätte. Er hat aber hier und da auch die anderen
Abtheilungen angesehen, und so fand er unter den Libri poetici:
1) Die Schrift von Avicinius (Vogelgesang) heisst: Chr. ev., d. i.
ein Bummar. Auszug der neu-evangelischen Chroniken, darin der Anfang,
Erweiterung und Früchte des neuen Christenthumbs, wie es Dr. M. Luther
selbst gepflanzt hat, ordentlich beschrieben und ... in lustige Reymen
gestellet (76 Bl. 8.), mit einer Vorrede von J. Nass. Godeke, Grundr.
§ 163, 9.
2) Schulte, Gesch. III, 127. 3) Kobolt S. 421.
516 Index Sizins^ V. 1590.
Jüliannm Hospitale arte rara, singulari pietate immensoqne samtn a
Rev. etc. Principe ac Dno. Jnlio Del gr. Episc. Wirceburg.
in usus panperum extructum, carmine adumbratum a M. Martino
Lochandro Gorlicensi Silesio, Wirceb. 1585. Wie er den Poeten
für einen Protestanten und sein Gedicht für ein glaubensgefähr-
liches bat balten können, ist nicbt zu erklären; er bat ihn aber mit
vollem Namen und Bezeichnung der Heimath in die 1. Cl. gesetst,
wo er noch jetzt steht.
Aus den Nund. sind, wie im Mon., so auch bei S. ziemlich
viele Schriftsteller aufgenommen, von denen nur eine unbedeutende
Schrift verzeichnet ist, z. B. Conradus Neander Bergensis: Hebräi-
sche Uebersetzung der sonn- und festtäglichen Episteln, 1586, —
Greg. Perlitius : Introductio methodica in passionem et mortem J. C.
u. s. w., Görlitz 1583, — Jo. Amplia : Oratio qua Christi duae naturae
u. s. w., Altdorf 1584, — Melchior Neofanius (im Ind. bis Ben.
Neofarius) : Catalogus episcoporum Halberstad., 1586, — Michael
Scrinius Dantiscanus : Precatiunculae, 1583, — Seb. Figulus: Genea-
logia Christi secundum recentiorum theol. annotationes correcta»
Frcf. 1584, in mappa, — Simon Gediccus : Orationes duae de lingoa
hebr., 1583. — Eine der komischsten Bereicherungen hat die l.CL
durch S. dadurch erhalten, dass er von den Titeln einer Anzahl
von akademischen Disputationen die Namen der Respondenten abge-
schrieben, die bekanntlich durchweg an der Abfassung der betref-
fenden Abhandlung ganz unschuldig waren und von denen mitunter
ausdrücklich gesagt wird, dass sie nicht die Verfasser seien, wie
z. B. bei einer Heidelberger Disputation von 1586: Problema de
beatis angelis . . . Authore Jo. Jac. Grynaeo, respondente Abraham
a Muushole Antwerpiensi. Der Hespondent steht, freilich als Abr.
de Munsholt Antw., (noch jetzt) im Index. Andere Respondenten,
die auf diese Weise durch den Index verewigt worden (von
keinem derselben verzeichnen die Nund. oder Fris. irgend eine
Schrift), sind : Georgius Grynaeus Bodicenus (Tüb. 1586), Henr.
Boethius (Heimst. 1586), Martinus Helling (Heid. 1586), Otto Gry
phius Goarinus Cattus (Tüb. 1587), Valentinus Hesener (Herbom
1586), Vitus Moller (Ttib. 1587). Auch ein Verfasser (?) von me-
dicinischen Thesen ist durch S. in den Index gekommen: Enocus
Saracenus Genevensis, von dem die Nund. Theses de humorum ne-
cessitate et proximis humani corporis principiis, Heid. 1587, ver-
zeichnen. — Für Martinus Helling hat Ben. Mauritius Helling
(recte Heling) substituirt, der bis dahin nicht im Index stand, ob-
schon er bei Fris. steht ^).
Ben. hat noch einen zweiten Respondenten aus dem Index
hinausgeworfen. Die Nund. von 1586 verzeichnen eine Tübinger
Disputatio de coena Domini, praeside Jac. Andrea, resp. Christoph.
Freijo Passaviensi, Illustrium Stiriae Procorum Concionatore. Nun
setzte S. in die 1. Cl. Chr. Ireyus Passav. und dieser behauptete
1) A. D. B. 11, 690.
Erste Classe. 517
Beinen Platz bis 1758; da substituirte Ben. für ihn Chr. Irenaeus,
der allerdings ein bedeutenderer Schriftsteller war^) und im Mon.
stand, aber von S. Cl. nicht aufgenommen war. Das diesem gar
nicht zukommende Epitheton Passaviensis liess Ben. stehen.
Viele andere, die in den Nund. als Kespondenten von theolo-
gischen Disputationen figuriren, hat S. allerdings nicht aufgenommen;
aber zur Abwechselung hat er mitunter Disputationen mit Weg-
lassung der Namen des Praeses und des Eespondens in die 3. Cl.
gesetzt. So ist Disputatio de festo corporis Christi ohne Zweifel
Theses Tubingenses de F. c. C. authore et praes. Jac. Heerbrando
1584, Disp. de peccato originis die in den Nund. unmittelbar da-
vor stehende Disp. . . auth. et praes. Jacobo Andrea, Tüb. 1584,
Disp. de ministerio verbi die auch in den Nund. ohne Namen des
Verfassers (Th. Schnepf) verzeichnete Tübinger Disp. von 1582, und
mit Disp. de poenis wird es sich ähnlich verhalten.
Die deutsche Abtheilung der Nund. hat S. viel weniger stark
ausgebeutet als Mon. ; indess sind aus dieser z. B. aufgenommen :
Jac. Kolch (so noch jetzt, es ist Jac. Kelch): Kurtze Predig über
das Evang. am 22. Sonnt, nach Trin., 1583, — Jac. Peregrinus:
Vermahnung an die, so begehren dess Abendtmals u.s.w., Grörlitz 1579,
— Jac. Pandocheus : wohl nicht wegen der „kurtzen einfeltigen und
doch christl. TauflFpredig"*, 1585, sondern wegen „Theatrum doctri-
nae papisticae, d. i. Spiegel dess gantzen Bapstthumbs'^, 1586, im
Index, — Matthias Ritter: Predigten, 1584; — Michael üranius:
Grundtfest dess h. Catechismi, 1587.
Palatinus Kednadod, erst seit Ben. wie bei Fris. Pal. Kedna-
don a Straswick, ist ein angenommener Name, unter dem Pantaleon
Candidus (Weiss) einen Dialogus de unione personali u. s. w., Genf
1583, veröffentlichte-). Von Pant. Candidus kamen sonst erst 1605
zwei geschichtliche Schriften in den Index. Auch Keinholdus Mar-
canus Westphalus ist ein angenommener Name. Die Vorrede der
Conquestio de quibusdam nunc theologis rhythmis expressa, Leyden
1582 (über den Abendmahlsstreit), ist von Adolf Berg unterzeichnet
und von (Hohen-)Siburg (in der Mark) datirt^).
Zwei Schriftsteller, von denen S. wahrscheinlich den ersten
auch aus den Nund., den zweiten aus Fris. kennen gelernt, hat er
"nicht in die 1. Cl. gesetzt, aber in der 2. ihre sämmtlichen Werke
verboten: Jo. Drusius und Jo. Thomas Phreigius. Bei dem 1. hat
Cl. d. c. beigefügt; seine meisten und bedeutendsten Schriften, auch
die Streitschriften gegen den Jesuiten Serarius, sind freilich erst
nach 1596 erschienen ; im Rom. Ind. wurde aber an dem Verbote
von Cl. nichts geändert. Bei Sot. steht er in der 1. Cl. und füllt
die Expurgation seiner Schriften 10 Folioseiten, während von den
zahlreichen philosophischen, philologischen und juristischen Schriften
1) A. D. B. 14, 582. 2) R.-E. 3, 128,
8) Fabricius, Eist. Bibl. III, 885.
518 Index Sixtus' V. 1590.
von Freigius viele einfach freigegeben, andere nur wenig expurgirt
werden.
Manche aus Fris. oder den Nund. entnommene Namen sind im
Eöm. Ind. entstellt und erst durch Ben. grösstentheils berichtigt:
Ant. Ghelbius (in einigen Indices Ghelbinus) Linconiensis (daneben
bei S. Ant. Gilby) ist Ant. Gilby, Bischof von Lincoln; Georgius
Toye = G. Joye, Marcus Andreas Falkhembergerus = M(ag). An-
tonius Franckenberger, Moyses Pelacherus = M. Pflacher, Nie. Les-
serus = Nie. Lessaeus, Oswaldus Betus = 0. Berns, Primu« Tu-
berus = P. Trüber, Quirinus Beuterus = Q. Reuter, Rodulphus
Radolif = R. Radclif., Thomas Copperus = Th. Cooper, Thomas
Gottisfordus ^ Th. Cottisford, Wolfg. Ampelandaeus = W. Am-
pelander. — Antonius Sadeel, — unter dieser hebraisirten Form seines
Namens schrieb Ant. Chandieu, — steht auch als Sadaellus Antonius
bei S., Georg Sohn auch als G. Shon, Phil. Heilbrunner auch als
Phil. Delbrunnerus. Theodorus Neogeorgus (seit Ben. Naog.) wird
identisch sein mit Thomas Naogeorgus. Jo. Dausus (bei Cl. vel
Dousa) nannte sich Janus Dousa. — Einige Druckfehler stammen
aus den Nundinae: Franc. Burgovius (noch jetzt) ist F. Burgo-
nius (Bourgoing); die Nund. verzeichnen eine lateinische Ueber-
setzung seiner Erklärung des Calvin*schen Katechismus. Wolfg.
Camling, von dem in den Nund. 1587 eine Predigt verzeichnet wird,
ist verdruckt für W. Amling.
Einige Engländer, die seit S. in der 1. Cl. stehen, finden sich
nicht bei Fris. und in den Nund., sind also S. anderswoher bekannt
geworden : die Bischöfe Bentanus Anglus (seit Ben. Thomas Bent-
ham), Edmundus Grindalhis, Pilkinton pseudo-episcopus (seit Ben.
Jac. P.), Robensonus Baugar. (seit Ben. Nie. Robinson Bangoriensis),
Sandes Wigorn. (seit Ben. Edwin Sandys seuSandus), Scamblerus Petro-
burg. (seit Ben. Edmundus Sc), ferner Bullingamus Anglus (seit Ben. Jo.
BuUingham), David Whitedus, Guil. Colus, Guil. Hieron, Guil. Wide-
phus, Jo. Calfildus (seit Ben. Jac. Calfhillus), Lud. Evans u. s. w.
Unauffindbar sind für mich u. a. Filis Pastor in Austria und
Filis Pastor Halberstadiensis.
3. Ganz überflüssig stehen, da die Autoren in der 1. Cl.
stehen, in der 2. Cl. Postillae Draconitis per annum (aus Nund. 1573)
und Georgii Nigrini conciones ; Ben. fügt bei in Apocalypsin ; es
wird die nur deutsch erschienene „ Auslegung der Ofl^. Joh. in 60
Predigten sammt den zugethanen Figuren mit lat. und deutschen
Versen geziert, 1573", gemeint sein. — Rationell ist es dagegen,
wenn von einem Auetor 1. cl. ein nicht theologisches Buch in der
2. Cl. speciell unbedingt oder mit d. c. verboten wird, wie von Joa-
chim Curaeus die Annales gentis Silesiae, 1571, von Clemens Schu-
bert Liber (erst seit Ben. richtig Libri IV) de scrupulis chronolo-
gorum (. . . editi cum praef. Dav. Chytraei, 1575) d. c. (er hat
freilich sonst nichts geschrieben und ist um eben dieses Buches
willen im Mon. und dann durch S. in die 1. Cl. gekommen); von
Hartmann Schopper Panoplia omnium illiberalium, mechanicarum aut
sedentariarum artium u. s. w. (1568) d. o.
Dritte Classe. 519
Wenn S. in der Eegel von den Biichertiteln in den Nund. den
Namen des Verfassers nahm und in diel.Cl. setzte, so hat er mit-
unter den Titel des Buches mit Weglassung des Verfassers, der in
der Kegel in der 1. Cl. steht, in die 3. Classe gesetzt. Die meisten
derartigen Bücher hat dann Ben. unter den Namen des Verfassers
gestellt. So stehen in der 3. Cl. (ausser den bereits erwähnten
Disputationes) : Calvinianus Candor (h. e. de eximia pietate ... et
modestia Theod. Bezae, 1582) von Wilh. Holder, — Ethicae chri-
Btianae libri tres, in quibus u. s. w. von Lambertus Danaeus, —
Querela de pontificiis insidiis per Germaniam (item Carmen de laniena
Antwerpiae tentata) von Matthaeus Dresser, 1584, — Quinque libro-
rum Mosis brevis ac perspicua explicatio von Lucas Oslander, —
Sententiae ss. patrum de coena Dni von Ph. Melanchthon, Heidelb.
1584 neu gedruckt, — Spiritus sancti figurae von M. Flacius Illyri-
cus, — Theatrum historicum (Andreae Hondorff s. promptuarium
illustrium exemplornm . . . juxta praecepta decalogi in 10 classes
distinctum, a Phil. Lonicero latine conversum u. s. w., 1585; das
Original: Historien- und Exempelbuch zuerst 1568), — Triumph!
Romanorum et Jesu Chr. in coelum ascendentis coUatio von Alber-
tus Lonicer (nicht in der 1. CD, 1583, — Turcograeciae libri VIII,
Basileae impr. 1584, von Martin Crusius. — 'Quirinus Reuter Mons-
bacensis in der l.Cl. und Catechesis religionis christ. quae traditur
in eccl. et scholis Palatinatus stammen aus dem Titel: Catechesis
.... Pal. Accessere censurae Theologorum quorundam . . editae . .
opera Q. R., 1585. — Hieher gehört auch die lateinische Bearbei-
tung des Reineke Vos von Hartmann Schopper: Speculum vitae
aulicae u. s. w. sub titulo poetici libri. So von S. (weil das Buch
in den Nund. unter den Libri poetici steht) bis Ben., der den rich-
tigen Titel herstellte : Sp. v. aul. sive de admirabili fallacia et
astutia vulpeculae Reinikes libri 4, 1579. In der flämischen Ab-
« theilung der Antw. App. und in den späteren span. Ind. steht auch
Reynaert de vos.
Charakteristisch für S. sind einige Nummern, die gleich von
Cl. gestrichen wurden: Bibliotheca Constantinopolitana ; stammt aus
dem Titel: Supplementum Epitomes Bibliothecae Gesnerianae . . .
Antonio Verderio collectore. Adjecta est Bibl. Ctp [qua antiqui-
tates ejusd. urbis et libri mscr. in hac exstantes recensentur],
Lyon 1585; — Historia de Jo. Calvini magni quondam Genevensis
ministri vita; steht allerdings in den Nund. 1580 unter den pro-
testantisch-theologischen Schriften und ohne Namen des Verfassers,
aber mit dem Druckort Köln, und in der deutschen Abtheilung wird
bei Angabe der gleichzeitig in demselben Verlag erschienenen
deutschen TJebersetzung der Verfasser genannt, Hieronymus Hermes
Bolsec, der wieder katholisch gewordene bittere Gegner Calvins.
Das französische Original war 1577 erschienen. Vielleicht ist die
Vermuthung nicht zu boshaft, dass S. (nur er) Petri Bizarri Sena-
tus populique Genuensis annales 1573 — 79, Antw. 1579, verboten,
weil er das Buch für eine Geschichte von Genf gehalten; gedruckt
ist wenigstens bei ihm Genevensis.
520 Index Sixtus» V. 1590.
4. Für die 3. Cl. hat S. eine ganze Reihe von protestantisch-
theologi8chen Schriften aus den Nund. excerpirt: Acta et scripta
Theologorum Wirtembergensium et Patriarchae Constantinopolitani
D. Hieremiae, quae utrique 1576 — 80 de Augustana Confessione
inter se misenint, graece et lat. ab iisdem theologis edita (Wittenb.
1584. 386 S. fol.), von Martin Crusius herausgegeben, dessen Tarco-
Graecia Ergänzungen dazu liefert^). Eichard Simon meint zwar,
dieses Buch solle man nicht verbieten, sondern neu auflegen; denn
nous n^avons rien de plus fort conlre les protestants que les repon-
ses du Patriarche *^) ; aber das Buch enthält ausser diesen auch die
Schreiben der Tübinger Theologen und eine polemische Vorrede,
und für die katholische Polemik waren die Schreiben des Patriarchen
schon von Stanislaus Socolovius in der Censura orientalis Ecciesiae
de praecipuis nostri saeculi haereticorum dogmatibus u. s. w., 1582,
verwerthet worden; dieser gab 1585 auch noch heraus Ad Wirt.
Theologorum invectivam, quaim Actis et scr. . . praefixerunt, brevis
responsio. — Carmina amicorum in honorem nuptiarum Rev. . . .
viri Stephani Isaaci^), verbi div. apud Heydelbergenses ministri
(Heid. 1587), wörtlich aus Nund. 1587. Die unmittelbar davor
stehenden Carmina et epistolae de conjugio ad Davidem Chytraeum
(haereticum) werden schon in GA. unter Nie. Cisners Schriften ver-
zeichnet. Es ist eine 1562 zu Wittenberg erschienene vermehrte
Ausgabe von Jo. Stigelii Elegia qua celebratur dignitas et fructus
legitinii conjugii, scripta in nuptiis . . . Dav. Chytraei, et alia epi-
thalamia scripta a Jo. Fincelio, Nie. Cisnero et Jo. Willebrochio,
Witt. 1553"*). — Epistola consolatoria ad rev. et gravissimos theo-
logos — erst von Ben. vervollständigt: D. Jac. Andreae et D. Lud.
Osiandrum de Palatinatus electoralis administratione et instituta in
ecclesiis et scholis emendatione, [de qua in postremis suis scriptis
cum magna perturbatione queruntur, scriptA a ministris orthod. eccl.
Heydelberg. 1585]. — Scriptorum publice propositorum a profes-
soribus in Academia Wirtembergensi (seit Cl. richtig Wittenb. ; Ben.
hat beigefügt Tom. I— VII), die 1553 (1560) —72 erschienene Samm-
lung der Wittenberger Universitätsschriften von 1544 — 69 : Anzeigen
der Vorlesungen, Festprogramme, Leichenprogramme, Anschlagzettel,
Relegationen, Gedichte u. s. w. (vom 2. Bande an heisst es a gu-
bernatoribus studiorura), der 1. Band von Paul Eber, die folgenden
von Michael Majus herausgegeben^). — Solida refutatio compila-
1) Clement VII, 850. Tüb. Q.-S. 1843, 544.
2) Sainjore IV, 177. Possevinus, App. II, 75 führt solche Stellen an,
sagt dann aber, das Buch sei im übrigen so voll Blasphemieen und Irr-
thümer, ut S. Sedes apost. optime statuerit abolendum esse hoc opus, quod
nonnisi igne queat expurgari.
3) A. D. B. U, 609.
4) Strobel, N. Beitr. I, 1, 152.
5) Strobel, N. Beitr. I, 2, 81,
Dritte Classe. 521
tionie Cinglianae et Calvinianae [quam illi Consensum orthodoxum
. . . appellarunt et aliquotiee recoxerunt] per Theologos Wirtem-
bergicos, Tüb. 1584 fol. (jetzt unter Refnt.), von Jac. Andrea ver-
faRBt. — Synodus eanctorum patrum convocata ad cognoscendam et
dijudicandam controversiam multos jam annos Ecclesiam Christi gra-
vissime exercentem de majestate corporis Christi, Wittenb. 1582,
von Andreas Perlitius? — Theologorum Wirtembergensium (jetzt
unrichtig Wittenb. Th.) Vera et solida refutatio duorum libellorum
Jesuitarura, Tüb. 1587, 4., gegen das Buch: „Entdeckung der grossen
Thorheit, abschewlichen Irrthümer und greifflichen Lügen, in dem
Schmidelinschen zusammengeschweisten Concordi-Buch begriffen, an-
fenglich durch Herrn Rob. Bellarminum . . . beschriben, jetzt aber
von newem paraphrastice verteutscht und umb vil vermehrt durch
Petrum Hansonium Saxouem", Ingoist. 1586. — Dazu zwei andere
Antijesuitica : Doctrinae Jesuitarum praecipua capita a doctis qui-
busdam theologis retecta . . . altera editio, duplo maior. . . tomus
1. — 5. Diese Sammlung von katholischen und protestantischen Schrif-
ten gegen die Jesuiten erschien zuerst zu Rochelle 1580, dann 1584
auf 6 Bände vermehrt. Die Sammlung ist wohl nicht von Jo. Ser-
lanus (de Serres) veranstaltet, enthält aber mehrere Streitschriften
von ihm, auch die nicht von ihm verfasste und 1586 auch separat
gedruckte: Gratianus Antijesuita, i. e. canonum ex scriptis auctorum
theologorum a Gratiano in illud volumen, quod Decretum appella-
tur, coUectorum et doctrinae Jesuiticae ex variis istius nuperae
sectae mataeologorum scriptis excerptae coUatio a quodam veritatis
studioso instituta.
Nicht aus den Nund. scheinen zu stammen De falsa et vera
unius Dei Patris et Filii et Spir. S. cognitione libri duo, auctoribus
ministris ecclesiarum consentientium in Sarmatia et Transilvania
(1567), von Georg Blandrata, — De mediatoris Jesu Chr. hopiinis
'divinitate aequalitateque libellus ; item de restauratione ecclesiae Mar-
tini Cellarii cum epist. praeliminari Fabricii Capitonis, 1568, gleich-
falls von den Socinianem herausgegeben-), — Judicium et censura
ecclesiarum piarum de dogmate in quibusdam provinciis septen-
trionalibus contra adorandam Trinitatem per quosdam turbulentos
noviter sparso, sowie De regno Christi liber primus, de regno Christi
1. secundus, dafür Alex.: De regno Chr. 1. 1. et 2., erst Ben. rich-
tig: De regno Christi 1. 1., de regno antichristi 1. 2, Accessit
tractatus de paedobaptismo et circumcisione.
5. Von der Apologia Ecclesiae anglicanae wird zwar in den
Nund. eine Ausgabe London 1584 ohne Nennung des Verfassers an-
gezeigt, aber in den Nund. 1581 die Ausgabe Lond. 1581 mit Au-
thore Jo. Juello, olim Episc. Sarisburiensi; es ist doch sonderbar,
dass sie erst seit Ben. unter Jo. Juellus, bis auf ihn seit S. als
1) Marchand I, 40. II, 201. De Backer I, 388.
2) Sandius, Biblioth. Antitrinit. p. 30. 33.
522 Index Sixius' V. 1590.
Apol. Anglicana seu £ccl. Angl. sive Apol. Anglomm in der 3. Gl.
steht. Das Buch war schon 1562 mit Jewels Namen erschienen
und schon zu Trient wurden Theologen, von Card. Ghislieri Giro-
lamo Muzio mit der Widerlegung desselben beauftragt^). — Con-
cordia pia et unanimi consensu repetita Confessio fidei et doctrinae
u. 8. w., die Concordienformei von 1580, stammt aus den Nund.
1581. — Confessio fidei ministrorum Wirtenbergensium (seit Cl.
Wittenb.) wird die Confessio paucis articulis complectens summam
doctrinae de vera praesentia corporis .... comprobata in synodo
Torgensi, Wittenb. 1575 2), sein. — Confessio ministrorum Jesu Chr.
wird erst verständlich, wenn man aus Nund. 1579 beifügt: in Eccl.
Antwerpiensi, quae Augustanam confessionem amplectitur, 1579. Es
ist die von Flacius verfasste, 1567 zuerst gedruckte Confession^),
die als Conf. Antwerpiensis in Antw. App. (und aus dieser auch
bei S.) steht. — Illustr. Principis ac D. Joannis Friderici II., Dacis
Saxoniae u. s. w., ac fratrum D. Jo. Wilhelmi et D. Jo. Friderici
natu junioris nomine, Solida [et ex verbo Dei sumpta] confutatio et
condemnatio praecipuarum corruptelarum, sectarum et errorum hoc
tempore grassantium, ist das 1559 von dem streng lutherischen Herzog
Job. Friedrich dem Mittlern von Sach8en(-Weimar) lateinisch und
deutsch publicirte sog. Confutationsbuch, welches 1570 von dem
Herzog Joh. Wilhelm in das Corpus doctrinae Thuringicum auf-
genommen wurde*).
Von den vielen Kirchenordnungen, die in den Nund. verzeich-
net werden, — in der Collectio in unum corpus II, 114 stehen 15,
— hat S. eine ausgewählt und den Titel ins Lateinische übersetzt :
Ordo ecclesiasticus circa doctrinam ... in ducatu 111. Dncis Ba-
variae Friderici observandus. Ben. hat den deutschen Titel substi-
tuirt: Kirchenordnung wie es mit der christl. Lehre ... in des
Dur^l. . . . Herrn Friderichs Hertzogen in Bayern [Friedrich III.
von der Pfalz] gehalten wird. Von der Mecklenburgischen der Her-
zoge Joh. Albert und Ulrich vom J. 1552 fand S. in den Nund.
eine lateinische Uebersetzung : Liber continens doctrinam ... in
ditione . . . Jo. Alberti et D. Huldrici fratrum, Ducum [Megalo-
polensium . . . a Jp. Fredero in lat. linguam conversus], Franch-
furti per P. Brubachium 1562. — Von den zahlreichen Catechis-
men hat S. nur aufgenommen: Catechesis doctrinae christ. in usum
scholarum Pomeraniae, Greifsw. 1583, aus Nund. 1583, Catechis-
mus latinogermanicus, Frankf. 1582, aus Nund. 1582, und Catechis-
mus pro eccl. Antwerp. quae confessionem Aug. profitetur. — Vergerio
spottet darüber, dass Paul IV. nicht das Interim auf den Index ge-
1) R.-E. 6, 686. Fontanini I, 365.
2) Feuerlin, Biblioth. symb. I, 192.
3) Preger, Flacius III. II, 290. 665.
4) Feuerlin, Bibl. symb. I, 5. 262. Preger, Flacius, II, 78. Döllinger,
Ref. III, 443.
Zweite und dritte Classe. 523
setzt ^). Seit S. steht es im Index als Liber qui inscribitur Inte-
rim, a. 1548 editus (seit Ben. Declaratio S. C. Majestatis ... in
comitiis Augustanis 15. Maii 1548 proposita et publieata). S. hat
noch ein anderes Versehen der früheren Päpste wieder gut ge-
macht : seit 159u steht im Index : Ursulae Munsterbergensis Du-
cissae defensio, quare vitam monasticam deseruerit, die deutsche
ßechtfertigungsschrift, welche die Herzogin 1529 mit einem Nach-
wort von Luther (Erl. 65, 131) drucken Hess, als sie mit zwei
anderen Nonnen das Kloster zu Freiberg verlassen hatte-). — De
digna praeparatione ad sacramentum encharistiae (seit Ben. Sermo
de n. 8. w.), ist ohne Zweifel Luthers Predigt von 3er würdigen
Bereitung zu dem hochw. Sacrament von 1519.
S. griff mit seinen Verboten noch weiter zurück: er verbot
auch Nicolai Cusani de concordantia catholica 11. 3 (Vcrtheidigung
des Baseler Concils, schon 1513 gedruckt) mit d. c. (von Gl. ge-
strichen) und unbedingt Theoderici Nemiensis vel a Niemen (seit
Ben* de Niem) Historia de schismate (1368 — 1410, Nürnberg 1532
und Basel 1560) und Libellus apostolorum nationis gallicanae cum
constitutione s. concilii Basileensis (et arresto Curiae Parlamenti
super annatis non solvendis, vom J. 1406), schon 1512 gedruckt^).
Ferner finden sich bei S., aber nicht bei Gl. : Dionysius Gartusianus
de quatuor novissimis (seit 1487 oft gedruckt), nisi repurgetur in
art. 47 (wo, wie Bellarmin De purg. 2, 4 rügt, Dionysius unter Be-
rufung auf Visionen annimmt, die Seelen im Purgatorium seien ihres
Heiles nicht gewiss), und Jo. Taulerii Sermones et Institutio passionis
Domini d. c. Diese beiden Verbote hat S. aus Q., der die Bücher
aber nur in Uebersetzungen verbietet**). Das Verbot Taulers beruht
jedoch nicht etwa auf einer persönlichen Antipathie Sixtns' V.
1) Postr. catal. f. 6. Agl' Inq. f. 11. Hier sagt er: in einer zu Venedig
1558 gedruckten, dem Cardinal von Alexandria dedicirten Schrift des
Arciprete di Citadella stehe : jenes libretto di Carlo V. sei apocrifo o
proibito.
2) Köstlin, Luther II, 118. N. Archiv f. sächs. Gesch. 1882, 111,290.
8) Auch in Ortuin Gratius' Fasciculus p. 189 abgedruckt. Der Li-
bellus gehört zu den Constanzer Verhandlungen über die Abgaben an die
Curie im Oct. 1415 (Hefele 7, 239) und steht auch (trotz des Index) in
dem beiMansi 28, 161 abgedruckten Berichte p. 198—217. — NachBras.
p. 4 soll bei Albert Krantz gestrichen werden: Longam inde tragoediam
scripsit, qui vidit, Theod. de Nyem, secretarius apostolicus.
4) In der span. Abth. Instituciones de Taulero (auf Veranlassung
des Cardinal-Infanten Heinrich war zu Coimbra 1551 eine spanische und
portugiesische Uebersetzung erschienen. Riformistas vol. 17, App. 610), in
der fläm. (aus Autw. App.) Taulcri Homilien in de nederspraecke ouer-
ghesedt ende gheprint tot Franckfort, tot dat sy geoorrigeert syn.
524 Index Sixtus' V. 1590.
Tauler wird zwar von Sixtus Senensis ohne Reserve gelobt, und
Bellarmin (De script. eccl.) sagt, Eck habe ihn zwar als hinsichtlich
seiner Eechtgläubigkeit verdächtig verachtet, — Luther lobte ihn
und Flacius Illyricus nahm ihn in den Catalogus testium veritatis
auf, — aber Ludovicus Blosius habe ihn vortrefflich vertheidigt;
auch Poßsevin vertheidigt ausführlich seine Kechtgläubigkeit. Aber
im J. 1603 beschäftigte sich die Index-Congregatioh mit der Ex-
purgation Taulers (S. 270).
Eine Anzahl von Geschichtswerken, die bei Sigismund Feyer-
abend und Andreas Wechel in Frankfurt erschienen, hat S., zum
Theil mit schlecht abgekürzten Titeln, mit d. c. in die 3. Cl. gesetzt:
Historia Belgica, seit Ben. H. B. h. e. rerum memorabilium,
quae in Belgio a pace Cameracense . . evenerunt, brevis designatio,
1583; die unbestimmte Bezeichnung Hist. Belg. passt auch auf die
Belg. Hist. deducta ab 1529 usque in praesentem annum una cum
epitomate xpoviKUiv regum Francorum omnium, 1583, von Phil.
GalläuB und Gerh. Candidus, die Epitome von Michael Vosmerius ^).
— Historia Germaniae Franchfurti edita 1584 kann nur sein: Veterum
scriptorum, qui Caesarum et Imperatorum Germ, res . . gestas literis
mandarunt, Tomus unus, ex bibliotheca Justi Reuberi, oder Germani-
corum scriptorum qui rerum a Germanis . . gestarum historias vel
annales posteris reliquerunt, Tomus alter, ex bibl. Jo. Pistorii Ni-
dani, oder beides. Ben. hat ersteres Werk (unter Scriptorum) ; Sot.
expurgirt beide und auch die fünf folgenden Bände. — Hist. Grae-
ciae nuper edita wird sein: Historia rerum in Oriente gestarum ab
exordio mundi usque ad nostra temp. Nomina auctoris hujus operis
et eorum quos secutus est F. Modius in auctorio suo, quod continet
res gestas . . ab exordio Constantinop. usque ad a. 1584, post praef.
invenies, 1587. — Historia Scotorum nuper edita ist wohl wegen
nuper nicht Scotorum Historiae 11. 19, Hectore Boethio auctore . . .
Accedit continuatio per Jo. Ferrerium Pedemont., Paris 1575, son-
dern Scoticarura rerum historiae libris 20 descriptio, von Georg
Buchanan, Frkf. 1584 (die beiden letzten sind von Ben. weggelassen).
— Flores historiarum per Matthaeum Westmonasteriensem (im 14.
Jahrh.) collecti, praecipue de rebus britannicis, ab exordio mundi
usque ad a. 1307, von dem Erzb. Parker zuerst 1570, dann 1573
herausgegeben, steht seit S. mit d. c. im Rom. Ind., seit Cl. mit
dem Zusatz: editi a. 1573, so dass eigentlich nur diese Ausgabe
verboten ist. Sot. verbietet diese horrida historia ab haereticis de-
pravatÄ et corrupta unbedingt. — Pandulphi Collenutii Compendium
hißtoriarum bei S. ist der ungeschickt abgekürzte und übersetzte
Titel von Compendio delle istorie del Regno di Napoli da Pandolfo
Collenuccio, Ven. 1539 u. s., worin Q. eine einzige Stelle (Sot. 5
Stellen) streicht. Es wurde von Cl. gestrichen, wahrscheinlich weil
1591 eine von Tomaso Costa besorgte expurgirte Ausgabe con pri-
1) Clement HI, 52.
Zweite und dritte Classe. 625
vilegio del Sommo Pontefice erschienen war^). Unbedingt wnrden
verboten: Rerum in G^llia ob religionem gestarum libri III [regi-
bu8 Henr. II., Franc. II. et Carolo IX., so in Nund. 70], ohne
Zweifel der 1. Theil des von Jean de Serres (Serranus) anonym
herausgegebenen Werkes Commentariorum de statu religionis et rei-
publicae pars I— V (15 Bücher, die bis 1576 gehen), 1580 vollen-
det^), 1603 auf den Index gesetzt, noch jetzt ohne Angabe des Ver-
fassers, — dagegen auffallender Weise nicht die Werke des fran-
zösischen Protestanten Richard Dinoth^) De hello civili gallico re-
ligionis causa suscepto 11. VI, 1582 (im Liss. 1624 verboten) und
De hello civili belgico (1555 — 86) 11. VI, 1586, und nur mit d. c.
seine De rebus et factis memorabilibus loci communes historici [et
sententiae historicorum], 1580, und Adversaria historica, 1581.
Ferner sind durch S. in die 3. GL gekommen folgende auf die
politischen Streitigkeiten der damaligen Zeit bezügliche Schriften:
Ludovici Borbonii, Principis Condaei literae ad Carolum IX. Regem
Galliae (vom 23. Aug. 1568), testifioatio causarum quae eum arma
sumere coegerunt. Brevis narratio caedis ejusdem principis (13. März
1569) et scripta in eundem epitaphia, auch französisch, beide Aus-
gaben bei Henr. Stephanus s. a. (1569) gedruckt**). — Discursus
de morte reginae Navarrae (Jeanne d*Albret), 1572 französisch er-
schienen ^), von S. aus Q. aufgenommen, von Gl. gestrichen. —
Brutum fulmen Papae Xisti V. adv. Henricum Regem Navarrae et
Henricum Borbonium Principem Gondaeum una cum protestatione
multiplicis nullitatis, 1585 u. o., von Fr. Hotoman. — Apologia
catholica adv. libellos, declarationes . . . editas a foederatis pertur-
batoribus pacis in Regno Franciae, qui insurrexerunt, ex quo tempore
dominus frater unicus Regis vita functus est, per E. D. L. J. G.,
Par. 1586, von Pierre de Belloy, eine Vertheidigung des Thron-
folgerechtes Heinrichs IV. mit scharfen Angriffen gegen das Trienter
Goncil, zuerst 1585 französisch erschienen®). In Rom erschien da-
gegen 1586 Responsio ad praecipua capita Apologiae, quae falso
catholica inscribitur, pro successione Henrici Navarreni in Francorum
regnum, von Franc. Romulus (Bellarmin). — Eine andere Schrift
steht, obschon Bellarmin sie auch (in einer Appendix zu dem Trac-
tat de summo Pontifice in seinen Gontroversen) ausführlich bekämpfte,
merkwürdiger Weise nicht im Index: Avviso piaoevole dato alla
bella Italia sopra mentita data dal Re di Navarra a Papa Sisto V.
da un nobile Francese, Monaco 1586, von Fran^ois Perrot ; die Schrift
1) Clement VIT, 235. 2) Rev. hist. 22 (1883), 301.
3) Bayle b. v.
4) Renouard, Ann. des Etiennes p. 133.
■
5) Brief discours sur la mort de la royne de Navarre, abgedr. im
Bull, du Prot. fr. 1882, 12.
6) Schelh., Am. hist. I, 922. Clement I, 428. Hist. Zts. 1874, 82.
626 Index Sixtus' V. 1690.
beutet gegen die Bulle Sixtus' V. gegen Heinricli IV. u. a. die
anticurialistifichen Stellen bei Dante, Petrarca und Boccaccio aus. —
Von den zahlreichen Schriften, welche über die Bartholomäusnacht
(1572) erschienen, haben S. und Cl., abgesehen von Wolfg. Pris-
bach (S. 477), auffallender Weise keine auf den Index gesetzt.
Erst 1728 wurden verboten: Nuptiae Parisinae s. ternio epistolarum
de nuptiis Paris, una cum praefatione in easdem Chr. Frid. Fran-
ckensteinii, seit 1672 oft gedruckt, und Stanislai Elvidii seu Joachimi
Camerarii responsio una cum carminibus annexis. Letzteres hat Ben.
geändert in: Elvidius, Stan., Eesponsio ad epistolam omatissimi
cujusdam viri de rebus gallicis, qnae habetur in libello inscripto:
Nuptiae Paris, p. 59. Die Epistola (von Grui du Four de Pibrac,
zur Vertheidigung der Bartholomäusnacht 1572 geschrieben), ist vor
der Antwort des Stan. Elvidius (J. Camerarius) abgedruckt; beide
waren schon 1573 zusammen erschienen, in demselben Jahre De
furoribus gallicis vera et simplex narratio, Ernesto Varamundo
Frisio [Fr.. Hotoman] auctore, die nicht im Index steht ^).
Andere kirchlich-politische Schriften sind: Apologia [Illnatris-
simi Principis] Willelmi [Dei gratia] Principis Auraicae, comitis
Nassaviae . . . [ad proscriptionem ab Hispaniarum Rege in eom
promulgatam . . . Ad ordines generales.] Apud Carolum Silvium
Typogr. ord. Hollandiae 1581 (142 S. 8). Die beiden ersten in
Parenthese gesetzten Ausdrücke hat S. schwerlich ohne Absicht
weggelassen. — Fidelis servi subdito infideli responsio una cum
errorum et caluniniarum quarundam examine, quae continentur in
Septem libris de visibili ecclesiae monarchia a Nie. Sandero con-
scriptis, London 1573, von Barth. Clerk im Kings College zu Cam-
bridge, g€igeü das 1571 erschienene streng curialistische Buch von
Nie. Saunders, damals Professor in Löwen, bald darauf von Pius V.,
der das Buch gesehen, nach Rom berufen*^). — Justitia Britannica
(der Titel erst von Ben. vervollständigt: per quam liquet, aliquot
in eo regno cives morte mulctatos esse, propter religionem vero ne-
minem in discrimen vocatum), 1584, von Will. Camden im Auftrage
Lord Robert Cecils herausgegeben, um zu zeigen, dass unter Elisa-
beth die Katholiken nicht um ihrer Religion willen verfolgt worden
1) Clement VI, 224; VIII, 21. Serapeum 1858, 31. — Die zum Lobe
der That von einem päpstlichen Beamten, Camillo Capilupi, verfasste
Schrift Lo stratagemma di Carlo IX., Re di Francia, contro gli Ugonotti,
ribelli di Dio e suoi, wurde in Rom 1572 gedruckt, unterdrückt, aber
gleich mi£ (unwesentlichen) Veränderungen und einer Vorrede neu gedruckt.
Vgl. The Massacre of St. Bartholmew in North British Review, vol. 51
(N. S. 12), p. 30. Von diesem Artikel erschien eine Uebersetzung von
Tommaso Gar, La strage di San Bartoloroeo, con introduzione ed aggiunte;
sie ist nicht auf den Index gekommen.
2) Dupin, Bibl. 16, 124.
Zweite und dritte Classe. 627
seien; Parsons, Allen u. a. schrieben dagegen. — Liber contra re-
gimen feminarum; erst Ben. hat dafür den wirklichen Titel gesetzt:
The first Blast of the trumpet against the monstmous regiment and
empire of women, aber nicht den Verfasser, John Enox, genannt.
Das Pamphlet, zunächst gegen Maria die Katholische gerichtet, 1558
zu Genf gedruckt, wurde auch von der bischöflichen Geistlichkeit
in England und von der Königin Elisabeth missbilligt und von der
Universität Oxford 1583 censurirt^).
6. Die Schriften, welche aus älteren Indices in die 2. und
3. Gl. kamen, wurden bereits angegeben. Aus anderen Quellen oder
aus eigener Initiative hat S. noch folgende beigefügt: Georgii Vic-
torii (erst Ben. hat corrigirt Pictorii) poemata; Pictorius ist eben
nicht als Dichter hervorragend, und die Threnodia ecclesiae catho-
licae ad Christum sponsum suum, die in der 3. Cl. steht, wird wohl
sein bedenklichstes Gedicht sein. — Hadrianus Damman Ganda-
vensis, Imperii ac sacerdotii ornatus, diversarum item gentium pe-
culiaris vestitus, cum commentariolo Caesarum, pontiflcum et sacer-
dotum*). — Jo. Lalamantius medicus, Exterarum fere omnium et prae-
cipuarum gentium anni ratio et cum romano collatio (Genf 1571)
d. c, von Sot. ohne Expurgation freigegeben. — Jo. Scapula, Lexi-
con graecolatinum 1580 u. a., und Henr. Decimator, Sylva vocabu-
lorum et phrasium cum solutae tum ligatae orationis, 1578 u. o. In
jenem expurgirt Sot. ausser der Vorrede nur ein paar Artikel,
euxaptCTria und mOixq, in diesem mehr: Gottes Gesetz, Glaube der
Christen, Papst Antichrist u. dgl. — Expositio nominis Jesu juxtii
mentem Hebraeorum, Cabbalistarum, Graecorum, Chaldaeorum, Per-
samm et Latinorum. — Jo. Schneidewini (bei S. Schenekdeuuini),
Comment. in 4 libros Institutionum juris civilis Justiniani, 1571,
mit d. c. verboten. Eine Expurgation gibt es nicht; im span. In-
dex steht Sehn, in der 1. Cl.
Von dem calvinistischen französischen Juristen Jo. Corasius
(de Coras 1 1572) verbot S. mit d. c. In universam sacerdotiorum
materiam erudita ac luculenta paraphrasis, 1548. 1603 wurden von
ihnr verboten Memorabilium senatus consultorum summae apud To-
losates curiae ac sententiarum tum scholasticarum tum forensium
1) Blunt, Hist. of tho Ch. of Engl. II, 262. 2G4. Beza schreibt (Zürich
Letters II, 77) an Bullinger 1566: Elisabeth sei sehr erzürnt über die
Genfer wegen dieser Schrift und einer ähnlichen von Qoodmann (How
superior powers ought to be obey'd, 1558, worin zur Rebellion gegen
Maria aufgefordert wird); die Schriften seien ohne Vorwissen der Genfer
Geistlichkeit erschienen und von dieser ein Verbot des Verkaufs derselben
erwirkt worden.
2) Dammann, ein holländischer Humanist, lebte später in Schottland
bei G. Buchanan und wurde dort Calvinist. Die fragliche Schrift wird
Biogr. nat. 4, 656 nicht erwähnt.
628 Index Sixtüs' V. 1690.
centnriae, 1600, und 1609 mit d. c. die schon 1552 erscliienenen
Miscellaneomm juris civilis libri VI. Bei Sot. werden alle drei
Bücher expurgirt^). — Die Schrift des protestantischen Juristen
Jo. Ferrarius (Eisermann, Montanus, f 1558) De republica bene in-
stituenda paraeneses (wahrscheinlich aus Fris.) d. c. wurde von Cl.
gestrichen. Dagegen blieb im Index Jo. Casi (Gase in Oxford, Con-
vertit) Sphaera civitatis h. e. reipublicae recte ac pie secundum
leges administrandae ratio, 1588 (aus Nund.) d. c. Bei Sot. 582
steht er in der 1. Cl. und werden diese und andere Schriften von
ihm expurgirt.
Von Gerardus Mercator verbot S. mit d. c. Chronologia,
quae a Sleidano et damnatis auctoribus sumta est; erst Ben. hat
dafür gesetzt: Chron. h. e. temporum demonstratio ab initio mundi
usque a. 1568 (Köln 1569). 1603 wurde von ihm verboten Atlas,
also Atlas s. Cosmographicae meditationes de fabrica mundi, 1595,
nicht, wie seit Ben. im Ind. steht, Atlas minor, der erst 1610 er-
schien. Bras. expurgirt den Atlas maior (er hat freilich den Titel
weggelassen). Die Expurgation beschränkt sich, abgesehen von der
Dedication an die Königin Elisabeth und zwei dem Buche beige-
fügten Briefen anderer*^), auf die Einleitung de mundi creatione, wel-
che Erörterungen über das Sechstagewerk und andere theologische
Dinge enthält. Sot. streicht diese Einleitung ganz und corrigirt
noch vieles andere. Er expurgirt auch die Chronologia; die Expur-
gation der Ausgabe von 1569 füllt nur eine halbe Spalte, aber die
der Ausgabe von Matthäus Beroaldus von 1577 zwei Spalten.
Antonii Bonfinii Commentaria de pudicitia, erst seit Ben.
richtig: Symposion trimeron s. A. Bonfinii de virginitate et pudi-
citia conjugali dialogi tres. (Nunc primum ex bibliotheca Jo. Sam-
buci J. C. in lucem prolati. Basel 1572, Frkf. 1621.) A. Bonfini
aus Ascoli lebte am Hofe des Königs Matthias von Ungarn und
starb 1502. Sein Hauptwerk ist eine Geschichte von Ungarn, 1543
gedruckt. Das Symposion ist der Königin Beatrix gewidmet: in
den Dialogen werden der König und die Königin, Cardinäle, Bi-
schöfe und andere hochgestellte Personen redend eingeführt. Das
Verbot ist ohne Zweifel durch die darin vorkommenden Obscönitäten
veranlasst, auf welche Possevin die (auch in anderen Fällen beliebte)
Vermuthung stützt, das Buch sei von den ketzerischen Herausgebern
1) Nie. 13, 1. Schulte, Gesch. 3, 2, 252.
2) In einem dieser Briefe wird eine Stelle gestrichen, worin es nach
der Hervorhebung der theologischen Kenntnisse Mercators heisst: Atqui
non singulis theologis per omnia satisfaciet ; statuit enim, animam ex tra-
duce propagari et non divinitus infundi in recens creati pueruli corpus.
— In der Einleitung wird eine merkwürdige Stelle (f. 27) gestrichen,
worin die Ansicht begründet wird, dass die Noachische Fluth nur den
damals bewohnten Theil der Erde betrofifen habe.
i^weite und dritte Classä. 62Ö
interpolirt ^). — Die Magia naturalis (s. de miraculis remm natura-
lium) von Jo. Bapt Porta, zuerst Antw. 1561, wurde von Q. mit d. c.
verboten, von S. mit si fuerit ex impressis usque ad a. 1587; auch
Sot. gibt die Ausgabe Neapel 1588 frei. Seit Cl. steht das Buch
nicht mehr im Index; aber ein 1579 zu Venedig erschienener Aus-
zug daraus, Miracoli e maravigliosi effetti dalla natura prodotti^),
wurde 1668 verboten! — David de Pomis, De medico hebraeo enar-
ratio apologetica, cum consensu superiorum Venedig 1588, seit
S. im Rom. Ind. mit d. c, bei Sot. unbedingt verboten. Der Ver-
fasser, ein angesehener jüdischer Arzt, f 1588, hatte von Pius IV.
die Erlaubniss erhalten, auch bei Christen zu practiciren; Pius V.
nahm die Erlaubniss zurück. Seine Schrift, dem Herzog von Urbino
gewidmet, bekämpft die Vorurtheile gegen jüdische Aerzte^).
Baldassare Castiglione, 1524 Gesandter Clemens' VII. in
Madrid, f 1529, hatte zu Venedig 1528 ein Buch II Cortegiano,
der Hof mann wie er sein soll, herausgegeben, welches wiederholt
gedruckt wurde. Unter Gregor XUI. scheint man an einigen Stellen
Anstoss genommen zu haben; denn auf Ersuchen eines Sohnes des
Verfassers, Camillo, liess die Rom. Inquisition dasselbe 1576 ex-
purgiren, und 1584 erschien zu Venedig eine von Antonio Cicarelli
besorgte expurgirte Ausgabe*). S. verbot dann Balth. Castellionei
1. qui inscr. II Cortigiano, nisi fuerit ex emendatis et impressis
Ven. 1584. Dieses wurde von Cl. gestrichen, 1623 aber wieder in
den Index gesetzt. 1612 expurgirte auch Sand, das Original und
die spanische TT ebersetzung von Juan Boscan, von der seit 1534 eine
Reihe von Ausgaben unbehindert erschienen war; er streicht 5 Stellen.
7. Die Abhängigkeit des Index Sixtus' V. von Q. ergibt sich
am deutlichsten daraus, dass eine grosse Zahl von Titeln von
Büchern und Büchlein, die bei diesem in der spanischen, französi-
schen und flämischen Abtheilung stehen, ins Lateinische übersetzt
und dadurch zum Theil fast unkenntlich gemacht, sich bei S. finden.
So ist Arbor scripturarum s. tragoedia sex personarum exhibita
Mitelburgii in Zelandia = Den boom der scriftueren, van ses per-
sonagien ghespeelt tot Middelburch in Zeelant; Liber dictus 750
linguae (sie) germanicae, Wormatiae apud Fridanck = Een boecxken
gheheeten 750 duytsche spraeoken, Freydanck tot Worms (die platt-
deutsche Ausgabe von Joh. Agricola^s Spruch Wörtersammlung von
1534; 8. Kawcrau, Joh. Agricola S. 105); Veritas catholica ante
centum annos impressa, recognita et aucta per modum dialogi =
La verite cachee devant cent ans, imprimee et depuis revue et aug-
mentee par maniere de dialogue; Pes rosae fragrantis sive Equitatus
1) Appar. 8. V. Mazzuohelli 2, 1621.
2) Nie. 43, 30.
3) Graetz 9, 504. Revue des etudes juives I, 145.
4) Fontanini II, 387. Burckhardt, Cultur der Ren. II, 118. Ticknor,
Gesch. der Lit. in Spanien I, 377. 11, 744.
Beusoh, Index. 34
ßSÖ Index Sixtus* V. 1600.
coelestis = Pi6 de la rosa fragante, (y por otre nombre Cavalleria
celestial (auch unter Equitatus, wie bei Q,. auch unter Caval-
leria). Letzteres ist übrigens nicht etwa ein religiöses Buch, sondern
(nach Pelayo U, 708) „einer der dümmsten und langweiligsten Kitter-
romane'^. Eine ganze Reihe von Comedie, die bei S. stehen, Orfea,
Aquilana, Jacinta u. s. w., gehören nicht etwa zu den zahlreichen
unsauberen italienischen Theaterstücken, sondern sind spanische, die
er aus Q. abgeschrieben.
Cl. scheint beabsichtigt zu haben, diese Dinge alle zu streichen ;
aber einige sind ihm entgangen und stehen noch heute im Index:
Exemplarium sanctae fidei catholicae = Exemplario de la sancta f£
catholica; Exercitatio vitae spiritualis = Exercitatorio de la vida
Spiritual; Explicatio primi, 3., 4. et 5. capitis Act. Apost. = Een
spei van sinnen op t'derde, 4. ende 5. Capittel van het werck der
apostelen (S. 112); Explicatio symboli per dialogos = Explication
du Symbole et articles de la foy par dialogues; Expositio secundae
epistolae D. Petri et Judae = Exposition sur les deux epistres de
S. Pierre et sur celle de Judas, Genf 1545, wohl eine Uebersetzung
von Luthers Die zwo Episteln S. Petri und eine S. Judae, geprediget
und ausgelegt, 1523; Expositio super Cantica cant. Salomonis -=
Exposicion sobre los cantares de Salomon en octava rima 6 en
prosa, en romance <S en otra lengua vulgär solamente; Q. verbietet
also gar nicht ein einzelnes Buch, sondern, wahrscheinlich in Folge
des Processes gegen Luis de Leon ^), alle Bearbeitungen des Hohen
Liedes in der Volksprache; Recantatio de infemo = Eenen weder-
roep van het vaghevier, ohne Zweifel Luthers Widerruf vom Feg-
feuer, 1530 (Erl. 31, 184). — Dahin gehört auch Petri Lesvandert
(bei S. Lesvanderoth) Laus matrimonii et congestio bonarum mulierum
ex diversis historiis (bei S. ex sacris libris), wie im Ind. stand,
bis Ben. (unter E) setzte: Pierre de TEsnaudi^re (bei Q. stand, wie
schon im Lov. 40 P. de TEsuanderie), La louange du mariage et
recueil des histoires des bonnes . . . ferames. — Föns vitae, wel-
ches Cl. gleichfalls aus »S. beibehalten, wird also auch nicht die von
Melzi und Graesse erwähnte satirische Schrift Föns vitae et sapientiae,
Ven. 1588, sein, sondern das bei Q. als La Fontaine de vie und De
fonteyne des leuens verzeichnete, nur eine Sammlung von Bibel-
stellen enthaltende Schriftchen sein ^). — Institutio religionis christia-
1) Rausch, Luis de Leon S. 17. 71.
2) De Fonteyne des leuens uwt welken een jegelick, der door syn
Sonden of ander ongevallen verdruct io, scheppen mag vercoelinge ende
troost syner sielen, getogen uwt de H. Schriftuere (1533). Ein Francis-
caner in Brabant soll alle Exemplare der L Auflage aufgekauft und
verbrannt haben. Studien en Bijdr. 11, 164. La Fontaine de vie (von Dolet
1542 gedruckt, Peignot I, 107) steht im Par. 1543. Föns vitae, ex quo
scaturiunt suavissimae consolationes afftictis mentibus imprimis necessariae
(Nürnb. 1561, 50 BI. 24) bei Graesse wird eine Uebersetzung davon sein.
Clir. Prancken, Paul Scalicliius u. ft. 531
nae, Wittembergae 1536, wie noch jetzt im Ind. steht, ist die von
S. gelieferte Ueberselzung des bei (V. 59 und) Q,. stehenden: In-
stitucion de la religion christiana en romance, impressa en Wittem-
berga 1536, der span. Uebersetzung der Institutio Calvins von Cy-
priano de Valera^).
8. Es wurde schon erwähnt, dass S. von einigen Schrift-
stellern die Bücher, die sie als Ketzer geschrieben, unbedingt, die nach
ihrer Eückkehr zum katholischen Glauben verfassten mit d. o. ver-
bietet. Es sind ausser Wicel (S. 359) noch vier, und man muss in
der That bedauern, Wicel in dieser Gesellschaft zu sehen. Christian
Francken aus Gardelegen wurde als junger Mann katholisch, 1568
Jesuit, war 1576 Professor im Collegium zu Wien, folgte 1579
seinem Ordensbruder Paul Florenius, der nach Prag geflohen, wurde
mit ihm Protestant und publicirte nun Breve colloquium jesuiticum
. . . habitum a S. Th. Doctore et Prof. Paulo Florenio cum Chr.
Francken Phil. Prof. in Caesareo Jes. Gymn. Viennae, 1580, 6 Bl.
und 135 S. 8. Nachdem er sich einige Zeit an verschiedenen Orten
aufgehalten, wurde er wieder katholisch und veröffentlichte zu Wien
(d. d. Breslau 18. Oct. 1581) eine Epistola, in qua deplorat suum
a S. J. et Eccl. cath. discessum u. s. w., 1582, 10 Bl. 4. Ob ihn
die Jesuiten wieder aufgenommen, darüber differiren die Angaben.
Nach einiger Zeit trieb er sich in Ungarn, Siebenbürgen und Polen
herum. Er scheint Socinianer geworden zu sein, wurde aber 1590
wieder katholisch und gab 1594 und 95 einige kleine Schriften her-
aus ; nach 1595 hört man nichts mehr von ihm'^). Cl. hat ihn ge-
strichen; das Colloquium jesuiticum hat mit diesem abgekürzten
Titel bis Ben. in der 3. Cl. gestanden, und Paulus Florenius steht
noch heute in der 1., wohin ihn S. ohne Zweifel lediglich wegen
der Erwähnung auf dem Titelblatte gesetzt (nach Clement VIII, 454
hat er selbst einige Streitschriften gegen die Jesuiten geschrieben).
— Hichardus Sampson hatte 1535 eine Schrift zu Gunsten Hein-
richs VIII. herausgegeben (S. 288), ausserdem einige exegetische
Schriften ; er starb unter Maria der Katholischen 1555 als Bischof
von Lichiield, gehört also jedenfalls nicht in die 1. Cl., wo er im
Tr. und seit Cl. steht. — Lancelot Kidley hat 1540—50 englische
Commentare zu einigen Büchern des N. T. veröffentlicht. Balaeus
(9, 37) sagt, er sei Canonicus in Canterbury gewesen und dem Ver-
nehmen nach relicta uxore ad papae sodomismum, coelibatum dixis-
sem, reversus. Er steht seit Cl. nicht mehr im Index. — Paulus
Scalichius ist der Schwindler, der sich mit Hülfe gefälschter Ur-
kunden als Paul Scaliger oder della Scala, Markgraf von Verona,
Graf von Hun n. s. w. aufspielte (sein Vater war ein Schulmeister
zu Agram), durch theologische Geheimnisskrämerei und Vorspie-
1) 1597 mit seinem Namen gedruckt. Clement VI, 84.
2) Raess, Convertiten 3, 296. Wiedemann, Reform. 2, 210. De Backer
4, 241. Sandius, Biblioth. Antitr. p. 86.
feSi Index Clemens* VlI!.
gelung himmlisclier Erscheinungen bei dem Herzog Albrecht von
Preusgen und dessen Hofprediger Funck zu Ansehen gelangte, 1561
— 6Ö, dann wieder als Katholik auftrat, 1574 von Heinrich von
Valois nach Polen berufen wurde und in Danzig starb ^). Er stand
im Tr. in der 1. CK, und Cl. hat ihn dahin zurückversetzt. —
Vielleicht hat S. zu dieser Kategorie auch den französischen Ju-
risten Jo. Quintinus (1500 — 61) gezählt, dessen opera omnia er
(nur er) mit d. c. verbietet. Derselbe war anfangs der Reformation
geneigt, aber seit 1536 Professor des canonischen Rechtes in Paris
und eifriger Gegner der Protestanten ; seine Schriften stammen alle
aus seiner katholischen Zeit^).
51. Der Index Clemens' VIU. yom J. 1596.
Drei Päpste, welche auf Sixtus V. folgten, Urban VII.,
Gregor XIV. und Innoeenz IX. regierten zusammen nicht viel
mehr als ein Jahr. Clemens VIII., 1592 — 1605, Hess schon im
April 1592 die Index-Congregation die Verhandlungen über die
Publication eines neuen Index wieder aufnehmen. Bellarmin,
der Consultor der Congregation war, trug 25. Juli Bedenken
gegen den Index Sixtus' V. und dessen Regeln vor, und die
Congregation beschloss, denselben fallen zu lassen und einen
neuen auszuarbeiten. Am 8. Juli 1593 überreichte der Cardinal
von Ascoli (Girolamo Bernerio, Dominicaner) dem Papste den
von der Congregation fertig gestellten Index (wahrscheinlich
zunächst in einigen Exemplaren) gedruckt^). Der Papst befahl
1) C. A. Hase, Herzog Albrecht von Preussen und sein Hofprediger,
1879, S. 287. 375. In einem seiner Bücher behauptet Scalich, Herzog
Albrecht sei vor seinem Tode katholisch geworden, und Documente, die
er fabricirt hat, führt Theiner für diese Angabe an; s. Joh. Voigt, Send-
schreiben an Aug. Theiner, 1846. — Seine Schriften verzeichnet Fris.
Possevin erwähnt nur Misccllaneorum Tom. 2. s. Catholioi Epistemonis
contra quandam Encyclopaediam (wohl seine eigene, Basel 1559) libri 15,
Köln 1570 (Frey tag. Anal. p. 815). Sot. verzeichnet nur ältere Schriften
von ihm, Occulta occultorum occulta, 155C, u. dgl.
2) Schulte, Gesch. III, 556.
3) Index Librorum prohibitorum cum regulis confectis per Patres
a Tridentina Synodo delectos, auctoritate Pii IV. primum editus, poatea
Index Clemens' VIII. 533
aber am folgenden Tage, den Index vorläufig nickt zu publiciren,
da er die Sache noch weiter überlegen wolle. Es wurden von
verschiedenen Seiten, u. a. auch von Baronius, gegen den Index
Bedenken geltend gemacht. Erst 12. Febr. 1594 übersandte der
Papst diese Bedenken, — ohne Zweifel mit Directiven bezüglich
der Beachtung derselben, — durch Mons. Silvio Antoniano der
Congregation. Erst im Spätsommer 1596 wurde diese mit ihrer
Arbeit fertig ; das Breve, durch welches der Index bestätigt und
publicirt wird, ist vom 17. Oct., das Privilegium für den Drucker
vom 29. Dec. 1596 datirt. Der Index erschien gleichzeitig in
einer Quart- und in einer Duodez- Ausgabe ^). Die Herausgabe
besorgte der Secretär der Index-Congregation, Paulus Picus a
Burgo S. Sepulchri^).
Der Index Clemens' VIII. verhält sich, was den Inhalt be-
trifft, zu dem Sixtus' V. ähnlich wie der Index Pius' IV. zu
dem Pauls' IV.; nur hat Clemens mehr gestrichen als Pius IV.
Was die Anordnung betrifft, so hat Clemens den sog. Trienter
vero a Sixto V. et nunc demum a Sanctissimo D. N. demente Papa VIII.
recognitus et auctus. Instructione adjecta de imprimcndi & emendandi
libros ratione. Romae apud Pauluni Bladum Impressorem Cameralem.
1593. 4. Da dieser Index nicht publicirt ist, ist er äusserst selten. Zacc.
p. 166 erwähnt ein £xemplar in der Bibliothek des Collegium Romanum.
1) Index Librorvm prohibitorvm cvm Regvlis confectis Per Patres
a Tridentina Synodo delectos Avctoritate Pii IUI. primvm editvs postea
vero a Syxto V. avctvs et nvnc demvm S. D. N. Clementis PP. VIII. iussu,
recognitus, & publicatus. Instrvctione adjecta. . D^ exequendae prohibi-
tionis, dcque sincere emendandi, & imprimendi libros, ratione. Romae,
Apud Impressores Camerales. 1696.* (München. K. ß.) 18 nicht numerirte,
46 numerirte Bl. 4. — Index . . . Camerales. Cum Privilegio Summi Pont,
ad Biennium. 1596. 65 BI. 12 Petzh. p. 143. Die Ausgabe Romae 1596.*
(München, K. B.) 64 S. 8, in der p. 65—119 Librorum post Indicem
Clementis VIII. prohibitorum Dccreta omnia hactenus edita, Romae 1624,
folgt, ist erst 1624 gedruckt. — Das Privilegium steht in der Quart-Aus-
gabe auf der Rückseite des Titelblattes : ohne Genehmigung der Cameral-
Dr ucker soll in zwei Jahren niemand in Italien den Iudex nachdrucken,
bei Strafe von 50 Ducaten und Confiscation der Exemplare und der Typen
im Kirchenstaate, der grössern Excommunication und arbiträren Strafen
im übrigen Italien.
2) Catalani, De secr. Ind. p. 18.
534 Index Clemens* VIII.
Index in seiner ursprünglieben Gestalt wiederhergestellt, bei
jedem Buchstaben und jeder Classe aber eine Appendix beige-
fügt. In diese Appendices ist, mit Weglassung vieler und Bei-
fügung einiger weniger Nummern, das aufgenommen, was Sixtas
beigefügt hatte: unter A, B und C hat Sixtus in der 1. Classe
etwas über 200 Namen, Clemens 93 -f- 109, in der 2. Sixtas
Bücher von 88, Clemens von 16 -f- 44 Autoren, in der 3. Sixtus
177, Clemens 88 + 68 Schriften.
Auch die zehn Trienter Regeln sind unverändert wieder
aufgenommen, hinter denselben aber einige einzelne Bestim-
mungen derselben modificirende Observationes beigefügt (über
Bibelübersetzungen, astrologische Schriften und den Talmud und
jüdische Bücbei;; s. S. 50. 333. 339). Die bedeutendste Vermeh-
rung, welche der Index durch Clemens erhalten, ist eine aus-
führliche Instruction über das von den Bischöfen und Inquisitoren
(in Rom von dem Magister S. Palätii) bezüglich des Verbietens
und Expurgirens gedruckter Bücher und der Beaufsichtigung
des Druckes neuer Bücher einzuhaltende Verfahren (s. § 52).
Das dem Index vorgedruckte Breve enthält nach einer ge-
schichtlichen Einleitung die Bestätigung des neuen Index unter
Androhung der von Pins IV. für seinen Index festgesetzten
Strafen, dann die Bestimmung:
Damit aber das Geschäft sowohl des Verbietens als des Rei-
nigens und Drückens der Bücher um so leichter ausgeführt werde,
wollen Wir alle Vollmachten, Privilegien und Indulte, welche zu-
erst Pins V. dem Magister Sacri Palatii, dann Gregor XIII. und Six-
tus V. den Cardinälen der Index - Congregation ertheilt, hiemit be-
stätigen und, so weit es nöthig ist, in allen Punkten, welche dem in
diesem Index Beigefügten nicht widersprechen, erneuern. Wir wollen
und verordnen ausserdem, dass, falls in Zukunft bezüglich des In-
dex und seiner Regeln und der Zusätze zu denselben irgendwelche
Zweifel oder Controversen entstehen sollten, diese der Index-Con-
gregation vorgelegt und durch sie, — wenn die Wichtigkeit der
Sache es fordern sollte, nachdem Wir oder Unsere Nachfolger be-
fragt worden, — erklärt und entschieden werden sollen. Ihre Au-
torität soll in Bezug auf das Erlauben, Verbieten, Reinigen und
Drucken von Büchern und auf das Erläutern aller anderen darauf
bezüglichen Bestimmungen die höchste (praecipua) sein und von
allen . . . unverletzlich geachtet werden.
Worin sich der Index von 1596 von dem von 1593 unter-
scheidet, ist nicht zu sagen, da über letztern nichts Genaueres be-
Erste Classe. 535
kanTit ist. Der Yenetianische Gesandte berichtet unter dem 15. Jan.
nnd 19. März 1594 : als bekannt geworden, dass der von der Index-
Congregation ausgearbeitete Index nicht eine revidirte, sondern eine
stark vermehrte Ausgabe des Trienter sei, sei unter den italieni-
schen Gelehrten und Buchhändlern eine grosse Aufregung entstan-
den und der Papst von allen Seiten mit Vorstellungen bestürmt
worden; er habe dann dem Gesandten gesagt, er habe den von der
Congregation ausgearbeiteten Index nicht genehmigt ^). Wenn Cle-
mens wirklich 1594 die starke Vermehrung des Index missbilligt
hat, so hat er dieses Bedenken fallen lassen, wie der von ihm ge-
nehmigte Index von 1596 zeigt. Es werden andere, wahrscheinlich
Einzelheiten betreffende Mängel gewesen sein, wegen deren der In-
dex von 1593 nicht bestätigt wurde. Baronius schreibt 31. Juli
1593 an Lipsius: „In diesen Tagen ist in Folge meiner und vieler
anderer Reclamationen der Verkauf des schon gedruckten Index von
dem Papste verboten worden, weil vieles darin gefunden worden,
was der Verbesserung bedarf; ich glaube, es werden mehrere Mo-
nate vergehen, ehe die Meinungsverschiedenheiten werden ausge-
glichen werden'*. An demselben Tage schreibt Bellarmin: „Seit
einigen Monaten habe ich wegen meiner anderen Geschäfte an den
Sitzungen der Index-Congregation nicht theilgenommen^^ und sein
Ordensgenosse Benzi : „ Bellarmin hat vor vielen Monaten sein Amt
als Bücher-Kevisor [Consultor der Index- Congr.] niedergelegt"'^).
Offenbar war Bellarmin, der, wie wir sahen, im Juli 1592 in der
Index-Congr. eine grosse Rolle spielte, verstimmt, ob aber über den
(seinen Wünschen nicht entsprechenden) Index von 1593 oder über
die Nicht bestätigung dieses (unter seiner Mitwirkung zu Stande ge-
kommenen) Index, erhellt nicht.
In der 1. Gl. hat Gl. nur wenige Namen weggelassen: Aegi-
dius Aquensis, Lud. Alemani (S. 508) und, wohl nur durch ein Ver-
sehen, Joachim a Beust, Jo. Schutz, Jo. Tetelbach, Jo. Udalricus
Eagor, Israel Achatius (Uebersetzer des Sleidanus), Nie. Cambasius,
Petrus Richerus. Aonius Palearius, Jac. Palaeologus und Theo-
phrastus Paracelsus hat er aus der 2. in die 1. Gl. versetzt. Bei-
gefügt hat er 25. Diese stammen zum Theil aus Fris.; einige der-
selben stehen auch in den Nund. 1590— 92. Dass auch diese benutzt
sind, zeigen einige Namen, die nicht bei Fris. stehen: Hieremias
ßastingius (Nund. 90 wird ein Gommentar zum Heidelberger Gate-
chismus von ihm verzeichnet ; er hat aber auch sonst einiges ge-
schrieben), Jac. Kimedoncius, Jo. Darrius, Jo. Schumaier (er wird
in den Nund. 90 als Stud. theol. und als Verfasser einer Streit-
schrift für Jac. Heerbrand gegen Jo. Pistorius aufgeführt), Owenus
Guntherus. Auch der Buchhändler Seb. Henricpetri wird sich aus
den Nund. eingeschlichen haben. Diese sind aber jedenfalls nur
flüchtig durchgesehen worden, sonst würden protestantische Theo-
1) Brosch, Gesch. des K.-St. 1, 305.
2) Burmann, Sylloge I, 657. 658.
536 Index Clemens' VIII.
logen, die bedeutender sind als die aufgenommenen, nicht übersehen
worden sein, wie Amandus Polanus, Jo. Piscator, Polycarpus Leiser,
Sam. Huber. Die Historia jesuitici ordinis von Elias Hasenmüller und
der Mus exenteratus . . . per Fratrem Wilhelmum de Stuttgardia
Ordinis Minorum (Wilh. Holder), die beide 1593 erschienen und in
Deutschland so grosses Aufsehen erregten^), stehen weder bei GL,
noch in einem spätem Index. — Ausser einigen Italienern (s. u.)
hat Gl. ferner noch folgende nicht bei Fris. stehende Namen beige-
fügt: den Wiedertäufer Adam Pastoris, die Unitarier Franc. Davi-
dis und Petrus Statorius^) und mehrere Engländer, die Erzbischöfe
Jo. Wirgiflus (erst seit Ben. Whitgift) und Matth. Parker von Can-
terbury, Matth. Hutton von York, Guil. Fulcus (Fulke)*), Gruil.
Garcus (Charke) und Metterus (Meredith) Hanmer, die gegen Ed-
mund Gampian schrieben ^), und Jo. Kneustobtus, der nicht, wie
Schöttgen meinte, der verdruckte Jo. Knipstro, sondern John Knew-
stub ist, von dem Lowndes einige Schriften anführt.
In der 2. und 3. Gl. hat Gl. aus S. nicht aufgenommen eine
Anzahl von astrologischen u. dgl. Schriften, italienischen Poeten und
Novellisten und die meisten aus Q,. eingeschleppten spanischen
u. s.w. Schriften. Unter den wenigen Büchern, die er in der 2. Gl.
beigefügt hat, sind zu bemerken: Bernardini Telesii De rerum
natura juxta propria principia IL 9; De somno; Quod animal Uni-
versum ab unica animae substantia gubernetur. Dem Verfasser soll
Pius IV. ein Bisthum angeboten haben; er wurde aber nicht geist-
lich. Von dem Hauptwerke wurden zwei Bücher 1565 zu Rom ge-
druckt, das ganze superiorum licentia 1586 zu Neapel^). Die natur-
philosophischen Ansichten des Telesius wurden von Gampanella eifrig
vertheidigt. — Francisei Patritii Nova de universis philosophia,
Ferrara 1591, mit einem Sendschreiben ad Gregorium XIV. et ejus
successores futuros omnes, worin ihnen empfohlen wird, die Aristo-
telische Philosophie aus allen Schulen der Ghristenheit zu verbannen
und die Einführung der Platonischen (d. h. der Patrizi'schen) zu
gebieten. Andere Schriften von Patr., auch die schon 1581 er-
schienenen Discussionum peripateticarum tomi 4, wurden nicht ver-
boten. Das Verbot musste Aufsehen erregen: Glemens hatte 1591
als Gardinal Patr. , dessen Zuhörer er gewesen, für die Widmung
des 14. Buches seiner Pancosmia, die in der Nova philos. abge-
druckt ist, in einem Briefe gedankt, worin er ihn belobt, dass er
eine Philosophie begründet, quae cum christiana pietate congruere
et convenire videtur, und hatte ihn 1592 gleich nach seiner Thron-
1) Stievo, Briefe und Acten V, 829. 341.
2) Sandius, Biblioth. Antitrin. p. 38. 55. 92. A. D. B. 4, 787.
3) Backer II, 100.
4) Von ihm und den vorher genannten, ausser Hutton, hat die Parker
Society Schriften herausgegeben.
5) Baumg. 8, 507. Stöckl, Gesch. der Ph. des M.-A. 3, 329.
Zweite und dritte Classe. 537
besteigung zum Professor der Platonischen Philosophie an der Sa-
pienza ernannt. Bellarmin war freilich über seine Vorlesungen
unzufrieden ^). Seine Nova philos. wurde, da er noch lebte (t 7. Febr.
1597) verboten, nisi fuerit ab auctore correcta et Romae cum ap-
probatione Rev. Mag. S. Pal. impressa (erst Ben. hat d. c. dafür
gesetzt), die Schriften des Telesius dagegen, der schon 1588 gestor-
ben war, mit einem einfachen d. c. Expurgirte Ausgaben sind übri-
gens von beiden nicht erschienen. — Während Cl. diese beiden
wenigstens der Intention nach christlichen Philosophen auf den In-
dex setzte, strich er das von S. auf den Index gesetzte Buch eines
Anhängers des Pomponatius, Simon Portius, De mente humana,
Flor. 1551 (gegen die Unsterblichkeit der Seele), von dem Fris.
etwas derb sagt: opus impium et porco, non homine auctore dignum.
Jo. Roa D a vila Apologia de juribus principalibus defendendis
et moderandis juste, Madrid 1591, ist die erste Schrift von einem
spanischen Regalisten im Index, deren uns im 17. Jahrh. mehrere
begegnen werden. Der Verfasser, erst Jesuit, dann Augustiner,
wurde in Rom dafür von der Inquisition processirt. Baronius (t. 6,
a. 447, 8) ereifert sich sehr gegen das Werk, quod atra statim
Romae inustum nota flammae ultrices exspectant, fügt aber bei :
Speratur de auctore utpote adhuc catholico profitent« palinodiam
fore propediem recantaturum. Das muss geschehen sein ; denn Roa
selbst sagt: sein Buch sei zwar verboten, er selbst aber per senten-
tiam Sancti Ofiicii absolutus ab omni suspicione haeresis in causa
libri. Ein nicht gedrucktes Werk von ihm De potestate Ecclesiae
et concursu potestatis principum wird eine Ausführung der Palino-
dia gewesen sein ; denn Serry sagt von ihm : Ignarus et audax, So-
cietatis desertor, ex Hispania Romam profectus, quam ibi jurisdictio-
nem regiam defenderat, eandem novis elucubrationibus impugnavit 2).
Von Jo. Bodinus wird die Daemonomania (S. 417) unbedingt
verboten, Über (vielmehr libri sex) de republica (zuerst französisch
1576, lateinisch 1586) und Methodus ad facilem historiarum cogni-
tionem (1566) mit quousque ab auctore expurgata cum approbatione
Magistri S. Pal. prodierint (Bodin starb als Katholik 1596. S. hatte
Daem. und Methodus mit d. c. verboten, Liss. und U. letztere un-
1) Fontanini I, 289. Baumg. I, 199. 209. Werner, Thomas von Aquin
3, 500.
2) Nie. Antonio 1, 768. Serry p. 269 spricht von ihm, weil er sich
auch in den Streit de auxiliis einmischte: er habe 1599 Clemens YIII.
eine Denkschrift gegen Molina eingereicht, vergebens gebeten, zu den Dis-
putationen zugelassen zu werden, sich (non sine emuncti marsupii suspi-
cione) wieder auf die Seite der Jesuiten gestellt, 1601, angeblich in deren
Auftrag, von der Fehl barkeit des Papstes und der Nothwendigkeit eines
allgemeinen Concils gesprochen u. s. w. Leo Allatius, Apes Urbanae p. 231
führt Schriften von ihm an, die nach 1608 in Rom gedruckt sind.
538 Index Clemens' VIII.
bedingt). In einer Observatio binter den Trienter Regeln (!) wird
dieses aber dabin bericbtigt, dass De republica 15. Oct. 1592 und
Daemonomania 1. Sept. 1594 vom Papste unbedingt verboten
seien ; von der unricbtigen Angabe des Index, die eine arge Unauf-
merksamkeit der Compilatoren verrätb, wird gesagt: per errorem
fortASHe librarii factum creditur! Noeb curioser ist, dass diese
Druckfebler-Bericbtigung bis auf Ben. ihren Platz behauptet bat,
obscbon im Index selbst das Richtige stand. Bodins Universae
naturae theatrum, welches 1596 zu Lyon mit kirchlicher Approba-
tion erschien, — der Augustiner Jo. Comes attestirt, es enthalte
nichts contra cath. fidei et S. Rom. Ecclesiae decreta, — wurde 1633
verboten. — Die Methodus wird bei Bras. expurgirt; gestrichen
werden die Erwähnung des Melanchthon, Sleidanus, Machiavelli, der
Magdeburger Centurien, Bemerkungen über geschichtliche Fabeln
bei Nieephorus, Zonaras und mittelalterlichen Historikern, über die
vier Monarchieen bei Daniel, die Notiz über die Venetianer: quam
quisque religionem privatim colat, non magnopere curant et ponti-
iicibus quaestiones impietatis ademerunt (Beschränkung der Inqui-
sition), einige kurze Ausfälle auf Päpste, den Fusskuss, die Heilig-
sprechungen ^) u. 8. w. und eine längere, aber ganz massvolle Stelle
über die Ausbreitung der Reformation (in cap. 5). Sot. expurgirt das
Buch gründlicher, aber auch das im Rom. Index unbedingt verbotene
Theatrum.
Von dem Thesaurus linguae sanctae des Dominicaners Santes
Pagninus wird die von Jo. Mercerius (Le Mercier) und Ant. Ceval-
lerius (Chevalier) besorgte Ausgabe, Lyon 1577, d. c. verboten.
(Mercerus stand schon in der 1. Cl., Cl. setzte auch Cevallerius in
dieselbe). Bras. verordnet, die Namen der beiden Herausgeber
zu streichen und ausser einigen „lutherisch*^ klingenden Stellen ein
paar tadelnde Worte über die Yulgata; ausserdem soll statt auctor
epistolae ad Hebraeos immer S. Paulus gesetzt werden.
Lexicon (juridicum) Simonis Schardii, 1582, wird mit d. c. ver-
boten. Die Expurgation bei Sot. füllt fast 5 Foliospalten.
I) Bodin führt die Aeusscrung des Card. Bessarion an, die auch Card.
Passionei in seinem Votum über die Beatification Bellarmins citirt: wenn
man sehe, wie es bei den modernen Canonisationen zugehe, könne man
auch bezüglich der alten Heiligen Zweifel bekommen. Bodin sagt freilich:
Bessario Cardinalis, cum inter divos inepta quadam diroOcuüaci Romae
quamplurimos referri videret u. s. w. Gretser, Opera 13, berichtet nach
Possevin, in der italienischen Uebersetzung des Buches de republica quae-
dam adjecta esse ab iis, qui librum emendatum oupiebant, de unius eoclesiae
Rom. Vera et unica religione ejusque potestate. Er findet das ganz unbe-
denklich : an scelus est, si, qui male et haeretice loquuntur, doceantur bene
et orthodoxe loqui aut si, qui dissimulant, quod dicendum erat, jubeantur
id vel inviti proferre?
Instruction Clemens' VIII. 539
In der 3. Cl. sind einige auf kirchlich -politische Händel be-
zügliche Schriften beigefügt : Totius Belgicae urbium, abbatiamm,
collegiorum divisio ad opprimendum per novos episcopos evangelium
[Homae a. 1558 definita, auctore Franc. Sonnio Theol. Lov.] sine
nomine auctoris, censurae, impressoris et loci, eine 1570 erschienene
Schrift über die Errichtung der neuen Bisthümer, worüber Sonnius
1558 in Rom verhandelt hatte; seit Ben. unter Sonnius, aber mit
der Bemerkung: quae tarnen falso ei adscribitur, — und drei auf
Heinrich IV. bezügliche Schriften aus dem J. 1591: De christia-
nissimi Hegis periculis et notata quaedam ad Sfondratae Pont. Eom.
literas monitoriales [ad Cl. V. D. Casparum Peucerum], Frcf. apud
Martinum Lechlerum, — Pium consilium super Papae Sfondra-
tae, dicti Gregorii XIV. monitorialibus ut vocant bullis [et excom-
municationis s. interdicti in Galliae regem, ecclesiam et regnum
minis . . .] a Tussano Bercheto Lingonensi e gall. sermone in lat. con-
versum, — und Helvetiae gratulatio ad Galliam de Henrico IV. Gallia-
rum et Navarrae Rege christianissimo. Man wird diese Schriften in
Rom gekannt haben; sie stehen freilich auch in den Nund. 91 ; aber
wären sie dorther genommen, so würde die hinter den beiden ersten
stehende, gleichfalls zu Frankfurt erschienene Schrift : Gregorii XIV.
literae monitoriales . . et ad eas Turonense Senatusconsultum auch
aufgenommen sein. Dagegen ist aus den Nund. 91 fast wörtlich ab-
geschrieben: Catechesis s. prima institutio aut rudimenta religionis
Christ, hcbraice, graece, lat. explicata, Lugd. Bat. ex oflP. Plantin.
apud Fr. Raphelengium.
52. Die Instraction Clemens' VIII.
Die oben (S. 534) erwähnte Instruction, ein Seitensttick
zu den Trienter Regeln (§ 30), enthält folgende Bestimmungen:
I. lieber das Verbot von Büchern.
1. Nach der Publicaton dieses Index sollen die Bischöfe
und Inquisitoren unter Androhung strenger Strafen alle ihrer
Jurisdiction Unterworfenen auflfordern, innerhalb einer bestimmten
Zeit ein Verzeichnis» aller in ihrem Besitze befindlichen im In-
dex stehenden Bücher einzureichen.
2. Die Bischöfe und Inquisitoren (in Rom der Mag. S.
Palatii) können Männern von hervorragender Frömmigkeit und
Gelehrsamkeit, jedesmal für drei Jahre, erlauben, Bücher, die
verboten sind, aber nach den Regeln des Index gestattet werden
können, [mit d. c. verbotene Bücher] auch vor der Expurgation
540 Instruction Clemens' VIII.
derselben zu behalten (s. S. 183). Diese sollen dann aber ver-
pflicbtet sein, was sie beim Lesen Anstössiges finden, mit An-
gabe des Capitels und der Seitenzahl dem Bischof oder In-
quisitor mitzutheilen.
3. Ausserhalb Italiens sollen die Bischöfe und Inquisitoren
und die Universitäten einen Index ketzerischer oder der Sitt-
lichkeit gefährlicher Bücher, die in den betreffenden Ländern
verbreitet sind, veröffentlichen und die Bischöfe und Inquisitoren
ihren Untergebenen das Lesen und Behalten dieser Bücher bei
Strafe verbieten.
Diese Vorschrift ist, so viel wir wissen, nicht zur Ausführung
gekommen, und in Hom selbst ist man bald davon zurückgekommen,
anderen als der Index-Congregation die Anfertigung von Indices auf-
zutragen. Durch ein Decret dieser Congregation vom 16. März 1621
werden sogar „alle seit dem Erscheinen des allgemeinen Index von 1596
ausserhalb Roms ohne Auftrag und Genehmigung der Index-Congr.
— von einer solchen sagt Clemens nichts — gedruckten Particular-
Indices" verboten.
4. Die Nuucien und Legaten und in Italien die Bischöfe
und Inquisitoren sollen alljährlich ein Verzeichniss der in ihrem
Bezirke erschienenen verbotenen oder der Expurgation bedürfen-
den Schriften an den h. Stuhl oder die Index- Congregation
schicken.
5. Die Bischöfe und Inquisitoren und ihre Bevollmächtigten
sollen sich die Indices der einzelnen Nationen verschaffen,
um zu sehen, ob sie die darin stehenden Bücher nicht auch in
ihren Bezirken zu verbieten haben.
6. Von allen Büchern, die von dem apostolischen Stuhle
verboten sind, sind auch alle Uebersetzungen als verboten an-
zusehen [vgl. S. 491J.
IL Ueber das Corrigiren der Bücher.
1. Das Expurgiren der Bücher nach den Vorschriften
dieses Index steht den Bischöfen und Inquisitoren, wo keine
Inquisitoren sind, den Bischöfen allein zu. Sie sollen damit ge-
lehrte und fromme Männer, in der Regel je drei, beauftragen.
2. Die Expurgatoren haben zu streichen u. a. (die selbst-
verständlichen Dinge lasse ich weg): Bibelstellen, welche aus
schlechten Uebersetzungen von Ketzern entnommen sind, falls
sie nicht etwa citirt werden, um die Ketzer zu bekämpfen und
Instruction Clemens^ VTII. 641
mit ihren eigenen Waffen zu schlagen; ehrende Beiwörter der
Ketzer und alles, was zu ihrem Lobe gesagt wird (s. S. 454);
Sätze gegen die kirchliche Freiheit, Immunität und Jurisdiction ;
Sätze, welche unter Berufung auf die Aussprüche, Sitten und
Beispiele von Heiden die staatliche Tyrannei begünstigen und
die dem evangelischen und christlichen Gesetze widersprechende
fälschlich sogenannte Staatsraison (quam falso vocant rationem
Status) geltend machen.
3. Wenn in Büchern von neueren Katholiken, die nach
1515 geschrieben sind, die nöthige Verbesserung durch Bei-
fügung oder Weglassung weniger Worte bewirkt werden kann,
soll es geschehen; geht das nicht an, so sind die betreffenden
Stellen zu streichen.
4. In den Büchern von alten Katholiken soll nichts ge-
ändert werden, wenn nicht etwa durch die Hinterlist der Ketzer
oder durch die Unachtsamkeit des Druckers ein augenschein-
licher Irrthum eingeschlichen ist. Wenn etwas Anstössiges von
grösserer Bedeutung vorkommt, darf es in neuen Ausgaben am
Rande oder in Anmerkungen bemerkt werden; dabei ist nament-
lich darauf zu achten, ob nicht etwa aus der Lehre und an-
deren Stellen desselben Autors die schwierigere Stelle erläutert
oder sein Gedanke klarer dargelegt werden kann (s. S. 510).
5. Wenn der Codex expurgatorius von dem Bischof und
Inquisitor durch den Druck veröffentlicht worden ist, können
mit ihrer Erlaubniss die Besitzer der betreffenden Bücher selbst
nach jenem Codex die betreffenden Bücher expurgiren. (Anders
in Spanien; s. S. 495.)
III. lieber den Druck von Büchern.
1. Auf dem Titel jedes Buches soll fortan der vollständige
Name und das Vaterland des Verfassers genannt werden. Ist
dieser nicht bekannt oder nach der Ansicht des Bischofs und
Inquisitors ein genügender Grund vorhanden, das Buch anonym
erscheinen zu lassen, so muss jedenfalls derjenige genannt wer-
den, der dasselbe geprüft und approbirt hat.
2. Ordensleute haben ausser der nach der 10. Trienter Regel
erforderlichen Erlaubniss des Bischofs und Inquisitors gemäss
der Bestimmung des Trienter Concils auch die Erlaubniss ihres
542 Instruction Clemens* VItl.
Ordeusobern zu erwirken. Beide sind im Anfange des Baches
abzudrucken.
Nach einer Erklärung der Inquisition vom 10. Dec. 1601
(Albit. p. 279) ist es, wenn es sieb nicht um Schriften handelt, die
notorisch nichts Schlechtes enthalten, nicht genügend, einfach auf
das Titelblatt zu setzen: „mit Erlaubniss der Oberen", ist vielmehr
der Wortlaut der Approbation abzudrucken.
3. Die Bischöfe und Inquisitoren sollen unter Androhung
von Strafen dafür sorgen, dass die Drucker den Büchern nicht
obscOne Bilder beifügen oder obscöne, in Büchern religiösen
Inhalts profane Initialen anbringen. In jedem Buche ist der
Name des Druckers und Ort und Jahr des Druckes im Anfang
und am Ende anzugeben.
4. Wer ein Buch drucken lassen will, hat dem Bischof
oder Inquisitor eine vollständige Abschrift vorzulegen, welche
diese nach der Prüfung und Approbation aufzubewahren haben.
Nach Vollendung des Druckes darf das Buch nicht eher ausge-
geben werden, bis es mit der Abschrift verglichen und die Er-
laubniss zur Veröffentlichung ertheilt worden ist; diese ist nur
zu ertbeilcn, wenn das gedruckte Buch mit der Abschrift über-
einstimmt (S. 99; die Erlaubniss hiess iuRom, wo sie der Mag.
S. Pal. ertheilte, licentia super publicatione).
5. Mit der Prüfung zu druckender Bücher sollen der Bischof
und der Inquisitor Männer von anerkannter Frömmigkeit und
Gelehrsamkeit beauftragen, von denen sie überzeugt sind, dass
sie ohne Gunst und Hass verfahren u. s. w. (S. 341). Ihre
Approbation ist mit der Druckerlaubniss des Bischofs und In-
quisitors dem Werke vorzudrucken.
6. Die Buchdrucker und Buchhändler sollen eidlich ge-
loben, dass sie ihr Geschäft katholisch, aufrichtig und getreu be-
treiben, den Decreten und Regeln des Index und den Verordnungen
der Bischöfe und Inquisitoren gehorchen und wissentlich keine
ketzerische Gehülfen annehmen wollen. Hervorragende und ge-
lehrte Buchdrucker und Buchhändler können auch zur Ablegung
des Trienter Glaubensbekenntnisses angehalten werden.
7. Wenn von einem Buche eines verdammten Aators eine
vorschriftsmässig expurgirte neue Ausgabe gedruckt wird, so ist
der Titel nach folgendem Schema zu gestalten : Bibliotheca . . .
Reception des Index Clemens* VIII. 643
a Coürado Gesnero Tigurino, damnato auctore, olim edita ac
prohibita, Dnncjassu saperiorum expurgata et permissa.
53. Reception des Index Clemens' VIII.
Der Index Clemens' VIII. wurde noch im J. 1596 auch zu
Bologna, Perugia, Florenz, Mailand, Verona, Venedig und Prag
gedruckt, 1597 zu Turin. Lissabon, Lüttich und Köln, 1598 zu
Paris und Besan^on u. s. w.^). Da er vielen Ausgaben der
Decrete des Trienter Concils beigedruckt ist, ist er überhaupt
unter allen Indices der am öftesten gedruckte. Einige Ausgaben
werden ausdrücklich als officielle bezeichnet : der Turiner von
1597 ist ein italienisches Promulgationsedict des General-In-
quisitors Barth. Rocca vom 2. April 1597 beigefügt 2), der von
Ferrara 1599 eine Verordnung des Bischofs Giov. Fontana vom
28. Nov. 1596^); die Lissaboner von 1597 wird auf dem Titel
als auf Befehl des General-Inquisitors von Portugal gedruckt
bezeichnet*); in der Prager Ausgabe von 1596 ist ein Erlass
1) Vgl. Petzholdt p. 143. Der Titel aller Ausgaben ist dem der
Römischen gleich ; es genügt also Ort und Jahr des Druckes der (ältesten
und der sonst irgendwie bemerkeuswerthen) Ausgaben anzugeben : Romae
et ßononiae 1596, Romae et Mediolani 1596* (der Zusatz Romae et scheint
anzudeuten, dass die Ausgabe gemäss dem Privileg S. 533 im Einver-
ständniss mit dem Römischen Drucker veranstaltet war), Perusiae 159G
(Roseuthal 30, 1102), Veronae 1596, Florentiae 1596 (ohne das Breve
Clemens' VIII., Schöttgen II, § 20), Venetiis 1596 (s. u.). — Romae et
Brixiae apud societatem Brixiensem 1597.* — Coloniae apud Goswinum
Cholinum 1597* (auch 1598* mit dem Conc. Trid., 1599, apud B. Gualther
1602 und 1614*). — Vesontione 1598, Parisiis 1599. Die vor 1603 er-
schienenen Ausgaben sind alle einfache Abdrücke der Römischen. Als
Anhang 'zu den Trienter Decreten ßndet sich der Clementinische Index
noch lange, nachdem andere Römische Indices publicirt waren, in vielen
Ausgaben, z. B. in einem Abdruck der Gallemart'schen Ausgabe des Conc.
Trid. Augsb. 1766.
2) Taurini apud Jo. Dom. Tarinum 1597. Schöttgen II, § 20.
8) Romae et Ferrariae 1599. Zaco. p. 169.
4) Impress. de mandato Illustriss. et Reverendiss. Domini D.Antonii
544 Reception des Index Clemens' VIII.
von dem päpstlichen Nnncins cum facnltate Legati de Latere,
Cesare Speciano, an alle Prälaten seines Legationsbezirkes bei-
gedruckt, worin er sagt: er public! re hiemit im Auftrage des
Papstes den Index mit allen Regeln, Appendices und Instruc-
tionen für alle Gebiete der kaiserlichen Majestät und des Reiches,
flir welche er als Nuncius bestellt sei, und ermahne alle Bischöfe,
dafUr zu sorgen, dass der Index baldigst in den ihnen unterwor-
fenen Kirchen, Universitäten, Collegien und Orten publicirt,
recipirt und beobachtet werde ^). — Auch mehrere Provinzial-
und Diöcesansynoden, nicht nur in Italien, sondern auch in
Frankreich, Belgien und Deutschland schärften die Beobachtung
des Index ein. — In Venedig wurde derselbe von der Regierung
förmlich recipirt, nachdem Clemens VIII. einige Bestimmungen
seiner Instruction für das Venetianische Gebiet modificirt hatte,
und mit dem Vorbehalt, dass auch in Zukunft Römische Bücher-
verbote in Venedig einer ausdrücklichen Reception durch die
Regierung bedürften.
In Rom wurde gemäss der Instruction Clemens' VIII. (I, 1)
folgendes Edict publicirt: Edictnm R. P. Magistri S. Palatii super
notificatione librorum prohibitorum ad praescriptum novi Indicis S.
D. N. Clementis VIII. — Ut ea, quae in Indice librorum prohibi-
torum, nuper iussu S. D. N. Clementis VIII. edito, executioni (ut
par est) quauto citiue demandentur, praecipimus omnibus et singuHs,
qui in Curia Romana sunt, cuiuscunque dignitatis, gradus et con-
ditionis existant, ut infra trium mensium spatium, a data praesen-
tium computandum, ad nos vel a nobis deputatos descripta singil-
latim deferant vel niittant nomina librorum omnium et singulomm,
quos apud se in eodem Indice prohibitos quisque habuerit. Alioquin
de Matos de Norogna Episcopi Helvensis, Inquisitoris generalis Lusitaniae
etc. Olisipone. Apud Petrum Craesbeeck. Expensis Christ. Ortegae
Bibliop. 1597. 73 Bl. 4.
1) Index . . . Auctoritate nunc Illustrissimi et Rev. Domini D. Cae-
saris Speciani, Episcopi Cremonensis ac Nuntii Apostolici recnsus. Pragae,
typis Wenc. Marini a Gencziz, Anno 1596.* 12 Bl. 151 S. 8. In d^mErla»
des Nuncius kommt die Notiz vor: Sbincon s. Sbignaeus ab Hazmburg,
archiep. Pragensis, ut serpcntem tunc per Jo. Huss Wiclefi dootrinam
Pragae reprimeret, ejusdem Wiciefi libros, tractatus, articuloe, scripta
(citatis quotquot ea haberent) conquisivit ampliusque ducenta exemplaria
tanta aestimatione, ut major numerus bullis übulisque argenteis ac in-
auratis esset ornatus, omnia publice in area aulae archiepiscopalis exussit
Heception des Index Clemens^ Vtll. 545
qui non paruerint librosque eiusmodi post lapsum trimestris tem-
poris praedicti sine legitima licentia retinuerint, sciant se in poenas
in Constitutione S. D. N. eidem Indici praefixa incursuros, subituri
etiam alias arbitratu nostro poenas pro contumacia et librorum
qualitate. Dat. Romae in Pal. Apostolico die 17. Maii. 1596. —
F. Barth, de Miranda S. Pal. Mag. — 17. Maii 1596 supradictum
edictum affixum et publicatum fuit in Cancell. Apost. et Acie campi
Florae . . ^). — Aebnliche Edicte werden die Inquisitoren an an-
deren Orten publicirt haben.
Von den bei Zaccaria p. 171 und A. J. P. 6, 1724 zusammen-
gestellten Synodaldecreten sind folgende zu bemerken: Narbonne
1609: alle Pfarrer sollen den Index besitzen und wenigstens zwei-
mal im Jahre durchlesen; Bordeaux 1624: wer nicht eine schrift-
liche Erlaubniss hat, darf die im Index expurgatorius (S. 3) des
Trienter Concils verzeichneten Bücher nicht lesen oder behalten, bei
Strafe der Excommunicatio latae sententiae ; Mecheln 1607: Die
Pfarrer sollen oft an die Verbote in den nach dem Concil heraus-
gegebenen Indices des apostolischen Stuhles erinnern; Köln 1612:
alle Pfarrer sollen den Index haben. Damit kann doch nur der
Kömische gemeint sein 2). Die Diöcesansynoden von Augsburg 1610
und Osnabrück 1628 sprechen ausdrücklich von den nach dem
Trienter Concil herausgegebenen Indices. — Iii Baiern wurden unter
Maximilian I. (1595 — 1651) die Verordnungen über verbotene Bücher
noch verschärft^).
Im Dec. 1599 schrieb der Carthäuser Jodocus Graes an Card.
Baronius: es sei ihm bei seinen Studien sehr hinderlich, dass er
viele Bücher wegen des Verbotes nicht gebrauchen dürfe, die er
nicht entbehren könne; in Deutschland gebe es sehr viele Bücher,
die wegen des Namens des Verfassers oder Druckers oder wegen
der Fehler in den Anmerkungen oder der Uebersetzung Scrupel ver-
ursachten, so dass man nicht einmal ein Lexicon, einen Thesaurus
oder Index mit ruhigem Gewissen benutzen könne, da die meisten
an protestantischen Orten gedruckt seien; der Cardinal möge ihm
die Erlaubniss verschaflTen, aber wo möglich nicht bloss für die in
dem Index Clemens' VIII. festgesetzte Frist von drei Jahren (S. 539),
da er aus seiner Einsamkeit zwischen Trier und Metz nicht alle drei
Jahre die Erlaubniss nachsuchen könne. — In einem Briefe vom
J. 1603 bittet der Franzose Nie. Faber Baronius, ihm die Erneuerung
der demnächst ablaufenden Licenz zu verschaflTen, aber wo möglich
für Lebenszeit, damit er ihn nicht weiter zu belästigen brauche. —
1) Ich tbeilo das Edict nach einem Exemplar in meinem Besitze
vollständig mit, weil es sonst noch nicht abgedruckt ist.
2) Zts. f. Phil, und kath. Th. 29, 151.
3) Stieve, Das kirchl. Polizeiregiment S. 18. Arch. des D. Buchb. 2, 5.
ReuRcb, Index. 35
546 Reception dos Index Clemens* VIII.
M. Ant. Bonciarius bittet um die Erwirkung der Erlaubniss, die
Bücher des Erasmus zu lesen ^).
Die Buchhändler von Venedig führten nach dem Erscheinen
des Index bei dem Senate Klage über mehrere Bestimmungen in der
Instruction Clemens' VIII., und der Senat machte in Rom so energi-
sche Vorstellungen, dass nach längeren Verhandlungen der Papst
bezüglich einiger Punkte nachgab. In seinem Auftrage unterzeich-
neten der Patriarch Card. Lorenzo Priuli, der Nuncius Anton Maria
Bischof von Amelia und der General-InquiRitor Fra Vincenzo 14.
Sept. 1596 eine ^Erklärung der Kegeln des Index Clemens' VIIL,
wie sie in dem Gebiete der durchlauchtigen Signoria von Venedig
zu beobachten sind,** welche folgende Modificationen der Instruction
enthält: 1. Die mit d. c. verbotenen Bücher dürfen auch vor der
Expurgation an solche verkauft werden, welche von dem Bischof
oder Inquisitor die Erlaubniss haben, sie zu behalten. — 2. Wenn
Bücher, die mit d. c. verboten sind, neu gedruckt werden sollen,
brauchen sie nicht nach Rom gesandt, sondern sollen sie unverzüg-
lich von dem Bischof und Inquisitor expurgirt werden. — 3. Die
Drucker brauchen nicht eine Abschrift des Manuscriptes einzureichen
(Instr. III, 4), sondern haben das bei dem Drucke gebrauchte Manu-
script dem Secretär der Riformatori dello studio abzuliefern, und
dieses gilt nur von neuen Büchern und neuen expurgirten Ausgaben
mit d. c. verbotener. — 4. Auf der Rückseite des Titelblatts ist
die Druckerlaubniss der Behörden in der herkömmlichen Form ab-
zudrucken; darin sind die Namen derjenigen anzugeben, welche das
Buch geprüft und approbirt haben (Instr. I, 5). — 5. Unanständige
Bilder oder Initialen sind verboten, nicht aber profane, die nicht un-
anständig sind (Instr. I, 3). — 6. Die Buchhändler sollen einmal
ein Verzeichniss ihrer Bücher dem Inquisitor einreichen, um die
Buchläden von den in dem neuen Index verbotenen Büchern zu
säubern. — 7. Bezüglich der den Bischöfen und Inquisitoren (in der
Reg. 10 und Instr. I, 3) eingeräumten Befugniss, ausser den im
Index stehenden Büchern auch andere zu verbieten, wird erklärt,
dass dieses von Büchern gegen die Religion und von Büchern, die
mit falschen und erdichteten Approbationen gedruckt sind, zu ver-
stehen ist. Solche Verbote sollen nur sehr selten und nicht ohne
den gewichtigsten Grund und nur unter Mitwirkung der Inquisition
und der Assistenten (S. 175) erlassen werden. — 8. Die Bestimmung
über die Vereidung der Buchhändler und Drucker (Instr. I, 6) soll
im Venetianischen Gebiete nicht ausgeführt werden. — 9. Alle Erben
müssen, nöthigenfalls mit Hülfe von Sachverständigen, ein Verzeich-
niss der zur Erbschaft gehörenden unbedingt oder mit d. c. ver-
botenen Bücher anfertigen und binnen drei Monaten dem Inquisitor
einreichen und dürfen mittlerweile die Bücher nicht gebrauchen oder
1) Baronii Epistolae I, 473. II, 148. 224.
Reception in Venedig. 647
veräuBsern ^). — Diese Erklärung acceptirte der Senat, Hess sie in
150 Exemplaren für die Buchhändler drucken und gestattete nun
auch die Publication des Index ^).
Auf die Abschliessung dieses Concordates, wie man die ver-
einbarte Erklärung vom 14. Sept. 1596 nannte, wurde nun aber in
Venedig die Folgerung gestützt, dass alle weiteren Bücherverbote,
um in Venedig gültig zu sein, gleichfalls einer förmlichen Aner-
kennung durch die Regierung bedürften. Allerdings wurde dieser
Grundsatz in der Form ausgesprochen, dass im Venetianischen Ge-
biete kein Bücherverbot gelte, welches nicht von der Venetianischen
Inquisition promulgirt sei; diese durfte aber kein von Rom aus er-
gangenes Verbot promulgiren ohne Zustimmung der drei Senatoren,
die an ihren Sitzungen theilnahmen (savii all' eresia, s. S. 175).
Nur rein theologische ketzerische Bücher durfte die Inquisition selb-
ständig verbieten^). Bischöfe und Geistliche suchten zwar vielfach
mit mehr oder weniger Erfolg diese Bestimmung zu umgehen und
Römische Büchei*verbote als ohne weiteres auch für Venedig gültig
darzustellen. Sie versuchten auch, die Beifügung derselben in den
neuen Venetianischen Ausgaben des Index zu erwirken*). Die Re-
gierung aber hielt an jenem Grundsatze fest, und erst im J. 1766
erschien eine von ihr anerkannte vermehrte Ausgabe des Index ^).
Das Concordat von 1596 ist derselben vorgedruckt und hinter dem
Index Clemens' VIII. steht eine Appendix, und eben diese zeigt,
wie wenige Römische Verbote in Venedig förmlich anerkannt wor-
den waren. Sie enthält die Decrete von Alexander VII. und Inno-
cenz XI. über Moralsätze und die Sätze des Molinos, das Verbot
von 14 quietistischen Büchern vom 8. Febr. 1688 mit der Bemer-
kung, es sei 22. März acceptirt worden, 5 andere Inquisitionsdecrete
über Bücher aus den Jahren 1682 — 1709, zuletzt das Verbot des
Berruyer von 1760. Aus der Zeit von 1596 — 1665 finden sich nur
zwei Verbote von 1609 und 1617: Libro infamatorio detto Puri-
tanus contro il Re d' Inghilterra und Libri di G. Aventrot, und
1) Zacc. 170. Cecchetti, La Repp. di Venezia e la Corte di Roma
n, 257. •
2) Index . . . Venetiis apud Nie. Morettum 1596* 12. (Stuttgart).
Weitere Abdrücke erschienen zu Venedig 1597* (mit dem Conc. Trid.),
1598, 1602,* 1607, 1608,* 1614,* 1624,* 1707.* Der Clementinische Index
und die Dichiarazione delle Regole von 1596 sind auch abgedruckt in
den Opere di P. Sarpi. Helmstadt 1763, 4, 431.
3) Sarpi, Opere 6, 56, 61. Cecchetti I, 35. 79. II, 259. 260.
4) Sarpi, Opere 6, 52.
5) Index .... Clementis Papae VIII. jussu recognitus et pnblicatus.
Editio n. ad exemplar primae Morettianae an. MDIYC. cum Appendico
aliquot opernm, quae snbinde prohibita censeri debent juxta formam cou"
cordatornm. Venetiis ex typographia Columbiana a. 1766. Superiorum
auctoritate. VIII und 202 S. 8.* (München, Univ.).
54^ Beoeption des Index Clemens' VILL
diese Bücber waren nicbt in Rom, sondern von der VenetianiBclieii
Regierung verboten^).
Bezüglich der Ertheilung der Dmckerlanbniss verordnete der
Senat 1615, es solle anf dem Titel der Bücher einfach gesagt wer-
den : Cum licentia superiorum, ohne dass die Revisoren genannt
würden (wie Clemens VUI. Instr. III, 5 verordnet}. Paul V. re-
clamirte dagegen-). 1622 wurde dann auf Grund der Xo. 4 de«
Concordates und der beistehenden Praxis verordnet, dass dieselbe
von den drei Rifurmatori dello studio in folgender Form zu er-
theilen sei: «^^'^i ^^^ Riformatori u. s. w. ertheilen die Erlaubnin
zum Druck, nachdem wir durch die Revisions- und Approbationsbe-
scheinigung des Inquisitors gesehen, dass das Buch nichts gegen den
katholischen Glauben, und durch die Bescheinigung unseres Secre-
tärs, dass es nichts gegen die Fürsten und die guten Sitten enthält*.
Man hielt strenge darauf, dass der Inquisitor sich auf die Erklärung
zu beschranken habe, ob ein Buch etwas gegen den katholischen
Glauben enthalte'). Für den Secretär beantragte Sarpi 1615 eine
Instruction zu entwerfen. In der Motivimng seines Antrages*)
kommen folgende Bemerkungen vor: .Früher waren die Interessen
und Grundsätze der Kirche und des Staates dieselben und die In-
quisition sorgte dafür, dass, wie nichts gegen die Religion, so auch
nichts gegen die Regierung gedruckt wurde. Seit 50 Jahren ist
aber ein solcher Gegensatz zwischen den Interessen der kirchlichen
und der weltlichen Gewallen hervorgetreten, dass man sich bezüg-
lich der letztem nicht mehr auf die Inquisition verlassen kann.
Nach der Instruction Clemens' Till, il, 2) sollen keine Bücher mehr
gedruckt werden, in welchen die kirchliche Freiheit, Immunität und
Jurisdiction angegrilTen oder die Staatsrais«jn geltend gemacht wird;
unter letzterer versteht man aber in Rom alle Massregeln, welche
die kirchliche <)beraufsicht über die bürgerlichen Angelegenheiten
der Fürsten und Obrigkeiten hindern. Darum gibt es jetzt keine
Bücher mehr, welche die Rechte der weltlichen Gewalt vertreten:
neue dürfen nicht gedruckt werden, die älteren sind geändert. Diese
Sitte, die Bücher zu ändern, ist nicht nachzuahmen, weil alle Welt
sie tadelt und als Fälschung bezeichnet und weil die Geistlichen
flr sich allein diese« Rech: beanspruchen, wie man denn in Rom
sich sehr ungehalten gezeigt hat, als man in Venedig in einem Buche des
Jesuiten Suarez eine der Regierung anstössige Stelle weggelassen
hatte. Adders wo schon gedruckte Bücher dürfen also in Venedig
nicht castrirt wenlen. Randnoten beizufügen, wie «das ist falsch**
i>ier ,,vvn anderen widerlegt* (wie in dem Römischen Index expur-
1) Cecohetti IL. 25S« Eine Schriu von Aventrc^t wurde 1621 audi
in Rom verboten.
2) Albiixi, Rispixsta a Frt Paolo p. 29S.
3^ Saurpi, Opeiw 6, 14. Ceix:he;:i I, 4iXV 406,
4^ Sarpi. Opcrv 6, 1. Ceodietti ü, 2SS.
Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis. 549
gatorius mitunter verordnet wird), ist lächerlich. Wenn ein Unter-
than der Republik ein neues Buch drucken lassen will, kann von
ihm verlangt werden, dass er die der Regierung anstössigen Stellen
ändere oder das Buch ungedruckt lasse; ist der Verfasser kein
Venetianer, so ist nicht eine Aenderung zu verlangen, sondern die
Druck er laubniss zu verweigern. Vor zehn Jahren hat ein Autor
in einem Buche, das in Venedig gedruckt wurde, auf den Wunsch
eines der Riformatori einiges geändert; später Hess er es in Rom
neu drucken mit Schmähungen gegen die Behörden. Wenn der Se-
cretär den Druck von zehn Büchern nicht gestattet, so ruinirt er
damit nicht den Buchhandel; in Rom verbietet man tausend, nicht
nur der Religion wegen, was nöthig ist, sondern aus anderen Grün-
den". — Bei einer andern Gelegenheit macht Sarpi den Römern
den Vorwurf: sie verbieten oder corrumpiren gute Bücher, nament-
lich solche, die von den Rechten des Staates handeln; sie verbieten
Bücher, die sie nichts angehen (nicht theologische); sie bestreiten
das Recht der Republik, schädliche Bücher zu verbieten. Bezüglich
des ersten Punktes verweist er auf den Römischen Index expurga-
torius und bemerkt: aus den expurgirten Ausgaben könne man nicht
mehr sehen, was der Verfasser, sondern nur noch, was die Curie
meine ^).
54. Der Index expnrgatorins des J. M. Brasichellensis.
Der einzige Römische Index expurgatorius, den es gibt,
wurde 1607 von dem Dominicaner Giammaria Guanzelli aus
Brisighella bei Faenza, — er nennt sich auf dem Titelblatte
Fr. Jo. Maria Brasichellensis, — herausgegeben, der seit 1598
Magister Sacri Palatii war, 25. Juli 1607, also gleich nach der
Veröffentlichung seines Werkes von Paul V. zum Bischof von
Polignano (episc. Polyamniensis) ernannt wurde und 1619 starb
(Catalani p. 142). Es erschien nur der erste Band^). Derselbe
1) Operc 6, 52.
2) Indicis Librorvm cxpurgandorvm iu studiosorum gratiam confecti.
Tomas Primus. In qvo qvinqvaginta Avctorvm Libri prao caeteris desi-
derati emcndantur. Per Fr. Jo. Mariam Brasichcllen Sacri Palatii Apo-
stolici Magistrvm in vnum corpus redactus, & publicae commoditati ac-
ditns. (Hier das päpstliche Wappen zwischen Petrus und Paulus). Romac,
Ex typographia R. Cam. Apost. 1607. Svperiorvm Permissv. 8 Bl. 742 S.
und 1 nicht numorirtes Blatt 8.* (Bonn). Auf dem letzton Blatte: Series
550 Index expurgatorius des J. M. BraRichellensis.
wurde 1608 zu Bcrgjimo nachgedruckt^), aber im J. 1611 in
der Stille unterdrückt. In Folge davon sind beide Ausgaben
selten geworden. Der Index wurde aber nach der Ausgabe von
Bergamo von Georg Serpilius zu Regensburg 1723, bei Joh.
Adam Hesselius zu Altdorf 1745 -), endlich 1837 von R. Gibbings
(buchstäblich genau) mit einer ausführlichen Einleitung neu
herausgegeben ^),
In der kurzen Vorrede sagt Brisighella: da zu seinen amt-
lichen Pflichten auch die Expurgation der Bücher gehöre, so
habe er sich angelegen sein lassen, dass die mit d. c. verbo-
chartarum . . . Romae M.DC.Vll. Ex Typographia Reu. Gamerae Apo-
stolicae. Svperiorvm Pcrmissv. Der Index ist in durchlaufenden Zeilen
gedruckt. Clement V, 209. Annuaire de la Bibliotheque Roy. de Belgique,
Par le Baron de Reiffenberg. Annee X. (1849) p. 186.
1) Indicis Librorvm expvrgandorvm In studiosorum gratiam cou-
fecti Tomus primus. In quo quinquagiuta Auctorum Libri prae cacteris
desiderati emendantur, per F. Jo. Mariara Brasichell. Sacri Palatij Apost.
Magistrum In vnum corpus redactus, & pub. commoditati aeditus. (Hier
Petrus und Paulus, oliue Wappen). Romae Primo; Deinde Bergomi, Typis
Comini Venturae, 1G08. 8 Bl. 608 S. 8. Der Index ist in zwei Spalten
gedruckt.
2) Der Regensburger Druck hat denselben Titel wie die Römische
Ausgabe, der Altdorfer den der Ausgabe von Bergamo. Nach dem Er-
scheinen der Altdorfer wurde zu den noch nicht verkauften Exemplaren
der Regensburger der erste B(^gen neugedruckt und auf dem Titel bei-
gefügt: Editio secunda, Multorum desiderio juxta exemplar Romanum
typis mandata. Superiorum permissu. Pedeponti vulgo Stabt am ^of.
Sumptibus Jo. Gastl Bibliopolae a. 1745. Mehreren Exemplaren der Alt-,
dorfer Ausgabe, die ich gesehen, ist beigebunden: Notitia Indicis Librorum
expurgandorum editi per Fr. Jo. Mariam Brasichellen, S. P. Ap. Mag.,
quae et introductionis loco in historiam Indicum prohibitoriorum et ex-
purgatoriorum esse queat. Recensente M. Nie. Ernesto Zobelio, ecclesiae
Raschensis Pastore et Altoifinae Vicario. Altorfii, J. A. Ilessel 1745. 80 8. 8.
Zobel wird also auch den Neudruck veranlasst haben. Die sonstige ältere
(antiquirte) Literatur über Bras. verzeichnet Clement V, 209. Vgl. Mendham
p. 129.
3) An exact Reprint of the Roman Index Expurgatorius. The only
Vatican Index of this kind ever published. Edited, with a Preface, by
Richard Gibbings, A. B., Scholar of Trinity College, Dublin. Dublin 1887.
Die Vorrede p. I— LXXXVI. Nach dieser Ausgabe citire ich.
Index expurgatorius des J. M. Brasichcllensis. 551
tenen Bücher castigarcntur talesque rcstituerentur studiosis, ut
tuto et inoffense tractari possent; da die Zahl dieser Bücher
aber sehr gross sei, habe er sich vorläufig auf solche beschränkt,
deren Eruendation für das Publicum am nützlichsten sei, quosque
sibi e manibus extorqueri gravius ferre homines animadvertimus
et quorum ut perniitteretur facultas pene quotidie a nobis effla-
gitabatur; seine Vorgänger hätten dafür Vorarbeiten hinterlassen,
die theils von ihnen selbst, theils von Universitäten und anderen
Gelehrten herrührten; die nach seinem Index corrigirten Bücher
seien nicht verboten; den zweiten Band habe er schon unter
Händen. Dann folgt ein Abdruck der auf die Expurgation be-
züglichen Trienter Regeln (2, 5, 7, 8) und des zweiten Theiles
der Instruction Clemens' VIII. Hinter dem Index sind zwei
(italienische) Edicte des Mag. S. Pal. vom 7. Aug. 1603 und
vom IG. Dec. 1605 abgedruckt, worin eine ziemlich grosse Zahl
von Büchern verzeichnet ist, die seit der Publication des Index
von 1596 verboten worden waren.
Der Index selbst umfasst in alphabetischer Ordnung 50
(51) Autoren und Bücher, darunter vier, die nicht in dem Index
von 1506, sondern in den beiden Edicten verboten werden, und
sonderbarer Weise drei Bücher von Benedictus Arias Montanus,
die in Rom nie verboten worden sind. Dass gerade die Bücher
aufgenommen seien, deren Expurgation am nützlichsten und
wünschenswerthesten gewesen, wird in dieser Allgemeinheit mit
Unrecht behauptet: die Expurgation des G. Molinaeus, die 70
Seiten füllt, war bereits gedruckt (S. 443), und der Raum,
welchen die Expurgation des Franc. Georgius Venetus (p. 373
-460; 8. S.486) und des Jo. Nevizanus (p. 521—530; s. S. 500)
einnehmen, hätte auch besser verwendet werden können^). Am
umfangreichsten ist die Expurgation der Bibliotheca Patrum von
Margarinus de la Bigne, Paris 1589 (p. 55—259). Von Janas
Cornarius und Leonh. Fuchsins werden einige (medicinische)
1) Zu Franc. Georgius' Harmonia hat Bras. übrigens (p. 424) ein
Gutachten irgend eines Consultors unverändert abdrucken lassen. So heisst
es, was sich doch für einen Index expurgatorius nicht passt, darin sehr
oft: Puto esse delenJa, delerem, nam etc., non probo u. s. w., p. 428
sogar: non iutelliguntur haec vcrba. — Vgl. S. 428,
552 Index expurgatorius ilcs J. M. Brasichellcnsis.
Bücher ganz unbedeutend expurgirt, viele einfach freigegeben.
Auch in einigen anderen Büchern werden nur wenige Stellen
gestrichen, an letzter Stelle in den Ausgaben des Xenophon die
Vorreden und Namen der Ketzer Joachim Camerarius, Seb.Castalio,
Jo. Ribittus, Wilibald Pirkheimer und Conrad Gesner. Diese
drei Expnrgationen und noch mehrere andere sind übrigens,
ohne dass etwas davon gesagt wird, aus dem Antwerpener Ex-
purgatorius resp. Quiroga abgedruckt, auch die des Polydorus
Vergilius von 1544 und der älteren Ausgaben des Didacus Stella,
obschon bei Cl. expurgirte Ausgaben von 1576 resp. 1581 aus-
drücklich erwähnt werden.
Man kann den Index nicht als eine Privatarbeit bezeichnen;
denn der Herausgeber sagt ausdrücklich, dass er ihn in seiner
amtlichen Eigenschaft veröffentliche. Man wird höchstens sagen
können, der Magister S. Palatii habe den Index nicht im aus-
drücklichen Auftrage des Papstes oder der Index-Congregation
herausgegeben. Hätte er einen solchen Auftrag gehabt, so würde
er es sagen. Die Formel Superiorum permissu auf dem Titel-
blatt der ersten Ausgabe ist unklar. Nach der 10. Trienter
Regel hatten für Bücher, die in Rom erschienen, der Magister
S. Pal. und der Cardinal- Vicar die Druckerlaubniss zu ertheilen;
ob für den Index neben dem letztern statt des erstem eine an-
dere Behörde die Druckerlaubniss ertheilt hat, ist nicht auszu-
machen. Jedenfalls wird er nicht ohne Vorwissen der Index-
Congregation erschienen sein. Hätte sich Brisighella mit der
Veröffentlichung desselben einer Ueberschreitung seiner amt-
lichen Befugnisse schuldig gemacht, so würde er nicht zum
Bischof ernannt und sein Buch förmlich desavouirt worden sein.
Dass man dasselbe ohne Aufsehen unterdrückte, erklärt sich
aber daraus, dass man nicht verkennen konnte, wie wenig Ehre
mit demselben einzulegen war, — ein Vergleich mit dem Ant-
werpener und dem Quiroga'schen Expurgatorius konnte nur zu
Ungunsten desselben ausfallen, — und dass einzelne Theile
desselben, namentlich die Expurgation der Bibliotheca Patrum,
vielfachen Widerspruch fanden.
Die Autoren, vod denen erst nach 1596 Schriften verboten
wurden (und von denen darum im 2. Bande zu handeln ist), sind
Alpb. Martinus Vivaldus, Emmanuel Sa, Laurentius Schradaeus
Index expurgatoriuB des J. M Brasichellensis. 553
(Schrader) und Franc. Vallesius. Ausser den oben genannten sind
aus Q. oder dem Antw. Exp. einfach abgedruckt die Expurgationen
von Amatus Lusitanus, Arnaldus de Villanova, Beatus Rhenanus,
Biblia Vatabli, Didacus Stella, Epigrammatum flores Leod. a Quercu,
Franc. Duarenus, Janoccius de Manettis, Jo. Carion, Jo. Oldendor-
pius, Leop. Dickius, Levinus Lemnius, Lud. Yives, Mart. Martinez,
Melchior Clingius, Petrus Crinitus, Plato ed. Jo. Serranus, Theo-
phrastus ed. J. C. Scaliger und Theophrastus Paracelsus (dieser ist
mit Theophrastus zusammengeworfen und steht nicht im Register;
darum zählt Bras. 50 statt 51 Expurgationen). Hinzugekommen
sind zu diesen, bei denen einfach auf die früheren Indices hätte ver-
wiesen werden können, ausser den oben genannten nur folgende,
bei denen aber zum Theil auch Q. oder Antw. benutzt sind: Alber-
tus Argentinensis, Alb. K'rantz, Analysis s. resolutio dialectica, An-
dreas Masius, Ant. de Rampelogis, Franc. Hottomanus (in De ver-
bis juris, Ven. 1564, und Commentaria in libros Instit., Ven. 1569,
werden einige Stellen über Papst und Kaiser, über Geistliche und
Mönche u. dgl. gestrichen, in letzteren auch eine Stelle, wo Justi-
nian als ein frommer Christ bezeichnet wird, mit der Motivirung:
er sei als Eutychianer gestorben), Gerardus Mercator. Guil. Grata-
rolus, Hier. Cardanus, Jo. Bodinus, Jo. Forster (Lexicon hebr.), Jo.
Guil. Stuckius (Antiquitatum convivalium, 11. 3, 1592), Jo. Petrus
de Ferrariis, Josias Simler (De republica Helvetiorum undVallesiae
descriptio). Lud. Castelvetro; Matth. Wesenbecius, Beb. Münster (im
Dictionarium hebr. die Vorrede und alle Stellen zu streichen, an
denen die Vulgata getadelt wird), Theatrum vitae hum. von Theodor
Zwinger und Thesaurus Santis Pagnini.
Im J. 1611 sollte der Index in Antwerpen nachgedruckt wer-
den; aber 21. Jan. 1612 schrieb der Nuncius an den Drucker: „Auf
Befehl Seiner Heiligkeit ist der Index kürzlich suspendirt worden
(nuper suspensus fuit). Da ich dir im vorigen Jahre ein Exemplar
übersandt, um ihn dort zu drucken, so glaube ich dich jetzt ersuchen
zu müssen, ihn nicht zu drucken oder, wenn der Druck schon voll-
endet ist, dich zu bemühen, dass alle Exemplare unterdrückt wer-
den". Zobel und Mendham (p. 131) meinen, der Index sei auf den
Index gesetzt worden; aber das im J. 1621 erlassene Verbot der
„ausserhalb Roms ohne Approbation der Index-Congregation gedruck-
ten Indices et Syllabi particulares" bezieht sich schwerlich auf Bras.
Das von dem Nuncius gebrauchte Wort suspendere ist der technische
Ausdruck für ein Verbot d. c. Aber auch so ist Bras. nicht förm-
lich verboten worden. Es scheint aber, dass man in Rom daran
gedacht hat, eine expurgirte Ausgabe dieses Expurgatorius zu ver-
anstalten. Wenigstens sagt P. Wastelius, der 1643 die von Bras.
bestrittene Echtheit eines dem Johannes von Jerusalem zugeschrie-
benen Buches (s.u.) verth eidigte: er habe ein Exemplar in Händen
gehabt, nach welchem eine neue Ausgabe hätte gedruckt werden
sollen, und nach dem, was er darüber sagt, sollten in dieser, wie
bei Q., nur die in den zu expurgirenden Büchern vorzunehmenden
Aenderungen angegeben, dagegen die Motivirungen derselben, die
554 Index exporgatorius des J. M. Brasichelleosis.
bei Bras. namentlich bezüglich der Bibliotheca Patram eine so grosse
Rolle spielten, weggelassen werden^). Dieser Plan kam aber nicht
zur Ausführung. Der Index wurde, wie Papebroch sagt, ohne Auf-
sehen unterdrückt (modeste suppressus), der Wiederabdruck und die
Veröffentlichung eines zweiten Bandes verboten.
Bras. wurde von den Carmelitem angegriffen, weil in der Ex-
purgation des 8. Bandes der Bibliotheca Patrum (p. 254) gesagt
war, der Bischof Johannes von Jerusalem, der Zeitgenosse des Hiero-
nymus, dürfe nicht als Heiliger bezeichnet werden uhd habe wahr-
scheinlich nicht das Buch de institutione monachi geschrieben, dessen
Verfasser sich als einen Carmeliter bezeichne und welches über die
Gründer und Verbreiter des Carmeliterordens handle, was durch
Anführung einer Stelle aus Baronius begründet wird, der in ziem-
lich starken Ausdrücken in directem Gegensatze zu der im Carme-
literorden herrschenden Ansicht sagt, im 5. Jahrb. habe es noch
keine Carmeliter gegeben. Ausserdem sprachen sich Raynaud, Poza
und andere Jesuiten sehr bitter über Bras. aus, weil er ihren Moral-
theologen Emmanuel Sa sehr stark expurgirt hatte (Gibbings p. LVII).
Auch in Spanien war man unzufrieden. Ein Secretär der Inquisi-
tion schreibt im J. 1633: er habe an dem Index von Sandoval
von 1612 mit gearbeitet; dabei sei Bras. nicht berücksichtigt wor-
den, weil er \ oder Malvenda, der der eigentliche Verfasser sei) darin
seine persönlichen Meinungen, namentlich den Jesuiten (Sa) gegen-
über geltend gemacht ; Pineda und die anderen spanischen Quali-
ficatoren hätten die von Bras. gegebene Expurgation des Arias
Montanus, Franc. Vallesius und anderer orthodoxer Schriftsteller
und der Bibliotheca Patrum vielfach gemildert u. s. w.-).
Dass Bras. von Sand, nicht berücksichtigt worden, ist übrigens
unrichtig. Es wird vielmehr wiederholt darauf verwiesen, z. B.
bei den Büchern von Melchior Kling: permittuntur, qui ad prae-
scriptum Expurgatorii Mag. S. Pal. correcti fuerint. Der spanische
Dominicaner Thomas Malvenda ist auch nicht der eigentliche Ver-
fasser des Index, wohl aber der einen grossen Theil desselben
füllenden Expurgation der Bibliotheca Patrum'). Diese ist aller-
dings eine der sonderbarsten Partieen des Index. Es ist weniger
1) So wird der Satz zu verstehen sein, den Clement V, 211 aus
Wastclius, Vindiciae, in quibus Joanni Hicrosol. u. s. w. anführt: Vidi ego,
manibus tenai et legi indicem illum expurgatonum novo prelo destina-
tum, Omnibus ejas probationibus virga censoria cancellatis, ut tantum
nudac conclusiones in posterum vulgarentur.
2) Pelayo, Heterodoxos 3, 854.
3) Qaetif II, 455 sagt, er sei 1605 von der Index-Congregation mit
der Expurgation beauftragt und in 1—2 Monaten damit fertig geworden.
Wahrscheinlich ist auch die Expurgation des Arias Montanas und viel-
leicht noch anderes von ihm.
Bibliothcca Patrum. 555
eine Expurgation als eine Reihe von kritigehen Bemerkungen,
grossen theil 8 mit ausführlicher Begründung, die nicht immer so zu-
treffend ist wie bei Johannes von Jerusalem. Eine Expurgation ist
es doch z. B. nicht, wenn p. 133 verordnet wird, der Vita D. Vi-
gilii Tridentini einen 5 Spalten füllenden Passus beizufügen, worin
Malvenda alles zusammengestellt hat, was er über diesen Autor
weiss. Dieser Fall ist aber gar keine Ausnahme: auch zu den
Sprüchen des Xystus, zu Evagrius, zu Jonas von Orleans (p. 164.
181. 136) u. a. fügt er Seiten lange Erörterungen bei, wobei er
ileissig seine eigenen Schriften citirt.
Die erste Ausgabe der Bibliotheca SS. Patrum supra 200 u. s. w.,
— welche übrigens nicht nur patristischo, sondern auch Schriften
von heterodoxen, schismatisch-griechischen und mittelalterlichen Au-
toren enthält, weshalb Bras. den Titel in Bibliotheca patrum et
veterum auctorum ecclesiasticorum corrigirt, — erschien zu Paris
1575 — 78 in 8 Foliobänden (dazu eine Appendix 1579). Sie wurde
alsbald in Rom als ein unzeitgemässes und der Kirche schädliches
Werk denuncirt^). Von Q. wurde sie 1583 mit d. c. verboten und
expurgirt. Aus U. nahmen S. Cl. das Verbot auf. Mittlerweile war
aber 1589 die 2. Ausgabe in 9 Bänden erschienen, und diese ist
es, die von Bras. expurgirt wird. Die 3. Ausgabe von 1610 und
die 4. von 1618 wurden ex praescripto Indicis expurgatorii „emen-
dirt**, und die Ausgabe von 1610 wurde von Sand, ausdrücklich
freigegeben und nur das Auctarium derselben expurgirt. Im Rom.
Index aber steht noch heute (unter Bigne) die Bibliotheca ohne
irgend welche Bezeichnung der Ausgabe mit d. c.
An die Expurgation der Bibl. Patrum knüpft sich die Frage,
ob auch Schriften von Kirchenvätern in den Indices prohibitorii und
expurgatorii stehen. Verboten werden Schriften von einzelnen mittel-
alterlichen griechischen und lateinischen Theologen, und aus der
älteren Zeit einige Apokryphen (S. 292); das einzige Verbot einer
eigentlichen patristischen Schrift findet sich, abgesehen von dem
Opus imperfectum in Matthaeum (S. 292), bei V. 59 : er verbietet
den dem Eucherius (im 5. Jahrh.) zugeschriebenen Commentar zur
Genesis. Alle anderen Verbote von patristischen Schriften beziehen
sich lediglich auf die von Ketzern oder der Ketzerei Verdächtigen
besorgten Ausgaben. — Was die Indices expurgatorii betrifft, so
streichen sie alle in den Indices (Registern) der Ausgaben der
Kirchenväter viele Stellen, welche wörtlich aus dem Texte derselben
entnommen sind, wie das ja auch bei BibeMndices geschieht (S. 202) ;
aber diese Stellen werden eben nur im Register, nicht im Texte ge-
strichen 2). Bezüglich der Behandlung des Textes ist zu unter-
scheiden zwischen Quiroga und den späteren Indices. Q. streicht in der
Bibl. Patrum nicht nur einen Tractat des Marcus von Ephesus, und
1) Theiner, Ann. II, 416.
2) Beispiele bei Junius, Indices exp. duo p. 26. Francus p. 152.
556 Index expurgatorius des J. M. Brasichellensis.
einige Schriften von Clemangis ganz, sondern, was viel bedenklicher
ist, in anderen Büchern einzelne Abschnitte: zwei Capitel in einer
Schrift des Nie. Cabasilas, den Schluss des dem Melito unterschobenen
Tractatus de transitu B. Mariae, viele Stellen in den, wie er aus-
drücklich beifügt, dem Einsiedler Antonius mit Unrecht zugeschrie-
benen Melissae betitelten Predigten, ferner, was noch bedenklicher
ist, einige Stellen in der lateinischen Uebersetzung des Cyrillus
Alexandrinus von Laur. Humfredus und Bon. Vulcanius und in
dem erwähnten Commentar des Eucherius, eine Stelle in den Quae-
stiones des Anastasius und zwei Stellen in dem Pastor des Hermas,
den er bei der Expurgation der Orthodoxographa mit einem Moni-
tum freigibt. — In der Instruction Clemens* VIII. (II, 4; S. 541)
wird verordnet: „in den Büchern alter Katholiken, d. h. solcher die
vor 1515 geschrieben, solle nichts geändert werden, falls nicht
durch die Arglist der Ketzer oder die Nachlässigkeit der Drucker
ein handgreiflicher Irrthum eingeschlichen sei". Dass man diese
Vorschrift nicht in ihrer ganzen Ausdehnung beobachtete, zeigt die
Expurgation des Jo. Petrus de Ferrariis, Albertus Argentinensis
u. s. w. Aber bei der Expurgation der Bibl. Patrum beschränkt
sich Bras. darauf, bei Pseudo-Melito 5 Worte zu streichen und den
Pseudo-Antonius ähnlich zu corrigiren wie Q., nachdem er bemerkt
hat, die Predigten seien von einem spätem Griechen Antonius Me-
lissa (um 1000) und die Gesner'sche Uebersetzung derselben sei
unzuverlässig^). Sonst beschränkt er sich bezüglich patristischer
Schriften auf warnende Vorbemerkungen und Kandnoten. Auch
Sand, und die folgenden span. Indices streichen im Texte nichts
mehr (nur Sand, noch die Stellen im Hermas). Von den angegebenen
Fällen abgesehen, trifft also die Indices der Vorwurf einer Aende-
rung des Textes der Kirchenväter nicht.
Eine andere Frage ist, ob nicht im 16. Jahrhundert katholi-
sche Herausgeber patristischer Schriften auf Veranlassung oder mit
Vorwissen der kirchlichen Behörden, welche ihre Ausgaben revi-
dirten und approbirten, die Kirchenväter verfälscht haben, wie von
protestantischen Polemikern vielfach behauptet worden ist 2), während
1) V. 59 verbietet: Antonii Melissae 1. sententiarum etFacismi disser-
tationes contra graecos [ed. Com. Gesner 1546; s. Fabricius, Bibl. gr. V,
25, 2]. Bei Q. steht Antonii Melissae s. Musae sent. u. s. w. Das sonder-
bare sivc Musae ist wohl dadurch entstanden, dass in Q.'s Manuscript auf
Ant. Melissa der lutherische Theologe Ant. Musa folgte. S. hat den Unsinn
nachgedruckt, Gl. aber Ant. Melissa u. s. w., Sand, sive Musae gestrichen.
2) Th. Jame«, A Treatise of the corruption of Scripture, Councels
and Fathers by the Prelatcs, Pastors and Pillars of the church of Rome
for the maintcnance of Popery and irreligion. London 1612.* Ders., Ecloga
Oxonio - Cantabrigensis, 1600.* — Francus p. 98. 213. Mendham, An
exact Reprint p. LXXVII. Vgl. Gretser p. 260. (Opera 13, 110).
Ausgaben der Kirchenväter. 657
von katholisclier Seite versicliert wurde, man habe sich immer an
die Vorschrift Clemens' YIII. gehalten. Es erregt nun allerdings
Bedenken, wenn wir sehen, wie rasch manche Theologen des 16.
Jahrh. bei Stellen der Kirchenväter, die irgendwie unbequem waren,
mit der Vermuthung bei der Hand waren, sie seien von älteren
oder neueren Ketzern corrumpirt worden. So verordnet Bras. p. 101,
zu einer Stelle in einem Briefe des Ignatius (nach der längern
lateinischen Eecension), Petri et Pauli et aliorum apostolorum, qui
nuptiis operam dederunt, am Rande zu bemerken: Verba illa „et
Pauli et aliorum ap.* videntur e textu abradenda; nam . . . haud
levis suspicio est, Graeculos, quo suo recentiori mori de presbyteris
conjugatis suppetias accerserent, hunc locum depravasse. Zu einer
andern Stelle: unus calix qui omnibus nobis distributus est, bemerkt
Bellarmin: Neque multum fidendum est graecis codicibus; multi sunt
enim in eis errores. Hier haben spätere Ausgaben qui pro Omni-
bus u. s. w.^). So werden auch sonst wohl einzelne Stellen ge-
ändert worden sein. Dass dieses aber mit patristischen Schriften,
von dem Opus imperfectum in Matthaeum (S. 292) abgesehen, in
grossem Massstabe geschehen sei, ist nicht zu erweisen. In den
meisten Fällen, wo man von Fälschung spricht, handelt es sich nur
um ein unkritisches Verfahren : man hat in Ausgaben der Kirchen-
väter Stücke, deren ünechtheit jetzt erwiesen ist, als echt auf-
genommen und echte Stücke, die man für unecht hielt, wegge-
lassen, jüngere und schlechtere Handschriften bevorzugt, ver-
derbt scheinende Stellen nach ungeschickten Conjecturen zurecht
gemacht und namentlich Bibelcitate vielfach nach der Vul-
gata geändert. Sehr oft wird citirt, was Franciscus Junius
erzählt: ein Corrector des Lyoner Druckers Frelonius habe ihm
1559 einen Correcturbogen von einer Ausgabe des Ambrosius ge-
zeigt, auf welchem zwei mit der Censur beauftragte Franciscaner
den Text, wie er nach Handschriften gesetzt war, stark geändert
hatten (Mendham p. 84). Da aber jene Lyoner Ausgabe gar nicht
erschienen, ist es nicht auszumachen, ob die Censoren willkürlich
oder nach einer andern Handschrift geändert haben.
Indess eine Untersuchung darüber, ob nicht überhaupt Heraus-
geber patristischer Schriften ihren confessionellen oder theologischen
Anschauungen auf die Handhabung der Kritik einen ungebührlichen
Einfluss gestattet haben, würde zu weit fuhren und ist hier nicht
am Platze ; sie würde wohl zu dem Ergebnisse führen, dass innerhalb
und ausserhalb Ilions Mauern gesündigt worden. Mehr am Platze
ist hier die specielle Frage, ob einige unter den Auspicien von
Päpsten erschienene Ausgaben von Kirchenvätern gefälscht, sogar,
wie man behauptet hat, eingestandener Massen gefälscht sind.
Durch den Index Pauls 1559, ja auch durch die Moderatio
desselben vom J. 1561 (S. 267. 299) war die Benutzung der brauch-
barsten Ausgaben der Kirchenväter für Katholiken, wenn nicht un-
1) Gibbings, Reprint p. XXVIII.
558 Index expurgatorius des J. M. BraAichellensi«.
bedingt verboten, doch ungebührlich erschwert. Stanislaus Hosias
schreibt 1565 an den Cardinal Ant. Amulius (Ep. 95 ; Opera 2,239):
Vor Pius V. seien die Schriften der Kirchenväter nicht in Rom und
katholischen Städten, sondern (hauptsächlich) in Basel, von den
Ketzern depravirt und corrumpirt, gedruckt worden. Er habe in
Rom die Werke der vier grossen Kirchenlehrer (Ambrosius, Augu-
stinus, Hieronymus und Grregorius M.) kaufen wollen. Die Bach-
händler hätten ihm aber gesagt, die Ausgaben derselben seien ver-
boten. Die Katholiken, fügt er bei, hätten die Kirchenväter ver-
nachlässigt; es habe in den letzten Jahren noch manche gegeben,
die ausser dem Thomas oder Scotus kaum noch einen andern Autor
gelesen, ja die nicht einmal die Bibel einer fleissigen Lectüre werth
erachtet hätten. Pius V. und mehrere folgende Päpste veranlassten
nun die Publication von katholischen Ausgaben zunächst von lateini-
schen Kirchenvätern ; Gregor XIII. dachte auch an die Edition von
griechischen Vätern ^), und Sixtus V. sogar an Vaticanische Aus-
gaben der Classiker. Zum Beweise dafür , dass in diesen
gewissermassen amtlichen Ausgaben der Text der Kirchenväter ver-
fälscht worden, hat man sich auf eine Stelle in der Dedication der
Bibliotheca des Sixtus von Siena (vom J. 1566) berufen, wo von
der Thätigkeit, die Pius V. als Cardinal und General-Inquisitor ent-
faltet, u. a. gesagt wird: Expurgari et emaculari curasti omnia ca-
tholicorum scriptorum ac praecipue veterum patrum scripta, haereti-
corum aetatis nostrae faecibus contaminata et venenis infecta. Aber
diese Stelle bezieht sich, wie der Zusammenhang zeigt, lediglich
auf die Moderatio vom J. 1561 (S. 299), in der nur die Beseitigung
häretischer Anmerkungen u. s. w. verordnet wird.
Wenn auf dem Titelblatte einer zu Venedig 1570 und noch-
mals 1584 gedruckten Ausgabe des Augustinus gesagt wird: in quo
praeter locorum multorum restitutionem secundum coUationem ve-
tustiorum exemplarium curavimus removeri omnia, quae fidelium
mentes haeretica pravitate possent afficere aut a cath. et orthodoxa
fide deviare, so bezieht sich das, wie eine Vergleichung mit der zu
Grunde gelegten Venetianischen Ausgabe von 1550 zeigt, auf die
Weglassung der Summarien, Scholien u. s. w. von Erasmus und an-
deren verdammten Autoren. Die im Text vorgenommenen Aenderun-
gen sind nicht der Art, dass sie als tendenziös bezeichnet werden
müssten^). — Der Bischof von Venusium, der die Römische Aus-
gabe Gregors des Grossen von 1585 besorgte, sagt, er habe obscura
elucidasse et nova addidisse hinc inde magno conquisita labore.
Letzteres bezieht sich auf die Beifügung noch ungedruckter Briefe,
die ja zum Theil unecht sind, ersteres auf Noten und wirkliche oder
vermeintliche Textesverbesserungen, und bei diesen wird eine will-
1) Theiner, Ann. II, 342.
2) Schoenemann, Bibl. Patrum II, 128. Clement I, 265. Sainjore
I, 260.
Ausgaben der Kirchenväter. 559
kürliche Aenderung des Textes im Interesse der Orthodoxie schwer-
lich nachzuweisen sein. Wenn Thomas James (Vindiciae Gregorianae,
Genf 1625) 1085 Stellen verzeichnet, an welchen die Ausgabe von
den besten Handschriften abweiche (Calandriui sagt 13000!), so
spricht das nicht dagegen; die meisten Abweichungen werden der-
selben Art sein, wie die Hunderte, die er zwischen der Sixtinischen
und der Clemeutinischen Vulgata-Ausgabe gefunden. — Eine Aus-
gabe des Ambrosius (Kom 1580—85) wurde im Auftrage Pius' IV.
und V. von Felix Peretti begonnen und von ihm als Sixtus V. mit
einem Breve vom 14. Sept. 1585 approbirt, in welchem er verordnet,
die Werke des Ambrosius, nunc erroribus purgata, sollten fortan
nur nach dieser Komischen Ausgabe gedruckt werden. Dass sie ge-
fälscht sei, dafür beruft man sich auf die Mauriner, welche neben
anderen Fehlern der Ausgabe auch dieses rügen, dass die Bearbeiter
multa in ipso textn sibi permiserunt. Aber die Mauriner erläutern
dieses durch : nihil aliud sibi proposuerunt nisi voces quasdam, quae
paulo duriores ipsis videbantur, emollire vel, quae obscuriores, mu-
tare clarioribus vel denique ad scripturae seriem auctoris expositiones
revocare, und so willkürlich auch vielfach bei der Gestaltung des
Textes verfahren sein mag (Dupin, Bibl. II, 292), Fälschungen im
Kömischen Interesse werden nicht nachzuweisen sein.
Am bedenklichsten steht es um die Kömische Ausgabe des
Cyprianus von 1563. Latinus Latinius, der daran hauptsächlich ge-
arbeitet, sagt: Quorundam hominum libidine non sat scio an pru-
deutia commissum est, ut contra scriptorum codicum fidem nonnuUa
retenta sint, aliqua etiam addita, plurima vero immutata. Das Letzte
bezieht sich allerdings, wie er selbst beifügt, darauf, dass die Bibel-
citate nach der Vulgata geändert wurden, und wenn er von dem
Beibehalten und Beifügen gegen die Autorität der Handschriften
spricht, so meint er damit vorzugsweise die unechten Schriften (er
sagt vorher, aus dem Veroneser Codex sehe man, multa, quae Cy-
priano tribuuntur, notha esse), aber auch die bekannten Interpola-
tionen in dem Buche de unitate ecclesiae wurden gegen seinen Willen
und gegen die Autorität der älteren Handschriften nach einer späten
Handschrift abgedruckt^). (Die Sache wird im 2. Bande noch ein-
mal zur Sprache kommen). Auch die Nichtaufnahme des Briefes
des Firmilianus (und einiger anderer Briefe) hat hauptsächlich ihren
Grund darin, dass sie den Curialisten unbequem waren.
1) Cyprianus ed. Hartel I, 213; ni,p. X. XL. LXXIX. Lit.-Bl. 1868,
395, 1870, 263. Buchmann, Verm. Aufsätze V, 7.
560 Katholische Schriftsteller im Index Clemens* Vitt.
55. Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VÜL
Wenn Theophil Raynaud (Erot. p. 5) sagt: demente VIII.
Pontifice dilatatae admodum sunt Indicis iimbriae, tametsi arete
et anguste id tunc factum videri debeat prae posterioribus tem^
poribus, so ist das insofern ganz richtig, als in dem Index
Clemens' VIII. neben Schriften von Häretikern und sittlich
anstössigen Schriften theologische Werke von Katholiken in
viel grösserer Zahl stehen als im Trienter Index und sein
Index in dieser Beziehung den Uebergang bildet zu den Indices
der folgenden Jahrhunderte, in denen das Verbieten häretischer
Schriften gegen das Censuriren von Schriften katholischer Ver-
fasser ganz in den Hintergrund tritt. Es handelt sich hier nicht
um Auetores nota haeresis suspecti (S. 356), sondern um Männer,
deren katholische Gesinnung auch in Rom nicht bezweifelt wer-
den konnte und die nur wegen Ansichten, welche sie ohne
irgendwelche Hinneigung zum Protestantismus vorgetragen, der
Censur der Inquisition oder der Index-Congregation verfielen.
Es sind darunter nicht wenige, deren Schriften schon vor 1564
erschienen waren, theilweise auch schon Widerspruch ge-
funden hatten, die aber von Paul IV. und Pius IV. nicht in den
Index gesetzt worden waren. So, um hier nur die bekanntesten
zu nennen, Johannes Ferus, Lud. Vives, Ambrosius Catharinus,
Conrad Kling, Joh. Gropper. Dazu kommen aus späterer Zeit
Claudius Espencaeus, Christophorus a Capite Fontium, Martin '
Eisengrein, mehrere Exegeten wie Martinus Martinez, Didacus
Stella u. a., die bereits erwähnten Philosophen Telesius und
Patricius, endlich Papirius Masson und Justus Lipsius.
Nicht zur Entschuldigung Clemens' VUL, aber im Interese
der geschichtlichen Wahrheit muss constatirt werden, dass er
die Verbote fast alle aus dem Index Sixtus' V. und dass dieser
sie grösstentheils aus dem Lissaboner Index von 1581 und dem
Quiroga'schen von 1583 herUbergenommen hat, wobei anzuer-
kennen* ist, dass er bei diesen noch viel mehr derartige Verbote
fand, die er nicht aufgenommen.
Da Th. Raynaud die im Index begangenen Sünden den Domi-
nicanern aufzubürden liebt, so mag hier an den oben S. 480 mitge-
Jo. FeruB. 661
theilten Brief seines Ordeusgenossen P. Canisius erinnert werden,
in dem u. a. Ferus und Kling als zu expurgirende Theologen ge-
nannt werden.
Von dem Francisoaner Jo. Ferus (Wild, gest. zu Mainz 1554)
werden im Par. 51 verboten die Commentare zum Evangelium
(1536 u. 8.) und zum 1. Briefe des Johannes (1545 u. s. ; die Pa-
riser Ausgabe beider Commentare von 1553 wird also expurgirt sein;
beide erschienen auch zu Antw. 1562 mit Approbation). Nach
seinem Tode erschien, von Philipp Agricola herausgegeben, Ferdi-
nand I. dedicirt, zu Mainz 1559 der Commentar zum Matthäus; er
wurde in demselben Jahre zu Antwerpen mit Approbation des geist-
lichen Censors und zu Lyon nachgedruckt. Er wurde auch der Sor-
bonne vorgelegt; diese erklärte aber, derselbe sei so voll Irrthümer
und Ketzereien, dass er der Emendation nicht werth sei, und es solle
keine expurgirte Ausgabe gedruckt werden, damit nicht unter deren
Namen auch die deutschen und Lyoner Ausgaben verkauft würden ^).
— In Spanien griff der Dominicaner Domingo de Soto 1554 Ferus
an in den Annotationes in commentarios Jo. Feri Moguntini super
Ev. Jo., Salamanca 1554. 4. Phil. Agricola vertheidigte Ferus, ohne
Soto zu nennen, in der Dedication an das Mainzer Domcapitel, wel-
che er 1555 der Historia passionis von Ferus vorausschickte. Dann
erschien 1558 zu Alcala von seinem Ordensgenossen Michael Me-
dina eine Apologia Joannis Feri, in qua 67 loca commentariorum
in Joannem, quae antea Dom. Soto Segoviensis lutherana traduxerat,
ex s. scriptura sanctorumque doctrina restituuntur (wiederholt ge-
druckt). Soto antwortete 1560 in seinem Commentarius in 1. 4 Sent.
Medina besorgte auch 1562 eine (expurgirte) Ausgabe des Commen-
tars zu Matth. und Job. 1567 Hess die Inquisition die Commentare
von Ferus confisciren und leitete gegen Medina einen Process ein.
1578 erschien dann zu Alcala eine von der Inquisition approbirte
expurgirte Ausgabe der Commentare zu Job., 1 Job. und Rom. —
Q. verbot 1583 unbedingt Medina's Apologia, mit d.c. die drei ge-
nannten Commentare und die zu Matthäus und zum Ecclesiastes und
gab zu allen fünf eine Expurgation. In der zu den drei zuerst ge-
nannten Commentaren wird die Streichung vieler Stellen verordnet,
dabei aber gestattet, diese Stellen, statt sie zu streichen, nach der
approbirten Ausgabe zu ändern. (Im Liss. 81 wird Medina's Apo-
logia und Jo. Ferus ad Romanos unbedingt verboten, letzterer mit
der lächerlichen Bemerkung: quod opus ipsi videtur falso impositum).
S. Cl. gingen einen starken Schritt weiter und verboten mit d. c.
Jo. Feri opera omnia mit Ausnahme der zu Rom (1577 in 2 Bän-
den 8.) erschienenen Editio recognita et expurgata der Commentare
zu Matth., Job. und 1. Job. (sie ist abgedruckt Lyon 1604 u. s.)
und der nach 1587 erschienenen Ausgaben des Examen ordinan-
domm.
1) Arg. IIa 278. Clement VIII, 294.
Bensoh, Index. 36
562 Katholische Schriftsteller im Index Clemens* YIIl.
SixtüB SenenpiB, obschon Dominicaner, lobt Fems nnd die Apo-
logie des Medina ohne Keservation nnd berichtet ausführlich nnd
ganz objectiv über die Controverse zwischen Medina and Soto*).
Von dem Commentar zn Matth. aber sagt er bei der Stelle Matth.
16, 17, die Fem« allerdings nicht im cnrialistischen Sinne deutet:
non desant testes fide digni, qui pro certo asseverent, commentaria
in Matthaeum post mortem auctoris, anteqnam excnderentnr, ab
haereticis, praesertim hoc loco depravata, — eine ganz grundlose
Rehanptang^). — Ueber die Stellen, die man bei Fems beanstandete,
sagt R. Simon: Er spricht, namentlich in dem Commentar zu Joh.,
oft die Sprache der Protestanten; aber Medina hat gezeigt, dass er
sich nicht von der Lehre, nicht einmal von der Redeweise der alten
Lehrer der Kirche entfernt hat. Er hat neben den älteren Autoren
auch protestantische benutzt, namentlich Brenz und Oecolampadius,
aber, wie er in der Vorrede sagt, nur das aus ihnen excerpirt, quae
bonae doctrinae consona videbantur et quae illi non in schismate,
sed in ecclesia catholica didieerant ^). Q. hat freilich ausser dog-
matisch anstössigen oder anfechtbaren Stellen bei Fems auch Sätze
zn streichen wie: Quis sacerdotnm ac religiosorum et pontificum
inexplebilem avaritiam ac imposturas non videt? — In dem Examen
ordinandorum *) wird hauptsächlich die auf die Aufzählung der Bücher
de« A. T. folgende, allerdings dem Trienter Decrete von 1546 nicht
conforme Bemerkung Anstoss erregt haben: Horum aliqui olim dice-
bantur apocryphi i. e. occulti, propterea quod domi quidem et pri-
vatim pro suo cujusque animo fas esset eos legere, in ecclesia antem
publice non recitabantur nee quisquam eorum auctoritate premehatur.
Hi sunt 3. et 4. Esdrae, Tob., Judith, Sap., Eccli., Bar. et Machab.
2 libri.
Die Werke des Jo. Fems mit Ausnahme derjenigen, von denen
expurgirte Ausgaben erschienen, sind noch heute mit d. c. verboten.
Das Verbot ist in Deutschland ebenso in Vergessenheit gerathen,
wie bis vor kurzem das des Geiler von Kaisersberg. Hrischar hat
1867 einige Pre«ligten in den ersten Band seiner ^katholischen
Kanzelredner Deutschlands^ aufgenommen, und M. Jocham 1841
einen ganzen Jahrgang von „des berühmten Franciscaners Joh. Wild
1) Bibl. L 4 8. V. Jo. Fems; 1. 6. ann. 178 ff.
2) Bibl. L 6, ann. 72 und 45; s. dagegen Clement VIII, 294.
3) Lettres I, 148. Hist. crit. de« comm. p. 559.
4) Ich besitze die (zweite) zu Mainz 1554 gedruckte Ausgabe : Examen
ordinandorum. Ad qnaestiones sacronim ordinum candidatis in dioecesi
Moguntinensi proponi consuotas aptae et piae responsiones catholicam veri-
tatem succincta brevitate indicantes. Es ist mit der beigednickten Expositio
canonis missae von dem Bischof Odo von Cambray (f 1113) ein Bandcfaen
von 112 Bl. 12., interessant, weil es zeigt, welches geringe Mass von theo-
logischen Kenntnissen man damals in Mainz von den Ordinanden verlangte.
Claudias Espencaeufi. 563
Predigten, gehalten im Erzdomstift Mainz 1528 — 54" neu heraus-
gegeben ^).
Claudius Espen caeus (Claude d'Espence, 1511 — 71) hatte
wiederholt Händel mit der Sorbonne. Schon 1543 wurde er wegen
einiger Aeusseningen über Bilder- und Eeliquienverehrung, die er
in Predigten gethan haben sollte, in Untersuchung gezogen; er be-
stritt von einigen Sätzen, dass er sie ausgesprochen, und gab an-
deren eine orthodoxe Deutung^). 1546 wollte die Sorbonne zwei
Bücher auf ihren Index setzen; aber das Parlament verhinderte
dieses (S. 149). 1553 verbot sie zwei französische Schriften von
ihm : Paraphrases ou meditations sur l'oraison dominicale (Lyon 1550)
und Consolation en adversite, weil sie einige missverständliche, ver-
fängliche und der Ketzerei verdächtige Sätze enthielten^). 1558 wurde
wieder über die Bilder- und Heiligenverehrung mit ihm verhandelt,
und 1562 wurde er wegen einer bei dem Religionsgespräch von
St. Germain 1561 von ihm, dem Erzbischof von Seez, dem Bischof
von Valence u. a. abgegebenen Erklärung über Bilderverehrung zu
Rede gestellt. Er erklärte, das Actenstück sei nicht von ihm ver-
fasst, sondern ihm von der Königin-Mutter eingehändigt, und gab
eine zufriedenstellende Erklärung; auf den Rath, er möge, um das
scandalum saltem pusillorum zu beseitigen, ein Buch über Bilder-
verehrung schreiben, antwortete er aber: ein solches Buch würde
wohl nicht so ausfallen, dass es der Facultät zusage*). — Paul IV.
dachte daran, Esp., der 1555 mit dem Cardinal von Lothringen in
Rom war, trotz seiner freimüthigen Aeusserungen über kirchliche
Missbräuche, zum Cardinal zu machen. Esp, erwähnt dieses selbst,
einmal mit dem Zusätze: Quid facerem Romae? mentiri nescio.
Thuanus sagt, er sei nicht Cardinal geworden, weil der Papst er-
fahren, dass er in einer Predigt die Legenda aurea als ferrea be-
zeichnet. J. B. Gallus (der Jesuit Jean de Machault) sagt in seiner
Schrift gegen Thuanus: das sei nicht der einzige Grrund gewesen;
Esp. habe sich manches andere zu Schulden kommen lassen; er sei ein
tüchtiger Humanist, aber ein schlechter Theologe gewesen (in theo-
logicis pene rudis et destitutus iis adjumentis, quae scholastica theo-
logia solet offerre ad difficiliores scripturae et ss. patrum nodos ex-
plicandos). Raynaldus (a. 1560, n. 33 — 35) zählt ihn zu den molliores
catholici, die das energische Einschreiten gegen die Ketzer miss-
billigten ^). — Im Index stehen von Esp. nur zwei spätere Schriften
1) Es verräth eine grosse Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit,
wenn der ungarische Bischof Roscovany, Romanus Pontifex, 1867, II, 363,
Ferus als apostata Franciscanus bezeichnet.
2) Arg. I ad ind. 18. II a 134. 137.
3) Arg. I ad ind. 19. II a 220.
4) Arg. II a 187. 382. I ad ind. 22.
5) Thuanus, ed. Lond. VII b 42. Clement VIII, 125.
564 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VlII.
mit (l. c: Commentariuß in Epifltolam ad Titura (Paris 1567. 8.),
im Lisa. 81, bei Q. und seit S. im Rom. Index, und Collectaneorum
de continentia 11.6 (Paris 1565. 8.), seit S. Ersteres Buch wird bei
Q., letzteres bei Sot. expurgirt. In beiden kommen allerdings Stellen
vor, die, so schön sie sind, die Gelehrten des Index nicht passiren
lassen konnten: über Dispensen, welche Reiche kaufen, Arme nicht
erlangen können, über die Taxae camerae s. cancellariae apostolicae,
über Aeusserungen Hadrians VI. und das Consilium de emendanda
ecclesia, die Missbräuche an der Curie, die geistliche ai(JXPOK€pbia
u. 8. w. Es wurde bei ihm auch eine Anzahl von Versen des
Baptista Mantufvnus (f 1516) über Rom gestrichen^); dieser selbst
ist nicht in den Index gekommen.
Wenn die Löwener Theologen bei der Censurirung des Ferus
und Espencaeus nicht betheiligt sind, so sind sie es, die Ludovicus
Vives auf den Index gebracht haben. Sie expurgiren in der Antw.
App. p. 50 seine Commentarii ad libros Augustini de Civitate Dei
(1522 u. o.), und nun wurden diese von Liss. 81, Q., S., Cl. mit
d. c. verboten. Jene Expurgation wurde von Q. und Bras. abge-
druckt. Die ganze umfangreiche Praefatio de veteribus interpretibus
hujus operis, drei Dominicaner und einen Franciscaner, deren Fehler
allerdings scharf gerügt werden, wird gestrichen, ausserdem eine
Reihe von in dogmatischer Beziehung nicht im mindesten anstössi-
gen Stellen über kirchliche Missstände und Fehler der Scholastik,
z. B. die Stelle zu 18, 18, wo er die Zänkereien über die Frage tadelt,
ob Grott die Macht, zu schaffen, einem Geschöpfe mittheilen könne,
und die Stelle zu 21, 7, an der er es rügt, dass die Scholastiker
über den locus de resurrectione, de judicio, de suppliciis impiornm
et beatudine pioinim, qui terminos captumque hujus naturac excedit,
auf die dogmata Aristotelica gestützt, so vieles mit Bestimmtheit
vortragen und omnia tarn philosophice disputiint, ut putet aliquis eos
Athenis ethnicos esse, non Parisiis christianos. Es wird sogar in
der Einleitung zum 8. Buche, wo Vives sagt, er werde die philo-
sophischen Ansichten Piatons etwas ausführlicher darstellen, quoniam
a nostris hominibus, qui in philosophorum scholis theologorumque
versantur, prorsus sunt ignoratae, der Satz qui . . . versantur ge-
strichen. — Theophil Raynaud sagt, die Dominicaner hätten Vives
wegen seiner Angriffe auf Theologen ihres Ordens verdammt; Ca-
salas, der Vertheidiger der Dominicaner, antwortet (Candor Lilii
p. 556), er sei wegen seiner Freundschaft mit Erasmus in den Index
gekommen. In dem Lissaboner Index von 1624 wird ausdrücklich
gesagt: Ejus scripta non parum obscuravit consuetudo cumErasmo;
1) Francus p. 172. Andere beiEsp. gestrichene Stellen bei Schelhom,
De consilio de em. Eccl. Ep. 2, 24—34. Vgl. R. Simon, Hist crit. des
comm. p. 593. Die Opera omnia Cl. Espencaei ed. Gilb. Genebrardus, Par.
1619, enthalten nur die lateinischen Schriften, diese aber nicht castrirt.
Clement VIII, 120.
Conrad Kling. Job. Gropper. 565
darum seien auch seine nicht verbotenen Schriften caute zu lesen,
namentlich das opusculum de studio philosophiae, ubi scbolasticae theo-
logiae mcthodum et terrainos nimis gramniaticus et male cautus notat.
Conradi Klingii opera omnia werden von Q. unbedingt,
von S. Ol. und seit Sand, auch im span. Ind. mit d. c. verboten.
Eine Expurgation gibt es nicht; aber in den Loci communes (CoL
1565, fol.) von Kling, — er war Franciscaner, der letzte in Erfurt
(1520) promovirte Doctor der Theologie und Führer der dortigen
katholischen Partei (t 1556), — kommen allerdings Aeusserungen
über Ablässe, die Curie, Geistliche und Mönche vor, die in Spanien
und liora nicht gefallen konnten^).
Enchiridion doctrinae [institutionisj christianae concilii Co-
loniensis, von Cl. (in der 2. Cl.) mit d. c, 1623 als Enchiridion
concilii Coloniensis unbedingt verboten, — seitdem standen beide
Verbote neben einander, bis Ben. das zweite strich, — ist das 1538
mit den Canones des Kölner Provincialconcils von 1536 gedruckte
Lehrbuch der Keligion, welches als Institutio compendiaria doctrinae
Christ, ex Concilio prov. Col. zu Verona 1541, als Euch, christ. in-
stitutionis in Conc. prov. Col. editum zu Paris 1550 nachgedruckt
wurde. Es ist vertasst von Job. Gropper, — von Paul IV. zum
Cardinal ernannt, f zu Rom 1559, — und wurde ein halbes Jahr-
hundert nach seinem Erscheinen verboten, weil darin die Lehre von
der Rechtfertigung in einer der reformatorischen sich annähernden
Darstellung vorgetragen wird*-^). Bei Sand. Sot. wird es expurgirt.
Das gleichfalls von Gropper verfasste, 1544 unter dem Namen des
Kölner Domcapitels veröffentlichte Antididagma gegen Bucers und
Melanchthons Reformationsversuche, welches dieselbe Lehre enthält
und in Löwen mit einer warnenden liandbemerkung der dortigen
Theologen nachgedruckt wurde und diese zu einem scharfen Schreiben
an die Kölner veranlasste, steht nicht im Index. — Von Albert
Pighius (Pigghe), der dieselbe Lehre vorträgt, werden De libero
arbitrio contra Calvinum (1542) und Controversia de peccato ori-
ginali (in Controversiarum praecip. in comitiis Katisponensibus tracta-
tarum explicatio, 1549) zuerst im Liss. 1624, dann bei Sot. ver-
boten, nicht im Rom. Ind. — Aus dem Enchiridion ist manches in
das Regensburger Buch von 1541 übergegangen, welches in Rom
keine gute Aufnahme fand^). Der von Contarini zu Regensburg
1) Kampschulte. Erfurt II, 239. 241. A. D. B. 4, 333.
2) Dölliifger, Ref. III, 309. Posscvin sagt mit Berufung auf Bellar-
min, Controv. de justif. 3, 2, 3 : Colouicnsc Enchiridion in modo loquendi
doctriuam Mclanchthonis et Buceri redolet. Bei Greg. Capuclnstit. (S. 498) f.
152 steht: In Coucilio Coloniensi cavc a doctrina do justificatione, utdicit
Alph. de Castro 1. 7. c. haer., quia sapit hacrcsim Lutheranam, et idem
sapit in doctrina de modo orandi Deum in dicto Concilio.
3) Compcndium Inquisitorum (S. 176) p. 272: Card. Badia . . . inter-
566 • Katholische Schriftsteller im Iudex Glemeus' Vm.
verfasste Tractatus s. Epistola de justiticatione, eine weitere Aus-
führung des 5. Artikels desselben, wurde in der von der Sorbonne
approbirten Pariser Ausgabe seiner Werke von 1571 unverändert
abgedruckt, in einer Separatausgabe Venedig 1589 aber von dem
dortigen General-Inquisitor Marco Medici corrigirt: Hie tractatus
ante Conciliuni Tridentinum editus fuit, nunc vero post oommemo-
ratum Conc. expurgatus prodit. Card. Uuerini Hess den Tractat in
seiner Ausgabe der Briefe Card. Pole's (vol. III p. CIC) in seiner
ursprünglichen (jestalt sammt den Venetianischen Veränderungen ab-
drucken, und vertheidigte die Rechtgläubigkeit Contarini's gegen
J. K. Kiessling, bis Benedict XIV. ihm gebot, die Controverse ab-
zubrechen ^).
Von Um dann von S. Cl. wurde unbedingt verboten Mariini
Eisengreinii De certitudine gratiae tractatus apologeticus pro
vero ac germano intellectu canonis 13. sess. 6. Concilii Trid. [nuper
a quibusdam gnosticis exagitati], die von dem Kölner Theologen
Tilman Bredenbach (K.-L. 2, 1219) 1569 zu Köln herausgegebene
Uebersetzung der 1568 zu Ingolstadt erschienenen „Erklärung dreyer
Hauptarticul christlicher lehr. I. Ob es wahr sey, das man auff dem
. . . Concilio beschlossen, welcher Mensch vestigklich glaube, dass
jme sein sünd verzygen seien, der solle verflucht vnd verdampt
seyn. II. Ob man im Papstumb die menschen von verzeyhung jrer
sünd vnd Gottes Gnad ewigklicli zweifFlen, zittern vnd zagen haisse.
III. Wie man im Papstumb die Sterbenden tröst« vnd jnen an jrem
letzten end zuspreche^ (308 Bl. 4). M. £isengrein, 1555 katholisch
geworden, von Herzog Albrecht von Baiem als der gefürchtetste
Polemiker nächst Eck bezeichnet, war 1567 in Rom sehr gut auf-
genommen und 1568 von Pius V. zum Propst in Passau ernannt
worden; Commendone meinte, er solle Bischof von Wien werden-).
— Hieronymi Serrae Lutheranorum serra in liberum arbitrium bei
S. Cl. ist mir unbekannt.
Das scandalöseste mit der Kechtfertigungslehre zusammen-
hangende Verbot ist: Ordo baptizandi cum modo visitandi, Ven.
1575, bei Q,., — Ordo baptizandi juxta ritum ö. Rom. Ecclesiae,
Ven. apud Jo. Variscuni et socios 1575, bei S. Cl. (mit d. c). Q,. ist
80 naiv, die zu streichenden Stellen vollständig abzudrucken : Credis
non propriis meritis, sed passionis D. N. Jesu Christi virtute et
merito ad gloriam pervenireV Credis quod D. N. J. C. pro nostra
Salute mortuus sit et quod ex propriis meritis vel alio modo nullus
possit salvari, nisi in merito passionis ipsius? Non erit desperan-
fuit ut Mag. 8. Palatii iu comitiis Ratisbonae, in quibus fuit male deter-
minatum de articulo justificatiouis.
1) Card. Quiriuii Epistolae ed. Colosi, 1756, p. 559. Brieger, G.
Contarini, 1870, S. 7. Studien und Krit. 1872, 87. Hist. Jahrb. der Görres-
Ges. 1880, 349.
2) J. Pogiani Epp. 11, 119. UI, 310. 3U.
M. £isengrein. Ordo baptizandi. Chr. Javellus. 567
dum vel dubitandum de ealute illius, qui suprapositas petitiones
corde crediderit et ore confessus fuerit. Es war ganz in der Ord-
nung, dass weiterhin gestrichen wurde: Hae protestationes morieutium
revelatae fuemnt cuidam religiopo viro u.s. w. und: Erat quidam papa,
qui dum ad extrema pervenisset u. s. w., so wie an einer andern Stellen
die Exorcismi Luciferini et Cypriani; aber jene beiden Fragen,
die auch in der Sacra institutio baptizandi, Paris 1575, und in dem
Sacerdotale, Ven. 1579, stehen, galten, wie Card. Husius zugibt,
als von dem h. Anselm herrührend und entsprechen jedenfalls der
Lehre desselben^).
Nur bei S. wird mit d. c. verboten Chrysostomi Javelli
(Dominicaner, t um 1540, s. S. 60) Tractatus de praedestinatione
et de trinitate, qui habentur inter ejus commentaria ad 1. partem
S. Thomae. Der letztere Tractat war von Q. verboten und an 4
Stellen expurgirt, der erstere wurde von den Dominicanern in den
stärksten Ausdrücken desavouirt als eine Abhandlung, bei der Ja-
vellus aus Opposition gegen Luthers Gnadenlehre (s. S. 400) in den
reinen Semipelagianismus verfallen sei-).
Ende 1586 beauftragte Sixtus V. den Nuncius in Belgien,
Giov. Franc. Bouomi, den Bischof von Cäsarea und Suifraganeus
des Cardinais von Sens mit Hülfe des Herzogs von Parma verhaften
zu lassen und nach Kom zu schicken, der „in Paris einige Sätze,
die ketzerisch und geeignet seien, neue Flammen schlechter Meinun-
gen in Frankreich zu entzünden, veröffentlicht und hartnäckig ver-
theidigt und sich dann nach Löwen oder Antwerjien zurückgezogen
habe.^' Es handelte sich um den Franciscaner Ghristophle de Chef-
fontaines (Christopborus a Capite fontium; bretagnisch hiess
1) Gibbings, Report of . . P. Carnesccchi p. 32. Dieselbe Expur-
gation wie Q. gibt auch Greg. Cap. Instit. f. 186 mit der Bemerkung:
manche meinten .irrthümlich, dieses „Baptistcrium'' sei eine officielle Aus-
gabe, wie die des Breviers, Missale und Officium parvum (S. 488). In dem
Rituale Romanum Pauli V. jussu editum et a Beuedicto XIV. auctum et
castigatum lauten die Formeln allerdings etwas anders: Der Priester soll
den Sterbenden ermahnen, ut tirmiter credat omnes articulos üdei et
quidquid s. Rom. Eccl. Cath. et Apost. credit et dooet; ut sporet Christum
D. N. pro sua immensa dementia sibi fore propitium, et merito ejus sano-
tissimao passionis et per intercessionem B. Mariae et omnium sanctorum
sc vitam aeteruam consecuturum u. s. w. — Von einem Exemplare des
Ordo, Venet. Variscus 1580, bemerkt Rosenthal 28, 4484: Les ff. 11—14
cn partie effagees par le conseur. Einer Expurgation bedürftiger war ohne
Zweifel der ebcnd. 4483 verzeichnete Ordo . . . cum multis exorcismis
contra daemouiacos, Yen. Aeg. Regazola 1575.
2) So Quetif II, 104, der beifügt: qua luoubratione nomen suum
iudelebili macula foedavit, ac utinam aeternis tenebris mandasset.
568 Katholische Schriftsteller im Index Clemens* VHI.
er Penfentenion), einen berühmten Prediger, der 1571 General seines
Ordens, 1579 von Gregor Xlll. zum Erzbischof von Cäsarea und
Weihbischof des Erzbischofs von Sens ernannt war. Er wurde
wirklich 1587 in das Gefängniss der Inquisition zu Rom gesetzt.
Die PfarrgenoHsen von St. Gervasius und Protasius in Paris baten
in einem Briefe vom 27. Mai 1588 um seine Freilassung und be-
zeugten, dass er bei ihnen immer orthodox gepredigt. lieber den
Inquisitionsprocess ist nichts weiter bekannt; Ch. starb 26. Mai 1595
in dem Kloster Montorio^).
Von seinen theils französischen, theils lateinischen Schriften
wurden durch S. Cl. unbedingt verboten: De necessaria correctione
theologiae scholasticae ; De missae Christi ordine et ritu ; Novae
illustrationis christianae iidei adversus impios, libertinos, atheos,
epicureos et omne genus inlidelium epitome (Par. 1583. 1586), alle
anderen mit d. c. Die beiden ersten Schriften, — die erste war
Sixtus V. gewidmet; Ch. hatte sie betitelt: De conciliatione variarum
scriptorum eccl. opinionum, der Drucker aber den Titel geändert, —
sind wieder abgedruckt in den 1586 zu Paris mit Approbation er-
schienenen Varii tractatus et disputationes de eo quod sit utile at-
que necessarium, nonnullos secum pugnantes scholasticorum scrip-
torum opinioues, licet in iis, quae sunt fidei, summa sit inter illos
concordia, ad decretorum Conc. Trid. norniam conciliare et corrigere,
sc. Über unus de necessaria correctione theol. schoL, opus de veteri
ritu celebrandi missam, cui subjicitur Ambrosii Catharini tract. de
consecrationis euchar. formula, propositiones ex variis tractatibus
Chr. de Cap. F. de eucharistia conscriptis. Der eigentliche Stein
des Anstoßses war die von Ch. entwickelte Ansicht: Christus habe
jücht mit den Worten Hoc est corpus nieum u. s. w., die er bei der
Spendung gesprochen, sondern vorher durch die Segnung des Brodes
und Weines consecrirt, und bei der Messe werde die Cousecration
ni(;ht durch das Kecitiren der Einsetzungsworte allein, sondern auch
durch Segen und Gebet des Priesters bewirkt, eine Ansicht, die
freilich vor Ch. auch Ambr. Catharinus und viele andere Theologen
vertreten hatten^). — Bei Sand. Sot. werden drei andere Schriften
1) Miscellanea di storia ital. 18, 623. A. J. P. 12, 515.
2) Man wird auch daran Anstoss genommen haben, dass Ch. bei
dem Versuche, die sieben verschiedenen Ansichten über die Consecration
auszugleichen, es tadelt, dass man manches als de fide bezeichne, was es
nicht sei, und dass er dem Oatcchismus rom. keine Auctorität beilegt.
R. Simon, Critique II, 166 (p. 180 sind die 8 Blätter abgedruckt, die in
den meisten Exemplaren des Buches De nee. corr. fehlen). LettresII, 198.
K.-L, 1, 603. Auch Odo von Cambray (bei Perus M 6, S. 562 Anm. 4)
sagt: Patet quod panis bcnedictus sit corpus Christi. Non enim post benc-
dictionem dixisset: Hoc est corpus meum, nisi in benedictione fieret
corpus suum. — Ueber die Schriften von Ch. s. Clement VI, 224.
Chr. a Capite Fontium. Ambr. Gatharinus. 569
expurgirt: Assertio catholica de libero arbitrio et meritis bonorum
operum, Antw. 1575 (6 Stellen geetriülien und im Register: Gratiae
nomen condigni superbum vocabulum sustulit), Defensio iidei ma-
jorum nofitrorum, Rom 1576 (eine Stelle über die Euebaristie ge-
strichen und im Register: Naturalibus rationibus contraria docet
lides catb.), Cath. defensio perpetuae virginitatis Mariae V. et Jo-
sephi, Lyon 1578 (3 Stellen gestrichen).
Sixtus' V. Unwille über Cheffontaines' Ansicht von der Con-
secration brachte 1590 auch noch einen schon 1552 gestorbenen
tapfern Gregner der Reformatoren auf den Index, den Dominicaner
Ambrosius Gatharinus Politus. Als er unter Paul III. Bischof
von Minoria bei Amalü werden sollte, reichte der Mag. S. Pal.
Spina eine Denkschrift ein, worin er ihm 50 Irrthümer (meist über
Gnade und Rechtfertigung) zur Last legte; Cath. vertheidigte sich
in der im Sept. 1546 geschriebenen (erst 1552 in den Tractatus
theologici zu Rom gedruckten) Defensio contra schedulam Fr. B.
Spina M. S. P. Paulo oblatam, und wurde Bischof, 1 552 Erzbischof
von Conza (Compsa) und sollte auch Cardinal werden^). Wahr-
scheinlich, weil Cheffontaines die Schriftchen hatte wieder abdrucken
lassen, wu/den durch S. Cl. Quaestiones duae de verbis, quibus
Christus sanctissimum eucharistiae sacramentum confecerit (in den
zu Rom gedruckten Tractatus) verboten (jetzt unter Politus). —
Bellarmin (De Script. eccl.)sagt: Seine Werke sind überhaupt caute
zu lesen, und einige communiter a doctoribus refelluntur, namentlich
Defensio catholicorum pro possibili certitudine gratiae, Ven. 1547
(gegen Soto), und De praescientia, Providentia et praedestinatione
Dei und De statu futuro puerorum qui sine sacramento defuncti
sunt, Par. 1541 und in den Opuscula, Lyon 1542*-^). Bei Sand,
werden in den Opuscula mehrere Seiten gestrichen und Contirmatio
defensionis cath. u. s. w. (in der Expurgatio adv. Apologiam Dom. Soto,
1551, p. 81—360) verboten. Sot. streicht bei Cath. noch einige
Stellen mehr.
Die Schrift des Cath. über das Loos der ungetauft sterbenden
Kinder^) steht nicht im Rom. Ind., wohl aber seit S. CL, ohne
Zweifel wegen derselben Lehre, des Neapolitanischen Dominicaners
Thomas Elysius Clypeus piorum adversus veterum recentiorumque
haereticorum pravitatem fabrefactus, Ven. 1563. 697 S. 4**).
1) Pallav. 9, 6, 2, Quetif II, 144.
2) R. Simon, Grit. II, 93. 596. Bellarm. a>ntrov. de justif. 3, 3. 8.
3) Bcllarm. De amiss. gr. 6, 2 bezeichnet die von Cath., Savonarola,
Alb. Pighius (auch von Lucianus Mantuanus, s. S. 400) vorgetragene An-
sicht, infantes sine baptismo morientes futuros post Judicium beatos na-
turali beatitudine et in quodam veluti paradiso terrestri perpetuo felioiter-
que victuros, als ketzerisch.
4) Die betreffende Stelle wird von G. Cassander, Opera p. 769 ange-
führt. Quetif II, 212 sagt nichts über den Grund des Verbotes.
570 Katholische Schnftsteller im Index Clemens* VIII.
Vun einem andern Duminicaner. Bartholomaens Ferrariensis, ver-
bot Cl. mit d. c. De Christo Jesu abscondito pro solemnitate Cor-
poris ejusdem 11. VI, Ven. 1557. Li^. 1624 and Sot. streichen
an zwei Stellen solum in dem Aasdrucke ipsnm solnm orare nnd
noch drei andere Stellen. — S«it S. sind, ich weiss nicht warnm,
verboten: Antonii Poli Veneti Lncidarinm {»otestatis papalis [septem
libros complectens. Ven. 1576. 74 Bl. 4], nnd Jo. Pauli Donali libellns
de reservatione casunm; Mich, a S. Josepho sa^, dieser seiCarmeliter
gewesen, erwähnt von ihm aber nur die Pias V. gewidmeten Solu-
tiones ad contradictiones in dictis Aristotelis et S. Thomae, 1569.
Q. verbot mit d. c. die 1535 erschienene Cosmopoeia des
Augustinus (Steuchus) £ugubinus (St^uco aus Gubbio; er
gehörte zu den Canonici reguläres S. Salvatoris [Lateranensischen
Chorherren, K.-L. 2, 1831], wurde 1538 Bischof von Chisamo auf
Candia und Bibliothecar der Vaticana, t 1549), strich aber nur
eine einzige Stelle, . obschon das Buch mehrfach angegriffen worden
war, namentlich von Ambrosius Catharinus. Dom. Soto hatte 1546
in Trient privatim sogar geäussert, das Buch enthalte viele Ketze-
reien^). S. schrieb das Verbot von Q. nach, aber Cl. änderte das
d. c. in: nisi fuerit ex emendatis et impressis Venetiis 1591. Steu-
chus' sämmtliche Werke wurden zu Paris 1578 und zu Venedig 1591
in 3 Bänden Folio mit einer Vita von seinem Ordensgenossen Am-
brosius Morandus gedruckt ; letztere Ausgabe ist also expurgirt. Bei
Sand, werden nur 2 Stellen mehr gestrichen als bei Q., bei Sot.
aber füllt die Expurgation der Opera 5 Folio-Spalten. Es handelt
sich darin zum Theil um exegetische Ansichten, meist aber um die
Vulgata: Steuchus* Worte werden geändert, wenn er den Gmndtext
als Vera oder verior lectio bezeichnet oder von der lateinischen
Psalmenübersetzung sagt : inepte transferens, supervacaneo additura
est u. dgl., und die ganz richtige Bemerkung zu Ex. 34, 30: Igi-
tur non habetur in contextu: comutam [Moysi faciem], sed: radian-
tem wird geändert in: Igitur habetur in contextu comutam vel ra-
diantem.
Martinas Martinez, Prof. des Hebräischen zu Sala-
manca, hatte 1565 einen Folioband: Hypotyposeon theologicamm s.
regulamm ad divinas scripturas intelligendas IL 10 herausgegeben.
Er wurde von der Inquisition processirt, weil er darin die Vulgata
und die Auslegung der Kirchenväter nicht gebührend respectirt
1) Dollinger, Ungedr. Berichte I, 237. Soto zählte zu den Ketzereien
uamentlich die Sätze: Quae hie scripeit Moyses, non tarn scripsit ea, quae
spirita Dei didioerat, qaam qaae sua tempestate versabantar, und Adam
otiam, si noa peccasset, mortaos fuisset. Letztere Ansicht : ex Adami lap«a
genas homanum in mortem animae, non corporis incidisse, and die An-
sicht: coelam ompyream esse coaetorDum Deo rügt auch Possovin, App. 1,
136, der im übrigen Steachas sehr rühmt. Aach SixL Sen. 1. 6, ann. 4.
36 tadelt einiges. — Ueber die Ausgabe von 1591 s. Frvytag, AnaL 907.
£xegeten. 571
habe, und mueste de levi abschwören ^). Von seinem Buche Hess
die Inquisition zu Salamanca 1582 eine expurgirte Ausgabe drucken,
und U. verbot die frühere Ausgabe d. c. und gab eine starke Ex-
purgation derselben. S. Cl. druckten das Verbot und ßras. die Ex-
purgation ab. An einer Stelle soll beigefügt werden : Unamvis haec,
quae Hieron. et Aug. docuerunt, vera sint, tarnen post Concilii Trid.
decretum non licet Vulgatae testimonia quovis praetextu rejicere. —
Auch des Andreas Masius Commentarii ad Josuae imperatoris
historiam, Antw. 1574, die im Liss. 81 unbedingt, bei Q. S. Cl.
mit d. c. verboten wurden, erregten wegen einiger tadelnden Be-
merkungen über die Vulgata, aber auch wegen einiger anderen
Sätze Anstoss. Bei Q,. werden nur 5 Stellen (3 über die Vulgata)
bei Bras. aber 23 (viele über die Vulgata) gestrichen oder geändert
u. a. einige Bemerkungen über übertriebene Heiligen- und Bilder
Verehrung, über Ueppigkeit und Unsittlicbkeit der Geistlichen u. dgl.
die Bemerkung: man solle nicht solche, die ohne bösen Willen von
den religiösen Anschauungen der Voreltern abwichen, und zwar
nicht so fast in der Lehre als in den Gebräuchen, grausam ver-
folgen, wird Jiicht gestrichen, wohl aber die Fortsetzung: immo
ullos omnium, qui gladio spiritus corrigi possunt, vita a magistratu
puniri^).
Anders verhält es sich mit den Commentarii in Lucam von
DidacuH Stella, dem portugiesischen Minoriten Diego Estella.
Das Buch war zu Salamanca 1575, zu Alcala 1578 (schon etwas
corrigirt) gedruckt. Q. S. Cl. verboten alle vor 1581 gedruckten
Ausgaben; zu Antwerpen 1584 erschien eine expurgirte Ausgabe,
die oft nachgedruckt ist. Q. und Bras. streichen viele Sätze (sie
sind bei ihnen grossentheils vollständig abgedruckt), bei denen es
sich zum Theil um exegetische, zum Theil um dogmatische, die
Gnadenlehre betreffende Ansichten handelt, — Sätze, von denen
Wadding entschuldigend sagt: quae nimium pietatis Studium vel
concionatorius exaggerandi modus extorsit, — z. B. : Non meremur
beatitudinem de condigno u. dgl.; Modo corrupta est ecclesia; Christus
abvminatur redditus temporales, sumtuosa aedificia et oruatus tem-
plorum, quando sacerdotes pravi sunt et habitatores templi impie
vivunt.
Von dem Benedictiner Jo. Bapt. Folengius aus Mantua
(t 1559) waren 1543 zu Basel ein Commentar zu den Psalmen
(dem Card. Hercules Gonzaga gewidmet), 1555 zu Lyon Commen-
taria super Epistolas canonicas S. Petri et S. Jacobi et super 1. Ep.
S. Joannis gedruckt. Letzteres Werk wird im Liss. 81, von Q. und
Cl. unbedingt (von S. mit d. c.) verboten, ersteres nur im Liss. 81
1) Reusch, Luis de Leon S. 51. Posseviui App. 8. v.
2) üeber ein 1575 im Auftrage der Inquisition ^entsprechend dem
neuen Catalog", aber viel stärker, als Q. vorschreibt, oxpurgirtes Exemplar
8. Reusch, Luis de Leon 8. 63.
572 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.
mit d. c. und mit der Bemerkung, es seien bedenkliche Stellen über
die Giiadenlehre zu streichen. Im J. 1585 erschien zu Rom mit
Approbation des Mag. S. Pal. vom 12. Sept. 1583 eine expurgirte
Ausgabe des Psalmencommentars (nachgedruckt Köln 1594); um so
auffallender ist es, dass nicht wie in ähnlichen Fällen (S. 561) die
frühere Ausgabe verboten wird. Die Ausgabe wird bezeichnet als
von den Ordensgenossen ab erroribus et mendis, quibus olim jam
inde a prima editione cum typographorum incuria tum haereticorum
vitio undique redundabant, ex manuscri]iti cum impresso exemplari
collatione expurgata et nutu ac voluntate Gregorii XIII. typis ex-
cusa, und in der Vorrede gesagt, die CommentÄria seien zu Basel
gedruckt worden, odio et livore haereticorum hominum adeo foedata,
adeo veneno conspersa, ut nihil aeque mortiferum, nihil aeque per-
niciosum legi posse videretur. Gerdes, Specimen Ituliae ref. p. 257
führt aus der Baseler Ausgabe Stellen über Gnade und Recht-
fertigung an, die evangelisch, aber nicht protestantisch lauten. Wenn
Gerdes sagt, Fol. citire oft den Aretius Felinus (S. 135), so ist das
ein Irrthum: es ist die 1540 zu Basel gedruckte Psalmenübersetzung
des (getauften Juden) Felix (Pratensis), die citirt wird^). Es ist
übrigens möglich, dass die Baseler Ausgabe getreu nach dem Ma-
nuscripte Fol.'s gedruckt ist und den Herausgebern der Römischen
Ausgabe das Manuscript einer zweiten, vorsichtigem Ausarbeitung
vorgelegen hat. Possevinus sagt von Fol. : Non potuit omnia sive
limare sive praecavere, quin in eadem aliqui errores irrepserint aut
astu haereticorum pleraque depravarentur. Sixtus Seneusis lobt
beide Commentare ohne Reservation. Von dem zu den Briefen der
Apostel existirt keine Expurgation. — Jo. Matthaei Toscani Psalmi
Davidis [ex hebraica veritate latinis versibus expressi] ist vielleicht
bei S. und Cl. verboten, weil nicht die Vulgata zu (jrunde gelegt
ist. Der Verfasser, Giammalteo Toscano aus Mailand, ein Schüler
Paleario's, lebte lange in Frankreich und hat unter dem Titel
Peplus Italiae, Paris 1578, Elogia von gelehrten Italienern heraus-
gegeben (Tiraboschi 7, 1025). — Weshalb Vincentii Ciconiae Vero-
nensis Enarratio in Psalmos (Patav. 1567) von S. Cl. mit d. c. ver-
boten worden, weiss ich nicht. — Nur S. verbietet: Angelici Bon-
ricii Paraphrases in ev. S. Matthaei et S. Joannis et in epist. S.
Pauli et canonicas, allem Anscheine nach nur darum, weil er über-
haupt Paraphrasen biblischer Bücher in der Volkssprache verboten
hatte (S. 333), — die Paraphrasen von Buonrici sind italienisch er-
schienen; — wenigstens ist die Stelle, welche Gerdes 1. c. p. 198
aus dem einen Buche (Le Christiane & devote parafrasi sopra tutte
Tepistole di S. Paulo & le canonice del Rev. Don Angelico Buon-
ricio Venetiano, Can. reg. della Congr. del Salvatore, Ven. 1565)
anführt, um zu zeigen, dass Buonrici die Rechtfertigung aus dem
Glauben gelehrt, ganz unverfänglich (die Paraphrase der beiden
1) Schmidt, P. M. Verraigli S. 18.
Verbote bei Sixtus V. 673
Evangelien war 1569 erschienen, eine Paraphrase der Psalmen
1584).
Bei S. stehen noch einige andere Verbote, die von Cl. ge-
strichen wnrden : Ant. Pantherae Monarchia D. N. Jesu Christi d. c;
der Verf. stand als Jo. Ant. Panthera Parentinus im Ven., wurde
aber von P. nicht aufgenommen. Das Buch ist italienisch erschie-
nen: Monarchia del N. S. Gesu Cristo, Ven. 1545. 1573, und nach
Bayle ( s. v. Xenophanes ) eine Geschichte der Kämpfe Lucifers
gegen Christus von Anfang der Welt bis Muhammed. — Damiani
Maraffi, Carmina in figuras V. T. sind die Figure del V. T. con versi
toscani per Dam. Maraffi, Lyon 1554, Bilder von Albrecht Dürer mit
je einer Ottava^). Etwas ähnliches werden sein Gabrielis Simeoni
figurae bibliornm carminibus illustratae = Le figure della biblia
illustrate de stanze tuscane per G. S., Lyon 1565 u. s.^). — Vic-
toris Populensis Sermones sexdecim super Catechismum Rom. bei S.
wurde von Cl. gestrichen, aber 1609 mit richtiger Titelangabe ver-
boten: II piovano, cio^ sedici sermoni, composti da Messer Vittor
de' Popoli, piovano di S. Germano, sopra il Catechismo Born.,
1580.
Des berühmten portugiesischen Bischofs Hieronymus Oso-
rius (t 1580) De justitia coelesti 11. 10, Köln 1574, erklärt
Liss. 81 für „an einigen Stellen der Erklärung oder Modification"
fmoderatio) bedürftig; Q. expurgirt dieselben und im Auftrage des
Card. Pacheco gab der Dominicaner Alfons Ciaconius ein Gutachten
darüber ab. Er beanstandet darin 6 Stellen, wovon 4 von der
Gnade, Erbsünde u. dgl. handeln, und sagt zur Entschuldigung des
Verfassers, derselbe seheine in der scholastischen Theologie (in
theologia, quam scholae per disputationes profitentnr) nicht bewan-
dert zu sein. Auch die bei Q. gestrichenen oder geänderten Stellen
beziehen sich auf die Gnadenlehre. Auch S. verbot das Werk mit
d. c. ; das Vorbot wurde von Cl. gestrichen, weil mittlerweile der
gleichnamige Neffe des Osorius 1592 eine Gesammtausgabe seiner
Werke in 4 Bänden herausgegeben, in der er bezüglich der Bücher
de justitia die nöthigen Erläuterungen beigefügt hatte ; auch zu dem
Briefe des Osorius an die Königin Elisabeth war auf Befehl des
Mag. S. Pal. eine Bemerkung beigefügt^). Sand, corrigirt übrigens
auch in der Römischen Ausgabe noch 2 Stellen in dem Buche de
regis institutione.
1) Sixt. Son. 1. 4 8. V. Die Bilder erschienen gleichzeitig auch mit
französischen und Hämischen Versen. Rosenthal 22, 7192.
2) Tiraboschi 7, 978. Rosenthal 84, 1900.
3) PossevinuB App. s. v. Das Gutachten dos Ciaconius bei Schelh.,
Samml. f. Gesch. I, 155. — (-haraktcristisch ist die Weisung von Q., in
dem Satze : Fides continet omnem religionem atque pietatem ; omnes enim
virtutes ex fide aptae nexaeque sunt, hinter fides und fide das Wort viva
beizufügen.
B74 Katholische Schriftsteller im Index Clemens* VIll.
S. verbietet auch mit d. c. Lcaurentii a Yillavincencio
Tabulae in epistolas et evangelia, d. i. Tabulae compendiosae in
evangelia et epiflt. a Jo. Hpangenbergo, nunc opera Laur. a V. edi-
tae, Löwen 1563, also eine katholische Bearbeitung eines protestanti-
sehen Buches, von S. wohl verboten, weil der protestantische Ver-
fasser genannt oder die Umarbeitung nicht gründlich genug war.
Lorenzo de Villavicencio, ein spanischer Augustiner, der längere
Zeit in Diensten Philipps IL und Alba's in Belgien thätig war
(t 1580), hat mfehr dergleichen Arbeiten geliefert. Sein Buch De
formando studio theologiae 11. 4, Antw. 1565 , ist nur eine Ueber-
arbeitung von De recte form, theol. studio II. 4 von Andreas Hy-
perius (1556) , ohne dass dieser genannt wird (selbst dessen Vor-
rede ist wenig geändert), und das jenem Buche angehängte De
formandis sacris concionibus ist nur eine Bearbeitung eines gleich-
namigen Buches von Hyperins (1562, Dupin 16, 164). — Auch
die Phrases scripturae sacrae collectae per Fr. Laur. de V.,
Antw. 1572, sind nur eine Bearbeitung des Buches von B. West-
hemer (S. 108). Von dieser Arbeit steht eine sonderbare Ex-
purgation bei Sand. Es wird darin constatirt, dass zwei Exem-
plare derselben Ausgabe an mehreren Stellen stark von einander
abwichen, dass z. B. in dem einen stehe: Antichristi nomine non
hominem quendam singnlarem . . . intelligit s. scriptura, sed totam
illam congregationem mala docentium, in dem andern : Antichristi
nomine nunc hominem quendam singularem . . . intelligit s. scri-
ptura, nunc totam u. s. w. Sand, bezeichnet natürlich die „Les-
arten" des einen Exemplars als haereticorum fraude forte suppo-
sitae. Allem Anschein nach tragen aber nicht ketzerische Setzer
in Antwerpen die Schuld, sondern hat Villavicencio Westhemers
Buch anfangs nicht sorgfältig genug corrigirt und dann, als er
dieses bemerkte, die betreffenden Bogen neu drucken lassen.
In den spanischen und portugiesischen Indices werden noch
viel mehr Schriften von orthodoxen Theologen verboten oder ex-
purgirt; verboten z. B. Schriften von Cochlaeus (S. 483), Pighins
(S. 565), expurgirt wegen dogmatischer Sätze Jo. Hesseis, Ruardns
Tapper, Alphonsus Salmeron, Dieghus de Payva, Aloysius Lippo-
manus, Laur. Surius, Antonio de Guevara (sein Monte Calvario auch
bei S. d. c), Jodocus Clichtovaeus (wegen eines leisen Tadels des
0 felix Adae culpa, quae talem meruit habere redemtorem), in den
portugiesischen (nicht in den span.) Indices auch Jo. Driedo, Jo.
Pineda, Dom. Soto und Melchior Canus (die Loci theol. werden im
Liss. 1624 ziemlich stark expurgirt), — wegen unehrerbietiger Be-
merkungen über die Vulgata Wilh. Lindanus, Cornelius Jansenins
von Gent^), im Liss. 1624 sogar Franc. Forerius, der Herausgeber
1) Bei ihm werden auch ein paar andere Stellen corrigirt, z. B.
die Bemerkung zu Matth. 5, 13: Quod si sal evanuerit u. s. w.: Plane
major pars episcoporum (dafür setzt Liss. 1624 quidam, Sot. quidam epi-
Ben. Ariaft Montanas. 675
des Trienter Index. — Ein katholischer Arzt in Holland, Raynerius
Snoy Goudanus, hatte Psalterinni Davidicuin paraphrasibus ex
Hieron., Arnobio, Aug., Cassiodoro et aliis vetustis patribus illn-
stratum herausgegeben, welches wiederholt gedruckt, 1555 auch ins
Spanische übersetzt wurde. Die span. Ausgabe wurde von V. 59
verboten, in der lateinischen von Q. eine Reihe der Argumenta
apposita 8U])er psalmos gestrichen oder corrigirt, z. B. Credentis
typum describit in Pii typum describit und wiederholt fidelis in
jnstus, und gestrichen z. B. Imprecantur fideles, ut Dens Pater
Christi pro ipsis preces exaudiat, per quem sperant salutem, et non
per alium, ut impii. — Der portugiesische Dominicaner Hierony-
mus ab Oleastro (da Azambuja), der 1545 von Johann ITI. nach
Trient gesandt wurde (t 1563), Hess mit Genehmigung der Inqui-
sition zu Lissabon 1556 — 58 einen Commentar zum Pentateuch
drucken (auch Antw. 1569). Q. verbietet das Buch mit d. c,
streicht aber nur einen langen Passus in der Vorrede, worin Ol.
von der Vulgata sagt, sie sei nicht fehlerlos und nicht die beste
mögliche Uebersetzung. In der Ausgabe Lyon 1589, die als se-
cunda operis editio, mendis omnibus quibus antea scatebat repur-
gata et reformata jnxta Indicem expurgatorium Quirogae u. s. w.
bezeiclniet wird, ist lediglich dieser Passus weggelassen. Diese
Ausgabe wurde dann von Sot. mit dem Monitum bereichert: Hie
auctor scripsit ante Conc. Trid. et ideo in bis, quae minus defert
Vnlgatae editioni, caute legendus, und ausserdem noch expurgirt ^).
— In Gilberti Genebrardi chronographiae 11. 4, 1580 u. s., streichen
die span. Indices einige beigefügte rabbinische Schriften (in dem
Buche selbst streicht Q. nur den Namen Hütten unter den katholi-
schen Theologen, Sot. einiges andere). Im Rom. Ind. steht das
Buch nicht, aber Possevinus meint, es falle unter das von Clemens VIII.
den Regeln beigefügte Verbot der talmudischen Bücher 2).
Benedictus Arias Montanus (1527 — 98) erlebte mancherlei
Anfechtungen. Er bat Pius V., die von ihm im Auftrage Philipps II.
herausgegebene Antwerpener Polyglottenbibel (vollendet 1572) zu
approbiren und zu segnen oder doch wenigstens dem Verleger ein
Druckprivileg für die darin zuerst gedruckten Stücke zu geben.
Der Papst erklärte, er werde die Bibel, wenn sie vollendet sei, genau
untersuchen lassen und vielleicht verbieten : er "wisse nicht, ob die
neue Bearbeitung der lateinischen Uebersetzung des Pagninns gut
scoponim), pastorum et eorum, qui sunt gradus ecclcsiastici, adeo sunt
infatnati, ut nee micam salis quod dicitur vita et doctrina se habere
ostendant; hinc in tantam hodie conculcationem, direptionem et contem-
tum incidit ordo ecclcsiasticufl.
1) R. Simon, Lettrcs I, 193.
2) ApparatuB s. I, 641. Genebrards Buch De Racrarum electionum
jure et necessitate ad ecclesiae gallicanae redintegrationem, 1593, wurde
auf Befehl des Parlaments von Aix verbrannt. Peig^otl, 160. Nie. 22, 316.
576 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' Vlll.
sei; die Tractate de arcano sermoue und de ponderibus et mensaris
schienen ihm Sachen von zweifelhaftem Werthe zu sein, der erste
cabbalistische Dinge zu enthalten ; der Talmud und Sebastian Münster,
die vielfach citirt würden, seien verboten; auch Andreas Masius,
von dem ein Brief abgedruckt sei, gehöre zu den verdächtigen
Autoren. Der spanische Gesandte bat den Papst, die Löwener oder
andere belgische Theologen mit der Prüfung zu beauftragen und
dann das Privileg zu geben; er lehnte dieses ab: für einen einfachen
Abdruck der Complutenser Polyglotte wolle er ein solches geben.
Arias reiste 1572 selbst nach Rom, Phillip II. verwendete sich für
ihn, und G-regor XIII. Hess sich bestimmen, dem Verleger Plantin
ein anerkennendes Breve und ein Druckprivileg zu schicken ^). Nun
wurde die Polyglotte in Spanien angefochten, namentlich von Leo
de Castro, der Arias bei der Inquisition denuncirte und ihm ausser
der Beifügung rabbinischer Tractate namentlich Mangel an Respect
vor der Vulgata vorwarf: er habe die Uebersetzung des Pagninus
propriissima versio genannt, an einigen dogmatisch wichtigen Stellen
die Uebersetzung der Vulgata bemängelt, da es doch nach dem
Trienter Concil nicht 'erlaubt sei, confugere ad hebraicas et graecos
fontes u. dgl. Die Anklagepunkte wurden 1576 Arias mitgetheilt und
von ihm beantwortet. Zu einem förmlichen Process scheint es nicht
gekommen zu sein. Der Jesuit Juan de Mariana, einer der Quali-
ficatoren der Inquisition, sprach sich dahin aus: Arias hätte statt
des Pagninus eine den Juden weniger günstige Uebersetzung auf-
nehmen sollen; er ziehe mitunter die Züricher Uebersetzung der
Vulgata vor; in der chaldäischen Paraphrase und in dem Tractat
De idiotismis hebraicis kämen Fehler vor; einige Namen erkläre
er nicht nach den Kirchenvätern, sondern nach der Cabbala; er
citire verbotene talmudische Bücher, Wilh. Postel, Seb. Münster
und Mercier u. s. w. Auf diese Fehler, meinte Mariana, sollte
man aufmerksam machen, aber die (unter den Auspicien Philipps II.
herausgegebene) Polyglotte nicht verbieten ^). — In Belgien hatt«
Arias seit 1572 einen heftigen Gegner an VVilh. Damasi Lindanus,
Bischof von Ruermonde, der ihn in Briefen an (Wd. Baronius 1586
als hartnäckigen Erneuerer des Pelagianismus bezeichnet^). Bei
Q. S. Gl. steht von Arias, ausser seiner Uebersetzung des Benjamin
1) Memorias de la R. Acad. de la bist. 7, 159. Gachard, Corr. de
Philippe II. 8ur les äff. des P.-B. 2, 229. 249. In den 1573 gedruckten
Exemplaren der beiden letzten Bände des Apparatus zur Polyglotte ist
einiges geändert. Max Rooses, Christophe Plantin, Impriraeur Anversois,
1882, p. 128.
2) Memorias 7, 77. 84. 170. Serapeum 1846, 241. Rooses p. 141.
Reusch, Luis de Leon S. 71. 86. Auch eine (handschriftliche) spanische
Auslegung des Hohen Liedes von Arias beschäftigte 1574 die Inquisition.
3) Card. Baronii Epist. III, 144. 147. Memorias 7, 188. Rooses p. 145.
Papirius Massen. 577
von Tudela (S. 49ü), nichts, aber bei Bra8. eine wahrscheinlich
von Thom. Malvenda verfasste (S. 554) Expurgation seiner Com nien-
tare zu Isaias, den kleinen Propheten und zum N. T. und des Liber
generationis et regenerationis Adam. Die Erklärung der Apokalypse,
meint der Expurgator, sei vielleicht ganz zu beseitigen, da hier
alles neu und gefUhrlich sei. Zum Schlüsse verzeichnet er, da nicht
alle bei Arias zu streichenden Stellen einzeln aufgezählt werden
könnten, sieben neue und irrthümliche Ansichten desselben (über
Gnadenlehre; sie sind übrigens nicht „lutherisch"), die überall zu
beseitigen seien. — Auch in den späteren Eöm. Indices wird von
Arias nichts verboten und auch Sand, und Sot. streichen in seinen
Büchern nichts, sondern verordnen nur bei manchen Stellen die
Beifügung eines Caute lege oder einer erklärenden oder berichtigen-
den Randuote, und Sot. stellt ihm ausdrücklich das Zeugniss aus,
er sei vir de ecclesia cath. et de s. scripturarum studio bene meritus
gewesen. Nur Liss. 1624 hat im wesentlichen die Expurgation von
Bras. aufgenommen.
S. verbot mit d. c. Papirii Massoni libri VI de cpiscopis
ürbis [qui Eom. Ecclesiam rexerunt, rebusque gestis eorum. Ad
Henricum III. 0. M. Francorum Regem. Par. 1586. 422 S. 4], eine
Geschichte der Päpste bis auf Gregor XIII. Masson, früher Jesuit,
dann Jurist f 1611, scheint durch Baronius von diesem Verbote
Kenntniss erhalten zu haben; denn er schrieb diesem im Sept. 1591:
er habe zu seinem Bedauern aus dessen (nicht erhaltenen) Briefe
ersehen, dass einiges in seinem Buche einigen italienischen Gelehrten
nicht gefalle; er sei bereit, zu verbessern, was diese und Baronius
wünschten. Baronius schickte ihm darauf im Febr. 1592 eine Ceusur
des Buches, mit dem Bemerken: dieselbe sei keine amtliche und der
Verfasser derselben sei vielleicht zu peinlich gewesen; er habe viele
Kleinigkeiten monirt und namentlich viele Stellen, die nur Citate
aus anderen Schriftstellern seien; es sei jedoch in der That bedenk-
lich, wenn aliena convicia von bewährten katholischen Schriftstellern
citirt würden; Massen werde aber ohne grosse Schwierigkeit aus
den vielen Monita des Censors diejenigen herausfinden, die zu be-
rücksichtigen seien; wenn er in dieser Weise sein Buch ändere,
glaube er ihm zusichern zu können, dass das Werk unverzüglich
von dem apostolischen Stuhle werde freigegeben werden ^). Die
Angabe von Niceron V, 196, Masson habe sich Baronius gegenüber
geweigert, an seinem Buche etwas zu ändern, s'en rapportant sur
cela k la posterite qu'il en laissait juge, kann nicht richtig sein;
er muss sich vielmehr zu einer Expurgation seines Werkes bereit
erklärt haben; denn bei Cl. steht das Verbot desselben mit dem
Zusätze: nisi fuerit ex correctis ab auctorc cum approbatione Mag.
S. Pal., und so stand im Index, bis Ben. d. c. dafür setzte, obschon
nie eine zweite Ausgabe erschienen ist (vielleicht hat sich Masson
1) Baronii Epistolae I, 241. 11, 68.
B«n8ch, Index. 37
578 Katholische Schriftsteller im Index Clemens' VIII.
mit dem Mag. S. Pal. nicht einigen können). 1G05 wurde Massons
Ausgabe des AgobarduH verboten (S. 14).
S. verbot mit d. c. Jiisti Lipsii Politicornm s. civilis doc-
trinae libri sex [qni ad principatum maxime spectant, Lugd. Bat. 1589
und 1590]. Lipsius, der 1591 wieder katholisch geworden, erfuhr
von Bellarmin, dass das Buch auch auf den neuen Index gesetzt
werden solle, dessen Ausarbeitung gleich nach der Unterdrückung
des Sixtinischen in Angriff genommen wurde. Bellarmin theilte ihm
auch mit, woran man in Rom Anstoss nahm. Er corrigirte danach
sein Buch und schickte die Aenderungen an Bellarmin mit der An-
frage, ob sie genügen würden, ßellarmin lehnte es im Juli 1593
ab, sich amtlich darüber zu äussern, da er seit Monaten an den
Sitzungen der Index-Congregation nicht mehr theilnehme. Gleich-
zeitig theilte aber der Jesuit Benzi Lipsius einige Aendeningen mit,
die Bellarmin und er ihm vorzunehmen riethcn, und wies ihn an,
die neue Ausgabe von dem königlichen und päpstlichen Censor
Heinr. Cuyck zu Löwen approbiren zu lassen, dann werde man sich
bemühen, dass das Buch nicht auf den neuen Index komme. (Auch
Baronius correspondirte mit Lipsius in dieser Angelegenheit.) Die
neue (dritte) Auflage erschien mit C'Uycks Approbation 1593, und
Lipsius steht wirklich nicht bei C\, — Es war hauptsächlich das
4. Cap. des 4. Buches der Politik, welches in Rom Anstoss erregte.
Nachdem Lipsius im 3. Cap. auseinander gesetzt, dass man auf (tc-
waltmassregeln gegen Störer der religiösen Einheit eines Staates
unter Umstanden für eine Zeit lang (also nicht principiell) ver-
zichten dürfe, sagt er im 4. Cap. : einzelne religiöse Dissidenten, die
sich ruhig verhielten, sollte man nicht systematisch aufsuchen und
bestrafen, ihnen gegenüber sei eher Belehrung als Gewalt am Platze;
doctore magis hie opus quam tortore. Bellarmin empfahl durch
Benzi, dafür zu setzen: quod si doctor non persuasit, deinde tortore
oder etwas ähnliches. Lipsius schrieb allerdings nur: doctore pri-
mum hie opus, non tortore, corrigirte aber im Verlaufe des Capitels
alles heraus, was als eine Missbilligung der Inquisition verstanden
werden konnte, strich u. a. das Citat aus Lactantius: „Nichts ist
so sehr Willenssache wie die Religion; ist hier die innere Ueber-
zeugung nicht vorhanden, so ist die Religion schon aufgehoben, so
ist sie gar nicht mehr da." — Benzi resp. Bellarmin nahm auch
einigen Anstoss an dem 13. Capitel, worin Lipsius auf die Frage,
ob der Fürst immer strenge ehrlich sein müsse, die Antwort gibt:
mit der Klugheit dürfe der Fürst, wenn das Wohl des Staates es
erheische, auch etwas Unehrlichkeit (aliquid e fraudium faece) ver-
binden; wie es Müttern und Aerzten gestattet sei, den Kindern etwas
vorzumachen (fucum facere), so sei das auch dem Fürsten seinem
Volke (plebecula sua) oder einem Nachbarfürsten gegenüber ge-
stuttet. Benzi schrieb darüber: „Schliesslich ist das, was nach
Machiavellismus schmeckt, mit katholischem Salze zu würzen. Mir
missfällt einiges in dem 13. Capitel, wie das, was du von der Ver-
mischung des Stromes der echten Klugheit mit einem Tröpfchen
Betrug sagst." Lipsius strich aber in diesem Capitel nur den Satz:
Justus Lipsius. 579
„Also ist auch Machiavelli nicht so Bcharf zu verdammen, auf den
jetzt jeder Lnmp losschlägt (qui misera qua non manu hodie vapulat)*".
Damit gab man sich in Rom zufrieden ^). — Die spanische Inquisition
war nicht so nachsichtig. Sand, verordnet, in der Politik die Cap.
3, 4 und 13 des 4. Buches ganz und noch eine Anzahl von Stellen
zu streichen, expurgirt auch die Schrift De una religione, welche
Lipsius 1590 schrieb, um sich gegen den Vorwurf des Theodor
Cornhert zu vertheidigen, dass er in der Politik die Ketzer mit
Feuer und Schwert vertilgt wissen wolle ^), und ausserdem noch
andere Schriften von Lipsius, namentlich auch seine Briefsammlungen.
Lipsius ist später unter eigenthümlichen Umständen doch in
den Rom. Index gekommen. 1600 erschien zu Ztlrich eine angeb-
lich von Lipsius 28. Juli 1573 zu Jena gehaltene Oratio de duplici
concordia (über die Eintracht in den theologischen Schulen und in
der Kirche) mit sehr starken Ausdrücken über die Augsburgische
Confession, für welche der Redner „sein Blut vergiessen" will, und
Ober das Papstthum, das mit den bekannten apokalyptischen Be-
zeichnungen belegt wird, über die „vom Papste angestiftete" Bar-
tholomäusnacht u. dgl. Melchior Goldast hatte die Rede veröffent-
licht, um den damals eifrig katholischen Lipsius zu ärgern, und
dieser und seine Freunde behaupteten, Goldast habe sie fabricirt.
Nach Lipsius' Tode (t 1606) erschienen dann zu Darmstadt 1607
Justi Lipsii orationes VIII Jenae potissimum habitae, e tenebris
erutae, darunter auch die Or. de dupl. concordia und drei andere
zu Jena gehaltene, die gleichfalls einen eifrigen Lutheraner ver-
rathen. Diese Orationes wurden 7. Sept. 1609 verboten. Alex.
(1664) änderte das Verbot (wie bei Sot.) in: Justo Lipsio falso ad-
script«e Orationes octo u. s. w. ; seit Ben. heisst es: Orationes octo . . .
cum falsum sit has omnes ejus esse, als ob die Reden wegen ihrer
Unechtheit und nicht vielmehr wegen ihres Inhalts verboten wären.
1) Der Briefwechsel mit Bellarmin und Baronius steht theils in
Lipsius' Epistolao ad Italos (No. 9. 11; Opera, Lugd. Bat. 1613, I, 349),
theils bei Burmann, Sylloge I, 78. 6B7. 755, eine genauere Vergleichung
der alteren Ausgaben und der expurgirten im Deutschen Merkur 1882, 89.
Raess, Convertiten 8, 142, theilt die betreffenden Stellen aus Lipsius'
Politik nach der Ausgabe von 1590 mit, ohne zu ahnen, dass eben diese
Stellen nach den Römischen Weisungen geändert worden sind.
2) Diese Schrift steht in den Opera IV, 137 mit einer Approbation
von H. Cuyck vom J. 1598, worin bezeugt wird: was darin de una reli-
gione gesagt werde, sei nach der ausdrücklichen Erklärung des Verfassers
und wie der Zusammenhang zeige, nur von der orthodoxa catholica et
romana, quae una et sola vera est religio, zu verstehen, — also nur in
deren Interesse seien Oewaltraassregeln gegen Andersgläubige zulässig.
5dO ItalieniBcbe reformatorische Schriften im Index Clemens' YIII.
Es ist erwiesen, dass alle acht Reden von Lipsius sind ^). — 1627
wurden noch verboten: Notae in Justi Lipsii epistolas et carmina
editionis Hardevici.
56. Italienische reformatorische Schriften im Index
Clemens' VIIL
. Durch Sixtus V. und Clemens VIIL sind noch 20 Italicner
in die 1. Classe gekommen. Die meisten derselben stehen
schon in dem MUnchener oder dem Quiroga'schen Index; einige
sind aus Frisius entnommen. In der 2. Classe sind Ludovico
Castelvetro, Guilelmo Grattarola und Olympia Fulvia Morata
beigefügt. Die Vermehrung der 3. Classe ist ganz unbedeutend.
Aus Q. oder Mon. sind in die 1. Ol. gekommen: Jac. Acon-
tius, Paul Jo. Alciatus, Georgias Blandrata, Jac. Brocardus, Alph.
Conradus, Aemilius Portus Francisci filius, Phil. Rusticus (S. 373),
»Simon Simonius, Immanuel Tremellius, Hier. Zanchins, aus Fris.
Jo. Pontisella, Vorsteher des Seminars in Chur-), von dem Fris.
nur ein Carmen in obitum Bnllingeri, 1575, verzeichnet, und Minus
Celsus, der in Basel lebende Verfasser der Schrift: In haereticis coer-
cendis quatcnus progredi liceat, Mini Celsi Senensis diputatio. Ubi
nominatim eos ultimo supplicio affici non debere, aperte demonstra-
tur, 1577. 8^). Nur bei S. stehen Lud. Alemani und Jo. Val. Gen-
tilis (S. 508). Durch Gl. kamen hinzu die AntitrinitAricr Faustus
und Laelius Socinus und Franc. Stancarus (aus Fris.) und Aonius
Palearius und Jac. Palaeologus (S. 435). — Barth. Fontius, seit
S. in der 1. Cl., von Ben., jedenfalls nur durch ein Verschen, weg-
gelassen» ist der Minorit Bartolomeo Fonzio, welcher, des Luthera-
nismus verdächtig, aus Venedig floh, 1532 in Augsburg war, 1533
eine Uebersetzung einer Schrift Luthers herausgab (S. 383) und
1) K. Halm, Ueber die Aechtheit der dem Justus Lipsius zuge-
schriebenen Reden, Sitzungsber. der Ak. zu München 1882, II, l. — Die
hauptsächlich auf die Or. de dupl. conc. basirte Streitschrift: Lipsius
Proteus ex antro Noptuni protractus et clarq soli expositus a Thoma
Sagittario, Frkf. 1614, steht nicht im Index, wohl aber seit 1619 dessen,
wahrscheinlich harmlosere Epistolica institutio s. de conscribendis epistolis
tractatus.
2) Porta, Hist. Ref. Raet. I, 187. 192. Strobel, N. Beitr. 3, 86.
3) Schelh, Erg. II, 267. Clement II. 267.
Italienische reformatorische Schriften im Index Clemens* VIII. 581
1562 nach einem vierjährigen Process in Venedig ertränkt wurde ^).
— Franc. Puccius Filidinus, falso U8uri>an8 cognomen Puccioruro,
so seit Cl. in der 1. Cl., ist der vagirende Scli wärmer, welcher
Clemens VIII. ein 1592 zu Gouda gedrucktes Ihich De eflicacite
servatoris Christi in omnibuR et singulis hominibus quatenus ho-
mines sunt übersandte und wahrscheinlich auf der Heise nach Rom
zu Salzburg starb. Sein Buch wurde von dem Jesuiten Serarius und
von Lucas Oslander und Franc. Junius bekämpft-).
Olimpiae Fulviae Moratae Dialogi, Epistolae, Carmina
hat S. wörtlich aus Q. Gemeint ist die Briefe, Dialoge und Ge-
dichte, meist Psalmen -Paraphrasen, enthaltende Sammlung: Olym-
piae Fulviae Moratae mulieris omnium eruditissimae latina et graeca
quae haberi potuerunt monumenta, welche nach ihrem Tode (1555)
von Curio zu Basel 1558 herausgegeben wurde (K.-E. 10, 269).
Neben Magdalena Haymairin und Anna Askew hätte die Italienerin
immerhin einen. Platz in der 1. Cl. verdient. Wie sie, so hätte
auch Ludovico Castelvetro schon im Trienter Index stehen
können. Er war 1560 in Rom in Untersuchung (vielleicht wegen
seiner üebersetzung der Loci Melanchthons, S. 154), entfloh, wurde
1561 in absentia als Häretiker verdammt und wandte sich nun an
das Trienter Concil (Pallav. 15, 10, 5); er starb in Chiavenna 1571.
Seit S. stehen seine sämmtlichen Werke (sie sind nicht theologi-
schen Inhalts) mit d. c. im Index. Argelati wollte die Werke neu
herausgeben, unterliess es aber, wie Muratori berichtet, aus Furcht
vor der Fulmini di Roma und vor zu geringem Absatz, und be-
schränkte sich auf ein Bändchen Operette critiche, Lyon (Mailand)
1727. Zu diesem schrieb Muratori eine Vita, worin er Castelvetro
von dem Verdacht der Ketzerei zu reinigen sucht, was ihm heftige
Angriffe von Seiten Fontanini's zuzogt). Bei Bras. p. 540 — 549
steht eine Expurgation der dem Kaiser Maximilian gewidmeten,
1570 zu Wien und 1576 mit einigen Weglassungen zu Basel ge-
druckten Poetica d* Aristotele vulgarizzata e sposta. Gestrichen
werden einige theologisch incorrecte Stellen, einige ziemlich harm-
lose Bemerkungen über Päpste und Geistliche, Geschichten aus
Boccaccio u. dgl. (s. auch S. 153), aber auch Stellen, bei denen
gar nicht abzusehen, warum sie beanstandet wurden, wie die Be-
merkung, Augustinus habe nicht an Antipoden geglaubt, oder : Simon
1) De Leva, Carlo V. III, 328. (Vgl Degli crotici di Cittadella in
den Atti dell' Ist. Von. S. IV, vol. 2). Luemmcr, Mon. Vat. p. 116. 130.
172. Nach Leva hat er auch einen Catcehismo composto in forma di dia-
logo ; interlocutori Eusebio e Teofilo und eine (nicht gedruckte) Apologie
vcrfasst.
2) Friedrich, Francesco Pucci, in den Sitzungsbor. der Münoh. Ak.
1880, I, Hl.
3) Fontanini I, 250. II, 46. Lettere scelte alP ab. Conti, Ven. 1812,
p. 90. Rassegna scttim. V (1880), 25.
582 Italienische roformatorische Schriften im Index Clemens' VIII.
heisse bald Kephas, bald PetruB, was gleichbedeutend sei u. dgl.
Eeligione pagana wird in setta pagana geändert, santo, von anderen
als anerkannten Heiligen gebraucht, in buono. Sot. fügt dieser £x-
purgation eine andere des Gommentars zu den Eime del Pe-
trarca bei.
Auch die (medicinischen) Werke des Gruilelmo Grattar ola
aus Bergamo, — er war 1551 wegen Ketzerei in Untersuchung und
lebte später in Basel (Riv. crist. 1876, 14), — werden mit d. c.
verboten, und die 1568 gedruckten Opuscula bei Bras. expurgirt:
ausser einer Anzahl von wunderlichen physiognomischen Bemer-
kungen wird in der Stelle: Est et remedium (gegen den Blitz), ut
amota superstitione omnes urbis campanae sonentur, der Zusatz
aniota superstitione gestrichen, ferner eine Stelle ob uomen et testi-
monium Erasmi auctoris damnati; Christus servator wird in salva-
tor corrigirt, ut vitentur profanae vocum novitates, und einige Bibel-
citate werden nach der Vulgata richtig gestellt.
Mehrere durch S. Cl. in die 3. Cl. gekommene Schriften sind
bereits § 35 erwähnt. Nur bei S. steht: Apologia Michaelis An-
geli Florentini in qua agitur de vera et falsa ecclesia. Gemeint
ist die schon 1557 erschienene Apologia di M. MichelagnoloFioren-
tino, ne la quäle si tratta de la vera e falsa Chiesa, de Tessere e
qualita della messa, de la vera presenza di Christo nel sacramento
de la Cena, del papato e primato di S. Pietro, de Concilii et au-
torita loro. Der Verfasser hiess Michelangelo Florio, und war
Prediger in Soglio und London^). — Gleichfalls nur bei S. steht:
Libellus continens pulchram declarationem praeceptorum, super sym-
bolum fidei et orationem dominicam, d. i. Ün libretto volgare con
la declaratione de li dieci conimandamenti, del Credo, del Pater
noster, con una breve annotatione del vivere christiano, s. 1. et a-).
Eine schon 1558 gedruckte satirische Schrift von Giacopo
Riccamati Ossanese wurde 1621 als Dialogo di 0. R. 0.: inter-
locutori il Riccamati et il Mutio verboten. Ben. hat den Titel ge-
nauer: Dialogo nel quäl si scuoprono le astutie con che i Luterani
si sforzano d'ingannare le persone semplici e tirarle alla loro setta ^).
1) Trechsel, Antitrini tarier II, 127. Strype, Cranmcr p. 196. Bocca
12| 112 verzeichnet von ihm noch: Historia de la vita e de la morte di
Giovanna Graia giä regina . . . Con l'aggiunta d'una disputa fatta in Osso-
nia Ta. 1554. (London) 1607.
2) Biblioth. Thomas. I, 575, wohl verschieden von der in Versen
geschriebenen Una brevissima et semplicissima espositione delli dieci coman-
damenti di Dio, dclla orationo insegnataci da 6. C. et del Simbolo detto
dcgli Apostoli, 1559. Riv. crist. 1875, 363.
3) Die Fortsetzung des Titels lautet bei Fontanini I, 365: o si
mostra lavia che avrebbono da teuere i principi e i roagistrati per estir-
pare dagli stati loro le pesti delP eresia, cosa in questi tempi ad ogni
Verbote spanischer Bücher. 583
Die gleichzeitig er»chienene Soniina brevissima della dottrina chri-
Btiaiia Bteht nicht im Index.
Neben so vielen italienischen Ketzern, die nichts oder nur
unbedeutende Sachen geschrieben, hätten doch wohl auch einen
Platz im Index verdient : Gabriel Valiculi, Verfasser eines lä30 ge-
druckten Trattato suUa libera grazia di Dio, Pietro Cittadella oder
Petrus de Specialiis, der ein (nicht gedrucktes) Buch De Dei gra-
tia mit einigen anderen Schriften Karl V. widmete und 1542 zu
Venedig zu lebenslänglicher Haft verurtheilt wurde (f 1554), Baldo
Lupatino (S. 176), Nie. Ealbani, Prediger in Genf, Verfasser der
Istoria della vita di Galeazzo Caraccioli, 1587, und andere ^).
Zum Schlüsse ein Curiosum aus Sot. Er fand bei Fris. : An-
gelas Masarellus, S. R. Apost. Sedis Notarius, Epistola monltoria
ad Jac. Schroppium, Abbatem Maulbruneusem, de synodo oecume-
nica ab ipso ticta et scripta, Romae 1582. £s ist eine in der Pfalz
getlruckte Streitschrift eines Calvinisten -). Sot. aber setzte An-
gelus Masarellus in die 1. GL, freilich mit der vorsichtigen Bemer-
kung: lictitium creditur nomen, denn der päpstliche Notar dieses
Namens sei ein Katholik gewesen.
57. Verbote spanischer Bücher.
In dem ersten Index des Valdes von 1551 werden nur
einige wenige spanische Bücher verboten; der zweite von 1559
hat eine umfassende spanische Ahtheilung, die mit einigen Mo-
diticationen in der Antwerpener Appendix von 1570 und mit
Vermehrungen von Quiroga abgedruckt wurde. Sie enthält
nur verhältnissmässig wenige ketzerische Bücher; die meisten
qualita di porsone uou solo utile, ma grandemoute uccessaria da intondero.
S. 1. (Basel) 1558. 8. Der Anfang ist in der Römischon Zeitschrift 11 So-
minatoro 1877 neu gedruckt. Riv. crist. 1880, 407. Die Somma (Cate-
chismus) bei Bocca 12, 228. — Vergcrio, AgV Inquisitori f. 27 sagt: es
sei auffallend, dass man neben Franc. Betti nicht auch in die l.Cl. gesetzt
il suo Acate ovvero il suo Scipione, cioe M. Giacobo Riccamati Ossaneso,
fatto di uostri aucor' egli c di cosi bei doni ornato, . . c ha pur scritto
ancor egli qualche libro in latino o in volgare, tra gl'altri uno: Somma
bricvissima u. s. w.
1) Lcva, Carlo V., III, 337. 441. Riv. crist. 1875, 5. 227.; 1881, 105.
2) Fcuerlin, Biblioth. symb. U, 168.
584 Verbote spanischer Bücher.
Bucherverbote hangen zusammen mit dem Verbote der Bibel-
übersetzungen und Controversschriften (8. 334. 337) oder mit den
damals bei der Inquisition geltenden Grundsätzen, dass es nicht
rathsam sei, dem Volke ausführliche Erörterungen über die Lehren
der Kirche oder Belehrungen über die Bedeutung ihrer Ge-
bräuche, wie das Buch des Erzbischots Carranza, in die Hand
zu geben, und dass ascetische Schriften über inneres Gebet, Be-
trachtung u. dgl. Gefahr liefen, den Werth der herkömmlichen
äusserlichcn Andachtsübungen herabzusetzen und die Irrthümer
der Alumbrados(Pseudomystiker, Quietistcn), die in Inquisitions-
processen dieser Zeit vielfach mit den Luteranos zusammenge-
stellt werden, zu verbreiten. Dieser letzte Grundsatz hat die
scandalösc Folge gehabt, dass von Valdes 1559 Schriften de^^
später heilig gesprochenen Francisco de Borja und der beiden
Männer, die noch heute zu den besten ascctischcn Schriftstellern
gezählt werden, des Juan de Avila und des Luis de Granada,
verboten wurden. Es ist nicht geeignet, die Strenge der In-
quisition gegen solche religiöse Schriften in einem mildern
Lichte erscheinen zu lassen, wenn wir sie sehr tolerant finden
bezüglich der Obscöniläten, die im IG. Jahrhundert in Spanien,
wenn auch in geringerm Grade als in Italien, eine Makel der
„schönen Literatur" bilden.
Zu den § 14 besprochenen ketzerischen Schriften (und Ant.
del Corro, Juan Diaz, Keginaldus Gonsalvius) kommen folgende
hinzu: Constantino Ponce de la Fuente, 1548 — 55 am Hofe
Philipps, von Karl V. zum Hofprediger und Beichtvater ernannt, —
seine Summa de doctrina christiana war eins der 30 Bücher, die der
Kaiser in San Yuste bei sich hatte, — seit 1556 Canonicus in Se-
villa, daher auch Constantin von Sevilla genannt, wurde 1558 von
der Inquisition gefänglich eingezogen und starb im Sommer 1560 im
Gefängnisse ; 22. Dec. wurden seine Gebeine und die seines Freundes
Dr. Gil (Aegidius, t 1556; seine Schriften sind nicht gedruckt) ver-
brannt. Seine Schriften sind alle zu Sevilla 1544 — 48 mit Appro-
bation der Inquisition gedruckt, die sie, wie es scheint, lediglich
darum verbieten zu müssen glaubte, weil der Verfasser als der
Ketzerei verdächtig gefangen gesetzt war. In dem Index von 1559,
der ihn einfach Constantino nennt, werden sie einzeln aufgezählt^).
1) Summa de doctrina christiana (zuerst 1544, dem Card. Garcia de
Loaisa, £rzb. von Sevilla, gewidmet); Dialogo de doctr. christ. entre el
macstro y el discipulo ; Confcssion du un peccador delante de Jesu Christo ;
Const. de la Fuente. Juan Perez. 686
Bei Q;. werden „alle Werke von Constantino, Doctor de Sevilla**
verboten, ebenso im Liss. 81. Seit Sand, steht Const. de la Faente
in der 1. Cl. Aus U. oder Liss. nahm S. Constantinus de Sevilla
in die 1. Cl. auf, Cl. setzte dafür Const. de la Fuente Hispanus.
Seit Ben. steht er auch unter Fontius, wie ihn Fris. nennt. —
Q. verordnet in der Vida de Carlos V. von Alonso de Ulloa (Ven.
1573), Sand, in einem Berichte über die Reise Don Philipps von
J. C. Calvete de Ulloa (Antw. 1552) Stellen, in denen rühmend
von Constantino gesprochen wird, zu streichen^). Auch in Posse-
vins Apparatus verordnet Sand, den ganzen Paragraphen zu strei-
chen, qui agit de Const. Fontio, auctore damnato, inter auctores
catholicos (Possevin zählt ihn noch in der Ausgabe von 1608 zu
diesen).
Von Juan Perez, der von Sevilla nach Genf floh, 1556 — 58
in Frankfurt, dann wieder in Genf lebte und dort mit anderen eine
spanische Gemeinde gründete, f 1567 -), verbietet V. 59 zunächst
einen Catechismo impr. en Venecia 1556, mit dem Bemerken, der-
selbe sei angeblich von der Inquisition approbirt, was aber nicht
wahr sei, dann Sumario de la doctrina cliristiana. Catechismo wird
nur eine ungenaue Bezeichnung des letztern Buches sein, dessen
Titel lautet: Sumario breve de la doctr. ehr. hecho por via de pre-
gunta y respuesta . . . Ven. (wohl Genf) 1556, mit der Angabe am
Ende: fue visto y aprovado este librito por . . la Inq. de Espafla,
— 128 S. 8, ein dem Calvin'schen ähnlicher Catechismus. Ferner
wird von ihm verboten Psalmos de David en romance con sus su-
marios, Ven. (Genf) 1557, Von Perez ist auch die Uebersetzung
des N. T., welche in dem allgemeinen Verbote der spanischen N.
Testamente als zu Venedig 1556 gedruckt speciell erwähnt wird ^),
Catechismo christiano (diese zwei zusammen auch Antw. 155G, dem Bischof
von Leon gewidmet); Exposiciou sobru cl primcr Psalmo do Dauid. Vgl.
E Boehmer, Biblioth. Wiffeu. 11, 30. — Mit Dialogo u. s. w. ist wohl die
1544 erschiouüue Summa de doctr. ehr. und mit Summa de doctr. ehr.
die 1548 erschienene grössere Schrift Doctrina cliristiana . . . Parte pri-
niera. De los articulos de la fe (Boehmer p. 39) gemeint. — Bei Con-
fession fügt V. 59 bei: del mismo Constantino, u sin auctor; es scheint also
auch eine anonyme Ausgabe gegeben zu haben. Darum wird sie auch bei Q.
und Liss. 81, welche die anderen Schriften nicht speciell aufzählen, in
ähnlicher Weise verzeichnet. Diese Schrift ist also auch bei S. mit Cou-
fessio peccatoris ante Dcum gemeint.
1) Die Stellen bei Boehmer p. 11. 26.
2) Boehmer, Bibl. Wiff. II, 57. Pelayo HI, 850 hält es für zweifel-
haft, ob er mit dem Juan Perez, der 1527 Secretär des spanischen Ge-
sandten in Rom und ein Freund des Juan Valdes war, identisch sei.
3) Eine spätere Ausgabe wurde 1574 von der Sorbonne ausführlich
eensurirt. Arg. II a 420.
586 Verbote spanischer Bücher.
und die anonyme Cartu embiada a . . . Don Phelippe Rey de
Espafta (1557, über seinen Streit mit Paul IV.), die seit V. 59 im
Span. Ind. steht ^). — Perez steht auffallender ViTeise bei Sand. Sot.
in der 2. Cl. Aus U. nahm S. in die 2. Cl. : Jo. Perez, Cathe-
chismuH, Versio Psalmorum, Summarium doctr. ehr. Cl. strich
dieses wie die meisten von S. aufgenommenen spanischen Sachen,
und so steht Perez überhaupt nicht im Köm. Index.
Cypriano de Valera, früher Mönch in Sevilla, später in
London, steht erst bei Sot. in der 1 . Cl. mit dem Zusätze : 11a-
mado vulgarmente el Uereje espafiol, und mit der Bemerkung, er
habe Calvins Institutio übersetzt (schon 1530, S. 531), so wie die
Bibel (s. u.) und einen Catechismus unter dem Tit«l Catholico re-
formado. Letzterer steht schon bei Sand., aber ohne Namen : Cath.
reform. 6 una declaracion que muestra quanto nos podamos confor-
mar con la Iglesia Komano u. s. w. Es ist die Uebersetzung eines
Buches von W. Perkins*^). Seit Sand, steht im Ind. auch Auiso a
los aticionados de la Iglesia Homana, que muestra la dicha religion
u. 8. w., gleichfalls von Perkins, seit Sot. Avisos a los de la Igl.
Rom. sobre la indiccion del Jubileo por la Bula del Papa de-
mente Vm., 1600, — beide von Valera. Im Köm. Ind. stehen von
ihm nur, und zwar erst seit 1624 : Dos tratados, el primero es del
papa y de su autoridad, colegido de su vida y doctrina, el segundo
es de la misa por C(ypriano) D(e) y(alera), 1588. Sand, und Sot.
erwähnen , es seien beigedruckt : Tratado para contirmar los pobres
cativos de Berberia (die Spanier) und Un Enxambre de los falsos
milagros y ilusiones del demonio, con que Maria de la Visitacion,
Priora de la Anunciada de Lisboa, engafto u. s. w.
Eine Declaracion o confession de fe, welche seit ii, im span.
Ind. steht, ist das von Cassiodoro de Keina (aus Sevilla, seit 1557
im Ausland, t 1594) für die protestantischen Spanier in London
1560 verfasste, zu Frankfurt 1577 gedruckte Glaubensbekenntnisse).
In die 1. Cl. kam Keina durch die Compilatoren des Mon., die im
Messcatalog das 1573 zu Frankfurt erschienene Evangelium Joannis
. . . per Cass. Keinium Theologiae studiosum fanden, als Cass. Rei-
mius. So stand er seit S. Cl. auch im Köm. Ind., bis Ben. Rei-
1) Uebcr seine Uebersetzung der Reden des Slcidanns s. S. 122:
über andere Schriften von ihm, die nicht im Ind. stehen, Boehmer 1. c.
2) Auf dem Titel steht weiter: por Guillermo Perquino . . . trasla-
dado por Guill. Massan 1590. Die Vorrede ist unterzeichnet C. de V., d. i.
Cypriano de Valera. Das Buch von Perkins, A reformed Catholike, ist
1597 erschienen, eine latein. Uebei*setzung von Guil. Massen 1599; nach
dieser wird Valera das Buch übersetzt haben. Pelayo II, 491. 495. Schriften
von Valera sind abgedruckt in den Rifomiistas VI.
3) Boehmer, Bibl. Wiff. II, 166. 232. Er gab 1569 auch eine spa-
nische Bibel heraus, die 1602 von Cypriano de Valera revidirt wurde.
Cypr. de Yalera. Cass. de Beina. 587
niu8 corrigirte. Aus dem Küm. Index kam er dann auch durch
Sand, als Case. Keimius in die 1. Ci. Bei Sot. steht in der span.
Abtheilung Casiodoro de la Eeyna, in der lat., als ob das ein an-
derer wäre, Cass. Kemius s. Keimius s. lienius s. Keinius, tierm.
Theol. Luth. Aug. Conf.; ecribebat et edebat Francofurti 1563 — 73
(Aehnlich noch im Indice von 1790).
Unter den anonymen spanischen Schriften steht bei V. 59 und
in den folgenden span. (und Lissaboner) Indices eine Satire auf die
Ablässe, veranlasst durch das Jubiläum von 1550: Jubileo de ple-
nisima remision de peccados coucedido antiguamente (der Schluss
lautet: „gegeben am himmlischen Hofe des Paradieses bei Erschaf-
fung der Welt mit ewigem Privilegium, unterzeichnet und besiegelt
mit dem Blute des eingeborenen Sohnes Gottes, Jesu Christi, unseres
einzigen und wahren Erlösers**), ohne Zweifel eine Bearbeitung des
im Par. 51 stehenden Schriftchens: Le grand pardon de pleniere
remission pour toutes personnes, durant k toujours, impr. ä tieueve
par Adam et Jehan Rivery 1550. S. nahm eine lateinische Ueber-
setzung des spanischen Titels in den Köm. Index auf, die aber von
Cl. gestrichen wurde ^). — Seit V. 59 steht ferner im span. Ind.
Imagen del Antechristo, aus dem Itali.eni sehen (von B. Ochino) über-
setzt von (dem wahrscheinlich Pseudonymen) Alonso de Peöa-Fuerte 2).
lieber die Gründe, weshalb unter Valdes eine Reihe von gut
1) Boehmer, Bibl. Wiflf. II, 51. — Dieses Schriftcheu oder das damit
jedtiufalls im wusentlichcu identische Brcve sumario de iudulgüucias y
^racias ist ohne Zweifel die «von den Ketzern fabricirte Bulle", die nach
Col. de doc. ined. V, 529 mit der Carta von Juan Perez von Frankfurt
und Belgien aus in vielen Exemplaren nach Spanien eingeschmuggelt
wurde. Boehmer p. 64. — 16. März 1621 verbot die Index- Congrogation
foliuQi quoddam: Un gran Giubileo, una generale perdonauza & assoluta
remissione de pcccati, per proprio moto conceduta dalla santitä di Nostro
Signore e Summo Pontifice adogni buono e fedel catholico senza obligo di mo-
versi di casa [e oon ordine che sia publicata da tutti i vcsoovi e paatori di
Chiesa. Data nella supreraa Corte dcl Paradiso in tin dalF origine del moudo
con privilugio perpctuo ; seit Ben. unter Giubileo]. Dieses ist ohne Zweifel
ein Abdruck des Schriftchens Questi sono i gran perdoui & indulgentic della
pleuaria remissione di pena et di colpa u. s. w., welches in dem Inquisi-
tionsprocess des Lucio Paolo Roselli zu Venedig 1561 erwähnt wird (Jahrb.
f. prot. Th. 1882, 184), und dieses das Original des 1555 von Vergerio
herausgegebenen Schriftchens: Unsers Herrn Jesu Christi des obersten
Priesters Gnaden und Ablassbrief. Boehmer p. 52.
2) Boehmer, Bibl. Wiff. II, 103. — Im Rom. Ind. nur bei S. (aus
Q.) Imago Antichristi quoc. idiomate. Im Par. 51 wird eine französische
Uebersetzung mit Ochino 's Namen verboten.
588 Verbote spanischer Böcher.
katholischen Bücbem in ttpaniRcher Sprache verboten (und wahr-
scheinlich manchen ähnlichen die Druckeriaa bniss versag) wurde,
gibt an» vollständiger als Uuiroga (S. 492) das Gutachten Aus-
kunft, welches Melchor Cano. der damals für die Inquisition eine
Haupt- Auctorität war, 155^ in dem Process gegen Carranza abgab
(S. 457). £r sagt darin: es sei bedenklich, in Büchern, die in spa-
nischer Sprache geschrieben und so dem gewöhnlichen Volke zu-
gänglich seien, über schwierige und verwickelte Punkte der Theo-
logie und der h. Schrift zu handeln. Die genaue Kenntniss der
Glaubensartikel, die Couclusionen und Argumente der Theologie, die
Lehre von der Materie und Form, den S{>endem und den Ceremo-
nien der Sacramente, „die Unterscheidung des Bösen und Guten,
des Unvollkommenen und Vollkommenen* (die CasuistikK das alles
gehöre zu der , Wissenschaft der Priester* und sei nicht den Wei-
bern und Ungebildeten (idiotas) vorzutragen. Die ausführliche Dar-
legung der Lehre von den Sacramenten und die Erklärung der da-
bei gebräuchlichen Gebete und Ceremonien in spanischer Sprache
sei eine Profanation der Mvsterien : man könne die Ehrfurcht vor der
Religion nicht erhalten ohne Mysterien, und Mysterien gebe es nicht,
wo nichts Geheimnissvolles sei. — Femer dürften in Büchern für
das Volk nicht die Streitfragen zwischen den Lutheranern und den
.Christen" behandelt werden, da die Argumente der Ketzer oft auf
die Leser Eindruck machen könnten und die Widerlegung derselben
ihnen nicht immer genügend erscheinen werde. Da in Spanien die
Bücher der Ketzer nicht gelesen werden dürften, sei auch eine
Widerlegung derselben nicht nöthig. — Sehr entschieden spricht
sich Cano gegen die Gestattung des Lesens auch nur einzelner aus-
gewählter Theile der Bibel in der Volksprache aus; ja er tadelt es.
scharf, dass Carranza überhaupt die Frage, ob nicht unter Umstän-
den und mit gewissen Einschränkungen das Lesen der Bibel auch
für Laien heilsam sein könnte, — eine Frage, die durch die Praxis
der Inquisition entschieden sei, — erörtere. — Endlich hält er es
für unzulässig, die „nn'stische Theologie"* in der Volksprache zu
behandeln, wie Heinrich Herp und Baptista da Crema gethan; er
lindet es verkehrt, in Büchern für das Volk den höhern Werth des
innern Gebetes und der Contemplation zu betonen und das Lippen-
gebet und die äusseren Ceremonien nur als Mittel der Förderung des
innern Gebetes darzustellen, und dem Lobe, welches Carranza dem
Buche des Luis de Granada über das innere Gebet spendet, stellt
er folgende Bemerkungen entgegen : die Kirche könne in drei Punk-
ten Fray Luis ernst tadeln: 1. dass er alle contemplativ und voll-
kommen machen wolle und dem Volke in spanischer Sprache vor-
trage, was nur für wenige aus dem Volke passe, weil nur sehr
wenige gewöhnliche Leute den Weg des Fray Luis einschlagen
könnten ; 2. dass er von dem Wege der Vollkommenheit als von
einem solchen spreche, den Leute aus allen Ständen, auch ohne die
klösterlichen Gelübde, wandeln könnten, eine Ansicht, die „dem
Evangelium, dem Gebrauche der Apostel und der kirchlichen Lehre
widerspreche'* ; 3. dass in seinem Buche einige grobe Lrrtbümer vor-
Katholische Schriften. 589
kämen, die einen gewissen Beigeschmack von der Ketzerei der
Alumbrados hätten, und andere, die augenscheinlich dem katholi-
schen Glauben widersprächen ^). — Carranza schreibt über diese
letzte Bemerkung Cano's in einem Briefe an seinen Ordensgenossen
Domingo de Soto: „In der ganzen Welt ist die Frömmigkeit des
Fray Luis de Granada bekannt, und wie er durch sein Leben und
seine Lehre ganz Spanien erbaut hat, und nun, nachdem seine Bücher
nnter dem Beifall der ganzen Welt fünf Jahre lang verbreitet wor-
den sind, will man sie öffentlich verbieten!" ^).
In einem Briefe vom J. 1556 sagt Cano: er höre, dass die
Jesuiten Tauler, Herp und Baptista de Crema folgten; des letztem
Lehre sei in Rom als die eines alumbrado o dexado (Quietisten) ver-
dammt worden (S. 399), und die beiden ersten trügen an vielen
Stellen die Lehre derselben Secte vor^). Den Jesuiten im allge-
meinen that Cano damit Unrecht ; denn ihr General Everard Mer-
curian (1573 — 80) verordnete: Neqne spirituales quidam, qui insti-
tnto nostro minus conveniunt, nostris permittantur, quales sunt Tau-
lerus, Rusbrochius, Henr. Suso, Rosetum, Henr. Herz [Herp], Ars
serviendi Deo, Raym. Lullus, Gertrudis opera et Mechtildis et alia
hujusmodi. Nihil vero horum librorum uspiam servetur in nostris
collegiis nisi ex P. Provincialis sententia*). Aber Ignatius von
Loyola sollte allerdings als Alumbrado von der Inquisition verhaftet
werden, und auch Fr an c i s c o d e B o r j a, der 1565 der dritte General
des Ordens wurde, war 1559 von einem Inquisitionsprocess bedroht.
Verboten wurden von V. 59: Obras del Christiano compuestas por
Don Francisco de Borja, duque de Gandia, kleine ascetische Schrif-
ten, die Borja vor seinem Eintritt in den Orden verfasst und die
in der Sammlung: Las obras muy devotas y provechosas para qual-
quier fiel christiano compuestas por el 111. Seflor Don Fr. de B.,
duque de Gandia u. s. w. zu Antw. 1556 gedruckt waren. (Eins
derselben heisst: Colirio espiritual; ob dieses das bei Liss. 81 und Sot.
und als Collyrium spirituale bei S. als anonyme Schrift stehende
ist?). 1561 wurde zu Venedig eine italienische und, nachdem Borja
als General seines Ordens im Rufe der Heiligkeit gestorben war
(1572), 1579 eine lateinische Uebersetzung von dem Jesuiten Alfons
Daza zu Salamanca gedruckt, ohne Zweifel mit Genehmigung der
Inquisition ; denn U. beschränkt das Verbot auf die Ausgaben in
spanischer oder einer andern Volksprache.
Viccnte de la Fuente sagt: ein Drucker zu Alcala habe einen
mystischen Tractat Borja's und einen von Luis de Granada mit
Schriften der Ketzer von Valladolid zusammengedruckt; der Luthe-
raner Fray Domingo Roxas habe bei seinem Process behauptet, er
1) Caballero, M. Cano p. 597.
2) Coleccion de doc. ined. V, 512.
3) Caballero, M. Cano, App. 33.
4) Friedrich, Beitr. zur Gesch. des Jesuiten-Ordens, 1881, S. 47.
590 Verbote spanischer Boelier.
erkläre die Worte: ,Ohne mich könnt ihr nichts thuen" gerade so
wie Borja, and die Inquisition habe das za Alcala gedruckte Bach
verdammt, die Tractate von Borja und Granada aber freigegeben^),
— eine Behauptung, die um so kühner ist, da Fnente den Index
von 1559 sehr wohl kennt. — Cretineau-Joly fabelt: es seien von
fremden Händen in die Schrift Borja^s bedenkliche Stellen einge-
schoben worden; die Inquisition habe später ihren Irrthum ein-
gesehen und, um die Orthodoxie des Verfassers zu bezeugen, selbst
die Schrift lateinisch herausgegeben-). Als der Canonisationsprocess
im Gange war, — das war aber erst 1660, — wurde freilich ein
Zeugniss der span. Inquisition beigebracht, dass in den ihr vorge-
legton Schriften BorjaV nichts Tadelnswerthes enthalten sei').
Femer verbot V. 59 Fray Luis de Gran ad a, de la Oracion
7 Meditacion, y de la Devocion, y Guia de peccadores en tres
partes, und Aviso y reglas christianas compuestas por el Maestro
Avila sobre aquel verso de David Audi filia (Alcala 1556). —
Juan de Avila, ,,ge wohnlich der Apostel Andalusiens genannt,
ausgezeichnet als Prediger, Seelenfuhrer und ancetischer Schrift-
steller, einer der glänzenden Sterne, die im 16. Jahrb. am kirch-
lichen Himmel Spaniens leuchteten*' *), — sein Heiligsprechungspro-
cess ist nicht zu Ende geführt worden, — wurde auch 1534 von
der Inquisition processirt, aber freigesprochen. Von seinem Buche
erschien nach seinem Tode (1569) eine von der Inquisition approbirte
Ausgabe, und Q. beschränkte das Verbot auf die älteren Ausgaben.
— Der nicht minder gefeierte Luis de Granada (t 1588) wurde
nach Pelayo (II, 535) nicht selbst processirt, sondern nur die Nonne
Maria de la Visitacion (zu Lissabon, 1588, S. 586), die auch er
für eine Heilige gehalten. Er besorgte selbst neue Ausgaben seiner
Schriften (De la oracion, Salamanca 1567; Guia, Sal. 1570), und
Q. beschränkte das Verbot auf die älteren Ausgaben. — Pelayo
(II, 531. 706) entschuldigt diese Verbote mit der ^Bosheit und
den Gefahren jener Zeiten'' und mit dem ,.allgemeinen Schrecken,
den zur Zeit der Alumbrados die mystischen Schriften eingeflösat^;
er beansprucht sogar für die Inquisition den Dank der Kachwelt,
weil mehrere der verbotenen Werke durch die Neubearbeitung ge-
wonnen, wie namentlich eine Vergleichnng «des Mangels an Ord-
nung und Eleganz und der Wiederholungen in den ersten Ausgaben
der Guia de peccadores mit dem schonen Texte, den wir jetxt be-
1) Bist, eccles. de Espaßa. 2. Ed. V, 263. Llorente HI, 103. 106
sagt, es habe schon eine ältere Denunciation gegen Borja*s Schriften vor-
gelegen.
2) Hist. des Jes. I, 296. II, 5a
3) Bened. XIV. De beatif. 2, 26, 2.
A) K.-L. 1, 1763. Dass sein Buch, ^eine der besten Anleitungen zur
christlichen Vollkommenheit*', von der Inquisition verboten worden, davon
weiss oder sagt wenigstens das K.-L. nichts.
Katholische Schriften. 591
sitzen^, zeige, — als ob die Inquisition darauf Gewicht gelegt hätte.
Auch da« verdiene Anerkennung, dass nicht auch Luis de Leon,
Juan de la Cruz und die h. Teresa in den Index gekommen und von
Jeronimo Gracian nur die Conceptos del amor divin und Lamentaciones
del miserable estado de los ateistas, — „welchen Stoff m»n für ge-
fährlich hielt, weil es in Spanien keine Atheisten gab."
In die Antw. App. 70, Liss. 81 und in den Rom. Ind. wurde
kein Buch von Borja, Avila und Granada aufgenommen, und seit
Sand, sind sie auch aus dem spanischen Ind. verschwunden. Da-
gegen blieb im span. Ind. seit Q,. Manual de diversas oraciones y
espirituales exercicios, sacados por la mayor parte del libro llamado
Guia de pecadores, que compuso Fray Luis de Granada, nur wird
seit Sand, dabei bemerkt, die Gebete u. s. w. seien angeblich ans
Granada entnommen, und in dem Index von 1790 wird ein zu
Brüssel 1H62 erschienenes Buch: Or. y Exerc. de diversos y graves
autores, por el P. Fray L. de Gr., con los Salmos penit. y Le-
tanias en romance y las Oraciones de S. Brigida verboten und für
apokryph erklärt. — Sonst stehen ausser den bereits erwähnten
Schriften von Tauler, Herp, Idiota und Dionysins Carthusianus unter
anderen noch folgende ascetische Schriften bei V. 59: Combite
gracioso de las gracias del sancto sacramento (bei S. Convivia gratiosa
gratiarum sanctissimi sacramenti), von Francisco de Ossuna, dem
Lehrer der h. Teresa; seit Sand, nicht mehr im Ind.; aber seitdem
wird sein Abecedario espiritual expurgirt ^); — Obras de Jorge de
Monte mayor en lo que toca a devocion y cosas christianas (im
Liss. Obras assi as de devo^aö como as de amores profanos); —
Obra muy provechosa, como se alcan^a la gracia divina, por Hier6-
nimo Sirino; — seit Q. auch Vida de Sancta Catalina de Fiesco 6
de G^nova.
Die Furcht vor zu gründlicher Belehrung des Volkes über die
Religionswahrheiten zeigt vor allem die Thatsache, dass 1571 der
Druck einer spanischen Uebersetzung des Catechismus romanus nicht
gestattet wurde ^), dann der Process gegen Carranza. Zu den ver-
botenen Büchern dieser Kategorie gehören sonst noch: Libro de la
verdad de la fe, hecho por el maestro Fray Juan Suarez (Q) und
Sanramental de Clemente Sanchez de Vercial, 1551 u. s. (V. 59).
Zu den polemischen Schriften, die seit V. 59 im span. Ind.
stehen, gehört ein schon 1481 gedrucktes Buch: Cath6lica impug-
nacion del heretico libelo, que en el aüo passado de 1480 fni
divulgado en la ciudad de Sevilla, por el licenciado Fr. Hernando
de Talavera, Prior que fu^ de Nuestra Seflora de Prado, eine
Widerlegung einer Schrift eines Juden, welche Angriffe auf die Re-
gierung Ferdinand's und Isabel la's und auf die christliche Religion
enthielt. Talavera, Hieronymit, war damals Beichtvater der Königin.
Er wurde Bischof von Avila, dann (erster) Erzbischof von Granada
1) E. Böhmer, Franzisca Hernandoz, 18C5, S. 233.
2) Reusch, Luis de Leon S. 66.
592 Verbote spanischer Bücher.
und als achtzigjähriger (yrei» 1504 von dem Inquisitor Lucero als
der Ketzerei verdächtig angeklagt, weil er 1478 und in den folgen-
den Jahren sich gegen die Errichtung der Inquisition ausgesprochen
(natürlich fand man auch heraus, dass er mütterlicherseits von Juden
abstamme). Der General-Inquisitor Deza beauftragte den Erzbischof
von Toledo, den spätem Cardinal Ximenes, mit der Untersuchung;
dieser machte dem Papste Mittheilung und dieser verbot durch den
Nuncius dem General-Inquisitor den Process weiter zu führen, nahm
selbst die Untersuchung in die Hand und sprach den Erzbischof
frei. Er starb einige Monate darauf 4. Mai 1507 ^). Sein Buch
scheint nicht Gegenstand einer Anklage geworden zu sein. Sand,
strich es im Ind., aber Sot. setzte es wieder ein (8. nahm es auch
in den Rom. Ind. auf, aber Cl. strich es). Pelayo (II, 706) meint,
Valdes habe es auf den Index gesetzt, weil er es für gut gehalten,
,Jene alten Controversen nicht wieder in Erinnerung zu bringen."
Bei V. 59 findet sich am Schlüsse der spanischen Abtheilung:
„Verboten sind alle handschriftlichen Predigten, Briefe, Tractate
und sonstigen Schriften, welche von der h. Schrift oder den Sacra-
meiiten handeln. Gedruckte oder geöchriebeno Bücher, welche Stücke
der Evangelien, der Briefe des h. Paulus und andere Stellen des
N. T. in spanischer Sprache enthalten, sie mögen den Namen des
Verfassers angeben oder nicht, sind an die Inquisition abzuliefern,
bis anders verfügt wird." Diese Verbote wurden in den folgenden
Indices weggelassen; aber im Anschlüsse an das Verbot der Bibel-
übersetzungen (S. 334) bemerkt Sot. zu dem Buche des Bonaventura
Vulcanius De litteris et lingua Getarum sive Gothorum u. s. w.,
Leyden 1597: es ständen darin einige biblische Stücke, Magnificat,
BenedictuR und Nunc Dimittis, der Anfang der Genesis und das
Hohe Lied, unguis quibusdam vulgaribus, die eigentlich zu verbieten
seien, aber stehen bleiben möchten, weil jene Volksprachen doch
valde antiquac et nimium obsoletae und die Stücke nur als Sprach-
proben, sine ullo, ut videtur incommodo, zu gebrauchen seien;
jedoch sollen drei Zeilen gestrichen werden, in denen der Herausgeber
zum Lesen der Biblia cymbrica et islandica auffordert. — Im An-
schluss an das Verbot der Bibelübersetzungen werden seit V. 59
auch verboten: Historia de los sanctos padres del Test, viejo von
Fray Domingo Baltanas, Uebersetzungen der Christias des italienischen
Bischofs Hieronymus Vida, und Eomances sacados al pie de la letra
del Evangelio: la resurrection de Lazaro, el juicio de Salomon, el
hijo prodigo, y un romance de la Nadividad de J. Chr.
Als abergläubische Sachen werden seit V. 59 (auch im Liss.
81) verboten Oraciones de los angeles, de S. Leon Papa, de S.
Marina, de S. Cyprian und viele andere, Revelacion de S. Pablo,
1) Llorente I, 146. 341. Vic. de la Fuentc V, 40. Dieser sagt von
Lucero: er habe, wie Eymeric an der Manie des haeresicupium (caza de
herejia) gelitten.
Nichttheologische Schriften. 5d3
Vida de Nuestra Sefiora en prosa y en verso, seit Q. mit dem Zu-
sätze: que es un libro ap6crypho.
G-onsalvo de lUescas Hess eine Historia pontifical in zwei
Bänden zu Valladolid 15G5 und 1567 drucken; sie wurde confiscirt
und der Verfasser von der Inquisition verfolgt (daher in Antw. App.
verboten). Er verstand sich dazu, zu Salamanca 1573 eine neue
expurgirte Ausgabe drucken zu lassen; seit Q. steht die ältere im
Index ^). — Das Buch des Augustiners Hieronymo Eoman, Las
republicas del mundo, 1575, wird von Q. nur mit d. c. verboten,
aber stark expurgirt; auch in seiner Historia de la orden de S.
Augnstin wird eine Stelle gestrichen. — Von Summa y compendio
de todas las historias 6 chr6nicas del mundo, traducida por el
bachiller [Franc] Tamara (bei Q.) bemerkt Sot, das Buch sei auch
unter dem Titel De las costumbres de todas las gentes erschienen
und sei eine Uebersetzung von Carions Chronik. Es gereicht der
Inquisition nicht zur Ehre, dass sie Bücher, die in Spanien doch
nicht ohne ihre Genehmigung gedruckt sein konnten, nachträglich
verbot oder expurgirte. Auch eine ganze Reihe von belletristischen
Schriften, — ich erwähne von diesen nur einige im Anschluss an
Pelayo und Ticknor ^), — erschien unbehindert in einer Reihe von
Auflagen und wurde dann verboten oder expurgirt. Von der Propa-
ladia des (Geistlichen) Bartolom6 de Torres Naharro (er lebte unter
Leo X. einige Zeit in Rom, machte sich dort aber durch eine Satire
auf die Laster der Curie unmöglich) erschienen in Spanien 1520—45
wenigstens 4 Ausgaben. V. 59 verbot sie und die Comödie Aqui-
lana, Q. gab eine expurgirte Ausgabe von 1573 frei (in der Propa-
ladia ist eine Diatribe gegen Rom gestrichen). — Pelayo (III, 841)
rühmt, dass man im Index nicht finde Tragicomedia de Lisandro y
Rosalia, 1542, von Sancho Muflon, Rector der Universität Salamanca,
obschon darin in einer Beschreibung der Hölle der Satz vorkomme:
„Dort werden sehr grausam gequält die Päpste, welche ohne Grund
grosse Ablässe und Dispensationen ertheilt, kirchliche Würden an
Unwürdige vergeben, Simonie und Pensionen geduldet" u. s. w.
Aber der Lazarillo de Tormes von Diego Hurtado Mendoza, zuerst
1553, wurde wegen einer Stelle über das Treiben der vendidores de
bulas verboten (Pelayo II, 518) und erst eine expurgirte Ausgabe
von 1573 freigegeben (im Liss. 81 und bei S. wird er unbedingt
verboten).
Charakteristisch ist ein allgemeines Verbot (seit Q.): Comedias,
Tragedias, Farsas 6 Autos, in denen der ileissige Empfang der
Sacramente oder Eirchenbesuch getadelt oder ein von der Kirche
anerkannter Orden oder Stand verspottet wird. Liss. 81 fügt bei:
oder in denen Geistliche eine Rolle spielen oder sacramentale Acte
1) Llorente I, 475. Freytag, Anal. 1750.
2) Gesch. der schönen Lit. in Spanien, deutsch von N. H. Julius,
1867.
Beusch, Index. 33
ßd4 Verbote spanischer Bücher.
dargestellt werden. Bezüglich der Obscönitäten war die portu-
giesische Censar strenger als die spanische. Liss. 81 verbietet z. B.
Celestinas, assi de Calisto e Melibea, como a Resurrei^ab ou segunda
comedia u. s. w., also den dramatischen Roman Tragicomedia de
Celisto y Melibea, gewöhnlich La Celestina genannt, — (von Fern,
de Rojas), der von 1499 — 1600 mindestens 30mal spanisch ge-
druckt, in mehrere Sprachen übersetzt wurde, dreimal ins Italienische
(Ven. 1514 u. o.), auch ins Lateinische (von Caspar Barth, Pomo-
boscodidascalus, 1 624), in welchem „grosse Theile von schamloser
Ausgelassenheit der G-edanken und der Sprache sind*, — und die
lange Reihe der Nachahmungen, deren sechs bis 1554 erschienen
und die „meist noch anstössiger für »Sittlichkeit und öffentlichen An-
stand sind" (Ticknorl, 214). In Spanien wurde die (erste) Celestina
erst 1793 verboten, und Pelayo (IT, 708) rühmt, dass „die alten
Inquisitoren (die gegen Avila, Granada, Carranza u. a. so strenge
waren) toleranter gewesen und sie mit einigen Streichungen (und
diese verordnet erst Sot.) wie die heidnischen Classiker propter ele-
gantiam sermonis gestattet hätten". Bei V. und Q. wird von den
Celestinas, die auch Pelayo zu den libros lupanarios zählt, nur die
zweite verboten. — Von dem Cancionero general erschienen 1511 — 73
zehn Ausgaben. 1582 wurde es im Liss. mit d. c. verboten, 1583
von Q. die Beseitigung der Obras de burlas (Spässe) verordnet
(Liss. 1624 und danach Sot. geben eine Expurgation des portu-
giesischen Cancionero, Liss. 1517). Ticknor (I, 343) beschreibt ein
ir»84 expurgirtes Exemplar, in welchem 60 Blätter, u. a. die im
Anfange stehenden sog. geistlichen Gedichte, herausgeschnitten und
manche kleine Gedicht« durch inquisitorische Dinte unleserlich ge-
macht sind. — Von Gil Vicente (t 1557) wurde ein Auto, Amadis
de Gaula, schon von V. 59 verboten, obschon es erst 1562 mit
anderen Stücken von ihm gedruckt wurde (auch einige andere
Comedias, die von V. und Q,. verboten werden, scheinen nie ge-
druckt zu sein). Sot. streicht in den expurgirten Ausgaben von
1586 und 1612 noch eine Stelle und verbietet oder expurgirt auch
andere Dramen Vicente's, die allerlei Frivolitäten, auch über Mönche
u. dgl. enthalten. — Es sind auch Bücher verboten und in expur-
girten Ausgaben freigegeben worden, die in keinem Index erwähnt
werden, wie die Werke des Cristobal de Castillejo, von denen 1573 eine
expurgirte Ausgabe erschien (Ticknor II, 754). — Schliesslich noch
die Notiz, dass Sot. auch den 2. Theil des Don Quijote expurgirt;
er streicht freilich nur den Satz: Las obras de charidad qoe se
hazen floxamente, no tienen merito ni valen nada.
Protestantische Censnr im 16. Jahrhundert. 6d5
58. Protestantische Gensar im 16. Jahrhundert.
In den protestantisch gewordenen Ländern finden wir viele
genaue Analogieen zu der Römischen Inquisition und Index-
Gesetzgebung. Der Unterschied ist nur der, dass es der Natur
der Sache gemäss ausserhalb der römisch-katholischen ^Kirche
nicht zu einer einheitlichen Organisation kam und dass doch
nirgend das Besitzen und Lesen yerbotener Bücher förmlich als
eine Todsünde erklärt und mit der Excommunicatio latae sen-
tentiae bedroht wurde (S. 323).
Die Büchercensur stand in protestantischen Ländern den welt-
lichen Fürsten oder Obrigkeiten zu (vgl. S. 86); sie wurde in der
Kegel in deren Auftrag von den Universitäten, theologischen Facul-
täten, Consistorien oder besonders bestellten Censoren gehandhabt ^).
Einzelne Fürsten übten die Censur in manchen Fällen selbst. So
rühmte sich Herzog Ludwig von Würtemberg 1585, er lasse nicht
bald eine Schrift von seinen Theologen ausgehen, welche er nicht
zuvor übersehen hätte. Als 1561 einem aus vier Geistlichen und
vier Weltlichen bestehenden Consistorium, welches jährlich viermal
zu Weimar zusammentreten sollte, die Vorcensur über alle von
Geistlichen und Weltlichen im Inland oder Ausland zu veröffent-
lichenden Schriften Übertragen wurde, erklärten sich die Jenaer
Theologen gegen eine solche Censur, namentlich der im Ausland zu
druckenden Schriften : das Schreiben sei ein Theil des Bekenntnisses ;
dem h. Geiste würden durch diese Ordnung Zügel angelegt u. s. w.^).
Seit der Entstehung verschiedener Parteien unter den Lutheranern
benutzte eben die gerade herrschende Partei die Censur vielfach
gegen die Gegenpartei. Ziemlich allgemein verboten sonst die
lutherischen Regierungen den Druck und die Verbreitung papisti-
scher und sacramentirerischer, die reformirten papistischer und lutheri-
scher Schriften. Zwingli forderte die Esslinger auf, sich die Züri-
cher Kirche zum Muster zu nehmen, welche sogar den Verkauf
wiedertäuferischer Schriften nicht hindere; aber diese Duldsamkeit
war auch in Zürich nicht von langer Dauer. Der Kurfürst von
Sachsen verbot den Druck des Corpus doctrinae von Melanchthon
bei einer Strafe von 3000 Gulden und Friedrich II. von Dänemark
1) Die folgenden Notizen sind, wenn nicht eine andere Quelle an-
gegehen wird, aus Döllinger, Reform. I, 495, oder Kirchhoff, Beitr. II, 122,
entnommen. Andere Notizen im Archiv für Gesch. des D. Buchh. IV, 63 ;
V, 40 ; VI, 24 ; VII, 18.
2) Preger, Flacius 111. II, 159. Döllinger I, 506.
5Ö6 t'rotestantische Censur im 19. Jahrhundert.
das Einbringen der Concordienformel bei Leibes- und Lebensstrafe
und den Predigern und Schulbeamten das Besitzen derselben bei
Strafe der Absetzung und anderen Strafen. Der Herzog von Braun-
schweig verbot 1594 auch den Predigern und Pfarrern, der Jesuiten,
Sacramentirer und anderer irriger Lehrer Bücher zu haben und zu
lesen, und der Kurfürst von Sachsen verlangte 1574 von den Sti-
pendiaten der Wittenberger Universität, sich schriftlich zu ver-
pflichten, dass sie sacramentirerische Bücher, darunter auch die von
Vermißjli, weder kaufen noch lesen wollten^).
In Leipzig wurde 1439 Nie. Wolrab, der auf Anordnung des
Herzogs Georg und des Leipziger Rathes den Druck der Postille
Wicels begonnen, auf Verlangen des Kurfürsten Johann Friedrich
von dem Herzog Heinrich ins Gefangniss gesetzt; er musste sich
verpflichten, seinen Verlag der Censur des Superintendenten und des
Bürgermeisters zu unterwerfen; auch den drei anderen Leipziger
Buchhändlern wurde geboten, nichts Neues ohne Bewilligung des
Rathes zu veröffentlichen, und zwei Rathsmänner wurden beauftragt
alle acht Tage bei den Buchdruckern nachzusehen, dass nichts denn
dem Evangelio gemäss gedruckt werde ^).
Sogar von einem Index ist einmal die Rede. Herzog Julius
von Braunschweig sprach 1579 die Erwartung aus, dass man vor
Publicirung des Concordienbuches eine Generalsynode berufen werde,
um die Aufstellung eines Verzeichnisses aller ketzerischen Bücher
und die Handhabung einer strengen Büchercensur zu berathen*).
An die Index-Gesetzgebung erinnert auch ein Erlass des Herzogs
Ludwig von Würtemberg vom 15. Jan. 1593 an die Universität
Tübingen*): Die Buchhändler sollen bei einer namhaften Strafe ernstlich
verwarnt werden, keine sectischen und irrigen Bücher wie auch die
Schmach- und Lästerschriften und Famoslibellen der Jesuiten und
ihres gleichen feil zu haben ; die Prediger sollen, sonderlich wann
es etwa der Text gibt, vor dergleichen unreinen sectischen Büchern
und Lästerschriften, die nirgend^u dienen, warnen; damit man aber
der Adversariorum argumenta und ihre calumnias wissen und ihnen
desto bass der Nothdurft nach begegnen könne, soll der Buchdrucker
Georg Gruppenbach von jedem solchen scripto ein oder zwei Exem-
plare beschaffen und an die Universität abliefern (vgl. S. 98). Auch
solchen ministri, deren eruditio und Judicium wohl bekannt und von
denen nicht zu besorgen, dass dergleichen sectische Bücher bei ihnen
Unrath schaffen, sondern sich mehr zu versehen, dass sie sich desto
bass gegen den Adversariis werden gefasst machen, sollen selbige
scripta nicht verwehrt werden; die Supperattendenten sollen ihnen
1) Schmidt, F. Vermigli S, 292.
2) Archiv des D. Buchh. I, 22. 52.
3) Jahrb. f. D. Th. 1877, 57.
4) Abgedr. im Archiv des D. Buchh. 2, 242.
Protestantische Ceiisur im lü. Jahrhundert. 597
anf ihr Anbringen einen anterschriebenen Zettel oder Urkund, was
ihnen von dergleichen Büchern gebracht werden solle, zustellen;
den Supperattendenten und Amtleuten sei wegen der Jahr- und
Wochenmärkte, da allerlei solche irrige unreine Bücher unter die
Leute gebracht werden könnten, gebührender Befehl gethan; alles
dieses werde verordnet, „damit dem leidigen Satan, der zu diesen
letzten Zeiten je länger je mehr wider die Kirche Gottes tobt und
wüthet, mit seiner göttlichen Hülfe gewehrt und die selig machende
Lehre sonderlich in diesem unserm Fürstenthum zu der Leute
Seelenheil rein erhalten werde."
In der Schweiz finden wir die frappantesten Analogieen zu
dem Römischen Verfahren in Genf. 1553 wurde Miguel Servede
mit seinen Büchern verbrannt, und Calvin schrieb eine Defensio
orthodoxae fidei de s. trinitate contra prodigiosos errores Mich.
Serveti Hispani : ubi ostenditur, haereticos jure gladii coercendos
esse et nominatim hoc de homine tam impio juste et merito sump-
tum Genevae fuisse supplicium, welche, von allen 15 Genfer Geist-
lichen unterzeichnet, 1544 gedruckt wurde. Als zu Basel im J. 1554
dagegen die pseudonyme Gegenschrift: Martini Bellii de haereticis
puniendis multorum sententiae erschien, verlangte Calvin in einem
Briefe an die Baseler Geistlichkeit eine Untersuchung und Bestra-
fung des Verfassers^). — - Im Sept. 1566 wurde Jo. Val. Gentilis
in Berücksichtigung seiner Reue nicht zum Tode, aber dazu verur-
theilt, im Hemde, barfuss und barhaupt, eine brennende Kerze in
der Hand, kniefällig Abbitte zu thuu und seine Schriften mit eige-
ner Hand zu verbrennen, dann in gleichem Aufzuge unter Trompeten-
schall durch die Strassen geführt zu werden und in Genf intemirt
zu bleiben. Er entfloh, wurde ergriffen und zu Bern im October
enthauptet*^). — 1562 bewirkte Beza, dass die Synode ein Buch
von Morelli de Villiers als der Kirche schädlich verwarf und ver-
ordnete, dieses Urtheil ohne Nennung des Verfassers von den Kan-
zeln zu verlesen. Später wurde das Buch von Henkers Hand ver-
brannt. Die öffentliche Verbrennung von Büchern kam auch sonst
vor^). — 1539 wurde verordnet und die Verordnung 1556 und
1560 erneuert, dass in Genf nichts ohne Erlaubniss der Seigneurie
gedruckt werden dürfe ^). Henr. Stephanus wurde 1580 vor den
Conseil gefordert und getadelt, dass er in den Dialogues du nou-
veau langnage frangais italianizä zu dem approbirten Manuscript Zu-
sätze gemacht (S. 542); er wurde zugleich daran erinnert, dass er
schon wegen der Apologie des Herodot (S. 415) und wegen seiner
Epigramme einen Verweis erhalten, und angewiesen, nichts mehr
ohne Revision zu drucken. Wegen unehrerbietiger Bemerkungen
1) Stähelin, Calvin H, 316. Ueber Minus Cclsus s. S. 580.
2) Trechsel, Antitr. II, 329.
3) Stähclin II, 451. Hcppe, Beza 196.
4) Boohmer, Bibl. Wiffen. 2, 71.
596 Schluss.
bei dem Verhör erklärte ihn das Consistorium für excommunicirt
nnd lies» ihn der Rath acht Tage einsperren^).
In Basel wurde 1559, als man erfuhr, dass David Joris dort
einige Zeit unerkannt gelebt hatte und 1556 gestorhen war, ein
förmlicher Process gegen seine ausgegrabene Leiche, sein Bildniss
und seine Bücher eingeleitet und in Folge richterlichen Spruches
alles dieses öffentlich durch den Henker verbrannt. — In Zürich
wurde bei dem Process gegen Ochino 1563 diesem zum Vorwurf
gemacht, dass er, ohne nach der Vorschrift der Kirchenordnung die
Erlaubniss der Züricher Censur einzuholen, ein Schriftchen üher das
Abendmahl in Basel mit Approbation der dortigen Censoren hatte
drucken lassen^), — was an die S. 341 erwähnte Kömische Ver-
ordnung erinnert.
Die Generalstaaten von Holland erliessen 1581 und 1588
Placate gegen verbotene Bücher und papistische Superstitionen und
liessen 1598 die bei Socinianern in Amsterdam confiscirten Bücher,
nachdem sie von den Leydener Professoren für ketzerisch erklärt
worden, im Haag verbrennen ^). — lieber England s. S. 97.
59. Schluss.
Bei der Beurtheilung des Römischen (und mutatis mutan-
dis des spaDiseben) Index ist zu unterscheiden zwischen dem
Verzeichnisse der Schriftsteller und Schriften und den vor dem-
selben stehenden allgemeinen Verordnungen, den Trienter Regeln
und der Instruction Clemens' VIII. Dass ersteres an den er-
heblichsten Mängeln leidet, auch nachdem unter Benedict XIV.
viele grobe Fehler corrigirt worden sind, ist wiederholt hervor-
gehoben worden und kann auch von den Apologeten des Iudex
nicht bestritten werden. Was die allgemeinen Verordnungen
betrifft, so ist nicht zu verkennen, dass die Durchführung der-
selben ein geeignetes Mittel gewesen wäre, die Verbreitung
ketzerischer und anderer missliebiger Schriften zu hindern und
das ganze Bücherwesen unter die Aufsicht der geistlichen Be-
hörden, in letzter Instanz der Römischen Curie zu bringen. Aber
1) Renouard, Ann. des fitiennes p. 414.
2) Trechsel, Antitr. II, 56. 261.
3) Brandts, Historie I, 758. 839.
Schluss. 599
die VerwirklichuDg dieser in ihrer Art grossartigen Idee war
doch von Anfang an nur in einem bescheidenen Umfange, nur
in den Ländern möglich, wo die Inquisition Macht hatte. Dies-
seits der Alpen und Pyrenäen ist thatsächlich die Veröffentli-
chung und Verbreitung protestantischer Schriften kaum er-
schwert worden. Wenn man in den Ländern der Inquisition
das Lesen verbotener Btlcher durch äussere Mittel so gut wie
unmöglich machen konnte, so hatte mau in den anderen Län-
dern durchgängig kein anderes Mittel, dasselbe zu hindern, als
dass es als schwere Sünde bezeichnet und mit kirchlichen Cen-
suren bedrohtwurde. Dass manche katholische Gelehrte gewissen-
haft genug waren, das Verbot zu achten, zeigen die Gesuche
um Dispensation von demselben. In welcher Ausdehnung aber
das Verbot freiwillig beobachtet wurde, ist schwer zu constatiren.
Es finden sich auch bittere Aeusserungen tlber den Index von auf-
richtig der Kirche ergebenen Männern (S. 62. 362), und dass
auch bei manchen Katholiken das Nitimur in vetitum Anwen-
dung fand, wird schon fUr das 16. Jahrhundert, wenn auch
noch nicht so vielfach wie tllr die folgenden Jahrhunderte, be-
zeugt. Gabriel Putherbeus klagt schon 1549 (Theotimus p. 238),
dass Leute, die von den durch die (Pariser) Theologen ver-
botenen Btlchern früher nichts gehört, durch das Verzeichniss
derselben veranlasst worden seien, sie sich zu verschaffen, wäh-
rend sie dieselben vielleicht sonst gar nicht beachtet haben
würden, und Gratianus Verus (p. 41; S. 269) sagt, der Index
Pauls IV. habe mehr als die darin excerpirte, aber weniger
verbreitete Gesner'sche Bibliothek dazu beigetragen, auf die
protestantischen Schriften aufmerksam zu machen (vgl. S. 362).
Dass protestantische Gelehrte die Verbote des Index als Em-
pfehlungen der betreffenden Bücher ausbeuteten, wurde bereits
S. 4 bemerkt
Auch auf dem streng katholischen Standpunkte kann nicht
verkannt werden, dass, wenn der Index die Katholiken von
der Leetüre der als gefährlich angesehenen Bücher fern hielt,
dieser Vortheil doch nur um den Preis schwerer Nachtheile er-
kauft werden konnte: 1. Das Lesen der h. Schrift wurde auch
für solche, denen es unzweifelhaft Nutzen bringen konnte, mehr
oder weniger erschwert (S. 333). — 2. Das Studium der Bibel
600 Schluss.
und der Kirchenväter wurde auch für die Gelehrten durch das
(bedingte) Verbot vieler Ausgaben erschwert (S. 331. 557). — 3. Für
die wissenschaftlichen Studien der Katholiken überhaupt war
es ein grosses Hemmniss, dass viele nicht theologische und
nichts oder so gut wie nichts Anstössiges enthaltende Bücher,
sogar Lexica n. dgl. nur mit besonderer Erlaubniss oder nach
vorheriger Expurgation durch die Bischöfe oder Inquisitoren
benutzt werden durften (S. 330. 337. 545). In Spanien, Portugal und
Belgien wurde doch wenigstens durch die Indices expurgatorii
eine grosse Zahl von Büchern von Autoren der l. Classe aus-
drücklich freigegeben und für andere genau bestimmt, was zu
streichen oder zu ändern sei. Wo der Römische Index galt,
war dieses in das Belieben der Localbehörden gestellt — 4. In
den Ländern der Inquisition war den Gelehrten die Berück-
sichtigung und Benutzung der ausländischen Literatur so gut
wie unmöglich gemacht^). Es ist doch nur eine frivole Ausrede,
wenn Zaccaria (p. 265) rühmt, in einigen Römischen Biblio-
theken linde man selbst die ketzerischen Bücher (S. 188), und
wenn er behauptet, daran, dass deutsche Bücher in Italien so
selten seien, sei nicht der Index Schuld, so widerlegt er sich
selbst, indem er in demselben Satze zur Erklärung jener That-
sache neben den Transportkosten und den Zöllen den „geringen
Verkehr der italienischen Buchhändler mit ketzerischen oder
verdächtigen Ländern^' erwähnt, der darin seineu Grund habe,
dass es sich für sie nicht rentire, Bücher kommen zu lassen, die
doch nicht ungehindert verbreitet werden dürften. — 5. Palla-
vicini (15, 18, 3) rühmt, die Furcht vor dem Index halte viele
Schriftsteller von dem Schreiben, viele Drucker von dem Drucken,
1) Gabriel Naudaeus schreibt aus Rom 1632 an P. Gassendi (Epistolac,
Genf 1667, p. 232; bei Schelh. Am. lit. 7, 100): er habe in dem Frank-
furter Messcatalog, den ihm ein Cardinal gezeigt, den Titel einer Schrift
von Rob. Fludd gegen Gassendi gefunden, kenne aber eben nur den Titel.
Nobis enim, <iui Romae vivimus, non licet esse tarn beatis, ut librq^ omnes
absque metu et delectu penes nos habere possimus; sed nee mercatoribus
ipsis bibliopolis quidquam huc advehere conccssum est, quod examen ignis
perhorrcscat, non modo Lutheranis, sed etiam Paracelsistis ob blasphemias
utrisque communes saepe saepius intentatum.
Schluss. 601
viele Buchhändler von dem Verkaufen bedenklicher Bücher ab.
Wie viele gute Bücher mögen aber nicht aus Furcht vor dem
Index oder vor derCensur^) ungeschrieben und ungedruckt ge-
blieben sein, namentlich seitdem es von den letzten Decennien
des 16. Jahrhunderts an so oft vorkam, dass Bücher wegen ein-
zelner in Rom als bedenklich angesehener Ansichten, ja wegen
einzelner Sätze auf den Index gesetzt wurden! — 6. Das Ver-
bieten von Schriften katholischer Verfasser, nicht wegen ketzeri-
scher, sondern wegen solcher Ansichten, die mit den in Rom
herrschenden nicht übereinstimmten, — eine Praxis, welche frei-
lich im 16. Jahrhundert erst begonnen und erst später in grös-
serer Ausdehnung geübt wurde, — und eine dieser Praxis ent-
sprechende Präventivccnsur für neue Bücher war ein wirksames
Mittel, die in Rom herrschende Ansicht zur sententia communis
zu machen und abweichende Ansichten, die vormals unbehindert
vorgetragen worden, zu unterdrücken^), eine Wirkung, welche
1) Muratori de ing. mod. 2, 5: Novimus, qui ue sibi couÜigüiidum
foret cum indocili quorundam ccusorum iiiscitia atquc impotent ia, dimissis
theologicis ac philosophicis studiis sc totos couieccruut in cruditionem
profanam . . . Non ergo privatis tantum studiis officitur ab bis censori-
bus, sed publicac ctiam utilitati et ecciesiae, quae scriptoribus theologisqae
indiget non assentatoribus, dum scribunt, ncque zclo immoderato ferven-
tibus, dum judioant, scd solida eruditione refertis et omni supcrstitionc
et affcctu vacuis.
2) Achnlich wie Sarpi (S. 548) sagt der Exjesuit Julius Clemens
Seotti (De seligendis opinionibus u. s. w., 1652, p. 244): Non est mirau-
dum, quod multac sententiae prodirc possint ac fieri quasi communes ad
auctoritatem pontificiam spectantes, quae minus juri divino ac naturali
ac rationi vidcrentur congruae. . . . Tarn Poutifices quam Episcopi et
Inquisitores satis sunt solliciti, tum ne libri, qui Pontißois potestati dero-
gare vidcntur, in publicum prodeant et, si prodierint, vel omnino suppri-
mantur vel a nemine sine speciali facultate perlegantur, douec expurgati
fuerint, tum ut memoria deleatur librorum antiquiorum, e quibus multa
desumi posseut illi haud faveutia. Atque ita difficillimum est, inquit
Rogerus Widdrington, hisce praosertim temporibus aut in libris catboli-
corum clausulam ullam reperire, quae oppositae pätrocinetur sententiae,
aut certo cognoscere, quid scriptorum catholicorum plerique modo saltem
sentiant; nam saepissime aliorum verbis loquuntur licet inviti.
e02 Schluss.
doch nur diejenigen als eine woblthätige bezeichnen werden,
welche, mit der Einheit des Glaubens nicht zutriedeu, die ,,ge-
setzliche Einheit des theologischen Denkens oder der religiösen
Ueberzengung^' als Ideal anstreben^) und die katholische Kirche
in eine Römische Kirche umwandeln möchten. — Durch das Ex-
purgiren katholischer Schrillen von missliebigen Sätzen und mehr
noch durch das Veranstalten von expurgirten Ausgaben, wie sie
von Job. Petrus de Ferrariis, Polydorus Vergilius, Job. Ferus,
Card. Cajetanus und manchen anderen (s. im Register „Expur-
girte Ausgaben'') erschienen, wurde geradezu die wissenschaft-
liche Tradition im curialistischen Interesse gefälscht.
1) Reosch, Galilei S. 470.
Berichtigungen und Nachträge.
S. 2, Z. 21 8t. 1594 1. 1612.
S. 46. Ueber die Verhandlungen über den Talmud im J. 1240
vgl. Revue des ^udes juives I, 247; II, 248; III, 39. Ein Breve
Innocenz* lY. an Ludwig IX. vom 12. Aug. 1247 ebend. I, 293.
S. 49, Z. 7 8t. 1592 1. 1593.
S. 50. Ueber die Expurgation des Talmud durch Marini (und
andere Expurgationen jüdischer Bücher) vgl. Schoettgen, Horae hehr.
II, 824—882. — Zu Note 2 vgl. Theiner, Ann. III, 50. 55. 333.
Gregor XIII. verwendete sich für Joh. Frohen, der sich in Rom
.katholisch angestellt, bei dem Kaiser und dem Erzherzog Ferdinand,
sie möchten Simon Jud zum Bezahlen anhalten.
S. 59. Das Breve Innocenz* VIII. gegen Pico's Thesen (vom
4. Aug. 1487) ist 1860 gedruckt in der Turiner Ausgabe des
Bullarium V, 327. Vgl. Civ. catt. S. 12, vol. 2, p. 616.
S. 79, Z. 2. V. u. Sogar Wilhelm V. von Baiern forderte
1586 den Administrator von Regensburg auf, die Fublication der
Bulla Coenae zu unterlassen. Friedberg, Grenzen zw. Kirche und
Staat, S. 224.
S. 84. Im J. 1526 antwortete der Rath von Frankfurt auf
eine Mahnung des Erzbischofs Albrecht von Mainz: er habe den
Verkauf lutherischer Bücher wiederholt verboten; sie seien aber
ohne sein Vorwissen auf der Messe verkauft worden, und dem Ver-
nehmen nach geschehe dergleichen auch in Mainz und in anderen
Fürstenthümern und Städten. J. Sachse, die Anfänge der Bücher-
censur in Deutschland, 1870, S. 17.
S. 173, Z. 3. Clemens VII. erwähnt in einem Breve vom
13. Juli 1528 an den Bischof und den Inquisitor von Brescia
(Bull. I, 674) lobend, dass sie gegen die Lutheraner eingeschritten
und dass die Stadt dazu drei Bürger bestellt, und gibt beiden Voll-
macht und Instruction; er erwähnt einen Carmeliter G. B. Pallavicino,
der einige Irrthümer gepredigt. In einem Breve vom 15. Jan. 1530
an den Generalvicar der Dominicaner, Inquisitor in Ferrara und
Modena (Bull. I, 681) erklärt er, die Inquisitoren seien ermächtigt,
auch gegen Carmeliter und andere Ordensgeistliche einzuschreiten.
— Paul IV. erliess 7. Aug. 1555 eine Bulle über das Verfahren
gegen negantes Trinitatem aut divinitatem J. Chr. u. s. w. (Bull. I, 821).
604 BericfatigongeiL und Nacklrige.
S. 191, Z. 5. Die Schrift Ton VermigU ist nea gedruckt in
der Biblioteca della Kiforma iul. toI. 3 (1883).
S. 225, Z. 6 V. u. 8t. Democrator 1. Democntes. — Z. 2 t. u.
Die Joci et sales vod Lascinios werden Ton Sot. p. 794 exporgirt,
p. 814 aach seine Allegoriae Psalmonun (1524).
S. 271, Z. 6. Von Petras Cholinns ist die Uebersetziing der
Apokryphen in der Biblia Tigurina (1543). — Z. 13 t. n. Nie.
Qnodos steht seit Ben. als Nie. Qnados im Index.
S. 341, Z. 8. Was Alexander TU. in dem Zusatz zur
10. Regel einschärft, war zuerst durch ein von ihm bestätigtes Decret
der Index-Congregation vom 3. Febr. 1659 (Nr. 68 in der Samm-
lung) verordnet worden.
S. 380, Z. 11 V. u. Plantin erhielt ein Privileg für die
lateinische und eine französische Ausgabe der Theologia germanica.
Als 1570 bei den Antwerpener Buehhändlem Haussuchuog gehalten
wurde, wurde das Buch von den Inquisitoren nicht nur nicht con-
tiscirty sondern gelobt. Erst 1580 wurde Plantin darüber ange-
griffen, dass er dasselbe gedruckt. Max Rooses, (Christophe Plantin
(1882), p. 39.
S. 386, Z. 19 st. dem Fürsten 1. vom Fürsten.
S. 403, Z. 5 V. u. In den spanischen Indices werden seit
Sand, die (von den Compilatoren sehr fleissig benutzten) Messcataloge
verboten, desgleichen Collectio in unum corpus omnium librorum
. . . qui in nundinis Francof. 1564 — 1592 venales extiterunt (1592),
Unius saecnli . . 1500 — 1602 Nundinamm Elenchus . . . Auetore
Jo. Clessio (1602) und die Bibliotheca classica von Georg Draudius
(1611), bei Sot. p. 239 mit der Bemerkung, die Inquisitoren dürften
die Erlaubniss, dieselben zu behalten, ertheilen non passim neqne
qaibnscnnque, sed vel viris probatae doctrinae et eruditionis vel
selectioribns bibliopolis vel demnm aliis, qui bonnm publicum juvare
posse videantur.
S. 403, Note 1. lieber die Untersuchung gegen Plantin vgl.
M. Kooses p. 56. Das betreffende Schriflchen hiess Briefve In-
struction pour prier. Plantin wurde wiederholt verdächtig, ketzerische
Bücher gedruckt zu haben. Dass er ein Anhänger des Heinrich
Niclaes (8. 412) und später, — wie es scheint, bis zu seinem Tode,
— des Heinrich Janssen Barrefelt war und für beide Bücher druckte,
wurde nicht bekannt. Rooses p. 61.
S. 413, Z. 3: Specnlnm jnstitiae = Den Spegel der Gerechticheit,
ein starker Band in Kleinfolio, bei Plantin gedruckt. Rooses p. 68. 85.
S. 432, Z. 10. Die Inquisition erklärte 12. Juni 1620 im
Auftrage Pauls V., nicht nur in der Stadt Rom, sondern in der
ganzen Romana Provincia dürfe kein Buch ohne Approbation des
(Bischofs und des) Magister S. Palatii gedruckt werden (No. 22
unter den Decreten bei Alex.).
S. 443. Im J. 1659 verbot die Index-Congregation (No* 70
Berichtigungen nnd Nachträge. 605
bei Alex.)) als ob die Bulle Clemens* YIII. nicht existirt hätte,
Caroli Molinaei consilia duo, primum fluper facto Concilii Trid.,
Hecundum super commodis vel incommodis novae sectae religionis
Jesuitarum, einen zu Paris 1606 erschienenen Abdruck der bereit«
1565 resp. 1604 einzeln gedruckten Schriften (Schulte, Gesch. 3,
2, 252).
S. 449, Z. 16: Sot. p. 374 verordnet, aus der Ausgabe von
J. Ecks Enchiridion locorum communium adv. Luthernm vom J. 1572
den Index errorum adnotatorum in Caietani commentariis herauszu-
schneiden, und p. 46, in dem Triumphus cath. veritatis adv. omnes
haereses von Ambrosius a Mediolano, Venedig 1619, in der Haeresis 6.
den § Acta Caietani und im Index Thomas de Yio zu streichen.
Register.
Abälard 16.
Abano, Petrus de 34.
Abbas Urspergensis 109. 218.
A B C, Libellus 420.
Abdias de vitis apost. 292. 329. 409.
Abergläubische Bücher 310. 421.
439. 491. 592.
Ablass 272. 439. 488. 587.
Abstemius, Laur. 307.
Abydenus CoralluR 237.
Achatius, Israel 535.
Achillinus, Alex. 395.
Acridanus s. Leo 514.
Acontius, Jac. 413.
Acta colloquii Ratisb. 244.
— comitiorum August. 244. 287. 320.
— cum Protestant. 289.
— - et scripta 520.
— synodi Bern. 289.
Actiones duae 257.
Adamo, Ant. d' 374.
Admonitio ministrorum 240.
— paterna 290.
Aegidius Aquensis 508.
Aemilius, Alph. 234.
-- Georg. 241.
Aepinus, Jo. 210.
Aequitatis discussio 398.
Aetius 222.
Agenden 513.
Agobardus 14.
Agricola, Jo. 115. 243. 529.
— Phil. 561.
Agrippa, Henr. Com. 121. 518.
Alanus ab Insulis 284.
Alarco, Jo. 228.
Alba, Herzog v. 402. 405. 423.
Alber, Erasmus 163. 208.
— Matth. 231.
Albertus Argen tin. 485.
— Brandenburg. 276. 532.
— Magnus 488.
Albizzi 77. 434. 504.
Albrecht V. v. Baiern 187. 466.
— von Mainz 57. 70. 603.
Albnba ther 395.
Alcoranus 137.
Alcoranus Franciscanorum 163.
Alchimia purgatorii 241.
Alcuinus 150. 328.
Alcuni iniportanti luochi 878.
Aleander 68. 80. 273. 349.
Alemani, Lud. 508.
Alesius, Alex. 20^1. 495.
Alexander VI. 54. 59. 368.
Alexander VII. 1. 332. 334. 341. 604.
Almain, Jac. 283. 447.
Alphabetum christ. 375.
Althamer, Andr. 152. 224.
Alumbrados 399. 584.
Amalrich v. Bena. 17.
Amatus Lusitanus 488.
Ambrosius 557. 559.
America 146.
Amerpach, Vitus 110.
Amica et hum. responsio 247.
Amling. Wfg. 474.
Ammonius, Wfg. 474.
Amore, Guil. de S. 21.
Amplia, Jo. 516.
An statui et dign. 360.
Analysis s. resolutio 418.
Anamnesis 419.
Anastasius Antioch. 556.
Anastasius, Jo. 249.
Anatomia della messa 374.
— excusa Marpurgi 145.
Andreae, Jac. 408. 495. 517. 521.
Anglus, Ant. 95. 123.
AnnataCf taxationes 212.
Annotationes in Abb. ürsp. 109.
— in acta Conc. Trid. 125.
Anonyme Schriften 82. 87. 195. 198.
265. 404. 511. 541.
Register.
607
Anshelm, Val. 138.
Anti-Machiavel 388.
Antisturmius, Laonicus 477.
Antithese des faits 422.
Antithesis de praeclaris 422.
Antwerpen 100. 402. 405. 412.
Antwyl, Frd. Jac. de 231.
Apologi etc. 374.
Apologia adv. Henr. Ducem 272.
— catholica 525.
— Confess. Aug. 256.
— c. Status Burgund. 421.
— de doctr. Wald. 289.
— eccl. anglic. 521.
— graecorum 285.
— Wilhelmi Princ. Aur. 526.
Approbation 54. 56. 195. 339. 541.
Archinto, Fil. 217.
Arcimboldi, G. A. 215. 237.
Aretino, P. 392.
Aretius Felinus 135.
Argyrophylax 288.
Arias Montanus 298. 496. 551. 575.
Aricus 135.
Ariosto 488.
Aristoteles 17.
Armachanus, Rieh. 22.
Arrcsta amorum 293.
Articuli anabapt. 288.
— Fac. Paris. 164.
— novorum Worm. ev. 289.
— 47 plebis Francf. 289.
Artopoeus, Hnr. 414.
— Petrus 207.
Arturus Britannus 284.
Ascoli, Cecco d' 34.
Ashwarby, Jo. 37.
Askew, Anna 514.
Astone, Jo. 37.
Astrologie 265. 280.307.338.394.487.
Athanasius (Vergerio) 219. 377.
— de Vera et pura eccl. 292.
— Jo., Veluanus 249.
Atrocianus Jo. 165. 306.
Auctoritate, De, off. u. s. w. 48.
Auding, Wfg. 474.
Augsburg 57. 82. 86.
Augustini et Hier. Theol. 211.
Augustinus 558.
Aurifaber, Aeg. 308.
Aurifex, Gull. 17.
Avene, Jo. 422.
Aventinus Jo. 185. 327. 467.
Avicinius, Jo. 515.
Avila, Juan de 492. 590.
Avvisi 452.
Avviso piacevole 526.
Radius, Conr. 164.
Baduellus, Cl. 484.
Baiem 85. 176. 187. 466.
Bajus, Mich. 425. 444. 469.
Balbani Nie. 583.
Balbi, Hier. 286.
Balaeus, Jo. 95. 514.
Baldach, Durandus. 34.
Baldanus, Theoph. 477.
Balduin, Franc. 251. 362.
Baling, Nie. 271.
Balistarius, Jo. 244.
Baltanas, Dom. 592.
Bamberg 83.
Bandelli, Matteo 893.
Bandini, A. M. 386.
Banffy, F. G. 487.
Banosius, Theoph. 476.
Barlandus, Adr. 355.
Barlowe, Guil. 96.
Barnes. Rob. 95. 123. 137.
Baronius, Card. 185. 433. 535. 645.
577.
— Justus 184.
Bartholomaeus von Pisa 238.
Bartholomaeusnacht 477. 526.
Basel, Censur 50. 137. 597.
— Concil 38. 40.
Basil, Theod. 93.
Basileensis Eccl. 242.
Basil. ministrorum 242.
Bassanus, Hier. 382.
Basting^, Jer. 585.
Battenheimer, Georg 280.
Baus, Rob. 244.
Beacon, Th. 93.
Bebel, Hnr. 120.
Becanis, Vidal de 145. 167.
Beccadelli, Ant. 38.
Becket. Th. 92.
Beda, Nat. L60. 167. 164. 352.
Bedrotus, Jac. 225.
Begrijp der Bybelen 163.
Belgien 98. 835. 401. 444. 598: 8.
Löwen.
Belial s. tie oonsol. 292.
Bellarmin 13. 30. 465. 503. 525. 536.
578.
Belloy, P. de 525.
Bellius, Martin. 597.
Bembus, P. 394.
Benedict XIII. (Petrus de Lana) 46.
233.
Benedict XIV. 2. 841. 897. 430.
Benedictus, Erasmus 281.
— Renatus 449.
Beneficio di Christo 388.
608
Register.
Benjamin v. Tudela 49G.
Bennazar, P. 32.
Benno, Card. 282.
ßenoit, Rene 449.
Berchetus, Toss. 539.
Berengar 15.
Bergen, Adr. v. 108.
Bernensis Disp. und Reform. 289.
Bernhardi, Barth. 143.
Berni, Franc. 378. 392.
Berquin, Lud. 155.
Berthold v. Chiemsee. 124.
Bertramus 16. 433.
Bettini, Luea 370.
Bettus, Franc. 381.
Betulejus, X. 241. 264. 485.
Beust, Joa. a 497. 597.
Beyer, Chr. 279.
— Gcrmanus 477.
Beza, Th. 269. 477.
Bibelausgaben 126. 161. 168. 199.
266. 331.
Bibellesen 43. 87. 133. 151. 196. 254.
266. 333. 402. 427.468.478.688.
Bibeln, vorsificirte 332.
Bibelübersetzungen , deutsche 57.
335. 468 — englische 89 — flä-
mische 107. 127 — französische
144. 151. 157. 159. 335. 449 --
italienische 336. 373 — polnische
335 — portugiesische 335 —
spanische 138. 834.686.686. 592.
Bibliander. Theod. 137. 209. 287.485.
Bibliorum summaria 336.
Bibliothcca Constantp. 519.
— Ss. Patrum 482. 551. 554.
— studii theol. 416.
Bibliotheken 188.
Bigel, Jaspar 276.
Bigne, Marg. de la s. Bibl. Patrum.
Billicanus s. Gerlachius.
Birgitta 810.
Bizarrus, P. 619.
Blandrata, G. 621.
Blasius, Jo. 271.
Blast, The first 627.
Bloccius, Nie. 412.
Boccaccio 389.
Bodinus, Jo. 417. 637.
Bodius, Herrn. 106.
Boethius, Hnr. 616.
Bojardo 878. 488.
Bolseo, H. 619.
BomeliuB, Hnr. 105. 136. 193. 228.
Bonagrratia 25.
Bonfinius, Ant. 528.
BonnuB, Herrn. 260. 881.
Bonricius, Aug. 572.
Boom der schriftueren 112. 629.
Borbon ius, Nia 120.
Borja, Franc, de 492. 589.
Borrhaus, Mart. 207.
Borromeo, Carl 79. 401.
Borstius, Jo. 409.
Botzheim, Jo. v. 232.
Bourges, Concil 144.
Boxhorn, Hnr. 428.
Brasichellensis, J. M. 649.
Brentius, Jo. 116. 134.266.275.286.
312. 378.
Bres, Guido de 412.
Breslau 346.
Bresnicer, Alex. 326.
Brevier 438.
Brevis cometarum cxplicatio 268.
— et comp, instructio 139.
— pastorum isagoge 287.
— tractatus 243.
BriQonnet, Wilh. 167.
Briesmann, Jo. 209.
Brieve modo 888.
Brightwell 94.
Brinkelow, Hnr. 96.
Brodeau, Victor 160.
Brombach, Frid. 276.
Brown, Ed. 247.
Brucioli, Ant. u. Franc. 373.
Brück, Greg. 279.
Brunfels. Otto 118. 126.
Brunsvicensis, Jao. 281.
Brus, Anton 314. 319. 344.
Brusch, Casp. 366. 486.
Brutum fulmcn 625.
Buchdrucker und Buchhändler im
Index 266. 268. 409. 411. 475.
484. 635.
Buchdruckerkunst 64.
Bucer, Mart. 115. 135. 165. 210. 212.
226. 234. 287. 360. 420.
Buccrus, Nie. 412.
Budaeus, Guil. 487.
Bulla Coenae 71. 88. 603.
— Diaboli 291.
Bullinger, Hnr. 115.
Burcardi, Franc. 326.
Burck, Joa. von 476.
Burgovius, Franc. 618.
Burgund 176.
Burgundia, Jac. a 281.
Burying of the mass 96.
Caballinus, Caspar 442.
Cabasilas, Nie. 274. 656.
Caesarius, Jo. 805.
Hegister.
609
CaesariuB v. HeiBierbach 308.
Cajetanus, Card. 65. 447. 605.
Cajus, Jo. 514.
Calabria, Nie. de 34.
Calendaria haereticorum 513.
Calendarium Gregorianum 451.
Calvin, Ant. 210.
— Jo. 134. 139. 144. 150. 164,290.
381. 519. 531. 597.
— Justus 184.
Calvininianus candor 519.
Cambasius, Nie. 495.
('amden, Guil. 526.
Camerarius, Joa. 485. 526.
Camling, Wfg. 518.
Campanus, Jo. 277.
Campeggio 82.
Cancionero general 594.
Candidus, Eusebius 414.
Candidus, Pant. 517.
Canisius, Petrus 199. 471. 478.
Cantica selecta 417.
Canus, Melch. 303. 399. 457. 405. 574.
588.
Capilupus, LaeliuR 393. 520.
Capita fidei christ. 286.
Capite fontium 8. Cheffontaines.
Capito. Wfg. Fabr., 134. 209. 240.
Capo finto 122.
Cttraffal69. 173. 180. 258. 3R4. 390.
Caramanius, Jul. Dom. 381.
Carcus, Guil. 536.
Cardanus, Hier. 486.
Cardona J. B. 189. 453.
Carion, Jo. 250. 312. 593.
CarUtadt, A. 143.
Carmeliter 554.
Carmina amieorum 520.
— et epistolae 520.
Carnesecchi, P. 436.
Carolus M. 255.
Carranza, Barth. 180. 182. 198. 445.
585. '
— Mich. 495.
— Sancho 351.
Carvajal, Lud. 232. 351. 355.
Casa, Giov. della, 133. 204.
Cassander, Georg 361. 480.
Cassianus 222.
Cassiodorus, Petrus 514.
Castalio, Seb. 153. 203. 380.
Castello, Barth., de 451.
Castelvetro, Lud. 154. 581.
Castiglione, Balth. 376. 529.
Castillejo, Crist. 594.
Castro» Alph. de 449.
— Leo de 576.
Beasoh, Iudex.
Casuisten über Bücherverbote 75.
Casus, Jo. 528.
Catalogue du Pape 423.
Catalogus testium 252. 287.
Catechismen 126. 191.240.420.519.
522. 539.
Catecismo 139.
Catharina v. Genua 591.
Catharinus, Ambr. 104. 369. 373.
384. 447. 569.
Cato, Hier. 382.
Causae, quare Aug. 287.
— — synodum 289.
Causse, Barth. 408.
Celestina 594.
Cellario, Franc. 436.
Cellarius, Diethelm 232.
— Mart. 207. 521.
— Mich. 276.
Celsus, Minus 480.
Centum et quatuord. sent. 285.
Centum gravamina 211.
Centuria prima monast. 485.
Centuriae Magdeb. 329. 410.
Cervantes 594.
Cesena, Mich. 25.
Cevallerius, Ant. 538.
Chalcondylas, Laon. 256.
Chansons 168.
Chateaubriand, Edict von 142. 146.
Cheffontaines, Chrph. de 567.
Chemnitz, Martin 409.
Chieregati 81. 211.
Chiromantie 395.
Chlorus, Firmianus 124.
Cholinus, Petr. 271. 604.
Christiana institutio 111.
— responsio 242.
— juvent. crepundia 286.
Christianae scholae epigr. 126.
Christoph v. Würtemberg 256.
Chronicon prodigiorum 485.
Chronographia ecclesiae 30.
Chronologia ex s. lit. 485.
Chytraeus, David 409. 520.
Ciaconius, Alph. 465. 508. 673.
Ciconia, Vine. 572.
CirculuB charitatis 451.
Cisner, Nie. 308. 520.
Cittadella, P. 583.
Civitella, Felic. de 881.
Ciaronbach, Ad. 239.
Clarius, Chrph. 228.
— IsidoruB 266.
Clarke, P. 37.
Classen des Index 263. 324. 355.534.
Classiker, Heidnische 838. 470.
39
610
Register.
Claudius Taurin. 14.
Clausor, Conr. 256.
CMavicuia Salomonis 23.
Clemangis, Nie. 367. 482.
Clemens IV. 46.
Clemens VII. 173. 603.
Clemens VIII. 29. 49. 442. 532. 560.
Clemens XIV. 73.
Clerk, Barth. 526.
Clichtovaeus, Jod. 130. 574.
Cling s. Kling.
Cochlaeus, Jo., 83. 248. 268. 277.
286. 398. 483.
Codes, Barth. 395.
Coelestinus, Georg 326.
— Jo. Frid. 411.
Coelius Pannonius 487.
Coena dominica 210.
Cogelius, Charicius 123.
Cognatus, Gilb. 367. 422. 437.
Collatio div. et pap. can. 201.
Collectanea demonstr. 242.
Collectio figurarum 184. 311.
Collensis, Julian 401.
Collenutius, Pand. 524.
Colloquia 419.
Colloquium Altenb. 420.
— Cochlaei 286.
- Ilerphord. 247.
— Jesuiticum 531.
— Marpurg. 230.
— Wormat. 289.
Collyrium spirituale 589.
Comander, Jo. 271.
Comitia Spirac et Worm. 289.
Gommendone 444.
Commentaria Germaniac 224.
Commentarii in ep. ad Rom. ei Gal.
312.
Commentariorum de rogno 388.
— de statu 525.
Commentarium in bullam Pauli III.
75. 177.
Commentarius captae urbis 485.
— de angelo Melanchth. 287.
— in 1. Tim. Ep. 293.
Commissar der Inquisition 173. 174.
Comraissioni. Delle 377.
Commodus, Paulus. Brett. 244.
Comoediae ac trag. 137.
— super quaestione 112.
Comodien 530. 693.
Compendium inquisitorum 176.
Conceptio immaculata 440. 450.
Conciliabulum theolog. 237.
Concilium Pisanum 243.
Concordantiae graecae 241.
Cocordantiae principum 291.
Concordia pia 522.
Confessio August, u. andere Confes-
siones 256. 412. f)22.
— Baronum 289.
— Waldensium 38. 290.
Conformi, Barth. 238.
Confutatio determ. Par. 231.
— 21 propositionum 240.
Confutationsbuch 522.
Conradus al. Gothardus 136.
Conradus, Alph. 186.
Conseglio d^alcuni vescovi 377.
Consilium cujusdam 355.
— de emendanda eccl. 390.
— Pauli III. 290.
— pium 539.
Constabilis, Paul 434. 441.
Constantinus de Sevilla 248.
Constantinus, Rob. 257.
Consultoren 174. 430.
Contarini 176. 396. 565.
Contra regimen Minor. 287.
Contra sanctos Zeylleystein 294.
Controversschriften 337. 402. 478,
483. 584. 591.
Conventus Augustanus 243.
— Genevensis 498.
Copia d'una lettera 337.
Coptis Christianus 230.
Corasius, Jo. 527.
Corbeau, Th. 409.
Cordatus, Conr. 277.
Cordelius, Marcus 279.
Cordcrius, Mat. 225.
Cordigerae navis conflagratio 235.
Cordus. Euricius 428.
Cornarius, Janus 551.
Corner, Chrph. 417.
Corpus juris can. 440.
Corranus, Ant. 413.
Correctores Romani 440.
Corvinus, Ant. 135. 2lrf. 211.
Corvus, Andr. 395
Cottalambergus, Jo. Fr. 235.
Coverdale, Milo 90. 94.
Cranach, Lucas 422.
Cranmer. Th. 93. 274.
Crema, Bapt. de 399.
Crinitus, P. 487.
Crispinus, Jo. 484.
Critius, Andr. 515.
Cromwell 90.
Crotus Rubianus 237.
Cruciger, Casp. 209.
Crusius, Martin 519. 520. 589.
Crux christiani 496.
Register.
611
Culmann, Leon. 123.
Cur Eccl. quatuor ev. 293.
Curaeus, Joa. 518.
Curio, Coelius See. 191. 237. 374.
— Iloratius 374.
Cusanus, Nie. 523.
Cuspinianus, Jo. 282.
Cymbalum mundi 166.
Cyprianus 559.
Cyrillus Alex. 556.
Czoch, Laur. 279.
Dalmeida, Jorge 481.
Dammann, Iladr. 527.
Danaeus, Lamb. 495. 519.
Dante 226. 488.
Darrius, Jo. 535.
Dasypodius, Petr. u. Conr. 271. 478.
Dathenufl, P. 412.
Daußus, Jo. 518.
Davidis, Franc. 536.
Daxer, Jac. 232.
Docimator, Hnr. 527.
Doclaratio nominum 108.
— S. Caes. Maj. 523.
Declaratione del jubileo 377.
Decretiim Gratiani 441.
— Norimb. 289.
Dodckind, Frid 475.
Defensio adv. axioma 287.
Delibcratio simplex 239.
Dolrio, Martin 418.
Donck, Jo. 231.
Detcrrainatio Fac. Par. 164.
Deutschland 54. 56. 77. 79. 80. 335.
344; 9. Baiern, Oesterreich.
Diabetica letalis 485.
Dialoghi di Mercurio 376.
— sacri 380.
Dialogi. Decoctio. Eckius 235.
— Septem 237.
Dialogo della bella creanza 394.
— dell' unione 451.
Dialogus Karsthans 236.
— obscurorum virorum 235.
— oratoris pontif. 291.
— paradoxes 291.
Diaz, Jo. 212.
Didymus Faventinus 233. 305.
Dieterich, Georg 411.
Diether, Andr. 217.
Dinanto, David de 17.
Dinoth. Rieh. 525.
Dionysius Carthusianus 523.
Dirixon, Ph. 412.
Diseorso sopra i fioretti 377.
Discursus de morte reg. Nav. 525.
Disordine della chicsa 377.
Disputatio Badensis 286.
— Bern. 240.
— de feste corp. Ghr. u. andere 517.
— Groning. 239.
— Herford. 247.
— inter clericum 124.
— Lipsica 286.
Diumale Rom. 440.
Doctrinae jesuitarum 521.
Doelschius, Jo. 250.
Dogninus, P. 409.
Dolcino, Frä 24.
Dolet, Steph. 144. 156.
Dolscius, Paul 281.
Dominicae prec. 111.
Dominicaner 178. 432.
Donatus, Jo. P. 570.
Donec corrigatur 3. 30. 325.
Doni, Ant. Fr. 392.
Dos informaciones 123.
Dos tratados 586.
Dottrina vecchia 192.
— verissima 383.
Douay 62. 446.
Draco, Alb. 271.
Draconites, Jo. 209. 240. 518.
Dragale locorum comm. 287.
Dranta, Thom. 476.
Dreher, Conr. 411.
Dresdensis, Petrus 37. 508.
Dresser, Mth. 519.
Drilhon, L. 151.
Drusius, Jo. 125. 138. 517.
Dryander, Jo. 125. 138.
Duae disputationes Herf. 247.
Duarenus, Franc. 419.
Duclevier, Th. 166.
Due lettere 377.
Duell-Bücher 511.
Dugo. Jo. Philonius 359.
Dulichius, Hartm. 97.
Eberhart, Mth. 474.
Eberlin v. Günzburg 243.
Eberstain, Lud. ab 280.
Ebner, Erasmus 270.
Ebouff, Georg 475.
Eccius dedolatus 235.
Eck, Jo. 68. 102. 364. 605.
Eckart, Meister 26.
Eckstein, Ulr. 235.
Eder, Georg 345.
Eduard VI. 92. 97.
Efforhon, Hnr. 475.
Einsidel, Hnr. ab 280.
Eisengrein, Martin 469. 566.
612
Register.
Elchaiion, Paul 474.
Elegiae Pistorii 229.
Elementa christ. 243.
Elias, Paul 97.
Elisabeth v. England 97.
Elvidius, Stan. 526.
Elysius, Th. 569.
Emendatione, De, ot corr. 388.
Empfohlene öüchor 115. 130. 460.
Enarrationes epist. 286.
Enchaustius, Huldr. 235. 275.
Enchiridion christ. institutionis 505.
— christiaoismi 243.
— manuale 421.
— parvi catech. 312.
— piarura prec. 287.
— principis 428.
England 69. 87. 274. 514. 526.
Enzinas, Franc. 126. 138.
Epistola apologetica 165. 224.
— christiana 285.
— consolatoria 520.
— de magistris 291.
— de non apost. 291.
— directa ad paup. 167.
— Luciferi 291.
— ministri cujusd. 285.
Epistolae duae 360.
— consolatoriae 409.
— piae et christ. 377.
Epithemata historiae 421.
Epitoma responsionis 256.
Epitomo chronicorum 111.
— ecclesiae renov. 287.
— 6 gu rar um 312.
Eppendorf, Henr. ab 271.
Erasmianer 355.
Erasmus 97. 128. 131. 156. 157. 165.
297. 320. 347. 408. 413. 564.
Erbenius, Nie. 474.
Erbenus, Mth. 411.
Erigena 15.
Erlaubniss zum Lesen verbotener
Bücher 70. 88. 179. 261. 323.
388. 432. 443. 539. 545.
Erythraeus, Val. 413.
Eadrae Lamentationes 136.
EsnaudicVe, P. de 1' 530.
Espencaeus, Cl. 149. 421. 442. 503.
Esposizione delP orazione 383.
Ethica christiana 519.
Etiro, Partenio 392.
Eucherius 555.
Eugubinus a. Steuchus.
Eulenspiegel 223.
Evagrius 222.
Evangelicae conciones 210.
Evangelium aeternum 20.
— laetum 413.
— Nicodemi 257. 292.
— Pasquilli 291.
Evia, Franc, de 310.
Exameron 209.
Excommunication 74. 341.
PiXempla virtutum 309.
Exemplarium fidei 530.
Exemplorum variorum 311.
Excrcitatio vitae 530.
Explicatio 1. . . cap. Act. 530.
Expositio nominis Jesu 527.
— sec. ep. Petri 530.
— super Cant. 530.
Expurgation 3. 15. 423. 427. 478.
484. 493. 540. 549. 602.
pjxpurgirte Ausgaben 119. 155. 156.
204. 2i>.'>. 284. 246. 327. 354.
385. 387 390. 392. 393. 401.
418. 448. 486. 489. 490. 524.
529. 538. 555. 501. 560. 570.
571. 572. 573. 575. 578. 590. 593.
594.
Expurgirte Exemplare 155. 204. 355.
419. 486. 567. 571. 594.
Exspectanten 366.
Eymeric, Nie. 14. 26. 221.
Faber Stapulensis 144. 156.
Fabricius, Erasmus 276.
— Georg 254.
— Jo. 360.
— Jo., Montanus 254. 320.
Fagius, Paul 52.
Faits, Lcs, de J. C. 422.
Falsa et vera 521.
Falsa religione, De 211.
Familisten 98.
Famosschriften 81. 86.
Farrago concord. 136.
— locorum comm. 287.
— poematum 421.
Fasciculus rerum expot. 247.
Fatis, De, monarchiae 287.
Faure, J. B. 75. 178.
Favorini, Aug. .38.
Ferrariensis, Barth. 570.
P'errariis, Jo. Petr. de 245. 499.
Ferrarius, Jo. 528.
Ferraris, L. 75. 836.
Ferus, Jo. 438. 467. 480. 561.
Feurelius, Theoph. 475.
Fidelis servi 526.
Fidler, Val. 475.
Figulus, Seb. 516.
Filis Pastor 518.
Register.
618
Finck, Herrn. 488.
Firmanus, öcr. 400.
Fischart, Jo. 477.
Fish, Simon 95. 104.
Fishcr, Jo. 135. 419.
Flacius, Math., lUyricub 117. 247.
252. 275. 287. 826. 410. 519.
Fladorius, Georg 411.
Flaminius, M. A. 384.
Flinsbuch, Chumann 281.
Florenius, Paul 531.
Florenz 214. 298. 390.
Flores epigramm. 421.
Florio, M. A. 582.
Folengius Jo. B. 572.
— Thcoph. 394.
Föns vitae 530.
Füutius, Const. 584.
Fonzio, Bart. 176. 383. 580.
Foreriua, Franc. 314. 324. 574.
Foresta, J. Th. 487.
Forma delle orationi 381.
Formula missao 312.
Förster, Jo. 405.
— Val. 497.
Fortius Ringelb., Joa. 395.
Fox, Ed. 288.
— Jo. 250. 469.
Franchini, Franc. 392.
Francisci noct. apparitio 235.
Franck, Casp. 411.
Franck, Seb. 129.
Francken, Chr. 47<). 531.
Franekenstein, Chr. Fr. 526.
Francford. Synodus 255.
Franco, Nie. 58. 392.
Frankreich 140. 298. 336. 343.
Franz I. von Frankreich 141. 161.
Fregoso, Frid. 382.
Freigius, Jo. Th. 517.
Frejus, Chrph. 516.
Fricius, Andr. 438.
Fridangus, Jac. 411.
Frischlin, Nicod. 476. 477.
Frisias Orientalis 224.
Frisius, Jo. Jac. 513.
Frith, J. 94.
Fuchs, Leon. 307. 551.
Fuente, Const. de la 584.
Fulcus, Guil. 536.
Funccius, Jo. 485.
Fundamentum malorum 286.
Furius, Frid. 254.
Ualatheus, Hier. 173. 382.
Galatinus, Petrus 47.
Galecus, Nie. 37.
I Gallasius, Nie. 233.
I Gallicius, Ph. 271.
Gardiner, Stephan 136.
G;issaru8, Ach. Pirm. 111.
Gast, Jo. 107. 242. 247.
Gaudentius 212.
Gaufridus de Monte 283.
Gauricus, Lucas 307. 395.
Gcbwiler, Hier. 357.
Gediccus, Sim. 516.
Geiler v. Keisersborg 370. 467.
Gelasianisches Decret 13. 330.
Geldenhauer, Gerh. 165.
Gclli, G. B. 393.
Genebrardus, Gilbert 575.
Genesis cum cath. expos. 416.
Genesius, Jo. 225.
Genf 142. 415. 527. 597.
Gentor Spiele 112.
Geutilettus, Inn. 388.
Gentilis, Jo Val. 508. 597.
Geographia univ. 126.
Georgius, Franc, Venotus 486. 551.
Gerbais, J. 283.
Gerberon, 446.
Gerlachius, Theob. 357.
Germanicae nationis lam. 291.
Gertoph, Jo. 350.
Gesner. Conr. 218. 268. 474. 556.
Gesta Romanorum 308.
Gherardino 20.
Ghislieri. Mich. 47. 170. 299; s.
Pius V.
Gibbings, R. 436. 550.
Gilbertus Porretanus 17.
Giovanni Fiorentino 391.
Giraldus, Gtcgor 382.
Giubileo, Un gran 587.
Giudicio sopra le lettere 378.
Glossa ord. Genev. 416.
Glossiie juris can. 440.
Glottocrysio, Fidcntio 394.
Goch, Jo. V. 106.
Godelmann, J. G. 417.
Goldast, Mechior 579.
Gondisalvus 34.
Gonsalvus, Reginaldus 414.
Gothardus al. Conradus 136.
Gotvisus, Donatus 477.
Gough, Jo. 95.
Gouste, Cl. 498.
Gracian, Jcron. 591.
Granada, Luis de 492. 588. 590.
Granmundt, Chrph. 476.
Grapheus, Corn. 106.
Gratarolus, Guil. 582.
Gratia Dei, De 285.
614
Grutiu Diu Je Muiito Santo 377.
(ii'iitiaiillij Aiitijfsuilu T,2\. ■
ürutius. UrluiiiiiH ^47.
Uravius. lliir. iW. \
üruKziui, A. V. 394. |
Gri^L'ur IX. 45. i
Gngur XI. 26. I
Gregor Xlll. 2». 5(1. 7J. 34J. 387. '
3'JO. 4^!). 430. 436. UM. 558. '
ürft-or XIV. 53-J, 539. 1
Un-guri' XIV, ' ci-at' r>3'J. ;
üri'fjurius Cüimcuiiiu» 498. ,
(iri'i;urius Alagiiua 55ci.
Uivitcr, Mth. :i32.
(irdufl, Jo. 27«.
Ur.t«i>r. Jac. 76. 34». 427. r,-Ja. ti03. '
(irk-uhiBviii:TlK.-uk>(;i;ii274. öU. 514.
üriumni, Jo. ^21.
Urimoiro 23.
Griauiiius, Fruiic. 37»
Cniliijur, Ju. 362. rni5.
(iroshür, Wig. 32«.
GruDchvr, Viiic. 3(Ki.
(>rüiipL-vk, Jos- 233.
Ui'j'iiauuB. Ucijrjj filti.
— Jo. Jau. 257. 516.
UrjpUiuB, UUü ölü.
— Süb. 111.
Gualtliur, Rud. 2U9.
(iuaviiii, Puator tiilo l!8ö.
UuvviirH, Aiit. du 574.
Giikciardiiii, Fr. 3WS. 4G7.
Guilliiud, Claudu 15U.
tiiKilher, ÜWL'uus 636.
Mudriaii VI 72. 88. l»! 131.
211. 348.
lliiKiT, Miuli. 515.
ilaliouB, Aiit. 233. .I09.
llnlk-, EUwiu 95.
Hallur, Uurclit. 219.
llaniolius, Jo. 44U.
Uamelle, God. du 411.
Ilamclmaiiii, Herui. 41U. 417.
llaiiapus. Nie. 309.
Haner, Jo. 272.
Hanmcr, M. 636.
llanson, P. 631.
IIbhIe, 3t>. 476
llär^iiiii rclieii SSO, 495. 507. 610.
llarphiuH s. Huq..
Ilartilius, Jau. 416.
llagenmiiilcr, F^liae 536.
Hebrai'a, ühald. noniiiia 108.
Hi'dio, Casp. 109. 126. Uä. 469.
Hccrbranil, Jac. 517.
Hegendorphinus, Chrpli. III. 486,
II.Kiuwald, Krhurd 252.
liuidi'thL'rgL-iisis Ttii'ol. 120.
Ucidiilius, Itruuu 254.
Iluidoiimcli, Esaiaa 47(i.
lluimburg, ürogor 42.
Iluiiiridi 11. vuu Fruukruiuh 145.
IUI. 442.
Ik'inrich IV. von Fmi.kr.ich 539.
lltiurinh VIIL 87. 272. 289
Hciuriuli, Cardinal Infant 481.
MoldtlinuH. Caap. 270.
Holding, 3Ii,:h. -ttiS
lluliudurut Ak'xiüuuiiB 27Ü.
IK'lliDg. ^art. u. Alaur. 51ü.
Ilulvidiae gratulatio 539.
Ileurifputri, Scb. 536.
Henri ous Senensia 24.
TotoaauUB 16.
Uonriques, Alf. 365.
llordesinuas. Chr 47U.
HLTcford. Nie. 37
Her
) Italns 24.
Horioaphroditus 38.
HUI'QI
, I'ai
. 656.
Magi libri 23.
lIuTold, Bas. Ju. 300. 329.
Hltp, Hcur. 309. 4Ü7. 589.
IIurtzbL-rg. Jo. 474.
llceeiior, Val. 616.
HcMelB, Jo. 3I>3. 444. 674.
Ilesei ander. Chr. 477.
li.sMi-., i:,biiuii, na
- Herrn. 123.
^imon 135.
21. J17.
lli;>
lir:^
l.y,l,.,i, f^cliaUl.» 123.
Ileymairin, Magd. 411.
Hieroiiymus v. Tiag 37.
Hippmns 210.
UippopbilUB Melangauiu 1;:
Ilistoria Uelgica 5:^4.
— du Geim. origine 110.
~ eüclta. (Hagdcb) 410.
— Gemianiae 624.
— Graeoiae 524.
— liaBait&rum 484.
— Jo. Hub 37.
— Seotorum 524-
— Vera de morte Ju. Dia:
— Vera de vita Ituecri 430.
Uisloriarum . . . upitome 111.
UitehiuB = Tyudall 93.
Hutl'mauiJ, Chrph. 192. 209.
Ilolbuin, Hans 241.
Holder, Wilh. 51!l. 53C.
Hondorir, Andr. 619.
12.
Begisier.
615
Honius, Com. 285.
llonorius, Necroruaut 23.
llüiitor, Jo. 239.
Ilooper, Jo. 95.
Horac B. M. V. 311. 410 183.
llortulus animao 90. 310. -139.
Hüsius, Card. 186. 300. 558.
Ilospiniauus, Jo. 250.
Host, Jo. 273.
llotoman, Franc. 625. 526.
llouvardus, Balth. 412.
lluarte, Juan 497.
Hugo, Jo. 475.
Hugwaldus, Udalr. 271.
llulrici Epist. 292. 409.
Ilunifrcdus, Laur. 326. 556.
IIu8, Jo. 34. 554.
Uuschiuus, Jo. 245.
Iluser, Jo. 271.
Hutteu 70. 136. 227. 237. 287.
Huttich, Jo 272. 282.
Ilutton, Mth. 536.
Ilypcrius, Andr. 574.
Jacob, Frid. 231.
JacobcUus 37.
James, Th. 4. 493. 556. 559.
Janovesius, Barth. 34.
Janscnius, Corn. 574.
Jarava 334.
Javollus, Chrys. 60. 567.
Idiota 309.
Jesuiten 467. 506. 521. 531. 537. 551.
Ignatius Antioch. 557.
Illescas, Gons. 393.
Imagines mortis 241.
Imago Antichristi 422. 587.
Imelius, Jac. 279.
Impcratorum et Caes. vitae 282.
Indagine, Jo. de 280.
Index biblicus 282.
— rerum omnium 108.
Indices zu Bibeln und Kircheuväteru
127. 162. 201. 555.
Informaciones, Dos 123.
Ingolstadt 68. 85.
Initialen 307. 642. 646.
Innocenz IV. 46. 603.
— IX. 387.
Inquisition, Römische 47. 169. 262.
431. 603. — Im Mittelalter 33. —
In Belgien 101. — In Frankreich
140. 145. — In Portugal 481. —
— In Spanien 131. 175. 296. 301.
318. 456. 490. 509. 561. 584.
In([uisitionis Hisp. artes 414.
Institutio rel. christ. 530.
Instruütio brevis 139.
— visitationis 289.
Interim 522.
Interpretatio nominuni 108.
Introductio mirabilium 415.
Joachim v. Fiorc 18.
Joannes Albertus 522.
Jo Frid. II. 622.
Joannes Hierosol. 554.
Joannis, Petrus s. Oliva.
Johannes XXII. 24.
Jonas V. Orleans 255.
Jonas, Justus 209. 279.
Jonvillaeus, Car. 374.
Joris, David 412. 598.
Joye, Georg 94. 618.
Ippofilo di Terra ncgra 153.
Irenaeus, Chrph. 617.
— Jo. 224.
— Philotheus 124.
Irenicus, Franc. 485.
Isaac, Steph. 520.
Isagoge, Brevis 287.
Italien 169. 335. 343. 346. - Bel-
lettrist. Literatur H86. 488. —
Reformationslit. 173. 373. 580.
Itinerarium Petri 292. 329.
Jubileo de plenis. remision 587.
Judicium et censura 521.
Jüdische Bücher 43. 488. 496. 529.
575. 603.
Juellus, Jo. 409. 521.
Julius II. 72. 236.
Julius III. 47. 165. 171. 180.
Julius Caesar P. s. Paschalis.
Julius Dialogus 236.
Julius Mediolanus 377.
Junius, Franc. 417. 424. 557.
— Hadr. 366.
Juretus, Franc. 495.
Justi, Jac. 34.
Justitia brittannica 626.
Juterbocensis, Ambr. 270.
Kalzius s. Katzschius.
Kantz, Jo. 475.
Karl V. 80. 98.
Katholiken in der 1. Gl. 269. 272.
279. 355 367. 616; vgl. 560.
Katzschius. Jo. 307.
Kautius, Jac. 278.
Kednadon, Palatinus 517.
Keninitius s. Chemnitz.
Kempis, Th. a 381.
Keniugius, Nie. 411.
Keysersberg s. Geiler.
Kimedoncius, Jac. 635.
616
Register.
Kimchi 52.
Kinthisius, Jod. 153.
Kircheuordiiung 52'2.
Kirchenväter 484. 510. 555.
Kleinaw, Jo. 326.
Kling, Conr. 467. 48ü. 565.
— Molch. 120. 554.
Kneustobtus (Knewstub) Ju. 536.
Knipperdolling 278.
Knox, Jo. 527.
Kolbius, Franc. 279.
Kolch, Jac. 517.
Köln 56. 67. 85. 128.
Koran 137.
Korn, Gallus 294.
Krantz, Alb. 307.
Krcnzer, Sab. 32.
Krompach, Nie. 277.
Ijac spiritualc 376.
Lachmann, Jac. 229.
Lagus, Conr. 1 19.
— Josua 475.
Lalamantius. Jo. 527.
Lambach, Jo. 367.
Lambert, Franc. 164. 2b7. 485.
Lanibertus de Nigro Mcmte 276.
Lamentatio missac 165.
Lamentationes germ. 291.
— Petri 136.
Landini, Chrph. 489.
Landus, Hort. 375.
Langius, Jo. 247. 475.
Lansperg, Jo. Justus 310.
Laonicns s. Cbalcondylas.
Lasdenus, Bapt. 122.
Laterau-Concil, fünfteSj 55. bO. 88.
Latimcr, Hugo 95.
Latinius, Latinus 295. 433. 559.
Laude, De, paroehorum 243.
Laude, Greg, d«; 19.
Laudibus, De. Julii 111. 165.
Lazarillo de Tornies 593.
Lee, Eduard 350.
Lcgenda aurea 308. 563.
Lemnius, Laevinus 417.
— Simon 276.
Lentitius (Leucius) 222.
Leo X. 47. 55. 60. 65. 348.
Leo Achrydanus 514.
Leo Hebraeus 488.
Leon, Luis de 335. 530.
Lepusculus, Seb. 270.
Lessius, Leon. 446.
Lcsvandert, P. 530.
Lcthmatius, Hermas 210.
Lettre mystique 498.
I Leucht, Val 479.
Lcxicon graccum 421.
Leydis, Jo. a 278.
Ijibcllns apostolorum Galliae 52U.
— aureus 125.
— consolatorius 383.
— ex scriptis 242.
Liber Belial 292.
— conformitatum 238.
— continens doctr. 522. 582.
— contra reg. fem. 527.
— egregius 37.
— militantis 165.
— psalmorum 416.
— virginalis 34.
Libcrinus, Abdias 414.
Libretto consolatorio 383.
Libri Carolini 255.
— deccm annulorum etc. 23.
— scripti contra diactam Batisb. 1 34.
Licaula. Jo. 244.
Licentius Evangelus 106.
Licchtenau, Conr. v. 109.
Liesveldt, Jac. 127.
Liguori, Alf. 76. 284. 391. 434.
Linck. Wenc. 65. 232.
Lindanus, Wilh. 4i:V 468. 574. 576.
Lindius, Steph. 414.
Lindoverus. Frid. 277.
Lipsius, Justus 578.
Lismaninus, Fr. 380.
Listrius, Ger. 225.
Litania Gernianorum 165.
Loca insignia 137.
Lochander, Mart. 516.
Loci insigniores 137.
— multi integri 417.
— omni um fere cap. 126.
— utriusque Test. 192.
Loquaeus, Bertr. 475.
Lollardus 37.
Lonicerus, Alb. und Phil. 519.
Lorichius, Gerh., Jo., Hcinh. 358. 467.
Lossius, Lucas 329.
Lotius, Berhardus 358.
Löwen 67. 113. 152. 248. 269. 353.
404. 427. 444. 503. 564.
Lubicensis, Jo. 395.
Lucca 190.
Lucian 228.
Lucianus Mantuanus 440.
Lucius Pisaeus 276.
Lucta christiana 287.
Ludi teutonici 112.
Ludovicus Borbonius 525.
Ludovicus Imperator 255.
Ludtke, Mth. 514.
Rogister.
617
Ludus pyramidum 236.
Luithoia, Waremund 231. 241.
Lukawitz, Jo. 37.
Lullus, Ilaymaud 20. 500.
Luna, Petrus de 223.
Lupano, Otto 382.
Lupatino, Baldo 176. 583.
Lupulus, Hnr. 244.
Luscinius, 0. 225. 468. 604.
Luther 65. 134. 143. 256. 286. 287.
383. 422. 52o. 530.
Lüttich 404.
Lutzcuburg, Bern. 14. 218.
Lycosthencs, C. 418. 485.
Lyon 143.
Uffacer, Casp. 515.
Machiavelli 386 579.
Machumetes 137.
Magazor (Machsor) 51.
Magdeburg, civitatis 247.
Magister S. Pal. 24. 59. 61. 65. 174.
341. 432. 440. 554. 559. 604.
Mahusius, Jo. 292. 355.
Mailand 78. 175. 214. Bio.
Mainardus, Aug. 374.
Mainz 56. 479.
Major, Georg 126.
Maire, Jo. Ic 165.
Maldonatus, Jo. 450.
Maler, Wfg. 279.
Malcscot, Steph. 475.
Malleolus, Felix 275.
Malvenda, Th. 551.
Manettus, Jan. 496.
Mnniera di tcnere 375.
Manipulus curatoruni 309.
Manrique, Alf. 131. ;;51. 37ü.
— Thom. 390. 440. 463.
Mantolius, Jo. 276.
Mantuanus, Puptista 5(i4.
Manz. Fohx 278.
Marat'fi, Dam. 573.
Marcanus, Rein hold 517.
Marcus Kphesinus 274. 285.
Margaretha von Navarra 1(>0.
Margarita pastoruni 497.
Iheologiea 287.
Maria v. England 87. 90. 92.
Mariana, Jo. 494. 576.
Marinus, Marcus 50. 603.
Marius, Hier. 374.
Marloratus, Aug. 416.
Marnix, Phil. 421.
Marolt. Ortolph 280.
Marsohalk, Hang 243.
Marshai 96.
Marsilius v. Padua 25. 106.
Martinez, Mart. 570.
Martiniko 230.
Masarellus, Aug. 583.
Masencal, J. de 149.
Masius, Andr. 295. 301. 571.
Massarius, Hier. 374.
Masson, Guil. 586.
— Papirius 14. 577.
Massuccio 392.
Masurier, Martialis 158. 160.
Matthacus Westniouast. 524.
Matthew, Th. 94.
Matthias Bohcmus 222.
Maurer, Thom. 475.
Maximilian II. 344.
Media toris J. C, De 521.
Medicina animae 241.
Medicinischc Bücher 33. 145. 497.
529. 551.
Medina, Mich. 561.
Mediolancnsis, Julius 377.
Meditationes in or. dorn. 242.
— sanctorum patrum 417.
Meglin, Mart. 280.
Mclanchthon 103. 125. 14:1 153. 233.
240. 250. 287. 288. 519. 595.
Melangacus, llippophilus 153.
Molhofer, Chrph. 232.
Melissa, Ant. 556.
Melito 556.
Menandrino 25.
Menanti 452.
Mendham 3. 220. 502.
Mondoza, Diego Ilurtado 593.
.Menno Simonis 249. 412.
Mento, M. (Gogrevius) 476.
Mercator, Gerh. 528.
Mercerus, Jo. 538.
Mercklin, Conr. 475. •
Merlinus Anglus 284.
Merlinus Coccaius 394.
Merula, Gaud. 496.
Messbuch s. Missala
Me8scatah)ge 403. 410. 473. 479. 513.
604.
Messe, Schriften darüber 96. 165.
Mctaphrasis epist. 287.
Methodus s. Script. 111.
Meyer, Seb. 147.
Micropresbyticon 258.
Microsynodus Norimb. 360.
Micyllus, Jac. 485.
Mirabilis liber 485.
Misa, Jac. de 37.
Missa evangclica 312.
— latina 410.
S18
MibbbIu 43S.
UitU'lnUcrlichti Sdiriftcii 1-1. 221.
2i6. 485. 49U. W3.
MochiuB. Putrue i)04.
Moduu, llurir. 412.
Modfiia tTü.
ModL'stiis B, Vcranius.
Modo brtve 383.
— di tcnorc 376,
— u via 378.
Modus conlilcndi et uranJi 3ö0.
— Bolemuia 292.
HulViuaenBis, Clinih. 47(;.
HoliiiacusF Carolus 441. 6U5.
Moller, Hnr. 278.
— Vitua 616.
Molthcr, Mcnrad 287.
MoLheniiu:«, Ju. 414.
Honluc, Jean U9. 450.
Honncr, Bae. 276.
Uontanüriim, Arn. 34.
Montu Saiitu x. Uratia.
iMontmnayor Jorge 50).
MonCcsinu, Anibr. 9M.
Mouthotoii, Jos. 23'2.
Moiitprot, Hur. 232
Monumenta 8, Orthodoxogr.
Hornts, Ol. Knlvta Fi8i.
Morgunitcrn, Bun. 3^6.
Moniuy, Phii. 493.
Moroiio 176. 180. 183. 187.
Mors, Rod. 95.
Morus, Th. 88, 94. 96. 189.
MoBelknus. Pctr. 121.
Moeliam, Rudp. 859.
MucbkJUB. Jo. 231.
Müglilz ». ilrus.
MuHoii, Sjauuho 693.
Muiisliolt, Abr. 516.
MQiistcr, Scb. 112. 126. 131. 106. 563.
MunziT, Th. 229.
Mumiann lti4.
Murnama Lcviathan 237.
Murner, Th. 210. 237.
Mug cxenteratuB 53t>.
MuaacLiB, Baphaol 23t'.
MuswiluB, Wfjr, 275.
Masicaiien 341. 475. 4ö8. 514.
MusloruB, Jo, 306.
MutiiiB, Iluldr. 110, 271,
Muzio. Rirol. 47. 181. S70. S8I, 389.
483, 511.
MyconiuB, Üsw. 134,
MyliuB, Cratu 109, 230
Myon, Eutychiu« 261. 275.
552.
, Naufit-orgus. Th, '201.
Nai-di, Jo. Leo 382.
Narratio (.-cruin 431.
I NauBca, Frid. 84. 336. 36U.
1 "Neandi:r, Coiir. 616.
; Nfftpel 78. 17Ö. 499.
Nooker, Georg 326.
; Neeroinantie ^48 338.
, NuocoruB, Tim. 326.
Neofanius, Metoh. 616.
Nosukius, Nath. 477.
I NfScuuB, Wilh. 278. 291.
! Nouo TcBtamcnte, hultäiid, 107; vgl
; Bibel.
; NL'viziijua, Jj. 600.
'S'iiiohii. Iliir. 9R, 412. 604.
NirdL-rlaiidi.' s. Belgien.
! Niem, Theod. a 523.
; Niger. Franc. 374.
I NigrinoB, Georg 388. Q18.
I Nigro Mouto a. Laraburtas.
Nilns Thessftion. 274.
I Niiiyuarda, 1-'l-I. 470. 472.
; Son.uuJia 395
I NouR-ndntor 2B7
{ Novellen 886.
! Nuptiae PiLrisinao 636.
I Nürnberg, Reicbstag 81.
1 Obacöne Schriften 338. 386. 501.
I 594.
I Uccam, Guil. 25. 124.
I üuhino, Bern. 170. 190. 374. 598.
I Odußbach, Jo, 475.
1 Udo von Tusouluni 46.
I Udonua, Jo. Aug. 381.
tVcokriipadius 102. 2lö. 240, J42.
246, 268. 276.
I Ueeunomica chrisl. 11)6,
Üesterreich 81. 344. 543.
Üflicio, Du, pii 363.
Ufficium parvum B. M. V. 439.
Ogeriua Danus 384.
OlJcaBlIe, Jo. 37. 96.
OleariuB, Paul 243.
Ulcaatro, Hier, ab 575.
Olerii, Petrua 34.
Dhva. Jo. PctruB 24,
Onua Ecclesiae 124.
üiH.Ta ilivina 383.
Üjwriiiuä. Jo 138.
— inipei'f. in Mth. 292.
— magni lapidi» 488.
619
— cüOleaianini 120.
— ol deFeDsio jiru "Vurg. S78.
OratioDu iloi peneguitati 376.
Uratiuuuiu dom., In 2i3.
Unitiunc«, abcrgEubiscbe 401. &0J.
— funebres 430.
Ordo ImptiKADili bGd.
cccIuBiustiuiis 622.
ürilüimaiiaien Karls V. 103.
Üruamiufl, Niii. 291.
OrichoviaB, Stnii. 2b3.
OrUiodoxügrapha 357-
OBunaeua, Jo. Kieh. 6I&-
Ogiaiider, Anilr. 209.
— Lncas 477. 619.
Osorius, lliüT. 493. 673.
Oasuaa, Fr. du 691.
ÜBtcr, Diu Bibel 336.
Ollio, Aiit. 32«. 409.
ütthüinrich v. d. Pfalz 272.
Otthcr, Jrc. 370.
Ovidii MutHniuipb. 286.
l*(aB0haliB}, Jul. Causar 381.
l'auiliuua, llurm. 4 TT.
PagaDo, Marco 393.
l'Hgiiiuus, ämitoa 127. 630.
Palacolügus, Jac. 437.
Pduarius, AoniuH 384. 435.
I'aliiigcnius, Elias 4T7,
— Marc 258.
Palladius, P. 410.
i'almcrius, Jo. 477,
l'aiiuliua, Hier. 409.
I'andouheuE, Hclias 122.
- Jao. 617.
ugyri;
e 23t>.
Pa
Puii
— Abbas 283.
I'antaleoii, Hiir. 311.
IViiOiPra. Aiit. 573.
l'appus, Jo. 424. 441.
ParacolsuB, Thtiophr. 497.
PuradosBi STö.
ParAlipotiictia ruruin IU9.
Paris 140; s. Sorbonne.
i'ark.T. M li. 624. 530.
Parkhiirst, Jo. 476.
Paacbalis (Paaquali), J. AI. 381.
Pasiiuillc 205. 291.
Pasquilli ft Marforii bymnus 1*55.
rasijiiilloruni tonii duo 191 237.
PasquilluB custaliciin 170. l!tl.
— Fagius 291.
— germanicos 213.
I Pasquillua pruHt^-riptus 234.
! — eeraipoota 237. ,
Paaquino in estasi ITU. 191.
PasBio M. Lullicri 230.
PaaturiB, Adam 412. 530.
PalavifiiaiB, Jo. Dccauua 361.
PaU'shull, P. 37.
Patridus, Franc. 630.
Paul III. 72. 109. 206. 349. 395.
Paul IV. 48. 169. 268 301. 347. 309.
390. 603.
Paul V. 30. 194.
Pauli IV. Epistola 291.
Pajiie, P, 37.
pL-cock, Reg. 36.
P^lhrüimow (Pilgram), Siu. 37.
Pi?ll:uaimB, ■Cour. 62,
Peit, Ju. 10 ^
Pera:tüUUB, Nie. 248.
Peroa. Cour 326. 585.
PeregrinuE, J i't'. 517.
IVtl-/, Jo. 123.
PericuÜB, De elirjst. regia 639.
Periers, Hou. des 160.
l'erkiiis, Guil. 680.
Perl tiuB, (JiJürg 610.
^eraevutionu, De, barbarum 37Ö>
Pen toSAi 63!).
Pi'lrarua S78.
Potri, Andr 411.
Pt-trosellauus, Jo. P. STB.
Putrue de Araguni» 222.
Peueer, Casp. 428.
PbalarisniDB 287.
I'hilalollius Polytopieusis 375.
— UtopiensiB 236.
Pliilarcbus, Valcrius 276.
PliilargyruB, Mth. 280.
Pbilipp H. TP. 98. '248. 318. 401. 468,
481. 490.
Piiilippus Caltus 272.
— Jae., Bergomas 487.
PbilipB, Dirk 412.
Pliilulogus. Jo. 16.
Pliiloneus Dngo 369.
Pliilülliei
PW
i 222
Phrasea hebr. 168.
teripturaolC«. 574.
Phrcigius e. Freigiua.
Pik^ V. Mimndola 2S. 68. 369. 603.
Pietoriua, Georg 527.
PieuB. Jo, CarthuE. 401.
Pie ul obrist. epistolc 377.
Pigbius, Alb. 493, 665. 669.
, Piiicierus, Jo. 409. 477.
I Pio, Alberto, Carpense 368, 865,
620
Register.
Pirckheinier, Wil. 224. 235.
Pisacus, Lucius 27G.
Piscatorius, Jo. 416.
— Jo. ßapt. 230.
Pistorius, Jo. 220.
Pium cunsilium 539.
Pius II. 40.
Pius IV. 48. 170. 182. 194. 297. 321.
347. 459.
PiusV. 47. 170. 390. 129. 435. 4GI.
558.
Pius IX. 32. 74. 341.
Placate 98. 401. 598.
Plantin, Chrph. 403. 004.
Pocquius, Ant. 514.
Poemata varia 252.
Poggius 120.
Politus s. Catharinus.
Poliaco. Jo. de 222.
Pollio, Svmph. 220.
Pollius, Jo. 209.
Pohls, Ant. 570.
Polus, Regiuald 90. 17G. 257. 450.
Polyglotte, Antwerpener 575.
Polygranus, Franc. 488.
Poniis, David de 529.
Poinponatius 59.
Pontauus, Jov. 393.
Pontiticii Oratoris 211.
Pontisella, Jo. 580.
Pop«jli, Vittore 573.
PorU, J. B. 529.
Porti U8. Simon 537,
Portugal 79. 334. 481. 543. 594.
Portus, Franc, u. Aem. 170. 474.
Püstellus, (Juil. 121.
Potestas, Quae regia 498.
Praepositus, Jac. 228.
Prateolus. (Jabr. 449. 508.
Präventiveensur 51. 195. 2G5. oM),
541. 595. 601.
Praxis ot taxa 421.
Precationes bibl und christ. 126.
— dorn, ürypliii 111.
Precationuni enchiridion 287.
Precodentie all' Apol. 377.
Priapcia 338. 392.
Prierias, Sylv. 65. 25t>. 292.
FrinuT 9G.
Prisbach, Wfg. 477.
Privilegien 57. 65. 188.
Processus consistor. 37.
— jocoserius 293.
Protestantische Censur 86.
Protestatio coneionatorum 32tj.
Protocollum Mulbrunn. 420.
Prototypograph 402.
Providentia, De 211.
Przibram, Jo. 37. 467.
Psalmi aliquot 411.
P-,cudonymi 94. 95. 122. 123. 233.
235. 253. 275. 377. 413. 414.
476. 517.
Puccius, P'ranc. 581.
Pulci, Lud. 392.
Puoiekchius, Hier. 409.
Pupper, Jo. 105.
Purpurei, Jo. 105.
Purvey, Jo. 37.
Putherbeus, Gabr. '284. 599.
Uuadus. Nie. 271. 604.
Qualificatoren 174.
Quaniobrem papae et dise. 240.
Queren, Leod. a 421.
Querela missae 165.
— de pontif. insidiis 519.
Querimonia P'rid. II. 308.
(^ueriiii, Card. 396.
Quiftones, Card. 439.
Quintinus, Jo. 532.
Quiroga, Casp. 490. 50U. 555.
Quodus s. Quadus.
Kabbiniscbe Commentare 52.
Rabelais 166.
Radensis, Wilh. 326.
Radziwil, Nie. 272.
Ragnonus, Lact. 382.
Raida (Raideuus), B. 277.
Raimondi, .\nn. 395.
Rami>elogis. Ant, de 496.
Rapsodus 288.
Kasoro, Lud. 380.
Ratio brevis 288.
— cur. etc. 125.
— et niethodus 241. 378.
Rauschor, Hier. 326.
Raynumdus Lullus und Neophvlus
27. 500.
Raynaud, Tlieoph. 560. 564.
Re metrica, De 485.
Reeantatio de infenio 530.
Reder ijker 112.
Reformatio eccl. Cor. 239.
Regensburg 82. 134.
Regis et Seu. Angl. 290.
Regno Christi, De 521.
— et civitate 485.
Regulae Indicis 330. 427. 510.
Reichstage 81. 320.
Reincke Vos 519.
Rcinius (de la Reina), Cass. 586.
i Reiter, Chrph. 326.
Register.
621
Remonde, Chrpli. v. 103.
Rcpugnantia, De 422.
Rerum in Gallia 525.
Responsio de unissa 209.
— ftdelis servi 526.
Restitutione, De 279.
Retention der Bullen 78.
Reuchlin 60.
Reuter. Quirin 518. 519.
Rhogius, Urban 135. 192. 214. 888.
RhcnanuR, Beatus 106. 856.
Rhodophanta. Jo. 282.
Riecamati, Giac. 582.
Ricci, Scipio 387.
Richardus Anglicus 222.
— Armachanus 22.
Richardus, Chrph. 475.
— Jo. 515.
Ricius. Paul 273.
Ridley, Lancelot 581.
— Nie. 274.
Rinch, Melch. 120.
Ritter, Erasmus 281.
— Mth. 517.
Rivius, Jo. 249.
Roa, Jo., Davila 537.
Robertus Anglus 274.
Rochete, E. de 145.
Rockyzana, Jo. 37.
Roffcnsia s. Fisher.
Rogers, Jo. 94. 274.
Roma, Aug. de 38.
Roman de la Rose 284.
Roman, Hier. 593.
Romanus, Petrus 451.
Romberch, Jo. 278.
Rosarius, Simon 422.
Rosellis, Ant. de 58.
Rottmann, Bern. 278.
Roussel, Gerard 158. HIO.
Roye. Will. 94.
Rueff, Jac. 225.
Ruess, Wfg. 232.
Ruffi, Bened. 222.
Rupertus, Wfg. 826.
Rupescissa, Jo de 25.
Rußticus, Phil. 373.
Ryd, Val. Anselm 136.
Ryser. Adam 282.
Ryswick, Herm. 60.
Sa. Emm. 552. 554.
Sahir, liier. 326.
Sabunde, Raym. 283.
Sacchetti, Fr. 391.
Sachs, Hans 231.
Sachsenspiegel 26.
J^adeel, Ant. 518.
Sadoleto, Jac. 399. 401.
Sagittarius, Jo. 251.
— Thomas 580.
Saint- Am our, W. v. 21.
Salernitanae scholae op. 83.
Salomonis liber 22. 34.
Sampson, Rieh. 278. 288. 531.
Sanchez, Clem. 591.
Sannazar, Jac. 489.
Sandoval 2. 554.
Sapidus, Jo. 279.
Saraccnus, Enoch 516.
Sarcerius, Erasmus 1 1 1. 147. 21 1. 287.
Sarpi, P. 547.
Sartoris, Guil. 86.
Sartorius, Jo. 413.
Sattler, Mich. 278.
Savonarola 368.
Savonensis, Hier. 877.
Sawtry, J. 95.
Saxo, Jo. 395.
Scalichius, Paul 581.
Scaliger, Jos. 154. 452.
— Jul. Caesar 418.
Scapula, Jo. 527.
Schapler, Chrph. 280.
Schard. Simon 419. 420. 588.
Schefer, David 326.
Schcgkius, Jac. 409.
Scheltling, Jo. 326.
Schenck, Frdr., v. Toutenborch 408.
Schenck, Jac. 226.
Schiurpff, Hier. 251.
Schmähschriften 81.
Schmaltzing, Gr. 474.
SchmidiuR, Nie. 411.
Schncidewin, Jo. 527.
Schnepfius, Theod. 409. 517.
Schoepper Jac. 367. 480.
Scholae ehr. epigr. 126.
Scholia in ep. Pauli HI. 290.
Schoner, Jo. 307.
Schopper, Hartm. 518. 519.
— Jac. 367.
Schradaeus, Laur. 552.
Schroteysen, Luc. 245.
Schubert, Clem. 518.
Schuch, W-fg. 145.
Schulbücher 128. 130. 467.
Schulteis, Mich. 826.
Schumaier, Jo. 585.
Schurmegifttus, Ben. 271.
Schutz, Jo. 474.
Schweiglin, Leon. 476.
Scotus, Henr. 275.
ScriboniuB, Com. 206. 428.
G22
Register.
Scrinius, Mich. 516.
Scripta oruditorum 420.
— quaed. papae 252.
Scriptorum publ. propos. 520.
Seabra 294. 482.
Sebeciu8, Jac. 409.
Sebivilla, Petrus 227.
Scgarelli, Gerardus 24.
Sehofer, Arsacius 231.
Seidclius, Bruno 254.
Sellariua, Mich. 278.
Scnarclaeus, Cl. 212.
Senensis, Henr. 24.
Sens, Concil 144.
Sententiae patrum de off. 285.
— pueriles 123.
— S8. patrum de coena 519.
Seripando, Card. 182.
Sermo de digiia praep. 523.
— div. Tuajestatis 287. 485.
Sermones convivalcs 247.
— de Providentia 211.
Serpilius, G. 550.
Serra, Hier. 566.
Serranus, Jo. 521. 525.
Sertorius, Jo. Leon. 382.
Servetus, Mich. 127. 135.
Seveni8 222.
Siber, Adam 254.
Sicilien 175.
Siderus, Simon 475.
Siena, Tom. da 374.
Sigebertus Gemblac. 22C.
Simeoni, Gabr. 573.
Similitudinum et diss. 1. 137.
Simler, Jos. 268. 340. 474. 558.
Simolachri dell morte 242.
Sirleto, Guil. 184.
Sixtus IV. 24. 42. 56.
Sixtus V.29. 50. 173. 393. 431. 453.
501. 559. 567.
Sixtus Senensis 48. 438. 558.
Sleidanus, Jo. 122. 250.
Smaragdus, 126.
Snoy, Reiner 575.
Sobius, Jac. 41. 237. 365.
SocinuB, F. und L. 580.
Socolovius, Stan. 520.
Sohar 53.
Sohn, Georg 518.
Solida refutatio 520.
Somnium viridarii 124.
Sonniua, Franc. 270. 539.
Sorbonne 68. 141. 146. 298. 351.
449. 563.
Soto, Dom. 457. 5r;i. .^>60 570. 574.
Soter, Jo. 282.
Spangenborg, Cyr. 409.
— Jo. 287. 574.
Spanien 52. 58. 78. 131. 190. 334.
340. 351 573; s. Inquisition.
Speculum caecorum 243.
— exemplorum 308.
— justitiae 413. 604.
— vitae aulicae 519.
Speien van zinnen 112.
Spengler, Lazarus 232.
Speyer, Reichstag 81.
Spinus, Jo. 210-
Spiritus s. figurae 519.
Spondanus 295.
Stancarus, Fr. 580.
Statera prudentum 273.
Statue, Delle 377.
Staubiua, Joa. 475.
Staiipitius, Jo. 279.
Stella, Did. 571.
Stephan US, Henr. 415. 597.
— Robertus 108. 127. 161. 203.
— Robertus II. 163.
St^rnberger, Lucas 495.
Steuchns, Aug., Kugubinus 570.
.Steurlin, Jo. 514.
Stiblinus, Gasp. 485.
Stifelius, Mich. 232.
Stigelius, Jo. 829. 520.
Stolberg, Chr. 475.
Straparola, G. Fr. 394.
Straasburg, 58. 86. 229.
Stratagemata Satanae 4 IS.
Strauas, Jo. 475.
Strubin, Leon. 276.
Struma, Jo. de 223.
Stuckius, Jo. 270.
— Jo. Guil. 553.
Studer, Ulr. 279.
Stunica, J. Lopes 350.
Sturm, Jo. 396. 477.
Suarez, Juan 551.
Sudphanua, Hnr. 278.
Suermenica doctrina 248.
Sultzer, Simon 225.
Summa purioris doctr. 420.
— totius 8. Script. 162.
Summaria in Smaragdum 126.
Summario della scritt. 104.
Supplicatio quorund. 245.
Supplication of beggars 95.
Supplice esortazione 290.
Supputatio annorum 286.
Suaanna, comoedia 485.
Sutel, Jo. 282.
Sylviua, Aonoas 40.
Syngramma Suevicam 285.
Register.
62
Synodus Marpurpf. 230.
— 88. patrum 621.
Taboetius, Jul. 497.
Tabulae duao IGd.
Taffin, Jo. 412.
Talavera, Hern, de 591.
Talmud 4r). 603.
Tamara, Fr. 593.
TansiUo, AI. 392.
Tanzini, Reg. 387.
Tapper, Ruard 269. 574.
Targum 52.
Tasso 489.
Tatianus 222.
Tauber, Caspar 278.
Tauler. Jo. 370. 469. 523. 589.
Tavcrner, Rieh. 94.
Taxa poenitentiariae 421.
Taylour, Guil. 37.
Telcsius, Bern. 536.
Tcofilo, Massimo 873.
Terra negra, Ippofilo 153.
Terrae obedientiao 175.
Teufel, Hosenteufel u. dgl 469.
Thann, Frid. a 279.
Theatrum historicum 519.
— vitae hum. 418.
Theodorus Prodromus 283.
Theologia germanica 380. 604.
Theologorum Wirtemb. 521.
Theophilus. Jo. 380.
Thoramo, Jac. de 292.
Thesaurus spirit. 439.
Thomas Senensis 374.
— a Kempis 381.
Thrasybulus, Chrph. 275.
Threni Hieremiae 291.
Threnodia Ecclesiac 527.
Tibertus, Ant. 395.
Toletus, Franc. 343. 445.
Tomitano, Bern. 347.
Torelli, Lud. 399.
Torqnemada, Jo. 88.
Tor res. Bart, de 593.
Tosarrius, Jo. 413.
Toscana 175; s. Florenz.
Toscanus, Jo. Mth. 572.
Tostatus, Alph. 39.
Totius Belgiae 639.
Tractatus brevis 243.
Tracy, Rieh. 95.
Traditionibus, De 410.
Tragoedia de Hb. arb. 374.
Tranquillus, Hort. 374.
Tratados, Dos 586.
Trattato del beneficio di Cr. 388.
Tremellius, Imm. 418.
Trewe, Conrad 233.
Tricassinus, Patr. 395.
Trient 49. 65. 181. 194. 312. 459.
Trigamus 248.
Trilogium 241.
Trimersheim, P. 826.
Trionfi, canti 394.
Triumphi Rom. 519.
Tudisco, Nie. de 283.
Turcograecia 519.
Turingicorum exulum 420.
Turner, Guil. 95.
Turricella 382.
Tyndall 90. 93.
rdall. Nie. 97.
Udelo Cimber Cusanus 230.
Ulloa, Alonso 585.
Ulrici 8. Hulrici.
ülricus de Morava 222.
Ultricuria, Nie. 26.
Ungarn 85.
Unio dissidentium 105.
Ilnitate, De (Hus) 37.
conservanda 71.
Universitatis Wittenb. 286.
Upton, Nie 37.
Uranius, Mich. 517.
Urrea, P. de 136.
ürsinus, Joa. 415.
— Zach. 477.
Urspergensis Abbas 109. 129.
Ursula Münsterberg 523.
Usingen, Barth, v. 247.
Utenhovius, Car. u. Jo. 411.
Utinger, Ilnr. 230.
Tadianus, Joa. 109.
Valdes, Alph. 876.
— Ferd. 131. 199. 800. 456. 461.
— Jo. 375.
Valera, Cypr. de 531. 586.
ValicuH, Gabr. 583.
Valla, Laur. 227.
Vallesius, Franc. 553.
Vannius, Val. 418.
Varimadus 222.
Vatablus 162. 208. 8.32.
Vehus, Hier. 279.
— Matth. 474.
Velenus, Ulr. 185. 234.
Velsius, Justus 252.
Veitkirch (Velcurio), Jo. 110.
Venedig58. 79. 175.214. 316.544. 546.
Veranins Modestus 362.
624
Register.
Verbrennen der Büclier 9. 15. 6G.
68. 84. 143. 145. 177. 332. 384.
Vergerius, J. B. 379.
— P. P. 204. 214. 257. 260. 275.
377. 396.
Vergilius, Polydorus 154- 469.
Vermilius, P.M., 190. 224. 420.604.
Verunghus, P. 224.
Vorus, Gratianus 154. 269. 599.
Verwarnung der Diener 240.
Veterum quorund. thool. 258.
Victoria, Franc. 503.
Vicente, Gil 594.
Victorius, Georg 527.
Vida, Hier. 380.
— Otonellus 380 592.
Villanova, Arn. de 33.
Villavicencio, Laur. 445. 574.
Villebois. Lud. 475.
Villegas, P. Fern. 496.
Vineis, Petrus de 308.
Vinerius, Otto 230.
Vinitor 476.
Viola animae 284.
Viret, P. 241.
Virginale 34.
Visitatio Saxon. 289.
Vita llenrici IV. 283.
— juvontutis 111.
— protrahenda, De 4RR.
Vitae Patrum 126.
— Rom. Pontificum 137.
Vivaldus, M. Alph. 552.
Vives, Lud. 564.
Vögelin, Ernst 475.
Vogler, Georg 232.
Vogtherr, Ilnr. 232.
Volradus comes Mansfold. 475.
Vom alten u. neuen Gott 97.
Vomburgius, .loa. 475.
Voti de' Cardinali 505.
Vulcanius, Bonav. 556. 592.
Vulgata 194. 405. 439. 570. 571
574. 575.
UTaldner, Wfg. 326.
Waldus, P. 37.
Walrani v. Naumburg 71.
Warham, Erzb. 88.
Weisse, Mich. 232.
Welzer, Anton 474.
Wesalia, Jo. de 42.
Wesenbeck, Mth. 419.
Wessel, Jo. 107.
Westhemerus, Barth. 108. 574.
White, (Juil. 37.
Whitgift, Jo. 536.
Wicel, Georg 859. 362. 468. 480. 531.
596.
Wick, Rieh. 37.
Wied, Herrn, v. 85. 239.
Wien 68. 84. 345.
Wierus, Jo. 417.
Wilhelm V. v. Baiern 188. 327. 472.
603.
i — V. Oranien 626.
j Windschemius, Jod. 225.
I Winmann, Nie. 282.
Winsemius, Vitus 270.
' Wintonensis, Steph. 186.
Wirgiflus = Whitgift.
I Wisartus, Donatus 477.
Withling, Jo. 275.
Wittenberg. Theologorum 521.
Wolfius, Ambr. 477.
— Martin 326.
Wolsey, Erzb. 69. 88.
Worden, Jo. a 229.
Wormser Ediot 80. 83.
Wünschelburg, Jo. 282.
Würtcmberg 595. 596.
Wycleff 34. 544.
Wyle, Nie. v. 245.
Xenophon 552.
Youellus. Yuellus, Jo. 409.
Zabarella, Franc. 245.
Zanchius, liier. 409.
Zasiua, Ulr. 364.
Zauberbücher 22. 34. 35.
Zeghelstein (Zeuleysen) 294.
Zell, Jo. 108.
— Mth. 229.
Ziegler, Jac. 365.
Zifer, Mth. 229.
Zobelius, N. E., 560.
Zoch, Laur. 279.
Züricli 695. 598.
Zntphaniensis, Hnr. 278.
Zwick, Job. 231.
Zwinger, Tlieod. 418.
Zwingli 211. 218. 243. 268. 276.
285. 287.
UnlTemt&ta-Bnohdmckerei Ton Carl Oeorgi in Bonn.
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